Kein richtiger Befreiungsschlag

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United steigert sich gegen ein schwaches Chelsea, stellt sich aber ungeschickt dabei an, die eigene Dominanz über die gegnerischen Makel in Zählbares umzumünzen.

Noch ohne Sieg im Dezember, wurde schon von einem Schicksalsspiel für Manchester United gegen das derzeit ebenfalls schwache Chelsea gesprochen. Bei den Red Devils gab es einige Veränderungen im Vergleich mit der Niederlage bei Stoke, wobei vor allem das völlig veränderte Mittelfeldzentrum mit dem zurückkehrenden Schweinsteiger entscheidend war. Auch bei Chelsea nahm Guus Hiddink in seiner zweiten Begegnung kleinere Veränderungen vor: Mit Obi Mikel anstelle von Fàbregas gab es eine defensivere Doppel-Sechs und die Rückkehr Hazards in die Anfangself bedeutete einmal mehr die schon unter José Mourinho praktizierte Offensivbesetzung ohne klassischen Stürmer, in der grundsätzlich der Belgier sich in vorderster Front bewegte.

utd-chelsea-2015Tiefe Kontrolle gegen Zugriffslosigkeit

Als die große Enttäuschung der Partie erwies sich das insgesamt schwache und über Phasen der ersten Halbzeit fast skandalöse Pressing (später dann etwas besser werdend) von Chelsea. Zunächst starteten die in einer 4-4-2/4-4-1-1/4-2-4-0-haften auftretenden Blues in einer etwas abwartenderen Haltung. So konnte United das Leder lange und sicher in der Tiefe laufen lassen und im Zweifel immer über kurze Abkipp- oder Herauskippbewegungen von Schneiderlin und Schweinsteiger für Sicherheit sorgen. Bei Chelsea passten die Staffelungen zwischen den vorne agierenden Hazard und Oscar nicht, ebenso wenig wie die Einbindungen der Flügelspieler.

Diese bewegten sich zwar etwas in den Halbraum in Zwischenpositionen hinein, aber schienen fast abgekapselt zu spielen und letztlich gar nicht in das Vorgehen des zentralen Formationsteils eingebunden zu sein. Auf halblinks konnte sich Schweinsteiger beispielsweise einfach eine Lücke im Passweg zwischen zwei Gegnern suchen und dort in vielen Fällen völlig drucklos die Pässe von Blind ins Mittelfeld entgegen nehmen. Gelegentlich entstand durch vereinzeltes Herausrücken der Chelsea-Sechser mal etwas Druck, aber alles in allem hatte United in der ersten und zweiten Linie die Kontrolle.

Mit den verschiedenen Bewegungen von Schweinsteiger und dem situativen Zurückfallen Ander Herreras kreisten sie einige Male ansatzweise durch das Mittelfeld. Bei Chelsea wirkte dagegen die Einbindung von Matic ambivalent. Einerseits verrichtete er vereinzelt unpassende Mannorientierungen gegen den umtriebigen United-Zehner oder agierte etwas zu seitlich, war damit anderseits aber näher an Matas Halbraum oder konnte diesen herausrückend decken.Schon hier hätten die Hausherren aber aus den erwähnten Kontrollszenen noch etwas mehr aus den gegnerischen Schwächen machen und sue noch häufiger forcieren können.

Enttäuschendes Pressing nicht optimal genutzt

Später versuchte Chelsea etwas höher anzugreifen und schob die vordere Offensivreihe vor, um mit mehr Präsenz Uniteds Aufbaulinie entgegen zu treten. In dieser Konstellation war das Pressing aber noch schwächer und löchriger. Es gab keine Intensität und kaum Nachschieben der Restverteidigung. Nun ergab sich für United noch mehr Raum im Mittelfeld, um nach vorne aufzurücken. Das gelang einige Male, doch trotz ihrer spielerisch und taktisch verbesserten Leistung ließen sie noch Potential ungenutzt bzw. fanden nicht das ideal passende Vorgehen, um die Makel des Gegners zu bespielen.

Zum ersten machten sie sich mit ihrer – wie schon häufig angesprochen – zu zögerlichen Raumnutzung im Aufrücken das Leben schwer. Schweinsteigers Herauskippen zog Oscar zwar immer mal etwas heraus und öffnete das Zentrum für gelegentliche diagonale Aktionen. Allerdings schaffte es United nicht konsequent genug, die geöffneten Halbräume zu besetzen oder anzulaufen, sondern versuchte sich zu sehr weiter am Flügel vorzuarbeiten. Wichtig war in diesen Zonen das Aufrücken von Daley Blind, der aus jenen Bereichen erneut einige wertvolle vertikale Direkt- oder Diagonalbälle in die vorderen Halbräume brachte.

Zum zweiten war das in Verbindung mit der Raumstruktur und den daran gekoppelten Passwahlentscheidungen auch in vorderen Zonen ein Problempunkt. Zwischendurch fand United gegen die unkompakten Blues immer mal irgendwo Zwischenräume, zeigte sich aber häufig gleichzeitig überrascht wie hektisch und unsauber beim Ausspielen derselben. In den falschen Momenten scheuten sie den Lochpass in die Tiefe, um stattdessen den großen Raum vor dem Sechzehner für dynamikbrechende Verlagerungen nach außen zu den Außenverteidigern aufzugeben.

Zum dritten ließen sie – das hing direkt mit diesem Aspekt zusammen – den von Chelseas Mittelfeld nur unzureichend ebenso wie unstrukturiert gesicherten Rückraum oft liegen. Gelegentlich verpassten es Mata und Ander Hererra, im Anschluss von Hereingaben eine Anspielstation für Rooney zu geben, Schweinsteiger war bisweilen unstrukturiert undefiniert in seinen Entscheidungen und schließlich schloss sich gerade Schneiderlin oft zu zögerlich an, um mal Abpraller einzusammeln oder mit Nachrücken für Raumgewinn zu sorgen. Die nach außen schiebende Absicherung des Flügels leistete der Franzose aber gut.

Licht und Schatten am Flügel

Schließlich gestaltete sich die Flügelnutzung der Gastgeber ambivalent, wenngleich einige gute Momente und Elemente zu sehen waren: Über rechts wirkte die bessere Unterstützung Matas durch Läufe von Ander Herrera oder – wie beim Lattentreffer zu Beginn – kurz absetzende Ablagen von Rooney belebend. Allerdings wurden Szenen mit Raumöffnung in Richtung Young oft durch zu klaren Dribblingfokus des – diesmal aber defensiv sehr starken – Engländers verschenkt. Parallel zu seiner stärkeren Fokussierung rechts war Mata auch links wichtig – und generell ein Schlüsselspieler für die Effektivität von Uniteds Bemühungen.

Er löste sich sehr frei von seiner Grundposition, half situativ dem Aufbau, rochierte mit nach links und bot sich gelegentlich zentral in Zwischenlücken von Chelseas Unkompaktheit an. Erhielt er dort den Ball, ergaben sich immer mal neue Ansätze oder veränderte Angriffsmuster, aus denen viele der guten Folgeszenen erzeugt wurden. Fast immer standen die ansehnlichsten Szenen mit ihm in Verbindung, wenn er irgendwie Überzahl herstellen, Dynamik erzeugen oder Freiraum finden konnte. Seine überladende Einbindung auf links hätte aber noch wirksamer gestaltet werden können.

Wie schon erwähnt, suchte United hier im Aufrücken zu sehr den Flügel, überging immer mal Zwischenlücken im Halbraum und war nach dem Raumgewinn im Übergangsbereich viel zu schematisch auf die Einbindung von Martials Dribblings fokussiert, auch wenn woanders mehr Raum war. Oft bot sich zudem Mata – allerdings etwas halbgar – in der Nähe im Halbraum an, wurde aber nicht gut genug gesucht. Etwas stärker forcierte United die Hilfe von Ander Herrera, der bei seinen Flügelrochaden trotz teils gegnerischer Mannorientierungen, fast mehr eingebunden war als zentral und einige gute Momente hatte.

Kaum Gefahr der Blues

Zu Chelsea gibt es – zumindest im überwiegenden Teil des Matches – ansonsten wenig zu sagen. Insgesamt wirkte sich die unzusammenhängende und etwas unstrukturierte Leistung der Mannschaft von Guus Hiddink auf quasi sämtliche Spielphasen und damit ebenso auf die Offensivversuche aus. Aus dem Aufbau hatten sie mit den vorsichtigen und vor allem unklaren Rollenverteilungen der Sechser wenig Präsenz und Verbindungsstabilität nach vorne, so dass sie das teils riskante Pressing-Vorrücken von Ander Herrera – situativ ergänzt durch mannorientiert herausrückende Bewegungen eines Sechsers – nicht wirklich aufdecken konnten.

Viele lange Bälle versandeten im Nichts, während das Zurückfallen Hazards, abgesehen von den ersten Minuten, gegen Uniteds Abwehr-Mannorientierungen in seiner potentielen Gefährlichkeit nicht gut eingebunden wurde. Den Hausherren halfen die gelegentlich stärker raumsichernden Phasen ihrer Sechser, zumal Schweinsteiger in etwas seitlicheren Positionierungen – trotz manch überaggressiver Phasen – oft Zugriff auf kleinere Mechanismen zwischen Oscar und Willian entwickeln konnte. Halbrechts war es Mata, der mit seinem situativem Einrücken und dem konsequenten Einschieben von der ballfernen Seite situativ den Raum verdichtete oder kurzzeitige zentrale Mannorientierungen übernahm.

So fand United – auch wegen der guten Rückzugsbewegung um Ander Herrera – oft gerade noch Zugriffsmöglichkeiten, um kleinere Ansätze Chelseas zu stoppen. Die Zurückhaltung der Außenverteidiger und die oft zu sehr auf die Breite festgelegte Einbindung Pedros stärkten die Blues in Sachen Gefahr nicht gerade. Zum Anfang des zweiten Durchgangs gab es zwischenzeitlich mal eine kleine Steigerung und eine Doppel-Großchance durch flexiblere Bewegungsmuster um Hazard und Pedro sowie forcierte Nutzung andribbelnder Aktionen durch das Zentrum gegen Uniteds passive Grundausrichtung.

Bei manchen Kontermöglichkeiten traten solche Faktoren gelegentlich ebenfalls zutage, doch insgesamt hatte United diese gut im Griff. Zwar verbuchte Chelsea durch extreme Ausweichbewegungen oder kurze Umschalt-Flügelüberladungen vereinzelt größeren Raumgewinn, doch das zwar abwartende, aber doch gut absichernde Gegenpressing – insgesamt ohnehin recht konstant auf solidem Niveau in dieser Saison – und die geschickte Restverteidigung entschärften alle verbleibenden Ansätze. Viel veränderte sich nicht mehr, Chelsea stand tiefer und fand etwas mehr Kohärenz. Eine – mit den vielen Rückfallbewegungen Schneiderlins in Dreierketten aber nicht optimal organisierte – druckvolle Schlussoffensive Uniteds brachte kein Tor mehr.

Fazit

Neben aufregenden und dynamischen Phasen hatte das Spiel auch seine schwächeren Momente, in denen der nicht-überzeugende Eindruck überwog. Enttäuschend war vor allem der Auftritt der Gäste, die insbesondere im Pressing erschreckend schwach wirkten. Für United war das Spiel nach dem enttäuschenden Match bei Stoke ein nicht unwichtiger Fortschritt, wenngleich beim Ausnutzen von Chelseas Makeln noch viel Potential liegen blieb, was auf weiterhin bestehende und an anderer Stelle bereits ausgeführte Probleme verwies. Am Ende war es im Gesamtblick auf die Saison für United aber sehr ärgerlich, gegen dieses schwache Chelsea den Sieg und damit zwei weitere Punkte unnötig vergeben zu haben.

Rüdiger 5. Januar 2016 um 17:03

Meiner Meinung nach spielt ManCity einen ziemlich eindimensionalen Fussball. Ich halte Pellegrini für taktisch ziemlich überbewertet!

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HB 30. Dezember 2015 um 09:06

Hey TR,
zunächst einmal vielen Dank für die schnelle Analyse.

Ich muss gestehen ich habe das Spiel nur nebenbei verfolgt, aber hierbei sind mir ein paar Dinge aufgefallen, zu denen ich gerne mal eine weitere Meinung hören würde.

Einerseits hast du ja bereits die mangelnde vertikale Kompaktheit zwischen der Angriffs- und Mittelfeldreihe in der Analyse erwähnt, was mir jedoch zusätzlich an den Verschiebemechanismen der Blues aufgefallen ist, war das aufbrechen der Kettenmechanismen im Mittelfeld. Sobald United auf eine Seite eröffnete, verschoben Chelseas Ketten relativ ballorientiert auf diese Seite, jedoch gab es dabei regelmäßig eklatante Löcher im ballfernen Halbraum, da der Flügelspieler mannorientiert an Uniteds Außenverteidiger klebte.

Meiner Meinung nach hätte man diese Löcher durch flache Halbraumverlagerungen mit einer geschickteren Positionierung der zentralen Mittelfeldspieler United sehr effektiv bespielen können. Siehst du einen Grund, warum United diese Verlagerungen nahezu scheute? Die Staffelungen waren einige male passend um über diese Löcher vorzurücken und den Zwischenlinienraum zu bespielen, jedoch wurde weiterhin auf den Angriffsvortrag am Flügel gesetzt.

Wäre schön wenn jemand was dazu sagen könnte.

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Pf 31. Dezember 2015 um 10:38

Ich verfolge nun Manu schon seit ein paar Jahren aus der Ferne und wundere mich über die transferpolitik der letzten Jahre. Dem Team fehlt, seit rvp seinen Zenit überschritten und den Verein verlassen hat, ein gefährlicher Stürmer. Knipser waren eigentlich immer ein Markenzeichen dieses Vereins. Mit Rooney haben Sie sicher einen spielintelligenten offensivspieler, aber keinen der 20 Tore pro Saison erzielt. Bei den finanziellen Möglichkeiten dieses Clubs muss es doch möglich sein, einen solchen Spieler zu verpflichten. Auf diese Saison wurde ja das zentrale Mittelfeld, was ebenfalls lange eine Baustelle war, neu besetzt, wobei ich meine Zweifel habe, ob schweinsteiger physisch noch wirklich mithalten kann. Eine Analyse eurerseits, was Manu im transferbereich machen könnte, fände ich sehr interessant. Wo besteht Bedarf und was wären mögliche Kandidaten? Mané wäre sicher eine Option.

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TR 31. Dezember 2015 um 11:30

Danke für den Kommentar @ HB.

Ich kann dir grundsätzlich nur zustimmen bezüglich der erwähnten horizontalen Zwischenlücken im ballfernen Halbraum. Besonders auffällig war es wohl über links, wenn Mata dort mitmachte und halbrechts dann Ander Herrera sich ziemlich genau in diesen Bereichen bewegte. Warum United das nicht so wirklich nutzte, ist wohl nicht ganz so leicht zu sagen, aber es waren sicher vor allem viele der generell einwirkenden Faktoren entscheidend: dass sie sich zu sehr auf den gerade bespielten Flügel konzentrierten, die vertikale Ausrichtung ballferner Positionierungen und Freilaufbewegungen, die teils etwas zurückhaltenden Sechser. Zudem generierten Oscar und Hazard zumindest im Zurückfallen manchmal eine gewisse Kompaktheit und standen somit in der Nähe potentieller Passwege, was diese Halbraumverlagerungen vielleicht nochmal etwas unangenehmer für die United-Spieler werden ließ.

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