Napoli mit Glanzpunkten in Mailand

0:1

Die Mannschaft von Maurizio Sarri holte einen verdienten Auswärtssieg. Gerade die Anfangsphase hielt sehenswerten Fußball gegen Inters mannorientiertes 4-4-1-1 bereit.

inter-napoli-2017Das vergangene Wochenende kam in der italienischen Serie A einer wahren Abfolge an Topspielen gleich. Nach dem furiosen Start mit der Begegnung zwischen Überraschungsteam Atalanta und Serienmeister Juve folgten sowohl das Römer Stadtderby zwischen der Roma und Lazio als auch abschließend die vielversprechende Paarung zwischen Inter und Napoli. Letztere gehören unter Maurizio Sarri weiterhin zu den interessantesten Teams Europas mit enormem spielerischem Potential. Bei Inter konnte der neue Coach Stefano Pioli nach dem enttäuschenden Saisonstart noch die Aufholjagd auf die internationalen Plätze einleiten und das Team zuletzt immer sicherer auf ordentlichem Niveau stabilisieren. Trotz aller Fortschritte, die Inter in vielen Phasen des neuen Jahres bereits nachgewiesen hat: mit Napoli konnten sie in dieser Begegnung nicht mithalten. Vor allem die erste Halbzeit war eine klare Angelegenheit und hätte schon einen deutlicheren Vorsprung für die Süditaliener bringen können als nur ein 0:1, welches letztlich bis zum Abpfiff halten sollte. Gleichzeitig bot die Begegnung viel Dynamik und fußballerische Unterhaltung. Das Spiel in ausgewählten Schlüsselpunkten (unter besonderer Betonung von Napolis Stärken, ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

Die Ausgangslage

Es ging vor allem im ersten Teil des Spiels eigentlich hauptsächlich darum, wie Napoli das mannorientierte 4-4-1-1 Inters bespielte. Die Mailänder konzentrierten sich trotz der klaren Zuteilungen zum 4-3-3 der Gäste aber auf die Grundkompaktheit in der Horizontalen sowie zwischen Abwehr und Mittelfeld, formierten João Mário und Icardi versetzt davor. Fast immer hatte Napoli neben dieser Keilstruktur daher gewisse Aufbauräume, um ihr Spiel zu starten. Über einzelne aufrückende Läufe der Innen-, vor allem aber ruhige Ballbesitzszenen der Außenverteidiger wurden diese nutzbar.

Gruppentaktische Abläufe über rechts

Speziell das Trio aus Hysaj, Callejón und Achter Zielinski sorgte für einen flotten Start in die Begegnung. Die beteiligten Akteure erzeugten immer wieder Dreiecksbildungen und gute gegenläufige Rochaden innerhalb dieser Struktur, um die Mannorientierungen zu bespielen. Lokal gelang das bisweilen recht simpel: Beispielsweise startete Zielinski aggressive Vorwärtsläufe in die Schnittstellen, wenn sich Callejón explosiv zurückfallen ließ. Umgekehrt setzte sich einer aus dem Trio oft kurz in den Raum ab, jeweils mit sehr guter Orientierung bei schnellen Drehungen um den Gegenspieler herum. Das war schwer sofort von einem anderen Interisti aufzunehmen und ermöglichte Schnittstellenpässe zwischen Innen- und Außenverteidiger – auf Hysaj oder den zunächst ausgewichenen Callejón, teilweise ungeplant auch den aufmerksam antizipierenden Mertens.

Organisation, Dichte und Zugriff

Die grundlegend mannorientierte Organisation in Verbindung mit dem Stabilitätsfokus auf die tiefen Mittelfeldzonen führte dazu, dass die Hausherren auf die Grenzräume zwischen Flügel und Halbraum keinen gruppentaktischen Zugriff herstellen konnten. Sie mussten diese Szenen im Grunde individuell und reaktiv verteidigen, liefen gegen die gut eingestellte Offensive der Mannschaft Maurizio Sarris dann oft hinterher. Mit Angriffen durch das dichte Zentrum taten sich die Gäste entsprechend nicht so leicht und brauchten etwas Anlaufzeit, um punktuell, aber dann direkt sehr gefährlich zu werden. Bei situativen Zurückfallbewegungen von Mertens – nun schon seit einiger Zeit als Mittelstürmer eingesetzt – verfolgten Inters Verteidiger sehr weit. Gegen die engen Abstände zu den Sechsern konnte sich der Belgier nicht so leicht selbst einbinden, aber Raum für Insigne öffnen und diesen punktuell mit Weiterleitungen bedienen. Mertens selbst wiederum pendelte ansonsten in höheren Zonen auf der Lauer nach durchrutschenden Pässen, während Insigne viel mit Dribblings ankurbelte.

Dominanz über Pressing und Gegenpressing

Gerade in der Anfangsphase wirkte das Übergewicht der Auswärtsmannschaft auch deshalb so erdrückend, weil Napoli enorm dynamisch und ausgewogen – unter Nutzung ihrer harmonischen Struktur – ins Gegenpressing kam. Im Umschalten schien Inter João Mário teilweise ausweichend gegen Diawara einsetzen zu wollen, brachte so aber zu wenig unterstützenden Anschluss Richtung Icardi. Überhaupt ließ Napoli die Hausherren kaum aus der eigenen Hälfte kommen. Insgesamt stellt sich das Pressing der Sarri-Truppe in dieser Saison vereinfachter in stärkeren Mannorientierungen dar, über die Intensität und das gute Anlaufverhalten gelang es ihnen aber über viele hohe Pressingphasen, genug Druck aufzubauen, um eine ruhige Vorbereitung von Gegenmechanismen zu verhindern.

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Ausgangslage beim Zustellen der Abstöße durch Napoli

Hohes Zustellen gegen Abstöße

Sehenswert war in diesem Zusammenhang schließlich das konsequente Vorgehen der Gäste bei Abstößen Inters. Diese postierten ihre Innenverteidiger breit an den Strafraumkanten, die Doppel-Sechs recht tief quasi im Rückraum. Dagegen stellte sich Napolis Sturmreihe eng gestaffelt genau in den Schnittstellen auf: Mertens zwischen den Mittelfeldakteuren, Callejón und Insigne daneben mit Blick zu den Innenverteidigern. Das eigene Mittefeld konnte aufgrund der Inter-Struktur etwas tiefer und kompakter an der Kette – etwa gegen lange Bälle – bleiben, formierte sich dafür aber breiter. So konnte ballnah der entsprechende Achter bei Befreiungsversuchen zur Seite auf die aufgerückten Außenverteidiger aggressiv ins Pressing übergehen. Insgesamt spielten die – aber keinesfalls komplett überragenden (u.a. Hamsik-Einbindung, Ruhe zwischen den Halbräumen) – Neapolitaner eine dominante und überlegene erste Halbzeit.

Der entscheidende Unterschied

Tendenziell ausgeglichener wurde die Begegnung in dem Moment, in dem Napoli sich etwas mehr zurückzog und seltener vorne attackierten. Bei tieferen Pressinghöhen war ihre Verteidigung nicht mehr ganz so stark, ließ zumindest – aufgrund gewisser mannorientierter Elemente – mehr Aufrückräume zu, auch wenn sie keinesfalls klar instabil wurden. So konnte Inter dann auch schon mal schnell zu einem recht umfangreichen Zuwachs an Spielanteilen kommen. Das versuchten sie zunehmend über einen Linksfokus mit seitlicher Unterstützung von Brozovic und vor allem João Mário umzusetzen, arbeiteten im Ausspielen mit vielen Flanken. Über die solide Ausführung erarbeiteten sie sich auch ihre Torchancen und erreichten fast die Abschlusszahlen von Napoli, aber in der Spitze nicht deren Glanzpunkte.

Dr. Acula 1. Mai 2017 um 23:33

interessanter aufbau. statt chronologisch einzelne, interessante aspekte herauspicken und erläutern. feine sache. spiel wird direkt nachgeschaut

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