VfL Wolfsburg – Borussia M´gladbach 3:1

In einem Spiel zweier gerne früh pressender Teams schlägt Wolfsburg die Gladbacher verdient. Der VfL löste sich vielseitiger aus dem Pressing, war gefährlicher in den offenen Räumen und balancierte das Defensivrisiko effektiver.

wob-bmg-2014Während die Gäste aus Mönchengladbach in der weitgehend erwarteten Aufstellung antraten, entschied sich Dieter Hecking auf Wolfsburger Seite für eine nominell offensive Ausrichtung. Nach der Verletzung von Junior Malanda haben die Niedersachsen zuletzt Probleme auf der Sechserposition gehabt – für den Platz neben Luiz Gustavo ist Jan Polák eine solide, aber keine optimale Alternative. So wurde diesmal Maximilian Arnold aus der offensiven Dreierreihe nach hinten gezogen und Vierinha rückte auf der rechten Offensivseite ins Team.

Der tiefe Arnold gegen das Pressing

Interessant war dabei, dass der für das Polen-Länderspiel nominierte Nachwuchsmann in den Aufbausituationen grundsätzlich tiefer agierte als Luiz Gustavo und seine Spielstärke gegen das Gladbacher Pressing einbringen sollte. Diese rückten mit ihren Angreifern früh auf und schoben mit ihren Sechsern häufig mannorientiert auf die Wolfsburger Pendants nach. Grundsätzlich versuchten die Gäste vom Niederrhein dann, den ballführenden Arnold in einem Dreieck aus Raffael, Kruse und dem jeweils aufrückenden Mittelfeldspieler zu isolieren, doch agierten sie dabei etwas inkonsequent und waren dem sich weitgehend souverän lösen Arnold somit nicht gewachsen. Folglich hatten die Gladbacher keinen Zugriff im Pressing und kamen trotz ihres riskanten Nachrückens nicht wirksam an die Wolfsburger Akteure heran.

Bei diesen bewegten sich nicht nur die Innenverteidiger, sondern auch Luiz Gustavo immer wieder geschickt um Arnold herum, um diesem die nötigen Optionen in Freiräumen zu bieten und ihn generell zu entlasten. Zusätzlich banden die Niedersachsen auch ihre beiden Außenverteidiger mehrfach sinnvoll in diesen Aufbauszenen ein, so dass sie sich letztlich gegen die etwas inkonsequenten Gäste spielstark befreien konnten. Zur Not passten die Innenverteidiger unter Druck auf Diego Benaglio zurück, fächerten anschließend auf und ließen ihren Keeper lange Bälle gegen die dann gestreckt stehende Gladbacher Formation schlagen. Im Anschluss an solche Szenen nutzten die Hausherren dann einige Male geschickt das Potential ihrer hohen Offensivabteilung mit viel Bewegung innerhalb dieser Gruppe um die raumgefährlichen de Bruyne und Perisic.

Wolfsburg in offenen Räumen gefährlich

Ob sich der VfL über Arnold löste oder die langen Bälle von Benaglio wählte – in beiden Fällen ließen die Gladbacher durch ihr weites, aber insbesondere in ersterem Szenario erfolgloses Aufrücken also größere Räume, die Wolfsburg dann anschließend über ihre hohe individuelle Qualität zu bespielen wusste. Vor allem Kevin de Bruyne zeigte sich sehr umtriebig, lieferte eine starke Leistung ab und sorgte in diversen Bereichen ebenso für Gefahr wie der gewohnt arbeitsame Olic. Mit ihren horizontalen Bewegungen versuchten die beiden zusätzlich auf beiden Flügeln zu unterstützten, was vor dem Seitenwechsel durch den Belgier gerade auf der rechten Seite gelang.

Zwar agierten die beiden Außenspieler phasenweise – wie schon mehrfach in dieser Spielzeit – immer mal wieder etwas zu breit und konnten dann von den Gladbachern am Flügel isoliert werden, doch hatten sie durch situative Pärchenbildungen – links half beispielsweise Arnold dem gelegentlich etwas allein gelassenen Perisic – immer wieder temporeiche Szenen und schnelle Durchbrüche in jenen Zonen, die für Gefahr sorgten. So brachten es die Grün-Weißen im ersten Durchgang auf insgesamt zwölf Abschlüsse.

Heckings Risiko zahlt sich aus

Gegen den Ball schoben die Wolfsburger in ihrer 4-4-2-Formation in vielen Fällen sehr hoch und stellten die Gladbacher Innenverteidiger konsequent zu. Grundsätzlich wurden die beiden zentralen Mittelfeldakteure der Borussia bei leicht zurückfallenden, unterstützend intendierten Bewegungen in Mannorientierungen durch Luiz Gustavo und Arnold genommen. So konnten die Gladbacher kaum einmal geordnet aufbauen, sondern mussten zahlreiche Bälle lang nach vorne schlagen. Hierbei zeigten die Wolfsburger einige gute und flexible Übergabebewegungen und überzeugten mit den balancierten Positionierungen ihrer Innenverteidiger, die einige potentiell brenzlige Szenen mit starkem Timing sowie passender Antizipation bereinigten.

Durch ihr bewegliches Zusammenspiel mit den Aktionen der Doppelsechs davor konnten sie trotz einiger riskanter Stellungen die Versorgungswege zum spielstarken Raffael im Zwischenlinienraum blockieren, den Brasilianer aus bestimmten Bereichen hinausdrängen oder ihn zumindest bei der Ballannahme herausrückend attackieren. Alles in allem kamen die Gäste daher gegen die pressingstarken und auf die meisten langen Bälle etwas besser stehenden Wolfsburger kaum einmal in ihr Spiel hinein. Die Ausnahme waren gelegentliche Momente durch Linksüberladungen, die der ausweichende Kruse initiierte, oder eher noch vereinzelte Konter, die von der offensiven und auf gelegentlich etwas wilde Flügelüberladungen abzielenden Wolfsburger Spielanlage nicht immer gut genug abgesichert waren.

Zweite Halbzeit

In der zweiten Halbzeit ließ das Pressing der Wolfsburger nach und sie zogen sich stattdessen etwas zurück, so dass die Gladbacher Borussia einfacher zu Aufbauszenen kam. Einige Male konnten sie dabei gewisse Linksüberladungen nutzen, wenngleich die gefährlichsten Szenen des Teams weiterhin aus schnellen Kontersituationen resultierten. Genauso war es auch beim zwischenzeitlichen Ausgleichstreffer durch Kramer, als die Mannen von Lucien Favre im Anschluss nach einer gegnerischen Ecke hinter dem ungeordnet gestaffelten VfL nach vorne kamen und sich anschließend über Raffael und Herrmann auf links durchspielten. Die Wolfsburger waren nach dem Seitenwechsel trotz etwas erhöhter Einbindung von Olic und Perisic in zentralen Bereichen nicht mehr ganz so stark und litten unter einigen zu flachen Staffelungen im letzten Drittel, kamen aber im Anschluss an eine Standardsituation schnell zur erneuten, psychologisch wichtigen Führung.

Überhaupt fanden sie im zweiten Durchgang zu einer neuen Effektivität in ihren Abschlüssen, die zuvor gefehlt hatte. So kompensierten sie auf diesem Wege die vermehrt auftauchenden Probleme – beispielsweise war de Bruynes Helfen auf rechts nicht mehr so balanciert und weniger dynamisch in die Situationen eingefügt, so dass sich der Belgier einige Male durch vorhersehbare Positionsfindung isolieren ließ –und erhöhten durch Knoches Kopfball schließlich noch auf 3:1. Trotz der nicht mehr ganz so starken Leistung im zweiten Spielabschnitt war der Erfolg von Dieter Heckings Truppe letztlich unter dem Strich aber dennoch absolut verdient.

Fazit

Aufgrund des Leverkusener Sieges gegen Bremen reichte es dadurch zwar nicht für den CL-Quali-Platz, doch schienen die Wolfsburger mit einer 60-Punkte-Saison dennoch sehr zufrieden. Tatsächlich ist bei den Niedersachsen eine Entwicklung erkennbar – „der Weg ist der richtige“, wie Hecking sagte. Für die kommende Spielzeit werden beim VfL insbesondere zwei Dinge wichtig sein. Zum einen die spielerisch konstantere und kombinative Nutzung gewisser zentraler Bereich, die aktuell noch recht improvisiert und wild durch vereinzelt hineingetragene Szenen oder Aktionen aus dem freigeschobenen Rückraum geschieht. Zum anderen müssen sie etwas mehr allgemeine Stabilität finden, um nicht mehr so häufig darauf angewiesen zu sein, die Punkte über reinen Druck in Endphasen zu erzwingen. Hinsichtlich offensiver Stabilität war diese Begegnung im bereits starken Aufbauspiel noch ein weiterer Schritt nach vorne, während die Konterabsicherung und das defensive Umschalten wechselhaft bleiben und in manchen Aspekten unbedingt verbessert werden müssen.

Auch Borussia Mönchengladbach hat eine insgesamt erfolgreiche Spielzeit mit dem Erreichen des internationalen Wettbewerbs hinter sich. Geprägt war die Saison von einer herausragenden Hinrunde und einem etwas seltsamen Leistungstief nach dem Winter. In den schwächeren Phasen waren die „Fohlen“ dabei gar nicht so viel schwächer, sondern hatten vor allem mit Rhythmusproblemen aus dem Mittelfeldbereich und Detailschwierigkeiten im letzten Drittel zu kämpfen. Dort suchten Kruse und Raffael weiterhin die zu Saisonbeginn gerade auf der linken Seite sehr erfolgreichen Überladungen und Engenkombinationen. Allerdings hatten sie in diesen schwierigen Szenen nicht mehr ganz die richtige Balance und weniger mannschaftliche Unterstützung, während die zuvor noch etwas gefährlicheren Freiraumangriffe unter anderem an suboptimaler Entscheidungsfindung scheiterten. Interessant wird nun sein, wie sich die Borussia nach dem Aufbrechen der bewährten, zuletzt aber wenig Neuerungen bietenden Flügelzange aus Herrmann und Arango formieren wird. Die bisher feststehenden Neuzugänge wie Hahn oder Traoré definieren sich vor allem über ihr Tempo, könnten sich mit Raffael und Kruse aber gut ergänzen – indem sie mit Diagonalläufen für die Durchschlagskraft an der letzten Linie sorgen (Hahn), mit Dribblings das Aufrücken ermöglichen und Strafraumnähe erzwingen (Traoré) oder die komplette gegnerische Viererkette beschäftigen. Ebenso wie bei den Wolfsburgern darf man beim Team von Lucien Favre vor allem darauf gespannt sein, in welche genaue stilistische Richtung die weitere Entwicklung gehen wird.

Ron 14. Mai 2014 um 15:05

Jetzt darf Kramer tatsächlich mit ins N11-Trainingslager. Als hätte SV es geahnt. 🙂

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Ron 14. Mai 2014 um 20:52

Ein fitter Gündogan auf CL-Finale 2013-Niveau ist leider durch nichts zu ersetzen.

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Ron 23. Mai 2014 um 19:07

Kramers Chancen sind jetzt nicht gerade gesunken. Schade für Bender! 🙁

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RM 24. Mai 2014 um 17:22

Am Ende wird noch Baier für Schweinsteiger einberufen und SV macht dicht.

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Lenn 24. Mai 2014 um 17:59

Ich hab diese Saison nur 1 oder 2 Augsburgspiele sehen können (Schande über mein Haupt, ich weiß), aber würdest du Baier Schweinsteiger in der N11 tatsächlich vorziehen ?

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RM 24. Mai 2014 um 18:49

Nene, damit meinte ich, dass Schweinsteiger evtl. auch verletzt ausfällt (gibt ja paar Gerüchte) wie Bender und dann quasi Baier für Schweinsteiger kommen würde. Wobei es positions- und systemabhängig ist, wen der beiden ich wählen würde, ja.


MAW 13. Mai 2014 um 22:47

Eventuell sollte man bedenken, dass Gladbach auch ein VfL im Namen trägt, wegens de Verwirrung und so. 😉

Ich bin auch gespannt wie der Lucien seine Fohlen nächste Saison aufstellt, hoffentlich büßt man nicht zuviel Kreativität im Mittelfeld ein.

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Ron 11. Mai 2014 um 16:23

Danke für den Artikel!

Hätte zwar lieber einen über Gladbach-Mainz wegen der von Tuchel hewählten Fünferkette gehabt, aber hier der ist auch okay. 😉

Auffallend fand ich die Fehlpassquote der Gladbacher, die mMn nur zum Teil direkt mit dem Pressing zu tun hatte, weil da jede Menge ohne Drucksituation dabei waren. Das ohnehin ziemlich hochklassige Spiel hätte von einer etwas niedrigeren Quote nochmal eine Aufwertung erfahren.

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LM 11. Mai 2014 um 14:03

Die neuen Gladbacher Außen finde ich interessant, vll kriegt Favre ja dieses etwas Wirre aus Traorés Spiel raus. So von der Dynamik und besonders auch Dribbeltechnik ist der Mann ja eigentlich ne echte Hausnummer 😉
Und die Kombination Hahn und Herrmann ist grade gegen etwas gestrecktere Formationen vielversprechend…

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Bla 11. Mai 2014 um 12:02

Danke für die gute Analyse.

Dass Arnold im Aufbau tiefer war ist mir nicht so aufgefallen, ich fand das Gustavo dominanter Punkt im Aufbau war, und Arnold sehr lautstark und unterstützend gewirkt hat, und dann insgesamt schon höher und raumgreifender agiert hat.

Generell find ich aber das Ballbesitzspiel von Wolfsburg, eh schon seit längerer Zeit, recht erfreulich; Gustavo spielt auffallend stark, die IV fächern ganz gut auf und speziell Naldo baut oft gut auf. Einzig Träsch find ich nicht so cool, vielleicht sollten sie einen RV verpflichten.

Gladbach stagniert MMn seit geraumer Zeit etwas, offensiv ist das ganze, abgesehen vom tollen Raffael, doch etwas langweilig.
Ein spielstärkerer, aufrückender IV sowie ein spielstarker 6er , Thiago vielleicht ; ), wären ganz gut.

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TR 11. Mai 2014 um 16:26

Würde dir zustimmen, dass es nicht durchgehend so der Fall war und auch Gustavo in einigen Phasen tiefer agierte. Die mit Arnold waren dafür aber sehr wirksam und besonders, so dass ich sie stark unterstrichen habe im Artikel. Im weiteren Verlauf der Angriffe ging Arnold dann ja weiter vor und wurde raumgreifender, wie du schreibst, unter anderem durch die Hilfe auf links.

Zu Gladbach: Sehe das personelle Verbesserungspotential da in ähnlichen Bereichen wie du. 😉

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Michael Maier 11. Mai 2014 um 20:06

Yep, ein spielerisch starker 6er ist das was Gladbach dringend braucht. Eigentlich hätte Xhaka in diese Rolle hineinwachsen können bzw. sollen, aber offenbar scheitert Xhaka an seinem übergroßen Ego. Xhaka verkaufen wäre nur konsequent in dieser Situation. Eigentlich schade, da Xhaka die schnellen Außen mit Pässen füttern könnte, aber er kriegt es nun mal nicht auf die Reihe. Der äußerst schwache Rückrunden-Start der Gladbacher hatte schon auch (aber nicht nur) mit der von Xhaka gezeigten Lustlosigkeit zu tun.

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Koom 12. Mai 2014 um 09:37

Gladbach verändert sich ja im Offensivbereich. Sie haben ja mit Traore, Hahn und Fabian Johnson recht schnelle Aussenbahnspieler geholt, da kann man sich schon denken, wo die Reise hingeht.

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