Hertha BSC – FC Augsburg 0:0

Mit viel Arbeit und Manndeckungen kann die Hertha zwar Augsburgs Spielaufbau neutralisieren, kann die eigenen Abschlüsse aber nicht verwerten. Die Augsburger und ihre Spielanlage gerieten dabei besonders ins Schwanken.

Jos Luhukay und die Manndeckung

Nach über einer Stunde hatte Augsburg noch immer keinen Schuss aufs Tor. Insgesamt hatten sie nur einmal abgeschlossen. Dieser extrem niedrige Wert war insbesondere bewundernswert, weil Augsburg sich seit nun fast einem Jahr mit die meisten Abschlüsse in der ganzen Liga herausspielt. Bisheriges Problem war eigentlich nie das Kreieren der Chancen, sondern deren Verwertung. Doch gegen die Hertha kamen sie kaum noch dazu.

Vermutlich lag das an der speziellen Defensivspielweise der Hertha. Unter Jos Luhukay agieren die Herthaner sehr oft mit Manndeckungen unterschiedlicher Art; manchmal lose, manchmal als zonale Manndeckung und oft als relativ klassische Manndeckung mit bestimmten Vorgaben, wann der Gegner frei gelassen bzw. in den Raum übergeben wird.

Hertha in Ballbesitz, Augsburg defensiv.

Hertha in Ballbesitz, Augsburg defensiv.

Gegen Augsburg begannen sie wieder im 4-1-4-1, in welchem Tolga Cigerci und Per Skjelbred vor Hajime Hosogai die Doppelacht bildeten. Wieder wurde diese Spielweise in der Defensive durch die Manndeckung an den Gegner angepasst: Einer der Achter orientierte sich am tieferen Baier, der andere ging auf Vogt und Hosogai nahm im Verbund mit dem freien Innenverteidiger Halil Altintop, dem hängenden Stürmer, aus dem Spiel.

Vorne gab es ebenfalls wieder das klassische Luhukay-Schema dieser Saison. Ramos stand prinzipiell am oder in der Nähe des halbrechten Innenverteidigers, während sich Ndjeng von der rechten Außenbahn immer wieder an den zweiten Innenverteidiger orientierte, wenn dies möglich war. Diese Läufe Ndjengs haben gewisse Vorteile.

Zu Beginn bieten sie dem Innenverteidiger vermeintlich Zeit und Raum, während Ndjengs den Außenverteidiger zustellt. Von dieser Manndeckung aus kann Ndjeng den Innenverteidiger anlaufen und gleichzeitig den Außenverteidiger einfach im Deckungsschatten behalten. Übertrieben gesagt deckt er alleine zwei Spieler ab, bietet aber hinter sich die Möglichkeit für schwer zu kontrollierende lange Bälle an oder über Kurzpasskombinationen über die Mitte auf diese offene Seite. Durch die Manndeckungen wird der Gegner im Idealfall dorthin gezwungen, Ndjeng presst rückwärts und der gesamte Verbund schiebt drauf, wodurch diese Seite isoliert wird. Im Idealfall provoziert man hier lange Bälle oder schwierige Anspiele auf gemanndeckte Spieler, wodurch die Hertha viele Bälle im Mittelfeld erobert. Gegen Augsburg hatte es noch eine zusätzliche Note.

Die besondere Wirkung auf Augsburg an diesem Tag

Trotz Daniel Baier in der Mannschaft hatten die Augsburger mit dieser Spielweise der Hertha große Probleme in ihrem eigentlich sehr guten Spielaufbau. Baier als Metronom, Spielgestalter und Organisator in einem kann sich durch die Manndeckungen nicht ordentlich drehen und hat ein Sichtfeld zum eigenen Tor. Raumschaffen bei solchen Manndeckungen ist prinzipiell möglich, hier kommen aber Augsburgs individuelle Nachteile zum Vorschein.

Exklusive Baier haben sie nämlich keinen wirkliche strategisch guten oder spielgestaltenden Spieler im Mittelfeld oder Sturm. Öffnet Baier für andere die Räume, ist das oftmals eher kontraproduktiv. Besonders ohne Moravek und mit Vogt im Mittelfeld sowie ohne Koo, der in der Vorsaison für solche Situationen prädestiniert war, kann sich Augsburg nur schwer konstruktiv aus diesen engen Räumen befreien.

Eine weitere Problematik betraf die Anspielstationen bei langen Bällen und bei Schnellangriffen ohne vorhergehenden Spielaufbau. Mit Hahn auf dem rechten Flügel hatten sie eine durchschlagskräftige, schnelle und in Luftzweikämpfen starke Anspielstation für Befreiungsschläge, die gegen die Hertha eventuell besonders effektiv gewesen wäre.

Ohne diesen hatte die Hertha nicht nur bei langen Bällen kaum Probleme, sondern konnte sich auch nach Balleroberungen gut und einfach befreien, da diese oftmals nach blinden und ziellosen langen Bällen kamen. Das Augsburger Mittelfeld lebt außerdem von einer klaren Dynamik im Kombinationsspiel, wo Spieler wie Vogt linear aufrücken können, Moravek in engen Räumen kombiniert und dann „irgendwie“ über Mölders, Hahn und Werner der Angriffsabschluss gesucht wird.

Gegen die Manndeckungen der Hertha entstand diese Dynamik nicht, außerdem fehlte es am typischen Augsburger Spielaufbau und der Faktor Baier wurde verringert. Desweiteren war das Pressing etwas suboptimal.

Augsburg mit tieferer Ausrichtung und späterer Veränderung

Vogt im zentralen Mittelfeld, Philp auf rechts. Diese Aufstellung deutete defensiv ebenfalls auf die Suche nach mehr Stabilität und höherem Fokus auf die Defensive. Somit pressten sie eigentlich in einem sehr tiefen 4-4-2, wo sich Halil Altintop noch höher orientierte als üblich. Die Ansätze des 4-1-4-1, welches früher noch sehr oft zu bewundern war, gab es nun kaum noch, Vogt und Baier blieben oft auf gleicher Höhe.

Augsburg in Ballbesitz, Hertha defensiv.

Augsburg in Ballbesitz, Hertha defensiv.

Dies versperrte zwar das Mittelfeldzentrum und zwang Hertha auf die Flügel, was für die Berliner aber kein großes Problem war. Sie ließen den Ball entweder sehr tief mit den Innenverteidigern zirkulieren, hatten viele Ausweichzonen und waren überaus stabil. Wenn sich Milik nach vorne auf einen Innenverteidiger orientierte, dann rückte Hosogai sofort in das Loch, um sich entweder dort anzubieten oder Altintop für Diagonalpässe wegzulocken.

Ansonsten agierten die Herthaner viel über die Flügel (76%) und nutzten hierbei Ben-Hatira besonders, der mit seiner Dribbelstärke eine gefährliche Anspielstation war. Gemeinsam mit den beiden Achtern in den Halbräumen und den situativ aufrückenden Außenverteidigern hatten sie hier ein Dreieck und konnten zumindest nach vorne kommen, was den Berlinern nicht möglich war.

In der Endphase wurde Augsburg aber zumindest ein kleines Bisschen besser, indem sie sich stärker auf das Spiel einließen. Sie verzichteten vermehrt auf das eigene Aufbauspiel, versuchten möglichst viele Umschaltmomente zu erzeugen und erhöhten das Pressing. Augsburg spielte im 4-4-2, bedrängte die Herthaner und hatte dadurch mehr Entlastung – wirkliche Gefahr erzeugten sie dennoch nicht.

Defensiv standen sie zwar über weite Strecken in der Strafraumverteidigung gut bis sehr gut, doch im Pressing waren sie bis Spielende unterlegen und konnten über die gesamte Partie hinweg nie in den Strafraum kommen. Die positionsgetreuen Einwechslungen von Moravek für Philp (Minute 45, mehr Spielstärke), Raul Bobadilla für Milik (Minute 60, mehr Präsenz) und de Jong für Werner in der Schlussphase veränderten letztlich nur eines: Die Aufstellung.

Fazit

Über die Partie hinweg dominierte die Hertha. Sie hatten mehr vom Spiel und bespielten überaus stabil und mit viel Ballbesitz die überraschend tiefe Ausrichtung der Augsburger. Diese agierten zwar ebenfalls etwas mannorientiert, waren dabei aber nie so hoch und präsent wie die Hertha, außerdem hatten die Hausherren die passenderen Mechanismen zum Bespielen. Dennoch konnte die Hertha kein Tor erzielen – viele Abschlüsse waren aus unangenehmen Positionen und zumindest in der Strafraumverteidigung war Augsburg ganz gut.

LuapAugsburg 30. November 2013 um 22:58

Finde da hat er ganz recht.
Augsburg hat sich wesentlich mehr zurück Pressen lassen als sonst. Lag fand ich daran das Baier nicht wie sonst das Pressing super aushebln konnte wie sonst, in dem er wie sonst immer zwei Spieler auf sich zieht und dann den Raum im Offensivspiel schafft und dadurch immer eine Überzahlsituation zustande kommt. Das hat heute aber überhaupt nicht geklapt da die Pässe insbesondere die Langen Pässe die sonst das Pressing umspielen nicht ankamen da Die Berliner die Männer sehr gut und eng zustellten.

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pb 30. November 2013 um 22:47

Ich hab’s so rausgelesen, dass die Augsburger für Dich nur etwas defensiver als sonst standen und ihre Harmlosigkeit in der Offensive v.a. der aussergewöhnlichen Defensivarbeit der Hertha geschuldet war.

Möglicherweise hat mich da auch nur mein Leseverständnis im Stich gelassen 🙂

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RM 30. November 2013 um 23:12

Haha, vielleicht hat mich auch nur meine Schreibe im Stich gelassen! 🙂

Ich denke, es war eine Mischung von zwei rein taktischen Faktoren sowie eben dem Spiel ohne Hahn und den Abgängen des Sommers. Herthas Pressing raubte ihnen das Aufbauspiel und Baiers Einfluss, das eigene Pressing und die Ausrichtung raubte ihnen das Konterspiel. Statt je, ich lüge mal herum, 4 Abschlüssen aus diesen beiden Möglichkeiten hatten sie eben nur je 1 oder so. So wollte ich es auch rüberkommen lassen, schade, dass es wohl nicht gelang und sorry! 🙂

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PLK 30. November 2013 um 22:39

Meiner Meinung nach passt der Bericht Top und kommt nicht zu abwertend rüber!

Baier ist nahe zu der einzige Kreativ Posten im Team. Wenn er nicht das Pressing aushebeln kann: was er in der Regel macht, in dem er von 2 Mann gedeckt wird und dadurch dem FCA eine Überzahlsituation rausspielt klappt das Spiel nicht.

Heute kam aber dazu das die Restlichen Spieler zu tief standen und extrem dicht Gedeckt wurden. Außerdem kahmen die Langenbälle welche eigentlich so ein hohes Pressing ausspielen sollen nicht an. Weil eben die Männer zu dicht gedeckt wurden und dadurch kamm leider kein richtiges Spiel zustande.

Und da stimm ich dir voll zu RM, Koo würde dem FCA extrem viel weiterhelfen!

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pb 30. November 2013 um 21:37

Bei allem Respekt für Herthas Defensivleistung scheint mir die von Dir mit „Suche nach mehr Stabilität“ sehr zurückhaltend beschriebene Ausrichtung der Augsburger mehr Einfluss auf den Spielverlauf gehabt zu haben, als Du ihr zuzugestehen scheinst.

Am Stammtisch würde man sagen: Der FCA hat vom Anpfiff an mit Mann und Maus gemauert und auf ein 0:0 gespielt.

Selbst wenn Baier mal nicht in Manndeckung war, hatte er mangels vor dem Ball positionierter Spieler kaum Anspielstationen. Ist angesichts der Auswärtsbilanz des Vereins natürlich absolut legitim.

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RM 30. November 2013 um 21:39

Kommt das etwa bei der Bewertung der Wichtigkeit so abwertend rüber? War meiner Meinung nach einer der zwei Hauptgründe für das alles, dachte, ich hätte es auch so ausgeführt.

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