Well done oder englisch?

0:2

Bremen gewinnt ein Spiel. Die taktischen Umstände des Sieges lassen aber nur am Rande Optimismus zu. Mainz und Werder deuten ihr Potential an, aber sind zu vorsichtig, um es auszuschöpfen.

Mittelfeldteam gegen Abstiegskampf ist selten eine Ausgangslage für ein gutes Spiel. Ausbleibende Ausnahmen bestätigen die Regel: Auch Werder gegen Mainz war so ein zerfahrener Kick mit viel durchschnittlichem Pressing, ein paar offensivtaktischen Ansätzen, aber auch viel Verlustaversion und Sicherheitsfußball, wegen dem sich die Techniker auf dem Feld kaum entfalten konnten.

Werders Pressing auf Premier-League-Niveau

Fangen wir mit dem prägendsten und gleichzeitig schwächstem Element des Spiels an: Werders Defensivarbeit. Im 4-4-2-Mittelfeld- oder Abwehrpressing versuchten die Werderaner sich auf vertikale Kompaktheit zu konzentrieren. Glaub ich. Die Intensität in den üblichen 4-4-2-Abläufen war ziemlich niedrig. Das Mittelfeld verschob sehr lasch, teilweise fast gar nicht – weder richtig ins Zentrum, noch nach Meinz 05 - Werder Bremenaußen. Die Außenstürmer hielten sich passiv mannorientiert aus den zentralen Räumen raus. Selbst wenn ein Sechser mannorientiert rausschob, hielten sie eher ihre Positionen als die Lücke dahinter zu verteidigen. Generell waren Fritz und Delaney die einzigen, die konstant aktiv verteidigten; das mussten sie dann auf ganzer Breite und in alle Richtungen machen, das taten sie aber gut.

Äußerst passiv sah das auch in der Abwehr aus. Die größte Mainzer Chance steht symbolisch dafür: Cordoba konnte sich um Sané drehen in einer Aktion, die mehrere Sekunden dauerte. In diesen Sekunden hielten die beiden Nebenmänner des herausgerückten Sanés einfach ihre Positionen anstatt im normalen Kettenmechanismus zusammenzuschieben. Als Cordoba dann durchbrach, reagierten beide gleichzeitig panisch, aber kamen zu spät.

Die Stürmer stellten das Mainzer Mittelfeldzentrum ganz gut zu, fanden aber quasi nie Pressingmomente; wegen der breit angelegten Mainzer Zirkulation, wegen der geringen Grundintensität und weil das systematisch offenbar nicht vorgesehen war und die Flügelstürmer das nie unterstützten. Das war eine recht fragwürdige Herangehensweise, weil der Mainzer Spielaufbau eigentlich relativ leicht zu pressen war: Meist hielten sich die Mainzer Außenverteidiger nämlich ziemlich tief, sodass es fast eine flache Viererlinie im Aufbau war. Oft wurden die Außenverteidiger dann auch angespielt, um dann auf den ballfernen Innenverteidiger zu verlagern. In einem aggressiven 4-4-2 oder 4-3-3 ein guter Moment für Balleroberungen. Aber Werder mehr so: Chill mal, die kommen schon irgendwann zu uns, dann kannste immer noch rennen.

Im Grunde war das so das typische Pressingverhalten, das man meistens in der Premier League von mittelmäßigen und schlechten Teams beobachten darf. Was in der besten Liga aller Zeiten und Welten gut ist, muss ja aber auch zumindest gegen Mainz reichen. Wenigstens dann, wenn dieses Mainz das Aufbauspiel auch mit einer gewissen Premier-League-Nähe gestaltet.

Mainzer Spielaufbau auf Premier-League-Niveau

Während den Mainzern der Spielaufbau damit recht leicht gemacht wurde, führte das auch dazu, dass sich Martin Schmidts Team eben auch gezwungen sah, im Spielaufbau was zu machen. Typischerweise kam den Hausherren das nicht besonders entgegen. Sie ließen den Ball zwar laufen, doch hatten große Probleme, die Schwachpunkte um die Bremer Sechser zu finden. Letztlich lief vieles auf Flügelangriffe und lange Bälle hinaus.

Das hatte zum einen systematische Gründe: Die Flügelspieler agierten eher breit – auch wegen der erwähnten Außenverteidiger-Rollen. Gerade Öztunali hatte im ersten Durchgang fast nur in Laufduellen Präsenz, Dementsprechend war Bojan in der Mitte auf sich gestellt und für Fritz und Delaney leicht zu beobachten und zu verteidigen. Das Zentrum wurde noch dadurch geschwächt, dass Gbamin die alte Sven-Bender-spielt-Verstecken-Rolle ausführte: Um seine technischen Defizite zu kompensieren, schob er sich bei Ballbesitz seitlich nach vorne aus dem Zentrum heraus in ungefährliche Räume, während Latza sich zentral vor den Innenverteidigern als Spielmacher bewegte. (Manchmal wechselten beide ihre positionellen Rollen, dann bewegte sich Gbamin aber in in abgedrängten Räumen, um leicht zu den Verteidigern zurückspielen zu können.) Wenn der Gegner darauf ungeschickt reagiert, kann das sehr effektiv sein, aber in diesem Fall erleichterte es Bremen die Arbeit schon etwas – zumal Latza gar keinen guten Tag erwischte. Beide Sechser spielten fast keine Pässe nach vorne.

Was man an dieser spielerbedingten Rollenverteilung schon erahnen kann, ist, dass Schmidts Elf durchaus nicht planlos und unstrukturiert war. Im Gegenteil ist das Mainzer Aufbauspiel sogar sehr genau geplant und klar strukturiert. Die Pässe der Innenverteidiger passen immer zu den Bewegungen im Mittelfeld. Wenn die Flügelspieler kommen, gehen die Außenverteidiger (dann doch mal). Im Grunde hat es alles Hand und Fuß, was Mainz macht. Ramalho und vor allem Bell können ja auch vertikales Aufbauspiel: Die angesprochene Chance von Cordoba bereitete Bell mit einem herausragenden Flachpass vor. Die Mainzer Systematik bleibt aber in linearen, positionell aufgezogenen Abläufen stecken und bleibt immer nah an der defensiven Grundordnung. Die Bewegungen sind für den Gegner überschaubar, die Verbindungen immer nur „geht so“.

Damit demonstrierte Mainz aber auch, dass schematische gruppentaktische Abläufe in ihrer Effektivität sehr begrenzt sind; zumindest dann, wenn sie nur begrenzt auf die Spielsituation und überhaupt nicht auf die Spieler abgestimmt sind. So konnten Bojan, Sampeiro und Öztunali in der ersten Hälfte fast gar keine Effektivität erzeugen, da sie immer wieder in der Rückwärtsbewegung und zu weit weg vom Tor angespielt wurden oder aber in relativ aussichtslose Laufduelle geschickt. Dass sie mal aufdrehen konnten, nach vorne in den Raum attackieren oder miteinander kombinieren, passierte eigentlich gar nicht. Das ist dann trotz schlüssiger Mechanismen innerhalb der Mannschaft nicht gut gegen so eine lasche Defensive und – das kann man beim Mainzer Mittelfeld dann mittlerweile auch sagen – mit so guten Technikern.

Insgesamt konnte Mainz dennoch eine gewisse Offensivgefahr erzeugen, mit unterschiedlichen Mitteln. Die langen Bälle wurden wie gehabt gut gegengepresst, sodass einige Szenen in Strafraumnähe stattfanden. Gerade im zweiten Durchgang hatte Mainz viel Offensivpräsenz und auch ein paar Chancen – z.B. nach Standards.

Werders individuelle Kreativität auf Premier-League-Niveau (oder so)

Ich zieh den Gag jetzt einfach mal durch, auch wenn sich der Bremer Kader stilistisch kaum mit typischen EPL-Kadern vergleichen lässt. Dennoch definierten sich die Bremer in der Partie vor allem über ihre offensiven Spielerfähigkeiten. Mit Kruse und Gnabry, sowie dem formstarken Bartels hat man sehr starke Anlagen, um Drucksituationen in der Vorwärtsbewegung gewinnbringend aufzulösen. Dazu zeigte sich Delaney recht pressingresistent. In einigen Situationen konnte zudem der viel gescholtene Kapitän Fritz glänzen, der bei ausreichendem Raum ein unheimlich gutes Timing besitzt, um sich mit Ball durch Lücken zu schieben – so wurde auch der Freistoß zum 2:0 eingeleitet.

Auf Individualität muss man Werder an der Stelle aber auch gar nicht reduzieren, da sie tatsächlich im Spielaufbau generell eine recht gute Figur machten. Die vier Offensivspieler bewegten sich geschickt durch den Zwischenlinienraum und öffneten dadurch Passwege durch das dichte Mainzer Mittelfeldzentrum. Moisander kann solche Wege natürlich ohnehin nutzen und auch Sané spielte einige gute Bälle. Das Pendeln der beiden Sechser dazwischen war nicht auf Topniveau, aber in Ordnung. Die Mainzer bekamen in ihrem üblichen 4-4-2-Mittelfeldpressing das Zentrum nicht unter Kontrolle.

Das Problem bei der Sache: Bremen war einfach viel zu selten im Spielaufbau. Durch das lasche Pressing ließen sie den Mainzern den Ball über weite Phasen und außerdem waren sie dann nach Balleroberungen zwangsweise ziemlich oft im Konter. Dazu kam, dass sie oft einfach lang eröffneten; die Torwarteinbindung war Mist und bei Abstößen oder Abschlägen versuchte man oft gar nicht erst, flach zu eröffnen. Dazu kam, dass die Ballbesitzstrategie sowieso eher vertikal angelegt war; also nicht auf längere Ballzirkulation, sondern auf schnellen Raumgewinn. Letzteres kann man auch als Qualitätsmerkmal sehen, bringt aber seine Probleme mit sich, wenn man in allen anderen Spielphasen (klar) schwächer ist als im Spielaufbau.

Konter und 5-4-1 im zweiten Durchgang

Nach der nicht direkt unverdienten, aber doch glücklichen Halbzeitführung gestalte sich der zweite Durchgang wenig überraschend: Bremen verteidigte den Vorsprung, Mainz rannte an. Etwas enttäuschend – und irgendwo sehr typisch für Martin Schmidt – versuchte Mainz dabei nicht, das übliche Spiel oder System irgendwie anzupassen. Sie zogen ihr ungeduldiges, vertikal strukturiertes 4-2-3-1 durch, ohne den Versuch, noch taktische Vorteile rauszuholen oder das Risiko wirkungsvoll zu steigern.

Tatsächlich nahm Schmidt dann sogar Kreativität vom Feld, indem er in Seydel einen kopfballstarken zweiten Stürmer für Bojan auf das Feld brachte, sodass Latza nun die einzige zentrale Kreativkraft war und die Angriffe der Mainzer noch linearer und noch vorhersehbarer wurden. (An der Stelle mag man berücksichtigen, dass der Mainzer Kader nicht so unheimlich viel kreativen Nachschub hergibt. Man hätte aber etwa Öztunali für Gbamin zurückziehen können. Andererseits kann eine Brechstange ja auch funktionieren, gerade wenn der Gegner eh die ganze Zeit tief steht.)

Nouri reagierte, indem er mit Veljkovic einen zusätzlichen Verteidiger brachte und auf eine Art 5-4-1 umstellte. So hatte Bremen hinten wieder Überzahl gegen die Mainzer Angreifer, die nun immer mehr in einen klaren Vierersturm aufrückten. Diese Überzahl spielten sie auch klar mannorientiert aus. Dadurch bewegte sich Veljkovic auch oft vor der Kette. Im Spielaufbau rückte er ebenfalls heraus, sodass die Staffelungen häufiger ein 4-1-4-1 hergaben. In seiner Aufgabenverteilung war Veljkovic aber klar der Abwehr zugeordnet und reihte sich in der Strafraumverteidigung dann auch zwischen den beiden Innenverteidigern ein – ein Ausputzer im Grunde. Mit Santiago Garcia als Linksaußen wurde die defensive Ausrichtung dann noch etwas mehr unterstützt.

Was Bremen indes recht geschickt machte, war die offensive Entlastung während des zweiten Durchgangs. Zwar war die gesamte Vorwärtsbewegung sehr vorsichtig, sodass kaum richtig effektive Konter entstanden, doch zumindest bewegten sich die wenigen aufrückenden Spieler geschickt in die Räume und starteten gute Einzelaktionen, um Raumgewinn und damit Zeitgewinn zu erzielen. Kruse fiel manchmal geschickt zurück und löste dadurch Mainzer Gegenpressing-Momente auf. Bartels attackierte gut die Räume hinter Brosinski. Ohnehin präsentierte sich Fin Bartels in Champions-League-reifer Form.

Fazit

Man hat in der Rückschau auf die Partie ein bisschen das Gefühl, man hätte da irgendwie ein viel besseres Spiel verpasst. Die Ansätze waren nämlich an vielen Ecken und Enden gut. An individuellen Qualitäten ließen die Teams wenig vermissen und man konnte auch viel taktische Arbeit erkennen. Letztlich mangelte es beiden jedoch am Willen, wirklich guten Fußball zu spielen. Werder spielte ängstlich und auf Sicherheit, Mainz ist auf Kampffußball fokussiert. Wenn dann ein mäßiges Spiel herauskommt und beide Tore nach Standards fallen, ist das die logische und etwas ernüchternde Konsequenz. Wenn keiner sich traut, die Partie zu dominieren, dann wird das Spiel vom Zufall entschieden. Wie in der Premier League.

Koom 20. Februar 2017 um 16:53

Finde den Artikel in Bezug zu Mainz noch beinahe zu optimistisch. Ich hab vor allem die 2. HZ gesehen und bin ziemlich ernüchtert – oder erschrocken. Bremen spielte einen ganz gut ausgedachten, aber simplen Defensivplan durch und 05 fiel komplett darauf rein. Ramalho wurde zugestellt, wodurch der Spielaufbau immer über Bell gehen musste. Und dem fehlten Anspielstationen, da die AVs auf gleicher Höhe waren und aus dem Mittelfeld sich keiner anbot. Und dann gab es den langen Ball weit nach vorne, wo es keine Staffelung für ein gutes Gegenpressing gab. Das war taktisch ziemlich fürchterlich.

@Daniel:
Martin Schmidt ist ein sympathischer Typ. Taktisch als Trainer aber offensichtlich sehr simpel gestrickt, was sowohl die Vorbereitung auf einen Gegner betrifft als auch Abläufe fürs Training. Gegenpressing findet praktisch keines statt. Kein Spieler hat sich unter ihm auch nur im Ansatz weiterentwickelt, was man vor allem an der Offensive sieht. Ich verstehe auch nicht, ob und was Leverkusen von ihm wollte.

„Gefühlt wird Mainz immer schwächer, je mehr die Grundlagen von Tuchel in den Erinnerungen der Mannschaft verblassen…“

Der Satz ist leider extrem wahr und ich hoffe, dass Rouven Schröder das auch langsam merkt und reagiert.

Antworten

tobit 20. Februar 2017 um 22:51

Generelle Zustimmung, aber: einen besseren Trainer als Martin Schmidt wird Mainz in der laufenden Saison kaum finden. Daher sollte man mit ihm die Saison beenden und danach (bzw. kurz vorher) ergebnisoffen analysieren und auch diskutieren, ob man mit Stil und Ergebnissen zufrieden ist. Wie lange läuft Schmidts Vertrag eigentlich noch?

Antworten

Koom 21. Februar 2017 um 07:53

2018. Es wird aber kolportiert, das Sandro Schwarz (Trainer der Zweiten) in absehbarer Zeit aufrücken möchte. Großes Talent, RBL war an ihm dran, bevor sie dann doch noch Hasenhüttl bekamen.

Antworten

tobit 21. Februar 2017 um 10:52

Wenn RaBa an Schwarz dran war, gehe ich Mal davon aus, dass er ein offensiv und aggressiv ausgerichteter Typ ist. Das könnte durchaus zu den Mainzern passen, die ja durchaus auch spielerisch starke Leute (Bell, Ramalho, Latza, Bojan, Quaison etc.) im Kader haben, denen aber trotzdem das aggressive Spiel nach vorne liegt.

Antworten

Koom 21. Februar 2017 um 13:11

Der Zweiten vermittelt er relativ viel Spielkultur mit Ballbesitzanteil. Und ja, wenn Rangnick ihn im Fokus hatte, dann muss man davon ausgehen, dass er ihn für den angesprochen Trainertypus („Vorwärtsverteidigung“) hält.

Eventuell würde ein Trainertausch Schmidt Schwarz beiden Teams ganz gut tun: Der Zweiten könnte ein Defensivfokus mit Umschalten vielleicht gut tun (und Schmidt vielleicht auch etwas weniger Druck/Präsentation) und Sandro Schwarzs Offensivspiel würde dem Kader der Ersten gut zu Gesicht stehen. Da sind ein Haufen toller Spieler dabei, aus denen man eine starke Offensive schnitzen könnte (nein, eigentlich MUSS).

Schwarz ist ja zudem auch ein Ex-05er aus der Zeit von Klopp und Wolfgang Frank, tätig im defensiven Mittelfeld in etwa wie einst Ramelow bei Leverkusen (simpel, aber unterschätzt). Auch hier: Stallgeruch, Abläufe bekannt etc. Wäre vorstellbar, ihn auch kurzfristig einzusetzen (und zumindest von Heidel so noch geplant).

Antworten

Daniel 21. Februar 2017 um 15:42

Ich kann mir schlecht vorstellen, dass Schmidt einem solchen Deal zu seinem Nachteil zustimmt. Mir fällt jetzt spontan kein Fall ein, in dem ein Cheftrainer (nicht Interimstrainer) der 1. Mannschaft nach einigen Jahren zum Trainer der 2. Mannschaft degradiert wird.

Warum sollte Schmidt da auch mitspielen? Wenn Schwarz zum Ende dieser Saison zum Cheftrainer befördert wird könnte sich Schmidt bei seinem Vertrag bis 2018 ein Jahr lang fürs Nichtstun bezahlen lassen (und zwar mehr, als er für die Tätigkeit bei der zweiten bekäme). Innerhalb dieses Jahres würde er wohl deutlich reizvollere Angebote bekommen als von einem Abstiegskandidaten der 3. Liga, der nicht aufsteigen kann und seine besten Spieler an die erste Mannschaft abgeben muss. Zum einen wird er glaub ich vom Großteil der Öffentlichkeit positiver bewertet als von uns beiden (siehe Leverkusen-Gerüchte), zum anderen ist die Kritik hier relativ zu sehen: Es gibt auch deutlich schlechtere Trainer. Selbst in der Buli wäre Schmidt mMn zumindest für Wolfsburg ein Upgrade, vielleicht auch für Bremen, Darmstadt oder Augsburg (muss man bei den beiden letzteren abwarten, wie sich Frings und Baum machen). Wenn Schmidt ab Sommer zu haben wäre würde ich vermuten, dass er innerhalb eines halben Jahres mindestens bei einem passablen Zweitligisten unterkäme, mit Glück auch mehr. Entsprechend schlecht wäre er beraten, Trainer von Mainz zweiter Mannschaft zu werden.

Daniel 23. Mai 2017 um 18:28

So, jetzt ist es also wahr geworden: Mainz und Schmidt gehen getrennte Wege, Schwarz wird als Nachfolger gehandelt. Ich kann Schwarz nicht beurteilen, aber nach dem, was über ihn zu lesen war, fände ich ihn auf jeden Fall interessant…

Antworten

Koom 24. Mai 2017 um 09:20

Zeit wurde es mit der Trennung. Jetzt ist es relativ sauber, Schröder hat es so abmoderiert, dass Schmidt zumindest oberflächlich auch sein Gesicht wahren kann. So oder so bin ich jetzt erst mal froh und bin gespannt, wen er als neuen Trainer findet.

Kolportiert wird Sandra Schwarz, eventuell mit Marco Rose als Co-Trainer. Würde ich in der Kombination eher als Spekulation ansehen (würde Rose auch den Chefposten zutrauen, ist aber gut bei RB Salzburg unterwegs mit der Jugendmannschaft).

Antworten

tobit 24. Mai 2017 um 12:05

Da hätte sich Watzke Mal ein Beispiel dran nehmen sollen. So wird man einen Trainer sauber los – dafür muss man ihn nicht erst zum Abschuss in den Medien freigeben.

Zu Rose könnte doch RM als RB-Jugend-Insider Mal was sagen.

Antworten

Schorsch 24. Mai 2017 um 13:00

Hat Watzke dies? Mit vier dürren Worten („Das ist so, ja.“)? Mag sein, dass es so war, mag nicht sein. Das bleibt Spekulation. Je mehr ich darüber nachgedacht habe und je mehr Einzelheiten um die Aktivitäten und Reaktionen in den Stunden nach dem Anschlag auf den BVB-Bus bekannt wurden, desto mehr bin ich davon überzeugt, dass Watzke gar keine andere Wahl blieb, als das Bild zu korrigieren, welches sich diesbezüglich von ihm, Rauball und Zorc mittlerweile etabliert hatte. Und an letzterem war der Trainer mMn durch Äußerungen seinerseits nicht ganz unschuldig.

Überhaupt lässt sich die Angelegenheit mit Schmidt in Mainz kaum mit der Situation in Dortmund vergleichen. Von Schmidt sind weder Äußerungen, noch Handlungen bekannt geworden, welche über einen geraumen Zeitraum die Zusammenarbeit im Club erschwert oder behindert hätten. Das Gleiche gilt für die Clubverantwortlichen in Bezug auf Schmidt. Man kann Schmidt als Trainer fachlich vielleicht so manches vorwerfen. Loyalität, Integrität und Kooperationsbereitschaft standen bei ihm nach meiner Einschätzung sicherlich nie zur Diskussion. Sonst wäre die Trennung mMn bereits viel früher erfolgt.

Wer auch immer nun Trainer in Mainz werden wird, man wird die Dinge bereits im Vorfeld angebahnt haben. Ich bin gespannt, wie sich der Club nicht nur fußballerisch weiterentwickeln wird. Einen neuen Manager hat man schon, ein neuer Trainer wird in Kürze eingestellt und einen neuen Präsidenten wird man dann auch noch bekommen. Nicht wenige Änderungen für einen Club, in dem langjährige personelle Konstanz immer auch ein Markenzeichen war.

Antworten

Koom 24. Mai 2017 um 14:21

Ja, Mainz 05 lebt gerade in „interessanten Zeiten“.

Mal zu dem, was da ist: Rouven Schröder. Mir gefiel, wie er MS jetzt „abmoderierte“. Das war anständig, sauber, kein schlechtes Wort, durchaus auch so, dass er ihn nicht unbedingt entlassen wollte. Finde ich sehr gut, auch wenns sicherlich brodelt bei den beiden.

Seine Transferbilanz ist diskutabel. Mir gefällt der Ansatz, auch mal Geld in die Hand zu nehmen und nicht vor großen Namen zu scheuen. Ramalho, Öztunali und Bojan sind 3 Namen, die man bei vielen Bundesligisten sehen könnte. Fachlich ist das in Ordnung, gerade bei einer Saison mit anfangs 3 Wettbewerben. Riesig eingeschlagen hat keiner von denen. Ob Gbamin (großes Talent) von Schröder eingeleitet oder nur abgeschlossen wurde, weiß man nicht. In der Krise erwies er sich öfter medial als patzig, eher bemüht sachlich. Kann aber auch damit zusammenhängen, dass er intern mit MS über Kreuz lag.

Präsidentenposten… Ja, da klafft ein großes Loch. Das Problem ist nicht nur, das Strutz weg ist und etwas halbseiden war, sondern letzteres auch auf den restlichen Vorstand zutrifft. Zusätzlich zur medialen Unsichtbarkeit. Und der eigentlich ideal dafür gedachte Heidel ist leider beim Gegner gelandet. Die Gefahr ist groß, dass sich hier entweder jemand platzieren wird, der weiter einfach laufen lässt (und sich die Taschen voll macht) oder am Ende ein Aktionist sich finden wird, der alles anders machen möchte. Mal abwarten.

Trainerposten: Sandro Schwarz steht wohl in der engen Wahl, was aus mehreren Gründen gut wäre. Aus der gerade abgestiegenen U23 wird man dann besser die 1-2 Spieler oben integrieren können, die ansonsten weg wären. Inhaltlich ist Schwarz mehr am Zeitgeist mit aktivem Spiel, Pressing, Gegenpressing. Eine sichere, aber bevorzugt „interne“ Lösung würde gerade die Problematik auf den anderen Posten sehr entschärfen.

Schorsch 24. Mai 2017 um 19:57

@Koom: Ob Heidel seinen Wechsel bereits bereut? Ich habe den Eindruck, dass es ihm ein wenig unter den Füßen brennt. Und dass das entsprechende Feuer von höherer Stelle entfacht wurde. Der Trainer wurde jedenfalls (ob berechtigt oder nicht) öffentlich ordentlich abgewatscht („Kein Konzept erkennbar“). Das sah auch ein wenig nach Ablenkung von eigenen Fehlern aus. In Mainz war er der ‚Macher‘ schlechthin; im Prinzip hat er den Club überhaupt zu dem gemacht, was er heute ist (ohne die Verdienste von Strutz, Klopp und anderen schmälern zu wollen). Wahrscheinlich funktionieren die allermeisten Clubs sehr viel anders als Mainz 05. Aber musste es ausgerechnet Schalke sein, der Club der ewigen Unruhe?

HK 24. Mai 2017 um 13:21

Ich glaube auch dass Watzke von der Lawine die er ausgelöst hat eher mitgerissen wurde als dies genau so zu planen. Ich denke er wollte wohl eher sein distanziertes Verhältnis zu Tuchel weiter pflegen. Was das dann ausgelöst hat, war ihm in diesem Moment sicher noch nicht klar und zumindest meiner Meinung nach in dieser Dimension auch nicht gewollt.

Antworten

Koom 24. Mai 2017 um 14:25

Bin da durchaus auch bei dir .

Fakt ist unbestritten, dass diese Situation mit dem Attentat ziemlich krass ist. Und Tuchel direkt betroffen war. Das ist eine sehr viel andere Gemütslage wie die von Watzke, der das mehr aus der Entfernung und Hörensagen mitbekam. Das dann ein emotional aufgewühlter Tuchel, der auch grundsätzlich immer eher dünnhäutig ist, dann gegen UEFA und auch Watzke schießt, kann man nachvollziehen. Und sollte man dann auch nicht überbewerten.

Hätte man den Medienzirkus nur halb so sehr bedient danach (von beiden), dann wäre vieles entspannter und weniger dramatisch. Watzke war den hochsympathischen Menschenfänger Jürgen Klopp gewohnt, der seinen BVB aus mittleren Gefilden in die Beletage geführt und zementiert hat. Und immer für ein freundliches Wort gut war. Und hat nun mit Tuchel einen, der vor allem Fußballlehrer ist. Der Klartext redet, sich dabei aber auch mal verschwurbelt ausdrückt. Damit kommt Watzke nicht zurecht und sehnt sich nach „Echter Liebe“. Anstatt sie zu leben und selbst auszustrahlen.

tobit 24. Mai 2017 um 20:06

Gestört hat mich am Interview noch nichtmal der Part zum „Dissenz“, sondern viel mehr sein sehr direkter Widerspruch gegen Tuchel mit der Aussage, dass die Abschlusstabelle ein Zeugnis sei – Tuchel hatte sich meine ich auf der PK vor dem Spiel dazu geäußert, dass er es nicht richtig fände, die Arbeit eines Trainers einzig am Tabellenstand (gerade wenn es nur um einen Platz Unterschied geht) zu messen, da dieser sich auch bei gleich guter Arbeit unterschiedlich entwickeln kann. Ein weiterer Punkt war, dass er die durchaus ebenfalls kritischen Stimmen der Spieler nach dem Monaco-Spiel verteidigt („nicht auf die Goldwaage legen“), davon aber den Trainer, der das gleiche durchgemacht hat, explizit ausnimmt. Er stellt also einen höheren moralischen und intellektuellen (Reflektions-)Anspruch an Tuchel als an seine Führungsspieler, was ich in dem Zusammenhang nicht nachvollziehen kann.
Was mich aber viel eher geärgert hat, war, dass er Tuchel nach der medialen Breitseite der BVB-Hausmedien (Röckenhaus und die RN sind wohl relativ nah an den Vereinsgremien dran) mit keinem Wort verteidigt hat. Das halte ich (neben dem Zeitpunkt des Interviews) für die moralisch und persönlich schwächste/falscheste Entscheidung Watzkes sei langem. Ihm war offensichtlich nicht daran gelegen, das von den Medien gezeichnete Bild des unkooperativen und heimtückischen Schleifers (etwas zugespitzt ????), der den Rückhalt der Mannschaft verloren hat, geradezurücken oder die geäußerten (und nur rudimentär mit Argumenten gestützten) Vorwürfe zu entkräften.
@HK: Ich bin überzeugt, dass ihn das mediale Echo in keinster Weise überrascht hat (höchstens das später folgende zu seiner Dissenz-Aussage). Wenn es keine vereinsnahen Medien wie die RN und Röckenhaus an der Spitze gewesen wären, hätte ich dir zugestimmt. So gibt das für mich in Kombination mit Watzkes Schweigen danach kein gutes Bild ab.
Abschließend: Sollten wirklich alle geäußerten Vorwürfe gegenüber Tuchel wahr sein (gerade in Bezug auf sein Verhältnis zur Mannschaft), dann hätte man schon deutlich früher handeln müssen (da man die sportlichen Ziele ja lange Zeit offenbar gefährdet sah) – so wie es jetzt läuft/lief, bleibt für mich ein „Geschmäckle“ zurück (auch wenn man sich nicht nach der Saison trennt, oder eher gerade dann).

Izi 24. Mai 2017 um 22:07

Er stellt also einen höheren moralischen und intellektuellen (Reflektions-)Anspruch an Tuchel als an seine Führungsspieler, was ich in dem Zusammenhang nicht nachvollziehen kann.
Ich kann das sehr gut nachvollziehen, da ich das genauso sehe: Tuchel hat nicht nur ca. 20 Jahre mehr Lebenserfahrung als seine Spieler, sondern auch — im Vergleich zu den Meisten — einen deutlich höheren Intellekt. Da muss ihm ein differenzierteres Reflexionsvermögen zuzutrauen sein.

Nichtsdestotrotz finde ich es daneben, dass nach solch einer furchtbaren Situation einzelne Aussagen derart hochgekocht werden — von den Medien und den Gremien. Tuchel steckt der Schock in den Knochen, er äußert sich, gut ist’s. Watzke kommentiert dies nicht, wenn er darauf angesprochen wird. Das wäre eine vernünftige Herangehensweise. Aber dann hätten viele Online-Portale weniger Klicks und in den Foren würde weniger diskutiert. Also lieber doch eine Riesengeschichte daraus machen. . .

tobit 24. Mai 2017 um 23:02

20 Jahre mehr Lebenserfahrung (oder 7 Jahre gegenüber Weidenfeller ????) halte ich in dem Moment für absolut nebensächlich. Diese Leute stehen in einer psychologischen Ausnahmesituation (die für jeden einzelnen völlig neu und unbekannt ist) im vollen Licht der Öffentlichkeit und unter großem Leistungsdruck (für die Demokratie, den Erfolg, den verletzten Teamkameraden – in aufsteigender Reihenfolge der Wichtigkeit würde ich sagen) und äußern sich danach kritisch zu den am Vortag von anderen (nicht Betroffenen) gemachten Entscheidungen (hauptsächlich gegen die UEFA) – und da soll man jetzt von Tuchel ein politischeres Statement (das war es wohl, was Watzke sich gewünscht/erwartet hat) erwarten können als von seinen Leidensgenossen? Zutrauen ja, aber doch nicht erwarten. Vor allem, wenn man bedenkt, dass diese Politik wahrhaftig nie eine Stärke von Tuchel war, sondern immer eine gewisse Direktheit in seiner Meinungs- und Gefühlsäußerung.

Schade finde ich, dass da dann von offizieller Seite erstmal abgewartet wird, bis der Eindruck des Anschlags in den Medien abgeklungen ist und dann erst die versteckte Kritik von Watzke und Rauball kommt. Das Thema hätte man im Saisonendspurt nicht nochmal aufkommen lassen müssen (da wäre das Team wohl sehr dankbar drum gewesen).

Zu deinem zweiten Absatz kann ich dir nur beipflichten.


Daniel 20. Februar 2017 um 16:23

Mich würde mal generell über dieses Spiel hinaus eure Meinungen zur strategischen Ausrichtung von Mainz und Bremen oder anders gesagt über die Trainer Schmidt und Nouri interessieren. Ich persönlich bin von beiden nicht so recht überzeugt.

Zu Martin Schmidt: Mich hat sehr überrascht, dass er von einigen Medien durchaus ernsthaft für das Traineramt in Leverkusen ins Gespräch gebracht wurde. Über die Arbeit seines Namensvetters Roger kann man durchaus verschiedener Meinung sein, aber selbst wenn dieser abgelöst werden würde wäre Martin Schmidt für mich jetzt kein naheliegender Nachfolger. In meinen Augen läuft Mainz unter ihm ein wenig auf Reserve…sie zehren von den taktischen Grundlagen und dem guten Ruf, die Klopp und Tuchel gelegt haben. In den ungefähr fünf Jahren vor Schmidt war Mainz, dank der exzellenten Arbeit dieser beiden Trainer, seiner Zeit taktisch zumeist ein bis zwei Jahre voraus. Aus diesem Grund konnte Mainz recht konstant besser performen als es von der reinen individuellen Klasse her zu erwarten war und sich so einen guten Ruf erwerben, den sie zur Verpflichtung besserer Spieler nutzen konnten. Dadurch hatten sie dann im letzten Jahr einen deutlich überdurchschnittlichen Kader mit Spielern wie Karius, Baumgartlinger, Latza oder Malli. Der daraus resultierende sechste Platz in der letzten Saison resultierte aus den starken Leistungen dieser Spieler sowie aus der Tatsache, dass gewisse taktische Abläufe (die auch in diesem Artikel teilweise beschrieben werden) seit Tuchel sehr gut eintrainiert sind und auf stabil hohem Niveau zur Verfügung stehen, so dass Mainz eingespielter war als die meisten Konkurrenten. Eine Weiterentwicklung von Mainz habe ich jedoch in der Zeit von Schmidt nicht erkennen können, wodurch Mannschaften wie Hoffenheim, Frankfurt oder Berlin an Mainz vorbeiziehen konnten. Gefühlt wird Mainz immer schwächer, je mehr die Grundlagen von Tuchel in den Erinnerungen der Mannschaft verblassen…

Zu Nouri: Bei ihm bin ich zugegebenermaßen etwas voreingenommen, da ich vom Bremer Modell seit einigen Jahren nicht mehr so recht überzeugt sind. Die vielbeschworene Werder-Familie ist in meinen Augen längst zum Selbstzweck geworden, so dass das Argument Stallgeruch die Kompetenz bei Personalentscheidungen oftmals aussticht. Böse formuliert könnte man von Vetternwirtschaft sprechen, bei der die immer gleichen Seilschaften sich Posten zuschachern. Sowohl bei Sportdirektor Baumann als auch bei Skripnik oder jetzt Nouri war Werder-Vergangenheit wohl das entscheidende Einstellungskriterium.
Zudem bin ich auch kein Freund davon, einen Interimstrainer vorschnell zum Chefcoach zu machen. Ein Trainerwechsel führt für einen kurzen Zeitraum oft zu Leistungssteigerungen aus Gründen, die mit der Kompetenz des neuen Trainers erstmal wenig zu tun haben (frischer Wind, Spieler müssen sich neu beweisen etc.). Valérien Ismael ist dafür auch ein Beispiel, er ist in meinen Augen der schlechteste Buli-Trainer, bei Wolfsburg stimmt einfach fast gar nichts derzeit-aber das ist ein anderes Thema. Im Fall von Nouri kann ich auch keine Entwicklung der Mannschaft erkennen. Wie MR so schön sagt, Bremen spielt ängstlich und uninspiriert. Dank der individuellen Klasse mancher Spieler (Gnabry, Kruse, Bartels, Pizarro) reichts halt trotzdem manchmal zum Sieg. Ein kompetenter Trainer, der von außen frische Ideen einbringt, könnte für Werder meiner Meinung nach Gold wert sein.

Antworten

Schorsch 20. Februar 2017 um 22:57

Vielleicht zunächst einmal zum Spiel, das ich im Stadion gesehen habe. Meine ‚Werder-Affinität‘ sei nicht verschwiegen, was bei allem Bemühen um Objektivität eine gewisse unterbewusste Subjektivität bedingen kann. Wobei mir M05 als Club ebenfalls sympathisch ist.

Werder brauchte 3 Punkte und was konnte da besser passen als ein Auswärtsspiel in Mainz? 😉 Flachs beiseite, nach meinem Eindruck war diese Begegnung ein Bundesligaspiel auf schwachem Niveau.
Was die Einschätzung beider Teams in diesem Spiel anbelangt, sehe ich es in Teilen etwas anders als MR (s.o. 😉 ) . Ich würde dieses Spiel in 3 verschiedene Abschnitte aufteilen. Zum einen HZ 1. Mag durchaus sein, dass der FSV in der Vorwärtsbewegung hier das strukturiertere und konstruktivere Spiel zeigte. Allerdings ging dies ausschließlich bis ins Angriffsdrittel, kaum einmal in den Strafraum der Bremer. Es fehlte jegliche Durchschlagskraft. Das eher nicht vorhandene Pressing Werders hat MR treffend beschrieben, wie ich finde. Man hat im Prinzip sich einfach in das eigene Verteidigungsdrittel zurückgezogen; Delay und Fritz liefen Räume zu, stellten Passwege zu, attackierten ballführende Mainzer. Die anderen Werderaner blieben im Prinzip passiv. Delaney und Fritz waren (was auch für die HZ 2 galt) in der Defensive die einzigen agierenden Bremer, die anderen waren fast durchweg reaktiv. Allerdings: Das hat defensiv absolut ausgereicht gegen diese Mainzer. Die Endverteidigung Werders habe ich persönlich überdies recht positiv gesehen. MR beschreibt die Chance der Mainzer in HZ 1 in ihrer Entstehung zwar sehr gut, gerade was die Passivität der anderen Abwehrspieler in dieser Situation anbelangt. Aber es war im Prinzip die einzige wirkliche Chance der Mainzer in HZ 1, die dann vom gut herausgelaufenen Wiedwald abgewehrt wurde. Ansonsten war diesbezüglich nichts für Mainz zu verzeichnen. Im Gegensatz zu den Bremern. Beide Tore fielen zwar nach Standards und nicht aus dem Spiel heraus. Aber beiden Standards gingen sehr ansehnliche, gefährliche Angriffe der Bremer voraus, wobei im Falle des Freistoßes ein Foul kurz vor dem Strafraum herhalten musste, um diesen Angriffszug zu bremsen. Beim 0:1 war Gnabry völlig frei und der Mainzer Keeper sah schlecht aus. Beim 0:2 gab es nichts zu halten, ein wunderschöner Freistoß von Delaney. Insgesamt war Werder sicherlich weniger in der Vorwärtsbewegung als Mainz, kombinierte sich dann aber sehr ansprechend (immer in vertikaler Ausrichtung, so wie von MR beschrieben) über das gesamte Spielfeld. Die Führung war für mich folgerichtig, wenn ich bei den Offensivbewegungen / Vorstößen der Bremer ein irgendwie merkwürdiges Gefühl hatte. Wenn man selbst Fußball gespielt hat, versetzt man sich unbewusst immer in den gerade ballführenden Spieler, fühlt den Ball am Fuß, schaut auf Anspiel-/Passmöglichkeiten, Laufwege der Mitspieler. Ich kann es nicht anders erklären, aber ich hatte das Gefühl, dass die Angriffe Werders eher ‚intuitiv‘ erfolgten, gar nicht so recht abgestimmt waren. Ich will nicht sagen, dass sie eher ‚zufällig‘ zustande kamen. Aber es sah mir mehr nach intuitiv richtigem Verhalten in diesen Situationen aus, als nach trainierten, ‚einstudierten‘ Spielzügen. Insofern würde dies für MRs These der individuellen Klasse diverser Bremer Spieler sprechen, welche die Qualität des Werderspiels ausmachen.
Als 2. Phase des Spiels würde ich HZ 2 bis zur verletzungsbedingten Auswechselung Delays sehen. Bremen zog sich (noch weiter) zurück. Mainz stand höher und baute mehr Druck auf. Letzteres allerdings ohne wirklichen Effekt. Die Bremer Endverteidigung stand weiterhin und Werder setzte den einen oder anderen guten Konter. Einer führte zu einem ‚dunkelgelben‘ Foul der Mainzer und aus dem daraus resultierenden Freistoß fiel fast das dritte Bremer Tor (Der Mainzer Keeper kratzte den Ball gerade noch von der Linie). In dieser Szene verletzte sich Delaney schwer und musste ausgewechselt werden. Die Mainzer hatten bis dahin deutlich mehr Ballbesitz, aber keine wirklichen Chancen. Phase 3 des Spiels war dann die nach der Auswechselung Delaneys. Werder war nun nur noch am/im eigenen Strafraum; das was an Struktur im Spile vorhanden war, fehlte nun völlig. Dennoch, die Endverteidigung stand immer noch bis auf wenige Ausnahmen. Letztlich hatte Mainz auch in dieser Phase zu wenig zwingende Chancen und Werder hatte da noch einen sehr gut reagierenden Wiedwald.

Insgesamt fand ich den Sieg Werders folgerichtig und zwar unabhängig davon, welche Mannschaft die strukturiertere und durchdachtere Spielanlage hat(te). Und zwar deshalb, weil Werder mehr mit dem Ball anzufangen wusste. Noch zu Wiedwald: Machte eine fehlerfreie Partie und reagierte sehr gut. Seine Abschläge sind allerdings eine Bank – für den Gegner… ;-). Fritz, den ich selbst oft genug im wohlverdienten Ruhestand sehen wollte (und will), war in der Tat einer der besten Bremer. Liegt vielleicht auch am Zusammenspiel mit Delaney.

Was die Situation von Mainz unter Schmitt anbelangt, so kann ich da wenig zu sagen. Ich habe nur den Eindruck, dass man eben zu wenig in der Lage ist, ein Spiel selbst zu gestalten. Vielleicht fehlt aktuell ein Spieler wie Malli zu sehr. Ich persönlich fand es schade, dass man sich seinerzeit von Hjulmand getrennt hat. Man hatte ja gar nicht so viele Spiele unter ihm verloren, aber halt auch nicht so viele gewonnen. Keine Mannschaft hatte bis zum Zeitpunkt der Suspendierung so oft Remis gespielt. Ich hatte den Eindruck, dass man Hjulmand in dieser (nicht ganz ungefährlichen) Situation nicht nur nicht die notwendige Zeit geben wollte/konnte, sondern generell schien die Umstellung der Spielweise den Clubverantwortlichen vielleicht zu drastisch. Hätte, wenn und aber – schon klar. Aber es wäre doch wirklich interessant gewesen zu sehen, wie sich die Mainzer unter Hjulmand mit seinem Ballbesitzspiel in einer zweiten Saison präsentiert hätten.

Werder unter Nouri… Ehrlich gesagt, viel mehr als ein Fragezeichen kommt da bei mir auch nicht heraus. Über die Bremer Verhältnisse, die man spöttisch auch als ‚Inzucht‘ bezeichnen kann, habe ich hier schon öfters geschrieben. Baumann sehe ich nach wie vor eher skeptisch, aber seine Verpflcihtungen waren im Nachhinein wirklich nicht schlecht. Aber die Nummer mit Skripnik und nun schon wieder das Infragestellen von Nouri – na ja… Richtige Klatschen holt sich Werder unter Nouri eigentlich nicht oder selten. Vielmehr sind es doch eher Niederlagen, die knapp ausfallen und öfters erst kurz vor Schluss besiegelt werden. Mein Eindruck ist, dass Nouri durchaus Ansätze einer Spielidee und Spielstruktur zeigt, aber vieles an der individuellen Qualität der Spieler hängt, insbesondere im Kombinationsspiel nach vorne. Pressing und Gegenpressing sind jetzt nicht der Schwerpunkt des Bemer Spiels, friendly speaking. Die Arbeit gegen den Ball, die konzentrierte Arbeit in der Defensive (auch was Zweikampfführung anbelangt) ist mMn nach weiterhin eine Schwäche Werders (man spielt ja nicht immer gegen diese Mainzer… 😉 ), genau wie der strukturierte Spielaufbau. Wobei sich mit Delaney schon einiges verbessert hat. Werder braucht mMn einen Trainer, der sich von der Vorstellung löst, man müsse wie zu besten Schaaf-Zeiten offensiven Kombinations-Hurra-Fußball zeigen. So sehr man die individuelle Qualität eines (im Moment wirklich sehr gut aufspielenden) Bartels, eines Kruse oder eines Piza schätzen mag, dem Team fehlt die defensive Kompaktheit, aus der heraus man nach vorne kombinieren kann. Einen Trainer zu verpflichten, welcher eher die ‚kontrollierte Offensive‘ bevorzugt, ist möglicherweise unpopulär in Bremen und den Clubverantwortlichen ein Greuel. Wäre aber nach meiner Einschätzung notwendig. Aber wer weiß, was unter Nouri noch so passiert – wenn man ihn denn lässt… 😉

Antworten

Koom 21. Februar 2017 um 10:16

Martin Schmidts Verpflichtung kam ein bisserl in eine Gemengelage rein, die schwierig war. Nach und durch Tuchel wusste man, dass die Zeiten des reinen Gegenpressing-Spiels eigentlich durch sind und eher Mittel für Teams sind, die individuell nicht so viel bieten können (RBL würde ich diese Saison als Ausnahme von der Regel sehen).

Hjulmand war von Heidel installiert worden, um Ballbesitz (wie unter Guardiola gesehen) auf den Aufgabenplan zu setzen. Das klappte auch nicht so schlecht, hätte aber hier und da noch etwas verfeinert werden dürfen. Letztlich fehlte dann Heidel – der kolportiert bereits Abwanderungsgedanken hatte und vermutlich auch schon halbwegs Pläne dahingehend hatte – die Geduld, installierte mit Martin Schmidt jemand, der sich durch Umschaltfußball auszeichnete, was in Verbindung mit dem Kader eine Art Garantie für den Klassenerhalt darstellt. Andere Aktionen, wie bspw. sich für 10 Jahre für einen festen Betrag an einen Rechtemakler zu binden u.ä. unterstreichen es, dass Heidel bestellte Felder hinterlassen wollte und deswegen die Karte „Sicherheit“ dem „Potential“ vorzog.

Martin Schmidt scheint mir kein tiefgehender Taktiker zu sein. Er scheint mir mehr aus der Motivation zu kommen, gepaart mit seinem Fußball, der sehr klassisch britisch anmutet mit tiefer Verteidigung und Überfallangriffen. Es fehlen – nachdem die Lehren von Tuchel und auch Hjulmand rauswachsen – viele Elemente, die man braucht, um engere Spiele mal für sich zu entscheiden. Selbst Führungen sind kein Garant für Erfolg, da man dann trotzdem recht planlos tief verteidigt und damit den Gegner in Strafraumnähe lässt. Da Lössl aber weder ein Karius noch ein Schmeichel ist und auch Bell, Bungert & Co. keine Jaap Stams, kommt der Gegner immer wieder zu guten Chancen.

Und noch ärgerlich, insbesondere für den 05-Businessplan: Die Spieler werden nicht weiterentwickelt. Cordoba spielt heute noch wie bei seiner Verpflichtung. Jairo ist eher schlechter geworden, Latza wird auf Lauferei reduziert und Juwele wie Holtmann oder Klement finden deswegen gar nicht erst statt. Um diese taktischen Mißstände aufzufangen werden teure Topkräfte wie Bojan und Ramalho verpflichtet, die aber auch nicht so wirken können, weil das Gerüst einfach instabil wird.

Mainz 05 ist auf einem „guten“ Weg zum HSV der letzten Jahre zu werden: Teuer einkaufen, Wert mindern wegen fehlendem Gerüst und Ausbildung/Weiterbildung, billiger oder bestenfalls nur Werterhaltend weiterverkaufen. Und in Abstiegsgefahr kommen, weil das Gebilde zu instabil ist. Die Anzeichen dafür häufen sich, vor allem an Aussagen und Gesten kann man das feststellen. Die Niederlage gegen Bremen machte MS vor allem an „der fehlenden Einstellung“ fest und dass Bremen es mehr wollte. Das sind Offenbarungseide.

Antworten

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*