Strategiegeschichten bei BVB-FCB

2:2

Dortmund bevorzugt lange die Vorsicht, Bayern profitiert im Laufe der ersten Halbzeit vom höheren Zustellen und genau das fehlt am Ende der zweiten: Es war ein Klassiker mit hoher Bedeutung der Strategie. Eine Analyse mit besonderem Fokus auf den strategischen Gesichtspunkten, den strategischen Erwägungen wie letztlichen Wechselwirkungen.

Hinweis zu Beginn: Strategie und das Strategische beziehen sich hier auf jene Bedeutung des Begriffs, die der Unterscheidung zwischen Strategie und Taktik unterliegt.

Gleich die Herangehensweisen der Teams in der ersten Halbzeit wirkten sehr strategiegeleitet: Dortmund wagte im Aufbau kaum größere Freilaufbewegungen und verzichtete gegen den Ball weitgehend auf hohes Pressing; auch Bayern stellte anfangs selten zu und hielt im eigenen Ballbesitz viel Personal hinten. Das bedeutet gleichzeitig: Man hat viele Leute in der Restverteidigung. Gerade die Positionierungen der Münchener Außenverteidiger gestalteten sich besonders vorsichtig im Vergleich zu anderen Partien: Sie blieben auffällig oft hinter dem Ball.

Flache Flügelpositionen bei Bayern…
Im Einzelnen standen Pavard und Davies meistens etwa halbraumbreit und vor allem Letzerer sehr flach, quasi gegenüber von Brandt oder gar Bellingham. Am ehesten schob noch Pavard mal frühzeitig etwas früher zur Seite nach vorne auf oder rückte auf offensiverer Höhe, an der Grenze des Zwischenlinienraums, ein, also tatsächlich mit wirklichem Kontakt zu Dortmunds Mittelfeldlinie im engen 4-5-1. Aber auch auf dieser Seite führte die flache Position Pavards oft genug dazu, dass schließlich eher Özcan gegen ihn vorschob als Malen (also dann 4-3-2-1-mäßig).

Offensivformation Bayern

In der Konsequenz positionierten sich auch die Münchener Außenstürmer flacher und gaben nicht von Beginn an zwingend Tiefe. Vor allem Mané bewegte sich oft auf halber Höhe zwischen Süle und Brandt. Dafür rückte Goretzka weit auf und sorgte zusammen mit Musiala für die Besetzung des Zwischenlinienraums hinter dem Dortmunder Mittelfeld. Das passierte auf Breite des Halbraums, aber meistens an dessen äußeren Rand.

Vielleicht trug die durch die „Dreifach-Sechs“ noch etwas breitere Position der Dortmunder „äußeren“ Sechser oder „Halbsechser“ (um hier dann nicht „Achter“ zu sagen) dazu bei, da die Schnittstellen weiter außen lagen. Es könnte aber auch so geplant gewesen sein, um kürzere Verbindungen zu Sané bzw. Mané zu haben. Deren flache Bewegungen wiederum hätten potentiell dafür sorgen können, die Dortmunder Spieler kurz dynamisch herauszuziehen und zu zusätzlichen Bewegungen zu zwingen, bevor man bevorzugt (alternativ direkt tief) kleinräumig (von außen) zwischen die Linien fortsetzt.

Ankündigung: Zu diesem Aspekt erscheint in Kürze noch ein eigener allgemeiner taktiktheoretischer Artikel.

…mit Unsauberkeiten und wenig Zirkulation
Eine solche lockende Wirkung, um Räume vertikal oder diagonal hinter den vorschiebenden Akteuren zu attackieren bzw. auch deren Rückwege zu verlängern, trat in der Praxis aber letztlich kaum ein. Zum einen waren die genauen Positionierungen der Außenspieler im Detail zu oft unsauber, speziell links: Davies hatte in seiner Rolle Probleme mit der Orientierung, Mané fand mehrfach keine gute Höhe. Gleichzeitig wurde er mehrmals (häufiger als Sané) in ungünstigen Positionen angespielt, wo Brandt dann gut von oben doppeln konnte und der BVB ausreichend kurze Wege hatte, um die Zwischenposition zuzuschieben und ggf. sogar in Überzahl in die Balleroberung zu kommen.

In dem Fall war es dann eine solche Situation, wo man aus einem potentiellen und erst passiven Binden von zwei Defensiv- durch einen Offensivspieler beim Versuch des Lockens oder des dynamischen Über-/Weiterspielens gegen diese Akteure über eine unpassende Entscheidung in eine aktive 1gegen2-Unterzahl fällt und der Spieß sich umdreht. Diese Szenen nahmen Bayern zwischendurch Spielanteile, Rhythmus und Ruhe weg.

Zum anderen entwickelte sich bei den Münchenern nur wenig Ballzirkulation, die die flachen und lockenden Positionierungen hätte ergänzen können. Dafür wiederum gab es wohl mehrere Gründe: Vielleicht trug schon eine vorsichtige strategische Einstellung unterbewusst dazu bei. Hinzu kam die Konstellation, dass Sabitzer alleine den Sechserraum besetzen musste (auch selten ergänzt von einem Außenverteidiger, da diese dann eher „dahinter“ standen), dort aber wenig Präsenz hatte und Bayern von den Außenzonen so kaum in Verlagerungssituationen über den Sechser kam.

Warten auf den Moment
Gleichzeitig führte Dortmund das eigene 4-5-1 im Mittelfeldpressing sehr passiv aus. Der Ansatz vermittelte beinahe den Eindruck, durch Passivität Unruhe beim Gegner hervorzurufen – was letztlich im Grunde auch eintrat. Die Kompaktheit, speziell in der Horizontalen, war gut und das Timing in den kurzen Pendelbewegungen der „Halbsechser“ sehr unangenehm. Kam es doch mal zu verstärkter Einbindung des Sechsers durch die Münchener, reagierte der BVB oft durch Durchrücken von Can nach vorne.

Im Endeffekt sah das Spiel bei Münchener Ballbesitz daher häufig so aus: Bayern hielt irgendwo den Ball (tatsächlich meistens im wahrsten Sinne des Wortes, mehr haltend, als zirkulierend), Dortmund stand kompakt verschoben und Bayern wartete auf Momente, um in die Formation hineinzuspielen. Die Alternative lautete, direkt aus den flachen Zonen tiefe (Chip- oder Flug-)Bälle zu wählen, wenn sich das Mittelfeld gegen die Präsenz zwischen den Linien eng halten und die Kette auch auf jene Räume achten musste.

Allerdings war beides schwierig. Hinsichtlich des Attackierens der Tiefe ging die Abstimmung zwischen den Flügeln, mit ihren flacheren Bewegungen, und Gnabry als Mittelstürmer nicht wirklich auf, allein schon wegen geringer Eingespieltheit. Gleichzeitig kam ein ballnaher Außenspieler ohnehin nicht infrage, (von ihm selbst geöffnete) Räume (später wieder) zu attackieren, solange es keine schnelle Zirkulationspassage dazwischen gab, die ihm Zeit gegeben hätte, wieder nach vorne zu starten.

Hinsichtlich des Bespielens des Zwischenlinienraums war es ebenfalls schwierig, die passenden Momente für den Vorwärtsball zu erwischen. Durch die flachen Positionierungen fanden sich zwar viele Spieler in Ballnähe, um zunächst kleinräumig an die Formation heranzuspielen, was ebenfalls den einen oder anderen Gegner einige Schritte hätte herausziehen oder vielleicht irgendwo eine falsche Bewegung hätte provozieren können.

Aber rund um den Ball war auch der BVB so kompakt, dass er das oft schnell genug reparieren konnte, und die lokal vorgerückten Spieler kamen rechtzeitig wieder in Position. Daher passierte es letztlich nicht, dass das Hochschieben der Außenverteidiger neben das Mittelfeld insoweit gefährlich geworden wäre, dass es die Innenverteidiger von aggressiveren Aktionen gegen den Zwischenlinienraum abgehalten hätte, da diese selten notwendig wurden. Vielmehr half es dem BVB, die Wege von außen hinter das Mittelfeld zu verhindern, wenn flache Positionen der Flügelstürmer nah am Mann zugestellt wurden.

Ungeduld, Entscheidungsqualität und die Folgen
Im Endeffekt entstand mit der Zeit Ungeduld bei den Münchenern bzw. die Qualität in den Entscheidungen ließ nach. Die Spieler versuchten häufiger, den Ball zwischen die Linien zu erzwingen, und griffen ebenfalls vermehrt zu frühzeitigen längeren Tiefenpässen. Bzw. sie suchten in der lokal ausgerichteten Spielanlage zunehmend in wahllosen, beliebigen Situationen jene Aktionen.

Das Ballbesitzspiel hatte dagegen im ersten Teil der zweiten Halbzeit dann ein gänzlich anderes Niveau, weil die ballnahen Ballungen besser ergänzt wurden. Kimmich führte die im Aufbau „alleinige“ Sechs aktiver und umsichtiger aus, stand nach lockenden Auftaktaktionen oftmals als Anschlussoption bereit. Mal hielt er das Spiel ballnah, mal verlagerte er über weitere oder auch mittellange Distanzen, wenngleich bei ihm ebenfalls die Entscheidungsqualität später nachließ. Mehr Aktivität gab es zudem von den Innenverteidigern: Stand der BVB in einem bestimmten Raum kompakt zusammengezogen, passten auch sie ihre genauen Positionen in den umliegenden Zonen häufiger und vielseitiger an als zuvor.

Bis zur Halbzeitpause hatte sich aus den Problemen dagegen eine ungünstige Spirale im Münchener Ballbesitzspiel ergeben: jede überfrühte Entscheidung für einen Vorwärtspass raubte Kontrolle und Spielanteile, was wiederum weniger Möglichkeiten gab, den Ball mehr laufen zu lassen und so die Ausgangsbedingungen zu vereinfachen. Beides verstärkte sich gegenseitig und gleichzeitig noch mehr, sobald misslungene Szenen in der Einbindung der anspruchsvollen flachen Bewegungen der Außenstürmer hinzukamen.

So kam es in Durchgang eins zu der eigentlich kuriosen Statistik eines fast ausgeglichenen Ballbesitzwertes – ungewöhnlich für eine Partie, in der eine der Mannschaften sowohl mit als auch gegen den Ball strategisch sehr zurückhaltend agiert. Dazu passend war, wie der BVB zwischenzeitlich für eine einzige Situation auf hohes Pressing in der Raute umstellte, die sofort zur Großchance von Malen führte, nur um danach wieder ad acta gelegt zu werden.

Risikoscheue Dortmunder dennoch mit Aufrückräumen
Aus dem Aufbau ging der BVB ebenfalls wenig Risiko: Die Zentrumsspieler unternahmen kaum Freilaufbewegungen und schienen auch selten gesucht zu werden. In gewisser Weise machte es allerdings Sinn, das Mittelfeld zu überspielen, da Bayern einerseits recht mannorientiert verteidigte und dies andererseits gleichzeitig über den ersten Teil der ersten Halbzeit passiv ausführte. Das Verteidigen ging selten über eine vorgerückte Mittelfeldpressinghöhe hinaus. Auch dies schien strategischen Erwägungen zu folgen: um der Gefahr zu entgehen, viele schnelle Bälle hinter die letzte Linie verteidigen zu müssen.

Offensivformation Dortmund (gegen Bayerns noch nicht ganz so hohes Pressing zu Beginn)

Tatsächlich kam es dazu zunächst selten. Dafür musste Bayern dem BVB einige Wege in die Defensivformation hinein erlauben – zumindest für Malen und vereinzelt Guerreiro. Weil Sabitzer und Goretzka sich recht mannorientiert bewegten (und in der Ausführung vermutlich auch mehr, als sie es angesichts des im Einzelnen passiven Verhaltens ihrer nominellen Gegenspieler wohl hätten tun müssen), hatten sie einige Male größere Abstände zueinander, die Dortmund über Schlotterbeck Vertikalpässe nach vorne erleichterte.

Malen rückte von links ein und versuchte zwischen die Linien zu kommen, wo die Münchener Mittelfeldspieler ihn nicht gut genug aufnehmen konnten. Pavard musste ihn also zunächst herausverfolgen, wollte aber nicht zu weit mitgehen. Auf diese Weise erreichte der BVB recht leicht einige Aufrückmomente, ohne daraus aber mehr machen zu können als jenen Raumgewinn. Selten fanden sich weitere Anschlussaktionen.

Ähnlich gestaltete sich die Situation, wenn Malen breit blieb und am Flügel zurückfiel. Das kombinierte der BVB oft mit gegenläufigem Einrücken Guerreiros und/oder teilweise mit der Besetzung der höheren seitlichen Zonen durch Özcan. Da Pavard recht weit herausrückte und die Kette verlassen musste, funktionierte mitunter das, was auf der Gegenseite bei Mané wenig zum Tragen kam. Erneut erhielt Dortmund, hier durch einige nette gruppentaktische Abläufe am Flügel, weitere Aufrückmomente und Spielanteile, ohne ganz große Gefahr in den Folgemomenten zu entfachen.

Bayern beginnt höheres Pressing
Dennoch war diese Konstellation geeignet, einen unkontrollierten bis wilden Charakter in die Partie zu tragen, und aus Bayern-Sicht damit zumindest so brenzlig, dass Nagelsmanns Entscheidung, die Defensivlinie weiter nach vorne zu verlegen, genau richtig erfolgte. Zu Beginn des Spiels gestalteten sich die vertikalen Abstände seines Teams noch suboptimal, da die letzte Linie immer schneller zurückwich, solange man vorne nicht den ganz großen Druck hatte, wo die Stürmer wiederum aber oft auf dem Sprung agierten.

Sanés engere Zwischenposition versetzt in Richtung Schlotterbeck sorgte zunächst primär dafür, dass er oft aufwendig von oben gegen Guerreiro (oder punktuell mal Malen oder Özcan) nachverteidigen bzw. den Anschluss zulaufen musste – in Summe zu aufwendig für die seltenen Szenen, in denen man den BVB im Anschluss zuschieben konnte. Im hohen Zustellen kamen die Bayern später deutlich besser zum Zuge: Mané rückte von links zur Gleichzahl neben Gnabry gegen die Innenverteidiger mit hoch und ggf. schloss Musiala sehr kompakt an, wenn Can oder Bellingham besonders flach entgegenkamen. Dahinter konnte Davies gegen Süle vorverteidigen und hatte damit eine Rolle, die ihm lag.

Dass das höhere Pressing für Bayern gut funktionierte, entschied sich schnell schon an der strategischen Komponente: Dortmund blieb dagegen bei einer risikoarmen Spielweise und versuchte kaum, das passive Zustellen in flacheren Zonen auszuspielen. Letztlich hatte Bayern selten die Notwendigkeit, mit zusätzlichem Personal über jenes passive Zustellen hinaus herausrücken zu müssen. Unter diesen Umständen war eine höhere Linie praktikabel und die Tiefenverteidigung ließ sich bewerkstelligen. Hauptsächlich Davies hatte ambitionierte Vorwärtsbewegungen gegen Flugballe auf den Flügel zu leisten.

Der späte Ausgleich
Zum Abschluss der strategischen Geschichte des Spiels drehte sich jene Konstellation in der Schlussphase der Partie um – in der Phase, als der zwischenzeitlich mit 0:2 zurückliegende BVB noch den Ausgleich schaffte. (Davor benötigte es zunächst den überraschend gegen den Spielverlauf in Bayerns starke Phase fallenden Anschlusstreffer.) Diese letzte Episode ist im Grunde genommen eine simple: Bayern hatte kein hohes Verteidigen mehr, sondern ließ sich zu weit zurückdrängen. Der entscheidende Faktor dürfte tatsächlich eine bloße Kraftfrage gewesen.

Eigentlich hätte Dortmund sich über höheres Pressing zurück in die Partie arbeiten und sich so Spielanteile erobern müssen. Bevor die Gastgeber damit aber nachhaltig anfingen, begann bei Bayern der zunehmende Rückzug – und so benötigte der BVB jenen eigenen strategischen Umschwung fast schon nicht mehr. Die Münchener konnten immer weniger Druck vorne aufbauen (und nutzten zusätzlich ihre Umschaltmomente nicht gut) und bereits dadurch gab es Dortmunder Oberwasser in jener Phase. Über die Schlussminuten deutete sich das 2:2, mit dem beim Stand von 0:2 nicht zu rechnen gewesen war, schon an.

tobit 23. September 2023 um 19:18

Dortmund ohne Can und mit tiefem Bensebaini direkt Welten besser. Immer noch nicht gut, aber strukturell zumindest mal ein paar gute Ansätze von Asymmetrie.

Özcan wurde mit jeder Minute sicherer. Am Anfang hat man ihm die spärliche Spielzeit angemerkt, aber er hat trotzdem schon ein besseres Freilaufverhalten gehabt als Can. Von der Ballverarbeitungs- und vor allem Weitergabegeschwindigkeit fange ich gar nicht erst an. Nmecha sah auf der Doppelsechs eher blass aus, aber hat sich zumindest in der Umgebung gehalten und war immer mal anspielbar. Weiter vorne dann oft glücklos oder mit den Engen-Anspielen technisch überfordert (vergleiche sein Nachfolger Majer, der sich ein paar Mal sehenswert befreien konnte, aber als Zehner auch eher blass war). Da musste (und konnte) dann viel über ordentliches Andribbeln der HV neben den Stürmern gelöst werden. Schlotterbeck als ZIV ist aber einfach verschenkt.
Bynoe-Gittens ist und bleibt ein One-Trick-Pony, aber er kommt halt immer mal damit durch – und richtige Flügelspieler sind knapp bemessen. Reus merkt man leider an, dass er das Tempo nicht mehr gehen kann (insbesondere wenn er mal außen für Brandt übernommen hat). Stand beim Tor immerhin goldrichtig, auch wenn er es Malen geklaut hat. Bei dem sah man mal wieder, dass er in die Mitte gehört. Ihm fehlt einfach die Weiträumigkeit um von außen wirklich gefährlich zu sein, innen kann er nach dem Austanzen des Gegners sofort schießen. Brandt hat dann viel auf LA rumstehen müssen, war aber dann auch egal, weil man nach dem Tor nicht mehr wirklich viel nach vorne machen wollte. Wenn man wen für seine einrückende RA-Rolle hätte, könnte er auf der 10 konstant gefährlich sein, so war er nur situativ mal wirklich im Spiel. Füllkrug erwartbar abgemeldet und wenn mal am Ball technisch zum Haareraufen.

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WVQ 23. September 2023 um 20:31

Was war das jetzt formativ? Wirklich 3-4-2-1 mit Bynoe-Gittens als Außenläufer, wie es auf einer Sportseite steht? Gucke die Spiele aus Selbstschutzgründen derzeit gar nicht mehr (außer der Horrorvorstellung in Paris, die mich darin aber nur noch bestärkt hat)…

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Fridolin 23. September 2023 um 21:11

Genau war mit Ball ein 3-4-2-1 (gegen den Ball 4-4-2) mit hohen Außenläufern in Person von Bynoe-Gittens links und Ryerson rechts.

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tobit 23. September 2023 um 21:19

Grundformation gegen den Ball war 4-4-2 mit Reus hängend neben Füllkrug. Bynoe-Gittens ist im tiefen Verteidigen dann oft eine Reihe weiter nach hinten gerückt. War für seine Verhältnisse sogar ziemlich sauber umgesetzt. Also war keine reine Manndeckung gegen Maehle, aber die Positionierungsmuster der gegnerischen AV haben sicherlich eine Rolle gespielt. So wie Bensebaini sich verhalten hat, war das auch eine vorher geplante Option.

In Ballbesitz war es dann klar 3-2-4-1 mit JBG und Ryerson außen. Gekrankt hat es mal wieder vorne zentral, weil Brandt von rechts immer erst auf die viel präsentere linke Seite rüberschieben musste und die beiden alten Herren aus ihren eigenen Gründen (Reus: Athletik, Füllkrug: Technik) am sehr engmaschigen Wolfsburger Zentrum verzweifelten.
Der Ball lief also in den ersten beiden Dritteln ganz gut, Wolfsburg war aber auch recht wechselhaft im Pressing. Vor’s Tor kam man hauptsächlich wenn man mal schnell mit ein paar Pässen verlagern konnte (hat öfter geklappt als in allen Spielen mit Can insgesamt) um dann die Außen in den Raum zu schicken oder die HV bzw Brandt den Ball über die letzte Linie lupfen konnten.
Mit der Einwechslung von Malen wurde die Struktur dann viel unklarer, weil er viel kleinräumiger als JBG und ein Neun(einhalb)er ist. Da ist Brandt dann in den längeren Ballbesitzphasen oft bis nach ganz links rübergewandert (wie tlw 2020 nach der Corona-Pause wenn Guerreiro sich seine Freiheiten genommen hat) und Ryerson hat sich gerade nach dem Tor passiver verhalten um rechts nicht überrannt zu werden. Aber wenn WOB mal kontern konnte, lief das in der Phase eh sehr eng über die Mitte.

Ich gucke auch immer vorher, dass ich ein „Backup“Spiel habe, auf das ich umschalten kann, wenn ich mich nicht so aufregen will. Heute hab ich dann nur die letzte halbe Stunde von Peps Unterzahl-Catenaccio gesehen. Wer hätte ahnen können, dass eine positionell/strukturell so überragend geschulte Mannschaft mit etlichen IV das auch gegen den Ball anwenden kann (/s).

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WVQ 24. September 2023 um 01:44

Danke Euch beiden und insbesondere tobit für die anschauliche Beschreibung. Interessant, daß Özcan das offenbar einigermaßen adäquat gespielt hat, fand seine früheren Versuche auf der Sechs eigentlich eher mau und mit zu viel Vorwärtsdrang. Wobei er im 2-2-Mittelfeld dann vielleicht auch einfach weniger einladende Räume hatte…? Gerade wenn’s eh wieder linkslastig war (nehme mal an Özcan war linker Sechser)…

„Ball lief in den ersten beiden Dritteln ganz gut“ klingt jedenfalls fast schon erstaunlich, das hat er ja seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr getan. Vielleicht sollte ich mir so ein Spiel mit diesem (für Terzic) neuen 3-2-4-1 ja doch mal anschauen… (Hätte man gegen Paris natürlich auf keinen Fall spielen können, sonst wäre man ja am Ende vielleicht noch vors gegnerische Tor gekommen – da wären fraglos Himmel und Hölle zusammengebrochen.)

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tobit 24. September 2023 um 10:35

Genau, Özcan war erstmal linker Sechser. In der gegnerischen Hälfte war er dann Solosechser in einem generell linksseitigen 3-1-4-1/3-1-3-2/3-1-1-3-1 (mit Ryerson auf wechselnden Höhen rechts daneben).
Also er hat sich schon auch immer mal nach vorne locken lassen. Das war aber oft in Situationen, wo jemand anderes zurückgefallen war oder die Halbverteidiger hoch und eng standen und entsprechend situativ fast wie eine Doppelsechs funktionierten.

Habe das Spiel gegen Paris nicht gesehen, aber glaube nicht, dass man mit dieser Ausrichtung mehr gerissen hätte. Man war immer noch anfällig für Konter und Skill-Aktionen, nur hat Wolfsburg die halt nicht so gut ausgespielt. Gerade die Flügelstürmer fand ich sehr unauffällig für den Raum den sie tlw hatten. Wolfsburg schien mit Can und entsprechend offenem Sechserraum gerechnet zu haben, gerade ihre Konter hätten öfter über Hummels statt die Mitte laufen müssen. Stell dir Hummels an der Mittellinie 1vs1 mit Mbappé vor. Das geht einmal gut, vllt auch zwei oder drei. Aber irgendwann geht es nicht mehr gut.

Die Ballzirkulation war auch nicht wirklich stabil, nur halt um Größenordnungen besser als sonst unter Terzic. Bei Druck war sofort Schluss. Den hat WOB halt nur selten gemacht, weil sie auf Dortmunds alte Strukturen vorbereitet waren. Und Richtung Tor lief auch wenig zusammen, das hätte PSG noch lockerer wegverteidigt als WOB das meistens getan hat. Dortmund war nämlich sehr leicht zu Distanzschüssen zu zwingen, sobald die erste Welle nicht durchkam und Özcan und Nmecha vor dem 16er in die Kompaktheit mussten.

Meine Positive Bewertung beruht halt leider nicht darauf, dass es objektiv gut war, sondern auf dem Grad der Verbesserung.

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tobit 24. September 2023 um 12:03

So sah es etwa im Aufbau aus: http://sharemytactics.com/200147/
So im letzten Drittel: http://sharemytactics.com/200150/
Und so mit Malen: http://sharemytactics.com/200149/

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WVQ 24. September 2023 um 17:09

Ja, verstehe – im Grunde das Übliche, wenn Dortmund mal eine halbwegs sinnvolle Struktur hat und der Gegner aber auch kaum Druck auf den Aufbau ausübt. Dann kann der Ball schon mal laufen, zumindest bis ins zweite Drittel, bevor der Gegner dann doch irgendwo mit einem nennenswerten Maß an Aggressivität verteidigt.

Bei Paris geht es mir nicht darum, daß man mit anderem Ansatz etwas gerissen hätte, höchstwahrscheinlich auch nicht (wenngleich Paris strukturell weiterhin nicht arg viel zu bieten hat – man hat einfach die angebotenen Räume bespielt und nach dem 2:0 selber tief verteidigt und nicht mal mehr ernsthaft zu kontern versucht). Aber Dortmund hat sich ab der allerersten Minute in einem tiefen, zugleich aber unkompakten 5-3-2 ohne jegliche Vorwärtsverteidigung oder planvolle Ballbesitzmechanismen förmlich ergeben und darum gebettelt, von den Offensivgranaten der Gegenseite abgeschlachtet zu werden. Daß es im Ergebnis nicht viel schlimmer wurde, lag einzig und allein daran, daß Paris eigentlich auch wenig Bock hatte, viel zu tun. Mit einem etwas weniger unterwürfigen Ansatz hätte man vielleicht sogar höher verloren, aber zumindest mal, you know, Fußball spielen können. Und dann hätte Paris wenigstens zeigen müssen, inwieweit es wirklich selbst zu arbeiten bereit war. Das war aber nicht nötig, weil Dortmund so tief stand, daß praktisch kein Ball auch nur kontrolliert die Mittellinie erreichen konnte – die Idee scheint gewesen zu sein „langer Ball auf Adeyemi oder Malen, vielleicht rennen die ja an allen vorbei und machen einen rein“. Quasi die Favre-Champions-League-Variante – urplötzlich alle Mann zum eigenen Sechzehner zurückziehen und auf Konter zu hoffen, obwohl man beides in der Liga eigentlich nie (freiwillig spielt).

Klar kann man gegen Paris nicht aggressiv im 3-2-4-1 aufbauen, dann schicken die in der Tat Mbappé, Dembélé & Co. in 1-gegen-1-Duelle mit den Halbverteidigern. Aber ein 3-4-3 mit aufmerksamen Außenläufern und WENIGSTENS ein bißchen Mittelfeldpressing hätte Paris schon vor ein paar Aufgaben stellen können und zugleich das gegnerische Tor irgendwie in Reichweite gehalten. Oder meinetwegen auch NUR eine höhere Grundpositionierung. Aber ich verstehe es grundsätzlich nie, wenn man gegen (vermeintlich) stark favorisierte Mannschaften vom Anpfiff weg den Bus zu parken versucht (und in diesem Fall noch einen Bus mit offenen Türen, den man auch sonst nie spielt und folglich auch nicht beherrscht), wo die realistischste Chance auf Punkte doch darin liegt, den Gegner von seinem Spiel ABZUHALTEN und nicht, ihn es unbedrängt aufziehen zu lassen und zu hoffen, daß man’s hinten halt irgendwie gerade so verrammelt kriegt. Selbst wenn’s dann 1:4 statt 0:2 ausgeht, weil man die Variante „Gegner beschäftigen und selber was versuchen“ natürlich auch nicht wirklich beherrscht. Aber man hätte zumindest gezeigt, nicht nur in völlig überzogener purer Ehrfurcht auf dem Platz zu stehen.

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WVQ 24. September 2023 um 17:24

Also, point being: Paris ist Wolfsburg insofern ja gar nicht so unähnlich, als es den gegnerischen Aufbau auch nicht (oder zumindest nicht lange oder sehr geordnet) streßt, sondern durchaus ebenfalls erst mal machen läßt. Die Konterseite sieht dann anders aus als bei Wolfsburg, aber ich habe doch lieber selbst eine gewisse Aussicht auf erfolgreiche Angriffe (oder überhaupt auf Angriffe!) als die Konter dadurch zu vermeiden, daß ich den Gegner von vornherein am eigenen Strafraum empfange. Und dann können Mbappé & Co. ja trotzdem ihre Dinger durchziehen – war nicht so, daß man die irgendwie früh gedoppelt hätte oder so, das war dann fast immer der AV allein auf weiter Flur, die Sechser haben nur notdürftig so weit rausgeschoben, weil sie eigentlich Achter sein sollten (aber nicht konnten), und wenn der AV fiel, hat sich dann halt als nächstes der HV versucht… bis Paris geschnallt hat, daß man einfach den Ball auf die Gegenseite verlagern kann und Dortmunds Struktur mit dem Verschieben nicht mehr hinterher kommt.

AG 25. September 2023 um 13:44

Das schlimme am Spiel gegen PSG ist ja, dass der BVB-Ansatz, tief zu verteidigen, einfach nicht funktioniert hat, das Angreifen/offenere Spiel nach dem 0:2 aber schon.

In den ersten 15 Minuten hatte Dortmund immerhin drei Schüsse, wenn auch wenig gefährtlich. Darauf folgt direkt eine ordentliche Chance von Kolo Muani (0,3xG, mehr als die Schüsse von Dortmund bis dahin). Danach hat Dortmund nur noch zwei weitere Schüsse (zusammen <0,1xG!) bis zum 0:2. Daraufhin greift der BVB wieder an und kann sogar was auf die Beine stellen: ab der 60. sind das 9:3 Schüsse; allerdings weiterhin ziemlich schwacher Qualität, auch ggü. denen von PSG. Damit steht es ab da ca. 0,4:0,5xG – viel besser als 0,7:2,4 über das ganze Spiel, aber auch mit freundlicher Unterstützung von PSG. Die waren sehr zufrieden mit der Zweitoreführung zu dem Zeitpunkt.

Koom 25. September 2023 um 14:00

Die xG-Werte hängen natürlich aber auch immer mit dem zusammen, was der Gegner so macht. Du sagst ja korrekt, dass PSG mit dem 0:2 dann sehr zufrieden war. Und generell haben die ja nicht brutal attackiert und ließen den BVB viel gewähren, schon beim Stand von 0:0.

AG 25. September 2023 um 14:41

Völlig richtig, Koom, aber das ist leider so beim Blick zurück. Allerdings bin ich schon der Meinung, dass PSG bisher in ihren Spielen nicht unverwundbar war. Leider habe ich nur begrenzen Zugriff auf gute Statistiken (z.B. gar nicht auf Pressures), deshalb kann ich nicht sagen, welche Elemente wirklich geholfen haben. Es ist allerdings so, dass PSG in der Ligue 1 nur in einem Spiel eine höhere xG-Differenz erzielt hat als gegen den BVB (4,5:2,1 vs. Lyon).

Meistens haben sie mehr zugelassen oder fast immer weniger Chancen herausgespielt. Natürlich haben sie dort trotzdem oft gewonnen, und vielleicht haben sie sich ja speziell auf die CL konzentriert. Ich habe nur das dumme Gefühl, dass eine andere Taktik besser gewesen wäre.

Koom 25. September 2023 um 14:56

War nicht unbedingt gegen deine Aussage gemeint.

Meine Beobachtung von PSG war, dass sie momentan in einem Prozess sind, an Spielkultur und Kontrolle zuzulegen. Quasi durchaus in der Idee von Guardiola. Ruhigerer Aufbau, geduldiges Herausspielen von Chancen – was momentan noch nicht supertoll klappt, weil man immer noch ein bisserl im One-Man-Show-Modus ist. Gerade die erste HZ gegen Dortmund war da recht typisch für diese Spielweise und die Probleme: Etwas niedrige Intensität, etwas zu lahme Pässe, etwas wenig Schärfe. Auch wenn der Handelfmeter glücklich war: PSG kam auch aus der Pause mit mehr Intensität.

WVQ 25. September 2023 um 22:25

> Das schlimme am Spiel gegen PSG ist ja, dass der BVB-Ansatz, tief zu verteidigen, einfach nicht funktioniert hat, das Angreifen/offenere Spiel nach dem 0:2 aber schon.

Definiere „funktioniert“… Wie schon gesagt, PSG wollte es dann ja so – und TROTZDEM kam Dortmund zu keiner einzigen ernstzunehmenden Torchance oder auch nur zu einer Situation, aus der heraus eine ernstzunehmende Torchance (aus dem Spiel heraus) hätte entstehen können. Die besagten „Torschüsse“ waren, wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, überwiegend Abschlußversuche nach Standards (insb. Ecken) oder ansonsten Fernschüsse. Und weiß Gott beides nicht verbunden mit irgendeiner Torgefahr. (Wie oft mußte Donnarumma parieren? Wird doch sicher auch in irgendeiner Statistik stehen…)

Und wenn ein xG-Modell sagt, daß Dortmund über das ganze Spiel mit 0,7 näher an einem Treffer gewesen sein soll als an keinem… Nun ja, ist dann die bestmögliche Illustration dafür, warum ich diesen Modellen skeptisch gegenüber stehe, insbesondere was einzelne Spiele anbelangt.

AG 26. September 2023 um 14:09

>Definiere „funktioniert“…
Da hast du mich natürlich erwischt, das war meine Frustration mit der kaum funktionierenden Mauertaktik.

Was xG angeht, kommt es natürlich drauf an, was du willst. Reine xG-Werte ignorieren die Ausführung des Schusses, sondern schauen nur auf die Rahmenbedingungen vorher. Das hat sicherlich auch historische Gründe (was man halt ursprünglich an Daten hatte), korreliert aber auf lange Sicht/über viele Schüsse besser mit Toren als andere Alternativen. Je nach Anbieter geht die Position/ Abstand und Winkel in das Modell ein, oder es kommen noch die Gegenspieler und Torwartpositionen dazu, ob Fuß oder Kopfball und vielleicht sogar die Art des Zuspiels (hoch/flach/hüpfend o.ä.).

Wenn du mehr über das einzelne Spiel deskriptiv wissen willst, kannst du z.B. Post-Shot-xG anschauen. Da geht es auch um das Ziel des Schusses, also haben Schüsse am Tor vorbei einen Wert von null. Im konkreten Fall gab es genau einen Schuss auf das PSG-Tor mit einem PSxG-Wert von 0,0. Kein Wunder, dass Donnarumma den hatte, und dein Eindruck ist völlig richtig. (Gegen Dortmund übrigens 3 Schüsse aufs Tor mit 2,0 PSxG)

Und was die Chance auf ein Tor angeht: alle Schüsse von Dortmund waren sehr spekulativ, max-xG von 0,10. Die Summe ist zwar 0,7, rein technisch gesehen müsste man aber die Wahrscheinlichkeiten miteinander multiplizieren, um die Chance eines Tores zu erhalten. Das ist mir aber üblicherweise viel zu aufwändig und kompliziert.

AG 26. September 2023 um 14:18

>rein technisch gesehen müsste man aber die Wahrscheinlichkeiten miteinander multiplizieren
Was soll’s, habe alle Schüsse doch in Excel gepackt. Dabei jeweils 1-xG gerechnet, um die „Chance auf kein Tor“ zu haben, und die für alle Schüsse miteinander multipliziert. Damit habe ich mit vertretbarem Aufwand die Wahrscheinlichkeit auf 0 Tore.

Für Dortmund war die Chance auf mindestens ein Tor tatsächlich 50:50, was ich sogar halbwegs passend finde (nur Schussorte, siehe oben für PSxG). Die Chance auf ein Tor für PSG war insgesamt knapp 97%.

Schaue ich wieder nur die letzten 30+ Minuten nach dem 0:2 an, ist die Chance auf ein Tor für Dortmund 33% und für PSG 40%. Natürlich gelten alle Einschränkungen von oben, PSG hat sich zurückgelehnt und (etwas) mehr zugelassen.

WVQ 26. September 2023 um 17:00

Ja, es geht letztlich bei Statistiken und modellbasierten Metriken immer darum, welche man in welchem Fall zu welchem Zweck verwenden kann und was die jeweilige Metrik dann tatsächlich (und mit welcher Zuverlässigkeit) bedeutet – und was halt nicht. Zahlen klingen immer erst mal sehr griffig und objektiv, aber ein guter Test für jede Metrik ist, sie einmal in einen Aussagesatz zu überführen, den man natürlichsprachlich auch verstehen kann – das ist oft erstaunlich schwierig und macht schnell anschaulich, wie viele Limitierungen das Ganze am Ende doch hat. Im einfache(re)n Fall könnte man etwa sagen „Abschluß mit xG 0,35“ = „Ein Abschluß aus dieser Konstellation [welcher genau?] führt[e?] [bei Spieler X? Spielertyp X? gegen Team Z?] in 35 % der Fälle zu einem Tor“. (Siehe die Einschübe für allerlei Komplikationen, die schon da auftreten.) Aber bereits bei Gesamtspiel-xG-Werten wird das sehr schwierig und semantisch mehrdeutig bis nebulös, aus verschiedensten Gründen.

Max-xG 0,1 bzw. PSxG 0,0 scheint mir das reale Geschehen bei Dortmund gegen Paris schon treffender zu beschreiben… wobei ich vom Ausschließen von Schüssen neben das Tor grundsätzlich aber auch wenig halte – ein Abschluß nebens Tor kann genauso eine Riesenchance gewesen sein wie einer aufs Tor eine reine Banalität. Und wenn ich eine Metrik brauche, die mir sagt, wie das Spiel tatsächlich gelaufen ist, nehme ich lieber einfach das tatsächliche Ergebnis, das ist in der Regel sehr zuverlässig. ;~)

Multiplizieren von Einzel-xG macht meines Erachtens keinen Sinn, die xG-Ereignisse sind ja (+/-) unabhängig voneinander bzw. werden als solches angenommen; Multiplizieren würde die Wahrscheinlichkeit angeben, daß aus JEDEM xG-Ereignis tatsächlich ein Tor wird – das interessiert wohl keinen. Ein interessanter Ansatz wäre vielleicht, hohe xG-Werte stärker zu gewichten bzw. sehr niedrige abzuwerten oder einfach ganz aus der Summierung rauszunehmen. Bspw. könnte man einfach nur die xG ≥ 0,1 betrachten, dann käme man fürs besagte Spiel (nach FBref) auf 2,01:0,10, oder bei ≥ 0,05 auf 2,30:0,38, was beides deutlich realistischer klingt als 2,45:0,66. Rein intuitiv (und natürlich komplett subjektiv und bloß aus der Erinnerung) würde ich sogar sagen: Wenn man beides mittelt, klingt es mit 2,16:0,24 schon ziemlich genau nach dem Spiel, das ich gesehen habe. Könnte man sehr frei (quasi nach dem Modell eines Würfels) so interpretieren, daß Dortmund das Spiel viermal so spielen müßte, um tatsächlich auf ein Tor zu kommen. ;~)

WVQ 26. September 2023 um 17:04

Ah, zweiten Kommentar erst jetzt gesehen… So war das mit der Multiplikation gemeint. Kann man auch machen, wobei dann die Prognose der Toranzahl bzw. überhaupt des Ergebnisses natürlich flöten geht. Und 50:50 für Dortmund klingt für mich vieeeel zu hoch – war doch wie gesagt keine einzige Situation dabei, die auch nur bei mehr als vielleicht jedem zehnten Versuch zu einem Tor führt. Und die allermeisten noch viel seltener.

AG 26. September 2023 um 18:54

Ja, wenn man das Ergebnis „nachvorhersagen“ will, um z.B. expected points wie bei Understat zu bekommen, muss man viel komplexere Modelle einsetzen. Typisch wäre eine Monte Carlo-Simulation, wo tausende Male für jeden Schuss je nach Wahrscheinlichkeit angenommen wird, ob er ein Tor sei (also zufällig, aber mit xG als Wahrscheinlichkeit). Dadurch bekommt man für jede Simulation ein „Torergebnis“, und durch die hohe Anzahl an Simulationen eine Verteilung bzw. Wahrscheinlichkeiten für Unentschieden oder jeweils Siege. Das übersteigt meine Möglichkeiten bei weitem, ist aber schon lange Standard.

WVQ 27. September 2023 um 21:31

Das heißt der Effekt solcher Simulationen in Bezug auf ein einzelnes „nachvorhergesagtes“ Endergebnis wäre dann, daß keine summierten Wahrscheinlichkeiten und ergo krumme Zahlen herauskommen, sondern ganze Zahlen und folglich ein tatsächlich im Fußball mögliches Ergebnis? Das war gar nicht das, worauf ich oben hinauswollte, wenngleich auch interessant. (Ich wollte letztlich eigentlich nur argumentieren – exemplifziert anhand eines Einzelfalls, versteht sich –, daß das Modell oft gar keine arg realistischen Toranzahl-Wahrscheinlichkeiten ausspuckt… ;~))

Bei Understat sind die xPTS aber auch reelle Zahlen, ich glaube das funktioniert dann irgendwie anders.

AG 28. September 2023 um 07:42

Du generierst Einzelspielen mit ganzen Zahlen, also im Fußball möglichen Ergebnissen. Dann schaust du über sehr viele davon, wie oft Unentschieden, Sieg Heim- oder Auswärtsmannschaft rauskommt. Damit hast du die jeweiligen Wahrscheinlichkeiten, und Understat rechnet noch xPTS aus. Ich muss dazusagen, dass ich für beides wenig nutzen habe.

Die Limitierungen von xG und Datenauswertung sind real. Trotzdem möchte ich die auf keinen Fall missen, sonst stochert man doch arg im Dunklen. Wenn diskutiert wird, wie viele Tore Selke für Köln schießen wird, schaue ich auf FBRef nach. Reine Tore schwankt stark, irgendwo zwischen 0 und 0,5/90. Die xG/90-Werte sind dagegen langzeitstabil: es gibt manche schwache Saison, aber er hat eigentlich nie mehr als ca. 1/3 pro Spiel erzielt. Also kann ich erwarten, dass er bei 30 Spielen ca. 10 xG / Tore machen wird. Hat er dagegen eine Sahnesaison und macht 15 Tore und zusätzlich 5 Elfmetertore, werde ich nicht rufen, ihn nach Liverpool zu holen, wenn seine xG genau da landen, wo ich es erwartet habe.

Genauso in der Tabelle: mit xG kann ich sagen, dass Leverkusen und Stuttgart wirklich so stark gespielt haben, wie die Ergebnisse das zeigen, Hoffenheim und Leipzig aber nicht.

WVQ 28. September 2023 um 14:59

Ja, wollte ja nicht gegen die Existenz dieser Metrik argumentieren, finde sie selbst auch in einigen Fällen sehr aufschlußreich, insbesondere (wie Du sagst) in der längerfristigen Betrachtung der Performance von Teams oder Einzelspielern – und vor allem halt dann, wenn man die Spiele(r) selbst nicht gesehen hat! Da mittelt sich sicher auch vieles von dem, was bei den einzelnen situativen xG-Zuweisungen und sogar bei den Gesamtspiel-xG sehr fraglich ist, wieder raus. Ausgangspunkt meiner kritischen Anmerkungen war ja letztlich nur, daß die Betrachtung von Einzelspielen (wie hier PSG – BVB) nicht unbedingt immer gar so repräsentativ sein muß, auch wenn sie natürlich immer noch aufschlußreicher bleibt als banale Statistiken wie Torschüsse et al.

Worauf ich lediglich beharre, ist daß die kritische Betrachtung durch einen fachkundigen Menschen immer noch die besten Einschätzungen generiert. Gerne – wo sinnvoll – unterstützt durch Daten und Modelle, aber halt nicht andersherum. ;~)

Wie die xPTS bei Understat genau zustandekommen und wie gut die zugrundeliegenden Daten und Modelle sind, kann ich nicht sagen; ich habe lediglich beobachtet, daß die Tabelle nach xPTS dort oft recht gut mit meinen tatsächlichen Eindrücken der Mannschaften korreliert. Da verhalten sich xPTS zu PTS in etwa so wie xG zu G – eben beides erheblich besser als kurzfristige tatsächliche Ergebnisse oder gar besagte banale Statistiken.

Was mir an xGD/90 (verglichen mit xPTS) als Metrik für die Langzeitperformance von Mannschaften problematisch erscheint, ist daß es die Tatsache ausblendet, daß Fußball quantisiert in Einzelspielen mit diskreten Ergebnissen stattfindet. Im Grunde genauso, wie die altehrwürdige Tordifferenz eben nur unzureichend mit der Punkteausbeute korreliert, erst recht über kürzere Zeiträume. Ich weiß nicht, wie sehr das über eine ganze Saison hinweg tatsächlich auf die Aussagekraft durchschlägt, vielleicht mittelt sich auch da das Meiste am Ende raus (und Zukunftsprognosen betrifft es bei hinreichender Datenlage wahrscheinlich noch am wenigsten), aber grundsätzlich hat das Betrachten der reinen Durchschnitte (was xGD/90 ja ist) unweigerlich den Nachteil aller Durchschnitte, daß das Ausmaß der Variation der Einzelwerte unter den Tisch gekehrt wird.

Um es mal ganz anschaulich zu machen: FBref führt Bayern aktuell mit xGD/90 von +2,23, Leverkusen „nur“ mit +1,38. Das bildet die realen Kräfteverhältnisse – ich denke daran kann man nicht zweifeln – nicht gut ab. (Nehme an das 7:0 gegen Bochum ist hier der Hauptschuldige.) Ganz sicher wäre die Erwartung, daß Bayern langfristig fast doppelt so viele Tore mehr als der Gegner schießt als Leverkusen deutlich überzogen. xPTS nach Understat hingegen sind aktuell 12,72 für Bayern und 10,90 für Leverkusen. Ich habe einige Spiele beider Mannschaften gesehen und würde sagen: Das paßt. (In dem Fall paßt die reale Punktetabelle tatsächlich vielleicht sogar noch besser, aber es ging ja um den Unterschied xGD/90 vs. xPTS.)

Und nehme ich nun mal bei FBref manuell das simpelstmögliche xPTS-Modell, nämlich pro Spiel einfach normale Punkte für Sieg, Unentschieden und Niederlage gemäß xG, komme ich auf ein viel realistischeres Kräfteverhältnis von 13:10, bzw. wenn man bei Leverkusen das sehr knappe xG 1,4:1,6 gegen Leipzig noch als Unentschieden wertet, von 13:11 – also ziemlich genau das, was die xPTS bei Understat sagen. Nur daß ich mir die nicht heraussuchen und händisch ausrechnen muß. ;~)


Daniel 11. September 2023 um 09:33

Ich musste während des Länderspiels vorgestern dauernd an tobit’s Einteilung in positionsorientierte, situationsorientierte und aktionsorientierte Fußballer denken. Die momentane DFB-Auswahl ist ein extrem krasses Beispiel für eine Mannschaft, die nahezu nur aus einer Art besteht: nämlich den aktionsorientierten. Von Torhütern und IV sowie einigen Ersatzspielern wie Füllkrug oder Henrichs (bin mir noch nicht sicher, wie ich ihn da einsortieren würde…müsste ich mal mehr auf ihn achten) mal abgesehen rekrutiert sich die gesamte Nationalmannschaft aus aktionsorientierten Spielern-und zwar teilweise extrem aktionsorientiert. Im Ergebnis bricht daher jedes Zusammenspiel ein, jeder Spieler will nur sein Ding durchziehen: Kimmich will seine Chipbälle spielen, Gündogan in den Strafraum nachstoßen, Wirtz und Musiala wollen sich durch Engstellen schlängeln und Sané will ein Arjen-Robben-Gedächtnistor schießen.
Die Entwicklung von der besten Nationalmannschaft der Welt zu (bestenfalls) Mittelmaß trotz nur geringfügig nachlassender reiner Qualität erfolgte proportional mit dem Verlust der situationsorientierten und positionsorientierten Spieler: Lahm (meiner Ansicht nach der beste situationsorientierte Spieler der jüngeren Vergangenheit-jedenfalls defensiv) und Klose (positionsorientiert-das konnte man noch ein Turnier mit Gomez auffangen) gingen sofort nach dem WM-Finale, Schweinsteiger (auch mit sehr gutem Gespür für die Situation) folgte 2016 und seit nach der WM 2018 auch die beiden letzten starken situationsorientierten Spieler Müller und Özil demontiert wurden ist die ganze Mannschaft im freien Fall. Auch die Rückkehr Müller’s konnte den Trend nicht mehr stoppen, weil er seinen 33 Jahren eben mittlerweile immer öfter Tribut zollen muss (was auch ein unterschätzter Faktor für die Probleme des FCB der letzten Jahre ist).
Was kann man tun? Wenn man mal von den „großen Vereinen“ FCB, BVB und RBL weggeht findet man schon-neben Füllkrug-noch ein paar weitere positionsorientierte (Weigl, vielleicht auch Stach?, bei guter Entwicklung auch Berisha) und situationsorientierte (Arnold, R. Khedira, Andrich) Spieler. Die ganzen aktionsorientierten Stars in eine Aufstellung zu quetschen ist offensichtlich zum Scheitern verurteilt-Löw und Flick haben hier schon jede denkbare taktische Herangehensweise probiert und absolut nichts hat gefruchtet. Zwischen diesen Spielern entstehen typbedingt absolut keine Synergien, völlig egal was man taktisch versucht.

Wobei sich Spieler in dieser Einteilung auch verschieben können. Kimmich hätte ich in seinen ersten Bayernjahren noch als klar situationsorientiert eingestuft, hat sich jedoch (insbesondere seit dem CL-Sieg) immer mehr zu aktionsorientiert verschoben-was sowohl für den DFB als auch für Bayern ein Problem ist.

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tobit 11. September 2023 um 17:58

Von Flicks 10 meist eingesetzten Feldspielern (über 1.000 min) sind nur Kehrer und Havertz situationsorientiert. In den Top 16 (über 700 min) kommen dann noch Müller und Hofmann dazu.
Insgesamt gingen unter Flick rund 50% der Gesamtspielminuten an aktionsorientierte Spieler (S&P je 23%). Und von den nicht aktionsorientierten haben viele (z.B. Müller mittlerweile) auch noch dahingehende Tendenzen. Richtig schlimm wird die Disbalance dann nach der WM: Seitdem gehen 57% aller Spielminuten an aktionsorientierte Spieler und nur noch 15% an situationsorientierte. Und bei den Zahlen hab ich den Wechsel von Neuer (eher S) zu ter Stegen (eher A) auch noch aus den Berechnungen rausgelassen, weil die Keeper in dieser Betrachtung mMn vernachlässigbar bzw nicht so sinnvoll einteilbar sind.

Weigl wäre meine erste Amtshandlung. Khedira und Andrich würde ich zumindest mal testen, schlimmer als Can kann es ja fast nicht mehr werden.
Danach stellt sich dann für mich mehrheitlich die Frage, wie man die AV besetzen will. Klostermann ist zu selten fit (und mittlerweile bei RB dann IV), Kehrer ist auch großteils innen unterwegs (sein Skillset ist aber einfach geil für eine Hybrid-Rolle), und alle anderen sind Wingbacks mit mal mehr mal weniger klemmendem Rückwärtsgang. Von daher finde ich die Idee mit Kimmich als einrückendem RV gar nicht so doof, wenn man das Team drumherum besser darauf abstimmt.
So z.B.
———————— Havertz ————————
Sané — Gündogan —— Wirtz — Hofmann
————— Weigl ———— Kimmich ———
— Kehrer ———— Süle ——— Thiaw ——
——————— ter Stegen ———————
Und wenn Kimmich und Groß mal nicht verfügbar sind, kann man immernoch Doppelsechs, einen hochschiebenden AV und einen einrückenden AS spielen. Die Umformung ist in den Prinzipien recht ähnlich und die Endstrukturen sind quasi identisch.

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WVQ 11. September 2023 um 19:54

Stimme Euch beiden eigentlich in allem völlig zu, bei der Spielereinteilung mit der einen Ausnahme, daß ich Gündogan eigentlich nicht primär als aktionsorientierten Spieler sehe. Dessen Stärken liegen auch sehr stark in der Raumfindung und in Laufwegen, die nicht notwendig mit einem Anspiel seiner Person enden müssen, um fürs Team produktiv zu sein. (Sehe ihn in gewissem Sinne gerade nach seiner Entwicklung vom Sechser zum Achter zum Zehner gar nicht unähnlich zu Guerreiro, nur daß bei dem die Bewegungskomponente noch deutlich größer ist, weil er schlichtweg aus viel tieferer Position heraus agiert und seine „Spielmacher-Läufe“ entsprechend deutlich länger und vertikaler sein müssen.) Gündogans Problem in der N11 scheint mir seit jeher zu sein, daß, je mehr der Mannschaft eine klare räumliche Grundstruktur fehlt, seine Stärken im Positionsspiel desto schlechter zur Geltung kommen und er sich nicht mehr anders zu helfen als weiß mit singulären Ballaktionen. (Was soll man auch anderes machen, wenn einen die Struktur mehr oder weniger von vornherein auf eine Höhe mit den Außenstürmern zwingt – sind ja gar keine Räume da, die man intelligent belaufen könnte, es sei denn man handelt komplett gegen die Anweisungen des Trainers und läßt sich quasi bis auf die Sechs fallen (und da stellen sich dann wieder andere Probleme).) Insofern in der N11 vielleicht eher eine Art „erzwungen“ aktionsorientierter Spieler (während ich das bei den genannten anderen auch eher als generelle Veranlagung sehe).

Aber wie auch immer, ist grundsätzlich eine gute Beobachtung und zweifellos ein großes strukturelles Problem, weil sinnvolle Alternativen auf vielen Positionen schlichtweg nicht existieren.

Die obige 3-2-4-1- oder vielleicht eher noch 3-2-2-3-Struktur mit Weigl hatte ich mir gestern schon selbst fast genau so aufgeschrieben. :~) Macht total Sinn und wäre ja im Grunde das (von Personalien mal abgesehen), was gestern bei besserer Implementation (bzw. überhaupt Implementation) hätte herauskommen sollen/können.

Mein einziger grundsätzlicher Widerspruch wäre, daß in meinen Augen unter Löw und Flick keineswegs schon alle erdenklichen taktischen Herangehensweisen versucht wurden – eher sogar das Gegenteil. Man hat natürlich einige verschiedene Grundordnungen durchprobiert, aber letztendlich blieb es bis auf die relative kurze Phase zum Ende der Löw-Ära (als man kontern wollte, aber nicht wußte wie) immer bei den gleichen taktischen Grundmängeln:

– absurde Überbesetzung der letzten Linie viel zu früh nach Erlangung des Ballbesitzes
– „Sechser“ sollen den Ball da halt irgendwie hinbringen (= Loch entweder vor oder hinter ihnen, keine vertikale Anbindung der ganzen Stürmer an den tiefen Aufbau)
– Außenverteidiger als verkappte Außenstürmer, auf die es dann viel zu oft ankam, weil man den Ball kontrolliert nur zu denen bekam und kaum zu den eigentlichen Stürmern
– praktisch keine eingespielten Abläufe, die Offensivkraft sollte sich durch die Ballung an individuell hochveranlagten Kombinationskünstlern mehr oder weniger von selbst ergeben
– Gegenpressing nur im Sinne von individuellem „bei Ballverlust nachsetzen!“, nicht strukturell vorbereitet und fast überhaupt nicht kollektiv
– keine echten Konterstrukturen, auch dies mehr nach dem Motto „die können das ja, müssen’s nur auf den Platz bringen“
– durch obige strukturelle Mängel bedingt auch weitgehende Vernachlässigung der Defensive, diese vielmehr ebenfalls nach dem Motto „unsere geilen Verteidiger regeln das schon, wenn sie sich nur genug reinhängen“

Ein taktischer Ansatz, den man seit 2014 (mit Abstrichen noch 2016) nie mehr versucht hat, war kontrolliert und nicht mit Wucht und (eingebildeter) brutaler Dominanz aufzubauen und auf Struktur und Abläufe statt auf Skills und Quantität zu setzen. Oder gewissermaßen der, überhaupt wieder einen mehr als oberflächlichen taktischen Anspruch ins Spiel zu bringen.

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Koom 12. September 2023 um 11:51

2014 erntete man die Vereinsarbeit mit den Trainern Klopp und Guardiola/Heynckes. Dazu eine kleine Priese Tuchel. Weite Teile des Kaders hatten zum Teil jahrelang eingebimst, wie man Gegenpressing macht, wie man einen Angriff absichert usw. Es war beinahe egal, wen man da aufstellte, weil die Defensivarbeit generell ziemlich gut war.

Die aktuelle Situation ist sehr anders: Die Bayern lernen gerade unter Tuchel mal wieder Defensiv-1×1, die Dortmunder sind taktisch hirnbefreit. Die sonstigen Spieler sind ansonsten weit in der Welt verteilt, agieren da meist in funktionierenden Teams, wodurch der eigene taktische Anteil natürlich nicht so groß ausfällt.

Generell wird es für die N11 erst besser, wenn die Vereinsarbeit besser wird. Die Bayern haben kaum noch Deutsche in den Reihen, Tuchels Arbeit wird da wenig helfen. Wenn man da einen Bundestrainer sucht: Ich würde da einen passionierten Jugendtrainer (der muss auch 1×1 beibringen können) oder einen „alten Haudegen“, der ebenfalls dazu bereit ist, Defensivstrukturen aufzubauen, als ob er mit nem Schwung Amateure arbeitet.

Antworten

WVQ 12. September 2023 um 13:51

Ist sicherlich auch ein großes Problem, ja, gerade weil (hochgradig seltsamerweise) Dortmund inzwischen den größten Teil der Defensive stellt. Und auch wenn ich in der Offensive den Bayern-Block allen Vereinsschwierigkeiten zum Trotz nicht weit weg von einer guten Basis sehe (das sind in meinen Augen weiter eher Verunsicherung und fehlende Routine als eine grundlegende Planlosigkeit), muß man zumindest sagen, daß das Gegenpressing schon unter Nagelsmann deutlich wilder und weniger systematisch geworden war. Das in Kombination ist für eine Mannschaft mit Dominanzanspruch und Favoritenrolle (und noch individuellem Talent weitgehend deutlich unterhalb der Weltklasse) natürlich einfach Gift – siehe Japan, anschaulicher wird es ja nicht. Und die Tatsache, daß man auf Nationalmannschafts-Ebene inzwischen deutlich weniger Trainings- und Vorbereitungszeit hat als noch 2014, macht es noch schwerer.

Ein Trainer, der primär (und vor allem defensive) Basisarbeit macht, schiene mir aber auch höchstens übergangsweise eine Lösung. Grundsätzlich muß das Spiel einfach wieder klarer und sinnvoller strukturiert werden, in allen Bereichen. Erfolge auf kollektiver Ebene treten ein, wenn der Trainer eine dem Personal angemessene Grundidee hat, die Spieler wissen, was sie auf ihrer Position tun und lassen sollen, und wenn sie merken, daß Dinge plötzlich klappen, wenn sie das tun. Das geht nicht von heute auf morgen, aber ich halte das für die deutsche N11 weiterhin für genauso gut möglich wie für jede andere. Komplett unbedarft sind diese Jungs ja auch alle nicht. Und wir hatten gegen Japan jetzt Spieler aus sieben verschiedenen Vereinen in der Startelf; das ist für eine Nationalmannschaft normal und eben die grundlegende Aufgabe, ohne mitgebrachte Kollektivgrundlage und ohne viel Training ein erfolgreiches Spielsystem hinzubekommen. Das Entscheidende wäre eine in diesem Sinne grundsätzlich adäquate Basis (in der Personal- wie in der Systemwahl) und dann Kontinuität. Mehr hat bspw. Spanien grundsätzlich auch nicht, und mehr kann man auch gar nicht machen.

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Koom 12. September 2023 um 13:59

Ich würde einen solchen Trainer jetzt auch nicht als jahrzehntelange Installation sehen, sondern wirklich eher vielleicht für bis inkl. der EM, weil es vereinsseitig momentan keine Besserung gibt dafür. Und da die Spieler von ihren grundsätzlichen Fähigkeiten schon „gut“ sind, braucht es vor allem einen Trainer, der da konzentrierte Fokusarbeit macht.

Ein echtes Problem, bei Dortmund wie N11 ist es, wenn der Gegner aktiv presst. Der Übergang von Defensive zu Offensive ist grausam schlecht, da entstehen auch sehr viele Gegentore. Im Grunde braucht man mal echt einen „Abstiegstrainer“, Feuerwehrmann, der einfach nur mal hinten intelligent (!) dicht macht mit dem Material was da ist.

tobit 12. September 2023 um 14:51

„Hinten dicht“ wird mit Deutschland aber schlicht nicht funktionieren. Weil das geht bei allen Nationalmannschaften nur über viel Personal und weitgehende Aufgabe der Offensive. Und die deutschen Offensiven sind halt keine Rest-Offense-Genies wie Griezmann und Mbappé oder Lautaro und Messi, die daraus dann trotzdem noch effektive Torchancen kreieren.
Deutschland braucht jemanden, der ihnen Aufbau- und Bewegungsspiel eintrichtert, damit sie seltener verteidigen müssen. Das Potenzial bei den Spielern ist absolut da, man muss ihnen nur ein bisschen mehr konkrete Anweisungen an die Hand geben. Reutershahn hat es beim BVB in der Winterpause ja vorgemacht, oder auch Flick in seinen ersten DFB-Spielen.

Daniel 12. September 2023 um 11:29

Havertz situationsorientiert? Nach meinen Erinnerungen aus Leverkusener Zeiten hätte ich ihn auch eher aktionsorientiert gesehen, aber damals kannte ich die Einteilung noch nicht, hab da also nie drauf geachtet.
Neben den von dir genannten würde ich noch Henrichs als Option für RV nennen. Er ist für mich seit Hector der erste wirkliche AV im Umfeld der N11, der weder ein umfunktionierter IV noch Offensivspieler ist.
Bei deiner Aufstellung hast du Kimmich als einrückenden RV und Hofmann als RA eingeplant, oder? Man könnte mit Hofmann als RV und Kimmich neben Weigl auf der Doppelsechs quasi genau das Gleiche erreichen. „Und wenn Kimmich und Groß mal nicht verfügbar sind…“ Groß kommt in deiner Variante doch gar nicht vor (?)

@WVQ
Ich seh Gündogan gar nicht so unähnlich…hatte sogar mal als absolute Hipsteridee Gündogan als einrückenden RV im Kopf.
Diese Grundmängel treten meinem Eindruck nach aber eben wegen der Kaderzusammenstellung auf, weniger wegen taktischen Anweisungen

Antworten

tobit 12. September 2023 um 12:30

In Leverkusen war er auch noch eher aktionsorientiert. Und ist das im Mittelfeld auch tlw immernoch. Da er bei mir aber Neuner ist (was er ja bei Flick auch überwiegend gespielt hat) sortiere ich ihn entsprechend des Verhaltens von der Neun ein.

Groß wäre mein Kimmich-Backup, der hat genau das auch in Brighton schon sehr gut gespielt.
Mit ein bisschen Übung könnten auch Arnold (von links), Henrichs oder sogar Hofmann in die Rolle reinwachsen. Die Übung wird’s aber wohl nicht geben, dafür hat die N11 zu wenig Zeit und sie im Verein ganz andere Aufgaben.

Hofmann gefällt mir mittlerweile offensiv einfach sehr gut (situationsorientiert UND durchschlagskräftig), und ich traue Kimmich defensiv mehr zu. Und die Umformung mit aufrückendem AV ist leichter klassisch zu verteidigen, einrücken erzeugt mehr untrainierte Übergabemomente.

Gündogan als falscher AV wäre zu Peps Bayernzeiten oder ganz am Anfang bei City supergeil gewesen. Heute fehlt ihm da finde ich das Tempo, um das voll ausfüllen zu können.

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WVQ 12. September 2023 um 13:03

@Daniel
Bei Henrichs wäre ich vorsichtig, der hatte bei Leipzig jetzt auch erst gerade eine gute Saison (in Monaco habe ich ihn nicht verfolgt). Sicherlich positionsgetreu momentan eine verlockende Option, aber das Problem der deutschen AV ist ja seit Jahren, daß sie alle gerade eine (einzelne) gute Saison hatten, schnell wieder ins Mittelmaß abrutschten und vom Profil her eigentlich alle keine Defensivspezialisten waren. Mit der Ausnahme Klostermann, der mir auf rechts – bei offensichtlichem offensivem Produktivitäts-Mangel – eigentlich immer am besten gefallen hat. Ich würde bei den AV-Positionen jedenfalls eher schauen, daß man sich endlich mal festlegt, was man von den Leuten eigentlich wirklich will (denn Flankengott und Staubsauger der Nation zugleich geht halt nicht) und dann das Personal entsprechend dem Anforderungsprofil aufstellt und nicht danach, wer in den letzten drei Monaten die meisten Scorer-Punkte gesammelt hat. (Was nicht gegen Henrichs spricht, sondern nur dagegen, da alle paar Monate jemand neuen zu haben, der sich nie wirklich in der Mannschaft etablieren kann.)

Havertz hat schon auch eine klare Situationsorientierung. Das ist ja letztlich das, was ihn auf der Neun – gerade bei unspezifischer Einbindung – oft mau aussehen läßt, weil er nicht geradewegs auf jeden erdenklichen Abschluß geht, sondern sich je nach der Strafraumbesetzung durch die Mitspieler recht unterschiedlich verhält, viel mehr als ein klassischer Neuner. (In dieser Hinsicht nicht unähnlich zu Haller, der in Dortmund auch darunter leidet, daß er weniger instinktiv dahin geht, wo der Ball wahrscheinlich hinkommt, sondern dahin, wo er am besten anspielbar zu sein bzw. wo er dem Gegner am besten schaden zu können glaubt – und auch da scheitert’s regelmäßig daran, daß die Hereingaben aber nach dem Motto „Stürmer wird sich schon durchsetzen“ kommen.) Und deswegen wäre Havertz aber auch für die Position weiterhin eine gute Option, sofern es im letzten Drittel (bzw. besonders Viertel) nur mal klarere Abläufe gäbe, denn „Ball reinfeuern und Havertz macht ihn“ ist halt genau das eine, was er als Neun nicht leisten kann.

> Diese Grundmängel treten meinem Eindruck nach aber eben wegen der Kaderzusammenstellung auf, weniger wegen taktischen Anweisungen

Ich denke man sollte klar taktische Anweisungen von etablierten gruppentaktischen Abläufen unterscheiden; erstere gibt es in der N11 natürlich wie in jeder anderen Mannschaft (und sei es nur das Löwsche „Geh mehr vorne mit rein!“ oder zuletzt von Flick „Josh, geh im Ballbesitz auf die Sechs“), letztere gibt es hingegen so gut wie gar nicht. Und letztere meinte ich.

Aber wie auch immer, wen würdest Du denn nominieren, wenn nicht die üblichen Verdächtigen? Gerade im Offensivbereich täte ich mich da sehr schwer. Wenn man Müller mal rausnimmt (den man wohl nicht mehr als tragende Säule der Mannschaft einplanen kann), sehe ich eigentlich gar keine Möglichkeiten, ohne größeren Qualitätsverlust deutlich weniger aktionsorientierte Spieler zu nominieren.

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Daniel 12. September 2023 um 14:05

Ich denke nicht, dass Hofmann ein „größerer Qualitätsverlust“ wäre. Und mit ihm, Müller und Havertz hätte man schonmal drei weniger aktionsorientierte Offensivspieler. Auch (nicht lachen) Götze könnte einer weniger aktionsorientierte Wahl in der Offensive sein. Nichts desto Trotz hast du natürlich dennoch einen Punkt, weil das bis auf Havertz alles Angehörige der Ü30-Fraktion sind.
Was positionsorientierte Offensivspieler angeht hat Deutschland leider schon seit Jahren das Problem, dass da nie jemand längerfristig internationales Niveau erreicht…

Antworten

tobit 12. September 2023 um 15:22

Müller kann man als Pusher und „Spielertrainer“ gerne noch bis zur EM mitnehmen. Wenn man das macht, sollte man aber definitv auf Götze (der ist mittlerweile die Situationsorientierung pur, aber hat auch heftige Schwächen) verzichten, weil man sonst wieder sehr viele Zehner hat, die dann notgedrungen suboptimal woanders spielen sollen/müssen. Aktuell sehe ich aber Wirtz da schon auf einem guten Weg, diese Lücke zu füllen.
In der Zukunft kommt für den Sturm vllt noch Burkardt dazu, der das recht situationsorientiert spielen kann. Aber der muss erstmal wieder längerfristig fit sein und dann in Mainz am besten auch richtig auf der Neun spielen. Weißhaupt und Schade würde ich auch im Blick behalten, haben von Streich auf jeden Fall einiges mitbekommen und könnten bei guter Entwicklung mal Sané beerben.
Volland fand ich da auch oft gar nicht schlecht, wenn man einen eher bulligen Typen dabei haben will. Natürlich keiner für die Stammelf, aber ein arbeitssamer Joker.

Bei den positionsorientierten gibt es im Prinzip nur Werner. Der ist leider nicht sehr formstabil und braucht auch seine taktische Wohlfühlzone. Könnte man natürlich irgendwie hinkriegen, wenn man ihn statt eines Zehners neben Neuneinhalber Havertz stellt und 4-4-2-iger gegen den Ball und 3-5-2-iger in Ballbesitz wird. Das wäre auch eine interessante Einbindung für Moukoko (der für mich noch nicht in eine Kategorie einsortierbar ist), falls der irgendwann mal wieder dabei ist. In ihrer aktuellen Form aber wohl nicht so erfolgversprechend wie die individuelle Klasse von Musiala oder Wirtz.
Gnabry hat manchmal noch positionsorientierte Tendenzen (Samstag z.B. – passte halt nicht zu Gesamtstatik), leider wird er daraus viel weniger gefährlich als im voll aktionsorientierten Modus.

Daniel 12. September 2023 um 15:51

Totale Zustimmung zu Götze, ich hab nur ein Brainstorming gemacht, was mir zum Thema „deutsche situationsorientierte Offensivspieler mit Nationalelfniveau“ überhaupt einfällt. Burkardt…das wird doch wahrscheinlich (auf hohem Niveau) nichts mehr mit dieser absurden Verletzungsgeschichte, ähnlich wie Thielmann in Köln. Volland könnte tatsächlich noch spannend sein.
Füllkrug sehe ich auch noch positionsorientiert. Kommt aber halt auch nur als Joker in Frage

WVQ 12. September 2023 um 17:55

Ja, Götze… Ist mir fast peinlich, daß ich den nicht selbst gleich genannt habe, da ich ihn neben Müller für den besten strukturgebenden deutschen Offensivspieler der letzten zehn Jahre halte. Und insoweit ich es mitbekomme, macht er das in Frankfurt immer noch auf einem ziemlich hohen Niveau. – Aber Ihr habt Recht, Götze + Müller macht keinen Sinn, und das größere Problem ist, daß man dafür einen von den jüngeren Zehnern rausnehmen müßte, welche gerade erst richtig durchstarten (Musiala, Wirtz, Brandt) bzw. in der N11 nun mal etabliert sind (Gündogan, Goretzka (?), Havertz (insofern nicht Neuner)). Wäre keine zukunftsträchtige Lösung, daher schiene es mir auch am klügsten, Müllern nochmal als Spielertrainer-Edeljoker zu nominieren, da hätte er wohl den größeren Impact als ein Götze, der im überfüllten deutschen Offensivzentrum ohnehin erst recht das Gündogan-Problem bekommt: gar kein Raum für raumschaffende Bewegungen da.

Nein, Hofmann ist – gerade gegeben die seit längerem sehr lauen Leistungen seiner Konkurrenten – überhaupt kein großer Qualitätsverlust, synergistisch gesehen wahrscheinlich eher oft ein Gewinn. Ich dachte nur, es ginge Dir um Alternativen zum aktuellen deutschen Kader, zu dem Hofmann ja schon gehört. Hofmann statt Gnabry für die Startformation würde ich sofort unterschreiben, so hatte es tobit ja oben auch schon aufgezeichnet.

Das Problem mit Füllkrug scheint mir zu sein, daß man die Mannschaft mangels klassischem Neuner mit Stammelf-Anspruch schlichtweg auf falscher Neuner und breitere Aufgabenverteilung trimmen muß. Und sofern das gelingt (bisher natürlich noch nicht der Fall), kommt Füllkrug selbst als Joker auch nur bedingt zur Geltung, weil die Abläufe nicht auf einen singulären Zielspieler ausgerichtet wären. Insofern scheint mir Füllkrug eher ein Behelf zu sein, solange man halt sonst noch keine bessere Idee hat. Aber wirklich weiter hilft er dem Projekt eigentlich nicht.

WVQ 12. September 2023 um 18:27

Es wird auf ewig ein Hirngespinst bleiben, aber ich bleibe bei Überlegungen zu einer passenden Grundstruktur (das obige 3-2-4-1/3-2-2-3 gefällt mir wie gesagt prima) auch immer wieder bei einer Raute hängen, um möglichst viele von unseren Zehnern in geeignete Positionen zu bringen und zugleich der Neunerlosigkeit des Kaders zu entsprechen. Es wird deswegen ein Hirngespinst bleiben, weil man nie genug Zeit haben wird, entsprechende Aufbau- und Verschiebemechanismen einzustudieren, damit der Gegner einem im Pressing und im Konter nicht einfach ständig den Flügel runterläuft. Aber ganz grundsätzlich sehe ich den Kader bzw. die verfügbaren Spielern dafür durchaus vorhanden, mit nur einer einzigen Ausnahme, nämlich dem LAV, den es in „technisch versiert und pressingresistent“ wohl nicht gibt.

Könnte man bspw. so machen:

——–Werner————Sané———-
——————Musiala——————-
——–Gündogan——-Wirtz———-
Gosens———Weigl——–Kimmich
——Schlotterbeck—–Süle———–

Als Halbstürmer kämen auch Gnabry, Havertz, womöglich auch Hofmann in Frage und ggf. nachrückende Stürmertypen wie Moukoko oder Schade. (Theoretisch auch Adeyemi, wenngleich ich den auch perspektivisch nicht auf dem erforderlichen Niveau sehe, aber wer weiß, und in das System würde er anlagengemäß schon prima passen.)

Auf der Zehn dann natürlich have-your-pick aus Musiala, Havertz, Wirtz, Müller und rein eignungsmäßig auch Götze.

Für die Acht wäre auch Brandt ein sehr heißer Kandidat, wenn er seine Form der letzten Rückrunde längerfristig hält. Ebenso natürlich Goretzka und grundsätzlich sogar Kimmich, wenn man den nicht hinten rechts bräuchte.

Weigl könnte auch hier von Groß vertreten werden. Dünn wird’s nur bei Kimmich-Ausfall (dann wohl Henrichs o.ä.) und von vornherein beim LAV. (Oder kennt jemand einen Geheimtyp, der sich im Aufbau bei Gegnerpressing nicht direkt die Füße verknotet?)

In der IV habe ich (trotz meiner grundsätzlichen Skepsis ihm gegenüber) Schlotterbeck statt Rüdiger hingeschrieben, da man mit so einer Struktur natürlich die zentralen Paßwege nutzen wollen würde. Könnte aber auch Thiaw sein, sofern der sich eine Weile bewährt.

Oder man nimmt wieder links einen IV (wie Kehrer), schiebt Kimmich im Aufbau erneut auf die rechte Sechs und spielt es als 3-2-3-2.

In jedem Fall gefiele mir die Aufgabenverteilung im Sturm gut, zumal man mit Musiala/Havertz und dann im weiteren Gündogan/Wirtz/Brandt abschlußkompetente Techniker dahinter hätte. Und man spart sich diese unnötige Last, einen als falsche Neun oder Pseudo-Neun oder Neuneinhalb oder was auch immer auflaufen lassen zu müssen.

Na ja, wie gesagt, angesichts der bisher vorhandenen bzw. nicht vorhandenen taktischen Basis sicherlich ein bis zwei Etagen zu hoch gegriffen, aber rein von der Passung Spieler Struktur her in meinen Augen immer noch eine sich aufdrängende Alternative.

Ankersecher 12. September 2023 um 15:41

Hab im Thread etwas die Übersicht verloren, wo kann ich tobit’s Einteilung in positionsorientierte, situationsorientierte und aktionsorientierte Fußballer nochmal nachlesen? Finde den Gedanken für die Kaderstruktur sehr interessant.

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Koom 12. September 2023 um 15:59

Diese Einteilung in aktion-, situations- und positionsorientierung finde ich auch sehr schön. Eine andere Schablone, die man auf das Spiel legen kann und ein paar Dinge damit erklären.

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tobit 23. Juli 2023 um 20:01

Aktuell scheint mit Sabitzer der nächste Achter/Zehner im Anflug auf Dortmund zu sein. Spielerisch schonmal etwas eher das nötige Profil für die Position. Das bedeutet aber (angesichts von Sabitzers sehr hohem Gehalt) wohl, dass Özcan weiter der Can-Backup sein soll. Schmeckt mir nicht, aber 40m+ für Alvarez auszugeben wäre auch nicht meine Idealvorstellung gewesen. Oder man findet doch noch jemanden, der Reyna über Wert abnimmt und holt davon einen jungen Sechser (Guillamón habe ich ja schon ein paar mal vorgeschlagen).

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Koom 24. Juli 2023 um 14:22

Ich glaube nicht, dass man noch einen sechser holen wird. Momentan setzt man auf Can und hofft, dass bei Ausfall Nmecha und Sabitzer das dann kompensieren können. Was möglich ist, wobei ich Nmechas Spielprofil nicht so kenne, aber nach Hörensagen ist er eher ein offensiver 8er.

Sabitzer kennt auf jeden Fall aus seinem „Berufsleben“, dass Einzelspieler nicht weit kommen. Der weiss, das man offensiv wie defensiv überall helfen sollte – und zwar diszipliniert. Könnte der Balancespieler sein, der das Loch füllt, das letzte Saison auch (und gerade) mit Bellingham da war. Ich erwarte von Sabitzer zumindest, dass er die taktische Intelligenz hat, auch mal Notfallsechser zu spielen.

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tobit 24. Juli 2023 um 17:54

Ich glaube es auch nicht, halte es aber für einen gewaltigen Fehler. Genauso wie jetzt schon mit Can zu verlängern. Immerhin nicht direkt bis 2027, wie es zwischendurch mal hieß.

Nmecha ist ein offensiver Achter oder verkappter Zehner. Nicht ganz so brachial strafraumorientiert wie Goretzka, aber in den generellen Positionsideen schon recht ähnlich. Der wird wenn keine Wunder geschehen niemals auf der Solosechs spielen (am besten auch nicht Doppelsechs, aber das ginge zur Not).

Sabitzer hätte ich gerne vor zwei Jahren aus Leipzig geholt. Jetzt bin ich einen Tick skeptischer als damals. Aber wenn man Ablöse und Gehalt noch etwas drücken kann, hat er das Potenzial sich zum Schnapper des Sommers zu entwickeln. Spielerisch auf jeden Fall bisher die beste Transfer-Idee des Jahres. Könnte dann vllt auch ganz gut in eine Doppelsechs mit Özcan passen, denn Nmecha/Sabitzer/Brandt als 3er-Mittelfeld fehlt schon ein bisschen der Rückwärtsgang.

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WVQ 24. Juli 2023 um 21:00

Gegen den Sabitzer-Transfer habe ich an sich auch nichts einzuwenden, gerade Sechser + Brandt + Sabitzer als balancierender zweiter Achter finde ich sehr interessant. (Ob Sabitzer noch auf dem Niveau seiner letzten Leipzig-Saison spielt, ist eine interessante Frage, aber ich denke er gehört zumindest eindeutig nicht zu den Spielern, die ausschließlich mit einem taktisch klaren Trainer überhaupt funktionieren – sein Bewegungsspiel schien mir immer intuitiv gut.) Nur frage ich mich jetzt erst recht, wozu man Nmecha auf Biegen und Brechen für das Doppelte seines Marktwerts haben wollte, wo Brandt der klare zentraloffensive Platzhirsch ist. Meine Befürchtung ist, daß Brandt wieder klassischer die Rolle des Außenstürmers einnehmen soll (was sehr schlecht wäre, da seine Befreiuung von dieser für ihn dämlichen Rolle ein zentrales Element des Dortmunder Aufschwungs in der vergangenen zweiten Saisonhälfte war). Und nicht zu vergessen: Reus und Reyna, die beide auch keine klassischen Außenstürmer sind, sind ja auch noch da, und Malen gehört eigentlich auch mit in diese Räume. Wird weiter darauf hinauslaufen, daß man lauter Typen für den Zehnerraum hat, die alle nicht auf der Zehn spielen. (Insofern aber der Sabitzer-Transfer zumindest mal ein Schritt in die richtigte Richtung, bzw. gegeben den Dahoud-Verkauf kein weiterer Rückschritt.)

Und jepp, ein Sechser kommt dann jetzt nicht mehr. Das werden Can und Özcan machen. Und das wird Dortmund auf die Füße fallen, weil Can sein ordentliches Niveau der letzten Monate kaum konstant durchalten kann und es für Özcan sowieso die falsche Position ist.

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tobit 25. Juli 2023 um 17:25

Genau das denke ich auch. Er dürfte unter Terzic zumindest nicht schlechter spielen als in den paar Spielen bei Bayern. Als richtiger Sechser muss er hoffentlich nicht agieren, da hat er mir auch in Leipzig schon nicht gefallen.

Vllt kann Nmecha Skat …
Ich glaube die Idee war ähnlich weit durchdacht wie mit Adeyemi: spielt so grob eine gesuchte Position, „Shooting Star“, deutscher Nationalspieler und nette körperliche Anlagen. Ich glaube nicht, dass da wirklich viel auf die spielerischen Aspekte und Implikationen geachtet wurde, weder bei Karim, noch bei Nmecha.

Brandt als „Außenstürmer“ geht schon. Dann muss man aber de facto Raute oder 2-2 im Mittelfeld spielen und mindestens Wolf unheimlich hoch schieben. Könnte eigentlich ganz interessant sein: Nmecha/Reus mit Zug in den Strafraum, Brandt/Reyna von außen einrückend, Sabitzer/Özcan als Balancegeber vor/um Can. Dann wäre auch noch Platz für einen weiteren Sechser. Und Bensebaini könnte als verkappter HV agieren. Das wäre aber glaube ich etwas zu viel Abstimmungsarbeit für Terzic’s Geschmack. Und nur zwei der Stürmer auf dem Platz würde auch irgendwann Unruhe geben.

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tobit 25. Juli 2023 um 17:30

http://sharemytactics.com/197821/
so hatte ich mir das spontan gedacht.

Koom 25. Juli 2023 um 17:34

Zu Nmecha:
Nach wir vor kenne ich zu wenig, aber ich denke, er ist quasi eine Alternative für die 8er Position, wenn es „körperlicher“ werden soll. Grob vom Profil ist er nicht schüchtern, sehr laufstark und „hilfsbereit“. Er ist in seiner Spielweise viel offensiver als Sabitzer, aber die anderen Attribute sind nicht unähnlich.

Bellingham und Guerreiro – so feine Fußballer beide sind – waren ausgesprochen viel auf die Offensive bedacht. Vor allem Bellingham half aber sehr wenig im Aufbauspiel nach vorne oder der Defensive nach hinten. Von Sabitzer weiss man, dass er quasi wie ein Box-to-Box-Spieler von 6-10 alles beackert und zwar explizit bis runter und hoch auf den letzten Meter. Nmecha wird sich beweise wollen und vermutlich auch laufstark sich oft anbieten.

Gerade das „sich anbieten“ im Mittelfeld war vergangene Saison oft sehr schlecht. Dadurch sahen speziell Guerreiro, Schlotterbeck und Adeyemi schlecht aus, weil aus dem Zentrum keiner mithalf als Anspielstation und die linke aussenbahn dadurch isoliert blieb im Aufbauspiel.

WVQ 26. Juli 2023 um 14:56

@tobit
Genau, Brandt kann als Außenstürmer spielen, wenn er de facto gar nicht Außenstürmer ist, sondern eigentlich eher Halbraumstürmer bzw. Zehner. Dazu muß dann in der Tat der AV die Breite und Tiefe geben. Hat mit Wolf zuletzt ja oft ganz gut funktioniert (wenn man ausklammert, daß Wolf dann hauptsächlich Gegner bindet und selbst nur sehr wenig zum Spiel beiträgt außer ein paar Hauruck-Aktionen). Wenngleich ich es sinnvoller finde, Brandt gleich da agieren zu lassen, wo er dann am Ende eh landet (was im 4-3-3 eben die Acht ist) und von außen den abschlußorientierteren und dribbelstarken Malen oder auch mal Bynoe-Gittens oder Duranville kommen zu lassen. Da sehe ich offensiv ungleich größeres Synergie-Potential.

Die Raute kann man meines Erachtens vergessen, dafür fehlt es nunmehr komplett an im Aufbauspiel belastbaren Außenverteidigern. Das war ja auf der rechten Seite schon unter Rose die Achillesferse. Ein 2-2 mit Bensebaini als HV wäre irgendwo nett… aber das bräuchte WIEDER Wolf als AV, der dann halt extrem hochschieben und im Offensivmodus den Außenstürmer geben müßte, wofür er aber zu limitiert ist. Nervt mich auch allgemein, daß man ohne sehr exotische Grundordnungen auf rechts immer irgendwie Wolf braucht, weil kein anderer die nötigen Räume auf außen dynamisch genug besetzt, ohne daß entweder Offensive oder Defensive weitgehend verwaisen.

Und jepp, Nmecha riecht sehr nach dem Modell Adeyemi (und Schulz und Can). Ein Glück, daß Flick bei der Nationalelf weiter den Löw gibt und alle paar Monate 17 neue Talente einlädt, die dann ein halbes Spiel machen können und folglich „Nationalspieler“ sind – das vergrößert den Markt für Dortmunder Einkäufe deutlich!

WVQ 26. Juli 2023 um 15:19

@Koom
Ganz klarer Widerspruch zu Guerreiro und Bellingham. Letzterer war in der letzten Saison DER Dreh- und Angelpunkt im zentralen Mittelfeld – ohne ihn wäre oft überhaupt kein Ball auch nur in die Nähe der Offensivleute gekommen, gegeben die völlige Planlosigkeit im Aufbau der IV und AV und dem meist abgekippt (= auch als IV) agierenden Sechser. Sowohl Bellinghams Umtriebigkeit beim Anbieten als auch seine raumöffnenden Pässe (und natürlich Dribblings) haben regelmäßig die Schwächen bzw. Nicht-Existenz des Dortmunder Aufbauspiels kaschiert. Und was Du von Sabitzer schreibst, trifft doch auf Bellingham erst recht zu, daß er sich für den Sprint weder nach vorne noch nach hinten zu schade ist und oft auch mal die rettende Grätsche um den eigenen Sechzehner auspackt. Sabitzer ist umsichtiger im Positionsspiel und viel abwägender in den Vorstößen, aber eine Bellingham defensiv haushoch überlegene Zweikampfsau ist erst jetzt auch nicht, und die enorme Produktivität in allen Phasen des Spiels und in quasi allen Räumen auf dem Platz ist doch GERADE Bellinghams große Stärke und fast schon ein Alleinstellungsmerkmal – weswegen er ja jetzt mit 20 (!) Jahren praktisch schon als langfristige Säule im zentralen Mittelfeld von Real Madrid gelten kann, wo die Meßlatte immerhin Kroos und Modric sind…

Und Guerreiro… Das ist die alte Leier von der Defensivschwäche, weil wohl aus irgendeinem Grund gelten soll, daß offensivstarke AV notwendig defensivschwach sind. Bei Guerreiros enormem Offensiv-Output übersieht man aber sehr schnell, daß er in vielen Spielen (und einzelnen Situationen) durchaus sehr abwartend agiert und die klassische Flügelverteidigung im wesentlichen nicht schlechter löst als die in Dortmund verfügbaren Alternativen – nur halt deutlich unspektakulärer und unaffektierter als mancher Kollege. (Wer gegenteiliges behauptet, möge bitte harte Zahlen vorlegen. Ich hatte jedenfalls nie den Eindruck, daß Dortmund mit Guerreiro vom linken Flügel her individuell anfälliger gewesen wäre als mit irgendjemand anderem oder daß man insgesamt mehr Gegentore bekommen hat, wenn Guerreiro spielte.)

Und „sich anbieten“… Welcher Spieler in der Bundesliga (auf der Welt?) ist denn im Aufbau von LAV aus besser und gewinnbringender anspielbar als Guerreiro?

Koom 26. Juli 2023 um 16:05

Zu Bellingham:
Wenn ich die Spiele gesehen habe, war Bellingham selten präsent im Aufbauspiel. Aber vielleicht definieren wir das anders. Ich hab vor allem gesehen, dass gerade bei den Problemspielen, wo der Gegner das Mittelfeld blockiert haben, sich außer Adeyemi niemand für ein Anspiel angeboten hat. Meistens ging dann der Ball (schlecht) zu Guerreiro, der von 2-3 Gegnern dann angegriffen wurde, die darauf gelauert haben. Kein Can, kein Bellingham, kein IV dahinter anspielbar – at best kam halt Adeyemi entgegen, aber das ist nicht ideal.

Bellingham war dann gut dabei, wenn der Gegner tief stand. Dann durfte er seinen offensiven Achter spielen und glänzen. Bellingham ist noch sehr ballorientiert. Er wird bei Real aber sicherlich lernen, das das Mannschaftssport ist. Kann auch gut sein, dass das einfach auch Frust war, weil der BVB mannschaftlich eher durchwachsen spielt – da war er aber Teil davon.

Und zu Guerreiro mißverstehst du mich: Ich finde ihn sehr gut. Bellinghams Abgang finde ich verkraftbar, wenn man Sabitzer dafür bekommt. Bensebaini ist halt einfach ein farbloserer Ersatz für Guerreiro, der spielerisch enorm wertvoll ist.

WVQ 27. Juli 2023 um 02:19

Okay, klang mir nach dem klischeehaften „Guerreiro vernachlässigt seine Defensivaufgaben/ist defensiv schwach“. Aber umso besser.

Bellingham sehe ich aber weiterhin ganz anders. (Ich habe wohlgemerkt fast jedes einzelne Dortmunder Spiel der letzten beiden Saisons gesehen.) Er ist selbstverständlich kein tiefer Ballverteiler und kein stabiler Zirkulationsspieler, aber das war ja auch nie seine Aufgabe, insbesondere nicht auf der Acht. Ich würde Bellingham vielmehr als geborenen Übergangsspieler bezeichnen – einer, der den Ball vom tiefen Aufbau fordert und aufnimmt und in den Angriff bringt, der sehr lauffreudig Verbindungen herstellt, der produktive Überraschungselemente einbringt, der mit einer (insbesondere gegeben seine noch relativ hohen Leistungsschwankungen) erstaunlichen Quote aus nicht-trivialen zentralen Situationen heraus diejenige Lösung findet, die den nachfolgenden Angriff am aussichtsreichsten macht (bzw. überhaupt einen Angriff möglich macht). Wie ich schon öfter sagte: ein Spielmacher. (Und für Dortmund eben deswegen Gold wert gewesen, weil all das strukturell bzw. über komplexere mannschaftstaktische Abläufe nicht passiert.) Seine Stärke im Anbieten sehe ich vor allem in seiner Umtriebigkeit, durch die er sehr häufig Bälle nicht in statischer Position erhält, sondern quasi schon durch bei der Ballannahme Dynamik erzeugt hat – die nicht immer direkt mannschaftlich nutzbar ist, weil seine primäre Vororientierung meist erst mal er selbst ist und nicht eine angepeilte Anschlußaktion, aber er ist auch enorm schnell darin, vom „hab jetzt den Ball“ zum „wie kann man von hier aus am besten ein Tor schießen“ überzugehen, gedanklich wie physisch, und sofort in den Versuch zu gehen, den Ball (entweder selbst oder durch Paßspiel) nach vorne zu tragen.

Extrem ballorientiert ist Bellingham auf jeden Fall, ja, wahrscheinlich sogar egoistisch. Aber da es beim BVB praktisch nie jemanden neben ihm gab, der auch nur annähernd ähnlich starke Offensivimpulse hatte, war das gerade gut, denn hätte er sich irgendwie positionstreu in vordefinierten Räumen gehalten und nicht förmlich versucht, jeden Ball selbst abzuholen und nach vorne zu bringen, wäre selbiger Ball einfach seltener nach vorne gekommen. (Das einzige funktionale Äquivalent zu Bellingham auf dieser Höhe des Spielfelds war zuletzt eigentlich immer Guerreiro – ganz selten mal Brandt, aber der spielte selbst auf der Acht immer mit höherer Grundorientierung und war eher die nächste Station nach Bellingham.)

Finde Bellingham paßt diesbezüglich auch ziemlich gut zu Real – kein enges taktisches Korsett, die Spielidee ist sowieso, daß Angriffe per Einzel- bzw. Kollektivgenie initiiert werden. Er wird da in der Tat – ganz anders als in Dortmund – um sich herum plötzlich lauter andere haben, die das auch können, und da wird er absolut einiges lernen müssen, was Abwägungen und simplere Aktionen betrifft, die jetzt mal den besser situierten Nebenmann das produktive Genie sein lassen; aber grundsätzlich ist das Anforderungsprofil dennoch viel eher noch Dortmund als so etwas wie City.

Koom 27. Juli 2023 um 10:00

Ja, ich kenne den BVB-Guerreiro-Hass und finde ihn dämlich. Aber spielstarke Spieler, auf denen nicht „Stürmer“ oder „offensiv“ steht, werden in Deutschland fast immer nach ihren Grätschen bemessen.

Zu Bellingham: Ich denke, er kann potentiell das, was du beschreibst, auf hohem Niveau. Aber beim BVB hat er keinen Verbindungsspieler gegeben, da hat er sich viel zu selten tief angeboten und sich nicht freigelaufen. Das wird bei Real besser gehen, weil da alle Mitspieler mutmaßlich erheblich spielintelligenter sind und Dreiecksbildung etc. im Blut haben, was beim BVB immer noch importiert (Sabitzer) werden muss.


WVQ 4. Juli 2023 um 19:02

Kann jemand etwas zu Felix Nmecha sagen (sportlich gesehen)? Habe ihn glaube ich noch nie spielen gesehen. Welcher Spielertyp ist er? Stärken/Schwächen? Passung zur Dortmunder Mittelfeld-Situation (dann wohl weiter Can als Sechser, Brandt zweifellos nun erst recht auf der Acht/Zehn gesetzt)?

Finde es ja schade, daß man von Álvarez Abstand genommen hat. Dessen Kombination aus Zweikampfstärke, Positionsklugheit, Übersicht und technischer Grundkompetenz hat mir bei Ajax (in den wenigen gesehenen Spielen) sehr zugesagt und klar wäre er ein positionstreuer Sechser gewesen und Can wäre sofort wieder beleidigt gewesen, daß man ihm jemanden vor (oder auch nur neben) die Nase gesetzt hätte… Aber glaubt man ernsthaft, daß man mit Can +/- ohne Backup eine ganze Saison bestreiten kann? Der sowieso am absolut oberen Limit seiner Möglichkeiten spielt, und womöglich auch nicht mehr lange? Und finanziell gibt sich Álvarez/Nmecha nun anscheinend auch nicht wirklich viel…

Nicht daß Dortmund nach den Abgängen von Bellingham und Dahoud (und dem weitgehenden Scheitern von Özcan) nicht dringend einen neuen Achter braucht… Und einem Gerücht zufolge war es Terzic, der sich intern gegen Álvarez aussprach, was überhaupt nicht überrascht… (Und nun ja, wahrscheinlich wäre Álvarez unter Terzic sowieso einfach verheizt worden wie Weigl unter Bosz und Favre.)

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AG 4. Juli 2023 um 21:22

Ich schaue bei sowas auf seine Stats, das ist zwar nicht 100% treffsicher, gibt aber immer einen guten ersten Eindruck 🙂 Sieht nach einem defensivstarken Spieler aus, einige Tackles und Interceptions, dazu recht viele Aerials Won für einen Mittelfeldspieler.

Weniger gut: das passen. Eher wenige Pässe gespielt und mit nur 75% Completion, dazu wenige nach vorne (alles relativ zur Position). Scheint aber gut nach vorne zu kommen, dort Bälle zu bekommen und immer mal wieder jemand auszudribbeln (o.ä.). Schießt auch erstaunlich viel, und generiert gute xG und xA für einen Mittelfeldspieler. Tatsächliche G+A sind höher als die Erwartung (8 vs 6.1), das hebt natürlich den Preis.

Würde gute Anlagen vermuten, wobei der Preis schon hoch ist, und mir macht es Sorgen, wenn ein Team wie Dortmund nicht auf überdurchschnittliche Passer setzt. Wenn sie aber so einen Spielstil durchziehen wollen, könnte er schon reinkommen. Da muss aber trotzdem viel passieren, dass er den Preis (und Gehalt und Handgeld) wieder rausholt. Wenn ich mir dagegen Passlack, Schulz und Co als Negativbeispiele des Risikos anschaue, gefällt mir der Transfer eher nicht. Spielen sehen habe ich ihn aber nicht 😀

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tobit 5. Juli 2023 um 16:31

Die reinen Zahlen sind ganz nett, aber jetzt auch nicht irgendwie herausragend. Stach hat zum Beispiel kaum schwächere Stats bei einem deutlich kleineren Team … und hätte wahrscheinlich nur etwas mehr als ein Drittel gekostet. Auch der wäre aber zu Recht niemandem als passender Bellingham-Ersatz vorgekommen.
Generell finde ich diesen Spielertyp für Dortmund auch nicht sinnvoll. Klar, Bellingham hat diese Eigenschaften auch gehabt. Was ihn aber ausgezeichnet hat, war seine Fähigkeit in allen Spielfelddritteln das Spiel zu machen. Das geht Nmecha (und Stach) von dem was ich gesehen habe völlig ab. Nicht nur fehlt ihnen dazu die Passqualität, Übersicht und Kreativität (erst Rechtunter Druck), sondern sie kommen gar nicht erst in die dafür wichtigen Positionen. Sie sind in dem Bereich viel eher mit Goretzka als mit Kimmich oder Gündogan zu vergleichen (um mal die deutschen Benchmark-Mittelfeldspieler zur Illustration heranzuziehen). Dortmund braucht aber eben jemanden, der sich vor der Abwehr positionieren und das Spiel nach vorne tragen kann, denn Can muss konstant abkippen um kein Pressingopfer zu sein.

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WVQ 6. Juli 2023 um 14:56

Danke an AG für die Zahlen und an tobit für die weitere Einschätzung. Ich hatte ob der Zahlen im Grunde auch direkt denselben Gedanken: Man hat anscheinend als Nachfolger von Bellingham exakt wieder den „Typ Bellingham“ gesucht (ackert von vorne bis hinten, grätscht hinten den Angriff weg, läßt im Zentrum gerne mal jemanden stehen und ist dann vorne sogar noch immer mal für den Abschluß da)… aber dabei vollkommen übersehen, daß Bellinghams wichtigste Qualität eben die des Spielmachers war, der den weitgehend planlosen/isolierten Aufbau mit dem Angriff verbindet und aus den Zwischenräumen, die er sehr bewegungsfreudig und bewegungsintelligent besetzt hat, Dynamik generiert statt sie (wie viele andere auf seiner Position) gleich wieder zu verschleppen. Kenne Nmecha natürlich weiterhin nicht und lasse mich gerne überraschen, aber wenn er DIESE Qualität hätte, wäre er nicht nur 30 Millionen wert, sondern längst auch schon von ganz anderen Vereinen umworben. Daß man sich derweil einbildet, die Arbeiter-Qualitäten seien es, die zuletzt das Dortmunder Spiel gemacht hätten, wäre (leider) nicht überraschend, sondern vielmehr sogar zu erwarten gewesen – im Grunde ja ein fundamentaler Irrtum seitens der Vereinsführung, der bis in die frühe Klopp-Zeit zurückgeht.

Ich als Dortmunder Verantwortlicher hätte ja absolut alles daran gesetzt, Guerreiro zu halten, weil er – obgleich in vielerlei Hinsicht ein ganz anderer Typ – der mit Abstand beste verfügbare (und zumal günstigste) Bellingham-Nachfolger gewesen wäre, weil er exakt diese für Dortmund essentielle Qualität besitzt. Aber die Wertschätzung gegenüber Guerreiro war im Verein ja seit jeher (zumindest post-Tuchel) nicht besonders hoch, und dann wundert es mich auch nicht, daß der Spieler irgendwann schlicht nicht mehr will. (Und welch enormen Sinn hätte ein Álvarez-Transfer machen können, wenn Guerreiro geblieben wäre… Immer wieder bedrückend, wie nahe die sportlich vielversprechenden Lösungen beim BVB oft liegen und wie plump am Ende die tatsächliche Lösung ausfällt.)

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tobit 6. Juli 2023 um 15:38

Man hat halt schon drei Jahre keinen Can mehr geholt. Da musste mal wieder ein völlig am Bedarf (und am Leben) vorbeilaufender Typ fürs Mittelfeld her. Aber das war ja spätestens seit man im April Dahoud ohne Not komplett aussortiert hat klar, dass da wieder Quatsch passiert. Man kann ja gerne einen Box to Box Fighter holen. Dann aber doch bitte einen, der das auf höchstem Level verkörpert. Aber Nmecha hat ja jetzt N11 gespielt, da kann Watzke einfach nicht anders. Wenn Leipzig sich letztes Jahr nicht dazwischengeworfen hätte, säßen jetzt wahrscheinlich Schulz UND Raum auf der Tribüne im Westfalenstadion.
Immerhin muss ich mich so nächstes Jahr nicht über das verschwendete Potenzial von Caqueret oder Le Fée ärgern, die so viel besser neben einen defensiv orientierten Sechser gepasst hätten (oder Can mal nach vorne stürmen lassen könnten).

Guerreiro hätte ich auch gehalten, aber als nomineller LV, der von einem etwas zurückhaltenderen RV und der Doppelsechs so abgesichert wird, dass er seine volle Kreativität und Dynamik ausschöpfen kann. Mit ein bisschen Verhandlungsgeschick hätte man bestimmt auch Aarón (ablösefrei) oder Angelino (Leihe) als günstigen Backup bekommen um Rapha auch mal in die Mitte ziehen zu können.
Den Wert von Guerreiro hat man halt mal wieder erst erkannt, als seine genialen Aktionen im letzten Saisondrittel dann von den Stürmern auch mal in Scorer umgewandelt wurden (einziger Vorteil des Dahoud-Rauswurfs). Vorher haben sich alle (Verein, Medien, Fans) lieber an seinen „defensiven Schwächen“ (weil offensiv gute Spieler müssen in Deutschland zwingend defensiv schlecht oder faul sein, egal was die Realität sagt) abgearbeitet und ihm die Schuld für die mangelhafte strukturelle Arbeit des Trainerteams gegeben. Kann es von seiner Warte aus voll verstehen, dass er jetzt nach München geht, nachdem er schon immer deutlich gemacht hat, wie wohl seine Familie sich in Deutschland fühlt (Tuchel und ein respektvolles Angebot werden sicher auch eine Rolle gespielt haben).

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WVQ 6. Juli 2023 um 15:48

Habe dem nichts hinzuzufügen. :-}

AG 5. Juli 2023 um 10:55

Legen wir mal direkt mit der nächsten Frage nach: warum Kane und nicht Osimhen für Bayern? Der Preis scheint ja für beide bei 100+ Millionen Ablöse zu sein, und ich würde einfach mal ähnliches Gehaltspaket (mit allen Boni und Einmalzahlungen) annehmen.

Zugegeben, Kane ist definitiv besser als mitspielender Neuner, aber Osimhen ist klar vorne bei Abschlüssen und damit Toren (und xG). Beim gleichen Alter würde ich auch zu Kane tendieren, aber er ist fast 30, war regelmäßig am Knöchel verletzt, und er spielt seit Jahren irre Minuten für Club and Country. Da würde ich mir große Sorgen um einen Ausfall oder Abfall in den nächsten Jahren, aber definitiv in den späteren Jahren des (großen!) Vertrags machen. Außerdem hat Bayern ja genug Spieler, die den Ball vorwärts bringen und verteilen können. Wären da mehr und sicherere Tore nicht mehr wert?

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tobit 5. Juli 2023 um 16:06

Bei Kane war immer von 100 Mio. Forderung die Rede, bei Osimhen von 120 Mio. als möglicher Einigungspunkt. Osimhen wäre also locker 20-30% teurer gewesen.
Wenn man davon ausgeht, dass beide äquivalente Leistungen bringen, wäre ich auch sofort dabei, Osimhen zu holen. Daran glaube ich aber nicht, Osimhen ist nicht der Stürmer, den Bayern braucht. Sie schießen ja nicht zu wenig Tore aus ihren Chancen, sondern haben zu wenig Kontrolle im Angriffsdrittel und kommen daher nicht so konstant zu Chancen wie sie gerne würden. Genau da liegen dafür Kanes Stärken. Er hat seit fbref Shot Creating Actions trackt nur einmal unter 3,1 p90 gehabt (meist über 3,5 – selbe Range wie Lewy und Benzema), Osimhen lag noch nie höher als 3,1. Bei progressive Passes liegt Kane in den letzten drei Jahren um einen Faktor 4-10 vor Osimhen (allgemein etwas besser als Lewy, aber schlechter als Benzema). Und Kane nimmt auch allgemein viel mehr am Kombinationsspiel teil, die Passischerheit ist aber bei beiden nicht mit Lewy oder Benzema vergleichbar.
Mal davon ab sehe ich Osimhen als reinen Torjäger auch nicht großartig vor Kane. 0,91 G/90 in einer perfekt geölten Maschine vs 0,79 in einem Team mit drei Trainern und endlosen Nebengeräuschen in der letzten Saison sind da nicht genug Vorsprung um jemanden, der erstmals mehr als 15 Tore erzielt, an jemandem vorbeizuschieben, der seit 9 Jahren immer mehr als 17 Tore erzielt hat und im gleichen Alter schon zweimal PL-Torschützenkönig war.
Die Verletzungsgeschichte ist sicherlich ein Risiko bei Kane – aber er hat in den letzten drei Jahren laut Transfermarkt 5, 0 und 0 Spiele verpasst, Osimhen 23, 16 und 10. Letzterer ist dabei auch jedes Jahr mindestens einmal für 6 oder mehr Spiele ausgefallen.

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WVQ 6. Juli 2023 um 15:45

Kane wäre für mich glasklar die bessere (und beste) Lösung. Er spielt seit vielen Jahren auf konstant sehr hohem Niveau (und ich wüßte nicht, warum er das nicht noch einige Jahre länger tun sollte), und auch wenn er nicht die absoluten Ausnahmefähigkeiten von Lewandowski (technisch) und Haaland (explosiv) hat, gehört er ohne Zweifel zu den weltweit besten Neunern der letzten zehn Jahre. Und wohlgemerkt hatte Kane nur in der Pochettino-Zeit bei Tottenham eine sportliche Umgebung, die an der internationalen Elite kratzte – in dem Kontext sollte man seine Statistiken auch sehen. Gerade insofern bin ich auch gar nicht so sicher, ob man ihn wirklich signifikant unter Benzema ansiedeln sollte. Und jedenfalls ist er definitiv vom Spielertyp her die viel bessere Passung für Bayern, erst recht jetzt, wo Tuchel da ist – stelle mir Osimhen, der seine Tore oft aus großer (nicht selten vertikaler) Dynamik heraus schießt, bei Bayern problematisch vor, wo die Ausgangssituation meist ein tief und kompakt verteidigender Gegner ist, der hochklassige kombinative Lösungen in kleinen Räumen erfordert, bei denen ein Neuner, der das Gleichgewicht zwischen dem Besetzen der Abschlußpositionen und dem Mitwirken im Zehnerraum beherrscht, von großem Wert wäre. Und was man auch nicht vergessen sollte, ist daß der Druck auf jegliche Neuverpflichtung bei Bayern weiterhin enorm hoch sein wird, und a priori wäre mir da ein sehr erfahrener, sehr beständiger Stürmer lieber als ein junger wilder, der VIELLEICHT bombig einschlägt, allen Vorjahresquoten zum Trotz in neuer und gerade sportlich stark veränderter Umgebung aber auch schnell mal direkt in eine erhebliche Krise rutschen kann, welche sich Bayern auf der Position nicht (nochmal…) leisten kann und erst nicht für eine dreistellige Ablöse, und welche im Extremfall schnell schon das Ende des ganzen Projekts bedeuten kann.

Wie realistisch ein Kane-Transfer aus diversesten Gründen ist, kann ich nicht einschätzen, aber WENN Bayern ihn haben und irgendwie finanzieren kann, führt aus meiner Sicht eigentlich gar kein Weg dran vorbei. – Wobei selbiges halt aber auch für Real gilt…

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tobit 6. Juli 2023 um 16:02

Bei Real bin ich mir nach der Ancelotti-Ankündigung nicht mehr so sicher, dass die dieses Jahr einen großen Stürmer holen. Das Team ist insgesamt jung genug, dass man sich so ein Übergangsjahr mal erlauben kann. Aber gerade deswegen könnte Kane auch großartig zu ihnen passen, um nach Kroos und Modric noch ein paar erfahrene, konstante Leute (Courtois, Alaba, evtl. Carvajal, dann Kane) in der Top-Elf zu haben.

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WVQ 6. Juli 2023 um 23:37

> Bei Real bin ich mir nach der Ancelotti-Ankündigung nicht mehr so sicher, dass die dieses Jahr einen großen Stürmer holen.

Bin nicht sicher, was Du meinst. Daß die lieber auf den nächsten Trainer warten und wen der dann will?

In jedem Fall schiene es mir sehr riskant. Angenommen Kane wechselt dann im Sommer zu einem anderen Verein (und Osimhen) auch, könnte Real schnell ein ziemliches Problem kriegen, die Position adäquat zu besetzen (sofern dann nicht zufällig Haaland bei City schon wieder durch ist und die nächste Herausforderung sucht). Und gerade im Sturmzentrum braucht man definitiv jemanden, der den Jungen daneben die Sicherheit gibt, daß sie nicht allein für die Tore verantwortlich sind. – Es sei denn natürlich man kriegt Mbappé tatsächlich mal, dann sähe die Sache schon wieder ganz anders aus…

tobit 7. Juli 2023 um 10:03

Genau das ist meine Idee, dass sie auf den neuen Trainer und die Mbappé-Chance warten.
Und wenn Kane weg ist, können sie nächstes Jahr immer noch Osimhen holen, der hat sich vor ein paar Tagen zu Napoli bekannt und ist erstmal vom Markt. Oder sie holen halt wer auch immer nächstes Jahr das heiße Eisen ist.

WVQ 7. Juli 2023 um 14:56

Das mit Osimhen hatte ich nicht mitbekommen.

Ich kann mir so oder so aber kaum vorstellen, daß Real ohne neuen Stürmer von Rang in die nächste Saison geht. Soll dann ernsthaft ein Jahr lang Joselu die Neun spielen? Oder haben die sonst noch jemanden in der Transfer-Pipeline? Finde es ja grundsätzlich sehr vernünftig, wie dort die Generationenwechsel in den letzten Jahren fließend passieren und nicht als so ein dämlicher „Umbruch“, aber Benzema quasi gar nicht zu ersetzen wäre schon ein sehr hohes Risiko. Einen tollen Zehner, der sich absehbar erheblich an der Torquote beteiligen könnte, hat man ja auch nicht im Kader. Irgendwas muß da doch noch passieren…

tobit 7. Juli 2023 um 16:40

Real wird auf jeden Fall noch wen für den Angriff verpflichten. Ich denke sogar zwei richtig gute Spieler, und davon wahrscheinlich ein Mittelstürmer. Aber ganz ausschließen würde ich ein Jahr ohne klassische Neun eben auch nicht.
Mir stellt sich gerade die Frage, ob Mbappé auch deswegen noch ein Jahr in Paris bleiben will, um bei Real nicht als Mittelstürmer verpflichtet zu werden. Wenn er das nicht so gar nicht spielen wollte, wäre er eine perfekte Übergangslösung. Ein Jahr Mittelstürmer und dann RA neben wem auch immer sie nächstes Jahr holen. Nächstes Jahr könnte ich mir z.B. vorstellen, dass Lautaro auf den Markt kommt, der sehr gut mit Mbappé und Vini harmonieren dürfte, und selbst einen Haaland-Transfer nicht ganz ausschließt.
23/24 sähe es so aus
Vinicius Jr ———- Mbappé ———– Rodrygo
———— Bellingham —— Valverde ————
Camavinga —- Tchouameni ——— Carvajal
————— Alaba ———— Militao ————-
———————— Courtois ————————
24/25 dann so
Vinicius Jr ———- Lautaro ———— Mbappé
———— Bellingham —— Valverde ————
Camavinga —- Tchouameni ——— Carvajal
————— Alaba ———— Militao ————-
———————— Courtois ————————
Oder man macht daraus ein 4-4-2 mit Valverde als „RA“, damit Mbappé nach halblinks kann ohne Vini zu verdrängen. Frimpong oder Hakimi als Carvajal-Nachfolger dazu, fertig ist die galaktische Offensivmaschine.

WVQ 8. Juli 2023 um 23:18

Ja, wie gesagt, Mbappé löst alle Probleme – wenn er denn will. Aber mal angenommen, Mbappè kommt (noch) nicht und Kane auch nicht… Wer wäre denn aktuell auf dem Markt, der vorne genug Erfahrung und zuverlässige Tore reinbringt, daß nicht eine Saison lang die Torelast weitgehend auf die Schultern von Vini und Rodrygo fällt (wofür insb. ersterer grundsätzlich gut genug ist – aber wenn man MUSS, ist es halt immer nochmal etwas anderes, als wenn gegebenfalls der Mittelstürmer mal für ein paar Spiele allein die Tore schießt)…?

tobit 9. Juli 2023 um 12:08

Niemand, der es wirklich garantiert. Der Markt für Garantien ist immer klein. Deswegen halte ich es ja überhaupt nur für möglich, dass Real ohne einen neuen teuren Mittelstürmer in die Saison geht. Weil viel sicherer als Joselu treffen Icardi, Lukaku oder Morata auch nicht. Und alles andere am Markt ist 23 oder jünger.
David, Hojlund, Ramos, Vlahovic könnten zwar alle großartige Torjäger sein, aber so wirklich ins spielerische Profil passen sie (noch) nicht. Da wäre eine Menge Entwicklung nötig um Benzema zu ersetzen. Kann man natürlich machen, und dann nächstes Jahr bei Bedarf Joselu gegen Kane/Mbappé/… tauschen, aber ist halt keine Lösung der von dir gestellten Frage. Ich halte das hier trotzdem/daher für das wahrscheinlichste Szenario.
Die einzigen, die theoretisch auf den Markt kommen könnten (aber wahrscheinlich nicht), wären Álvarez und Lautaro. Die sind so nah an der Garantie wie man aktuell kommen kann. Aber bisher gibt es absolut null Gerüchte, dass sie überhaupt an einen Wechsel denken. Spricht also wieder eher für Kane, Mbappé oder nichts.

tobit 9. Juli 2023 um 14:15

Kolo Muani hab ich noch vergessen. Um den ist es in letzter Zeit so still. Weiß auch nicht so recht, ob ich ihn in die Hojlund- oder Lautaro-Kategorie einsortieren würde. Wahrscheinlich eher die erste, weil er (noch?) sehr unpräsent ist. Real kann seine Konterläufe sicherlich noch mit am besten nutzen von den Topteams. Aber das können Vini und Rodrygo halt auch schon sehr gut, da wäre ich eher nicht bereit den Preis der Eintracht zu zahlen.

WVQ 9. Juli 2023 um 17:46

Danke für den Überblick. Und ich stimme dann auch zu (insoweit ich die Genannten überhaupt kenne): Spricht viel dafür, entweder mit Kane oder Mbappé jetzt die Marschrichtung der nächsten Jahre festzulegen oder die Offensivaufgaben möglichst breit zu verteilen und erst nächstes Jahr den großen Wurf anzupeilen.

Kolo Muani fände ich auch sportlich nicht sehr sinnvoll – Real ist vorne drin den spielmachenden, technisch exzellenten, generell sehr vielseitigen Benzema gewöhnt, Kolo hingegen wäre eine (bis dato) recht eindimensionale Option, die (wie Du sagst) weitgehend doppelt, was Real schon zweimal (und mit deutlich mehr Erfahrung auf diesem Niveau) im Kader hat.

Prime-Lukaku hätte vielleicht noch am ehesten gepaßt (nicht als Benzema-Ersatz, aber als Gegengewicht zu den dribbel- und tempoorientierten Vini und Rodrygo), aber nachdem der jetzt schon zwei Jahre weit entfernt von zuverlässiger europäischer Elite ist, könnte das bei ihm schnell auf das Modell Chelsea hinauslaufen. Wobei das womöglich noch die geräuschloseste und flexibelste Option sein könnte, wenn man ihn ungefähr für Marktwert bekäme.

tobit 10. Juli 2023 um 16:11

Lukaku wird verdammt teuer. Chelsea hat wohl ein 45m Angebot von Inter abgelehnt. Und ich glaube nicht, dass er überhaupt woanders hinmöchte.
Als Alternative würde mir noch Tammy Abraham einfallen, der kommt Lukaku vom Typ her Recht nahe. Aber den wird die Roma trotz schwacher Saison auch nicht einfach verschenken, haben ja selbst über 40m gezahlt. Und ob der sich aktuell gegen Joselu durchsetzen würde, ist auch fraglich.

Koom 11. Juli 2023 um 09:45

Kurz einhaken: Lukaku könnte doch von dem, was er potentiell leisten kann, doch definitiv im Gespräch sein als einer der besten Mittelstürmer derzeit. Bedauerlich, dass seine eigenarten ihn daran hindern.

tobit 11. Juli 2023 um 16:14

Lukaku ist halt immer dann am besten, wenn’s ihm eigentlich egal ist
– Die Ärzte

Ging sehr jung zu Chelsea, war überfordert; Gut im Tabellen-Nirvana bei Westbrom und Everton; Wollte unbedingt zu United, war schlecht; Gut bei Inter in einer Liga, die ihn nicht interessiert; Wollte unbedingt zu Chelsea, war schlecht; Wollte unbedingt zurück, dauerverletzt.

Und Lukaku ist immer dann am besten, wenn er nur die Tiefe bespielen muss. Sobald er den Blick vom Tor wegnehmen muss, wirkt er völlig desorientiert und geradezu erratisch. Erinnert mich an Haalands erste Spiele beim BVB … nur Lukaku ist mit 30 immernoch derselbe Spieler, während Haaland sich taktisch/strategisch/mental permanent weiterentwickelt hat. Hat für mich dahingehend große Ähnlichkeiten mit Sané, der auch alle Anlagen zur absoluten Weltkasse hat, aber es einfach nicht konstant auf den Rasen bekommt (der hat sich spielerisch immerhin weiterentwickelt während seiner Karriere).

WVQ 27. Juli 2023 um 18:10

> Aber glaubt man ernsthaft, daß man mit Can +/- ohne Backup eine ganze Saison bestreiten kann?

Schon erstaunlich, wie Can in Terzics Ansehen innerhalb eines Jahres aufgestiegen ist – erst Bankdrücker, dann Leistungsträger und nun Kapitän. Falls jemand noch einen Fingerzeig brauchte, welche Spielertypen und welche Spielanlage Terzic in Dortmund sehen will…

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Koom 28. Juli 2023 um 14:20

Viele vermuten, dass ohne Reutershahn der Erfolg der Rückrunde kaum stattgefunden hätte. „Plötzlich“ wurden einige recht eindeutige Änderungen vorgenommen (Can als Ausputzer, Adeyemi links) und eine Art durchgängige Struktur fand auf dem Feld statt.

Das es „nur“ der Co war, der das potentiell ermöglicht hat, konnte man dann auch sehen, als ein IV benötigt wurde – und Can zurückgezogen wurde. Was auf beiden Positionen dann nicht funktionierte.

Bös gesagt ist Terzic für mich mehr ein Motivationstrainer denn ein Stratege oder Taktiker. Seine taktische Arbeit in der Hinrunde, wo er die Defensive einfach mit „MEHR DEFENSIVSPIELER“ beantwortete war schon ziemlich hilflos. Ohne Reutershahn (und Haller!) hätte Terzic nicht das Saisonende erlebt.

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tobit 29. Juli 2023 um 09:41

Ob man wirklich reagiert hätte, bezweifle ich. Dafür ist Terzic zu eng mit Watzke. Aber es wäre auf jeden Fall „ungemütlicher“ kommuniziert worden, intern wie extern. Seine Antwort war ja nochmal mehr Defensivspieler, sondern „kastriert die Offensivspieler“. Adeyemi und Malen können halt aus AV-Position nicht wirklich offensiv was beitragen, weil sie im Herzen immer Stürmer bleiben.

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csp 6. August 2023 um 19:07

Für mich ist der BvB immer noch im Klopp-Geist gefangen: sie suchen einen Trainer der zugleich taktisch sehr gut ist und auch sehr, sehr gut in der Kommunikation – gerade auch nach außen. Das ist eher selten – sehr selten, zumindest für den BvB.
Das alle Trainer nach Klopp takisch nicht sehr gut waren ist einfach unwahrscheinlich und mit Tuchel auch wiederlegt. Als Kommunikator ist mir bisher am ehesten Terzic aufgefallen und das schein von außen und mit aller Vorsicht und Respekt gesagt auch seine größte Stärke (ich würde mich da gerne täuschen).

Diese Sehnsucht nach einem Trainer, der gleichzeitig den Pressesprecher macht und irgendwie auch die starke Schulter zum Anlehnen für die Vereinsführung ist, ist für mich das größte strategische Problem, das der BvB lösen muss um wirklich wieder einen Schritt nach vorne zu machen.

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DonJon 9. August 2023 um 20:31

Passend dazu das aktuelle Interview von Watzke in der SportBild. Er sieht in Terzic einen „außergewöhnlichen“ Trainer mit „Top Fähigkeiten“. Dazu kommt, dass er sich „wie Klopp auf den Verein einlässt“. Also mehr Job-Garantie geht nicht…

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tobit 15. August 2023 um 12:15

Watzke hat halt leider auch nach fast 20 Jahren im Geschäft keinen Fussballsachverstand entwickelt. Er muss sich also entweder auf Expertise von anderen verlassen (Klopp hat Tuchel vorgeschlagen, Reus Favre) oder nach „weichen Faktoren“ einstellen.
Dass der/die Cooach mit den Medien umgehen können muss, ist halt mittlerweile bei allen Topklubs so. Als reine:r Fussballlehrer:in kommst du nur bei kleineren Vereinen durch, wo die einzelnen Personen nicht so im Fokus stehen (Dilemma Leistungssport vs Unterhaltungsbranche). Beim BVB war das nur schon immer etwas extremer, weil Zorc so gar kein Medienmensch war und Watzke halt inhaltlich ahnungslos ist. Bei Bayern genau umgekehrt, die hatten immer sportlich gebildete (nicht unbedingt richtig kompetente) Leute mit Sendungsbewusstsein über dem Trainer die gerne auf alle Fragen geantwortet haben.

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Daniel 30. August 2023 um 16:55

Eigentlich muss Watzke als Geschäftsführer auch keinen großen Fußballsachverstand entwickeln. Der Geschäftsführer eines Autobauers muss ja auch kein begnadeter Ingenieur sein-aber er muss in der Lage sein, kompetente Leute zu finden, einzustellen und aufzubauen, und da sind wir beim größeren Vorwurf an Watzke. An dieser Stelle versagt er seit mittlerweile fast einem Jahrzehnt. Dass der für die Gesamtentwicklung und/oder Finanzen zuständige Kopf kein totaler Fußballfachmann sein muss sieht man ja auch an Mintzlaff in Leipzig oder Dreesen in München

Koom 30. August 2023 um 17:20

Eine Führungsperson muss weder alles wissen noch können. Aber genug verstehen, um zu wissen, was man nicht weiß. Und Dinge verstehen die einem dann von fachkundigeren Leuten vermittelt werden.

Watzke umgibt sich halt mit feingeistig KLINGENDEN Leuten wie Sammer und schwärmt immer noch von Klopp. Und findet es wichtig, wie ein Trainer klingt und weniger, was er tatsächlich leistet.

tobit 30. August 2023 um 18:06

Was Watzke von Dreesen und Mintzlaff am heftigsten unterscheidet, ist seine Unfähigkeit zu delegieren bzw. jemand anderes deren Ding machen zu lassen. Da kommt halt durch, in was für Unternehmen sie jeweils „sozialisiert“ wurden. Watzke in einem KMU, die anderen beiden in riesigen multinationalen Konzernen.
Außerdem unterscheiden sie sich sehr in dem Wie sie zu ihren Vorstandsposten gekommen sind. Dreesen und Mintzlaff wurden gezielt für ihre high profile Jobs eingestellt und dann irgendwann Nachfolger ihrer direkten Chefs. Watzke wurde aus dem Ehrenamt heraus zum Vorstandsvorsitzenden, weil sonst niemand das sinkende Schiff übernehmen wollte.

Daniel 30. August 2023 um 18:39

Wenn er diese Unfähigkeit besitzt disqualifiziert ihn das grundsätzlich für Führungspositionen. Auch bei einem Bundesligaverein-und zwar viel stärker als mangelnde sportliche Kompetenz.

WVQ 2. September 2023 um 20:43

Ist alles richtig und ich sehe die beiden Aspekte tatsächlich als zwei Seiten einer Medaille – er ist nicht bereit zu delegieren bzw. irgendwo das Verfolgen von Ansätzen zuzulassen, die von seinen eigenen (sehr starren) Vorstellungen großartig abweichen; und da er nicht bereit zu delegieren ist, wirkt sich seine fachliche Inkompetenz überhaupt erst so stark auf das sportliche Geschehen aus. Mehr klassische Managerkompetenzen würden helfen und mehr Sachverstand ebenso.

Was man aber auch nicht vergessen darf, ist daß Watzke tatsächlich nicht nur Vorstandsvorsitzender, sondern ebenso Sportvorstand des „Vereins“ (d.h. der GmbH & Co. KGaA) ist, sich in die fraglichen Angelegenheiten also nicht blind machtgeil einmischt, sondern WIRKLICH auch für die sportlichen Angelegenheiten persönlich verantwortlich ist. Würde Dortmund sehr gut tun, die beiden Posten voneinander zu entkoppeln, wie es sowohl bei Leipzig als auch bei Bayern der Fall ist, um das Problem strukturell etwas zu mindern. Und dies noch insbesondere, da Dortmund im Gegensatz zu Leipzig und Bayern eine öffentlich gehandelte Aktiengesellschaft (+/-) mit weniger als 5 % Eigenbesitz der Aktien ist, d.h. die Haftungslage ist nochmal eine ganz andere als bei Bayern oder Leipzig oder meines Wissens überhaupt jedem anderen Verein im deutschen Profifußball. Erst recht noch gegeben Dortmunds jüngere wirtschaftliche Vergangenheit – Watzke definiert sich in Dortmund ja auf ewig als der Retter in Not und wirtschaftlicher Sanierer, und daß solch eine Person zugleich Entscheider über alle sportlichen Belange des Vereins ist, kann in meinen Augen nur schlecht sein, sofern der Sport in irgendeiner Weise über das Unterhalten der Aktie hinaus Bedeutung haben soll.

tobit 4. September 2023 um 14:17

Dortmund hat aber letztlich immernoch volle Kontrolle über das Fussballunternehmen, weil der Verein 100% der wirklich relevanten Anteile (nämlich den Komplementär der KGaA) besitzt, genauso wie Bayern durch ihre 75,1% an der AG.
Es firmieren sogar ziemlich viele Vereine als KGaA, weil man da eben Aktien ausgeben kann so viel man will, ohne je in Probleme mit 50+1 zu kommen. Die sind nur nicht an die Börse gegangen sondern haben immer nur an institutionelle Anleger verkauft. Macht aber für die Haftungslage ja keinen Unterschied, wie die Aktien verkauft wurden/werden.

Ansonsten aber volle Zustimmung. Watzke hat seinen Nimbus als „Retter“ verdammt gut in faktische Allmacht umgesetzt. Solange es zumindest noch am Rande um Sanierung ging (etwa bis Ende der Klopp-Zeit), war das auch nicht ganz doof, weil letztlich jede sportliche Entscheidung eh über seinen Tisch gemusst hätte. Funktioniert hat das aber aber auch damals nur, weil er der sportlichen Kompetenz von Klopp vertraut hat (bzw nicht gemerkt hat, dass die tatsächliche sportliche Kompetenz von Klopp und nicht ihm selbst kam). Danach wurden die Trainer immer weiter von der Kaderzusammenstellung fern gehalten (Ausnahme vllt Favres erster Sommer), bis Terzic kam. Der hat jetzt wohl volle Kontrolle, weil nur seine Wunschspieler auch verpflichtet wurden und alle anderen an den „wirtschaftlichen“ Rahmenbedingungen gescheitert sind.

WVQ 5. September 2023 um 19:09

> Dortmund hat aber letztlich immernoch volle Kontrolle über das Fussballunternehmen, weil der Verein 100% der wirklich relevanten Anteile (nämlich den Komplementär der KGaA) besitzt, genauso wie Bayern durch ihre 75,1% an der AG.

Ich bin überhaupt kein Fachmann in diesen Angelegenheiten, aber ist der Komplementär (also hier von den Besitzverhältnissen her wirklich der Verein) nicht gerade derjenige, der gegenüber der KGaA haftet? Die exekutive Kontrolle ist ja das eine (und auch sehr schön für Marketing-Motive wie dem des großen Traditionsvereins und der „wahren Liebe“), aber am Ende ist der Verein in der wirtschaftlichen Performance doch trotzdem den Aktionären verpflichtet. (Korrigiere mich, wenn ich falsch liege!)

Den Unterschied zu Bayern sehe ich zum einen quantitativ (75 % Eigenbesitz sind nun mal etwas ganz anderes als 5 %) und zum anderen darin, daß es auch sehr auf den Aktionär bzw. Investor ankommt, in welcher Weise man in seinem Handeln letztlich doch von sportfremden Faktoren geleitet wird. Wenn ich mir sorgfältig zwei, drei Aktionäre aussuche, mit denen ich ein klares (und womöglich auch vertraglich manifestiertes, weiß ich nicht) Übereinkommen darüber habe, was der eine vom anderen erwarten kann, ist es doch auch etwas anderes, als wenn die Aktien zum Großteil in diffusem Streubesitz sind.

Aber in jedem Falle finde ich, daß man die vordergründig „sportliche“ Entwicklungsstrategie Dortmunds seit den ersten großen Klopp-Erfolgen in einem ganz anderen Licht sieht, wenn man bedenkt, daß sich der Verein am Ende mehr als allem anderen der Performance „seiner“ Aktie verschrieben hat. Man stand ja in den letzten ca. zehn Jahren wiederholt an dem Punkt, fundamental zwischen Investitionen in die sportliche Entwicklung und Profit und Umsatz entscheiden zu müssen bzw. zu können (beginnend mit dem sportlich dummen Leitsatz, daß man nach Lewandowski keine wechselwilligen wertvollen Spieler mehr in ein letztes Vertragsjahr gehen lassen will); und die Prioritäten waren nicht nur jedes Mal aufs neue glasklar, sondern man hat das Modell der lukrativen Spielerveräußerung gleich zu einem grundsätzlichen Geschäftsmodus gemacht und diese Szenarien aktiv und intensiv gefördert (vom Scouting bis zur Veräußerung), statt vielleicht hier und da kurzfristig in den finanziell weniger süßen Apfel zu beißen, Schlüsselspieler zu halten oder auch nicht immer wieder auf die GANZ riesigen Talente zu zielen und so langsam einen stabilen Mannschaftskern aufzubauen, bei dem es dann irgendwann einfach nicht mehr so sehr auf einzelne Ab- und Zugänge angekommen wäre (was sportlich ohne jeden Zweifel aussichtsreicher gewesen wäre). Oder jedenfalls könnte man heute, hätte man sich nicht immer klar für die wirtschaftlich (kurz- bis mittelfristig, alles andere zählt an der Börse ja nicht) sicherere Variante entschieden, heute genau da stehen und hätte nicht das Problem, fast jedes zweite Jahr einen „Umbruch“ machen und den Kader auf mehreren Schlüsselpositionen neu (und auch teuer!) besetzen zu müssen. Aber das wollte man einfach nicht, weil es dann alles andere als garantiert gewesen wäre, daß die Aktie weiter stetig zulegt (Pandemie mal außen vor, das war die einzige vertretbare Ausnahme, da höhere Gewalt). Aktien verkaufen sich nun mal nicht, weil einer darin eine großartige sportliche Vision verkörpert sieht, sondern aufgrund einer erwartbaren üppigen Rendite.

Und ja, Watzkes Ur-Irrtum lag zweifellos darin, den Einfluß von Klopps sportlichem Genie (welches u.a. ja auch darin besteht/bestand, mit unterlegenen Mitteln Gleichwertiges zu erreichen) auf die wirtschaftliche Performance zu unterschätzen. Das führte dazu, daß in der Folge die Annahme war (und blieb), daß man den sportlichen Erfolg über sauberes Wirtschaften herbeiführen kann… bzw. muß, und wenn er nicht wieder kommt oder mit der Zeit wieder geringer wird, dann ist das eben wirtschaftlich so notwendig und „wäre gar nicht anders möglich gewesen“.

Koom 6. September 2023 um 10:05

Watzke hat nicht wirklich verstanden, was Kloppo alles gemacht und bewirkt hat. Nach seiner Ankunft hat der ja quasi wirklich jeden Stein umgedreht. Scouting, Training, Spielweise, Presse-Arbeit… Watzke glaubt wohl, dass da vieles sowieso da war und auch nach Klopp einfach da ist. Aber Klopp hat ja auch einige Experten mitgenommen danach. Watzke sah in Klopp im Grunde einfach nur den charmanten Talker und das das reicht, eine Mannschaft laufen und kämpfen zu lassen. Den fachlichen Part hat er nie verstanden, ganz offensichtlich. Und so stellt sich der BVB seitdem auch auf.

Aktuell scheint mir das Problem aber auch zu sein, dass mit Kehl/Terzic letztlich doch eine Abkehr von der Toptalent-Ausbildung stattfindet. Da ist momentan kein Transfer mehr dabei, den man unter diesem Gesichtspunkt sieht. Im Grunde hat man nur Adeyemi und Moukoko perspektivisch für diese Rolle des Überstars vorhanden. Schlotterbeck vielleicht auch, aber Abwehrspieler sind weniger „teuer“.

Man versucht sich also sportlich eigentlich mehr an den Bayern zu orientieren, indem man einen Kader schafft, der eher nicht mehr auf Weiterverkauf getrimmt ist, sondern auf Bleiben. Der dadurch auch teuer ist und teurer wird. Aber man schafft es nicht, damit sportlich sich zu verbessern. Sogar im Gegenteil. Das könnte noch massiv in die Hose gehen, wenn sie da nicht den Trend umkehren. Sollten sie aus der CL rausfallen, kann es sehr flott in die falsche Richtung gehen und so viel massiv Substanz wie bei den Bayern ist da nicht, dass man das mal stemmen könnte.

Daniel 6. September 2023 um 10:41

„Aktuell scheint mir das Problem aber auch zu sein, dass mit Kehl/Terzic letztlich doch eine Abkehr von der Toptalent-Ausbildung stattfindet. Da ist momentan kein Transfer mehr dabei, den man unter diesem Gesichtspunkt sieht.“
Ist das so? Ich hätte jetzt eher gesagt, dass die designierte nächste Generation an „Überstars“-teilweise verletzungsbedingt-(noch?) nicht so zündet wie das einst Haaland oder Dembélé getan haben. Neben den beiden von dir erwähnten sind sowohl Duranville als auch Bynoe-Gittens für eine solche Rolle vorgesehen.

Das Hauptproblem hat meines Erachtens tobit im anderen Chat drüben sehr treffend beschrieben: „Ihr Problem sind aber nichtmal die Menge an Flops (oder schlecht gemanageden/eingebundenen Spielern) sondern, dass sie diese mit viel teureren Verträgen ausstatten als die nationale Konkurrenz.“ Jeder Verein landet auf dem Transfermarkt auch mal Flops und Missverständnisse, der Vorteil an einem so inflationsgetriebenen Markt wie momentan im Fußball ist aber, dass man diese eigentlich auch relativ gut wieder loswird und damit der Schaden begrenzt wird. Bayern beispielsweise hat mit Gravenberch sogar einen Transfergewinn gemacht und mit Mané nur einen sehr überschaubaren Verlust, obwohl beide Transfers gar nicht funktioniert haben. Ähnliches bei Leipzig, auch die kriegen ihre Flops fast immer zu vernünftigen Konditionen wieder los. Dortmund hingegen zahlt teilweise so absurd überteuerte Preise, dass wirklich gar niemand ihnen diese Spieler dann abnimmt und ein Großteil des Geldes unwiderruflich verloren ist. Da ist es auch egal, ob das Hauptziel sportlicher Erfolg oder wirtschaftlicher Gewinn ist-sowas ist für beide Ziele absolutes Gift.

tobit 6. September 2023 um 15:45

Es gibt finde ich schon einen Unterschied zwischen Duranville, der noch kein Profispiel über 90 Minuten bestritten hat, und den „geplanten“ Toptalenten Dembélé, Haaland, Bellingham, die alle schon mindestens ein starkes Jahr bei kleineren Vereinen hatten. Sancho und Mor hat man mit ähnlich wenig Erfahrung geholt. Aber da war der Plan auch ein anderer (langsamerer) als bei Duranville, der ja jetzt (rein von der Anzahl der Außenstürmer) eigentlich schon Rotationsspieler sein müsste, wenn er nicht durchgehend verletzt wäre.
Bynoe-Gittens hat mMn weder das Talent noch die Fitness, mal eine weltbewegende Ablöse einzuspielen. Wenn man ihn für eine Summe ähnlich zu Bruun Larsen abgibt, war es ein gutes Geschäft. Und aus der eigenen Jugend kommt auch keiner mit offensichtlichem Potenzial (bzw setzt man auf die ja nichtmal, wenn man ihnen vor einem halben Jahr einen 30 Mio-Vertrag gegeben hat).

Um mal zu unterstreichen, wie viel mehr der BVB zahlt: Haaland hat beim BVB etwa doppelt so viel Gehalt (8-10 Mio) bekommen, wie Leipzig ihm bieten konnte. Und war damit noch weit von den Topverdienern entfernt. Oder auch der Vergleich der Sturmbackups: Poulsen bekommt wohl 3-4 Mio in Leipzig als seit Jahren in der Bundesliga und im Verein etablierter Stürmer, der BVB zahlt Leuten wie Füllkrug oder Modeste nach einem guten Jahr 6 Mio aufwärts. Oder auch Schulz vs Raum vs Grimaldo, wo der BVB wieder mindestens doppelt so viel gezahlt hat wie die Konkurrenz. Selbst bei Brandt (wo ich dem BVB mal nicht unterstellen würde, schlecht verhandelt zu haben), kann Leipzig einen viel billigeren Olmo dagegen stellen.
Das allertraurigste ist dann, dass bei den Spielern, wo es eine Chance aufs Bleiben gäbe, gegeizt wird wie verrückt (oder ihnen unnötig Neue vor die Nase gesetzt). Lewy hat man erst aufgestockt als er schon bei Bayern im Wort stand, bei Aubameyang hat man sich auch ewig geziert (und ihm dann irgendwann jedes Jahr ne Erhöhung nachgeworfen) und bei Guerreiro und Akanji wollte man bis zum Ende kein faires Angebot machen.

WVQ 6. September 2023 um 16:27

@Daniel
Ja, viele dieser Transfers (bzw. die dahinterstehenden Verträge) sind in jeder Hinsicht einfach dumm. Aber das ist ja im Grunde gerade mein Punkt, daß beim BVB wirtschaftliche und sportliche Defizite ineinandergreifen und kaum noch voneinander zu trennen sind.

Daß man Dortmund wegen einer Transferperiode ohne offensichtliche Supertalent-Investition eine Abkehr von dieser Transfer-Strategie attestieren kann, halte ich für zweifelhaft. Zuerst einmal kann auch Dortmund ja nur verpflichten, was der Markt hergibt, und in diesem Sommer gab er allgemein für überschaubares Geld wenig her. Zumal auch bei Dortmund – neben zweifellos gutem Scouting – oft ein gewisses Glück eine Rolle gespielt hat und dann auch zunehmend der Ruf, die europäische Top-Durchgangsstation für kommende Superstars zu sein. Das kann aber langfristig kaum jedes Jahr dazu führen, daß man tatsächlich solch einen Kandidaten kriegt. Bei Haaland war der Ertrag ja am Ende auch schon dramatisch geringer, als es sein Marktwert hergegeben hätte, weil man ihn sonst gar nicht erst gekriegt hätte. Und ich sehe es grundsätzlich schon auch wie Daniel, daß man zumindest die Hoffnung auf Markwert-Explosion schon immer noch im Kader hat, nur daß es – aus verschiedenen Gründen – seit letztem Jahr nicht mehr damit zu klappen scheint, daß pro Saison einer komplett durch die Decke schießt. Und für wie hoch veranlagt man Bynoe-Gittens und Duranville und Moukoko (wirklich sehr traurige Geschichte…) jetzt von außen hält, ist weniger die Frage, als was Dortmund sich von ihnen verspricht bzw. versprochen hat. Glaube kaum, daß man die verpflichtet bzw. so früh in den Profi-Kader gezogen hat, weil man glaubte „Hui, die sind zwar gut, aber nicht so gut, daß wir sie nach zwei Jahren wieder verkaufen müssen!“. Und ganz sicher nicht bei Moukoko, da war die Hoffnung doch eher, daß Dortmund jetzt sogar mal selbst einen kommenden Weltfußballer produziert hat…

Daniel 6. September 2023 um 17:50

„Zuerst einmal kann auch Dortmund ja nur verpflichten, was der Markt hergibt, und in diesem Sommer gab er allgemein für überschaubares Geld wenig her.“
Und das wird wohl kaum anders werden. Ich frag mich sowieso, ob man ein solches Geschäftsmodell überhaupt noch fahren kann. Vor zehn bis 15 Jahren ging das noch, da konnte man sich mit gutem Scouting und guter Jugendarbeit verlässlich Schnäppchen generieren-aber seither ist das Mainstream geworden und das Marktumfeld wird immer schwieriger. Immer mehr Akteure legen sich mit immer mehr Geld und immer ausgefeilteren Netzwerken und Scoutingmethoden auf die Lauer nach immer jüngeren Talenten-aber deren Zahl steigt dadurch ja trotzdem kaum an. Inzwischen scheint es eher ein Alleinstellungsmerkmal, aus den Mitt- bis Endzwanzigern, die die großen Klubs nicht mal mehr mit dem Hintern anschauen, die geeigneten Kandidaten zu finden und die vermeintlichen Toptalente den Großklubs zu überlassen. Blick zu Union Berlin, Heidenheim und in Teilen auch Freiburg.

WVQ 6. September 2023 um 21:52

Ja, nachdem die Pandemie das für eine Weile noch erheblich gebremst hat, kann ich mir auch nicht vorstellen, daß Dortmund (oder irgendwer) dieses Modell noch mit so großem Erfolg wie bisher fahren kann. Am ehesten noch ein Verein, der auch eine starke Nachwuchsabteilung hat und nicht jedes einzelne Talent einkaufen muß, oder über einen guten Ruf als Durchgangsstation, die Spieler in kurzer Zeit von „Toptalent“ auf „kurz vor Weltklasse“ befördert (oder jedenfalls ihren Marktwert)… welchen Dortmund hat, aber gegeben die sportliche Entwicklung mit Ergebnissen, die ganz klar von der europäischen Spitze wegzeigen, bin ich nicht sicher, ob man sich darauf noch lange verlassen kann. Und am Ende gewinnt sowieso fast immer der, der das doppelte Gehalt bieten und sich ggf. sogar sieben Fehleinkäufe pro Saison leisten kann.

Und ja, dann wäre man dabei, daß man eben anfangen muß, auf seinem tatsächlichen Niveau zu schauen. Aber bei Dortmund kriegt man das Gefühl, daß die Transfers fast immer entweder zu hoch oder zu tief gegriffen sind (und im letzteren Fall dann wie schon beschrieben enorme Geldvernichter werden). Der in diesem Sinne sinnvollste Transfer der letzten Jahre war in meinen Augen Brandt, und Sabitzer könnte in eine ähnliche Kategorie fallen, sollte man rechtzeitig kapieren, daß auch der nicht nach dem Prinzip „ist gut, spielt dann also auch von selbst gut“ funktioniert. (Haller theoretisch auch, aber bei dem habe ich eigentlich schon keine Hoffnung mehr, daß man ihm noch eine spielerische Umgebung generieren kann, in der er überhaupt eine faire Chance hat. – Und der BVB selbst ja anscheinend auch nicht.)

Koom 7. September 2023 um 09:46

Zudem ein Verein, der taktisch versiert genug ist, auf junge Talente zu reagieren und einzugehen. Bei Terzic klingt das oft so, als ob er die perfekten Puzzlestücke braucht, damit sein Plan funktioniert. Anstatt den Plan anzupassen, so dass es mit den vorhandenen Spielern klappt.

Er war unfähig, Modeste einzubinden. Er hat es nie in den Griff bekommen, dass die Mannschaft defensiv stabil steht, selbst mit (Anti-)Harakiri-Lösungen mit Fünferkette und Süle als Aussenverteidiger. Can wurde offenbar von Reutershahn eingenordet als Ausputzer, aber das ist wohl auch schon wieder obsolet, weil man jetzt wieder Terzics „Plan“ folgt. Moukoko, der _vielleicht_ ein herausragendes Stürmertalent ist, wird ebenfalls nicht eingebunden oder mittlerweile überhaupt sinnvoll eingesetzt.

Wenn ich nicht gerade ein megaüberragendes Einzelspielertalent wie Haaland oder Bellingham bin: Ich würde nicht zum BVB gehen. An sich in der Position ein gutes Sprungbrett, aber die taktisch-sportliche Ausbildung ist eine Nullrunde.

Daniel 7. September 2023 um 10:26

Ganz so schlimm ist es dann auch wieder nicht, neben Brandt und Haller würde ich auch bei Kobel, Schlotterbeck und Süle sagen, dass das sinnvolle Transfers ungefähr auf dem Niveau des BVB waren. Etwas weiter zurückliegend würde ich auch Akanji oder Guerreiro nennen. Rein von der Qualität könnte man da auch Malen und Adeyemi einsortieren, da gibt es aber das positionelle Problem, dass der BVB selten mit hängender Spitze spielt, dafür mit den beiden und Reus und Moukoko gleich vier im Kader hat.

Neben der komplett überzogenen Kosten fällt bei Dortmunder Transfers auf, dass sie von den designierten Megatalenten abgesehen fast ausschließlich auf dem deutschen Markt suchen. Die allermeisten Zugänge im Ü20-Bereich sind entweder Buli-Spieler oder Deutsche oder beides. So ein Verhalten ist mittlerweile sehr unüblich und schränkt die Optionen unnötig ein. Diese begrenzte Anzahl an Möglichkeiten trägt vielleicht auch zu der Geldverschwendung bei: wenn ich nur auf dem deutschen Markt schaue habe ich da oft wirklich nur einen echten Kandidaten und fokussiere mich dann zu stark auf den, anstatt für weniger Geld einen vergleichbaren Spieler aus einer anderen Liga zu holen…aber dafür müsste ich ihn halt kennen (wo wir wieder beim Thema Kompetenz der Führung wären)

WVQ 8. September 2023 um 00:13

@Koom:

> Wenn ich nicht gerade ein megaüberragendes Einzelspielertalent wie Haaland oder Bellingham bin: Ich würde nicht zum BVB gehen. An sich in der Position ein gutes Sprungbrett, aber die taktisch-sportliche Ausbildung ist eine Nullrunde.

Es ist halt offensichtlich keine nennenswerte Karriere-Hürde, zwischendurch zwei Jahre gruppentaktisch nicht viel mehr als intuitives Herumrennen gemacht zu haben. Eher scheint es mir, daß taktische Schulung sowie auch technischer Feinschliff auch ohne etablierte Basis vergleichsweise schnell anzutrainieren sind, wenn das grundlegende fußballerische Talent da ist. (Schönes Beispiel Akanji, der in Dortmund als IV trotz guter Anlagen nicht unbedingt für astreine individualtaktische Disziplin bekannt war und bei City nun sogar mal wie Stones als vorrückender IV auf der Sechs gespielt hat, und das im ersten oder zweiten Pflichtspiel vom taktischen Verhalten her sauberer, als es Can in Dortmund jemals tun wird.) Und in puncto Wettkampferfahrung ist der BVB gegenüber den meisten Ursprungs-Vereinen eben schon nochmal eine deutliche Steigerung und die Chance, wirklich zu spielen, ist deutlich größer als bei noch größeren/finanzkräftigeren Vereinen, und arg viele Alternativen auf dem finanziellen Niveau von Dortmund gibt es sowieso nicht.

Abgesehen davon bezweifle ich, daß sich arg viele Spieler (geschweige denn Spielerberater) überhaupt um taktische Ausbildung scheren bzw. diesen Faktor überhaupt einschätzen können oder auf dem Radar haben. Aber müssen sie ja allem Anschein nach auch nicht – Bellingham und Haaland hat es jedenfalls nicht wirklich geschadet, zwei Jahre mehr oder minder unsystematisch gespielt zu haben.

@Daniel:
Kobel von der Leistung her ja, aber der kam – wie vorher Bürki – als junger Torwart nach einer einzelnen starken Saison von einem Verein im Abstiegskampf; da war alles andere als erwartbar, daß das so gut ausgeht. Aber okay, etwas Glück gehört auch dazu, und in jedem Fall kein Transfer zu überzogenen Konditionen, der dann weit unter dem erwartbaren Niveau performt.

Ansonsten kann man über Einzelfälle diskutieren, aber mir geht die Schere zwischen der historischen Reihe an durch die Decke gehenden Supertalenten und überbezahlten Rohrkrepierern einfach zu weit auseinander und die Anzahl der letzteren ist mir insbesondere zu hoch. Mal ganz abgesehen vom jetzt schon ausführlich besprochenen damit verbundenen wirtschaftlichen Irrsinn biegen mir in den letzten Jahren viele zu viele Neuzugänge in Dortmund leistungsmäßig klar nach unten ab (Süle, Haller, Malen) bzw. sind absehbar von vornherein eigentlich für Dortmunds Ansprüche nicht gut genug (Wolf, Ryerson, Can) oder im Grunde beides (Meunier, Özcan, Modeste) oder sind leistungsmäßig vielleicht okay, aber nicht erkennbar besser als Alternativen, die man für deutlich weniger Geld bekommen hätte (Schlotterbeck, Adeyemi, Nmecha und gemessen am Gehalt viele andere). Derweil werden gute Spieler, mit denen man langfristig solide arbeiten könnte, aussortiert oder bereitwillig gehen gelassen, weil sie für Dortmund anscheinend nicht sexy genug sind oder warum auch immer (Witsel, Dahoud, Hazard, geschweige denn Guerreiro). Natürlich liegt das teils auch an den Trainern und was diese wollen und nicht wollen bzw. können, aber ich glaube auch nicht, daß diese Auflistung unter Rose oder meinetwegen sogar hypothetisch Nagelsmann groß anders ausgesehen hätte – dem Kader fehlt einfach eine stabile Mitte, die zwar nie an die Weltklasse herankommen wird, aber dafür eben zuverlässig Bundesliga-Top-3-Niveau verkörpert und über Jahre einen Stamm in der Mannschaft bilden kann. Dafür fallen mir aktuell eigentlich nur noch Kobel, Hummels und Brandt ein und mit Abstrichen noch Süle, alles andere ist aufgrund von zu großem Individualtalent weg oder alles, bloß keine Säule der Mannschaft. Das sieht bei Leipzig z.B. komplett anders aus, die haben auch eine hohe Kaderfluktuation und zugleich eine Menge Leute, die einen breiten Mannschaftskern bilden, um den herum dann halt auch mal einiges fluktuieren darf – Gulacsi, Orban, Klostermann, Kampl, Forsberg, Poulsen, inzwischen auch wieder Werner, und Omlin, Simakan und Schlager entwickeln sich auch rasch in diese Richtung. Und keiner von denen ist (oder war) ein Megatalent oder reißt jede Woche alles alleine raus und es hat auch keiner (in Ablöse oder Gehalt) ein Vermögen gekostet, aber sie spielen alle beständig auf dem für die Bundesliga-Spitze erforderlichen Niveau. Das fehlt mir in Dortmund bzw. scheint mir dort einfach auch gar nicht erst gesucht zu werden bzw. unter verblendeten Annahmen über das, was ein solches Niveau ausmacht.

Und zuletzt: Ja, die (auch relativ neue) Fixierung auf Deutsche und insbesondere deutsche Nationalspieler ist ein sportlicher Schmarrn und erneut (in der Tat) ein sehr gutes Beispiel für den eklatanten Mangel an fachlich fundierten sportlichen Transfer-Entscheidungen.

Koom 8. September 2023 um 10:45

@WVQ: du führst ja Bellingham und Haaland auf – aber genau diese Spielertypen kommen ja in dem BVB Mischmasch recht gut heraus. Das sind ausserordentlich ballorientierte, dynamische Spieler. Die brauchen nicht viel Nebenleute, weil ihre Qualität auch so extrem herausstechen. Für solche Spieler taugt der BVB als Platform ganz gut.

Wenn ich jetzt aber mal Spielertypen nehme, die auch defensive Verantwortung haben oder eben „undynamischer“ sind, dann siehst du dort eher schlecht aus. Das Guerreiro, ein wunderbarer Kicker, in Dortmund so umstritten war und ist, ist bezeichnend. Moukoko geht unter (vielleicht kann er auch nicht mehr, wer weiß). Auch bei den Aussenverteidigern sind generell keine so schlechten Leute, aber nur ein Hakimi – weil urdynamisch – wusste zu begeistern.

tobit 8. September 2023 um 13:23

Ich würde nichtmal sagen, dass Dynamik die entscheidende Fähigkeit ist, sondern egoistische Spielweise. Weil Dynamik haben viele Spieler in Dortmund, vor allem auch die verkannten. Die sehen aber dann schlecht aus, wenn die Bewertung ihrer Aktion entweder davon abhängt, was andere daraus machen, oder gar nicht erst stattfindet, weil es keine Ballaktion war. Deswegen wurde Haller in seinen ersten Spielen ja auch eher kritisch beäugt, weil seine einleitenden Aktionen nicht wirklich verwertet wurden und er keine eigenen Tore vorzuweisen hatte. Oder Witsel wurde für die eklatante Vernachlässigung seiner Absicherungsaufgaben in den Himmel gelobt, weil er sich lieber coole Dribblings auf Linksaußen gesucht hat. Außerdem perfektes Gegenbeispiel: Hummels, der nun wirklich vieles, aber nicht dynamisch ist.
Fazit: Je egaler der Teamkontext für dein Spiel, desto besser siehst du beim BVB aus. Manche sind halt einfach herausragend gut (Bellingham, zeitweise Dembélé, Haaland, Sancho), anderen ist der Kontext halt wirklich egal und es geht mehr um die eigene Profilierung (wieder Bellingham, zeitweise Reus, Witsel).
Ich hatte vor Jahren hier mal ein Konzept zur Einteilung von Spielertypen aufgeschrieben: Aktionsorientiert, Situationsorientiert, Positionsorientiert. Beim BVB werden nur die aktionsorientierten wirklich geschätzt, weil das die sind, die ohne jeden Kontext als gut erkennbar sein können. Damals hatte der BVB z.B. auf der Sechs Witsel als A, Delaney als S und Weigl als P, alle relativ ähnliches Qualitätslevel, aber einer wurde klar mehr geschätzt als die anderen.

WVQ 8. September 2023 um 14:51

Ja, aktionsorientierte, weil es schlichtweg so viel einfacher ist, es zu bemerken, wenn die etwas gut machen. Man bekommt regelrecht das Gefühl, daß die Priorität und Erwartung ist, daß die Spieler und ergo die Mannschaft in der Sportschau gut aussehen, wo nur Tore und spektakuläre Szenen relevant sind. So kam ja auch Guerreiro zu seinem Lob (und überhaupt in den Augen der Verantwortlichen zu irgendeiner längerfristigen Daseinsberechtigung), weil immer wieder Aktionen heraussprangen, die ihn in die Highlights brachten – obwohl der Ursprung dieser Aktionen seinerseits eigentlich fast immer abseits des Balles und viel weiter unten auf dem Platz stattfand und nicht in einer auffälligen Ballaktion. Und in der Defensive war er nicht auf Grätschen und Tacklings fokussiert, ergo ungeschätzt.

Von den drei genannten Sechsern wurde im übrigen natürlich auch Delaney noch mehr geschätzt als Weigl, weil Situationsorientierung immer noch häufiger auffällige Szenen produziert als Positions-/Raumorientierung. Und daß Witsel am Ende selbst als sehr entbehrlich betrachtet wurde, lag zweifellos auch daran, daß er seine Absicherungsaufgaben mit der Zeit eben weniger vernachlässigt hat und positionstreuer agierte.

tobit 9. September 2023 um 10:52

Das ist die Erklärung: Watzke ist kurzsichtig, will es aber nicht zugeben. Deswegen erkennt er im Stadion nichts und guckt immer Sportschau.

Delaney war nicht wirklich höher geschätzt als Weigl, aber situationsorientierte Spieler sind oft die besten Partner für aktionsorientierte. Wenn Witsel den tiefen Aufbau machte (was er ja meistens gemacht hat), war Weigl überflüssig, aber Delaney nicht. Ab und zu konnte Delaney auch mal aufbauen, nur halt nicht konstant. Und absichern konnten sie beide ähnlich gut wenn Witsel mal wieder überall rumgeturnt ist.
Guerreiro würde ich nicht wirklich als aktionsorientiert bezeichnen. Ja, er hat ein paar Tendenzen dahin, aber insgesamt würde ich ihn eher als situationsorientiert einordnen. Vor allem defensiv finde ich ihn total situationsorientiert, was ihn da trotz der individuell schwachen Defensivaktionen zu einem durchaus ordentlichen Verteidiger macht (wenn man einen guten Zugriffsspieler in seiner Nähe hat).
Und, damit hier nicht der Eindruck entsteht, Aktionsorientierung wäre was schlechtes: Brandt ist unheimlich aktionsorientiert, aber er weiß halt sich so zu verhalten, dass er seine Aktionen hat ohne dem Team zu schaden. Ist als Offensivspieler natürlich leichter als als Sechser, aber er hat das ja auch auf der Doppelsechs schon gut hinbekommen.

WVQ 9. September 2023 um 15:06

Ich wollte Guerreiro nicht als aktionsorientiert bezeichnen. Deine Einschätzung ist völlig richtig. Meine Bemerkung sollte nur (im Sinne Deiner Unterscheidung) erklären, warum er über längere Zeit selbst bei Sportschau-Watzke ein gewisses Standing hatte, obwohl er wesentlich NICHT aktionsorientiert ist: Dadurch, daß er sich immer wieder in auffällige Offensivzonen bringt und dann auch noch einen starken Abschluß hat, WIRKT er bei oberflächlicher Betrachtung aktionsorientiert, und in der Defensive sieht man bei selbiger Betrachtung nur seinen Mangel an Aktionsorientierung. Das kaschiert dann, daß er in diese Situationen überhaupt nur kommt, weil er außergewöhnlich intelligente, schwer zu verteidigende Laufwege macht und über das gesamte Spielfeld und gerade in den Übergangszonen viele sehr unscheinbare, aber für die Spieldynamik extrem wichtige Ballkontakte hat.

Delaney hatte für sich halt zumindest noch eine gewisse Zweikampf-Grobheit, die Weigl nicht hatte. Nicht, weil er wie Can eindimensional jedes Tackling sucht, aber es reichte halt, um ihn zumindest als Arbeiterspieler gelten zu lassen, welcher Weigl „nicht war“.

tobit 10. September 2023 um 14:00

Ich finde Weigl wird beim Tackling oft unterschätzt. Der kann auch richtig eklige Zweikämpfe führen. Klar nicht ganz so physisch wie Delaney, aber mit überraschender Dynamik.

WVQ 10. September 2023 um 22:01

Ja, wobei ich ihn beim BVB physisch schon recht zurückhaltend in Erinnerung habe. (Da war er ja auch erst mal noch ziemlich jung und vermutlich nicht mal völlig ausgewachsen.) Gar nicht mal ungiftig und ganz sicher nicht undynamisch, aber dies dann meist aus einer schon relativ günstigen Zugriffsposition heraus und mit einer sehr pragmatischen, gezielten Körperlichkeit und halt nicht als aus drei Metern Entfernung eingesprungene Grätsche o.ä. Mein Eindruck ist, daß er in diesem Sinne seit der Benfica-Zeit sogar etwas „extrovertierter“ geworden ist… aber irgendwie immer noch nicht so spektakulär, daß man ihn als Beißer auf der Sechs verkaufen könnte. Ich selbst kenne immer noch keinen Deutschen, den ich lieber auf der Sechs hätte, Defensivverhalten inklusive, aber es ist halt genau seine raum-/positionsorientierte Spielweise, die ihn in den Augen selbst vieler „Fachmänner“ als langweilig und unproduktiv und durchschnittlich erscheinen läßt. Oder zumindest als unpassend für „dynamischen“ Fußball, weil die Leute dafür doch bitte viel rennen sollen.


Koom 7. März 2023 um 10:29

Echt schade, dass es hier so tot ist. Würde mich schon freuen, eine Analyse zum BVB, aber auch zum FCB zu finden. Was klappt momentan beim BVB gut/besser? Ist es nur Matchglück (wohl nicht, aber auch)? Warum klemmt es gerade sehr herb bei den Bayern?

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rb 7. März 2023 um 10:36

ja, das wären doch gute Fragen für ein Mailbag-Video von CC, oder?

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Phil 7. März 2023 um 11:57

😀 da hab ich auch schon drauf spekuliert. Wird wirklich Zeit für eine Analyse ; )

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tobit 7. März 2023 um 13:29

Die letzten Spiele waren beim BVB auf jeden Fall schon viel Matchglück. Aber direkt nach der Winterpause konnte man sehen, wie nötig viele die Konkurrenz haben um ihre optimale Leistung abzurufen. Und natürlich, dass man mit allen an Bord viel stärker Wechseln kann.
Aber Terzic hat auch mit ein paar Anpassungen von individuellen Rollen und Verhaltensweisen eine Menge richtig gemacht.
– Can spielt so diszipliniert und sauber wie noch nie. Immernoch sehr langsam im Verlagern, aber ansonsten ein ziemlich ordentlicher Sechser.
– Die Abstimmung der AV funktioniert endlich. Im Aufbau meist sauber in der zweiten Linie anspielbar und später alle drei mit gutem Gespür für die richtige Höhe (und Diagonalität). Und es bleibt keiner ballfern vorne stehen, was oft ein Absicherungsproblem ergab.
– Adeyemi und Brandt mit vielen Freiheiten von den Flügeln. Wieso man das nichtt schon in der Hinrunde so gemacht hat, ist mir schleierhaft, aber wenigstens klappt es jetzt endlich.
Wenn jetzt in den nächsten Spielen Bynoe-Gittens noch wieder öfter reinkommt statt Modeste sollte es zum Spielende auch trotz Verletzungsproblemen der Tempostürmer und Formloch von Reyna wieder etwas mehr Entlastung geben.

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Koom 7. März 2023 um 16:10

Das mit Can und Adeyemi sind klare Veränderungen. Can spielte ja zuvor schon Sechser, turnte aber mehr als 8er rum und war nie dort zu finden. Und Adeyemi sollte irgendwie auf rechts einen Aussenstürmer geben.

Warum das ein halbes Jahr nicht gemacht wurde, obwohl die Probleme offensichtlich waren und es auch keine wirklichen Gründe dagegen gab, ist nicht wirklich nachvollziehbar. Als größere Änderung gab es nach der Winterpause ja „nur“ einen neuen Co-Trainer – vielleicht kam von dem der Impuls und etwas notwendige Feineinstellung der Rollen (wo Terzic vorher nur „du läufst als Sechser auf“ an die Wand geworfen hat).

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WVQ 12. März 2023 um 04:07

Ich denke auch, daß die hohe Halbraumrolle für Brandt (samt dessen guter Form) ein entscheidender Faktor ist/war. Er fungiert de facto endlich als freischaffender Spielmacher, quasi als im äußeren Zehnerraum agierendes Pendant zu Bellingham. Das ist viel wert, die zwei hintereinander gestaffelt in den interessanten Offensivzonen zu haben – man braucht nur noch irgendwie den Ball hinbringen und es passieren in 50 % der Fälle coole Dinge.

Ähnliches in der Tat ebenso für den jeweils zweiten „Außenstürmer“, da die offensive Breite nunmehr standardmäßig von den AV gegeben wird und die AS praktisch eine Doppelzehn (vor einer Doppelacht) bilden – auch wenn das je nach Person in deutlich andere Aktionen mündet (insbesondere für die dribbel- bzw. tempofokussierten Pseudo-Außenstürmer Adeyemi und Malen). In diesem Sinne auch gut, daß die schlimmsten Reus-Dogmen (daß er wenn fit immer spielen muß, daß er auf die Zehn muß und kein nomineller Außenstürmer sein darf etc.) endlich aufgegeben wurden – die Rolle in der Doppelzehn bringt ihn in den hohen Zonen da hin, wo er seine Stärken hat, ohne das Zentrum komplett von allem abzutöten, was nicht Reus-Impulse sind.

Zu Can äußere ich mich entgegen allen Wahrscheinlichkeiten auch einmal lobend – für seine Verhältnisse könnte man auf der Sechs kaum mehr erwarten und mit seinen jüngeren Leistungen ist er auf der Position klar der beste Spieler im Kader. Im Spielaufbau weiterhin mau und seine riskanten Tricksereien in kritischen Positionen gefallen mir weiterhin nicht, aber Dortmund spielt ja von der Sechs auch keinen auch nur halbwegs anspruchsvollen Spielaufbau (zumal sich die „Sechs“ dann oft sowieso zwischen den Innenverteidigern befindet, nahezu komplett ohne Gegner- oder Entscheidungsdruck). Er hat auch die Risikogewichtung für Vorstöße und „geniale“ Einfälle nun weitgehend im Griff, eine bessere Absicherungsdisziplin und erledigt die defensiven Zweikämpfe inzwischen weitgehend ohne übertriebene Körperlichkeit und mit mehr Genauigkeit. Begeistert bin ich nicht, aber ich hätte es ihm ehrlich so nicht mehr zugetraut.

Grundsätzlich zweifellos das 4-3-3 mit klarer Zuweisung einer singulären, zurückhaltenden und absichernden Sechs deutlich sinnvoller als die vorher ewig gespielte Doppelsechs. Bellingham braucht die Bewegungsfreiheit der Acht und Özcan hat mir bisher auch nicht als intutitiv positionsintelligenter Defensivakteur imponiert – mehr als beißender Pressing-Achter, der mit einem Tackling auch mal ein Loch reißen können muß, ohne daß dahinter gleich alle Räume aufgehen.

Trotz allem kann ich aber auch nicht sagen, daß mir die Spielanlage gefiele. Sie scheint mir einfach darauf zu fußen, daß man klare Positionsaufgaben ohne hohen Anspruch verteilt und die Spieler das dann diszipliniert umsetzen, gepaart mit extrem hoher Intensitätsbereitschaft über 90 Minuten hinweg. Das taktische Offensivrepertoire ist extrem überschaubar und fast ausschließlich sehr simpel oder – wenn nicht – bloß kollektive Improvisation (von Einzelgenies, weswegen es teilweise funktioniert). Einen in irgendeinem Sinne stabilen tiefen Spielaufbau gibt es nicht – Dortmund einfach mannorientiert pressen und man kriegt sie sofort zu unvorbereiteten und unkontrollierten Bällen nach vorne oder gleich in die tiefe Verteidigung. Teilweise erschreckend zu sehen, wie man sich selbst gegen überschaubare Gegner bereitwillig verbarrikadiert und dann auf supersimple Tempokonter setzt, bei denen meist höchstens zwei Spieler tatsächlich miteinander Fußball spielen. Traurig, wie beispielsweise ein kombinatonsstarker Stürmer wie Haller komplett verheizt wird, weil es überhaupt keine einstudierten Abläufe für Ablagen und Anschlußaktionen gibt, sondern nur spontane Anspiele ohne passende Mitspielerbewegungen.

Sehe den Ansatz zwar grundsätzlich als (erfolgs)stabiler an als das unentschiedene Mischmasch der letzten Jahre, aber er scheint mir nach oben hin extrem limitiert zu sein. Im wesentlichen dürfte Zeit seit Rückrundenstart bereits das Optimum gewesen sein. Und daß es in dieser Zeit keine Niederlagen gab, war oft mehr Glück als Verdienst oder bestenfalls Kobel; da kommen auch wieder andere Zeiten und es braucht sich keiner ernsthaft Hoffnungen machen, daß man so die Bayern ärgern kann. Glaube aber auch nicht, daß diese Hoffnung in der Vereinsführung überhaupt besteht; denke man schaut da vor allem in Richtung des relativen breiten Verfolgerfeldes in der Liga (das ja das ökonomische Ziel konstante Champions-League-Teilnahme gefährden könnte), gegen das man sich absichern will, und dazu reicht die Kombination aus simpler Spielanlage und hochwertigem Kader eben leider aus.

(Es mag auch mit dem wohl schon beschlossenen Abschied zusammenhängen, aber daß Guerreiro nunmehr meist ein besserer Hampelmann vorgezogen wird, spricht über die Ansprüche und Vorstellungen des Vereins Bände. Man kann auch nur noch hoffen, daß Guerreiro nach Dortmund zu einem großen Verein kommt, der ihn in seinen außergewöhnlichen Anlagen fördert und in eine passende Struktur einbindet. Für mich der Inbegriff des sportlichen Dortmunder Abstiegs nach Tuchel, was bei ihm an Potenzial systematisch verkannt und verschwendet wurde.)

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Joakina 12. März 2023 um 14:07

Danke für die ausführliche und differenzierte Analyse zum derzeitigen BVB, der ich voll zustimme, ich hätte es nur nicht so gut ausdrücken können.

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tobit 30. Januar 2023 um 15:18

Um sich einfach mal die Unterschiede in den Dimensionen zwischen Dortmund und Bayern zu vergegenwärtigen: Dortmund holt im Winter einen Spieler des erweiterten Stamms von Union Berlin um auf ausfallende RV zu reagieren. Die Bayern holen sich den wahrscheinlich besten AV der PL, der gerade letztes Jahr als absoluter Schlüsselspieler bei einem Verein mit Geldcheat verlängert hat. Und dann wird überall jedes Jahr gefragt, warum Dortmund denn nicht den Meistertitel als Ziel ausgibt.

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Daniel 30. Januar 2023 um 16:09

Wenn Cancelo der beste AV der PL (und folglich auch Citys) ist-warum verleihen sie ihn dann? Wohl kaum, weil sie auf die Leihgebühr angewiesen sind…

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WVQ 30. Januar 2023 um 16:33

Warum City Cancelo verleihen sollte (und zumal noch mit Kaufoption bei Marktwert), ist mir auch erst mal schleierhaft, gegeben seine Qualität und die besagte Vertragssituation. Kann mir höchstens vorstellen, daß der Spieler selbst auf einen Wechsel drängt, weil ihm ein junger Nachwuchsspieler vor die Nase gesetzt wurde, oder daß es sonstige Unstimmigkeiten gibt.

Aber für den Punkt bezüglich des Unterschieds zwischen Bayern und Dortmund (und dem Rest der Liga) ist es dann relativ wurscht, ob Cancelo der beste Außenverteidiger der PL ist oder nur der siebtbeste. Er ist ein AV aus dem obersten Regal, spielerisch wie finanziell. Zumal man wohl ironischerweise sagen müßte, daß Cancelo dann eigentlich umgehend Bayerns bester Sechser wäre, oder zumindest derjenige, der noch am ehesten die derzeitige Kimmich-Rolle ohne erheblichen Qualitätsverlust spielen könnte, wenn dieser mal verhindert ist.

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tobit 30. Januar 2023 um 16:54

Das wäre natürlich eine Wendung, wenn ab Sommer Cancelo auf der Sechs und Laimer als RV spielen würden. Wobei ich jetzt mal hinter Laimer erstmal wieder ein größeres Fragezeichen setzen würde.

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tobit 30. Januar 2023 um 16:46

Also wer sollte bei City denn besser als AV sein als Cancelo? Lewis hat noch keine 10 Spiele im Herrenbereich gemacht. Walker ist gut aber ihm fehlt mittlerweile ein bisschen was zu seinem besten Level, so dass er nicht mehr so komplett ist wie zeitweise. Aké, Laporte und Stones sind Innenverteidiger. Und Gomez ist eindeutlig ein Backup, der nur spielt, wenn sonst keiner mehr da ist. Daher habe ich auch keine Ahnung wieso City das tun sollte. Aber da er in München beim Medizincheck gefilmt wurde, wird es wohl stimmen.
City scheint generell gerade einen Umbruch zu forcieren. Sie haben sich im Sommer ja schon von langjährigen Spielern getrennt (Jesus, Sterling, Zinchenko) und scheinen generell niemanden bedingungslos halten zu wollen (Bernardo, Cancelo, Gündogan).

Vllt will Cancelo auch einfach wechseln, ist ja bisher nirgends lange geblieben. Oder es ist intern irgendwas vorgefallen, er hat ja nach der WM eindeutig weniger gespielt als davor.

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tobit 3. Februar 2023 um 11:53

Cancelos Debüt wurde ja jetzt in den medien groß gefeiert. Ich fand ihn – wenn er man mitspielen durfte – auch gut. Clevere (und schnelle) Pässe, selbstbewusste Dribblings, gutes Gefühl für die Tiefe. Aber er war da als RA im 3-5-2/3-#-3 auch heftig verschenkt. Nichtmal wegen seiner Position, sondern weil Sané auf der Acht am Ball genauso gespielt hat wie er das als RA tut. Immer den Blick nach „innen“ (bzw links) wie als wäre in seinem Rücken nur noch das Aus. Mit ein bisschen mehr Zeit würde ich die beiden gerne mal getauscht sehen, das sollte ihnen in Ballbesitz noch mehr entgegenkommen, auch wenn sich Sané ohne Ball schon ganz gut bewegt hat.

Das 3-#-3 fand ich natürlich cool, weil man sowohl gesehen hat, was es so brutal stark macht aber auch wo die Schwächen bei dieser Besetzung liegen. Wenn du dem Gegner den Ball einfach körperlich nicht wegnehmen kannst, wirst du schnell hinten reingedrückt.
Und auch wie Bayern Mainz dominiert hat im Vergleich zu Dortmund. Obwohl die Mainzer mMn deutlich besser gespielt haben, waren sie einfach völlig chancenlos.

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WVQ 3. Februar 2023 um 17:25

Zu Cancelo und Sané d’accord, bzw. allgemein, daß Cancelo dort besser aufgehoben wäre als jeglicher Außenstürmer, welche doch eigentlich alle sehr stark das Dribbling nach innen bzw. diagnoal vorwärts fokussieren, wofür dann aber meist erst in Strafraumnähe passende Mitspielerbewegungen passieren und was in tieferen Staffelungen unnötig den ballnahen Flügel bzw. sogar Halbraum tot macht. Cancelo ist da deutlich „offener“ veranlagt und hat das bei seinen Ausflügen in den Halbraum auch schon angedeutet, wenngleich er da eigentlich eben schon viel tiefer hingehört. (Und ich finde Sané als Zehner gar nicht uninteressant, aber halt nicht als Pseudo-Achter.)

Als 3-#-3 habe ich es (wenngleich ich vielleicht nicht durchgehend hinreichend aufmerksam zugeschaut habe) nicht empfunden, sondern eher als 3-1-5-1 bzw. überspitzt gesagt oft sogar als 3-1-0-5-1, bei dem dann oft wieder ein Andribbeln eines Aufbauspielers nötig war, um die Verbindung nach vorne herzustellen. Generell verstehe ich bei Nagelsmann in München überhaupt nicht, warum er weiter auf einen so hohen Abstand zwischen den Mannschaftsteilen setzt – das hat zu Beginn seiner Zeit dort teilweise gut funktioniert, weil man die Pässe scharf durch die gegnerischen Linien direkt in den eigenen Angriff gebracht hat, aber das sieht man jetzt viel weniger (u.a. sicherlich auch, weil sich die meisten Gegner positionell darauf eingestellt haben), und stattdessen sind es dann oft spontane Rückfallbewegungen der Achter/Zehner, die aber strukturell selten gut vorbereitet sind und vielmehr auf gelungene Risiko-Dribblings mit Gegnern im Rücken oder sehr hakelige Schnellpaß-Lösungen angewiesen sind. (Erinnert mich dann im übrigen sehr an die ganz ähnlichen gelagerten jahrelangen Probleme der Nationalmannschaft, oft ja auch mit identischem Personal.)

Diese Spielanlage wundert mich auch deswegen, weil Nagelsmann einen dichten tiefen Aufbau in Hoffenheim und Leipzig nie gescheut, sondern eher aktiv angestrebt hat, und auch wenn Bayern der echte Ankersechser fehlt (oder ein vorrückender ZIV wie seinerzeit Vogt), sollte es mit dem vorhandenen Personal doch gut möglich sein. Bayerns Pressingsresistenz rührt stattdessen aber derzeit mehr von individueller Klasse (soweit gerade vorhanden) und ansonsten von der Bereitschaft zur schnellen Überbrückung größerer Räume (um es mal freundlich zu formulieren) her.

Der Vergleich zu Dortmund… Nun ja, bei Dortmund gibt es inzwischen halt auch GAR nichts mehr außer dem Prinzip „Spielmacher-Genies in Ballbesitz bringen und irgendwie Räume oder Tempo generieren lassen“ (mit Hauptausführendem Bellingham). War jetzt in meinen Augen weniger Bayerns beeindruckendes Ballbesitzspiel, das da den himmelweiten Unterschied ausgemacht hat.

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tobit 3. Februar 2023 um 20:32

Ich hab es mal 3-#-3 genannt, weil für mich eben klar drei Mittelfeld-„Linien“ erkennbar waren. Müller hat gerade in der ersten Halbzeit deutlich höher als Musiala und Sané gespielt. Die sehr hohe Position der Achter lag basierend auf Goretzkas und Gravenberchs Positionierungen später wohl hauptsächlich an Musiala und Sané individuell.

Nagelsmann hat halt nicht das Personal für Aufbau mit viel Personal. Im Prinzip halt wirklich nur die IV, Kimmich plus vllt bald Cancelo.

Gegen Mainz war es mal etwas besser als sonst. War strukturell ein bisschen organisierter, auch wenn die Stürmer immernoch ein bisschen redundant waren und Can auf der Sechs wie üblich zu langsam gespielt hat.

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WVQ 3. Februar 2023 um 21:22

Goretzka hat in Ballbesitz tiefer als Musiala vorher gespielt? Na, hätte ich bloß mal aufmerksamer zugeschaut…

Es ist bei den Abständen ja nicht nur die Frage nach den individuellen Positionierungen. Spielen die Achter tiefer, werden zwar die Aufbaumöglichkeiten ZU diesen besser, aber wohin (und wie) geht es dann weiter? Die nächsthöhere Reihen (im gestrigen Fall also zentral Müller und Choupo und außen Davies und Cancelo) müßten dann ja auch wieder ihre Abstände anpassen. Und dann paßt sich natürlich wieder der Gegner an und man hat am Ende ein kompaktere Mannschaft, aber auch einen höherstehenden und ebenso komptakteren Gegner. Vielleicht will Nagelsmann das vermeiden und die Gegner möglichst immer gleich hinten festnageln, ich weiß es nicht. (Pun not intended yet revealing…?)

Daß es am Personal liegt, glaube ich einfach nicht. Bzw. wenn, dann aufgrund der mangelnden DEFENSIV-Fähigkeiten, nicht weil der konstruktive Teil nicht ginge. Vielleicht fürchtet Nagelsmann, man würde bei Ballverlust zu verwundbar, wenn Sané und Musiala zu nah am eigenen Tor rumturnen, denkbar. Aber ich meine, jeder einzelne Spieler von Bayerns erweitertem Stamm, ja im Grunde fast jeder im Kader, hat technisch die Fähigkeiten oder ZUMINDEST die Anlagen für einen gemäßigteren tiefen Aufbau, der auch mal ein intensives Pressing aushält. Da fehlt’s vor allem erst mal an den strukturellen Ansätzen – Positionierungen, Laufwege, striktes Aufrechterhalten von Paßoptionen usw. und dann halt die Maßgabe, das auch unter Druck durchzuziehen. Aber dazu gibt es ja nicht einmal den Versuch. Ergo gehe ich davon aus, daß Nagelsmann das bei Bayern nicht will, sondern auf ein anderes (mir aber weitgehend schleierhaftes) Pferd setzt.

Und merke, Guardiola baut ja auch nicht mit 17 Mann in der eigenen Hälfte auf. Das ist genauso ein 3-1 oder 3-2 oder 2-3 und die Stürmer binden die gegnerische Kette. Aber dazwischen läuft es halt ganz anders.

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WVQ 3. Februar 2023 um 21:31

Zur Dortmunder Sechs: Da spielen sie inzwischen doch meist schon gar nicht mehr hin, weil es eh keine planmäßigen Mechanismen zur Spielfortsetzung gibt (außer halt „Ball zu Bellingham oder Brandt, die regeln das dann“). Und da sind ja auch viele gegnerische Spieler, da im Zentrum, so daß man doch eh nur den Ball verliert! Also besser gleich zum Außenverteidiger passen, das ist „sicherer“, und da ergibt sich doch manchmal auch was.

Ob da jetzt Can steht oder Özcan oder irgendwann auch mal wieder Dahoud oder hypothetisch Weigl oder Rodri, ist am Ende völlig egal. Was sollten die groß machen, vier Gegner ausdribbeln und dann den Steckpaß auf den Stürmer spielen? Can verschleppt halt auch noch jede kleinste Restdenkbarkeit einer zentralen Aufbauidee, aber es ist nicht so, daß irgendein anderer aus der Situation fundamental mehr machen könnte, weil es sozusagen einfach offensiv gesehen keine Situation gibt.

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Daniel 4. Februar 2023 um 13:14

@WVQ
Ich weiß nicht, ob Nagelsmann wirklich auf einen großen Abstand zwischen den Mannschaftsteilen setzt. Die Spielweise des Mittelfeldspielers neben Kimmich hängt dermaßen stark vom gerade dort spielenden Akteur ab, dass ich mich schon frage, wie viel da wirklich auf Nagelsmann zurückgeht. Ich habe vor etwas mehr als einer Woche hier einen Kommentar gepostet, in dem auf eine Grafik verlinkt wurde, in der die durchschnittlichen Positionen der Spieler in der Partie gegen Köln bis zu Goretzkas Auswechslung zu sehen waren. Leider werden Kommentare mit Links hier auf der Seite offenbar gar nicht mehr freigeschaltet, aber jedenfalls konnte man erkennen, dass Goretzka durchschnittlich (!) auf einer Höhe mit Choupo-Moting spielte, wodurch sich praktisch ein 5-0-5 ergab (da Kimmich sehr tief neben Upamecano spielte). Gravenberch hat das schon deutlich anders interpretiert, weswegen Bayern in der zweiten Hälfte wesentlich stärker war als zuvor. Sabitzer wiederum ist Anfang der Saison meist hinten geblieben und hat Kimmich abgesichert. Leider hat Goretzka nach seiner Genesung lautstark seinen Stammplatz wieder eingefordert, worauf Nagelsmann quasi sofort eingeknickt ist-seitdem ist Sabitzer wieder völlig raus. Für mich unverständlicherweise, Sabitzer hat das damals sehr gut gelöst und besser gepasst als Goretzka. Kimmich kann seine Stärken als freischaffender Achter besser einbringen als als Sechser und ist dort dann auch besser als Goretzka. Um die Limitierung Kimmichs zu rechtfertigen muss Goretzka auf dem absoluten Zenit seines Leistungsvermögens spielen und das ist ihm eigentlich nur in der Rückrunde der Triple-Saison wirklich geglückt.

Zu Guardiola: der hat auch gern sehr hochpressende Achter (er hat ja sogar Müller in einer solchen Rolle gebracht), verteilt dann aber die originären Mittelfeldaufgaben an die Außenverteidiger. Das ging natürlich mit Alaba und Lahm hervorragend, Davies und Pavard hingegen sind dafür ungeeignet. Nicht ohne Grund fällt das Überwinden von Bayerns Krise im Herbst auch damit zusammen, dass sich Mazraoui immer mehr auf der rechten Seite festspielte, der wesentlich spielmachender veranlagt ist als Pavard und Davies. Cancelo kann auch in dieser Beziehung ein sehr sehr guter und wichtiger Transfer werden-einen AV mit diesem Spielverständnis und Passspiel hatte Bayern seit dem Rücktritt von Lahm nicht mehr.

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WVQ 6. Februar 2023 um 22:43

Gut, man kann bei Bayern natürlich auch immer die berechtigte Frage stellen, ob der Trainer die Spieler überhaupt hinreichend unter Kontrolle hat. Daß Goretzka im Ballbesitz meist erst mal direkt in den Zehnerraum rennt, ist unstrittig, und daß Gravenberch und insbesondere Sabitzer die Rolle „neben“ Kimmich ungleich vorsichtiger interpretiert haben, ebenso. Dann sind wir im wesentlichen im Bereich von Politik und Machtstrukturen und nicht mehr beim Sportlichen. Und ich gehe durchaus selbst davon aus, daß das einen erheblichen Einfluß auf Nagelsmanns Möglichkeiten als (Bayern-)Trainer hat. Den Rückhalt und die Aura, einem Goretzka zu sagen „Du spielst das entweder so, wie ich es dir sage, oder du sitzt beim nächsten Mal auf der Bank“ und seinen Job dann noch langfristig zu behalten, hat Nagelsmann sicherlich nicht. (Er ist halt ein Trainer-„Talent“, wie wir inzwischen wissen.)

Aber es geht ja nicht nur um diese eine Position. Man braucht sich nur die ersten fünf Minuten gegen Wolfsburg anschauen: hohes mannorientiertes Anlaufen und Bayern hat keinen Plan mehr, wie es sich ohne extrem haarige (und eben immer wieder auch fehlschlagende) Kombinationen oder Dribblings lösen soll. Wenn dann Davies wiederholt Richtung Eckfahne gedrängt wird und seine einzige realistische Anspielstation der ebenfalls bedrohte IV ist und er beim Versuch einer „spielerischen Lösung“ regelmäßig Chipbälle ins Zentrum spielt, wo sie natürlich oft sofort vom Gegner abgefangen werden, oder wenn er versucht, drei Gegner alleine auszupielen, weil Kombinieren noch weniger aussichtsreich ist, und wenn das im Grunde seit Nagelsmanns Ankunft so ist, dann liegt das nicht an Davies oder Goretzka (der in den betreffenden Situationen übrigens durchaus da war) oder irgendwem anderen persönlich, sondern dann sind vom Trainer für diese Situationen offensichtlich keine anderen Lösungen vorgesehen. Dazu bräuchte man ganz andere Grundpositionierungen, um bei Bedarf einen freien Mann mit Spieloptionen nach vorne oder wenigstens für horizontale Verlagerungen generieren zu können; und dazu müßte man entweder von der gegenüberliegenden Seite her viel aggressiver verschieben, um ballnah die nötige Überzahl herzustellen, oder am betreffenden Flügel die hohe Position der Außenstürmer aufgeben. Oder eben von vornherein mit erreichbaren Offensivspielern aufbauen. Sieht man aber alles nicht. Daher gehe ich davon aus, daß Nagelsmann das (aus welchen Gründen auch immer) auch nicht vorgibt oder trainieren läßt, sondern es so will, wie man es sieht. Was mich zurück zu meinem Ausgangspunkt bringt: Ich verstehe nicht, warum, gegeben Nagelsmanns Ansatz prä-Bayern, die sehr hohe Spielerqualität dort und auch die Tatsache, daß im Verlauf der Saison noch Mannschaften kommen werden, die intelligenter pressen und Gegenangriffe zuverlässiger abschließen als Wolfsburg. Bayern kann an guten Tagen praktisch jeder Mannschaft der Welt drei, vier Tore einschenken, das ist nicht das Problem; aber sie sind gleichzeitig auch immer für drei, vier Gegentore gut, und diese Rechnung scheint mir unter Nagelsmann bisher nur in der Bundesliga aufzugehen, und auch da oft genug eben mal nicht. Und wo dann international schon Schluß sein kann, haben wir ja letztes Jahr gesehen.

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AG 7. Februar 2023 um 11:01

Hm, ich würde hier nochmal eine Lanze für die Bayern brechen. Ja, es gibt verschiedene Probleme und Unsicherheiten, aber da sind sie ja bei weitem nicht das einzige Topteam. In der BL lassen sie zwar ein Tor pro Spiel zu (ungefähr gleich in xG), dafür schießen sie aber drei! In xG ist das nicht so krass, trotzdem sind das 2 xG pro Spiel vs 1 xG zugelassen, mit einer xG-Differenz / 90 von etwas größer als +1. Das ist verdammt gut!

Bei FBref kann man alle Teams der Top5-Ligen miteinander vergleichen. Dabei haben die Bayern die beste Tordifferenz aller 98 Teams, die 5. beste xG-Differenz pro Spiel, und sind immerhin in der Top 10 nach Punkte pro Spiel.

In der Champions League haben sie sich gerade in dieser Saison auch ziemlich gut angestellt: im Prinzip die gleiche Tor- und xG-Ausbeute wie in der Liga. 3 Tore pro Spiel bzw. 2 xG, und nur ein Tor pro Spiel zugelassen. Und das in einer schweren Gruppe: Inter ist guter zweiter in der Serie A, und die haben sie zweimal abgefertigt. Barcelona hat eine richtig starke Saison unter Xavi – außer in der Champions League, unter anderem wegen den Bayern. Das Heimspiel sah in der ersten Hälfte zwar nicht souverän aus, haben sie aber trotzdem mit etwas Glück, einer guten zweiten Halbzeit und fast ausgeglichenen xG trotzdem gewonnen. Und im Auswärtsspiel haben sie Barcelona richtig vermöbelt. Plzen ist natürlich schwächer.

PSG ist natürlich kein leichter Gegner, aber die Bayern sehe ich trotz allem vorne. Und da bin ich nicht allein: neben den genannten Sachen sieht z.B. der ClubELO die Bayern als zweitbeste Mannschaft der Welt (deutlich vor PSG), und 538 sieht die Bayern aktuell sogar als die besten an. Die andere Mannschaft ist in beiden Fällen Man City (über die müsste man mal separat diskutieren, was ihre Finanzbetrügereien angeht). 538 sieht die Bayern sogar als Favoriten auf den CL-Titel an mit immerhin 22% Chance, und die Seite ist doch recht solide, was Vorhersagen angeht.

Versteht mich nicht falsch: Diskussionen über Probleme, Verbesserungsansätze, oder taktisch/strategische Feinheiten finde ich super, deshalb bin ich ja hier. Gleichzeitig sollten wir nicht vergessen, dass im Fußball wenige Tore geschossen werden und ein Glückstreffer einen großen Einfluss auf das Ergebnis hat. Gerade im Vergleich zu Handball, Basketball. Deshalb versuche ich immer die Ergebnisse ein bisschen zu relativieren und gute Vorhersagen zu treffen.

Daniel 15. März 2023 um 09:26

Deinen Kommentar muss ich damals irgendwie überlesen haben. Das kann man sicherlich so sehen, aber zumindest auf die BL bezogen sehe ich Bayerns Leistungen doch deutlich kritischer als du. Die Punktausbeute ist zu diesem Zeitpunkt die schlechteste seit der Saison, in der Kovac entlassen wurde (gutes Omen: damals gewann Bayern am Ende die CL) und angesichts des auch für Bayern-Verhältnisse ziemlich guten und tiefen Kaders diese Saison nicht ausreichend. Auch wenn ich seit ein paar Wochen den Eindruck habe, dass das auch mit Konzentrationsproblemen zusammenhängt (vllt auch nicht so erstaunlich angesichts von 10 Meistertiteln in Folge). Auch taktisch finde ich besonders das Mittelfeld derzeit dysfunktional (siehe meine anderen Kommentare der letzten Wochen)

CL bin ich total d’accord, das ist bisher richtig stark und der Grund, warum Nagelsmann noch immer fest im Sattel sitzt mMn. Bayern hat bei beiden bisherigen Auslosungen die schwierigsten denkbaren Lose gezogen und steht trotzdem noch immer bei einer Siegrate von 100 %. Hier zeigt die Mannschaft, dass sie mit einer konzentrierten Leistung tatsächlich defensiv sehr stabil stehen kann- dass Inter, Barca und PSG über jeweils 180 Minuten zusammen 0 Tore gegen Bayern geschossen haben ist wirklich bemerkenswert. Eine im Vergleich zu den Ligaspielen deutlich höhere positionelle Disziplin und andere Spielweise der Gegner machen’s möglich. Auch irgendwie bezeichnend für mögliche Konzentrationsprobleme, dass Pilsen dafür zweimal gegen Bayern getroffen hat.

Zu City: was willst du über die Finanzbetrügereien diskutieren? Jeder weiß, dass die Vorwürfe zutreffen und jeder weiß, dass die Ermittlungen dazu im Sande verlaufen werden…

Koom 17. März 2023 um 11:58

Natürlich sind die Bayern-Stats auch weiterhin gut. U.U. sind sie vielleicht sogar besser als in den vorigen Saisons, aber das könnte dann trügerisch sein. Der aktuelle (also von dieser Saison) Spieleindruck wirkt instabiler, unkontrollierter als in den Jahren zuvor. Und es spiegelt sich auch ein wenig in der Punkteausbeute wieder.


tobit 17. Januar 2023 um 17:00

Kann jemand was zu Ryerson sagen? Was macht ihn abseits der ziemlich guten Dribblingstatistik aus? Passt er nach Dortmund? Wieso bekommt er dreieinhalb Jahre Vertrag, wenn er nur ein paar Wochen Meunier vertreten soll? Spielt man jetzt doch endlich Dreierkette (mit welchen IV 😉 ?), nachdem man mal wieder einen Wingback verpflichtet hat?

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AG 18. Januar 2023 um 19:01

Danke, das habe ich mich auch gefragt! Er ist weder besonders jung, noch besonders auffällig in irgendeiner Disziplin (außer Dribblings, wie du schreibst), was seine Stats angeht. Nicht die Offensive, die Defensive, oder sein Passspiel ist hervorzuheben, wirkt eher sogar unterdurchschnittlich für die BuLi. Ganz komisch finde ich, dass er auch keiner ist, mit dem man wenigstens immer rechnen kann und der mal eine ganze Saison abreissen könnte: er hat in Jahren in der BuLi noch nicht mal die Hälfte einer Saison nach Minuten gespielt, oder 2000 Minuten zusammenbekommen. Verfügbarkeit wäre ja auch was wert!

Ist das vielleicht ein Modeste-Ding, dass der BVB sich absichert gegen einen Extremfall und den Spieler sonst auf die Bank setzt? Aber wirklich, warum dann so lange Vertrag?

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Koom 19. Januar 2023 um 15:42

1.) Schwächen eines direkten Gegners um die CL-Plätze.
2.) Hier und da wird er als „Mentalitätsspieler“ bezeichnet, also ein stabiler Beißer.

Wenn der BVB glaubt, dass man Fußball immer noch mit 11 Einzelspielern bestreitet, die man jeweils auf eine Position setzt und die dann alleine wuppen, dann wird Ryerson da vermutlich nicht groß weiterhelfen. Aber Philipp Lahm ist in der Rente, das wäre wohl der einzige AV, der alleine diese Position defensiv wie offensiv so erledigen könnte, ohne dass man sonderlich viel Hilfe der Kollegen bräuchte.

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AG 20. Januar 2023 um 07:58

Zu 1) mache ich mal eine Vorhersage: die xG-Differenz von Union ist ungefähr so gut wie die vom VfB oder Leverkusen. Die werden in der Rückrunde einbrechen (=weniger glücklich ihre Chancen umsetzen). Dazu würde ich 2:1 wetten, dass Sheraldo Becker nicht mehr als 10 BL-Tore erreicht (ohne Elfmeter).

Und ansonsten stimmt es schon, dass praktisch kein moderner AV gleichzeitig weltklasse in Offensive und Defensive ist. Ich würde für einen nationalen Topverein trotzdem jemanden für die Offensive suchen und das anders absichern – vielleicht ist Ryerson nur als Ergänzung zu Wolf gedacht, wenn der Trainer defensiv stehen will.

Und @tobit: ich meine bei Ryerson ja nicht nur seine Passquote. Gibt ja einige Zauberer, die schlechte Passquoten und dafür fantastische Vorlagen am laufenden Band liefern. Bei ihm ist das aber nicht so, sondern da ist wenig, und er spielt wenig Raumgewinn raus (progressive Pässe). Vom statistischen Profil gefallen mir tatsächlich auch Gießelmann und Trimmel besser als er…

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Koom 20. Januar 2023 um 10:41

Eine Vorhersage zu Union finde ich schwierig. Gegen Hinrundenende fehlte schon etwas Fortune, was eine Tendenz wäre für deine Vorhersage. Letztlich: Für mich ist es auch vorstellbar, dass sie wie Schalke vor einigen Jahren einfach auch die Rückrunde erfolgreich mauern und irgendwie ein Tor machen. Es gibt genügend ambitionierte Klubs, die sie wieder unterschätzen und sich eine blutige Nase holen werden.

Für Ryerson und den BVB: Wenn der Trainer nicht plötzlich „Zusammenspiel“ auf den Trainingsplan gesetzt hat, wäre ein extrem schwungvoller offensiver AV wirklich besser. Ein defensiver AV rettet denen auch nichts, Meunier ist ja bspw. schon rundherum eigentlich ein guter AV und schaut trotzdem oft schlecht aus. Ein offensiver AV würde vorne vielleicht für das eine Tor mehr sorgen, das man ausgleichen muss.

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Phil 18. Januar 2023 um 23:56

Laut OptaFranz hat Ryerson mit 6,7 Mal pro 90 Minuten Ballgewinnen diese Saison häufiger als jeder andere Spieler von Union Berlin (mind. 500 Minuten) den Ballbesitz gewonnen. (https://twitter.com/OptaFranz/status/1615337383796568064?cxt=HHwWgMDTmdmy6uosAAAA)

Nach WhoScored ein Gesamt-Rating von 6.85, während Meunier eins von 6.63 hat. (https://www.whoscored.com/Players/320436/Show/Julian-Ryerson ; https://www.whoscored.com/Players/104376/Show/Thomas-Meunier) und steht bei der Winter-Kicker-Rangliste auf Platz 12 der Außenverteidiger.

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AG 19. Januar 2023 um 14:34

Danke für die Links. Trotzdem mache ich mir gewisse Sorgen, wie gut ein Spieler für den BVB ist, der bei WhoScored als Schwäche „Passing“ hat…

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tobit 19. Januar 2023 um 17:12

@AG
Die Schwäche Passing scheint (auch) am System der Unioner zu liegen. Trimmel und Gießelmann haben die auch. Für Norwegen hat er zuletzt deutlich passsicherer agiert, auch wenn es nur ein paar Spiele waren. Da Meunier und Wolf dieses Jahr in der Liga ziemlich genau dieselbe Passquote wie Ryerson haben, scheint der ja schonmal in Terzics Idee zu passen. Inwieweit diese Idee für den BVB die richtige ist könnte man dann natürlich immernoch diskutieren, oder ob es für die paar Wochen von Meuniers Verletzung nicht auch mit Wolf (und Passlack auf der Bank) gegangen wäre.
Verfügbar war er wohl, über Verletzungen findet sich zumindest nichts. Konnte sich halt bis dieses jahr nicht nachhaltig gegen Gießelmann oder Trimmel durchsetzen. Was da schlimmer ist, kann man sicherlich diskutieren.

@koom
Inwiefern das Union gerade wirklich schwächt, die ja in der Rückrunde mehr 4er-Kette spielen wollen, wo sicherlich mal einer der 5 starken IV außen eingeplant ist, wird man sehen müssen.
Mentalitätsspieler, wenn ich das schon höre. Ist echt das absolute Unwort (bzw Code für Flop mit Ansage) bei BVB-Transfers geworden.
Generelle Zustimmung, der BVB braucht mehr Kollektiv (dann sieht das auch wieder nach mehr Mentalität aus). Wird es aber nicht geben, gehört nicht zu Terzics Plan, oder er kann es nicht vermitteln. Was da schlimmer ist, kann man auch da wieder diskutieren.

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Daniel 20. Januar 2023 um 13:33

@AG
Schwierig. Bei Union wartet man ja eigentlich seit Jahren mit ähnlichen Begründungen auf den Einbruch. Goalimpact sieht bei Union den viertstärksten Kader der Liga und prognostiziert ihnen dementsprechend Rang 3 der Abschlusstabelle (vor dem Ryerson-Transfer-wobei ich keine Ahnung habe, wie sich der auswirkt). Halte ich auch für sehr optimistisch, aber irgendwas müssen die da schon verdammt richtig machen. Mit einem großen Einbruch rechne ich eher nicht, dafür ziehen die das schon zu lange so durch und sie haben wieder mal eine sehr bequeme Ausgangsposition.

@tobit
Ich kann auch nicht mehr zu Ryerson sagen als du, aber wenn er einigermaßen BVB-Niveau hat soll er sicherlich nicht nur „ein paar Wochen Meunier vertreten“. Erstens ist Meunier der deutlich schlechteste Spieler von Dortmunds nomineller Startelf, zweitens ist er durchaus öfter mal verletzt, drittens ist er schon 31, viertens hat er nur noch anderthalb Jahre Vertrag und fünftens gibt es öfter mal Abgangsgerüchte um ihn. Insofern ist ein neuer RV aus Dortmunder Sicht selbstverständlich in höchstem Maße wünschenswert…unabhängig von der Einzelentscheidung Ryerson.

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tobit 21. Januar 2023 um 13:42

Zu Union d’accord. Die haben schon schlimmere Winterabgänge großartig weggesteckt.

Die Sache ist halt, dass Meunier sehr deutlich kein BVB-Niveau hat. Und Ryerson sieht von außen sehr sehr ähnlich aus. Wenn er ein deutliches Upgrade zu Meiner ist, clever … wenn nicht, käme halt mein Gedanke von oben zum tragen.

Meunier scheint aktuell kein Interesse mehr an einem Abgang zu haben. Zumindest lesen sich die letzten Aussagen so. I’m Sommer war Barca wohl wirklich interessiert aber Dortmund wollte nicht verkaufen. Die scheinen aber jetzt ja auch eher auf Pavard im Sommer zu schielen und sind wohl auch nicht übermäßig unzufrieden mit der aktuellen Besetzung.

Einen neuen top-RV wünschen sich ja eigentlich alle jedes Jahr beim BVB. Da war Meunier bisher der einzige Versuch das umzusetzen. Sieht man also im Verein wohl nicht so dringend (Vllt haben die wie ich immernoch prime-Piszczu im Kopf und auf dem Spielbogen stehen bei der Kaderplanung).
Wenn man im Sommer die AV ordentlich ausmistet (Meunier oder Wolf, Passlack, Schulz weg) und mit Guerreiro links und einem richtigen guten Neuzugang rechts (Geertruida z.B.) in die Saison geht, könnte Ryerson als Backup für beide Seiten sehr viel Sinn ergeben um gleichzeitig Rothe ranzuführen und vllt Morey noch eine letzte Chance zu geben.

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tobit 21. Januar 2023 um 17:36

Die Kirsche auf der Torte ist natürlich, dass Union sich mit dem Ryerson-Geld jetzt Juranovic kauft.
– Mit 8 Mio nur unwesentlich teurer als Ryerson
– Stammspieler bei Kroatien
– Durch Zeit bei Celtic an tiefstehende Gegner gewöhnt, und scheint sich da auch sehr wohl mit zu fühlen
– kann wie Ryerson links und rechts spielen
– laut whoscored sind Passing very strong, Holding onto the Ball und Crossing strong (wahrscheinlich war er aber sofort raus, weil Aerial Duels weak, das ist schließlich die wichtigste AV-Disziplin mit IV wie Süle und Hummels)

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AG 21. Januar 2023 um 22:38

Die Vorhersage zu Union ist vielleicht ein bisschen gewagt, sonst lohnt sie sich aber auch nicht wirklich, aufzuschreiben 😉

Prinzipiell finde ich auch die Idee gut, die AV neu aufzustellen. Ich bin mir eben nicht sicher, wie offensiv der Verein und der Trainer die haben will: sonst würde man Guerreiro doch etwas höher anpreisen. Immerhin gibt es hier einige Fans 🙂

Juranović ist in der Tat interessant, wirkt mit seinen Stats aber deutlich offensiver, als ich für Union erwartet hätte – vielleicht wäre der besser für Dortmund gewesen… Und Geertruida sieht zumindest bei Fbref auch super aus, die Eeredivisie ist trotzdem nicht 1 zu 1 mit der Bundesliga zu vergleichen. Das sollte man beim Preis dringend beachten, da ist doch ein großes Risiko drin. Und: defensiv leistet er schon dort nicht viel, wenige Tackles und kaum Interceptions. Ob die BVB-Fans damit glücklich werden würden? Inzwischen glaube ich nämlich nicht mehr an eine Dreierkette (und dementsprechend Wingbacks) in Dortmund

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AG 23. Januar 2023 um 08:32

Ich habe mir große Strecken des Spiels gestern angeschaut – sehr unterhaltsam bei einem 4:3 gegen Augsburg. Ryerson hat direkt gespielt, sonst gab es ein eher klassisches 4-2-3-1 / 4-3-3. Dabei zeigte sich ein sehr enger Dreiersturm im Ballbesitz mit Malen, Moukoko und Adeyemi. Die drei haben auch gut gewuselt und teilweise schön kombiniert, oft aber zu eng und auch etwas ineffektiv. Dafür war das Mittelfeld mit Özcan, Brandt und Bellingham schon extrem cool anzuschauen, und Bellingham insbesondere.

Insgesamt sind mir aber zwei Dinge aufgefallen: einmal große Probleme beim Spielaufbau, als Augsburg zwischenzeitlich selbst mit einem engen 4-3-3 zugestellt hat – da gab es plötzlich keine Anspielstationen mehr und es wurden ungezielte Pässe nach vorne gespielt, die leicht abzufangen waren. Und der BVB hat oft versucht, über eine Seite nach vorne zu kommen, dabei aber das Zentrum ziemlich entblößt. Das ist ihnen auch einige Male in der Defensive passiert: weites Verschieben auf eine Seite, plötzlich kann Augsburg (!) durch die Mitte spielen. Kann jemand sagen, ob das ein Trainer-, Team- oder Özcan-Problem war? Insgesamt trotzdem ein verdienter Sieg (xG 2.9 – 1.4 nach Opta), aber das sollte auch gegen ein Augsburg-Team so sein, dass 15. ist und die zweitschlechteste xG-Differenz der Liga hat.

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tobit 23. Januar 2023 um 16:46

Klingt ein bisschen so, als hätten zwei aus MMA auch gereicht um denselben Effekt zu erzielen. Ist aber halt schwierig, wenn alle anderen Offensivspieler recht frisch aus Verletzungen kommen und man für die tiefen Zentrumspositionen auch nur Can als 100% fitte Alternative hat. Immerhin hat man sie mal nicht als Breitengeber vergeudet.
Ja, Özcan, Brandt, Bellingham hat sehr viel Potential, weil sie sich individuell clever bewegen und gut bis herausragend am Ball sind. Mit mehr Koordination ihrer eh schon gut harmonierenden Spielzugsideen von außen wäre das eins der besten Mittelfeldtrios auf dem Kontinent, so sieht man immer nur einzelne Flashes.

Das schlechte Aufbauspiel ist ein Teamproblem insofern, dass das Team seit Jahren dieses Problem hat, wenn der Trainer nicht unheimlich viel Arbeit in die Basics und die Staffelungen im Aufbau steckt.

Die Zentrumslücken gegen den Ball sind immer mal wieder eine Phänomen gewesen. Mit Weigl gab es sie kaum, weil er ziemlich unabhängig von wechselnden Trainern diesen Raum verteidigt hat. Witsel und Delaney haben da unter Favre zusammen auch ganz gute Arbeit gemacht, da gingen die Lücken aber auf, wenn nur einer von beiden spielte.
Özcan kann diese Räume auch durchaus verteidigen und ist da eigentlich recht aufmerksam. Aber je stürmerhafter Malen und Adeyemi agieren, desto weiträumiger werden Brandt und insbesondere Bellingham gegen den Ball. Das zieht ihn dann eher mal hinterher um die Halbräume hinter ihnen zu schließen. Er ist halt im Kopf auch eher ein zweiter Sechser als ein Solo-Pivot, hat da gewisse Ähnlichkeiten mit den jungen Benders. Deswegen haben die Flügel in der Hinrunde oft sehr tief verteidigt, was ihnen zwar nicht liegt, aber eben Özcan fokussierter in der Mitte gehalten hat. Oder man hat Can zusätzlich in die Mitte gestellt, was aber eher eine Anpassung gegen die ganz großen Gegner war, wo seine ungenügenden Ballfertigkeiten kaum zum Tragen kommen würden.

AG 26. Januar 2023 um 08:10

Hat jemand das Spiel gegen Mainz gestern geschaut? Wieder ähnliche Probleme, den Sechserraum zu schließen, wobei es etwas besser ging mit Can, Özcan und Brandt. Dafür auch weniger Offensivpower. Adeyemi ist anscheinend noch nicht richtig in der BL angekommen, und Malen scheint auch besser in Europa klarzukommen statt in der Liga. Dafür gefällt mir Moukoko weiter gut, und er hat (Opta/FBref) gestern auch 0.4 xG gesammelt, obwohl nicht das beste Spiel von ihm. Vielleicht wird das Spiel von Dortmund wirklich besser, wenn es so ist, wie du sagst, tobit, und nur zwei aus MMA spielen. Ich wünschte nur, es wäre nicht Moukoko, der für Haller auf die Bank müsste…

tobit 26. Januar 2023 um 14:04

Ich würde halt Haller eh noch nicht von Anfang an bringen. Doppelsturm Malen, Moukoko, wo man dann je nach Bedarf Reus, Adeyemi oder Haller einwechselt. Zwei Shooter sind genug. Die werden dann auch öfter eingesetzt als gestern, weil ihre Nebenmänner nicht so Abschlussfokussiert sind wie sie selbst.
Dahinter vier Mittelfeldspieler. Ob das dann nominell eine Raute

——— Brandt ———
Bellingham — Özcan
——— Dahoud ———

oder ein 2-2

Bellingham — Brandt
— Dahoud – Özcan —

ist, ist recht egal. Reyna, Guerreiro, Can als Rotationsoptionen (plus zur Not noch Reus und Malen für die Zehn) sollten auch erstmal reichen, nachdem man mit Ryerson und dem gerade stärkeren aus Wolf und Hazard (plus zur Not Süle) immernoch okaye AV für beide Seiten hat.

Das Spiel gestern war gar nicht so schlecht. Das Gegentor nach einer Minute ist halt Pech (aber leider doch irgendwie typisch).
Spielerisch war es jeweils in der ersten Viertelstunde beider Halbzeiten auch ziemlich ordentlich. Gerade die Doppelsechs in der zweiten Hälfte hat den Mainzern erstmal komplett den Zahn gezogen. Da ergab sich ein paar mal eine gute Staffelung mit Can so halb nach rechts rausgekippt und Özcan im Sechserraum, was gut zu Süles über das ganze Spiel sehr zentraler Positionierung passte. Sonst war da eigentlich immer der Raum rechts frei (bzw Ryerson wurde dort ignoriert, vllt auch besser so) oder niemand mehr auf der Sechs, was beides nicht optimal ist. Wurde dann leider sehr schnell aufgelöst um Reyna uneingebunden irgendwo rumstehen zu lassen.
Can als Solosechser gegen tiefe Gegner wird mich aber immer auf die Palme bringen. Der hat so viele Verlagerungen verschleppt, wo man mal Adeyemi und Ryerson in die Dynamik hätte bekommen können.
Mainz war jetzt aber auch einfach nicht gerade gefährlich. Die haben es der Restverteidigung manches mal sehr einfach gemacht. Und man merkte, dass sie wegen der englischen Woche auch nicht unbedingt die ganze Zeit Angriffspressing spielen wollten, obwohl das ihre besten Phasen waren.

tobit 23. Januar 2023 um 17:11

Geertruida gewinnt mittlerweile einen sehr hohen Anteil seiner Tackles, was mir als Metrik wichtiger ist als die reine Anzahl. Seine Quote war da früher auch nie schlecht (mit 19 schon etwa so gut wie die aktuellen Zahlen von Meunier), ist aber jetzt nochmal deutlich besser geworden.
Was ich an ihm so interessant finde ist sein Spiel in Ballbesitz, wo er sich viel am Aufbau beteiligt, seine Detailposition aber sehr variabel gestalten kann. Er bleibt dabei allgemein etwas tiefer, spielt viel wie ein rausgekippter Sechser. Dadurch ist er öfter in Position um Konterräume zu schließen ohne zwingend Zweikämpfe führen zu müssen. So ein AV passt finde ich viel besser zu Brandt (der ja meist halbrechts agiert) als die reinen Linienläufer des aktuellen Kaders.
Klar bräuchte man dann für rechts noch einen eher breiten Außenstürmer, aber der stünde wohl sowieso auf der Einkaufsliste. Vor ein paar Jahren hätte ich da jemanden wie Jesus Corona vorgeschlagen, mit einer guten Rückrunde könnte aber Knauff genau der richtige dafür sein. Oder vllt fällt ja ein Pulisic bei Chelsea vom Laster. Aber ich könnte mir die rechte Seite auch gut mit Adeyemi vorstellen, der dann eher mit seinen Läufen die Seite für Brandts Ausweichen öffnen würde.

Gießelmann und Trimmel sind bei Union ja auch nicht wirklich rein defensiv, die haben schon offensiv einiges zutun. Und Fischer ist ja keiner, der mit einer defensiven oder konservativen Spielweise verheiratet ist. Von daher kann ich mir Juranovic da schon gut vorstellen. Sowohl vor der 3er-Kette als auch in einer etwas asymmetrischen 4er-Kette. Passt da finde ich ganz gut zu den recht hoch ausweichenden Achter/Zehner/Flügelstürmer-Hybriden Haraguchi und Öztunali, die ja meist (halb)rechts spielen.

Guerreiro nicht zu verlängern hielte ich für einen großen Fehler. Klar wäre ein defensiv stärkerer LV auch mal cool, man ist mit Guerreiro schon ein bisschen eingeschränkt, wie man die linke Seite aufstellt. Aber ich sehe nicht, dass man ein bessere Gesamtpaket als ihn bekommt. Und er ist ja nun wirklich sehr offen, dass er bleiben will, würde also wohl auch nicht an der neuen Vertragspolitik von Kehl scheitern.
Dass seine Kreativität nach dem Bellingham-Abgang noch dringender gebraucht werden wird als jetzt und dass der neue Achter wahrscheinlich etwas defensiver sein wird, sollte man da bei der Beurteilung auch nicht vergessen.

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Daniel 24. Januar 2023 um 15:35

Guerreiro nicht zu verlängern wäre der schwerste Fehler, den das Management in den letzten Jahren getroffen hat. Bensebaini ablösefrei holen, Guerreiro verlängern und ins Mittelfeld ziehen und Bellingham an den Meistbietenden verscherbeln. Dann hätte man mit Dahoud/Özcan, Guerreiro und Brandt weiterhin eines der besten Mittelfeldtrios Europas (und mit Reyna und Can auch solide Rotationsoptionen für Verletzungen oder falls Bensebaini nicht überzeugt), einen defensivstärkeren LV und für einen sehr moderaten Qualitätsverlust eine wahrscheinlich dreistellige Millionensumme generiert, mit der dann endlich ein vernünftiger RV (außer Ryerson schlägt doch voll ein), ein oder zwei gute Außenstürmer und vllt ein IV verpflichtet werden könnten.

Falls der BVB Guerreiro allen Ernstes nicht behalten möchte nehmen hoffentlich die Bayern Kontakt auf. Er könnte sowohl als offensiver Linksverteidiger als auch als Kreativspieler im Mittelfeld Druck und Entlastung für die arrivierten Davies und Kimmich bringen, was beiden nicht schaden würde-und das zu für Bayern sehr moderaten wirtschaftlichen Voraussetzungen.

tobit 24. Januar 2023 um 17:21

Zusätzlich zu Guerreiro würde ich dann aber noch einen jungen Achter (z.B. Le Fée, wobei man dem schon sehr viel Konkurrenz haben wird) und einen richtigen Sechser (z.B. Guillamón) dazuholen und dafür Can und Dahoud streichen. Bzw wenn Can bleibt, sollte er hauptsächlich als Abwehr-Backup geplant werden.
Eigentlich braucht man zwei Flügelspieler (keine Stürmer 😉 ). Aber ich glaube nicht, dass man da die Mittel hat um die auch beide auf dem richtigen Niveau anzusiedeln. Von daher wäre ich mit einem plus Knauff schon ganz zufrieden.

Bei Bayern sähe ich Guerreiro so gar nicht in Konkurrenz zu Kimmich. Außer die holen doch mal einen Sechser und schieben Kimmich auch noch auf die Acht. Da sind sie aber ja jetzt schon sehr dicht (und teuer) besetzt. Selbst wenn man Sabitzer verkauft bekommt (was bei dem Gehalt wohl schwierig würde) und Gravenberch verleiht, wäre man mit Goretzka, Kimmich, Musiala, Müller und Guerreiro für zwei Positionen fast noch überbesetzt. Goretzka und Müller setzen sich da in den großen Spielen garantiert nicht klaglos auf die Bank.
Als Davies-Backup (oder auch mal mit ihm zusammen über links) wäre das aber schon eine sehr gute Lösung für die Bayern. Die haben ja zuletzt öfter etwas ältere Backups, die taktisch passen, für ihre Stars geholt.

tobit 24. Januar 2023 um 18:00

Achja, und Laimer kommt ja auch noch dazu bei den Bayern. Wobei der wohl ähnlich zur Guerreiro-Überlegung auch als RV eingeplant ist. Wenn sie jetzt noch Perisic hätten, könnten sie eine ganze Elf aus „Außenverteidigern“ aufstellen.

Davies – Perisic – Gnabry
Guerreiro – Laimer
Blind – Kimmich – Mazraoui
Lucas – Pavard

Daniel 24. Januar 2023 um 18:47

Für einen Achter seh ich keinen Bedarf. Wenn man die Achterpositionen offensiv besetzen möchte sind mit Brandt und Reyna zwei sehr gute und talentierte Leute da, wenn man eher Raumkontrolle und Kurzpassspiel haben will gibt es mit Dahoud und Guerreiro auch zwei Spieler mit Stammplatzanspruch und mit Can (bei dem ich in Anbetracht seines mutmaßlichen Gehalts nicht davon ausgehe, dass man einen Abnehmer findet) gibt’s dann noch die Option Physis. Das sind fünf Spieler für ein bis zwei Positionen. Auch wenn Dahoud darüber hinaus noch als Sechser statt Özcan und Guerreiro noch als LV statt Bensebaini in Frage kommen ist das mehr als genug. Dahoud streichen würde ich dringend von abraten. Er gehört zu den besseren Spielern im Kader und sollte jetzt keine unrealistischen Beträge kosten. Welcher Spielertyp fehlt dir denn auf der Acht?
Flügelspieler oder -stürmer…eher eine Begriffsfrage. Bei Knauff bin ich noch nicht sicher, ob er wirklich (schon?) das an Scorerpunkten liefern kann, was man bei Dortmund erwartet. Ich glaube ein weiteres Jahr Eintracht würde ihm nicht schaden. Mit meinem oben überlegten Modell, dass Bellingham möglichst teuer verkauft und indirekt ablösefrei durch Bensebaini ersetzt wird halte ich bei gutem Scouting auch zwei Flügelspieler 😉 für finanzierbar.

Jo, genau das tut Bayern ja jetzt und holt mit Laimer einen klaren Sechser. Kimmich ist der einzige Spieler Bayerns, der zuverlässig aus dem Mittelfeld mit Kombinationsspiel den Ball in die Angriffszone tragen kann. Das sieht man auch jedes mal, wenn Kimmich nicht spielt. Musiala könnte das sicher auch, würde in einer solchen Position aber defensiv noch bedenklich abfallen. Goretzka, Müller, Laimer und leider auch Sabitzer können es nicht, Gravenberch auch noch nicht auf dem erforderlichen Niveau. Mir fällt kein anderer Spieler ein, der dieses Manko des Bayern-Kaders aus dem Stand beheben könnte, der nicht mindestens 30 Mio kostet. Musiala und Müller sind im Bayern-Mittelfeld der offensive Part (und vollziehen dort gerade den Generationswechsel), auf der Doppelsechs dahinter hätte Bayern dann die Option je nach Situation eine defensive Absicherung (Laimer), einen offensiv vorstoßenden Achter (Goretzka) oder einen weiteren Kurzpassspieler (Guerreiro) neben Kimmich zu stellen. Gravenberch wird verliehen, Sabitzer wenn es geht verkauft…wenn nicht ist auch nicht schlimm, schließlich kommen sowohl er als auch Guerreiro und Laimer auch für andere Positionen in Frage.
Blind ist wahrscheinlich nur die Überbrückung bis Sommer, Lucas muss erstmal einen Kreuzbandriss wegstecken, Pavard will wohl weg und Gnabry ist als AV wirklich nur eine absolute Notlösung.

tobit 24. Januar 2023 um 20:24

Reyna ist mir zu offensiv für die Acht, ständig verletzt, und ich bin generell nicht so überzeugt von ihm (Typ Pogba in weniger genial und zweikampfschwächer ist halt sehr schwierig einzubinden). Ich wäre bereit ihn für eine gute Ablösesumme (20 Mio+) abzugeben. Ansonsten ist sein Platz eher außen oder als zweiter Stürmer, nicht im Zentrum.
Dahoud ist jetzt seit sechs Jahren da und hat (auch wegen Verletzungen) noch keine 5 Spiele am Stück sein Potenzial auf den Rasen bekommen. Am ehesten noch als ganz tiefer Ballverteiler. Wenn man ihn aber da aufstellt, kann man nicht Brandt und Guerreiro vor ihn stellen, weil das defensiv nicht reicht. Manchmal ist es einfach Zeit einen Schnitt zu machen, auch wenn ich ihn als Spielertypen eigentlich auch cool finde.
Ob Can da ist oder nicht, macht meiner Meinung hauptsächlich den Unterschied ob man einen vierten IV holen muss oder nicht (und selbst den kann man sich mit Besebaini evtl sparen). Für mehr reicht es bei ihm einfach nicht. Wie bei Schulz: wenn die Abfindung kleiner als die noch ausstehenden Gehälter ist, ist das das vorzuziehende Szenario. Er dürfte sicherlich einen Verein finden, der ihm 3 mio oder so zahlt, dann legt der BVB noch 5 Mio Abfindung drauf und spart damit immerhin die Hälfte seines absurden Gehalts.
Damit steht man dann im Mittelfeld bei Özcan, Guerreiro, Brandt. Und Guerreiro ist auch noch links hinten eingeplant und gerne mal verletzt. Da ist definitiv Platz für zwei Neue und nach Bellingham auch der Bedarf für mehr Qualität.

Laimer ist doch kein Sechser. Der rennt genauso das Feld rauf und runter wie Goretzka oder Kimmich. Wird wahrscheinlich Bayerns defensivster Mittelfeldspieler sein, aber das ist auch nicht schwer bei der Versammlung von Zehnern.
Natürlich kostet ein Stammspieler auf Bayern-Niveau mehr als 30 Mio, wir haben nicht mehr 2011. Wenn man mal Talente und Xabi auslässt, war der letzte richtige Stammspieler unter 30 Mio. sogar Arjen Robben 2009 (der eigentlich auch da schon mehr Wert war).
Das Problem der Bayern ist doch, dass die die Kimmichs Spielmacherrolle ersetzen können, trotzdem noch Kimmich als Sechser hinter sich brauchen, weil niemand sonst auch nur annähernd Sechser spielen kann. Blind ist ja fast schon der zweitbeste Sechser im aktuellen Bayernkader (und der ist schon lange kein Sechser mehr). Sagst du ja auch: Goretzka (Strafraumachter), Guerreiro (Kombinationsachter), Laimer (Gegenpressingmaschine) wären verschiedene Optionen für die Zwischenposition vor Kimmich. Der könnte alle diese Profile da je nach Bedarf spielen, überwiegend sogar besser als die oben genannten. Deswegen kapier ich nicht, warum Bayern keinen Sechser holt.

Die AV-Elf war ja auch eine reine Spielerei. Fiel mir da nur gerade auf, dass die Bayern in den letzten Jahren eine Menge Spieler hatten die AV (oder „AV“) und noch was anderes spielen können.

Daniel 25. Januar 2023 um 10:43

D’accord zu Reyna. Wenn jemand 20 Mio für ihn bietet würde ich ihn auch abgeben und durch einen defensiveren Mittelfeldakteur ersetzen…angesichts der von dir richtig beschriebenen Eigenschaften halte ich das nur nicht für sonderlich wahrscheinlich. Und vllt kann er sich ja defensiv noch steigern, das wäre für seine weitere Karriere sehr förderlich…in den Offensivzonen gibt’s meines Erachtens einige größere Talente.
Das stimmt jetzt auch nicht, Dahoud hatte schon immer wieder seine Phasen beim BVB. Und von seiner wechselhaften Zeit wissen ja auch andere, deswegen werden ihm wohl nicht in Massen die hochdotierten Angebote zufliegen. Mit ihm ist die Mannschaft stärker als ohne und es sollte wirtschaftlich gut machbar sein, da seh ich nicht, was gegen eine Verlängerung spricht. Dortmunds Instabilität wird ebenso sehr auf den AV-Positionen erzeugt wie im Mittelfeld-mit Bensebaini und einem neuen RV sollte das Konstrukt schon deutlich stabiler sein und das käme auch Dahoud zugute.
Ich glaub nicht, dass man Can eine Abfindung zahlt, schon wegen der Außenwirkung nicht. Das wäre ja das finale Eingeständnis des Managements eines nächsten sündhaft teuren Flops.
Der große Kaderumbau wird in Dortmund erst im Sommer 24 stattfinden (können), dann laufen mit Can, Schulz, Wolf, Meunier und Hazard gleich fünf deutlich überteuerte Verträge aus und mit dem dann frei werdenden Gehaltsbudget kann man den Kader auf neue Beine stellen und ein oder zwei defensivstärkere Mittelfeldspieler als Komplement zu Brandt, Guerreiro und Dahoud sowie mindestens einen IV mit Stammplatzambitionen holen. Diesen Sommer sollte man sich auf die größten Schwachstellen auf den Außenpositionen konzentrieren. Guerreiro verlängern, Dahoud und Hummels bei reduzierten und stark leistungsabhängigen Konditionen ebenfalls und Modeste, Passlack, Unbehaun und Reus abgeben (Reus ist zwar noch gut, aber auf diesen zentralen Offensivpositionen ist Dortmund auch ohne ihn überbesetzt).

Ich seh Leipzig halt großteils in den „großen Spielen“ gegen Bayern, Dortmund oder in der CL. Da ist er kein Vergleich zu Kimmich und Goretzka und klar defensiver. Am Freitag in der ersten HZ war er meines Erachtens ein ziemlich lupenreiner Sechser. Wie das gegen Hertha oder Mainz aussieht weiß ich jetzt aber tatsächlich nicht. Insofern bin ich jetzt einfach mal Optimist und hoffe, dass die sportliche Führung Laimer als defensivstarken Sechser geholt hat…weil alles andere kann Bayern da nicht gebrauchen (außer einem Spielmacher, aber das ist Laimer ohne Zweifel nicht).

Von Pulisic würde ich Abstand nehmen. Lieber auf aufstrebende Spieler setzen als die Ersatzbänke der selbsternannten Topvereine zu kaufen, diese Lektion sollte man aus Schürrle, Can etc mitnehmen. Mittelmäßige Spieler mit überteuerten Gehaltsvorstellungen hat der BVB mehr als genug.

„Die haben ja zuletzt öfter etwas ältere Backups, die taktisch passen, für ihre Stars geholt.“
Ergibt finde ich auch Sinn. Bei älteren Spielern sind „die Fronten geklärt“, was sie erreichen können, während jüngere Spieler zu Recht auf Spielzeit pochen, um sich verbessern zu können. Choupo-Moting, Blind, Sommer oder früher Rafinha wissen, dass sie keine Weltfußballer mehr werden und kommen im Zweifelsfall damit klar, auch mal ein paar Spiele nur eingewechselt zu werden oder ganz draußen zu bleiben. Außerdem sind sie in ihrer Leistung meist stabiler als jüngere.

tobit 26. Januar 2023 um 14:23

Oh ich denke schon, dass man für Reyna irgendwo 20 Mio einsammeln könnte. Klar, wenn er jetzt die Rückrunde weiter kaum spielt, wird es schwierig. Terzic scheint ihn aber zu mögen und hat ihn in der Hinrunde wohl viel für die „wichtigen“ / „großen“ Spiele geschont.
Bei Dahoud glaube ich einfach nicht mehr dran, dass der in Dortmund noch zündet. Wie damals mit Ginter, das Potenzial und die Klasse sieht jeder, aber sie kommt einfach nicht richtig auf den Rasen. Ich denke halt, dass man jemand noch besseren als ihn holen könnte. Aber wahrscheinlich hast du Recht und die Sechs bleibt wie sie ist, dann ist Dahoud immerhin ein deutliches Upgrade zu Can und hier und da mal sehr gut.
Zu Can hast du wohl Recht.
Eine große Offensive würde ich 2024 nicht erwarten. Man wird einfach froh sein die Kosten gesenkt zu haben und die paar hundert Minuten auf Talente verteilen (was ich gut fände).
Guerreiro wird zu 90% gehen. Den will man bei den Bossen aus irgendeinem Grund unbedingt loswerden.

Wenn Kimmich mal in so einer Underdog-Rolle spielen müsste, wäre er da wahrscheinlich auch sechserhafter. Gegen andere Gegner ist Laimer schon ziemlich box to box, spielt ja nicht ohne Grund eigentlich immer neben Schlager oder Kampl, die viel klarere Sechser sind.

Pulisic sehe ich da einfach anders als du. Dem traue ich den Sprung nochmal zu, sit ja auch vom Alter her kaum mit Schü oder Can zu vergleichen. Aber wahrscheinlich passiert außer dem aktuell gehandelten Duranville (gerade 16) nichts und man versucht sich mit ihm, JBG, Adeyemi und Knauff/Wolf/Hazard durchzuwurschteln.

Klar ergibt das für Bayern absolut Sinn. Die können denen ja auch den Sitz auf der Bank vergolden wie nur wenige andere. War auch nicht als negativer Punkt gemeint, sondern ziemluch anerkennend, dass sie immer wieder so passende Spieler finden und überzeugen können.

Daniel 29. Januar 2023 um 12:21

„Wie damals mit Ginter, das Potenzial und die Klasse sieht jeder, aber sie kommt einfach nicht richtig auf den Rasen.“
Gibt’s denn außer Bellingham irgendeinen BVB-Feldspieler, auf den das in den letzten Jahren nicht zutrifft?

Weiß ich nichtmal. Chelsea verfolge ich nicht, aber basierend auf seiner Dortmunder Zeit könnte Pulisic schon eine Hilfe sein. Mein Misstrauen reduziert eher auf seinem derzeitigen Arbeitgeber. Chelsea, Paris und City generieren ihre Einnahmen nicht aus Sport und können sich deshalb Personalkosten leisten, die nach den Maßstäben eines Fußballvereins deutlich überbezahlt wären. Ausnahmen bestätigen die Regel, aber im Allgemeinen sollte man sich Transfers von diesen Vereinen extrem gut überlegen, weil ein marktwertgetreues Angebot für einen Spieler dieser Klubs inakzeptabel niedrig ist. Nach dem Sané-Transfer zu Bayern gab es verschiedene Berichte, dass andere Bayernspieler sich im Vergleich zu Sané plötzlich unterbezahlt fühlten und nachverhandeln wollten. Direkt und indirekt dürfte der Sané-Transfer Bayern’s Personalkosten gesteigert haben, obwohl das Gehaltsniveau bei Bayern schon nochmal ein anderes ist als in Dortmund. Sané und auch Timo Werner dürften als Deutsche schon in Bezug auf die N11 ein gewisses Interesse daran gehabt haben, sich in ihrer Heimat wieder in den Vordergrund zu spielen, und deshalb relativ große Gehaltseinbußen in Kauf genommen haben. Beim Amerikaner Pulisic entfällt dieses Argument aber. Damit das für Dortmund ein guter Deal wäre dürfte Chelsea wirklich keinerlei Ablöse fordern und Pulisic müsste auf mindestens die Hälfte des Gehalts verzichten, dass ihm bei Chelsea noch ein Jahr zustünde. Beides seh ich nicht. Klar, fragen kostet nix. Aber die Dortmunder Verantwortlichen müssten vor der Kontaktaufnahme eine Schmerzgrenze festlegen und dürften sich von dieser unter keinen Umständen wegschwatzen lassen-ob sie das könnten? Wäre weiß Gott nicht das erste mal, dass die Gier nach einem vermeintlichen Prestigetransfer die wirtschaftliche Vernunft aussticht.

Das ergibt schon auch für andere Vereine Sinn-grad für solche, die vllt wirtschaftlich nicht so stark sind, um die Toptalente mitbieten zu können. Spieler auf dem absoluten Zenit holen, die den Großteil ihrer Karriere für die eigenen Ansprüche eigentlich zu schlecht gewesen wären, aber genau deshalb eben sowohl vom Gehalt als auch von den Spielanteilen zufrieden sind, wo Spieler mit „größeren Namen“ längst meckern würden. Union Berlin z.B. ist da auch sehr groß drin.

tobit 29. Januar 2023 um 15:28

Guerreiro, Hummels, Reus von den aktuellen Stammspielern würde ich da definitiv nennen. In den letzten Jahren noch Akanji, Delaney, Haaland, Sancho, Witsel. Ansonsten würde ich noch Wolf nennen, der sein (für den BVB arg begrenztes) Potenzial erreicht hat, wenn er gespielt hat. Wenn man zur Ausgangsaussage (keine 5 Spiele am Stück) zurückgeht kommen mindestens noch Brandt und Zagadou dazu, die ihr Potenzial zumindest mal über längere Phasen abgerufen haben. Und Dahoud hatte dafür mehr Zeit als die meisten der Genannten, nur Guerreiro, Hummels und Reus sind länger im Verein.

Klar Pulisic müsste schon bereit sein auf sehr viel Geld zu verzichten. Das müsste er aber bei jedem Wechsel, egal ob im kommenden Sommer oder nach einem Jahr mit wenig/ohne Spielzeit in 2024. In Dortmund kennt er sich dafür schon aus und war auch sehr erfolgreich. Und sellbst wenn er beim BVB Topverdiener neben Süle (~15 Mio) würde, gibt es ja kaum Spieler, die aktuell irgendwelche Argumente für eine Anhebung in diese Sphären gesammelt haben. Bzw selbst wenn jemand das fordert, wäre Süle viel eher die Analogie zu Sané als Pulisic, da er der erste Neuzugang in dieses Sphären war.

Für Bayern und kleinere Vereine ergibt das Sinn, weil sie Spieler holen können, die sportlich hilfreich sind aber finanziell wenig ins Gewicht fallen. Der BVB liegt genau in der Lücke, wo sie den Spieler entweder bezahlen wie einen Stammspieler oder er für das Rotationsspielergehalt woanders immernoch europäisch, dafür aber Stamm spielt.
Und Bayern hat ja eher nicht Spieler auf dem absoluten Peak geholt, sondern immer eher etwas danach. Der goldene Herbst ist halt auch ein bisschen bequemer mit einer Decke über den Knien. Will der BVB jemanden von finanziell ähnlicher Insignifikanz holen wie Blind oder EMCM für die Bayern, wäre man bei Spielern an der Kante zwischen erster und zweiter Liga. Paquarada, Höfler, Ducksch als Beispiele, die vllt sogar einen kleinen positiven Impact im Kader hätten. Die meisten Optionen wären da aber deutlich weniger hilfreich als die drei.


Koom 10. November 2022 um 11:29

Und mal was zu den Bayern: Ich bin fasziniert, das Choupo-Moting, den vor der Saison (und auch lange Zeit in dieser Saison) keiner auf den Zettel hatte und plötzlich Stammspieler ist. Und das nicht, weil er einen massiven Qualitätssprung gemacht hätte – der war schon immer ein solider Mittelstürmer ohne riesige Schwächen aber auch nicht herausragend. Nein, er spielt den Mittelstürmer mit guter Präsenz, schafft Räume, hält den Ball, schließt ab. Und plötzlich sind die Bayern wieder erheblich leistungsstabiler in der Offensive. Defensiv scheppert es immer noch etwas oft, aber offensiv rollen die Tore seitdem wieder deutlicher.

Das ist etwas, wo Nagelsmann wohl gelernt hat, und wo auch Flick, Löw und andere gerne hinschauen dürfen: Manchmal brauchst du für eine Position jemanden, der diese spielen kann, auch wenn er nicht herausragend auf seinem Gebiet ist. Aber man bimst keinem überragenden 10er/Halbstürmer das Verhalten eines Mittelstürmers ein, wie das immer wieder versucht wird (Havertz, Werner, Götze, Gnabry, Müller usw).

Für die Struktur einer Mannschaft braucht es manchmal IMO einfach auch einen „Wasserträger“, der fleissig die Aufgaben einer Position erfüllt. Sei es der Sechser, der dann eben keine Tore macht oder 50m Pässe spielt sondern „nur“ absichert und Spielfluss aufrecht erhält. Oder halt eben der Mittelstürmer, der präsent ist, IVs bindet und hin und wieder ein Tor macht (und sei es Abpraller).

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tobit 10. November 2022 um 13:54

Beim zweiten Absatz passt mir Havertz als Beispiel nicht. Der ist sowohl bei Chelsea als auch bei der N11 der eindeutig beste Mittelstürmer der letzten Jahre. Dem hat Tuchel eben doch genau dieses Verhalten eingebimst … bzw. er konnte viel davon halt schon vorher, weil er halt ein geborener Stürmer ist (wie ich hier schon vor Jahren immer wieder gesagt habe). Werner würde ich auch nicht so ganz mit den anderen stehen lassen. Der kann schon vorne drin sehr gut sein, aber torgefährlich ist er (wie Havertz) eher wenn er aus dem Raum kommen kann.

Ansonsten volle Zustimmung.
Aber ich sehe absolut schwarz, dass das noch jemand lernt. Flick hat ja auch wieder gar keinen Sechser nominiert, nichtmal einen vierten Achter nimmt er mit zu den nächsten zwei Länderspielen. Dafür 4 Zehner und 7 Halb-/Innenverteidiger.

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Koom 10. November 2022 um 14:47

Wg. Havertz: Das ist halt das Problem. Havertz ist auch nicht so sehr Mittelstürmer, sondern will auch lieber aus dem Raum kommen – also eher ein Halbstürmer/10er. So wirklich wohl fühlt er sich ganz vorne nicht, er schafft nicht gut Räume.

Aus meiner Sicht ist das eben ganz ähnlich zu dem 6er: Es geht nicht darum, da vorne nominell zu stehen, sondern permanent in dieser Position zu denken, zu laufen, zu arbeiten. Eine undankbare Aufgabe, weil man unterm Strich vermutlich nur der Raumschaffer wird, aber die Offensive von deutschen Mannschaften braucht diesen Typ.

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tobit 10. November 2022 um 17:29

Da werden wir uns wohl einfach nicht einig. Ich finde Havertz macht das sehr gut von der Neun und ist eben genau der Spieler, den es da braucht. U.a. eben weil er die Spielweise aus dem Raum heraus so gut kennt. Hauptsächlich aber, weil er anspielbar, ballsicher und kreativ mit dem Rücken zum Tor ist. Wenn er daraus auch noch direkt torgefährlich wäre, gäbe es ja wohl keine Diskussion mehr um irgendwas, man hätte seinen Lewandowski oder Benzema für das nächste Jahrzehnt. Die Torgefahr bringen aber einige von den Halbspielern durchaus mit, insbesondere wenn man ihnen die Spitze mal frei macht. In den Situationen ist ein Füllkrug dann basically nutzlos, Havertz nicht.
Und Füllkrug ist jetzt auch nicht unbedingt der große Hecht, was Raumschaffen angeht, er profitiert bei Werder finde ich viel mehr von den eh vorhandenen Räumen, in die ihn die kreativen hinter ihm dann gut einsetzen, und der Partnerschaft mit Ducksch, wo sie eben beide nicht die gesamte Neuner-Aufgabe allein machen müssen. Für Moukoko gilt ziemlich ähnliches, er profitiert finde ich sehr von den Räumen die gerade Malen mit seinen extremen Positionierungen öffnet.

Generell sehe ich die Rolle der Neun nicht ganz so eng begrenzt wie du, glaube ich. Havertz gelegentliches Verlassen der Rolle erzwingt oftmals Bewegung vom Rest der Offensive, die es sonst nicht gegeben hätte. Und eine statische Offensive ist immer leichter zu verteidigen als eine in Bewegung.

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Koom 11. November 2022 um 10:30

Ich habe ihn überwiegend nur bei der N11 gesehen, da funktionierte das eher nicht so dolle. Das ich Havertz grundsätzlich von seinen Anlagen für einen tollen MS halte, würde ich sogar bestätigen. Trotzdem würde ihm mal ein fachkundiger MS-Trainer mal gut tun, der ihn da weiterbringt. Aktuell ist das mir noch zu viel Stückwerk und unkonstant.

Liegt möglicherweise auch daran, dass er vielleicht im Kopf noch viel zu sehr „mitentscheidend“ an den Szenen sein will und dadurch den Halbstürmern die Räume nimmt, weil er sich instinktiv in diese bewegt, anstatt sich eher dahin zu bewegen, wo vielleicht der lange Ball, Abpraller oder sonstwas hinkommen kann (und wo er dann 1-2 IVs mit sich nehmen würde).

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Daniel 23. November 2022 um 20:16

Bin ehrlich gesagt auch kein Fan von Havertz. Mich erinnert er irgendwie zunehmend an Draxler: vieles sieht ganz nett aus, aber für einen Durchbruch zur Weltklasse fehlen dann doch zu oft Durchschlagskraft und Spielintelligenz. Unabhängig von seiner Position sieht Havertz sich glaub ich selbst als ein Spieler, der er einfach nicht ist. Havertz wäre gern ein wendiger Dribblingspieler, den Eindruck hab ich immer, wenn ich ihn sehe. Obwohl er für seine 1,90 tatsächlich verblüffend beweglich ist sieht man aber gerade in einem Spiel wie heute, wo er mit Leuten wie Musiala, Gündogan oder auch Doan auf dem Platz steht, dass er das einfach nicht (auf Weltklasseniveau) ist und von seiner Physiognomie her auch gar nicht sein kann. Ist natürlich Spekulatius, aber ich halte es für gut möglich, dass Havertz noch bei dieser WM seinen Stammplatz im Sturm für immer an Moukoko verlieren wird. Ehrlich gesagt ist mir schon jetzt nicht klar, was Havertz eigentlich besser macht als dieser. Und auf den Positionen dahinter gibt’s mindestens vier bessere Alternativen.

Ohne jetzt zu stark von einer allgemeinen Einschätzung auf das heutige Spiel übergehen zu wollen, aber das vermeintliche 2:0 zeigt recht deutlich, dass es auch zum Instinkt eines MS weit fehlt: Es ist völlig klar, dass Gnabry diesen Pass spielen wird. Havertz‘ einziger Job ist es, hinter Gnabry zu bleiben, dann zählt das Ding. Das ist eine Kleinigkeit, aber Leute wie Müller oder wahrscheinlich auch Füllkrug machen solche Kleinigkeiten halt richtig und das ist der Unterschied.

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Koom 24. November 2022 um 10:12

Tobias Escher hat übrigens das auch analysiert. Laut ihm hatten Havertz und Müller keinen Torschuss verzeichnet. Das ist schon bitter und verlangt quasi schon per se nach einer Detailanalyse, wie es bei diesen 2 zentralen Spieler dazu kommen kann. Gerade Müller ist ja eigentlich gerne dabei, seinen Schädel oder Fuß irgendwie hinzuhalten. Aber das kann er IMO nur gut, wenn ein „gelernter“ MS da vorne die Räume schafft.

Und neben dem Sturmproblem nach wie vor das Problem der schlechten Defensive. Klappt das Pressing vorne nicht – was nach einer gewissen Spielzeit und keinem allzu doofen Gegner immer irgendwann passieren wird – wird es hinten gefährlich, weil die meisten Angriffe dann mit Tempo auf die Kette treffen, weil davor wenig getan wird. Kimmich hatte gestern auch wieder besseres zu tun und macht da auf Kroos: Einfach nicht da sein, wenns gefährlich wird, dann ist man auch nicht Schuld.

Daniel 24. November 2022 um 13:15

Zum Spiel gestern: so schlecht fand ich das eigentlich nicht. Die erste Hälfte war ab Gündogan’s Fehler sehr souverän und dominant und auch in der zweiten Halbzeit gab es einige richtig gute Chancen für Deutschland, das Spiel zu zu machen. Auch Müller und Havertz fand ich zwar etwas unglücklich, aber solide.

Was du über Kimmich sagst lässt sich 1:1 auch über Gündogan sagen: Defensiv haben sie (zu) oft keinen Zugriff. Ich werd mit dieser Doppelsechs einfach nicht warm, meiner Meinung nach muss entweder hinter die beiden noch ein dritter Spieler oder einer der beiden muss halt weichen. Aber ein klarer Sechser ist halt leider wieder nicht nominiert. Trotzdem stand Deutschland auch defensiv nicht so schlecht gestern in Anbetracht der Tatsache, dass Japan offensiv schon einige wirklich gute Leute hat und sehr organisiert angreift. Vor dem Ausgleich gab es schonmal eine große Chance aber sonst war eigentlich nicht viel. Das 1:2 war ja kein herausgespieltes Tor und geht zu hundert Prozent auf Schlotterbeck, der sich von einem hoch und weit gebolzten Freistoß niemals so übertölpen lassen darf.

Taktik-Ignorant 24. November 2022 um 13:35

Wäre Havertz hinter dem Ball geblieben, hätte er ihn wahrscheinlich gar nicht mehr erreicht. Der Fehler war, wie mehrfach zu beobachten, vorher das Abspiel von der Strafraumgrenze nochmal nach außen an einen zwar freien, aber nicht wirklich gut postierten Mitspieler. 2-3 mal viel mir in der ersten Halbzeit auf, wie aus dieser seitlichen Strafraumposition zurückgepasst wurde, aber wegen der Staffelung der Abwehr der jeweilige Adressat den Ball in seinen Rücken gespielt bekam und sich vom Tor wegdrehen musste. Mir wären ein paar scharfe Vertikalpässe in den Strafraum hinein lieber gewesen – selbst wenn der Ball dreimal bei einem Gegenspieler hängen bleibt, beim vierten Mal hat ein Spieler eine Schußchance, die er eigentlich gar nicht vermasseln kann.

Zu Havertz: er scheint in seiner Entwicklung inzwischen zu stagnieren. Er ist wohl auch besser in einer Kontermannschaft aufgehoben, die schnell nach vorne spielt, weil er da seine Geistesgegenwart und seine Technik ausspielen kann. Als Mittelstürmer ist er fehl am Platze, und für die Positionen dahinter gibt es mit Gündogan, Musiala oder Goretzka bessere. Bei Moukoko würde ich abwarten, wie er sich entwickelt.

Taktik-Ignorant 24. November 2022 um 13:43

Zum zweiten japanischen Tor würde ich sagen, dass der erste Fehler darin liegt, dass ein Teil der Abwehr auf Abseits spielt und einer nicht. So etwas sollte normalerweise im Training geübt werden. Schlotterbeck hat dann, als er den Japaner eingeholt hatte, die Grätsche vermieden und das lange Eck zugemacht, so dass der Stürmer nur noch auf das kurze Eck schießen konnte. In besserer Verfassung (und bei besserem Stellungsspiel) hätte Neuer den zugegebenermaßen harten Schuss aber gehalten.
Abgesehen davon war die Abwehr nach nervösem Beginn hinterher recht gut im Spiel, aber das Defensivverhalten der NM wurde insgesamt ab Minute 65 etwas schlampiger, nachlässiger. Konditionsmängel?

Koom 24. November 2022 um 14:16

Schlotterbeck hätte das 2. Tor nur verhindern können mit einer Hummels-High-Risk-Grätsche (die bei ihm zu oft einen Elfer verursachen. Er holt den Spieler ein, drängt ihn etwas ab, wodurch der Schusswinkel sehr schlecht wird.

Hauptschuld für den Treffer geht an Süle (geistig abgeschaltet, dadurch Abseitsstellung aufgehoben) und ein klein wenig Neuer, der sich tatsächlich eindreht und dadurch den Schusswinkel für halbhoch und hoch wieder anbietet (um möglicherweise gegen einen Beinschuss besser gewappnet zu sein.

Daniel 24. November 2022 um 14:44

@Koom
Hat Süle das Abseits aufgehoben? Hab da noch keine Aufnahme gesehen, aus der das hervorgeht. Falls ja würde ich das auch so sehen. Ansonsten darf Asano eigentlich gar nicht an den Ball kommen, weil Schlotterbeck bei dem hohen Ball klar die Lufthoheit haben muss. Wenn Süle das Abseits aufhebt wäre Schlotterbeck diesbezüglich aber in der Tat entlastet und dann hätte er nur noch wenig Möglichkeiten gehabt.

@Taktik-Ignorant
So wie Gnabry den Ball spielt hätte Havertz ihn dann natürlich nicht erwischt, aber Gnabry reagiert ja auf Havertz Bewegung. Er hätte den Ball auch etwas weniger scharf spielen können, wenn Havertz später startet. Die japanische Verteidigung war ja aus dem Spiel.
Das mit dem Zurückspielen ist mir aber auch ein paar mal aufgefallen

Koom 24. November 2022 um 15:39

@Daniel:
Hier kann man die ganze Situation gut sehen:
https://twitter.com/XxAdamKhanxX/status/1595711733204746241

Taktik-Ignorant 24. November 2022 um 15:49

@Daniel: Man merkt generell an den Kombinationen und auch an der fehlenden Geschwindigkeit und Schärfe des Pass-Spiels, dass die deutsche NM wenig eingespielt ist. Eigentlich verwunderlich, da sich theoretisch ein guter Teil der Offensivpositionen mit Bayernspielern besetzen ließe, andererseits normal wegen der geringen Vorbereitungszeit. Bislang hat mich keine Mannschaft außer den Spaniern im offensiven Kombinationsspiel völlig überzeugt, und die Spanier schienen mir ziemlich viel Platz zu haben. Allerdings hat sich mir auch nicht erschlossen, was von Deutschland ansonsten trainiert wurde, in der einen Woche. Und die individuelle Qualität reicht anscheinend (und überraschenderweise, wenn man bedenkt, in welchen Vereinen die deutschen Spieler ihrer Arbeit nachgehen) nicht aus, um die Defizite an mannschaftlicher Geschlossenheit wettzumachen. Sechs Punkte gegen Spanien und Costa Rica erscheint mir beim gegenwärtigen Zustand der Mannschaft ein aussichtsloses Unterfangen.

Daniel 24. November 2022 um 18:05

Auf Eingespieltheit legt Flick offensichtlich wenig Wert…sieht man ja auch an der Ausbootung von Goretzka, dass offenbar nicht das Ziel eines „Bayern-Blocks“ besteht. Naja…die japanischen Spieler spielen auch nicht in so viel schlechteren Vereinen teilweise. Dass Deutschland da einfach überall individuell haushoch überlegen ist stand jetzt auch nicht zu erwarten. Aussichtslos jetzt nicht gerade, aber ein Sieg gegen Spanien wird sicherlich extrem schwer. Gegen Costa Rica wird auch die Leistung von gestern ziemlich sicher recht locker reichen…vor allem wenn die so spielen wie gegen Spanien.
Naja, was heißt warten wie sich Moukoko entwickelt. Er ist halt jetzt schon der beste deutsche Mittelstürmer. Das sagt zwar mehr über die Konkurrenz aus als über ihn aber hilft ja nix. Einfach aus Trotz irgendwelche Notlösungen aufzustellen, nur weil man aus Prinzip keinen 18-jährigen will, kann’s ja auch nicht sein.

Taktik-Ignorant 24. November 2022 um 19:21

Im Moment ist Füllkrug ein Stück effizienter als Moukoko, von dem ich in der Bundesliga bislang auch noch keine Wunderdinge gesehen habe – Musiala oder Bellingham waren da im gleichen Alter schon weiter. Ich würde in der Tat eher Füllkrug bringen, er hat die Körperlichkeit, die Offensiven wie Sané, Müller, Gnabry oder Musiala abgeht, und ich habe irgendwie den Eindruck, dass ein körperlich präsenter Zentrumsspieler dem deutschen Spiel ähnlich gut tun würde wie Choupo Moting dem Bayernspiel (in beiden Fällen, obwohl dafür dann andere hochkarätige Stürmer weichen müssten, aber es zählt halt das Gesamtgleichgewicht).

Zu den Aussichten: Ich glaube nicht, dass Costa Rica noch einmal so körperlos und abwesend spielt wie gegen Spanien, aber das spielt ohnehin keine Rolle, da ich nicht sehe, wie die deutsche Mannschaft in ihrer aktuellen Verfassung gegen die Spanier bestehen soll. Und ein Punkt gegen Spanien wird zu wenig sein, zumal der direkte Vergleich gegen Japan bereits verloren ist.

Daniel 25. November 2022 um 10:12

Inwiefern ist Füllkrug „effizienter“? In Sachen Torbeteiligungen pro Minute hat Moukoko die Nase vorn, bei den erzielten Toren führt Füllkrug minimal. Ansonsten ist Füllkrug eigentlich gar nicht der alleinige Mittelstürmer, zu dem er momentan stilisiert wird. Bei Werder Bremen teilt er sich diese Aufgabe mit Ducksch auf…wenn Füllkrug eine alleinige Neun spielen musste sah das bisher meist nicht so großartig aus. Probieren kann man das aber schonmal…grad gegen Spanien könnte er in der Tat eine interessante Option sein.

Deutschland geht sicher bei weitem nicht als Favorit in dieses Spiel-aber selbstverständlich KANN die DFB-Elf Spanien in einem Spiel schlagen. Zumal die taktische Wechselwirkung eine völlig andere sein wird als gegen Japan.

Taktik-Ignorant 25. November 2022 um 11:20

Zur Effizienz: Füllkrug hat in der aktuellen Bundesliga-Saison 10 Treffer, Moukoko 6. Damit liegt Moukoko tatsächlich gut im Rennen, wenn man bedenkt, dass zu Saisonbeginn vor allem Modeste eingesetzt wurde. Letzteres hatte aber auch seinen Grund, und den hat man gesehen, als Moukoko schließlich spielte: er ist gut, aber auf dem Buli-Niveau noch nicht so durchsetzungsfähig. Er verbessert sich, was Anlass zur Hoffnung gibt, aber meine Überlegungen bezogen sich konkret auf die aktuelle Notlage der Nationalelf, und da glaube ich, dass Füllkrug kurzfristig als robuste Nummer neun ungeachtet seiner Mängel eher weiterhilft. Es geht halt jetzt darum, die Vorrunde zu überstehen. Ich habe den Eindruck, der Nationalelf, die in der Offensive ja viele Bayern zum Kader zählt, täte ein solcher Fixpunkt auf der 9 ähnlich gut wie den Bayern, auch wenn dafür ein technisch besserer anderer Stürmer auf die Bank müsste – es geht um die Ausgewogenheit im Team.
Egal, welche Umstellungen der Trainer vornimmt – gegen das formstarke Spanien den notwendigen Sieg einzufahren wird eine Mammutaufgabe.
Den deutschen Spielern fehlt ja nicht unbedingt die individuelle Klasse, wenn man bedenkt, wie viele von ihnen in Top-Vereinen spielen und schon die Champions League gewonnen haben, aber irgend etwas hakt derzeit.

Koom 25. November 2022 um 11:47

Die Diskussion um die 9 hatte ich zuletzt ja auch mit tobit. Ich denke auch, dass ein richtiger 9er, also einer, der diesen Raum hält, der das Positionsspiel dort kennt, mehr weiterhilft als ein noch so begabter „falscher Neuner“ oder 10er (wie es Havertz eher ist). Ich bin alt, deswegen denk ich gern an so alte Weisheiten wie von Ulf Kirsten zurück, dem vom Trainer auch attestiert wurde, eine Staubsaugervertretermentalität zu haben: Immer weitermachen, arbeiten, rackern. Auch beim 200 mal auf den Abpraller hoffen und sich dafür bereit halten, auch wenn er wieder nicht kommt. Aber mit solchen Bewegungen ziehst du die Abwehr auseinander, machst Platz für die Mitspieler.

Havertz und andere Pseudo-Neuner wollen viel zu sehr „direkt“ an einer Szene dabei sein. Und nehmen dann den 10ern oder anderen Offensiven dort die Räume und ziehen zudem die Abwehr nicht auseinander. Und so ein Verhalten kriegst du nicht in ner Woche eingebüffelt (außer, jemand trainiert dich wirklich komplett darauf).

Taktik-Ignorant 28. November 2022 um 11:36

Nach dem Spanien-Spiel: Hat die Nationalmannschaft ein Torhüter-Problem?

Daniel 28. November 2022 um 13:48

Nur wegen des einen Fehlpasses in der ersten Hälfte oder was meinst du? Ansonsten kurze Antwort: nein, das ist so ziemlich das letzte Problem der Nationalmannschaft.

Koom 28. November 2022 um 14:28

Auch wenn er nicht mehr außergewöhnlich ist, ist Neuer immer noch Klasse. Ich sehe ihn weder stärker noch schwächer als Trapp der Ter Stegen und alle 3 Mann sind problemlos ganz oben anzusiedeln.

Taktik-Ignorant 28. November 2022 um 14:51

Ich meinte den Fehler gegen Japan (beim 2. Gegentor, er dreht sich da noch weg), die Fehlpässe (es waren 2 oder 3 gegen Spanien) und auch das spanische Gegentor, wieder in die Torwartecke. 2014 gegen Benzéma hat er den Arm schneller hochbekommen. (Wäre ich jetzt ganz böse, würde ich sagen, das war doch überdies sein Reklamierarm, den er eigentlich immer oben hat). Neuer war vor dem Turnier verletzt und ich frage mich, ob die Verletzung ganz ausgeheilt ist und ob ihn da vielleicht falscher Ehrgeiz antreibt. Da die beiden anderen Torleute ebenfalls top sind, kann der Bundestrainer ja wechseln.

Daniel 29. November 2022 um 11:00

Ich kann mich gegen Spanien nur an einen Fehlpass erinnern (der allerdings in der Tat ziemlich übel war). Das spanische Tor Neuer anzulasten ist wohl eher ein Scherz…Morata kommt sechs Meter zentral vor dem Tor völlig frei zum Abschluss und trifft (nahezu) ins Kreuzeck.
Selbst beim Siegtor der Japaner kann man Neuer nur eine sehr geringe Verantwortung geben. Er spekuliert aus gutem Grund eher auf einen flachen Abschluss und macht unten alles zu (wenn er den Beinschuss kassiert ist die Kritik sehr viel größer). Dass Asano hoch abschließt war die schwierigste und unwahrscheinlichste Option. Als Torwart muss man nunmal ab und zu zocken. Wenn du dich beim Elfmeter fürs falsche Eck entscheidest kassierst du auch oft ein Tor, dass du sonst gehalten hättest.

Taktik-Ignorant 29. November 2022 um 12:49

Morata schießt von der Seite, das lange Eck wird von Süle zugemacht, ebenso ein Pass nach innen. Neuer konnte mit dem Ball so rechnen, wie er gekommen ist, und er flog ziemlich nah an seinem Körper vorbei ins Tor. Allerdings scharf geschossen und aus kurzer Distanz. Beim Siegtor der Japaner würde ich Neuer jedoch die Hauptverantwortung geben. Der Winkel war so eng, dass er den Ball hätte haben müssen. Man muss auch nicht die Arme unten haben, um einen Beinschuss zu verhindern. Natürlich muss er den halten, Asano konnte weder flanken noch nach innen passen, selbst für das lange Eck war der Winkel nicht gut – ein harter Schuss aufs kurze Eck war seine einzige Möglichkeit, es bestand also kein Grund zum Zocken. Bemerkenswert fand ich auch, dass Schlotterbeck gegen Spanien kurz vor Schluss dann doch lieber die Blutgrätsche und einen möglichen Elfer riskiert hat, anstatt den spanischen Stürmer schießen zu lassen…..


Koom 20. Oktober 2022 um 14:23

Speziell in der Nachbetrachtung stellt man fest, dass der BVB momentan ausgesprochen schlecht ist. Das fiel in diesem Spiel weniger auf, weil man im Grunde spielen durfte wie ein Abstiegskandidat, sich nur auf die tiefstehende Defensive konzentrieren konnte mit maximal vielen Defensivspielern. Wiederum erschreckend, dass das reichte, um den Bayern nen Punkt zu klauen.

Aber ich würde gerne beim BVB bleiben: Mehr und mehr scheint mir gerade sichtbar zu werden, dass Terzics Inhalte sich scheinbar nur auf Motivation beziehen. Strukturell schaut der BVB grauselig schlecht aus. Was schon damals auf der Basis von Favres noch recht solide einstudierten defensiven Abläufen schon uninspiriert rüberkam (und dann dank Sancho und Haaland doch zu einem Endspurt reichte), macht es nun noch deutlicher. Schon Rose legte scheinbar wenig Wert auf eine gut abgestimmte Formation mit klaren Abläufen, bei Terzic und dem durchaus großen Umbau im Kern (2 neue IV, ein neuer DM, neuer Zielspieler im Sturm) ist nun keine Grundlage mehr da, die er nutzen könnte. Und Aufbauen kann oder will er scheinbar auch nicht, wenn man seine Presserunden und Statements zugrundelegt, wo es eigentlich nur um Mentalität und Motivation geht.

Antworten

Daniel 8. November 2022 um 12:54

Ohne dir jetzt grundsätzlich widersprechen zu wollen in Bezug auf Terzic finde ich seine bisherige Herangehensweise an die momentane Amtszeit schon plausibel und auch in der Umsetzung erstmal nicht schlecht. Defensiv wirkt das auf mich sehr viel stabiler, diese Saison hat der BVB in der Liga bislang durchschnittlich nur 1,08 xG gegen sich zugelassen (drittbester Wert der Liga nach Bayern und Union). Letzte Saison waren es noch für eine Spitzenmannschaft ziemlich indiskutable 1,4. Ob Terzic jetzt der Richtige für einen langfristigen Neuaufbau ist bezweifle ich auch eher, aber für jeden Trainer wäre die Hauptaufgabe erstmal darin gelegen, Roses völlig unstrukturiertem Abwehrhühnerhaufen wieder eine gewisse Disziplin einzuhauchen und das hat Terzic ganz gut gemacht-insbesondere da die Umstände mit Hallers Erkrankung und langen Verletzungspausen für die wichtigen Säulen Kobel, Dahoud und Özcan nicht sonderlich rosig waren. Zu seinen Presserunden kann ich nix sagen, aber darauf würde ich generell nicht zu viel geben. Da sagen wohl die meisten Leute eher das, was die Journalisten hören wollen, als das, was sie wirklich denken und machen.

Antworten

tobit 8. November 2022 um 18:19

Die Herangehensweise finde ich auch erstmal plausibel. Die Umsetzung hinterlässt bei mir dann aber Zweifel.
1. Man hat bisher das Team nicht tatsächlich verbessert, nur die xGA und xG in gleichem Maße gesenkt. Bessere Defensive erkauft mit schlechterer Offensive ist nicht das, was man bei einer so massiven Investition in den Kader erwartet.
2. Die Performance der Abwehr, die personell kaum noch mit Roses „Hühnerhaufen“ vergleichbar ist, ist für ihre individuelle Klasse und Erfahrung viel zu inkonstant. Und man lässt deutlich mehr Schüsse zu als jedes andere europäische Topteam. Topteams sind in der Regel dann erfolgreich, wenn sie wenig Schüsse zulassen, weil das den Zufallsfaktor eines Sonntagsschusses minimiert.
3. Man hat scheinbar keinerlei Plan wie man seine Schlüsselspieler ersetzen will. Özcan, Dahoud und Haller sind praktisch einzigartig im Kader. Siehe den Modeste-Transfer und das ewige Festhalten an einem Stürmer, dessen meistzitierte Fähigkeit/Contribution die Verteidigung von Ecken war. Und ob Özcan so einschlägt, war mMn auch alles andere als sicher.

Das ist jetzt nicht als große Verteidigung Roses gedacht. Aber ich sehe einfach nicht, wo Terzic wirklich etwas verbessert hat, was nicht etwas anderes im gleichen Maße verschlechtert hat. Insbesondere sobald man den Bereich der Statistiken verlässt.

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Koom 8. November 2022 um 21:11

Naja, das sah jetzt ja nicht unbedingt nach Terzics Plan aus, dass er erstmal defensiver spielen wollen würde. Das hat sich eher mehr und mehr so entwickelt, nachdem es ständig rappelte und brannte im eigenen Strafraum. Erkauft wird das mit einer mehr und mehr brachliegenden Offensive. Rose kann man vielleicht zugute halten, dass er eine Idee hatte (die er aber schlecht umsetzte), bei Terzic schaut es nach purer Verwaltung (und Verzweiflung) aus.

IMO sprechen auch eine Menge Symptome und Indizien für die Planlosigkeit. Das fängt bei den Verletzungen an, die sich seit Favre in jeder Saison stapeln. Klar, wenn du im Grunde dauernd nur wild am Sprinten bist (auch defensiv), das auch noch wenig mit Plan – dann sind Verletzungen wegen Verschleiß recht sicher. Das auch bestimmte Spielertypen sehr oft doof aussehen (Adeyemi, Guerreiro, Modeste) oder sich sichtbar auf dem Platz wegen des schlechten Zusammenspiels ärgern (Bellingham, Haaland, Hummels) lässt darauf schließen, dass da keine Abläufe groß geplant sind. Gerade Adeyemi ist eigentlich der Dauergefickte: Der Junge WILL ganz klar und deutlich. Aber er ist kein Messi, der sich mal fallen lassen und das Spiel ankurbeln kann. Aber da sich ansonsten jeder Spieler versteckt, bringt er sich öfter in solche Situationen, wo er dann dumm ausschaut.

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Daniel 8. November 2022 um 23:06

@tobit
1. Glaubst du wirklich, dass der Rückgang der xG daran liegt, dass man letztes Jahr einen besseren Offensivplan hatte? Ich würde eher sagen, dass das ein nicht überraschendes Ergebnis der Tatsache ist, dass man den dominanten Offensivakteur im Sommer verloren hat und den designierten Nachfolger durch eine nicht besonders gut zum Kader passende Notlösung ersetzen musste.
2. Naja…inkonstant ist erstmal ja schon eine Verbesserung zu konstant schlecht. Dass Dortmund derzeit beileibe kein europäisches Topteam ist sollte klar sein.
3. Totale Zustimmung, aber da kann Terzic (und auch Rose) ja nichts dafür. Diesen Transfersommer fand ich zum ersten mal seit langem mal ganz gut, Özcan, Schlotterbeck und Süle tun dem BVB gut. Aber Dortmund hat noch lange keinen guten Kader und so lange Spieler wie Schulz, Can oder Meunier wie Betonklötze im Gehaltsbudget liegen wird sich das wohl auch kaum ändern.

@Koom
Bei Rose hatte ich auch spätestens in der RR den Eindruck, dass das nur noch Verzweiflung ist. Dortmunds Kaderschwächen machen mehr als Verwaltung auch mehr als schwer in meinen Augen

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Koom 9. November 2022 um 10:27

These: Ich halte Schulz, Can und Meunier nicht für schlecht. Speziell erstere beiden werden herb verteufelt (wie mehr und mehr auch Adeyemi, Brandt, Guerreiro), aus meiner Sicht brauchen die aber vor allem einen Trainer, der mit ihren klar vorhandenen Stärken und Schwächen arbeitet. Und eigentlich ist das – aus meiner Laiensicht – kein Hexenwerk.

Speziell Can ist so übel nicht, aber leidet unter einem Gottkomplex. Er meint, dass er die Wiedergeburt von Matthäus wäre und deswegen das ganze Feld beherrscht. Wenn man ihn mal einnorden würde, dass er einfach mal einen klassischen Sechser spielen soll und dort bleiben soll, könnte das was werden. Der will viel zu viel machen und nichts davon richtig. Im Grunde ein bisserl wie Adeyemi in der Offensive.

Ich finde die Kaderplanung nicht schlecht. Das ganze hatte feines Potentiel für eine Liverpool-artige Vorgehensweise. Idealerweise in einem 4-3-3 ohne Flügelstürmer, Pressingspielweise, mit Haller als Schlüssel gegen tiefe Verteidigungsreihen. Richtig eingestellt hätte man sogar ein ganz nettes Mittelfeld dafür: Can, Bellingham, Dahoud sind dafür eigentlich ganz nette ambivalente Spieler mit guter Dynamik.

Der Plan B mit Modeste ist halt sehr simpel gehalten. Spielerisch ist das zu der ersten Variante dann schon anders. _Wenn_ Modeste die Qualität hat (was möglich ist), kann man damit regelmässig genug auch gegen die Kleinen punkten, um in der Meisterschaft dran zu bleiben.

Der Schlüssel bei beiden (bzw. allen) Varianten ist halt der Trainer. Und der haut ausser Kalendersprüchen und verzweifelten Brandreden nichts raus. Und das noch nicht mal nach einer kompletten Hinrunde. Die Verzweifelung ist wohl groß. Im Gegensatz zum letzten Mal kann er nicht auf eine funktionierende Defensivmechanik von Favre setzen und auf Wundertaten Einzelner (Haaland, Sancho) hoffen. Haller wird auch nicht der Spieler sein, der alles plötzlich ändern wird, auch mit ihm müssen Spieler gezielt nachrücken und die Räume nutzen. Das sehe ich nicht.

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tobit 9. November 2022 um 15:51

@Daniel
1. Letztes Jahr hat man ohne Haaland praktisch dieselben xG und xGA Werte gehabt. 1,95/1,43 in den 21 Spielen mit ihm 1,88/1,39 in den 10 Spielen ohne ihn und 1,94/1,21 in den 3 Spielen wo er nach seinen Ausfällen nur eingewechselt wurde. Dieses Jahr steht man bei 1,64/1,21 in 14 Spielen mit Adeyemi, Özcan und Süle als Netto-Zugängen gegenüber den Spielen ohne Haaland der letzten Saison (man ist also offensiv sogar mehr schlechter geworden als man defensiv besser geworden ist).
2. Klar ist das eine Verbesserung der Defensive. Sie kommt halt nur mit einer gleichzeitigen Verschlechterung der Offensive in gleichem Maße. Offensiv und defensiv inkonstant zu sein halte ich für schlechter als in beiden konstant mäßig zu sein.
3. Klar ist die Kaderzusammenstellung nicht 100% optimal und braucht Zeit zu fixen. Aber man hat als Trainer schon ein paar Möglichkeiten sich auf Ausfälle von Schlüsselspielern vorzubereiten. Adeyemi, Malen und Moukoko haben früher alle als Stürmer gespielt, man hielt aber keinen davon für fähig dort statt Haller zu spielen. Braucht man dann wirklich alle drei im Kader und keinen weiteren Frontliner? Da kann man als Coach und ehemaliger technischer Direktor schon Einfluss auf die Transferpolitik nehmen. Witsel hat sich bei Atletico praktisch sofort durchgesetzt, den hätte man versuchen können zu halten, selbst wenn man ihn nicht als absoluten Stammspieler eingeschätzt hätte (war ja nicht so, dass der unbedingt weg wollte).
Terzic hatte die längste Vorbereitung mit komplettem Kader, die ein BVB-Trainer seit langem hatte. Und es ist weniger System zu sehen als bei allen anderen. Selbst Stöger hat komplett ohne Vorbereitung etwa die selbe Menge System auf den Platz gebracht. Nicht jedes dieser Systeme war gut oder gut umgesetzt, aber es waren zumindest Ideen erkennbar. Terzic ist der erste, der wirklich nur versucht zu verwalten, was schon da war.

@koom
Zustimmung zu den ersten beiden und dem letzen Absätzen. Ich würde Can ungern auf der Sechs einsetzen, selbst wenn man ihn einnordet. Aber er ist aktuell der einzige außer Özcan, der da zumindest Potential hat.
Schulz und Meunier leiden ganz massiv unter den Qualitäten der Spieler, die sie ersetzen sollen. Ihnen fehlt aber meiner Meinung nach auch die grundsätzliche Eignung für das Spiel des BVB, weil sie nicht kreativ und ballsicher genug sind um einen Unterschied außerhalb von (Gegen)Kontern zu machen.
Der Plan mit Modeste ist meiner Meinung nach krachend gescheitert. Modeste hat einfach keinen Impact, den kein anderer Angreifer nicht auch hat. Nichtmal im Luftkampf ist er wirklich besser als Moukoko. War für mich auch ziemlich mit Ansage, dass da nichts draus werden würde.

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Daniel 9. November 2022 um 17:27

@Koom
„Schlecht“ ist natürlich keine treffende Beschreibung für Spieler mit einer dreistelligen Anzahl an Erstligaspielen. Entsprechend habe ich das in meinem Kommentar auch ins Verhältnis gesetzt zu den für sie (mutmaßlich) erforderlichen Kosten. Can zum Beispiel hat 2020 laut transfermarkt 25 Mio € gekostet. So eine Ablösesumme wird über die Vertragslaufzeit abgeschrieben, also allein die Ablöse reißt bis 2024 jährlich eine Lücke von 25 Mio/4 ins Personalbudget…dazu kommt dann noch das Gehalt, das für einen von Juve gekommenen deutschen Nationalspieler saftig sein dürfte. Und dafür ist er „zu schlecht“, ja. Alle gehobenen Bundesligisten haben auf dieser Position bessere oder wenigstens vergleichbar gute Spieler für (deutlich) weniger Geld im Kader. Insofern würde ich das Wort „schlecht“ eher durch „überteuert“ ersetzen. Schulz und Meunier ähnlich (Meunier war ablösefrei, wird aber vermutlich einiges an Handgeld und Gehalt verlangt haben.)
Guerreiro und Brandt haben in der Tat „klar erkennbare Stärken“, Adeyemi wahrscheinlich auch (hab ihn noch nicht so oft gesehen)-bei den drei genannten weiß ich aber ehrlich gesagt gar nicht, worin sie (für die Verhältnisse des Dortmunder Kaders) wirklich gut sein sollen. Schulz ist relativ schnell, Meunier für einen AV halbwegs kopfballstark-aber sonst so?

Can ist meines Erachtens überhaupt kein geeigneter Sechser. Noch schlimmer als sein „Gottkomplex“ sind dafür seine mangelhafte Spielübersicht und sein tollpatschiges Zweikampfverhalten, mit dem er viel zu oft Karten, Elfmeter und gefährliche Freistöße verschuldet. Mir ist schon oft aufgefallen, dass er von Ereignissen außerhalb seines direkten Sichtfelds komplett überrascht wird, was auf mangelhaftes Umblickverhalten und schlechtes peripheres Sehen hindeutet-beides absolut kritisch für einen Sechser und nur schwer zu erlernen. Allein diese Saison sind daraus schon mehrere hochgefährliche Ballverluste und Fehlpässe entstanden. Als Verteidiger hat er wenigstens immer das Spielfeld vor sich und kann im Normalfall nicht von der Seite oder hinten angegriffen werden, als Achter würden seine Fouls, Fehlpässe und Ballverluste in weniger gefährlichen Räumen passieren und im Idealfall könnte er mit seiner wilden Zweikampfführung ein paar vielversprechende Ballgewinne verbuchen, aber als Sechser geht er gar nicht.

Liverpool? Die wären mit der letzte Referenzwert, der mir da einfällt. Ich bin kein Experte für die, aber meines Wissens stellt Klopp da hinter seinem Dreierangriff fast immer ziemlich defensivstarke Spieler auf…und genau die hat der BVB ja nunmal so gar nicht in seinen Reihen. Abgesehen von den IV würde ich da nur Özcan ein gutes defensives Gespür bescheinigen, viele andere sind für ihre Position defensiv teilweise bedenklich schwach.

„Der Schlüssel bei beiden (bzw. allen) Varianten ist halt der Trainer. Und der haut ausser Kalendersprüchen und verzweifelten Brandreden nichts raus.“
Seit Tuchel sind in Dortmund vier Trainer mehr oder weniger gescheitert. Unwahrscheinlich, dass die einfach alle nicht kapiert haben, dass der BVB-Kader ideal für eine Liverpool-Kopie ist…

@tobit
1. Interessant. War mir gar nicht so bewusst, dass der BVB mit Haaland im expG- Bereich fast gleich gut abgeschnitten hat wie ohne ihn.
„Adeyemi, Malen und Moukoko haben früher alle als Stürmer gespielt, man hielt aber keinen davon für fähig dort statt Haller zu spielen. Braucht man dann wirklich alle drei im Kader und keinen weiteren Frontliner?“
Versteh ich nicht. Man hat mit Modeste einen weiteren „Frontliner“ geholt, also geht der Vorwurf doch ins Leere. Wenn überhaupt kann man fragen, ob Modeste der Richtige war. Da würd ich wie du sagen, dass Modeste nicht die Lösung war, was schon zum Zeitpunkt seines Transfers recht wahrscheinlich war. Allerdings bezweifle ich, dass Dortmund zu diesem Zeitpunkt (recht fortgeschrittene Transferperiode) bessere Möglichkeiten hatte. Zumal die Jobbeschreibung „Stürmer für ein halbes Jahr gesucht, der sich danach hoffentlich für Haller klaglos auf die Bank setzt“ jetzt auch nicht übermäßig ansprechend sein und Dortmunds Budget schon ziemlich aufgebraucht gewesen sein dürfte. Vermutlich waren die Optionen „Modeste oder nix“. Und da hat man dann halt auf sicher Modeste genommen.

Zu Witsel: keine Ahnung, ob er einen Vertrag zu Ersatzspielerkonditionen akzeptiert hätte (angesichts seines Renommees und eines Angebotes von Atletico bezweifle ich es eher). Sowohl letzte Saison als auch in den beiden Spielen für Atletico gegen Leverkusen konnte man jedenfalls gut sehen, warum er kein Stammspieler für eine Top-10-Mannschaft Europas mehr sein sollte.

„Ich würde Can ungern auf der Sechs einsetzen, selbst wenn man ihn einnordet. Aber er ist aktuell der einzige außer Özcan, der da zumindest Potential hat.“
Dahoud hat viel mehr Potential. Sowohl als Sechser als auch allgemein

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tobit 9. November 2022 um 20:38

Volle Zustimmung zur Charakterisierung von Can. Als Backup für mehrere Positionen ist er leistungstechnisch ganz ok, dafür darf man halt nicht 15 Mio.+ pro Jahr zahlen. Vor allem wenn er die Mehrheit dieser Positionen eigentlich nur widerwillig bekleidet.
Can ist halt körperlich in der Lage, sich zu behaupten. Das ist was Terzic auf der Sechs will. Deswegen zählt Dahoud auch nicht, auch wenn er die Sechs (mit defensiver Unterstützung) sehr gut spielen kann. Außerdem ist der ja eh mal wieder nicht fit.

Özcan, Bellingahm und Dahoud könnten zusammen schon ein ganz nettes „Liverpool-Mittelfeld“ geben. Es fehlen halt die Rotationsoptionen (Milner, Keita, Elliott, Ox). Was mir deutlich größere Sorgen bereiten würde, sind die AV. Guerreiro ist zwar spielstark, aber eher auf Höhe des Zehnerraums, nicht wie TAA aus der Tiefe. Und die RV sind zwar laufstark aber längst nicht so positionierungsgenial wie Robbo. Gegen den Ball verbietet sich eh jeder Vergleich.
Generell finde ich das Liverpool-System nicht so übertragbar. Es lebt finde ich mehr von der absurden individuellen Klasse der Schlüsselspieler als dass es unabhängig von denen großartig ist. Adeyemi ist kein Salah, Özcan kein Fabinho und Süle kein VvD. Es geht koom auch glaube ich nicht darum, dass das System seit Jahren optimal für den BVB gewesen wäre, sondern dass es aktuell eine interessante Idee wäre die teuren Zugänge der letzten zwei Jahre einzubinden. Ich sehe selbst das nicht so, eigentlich passt es nur zu Malen und Adeyemi wirklich gut.

Und sie haben meiner Meinung nach ohne Haaland sogar besseren Fussball gespielt. In beide Richtungen. Weil sie eben nicht alles an dem einen Fokusspieler ausgerichtet haben.

Was ich meine ist: Man wollte das Spielsystem voll und ganz an dem Spielertypus Haller ausrichten, hat aber niemandem im Kader zugetraut als sein Backup zu agieren. Es war also der Plan, dass Haller jedes einzelne Spiel mindestens bis zur 70. Minute (eher länger) spielt. Wie gut das in der Vergangenheit z.B. mit Piszczek als RV funktioniert hat, wissen wir wohl alle. Deswegen sah man sich nach seinem Ausfall gezwungen, jemanden zu verpflichten. Wenn man da wirklich auf niemand anderen als Modeste gekommen ist (der das Profil abseits der Statur überhaupt nicht erfüllt), hat man ein massives Scouting-Problem.
Legen wir mal die ~10 Mio. als Budget zugrunde, die Modeste kostet: Im August sind mehrere Stürmer per Leihe gewechselt (Dolberg, Milik, Weghorst), die besser als Haller-Vertreter passen und wahrscheinlich genauso ok mit der „ein Jahr, vllt weniger“-Situation gewesen wären. Und auch für Ablöse sind im August noch Spieler zu haben gewesen, die mindestens so gut gepasst hätten wie Modeste (z.B. Batshuayi).

Man hätte Witsel sicherlich mehr bezahlen müssen als ein Ersatzspieler normalerweise kostet. Aber man hat auf der Position einen sehr günstigen Stammspieler, das sollte also für ein Jahr drin sein. Eine andere Option wäre der ablösefreie Grillitsch gewesen, der letztlich bei Ajax einen sehr clubfreundlichen Vertrag unterschrieben hat. Sicherlich auch kein Stammspieler für einen Topclub, aber das ist der BVB ja auch nicht.

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Koom 10. November 2022 um 11:20

Das der BVB teils sehr teuer (und manchmal auch sinnfrei) einkauft, ist ja auch nichts Neues. Beim Can-Transfer war das Kopfschütteln hier überall sehr groß, weil der sehr überschätzt wird. Ist wohl jemand, der gut rüberkommt als Typ, aber als Spieler fehlt ihm Struktur und Klarheit. Ist auch von aussen schwer zu sagen, ob man ihn einnorden kann. Ich bin an sich Optimist.

Im BVB-Forum hatte jemand auch mal zu Frankfurt verwiesen: Es ist faszinierend, wie dort mit relativ wenig Geldeinsatz eine sehr konstante Entwicklung geschieht, die unabhängig von Trainern und Sportdirektoren ist. Seit Jahren denkt man, dass mit Abgang X nun der Absturz kommt, aber im Worst Case kommt ne Delle und dann eine Steigerung. Aktuelle Vermutung: Ben Manga konzeptioniert und plant die Dinge und holt passende Spieler wie Trainer. Wer weiß. 😉 Aber man muss wirklich sagen, dass trotz mehrfacher Wechsel auf allen Ebenen die Frankfurter seit Jahren eine gewisse Identität auf dem Platz haben.

Zurück zum BVB: Man sucht immer noch das Ideal, das Klopp vorgelebt hat. Und erreicht es nicht. Terzic als auch die Kaderplanung interpretiere ich so, dass man eigentlich genau das machen will. Nur eben nicht mit der Akribie, Klasse und Intelligenz, wie es Klopp und sein Staff durchzieht. Also entweder muss man dieses Konzept besser machen (was dann eigentlich immer dazu reichen sollte um Platz 2 zu erzielen) oder sich ein Konzept schneidern, das für einen Klub wie den BVB passt und danach zusammenstellen.

tobit 10. November 2022 um 13:44

Adeyemi finde ich sogar noch komischer als Can. Weil bei Adeyemi war man sich auch im Verein klar, dass der dieselbe Kaderstelle wie Malen und Moukoko besetzt. Da wirkte es auf mich so, dass man der Kombination aus jung, deutsch, offensiv und Haaland-Nachfolger nicht widerstehen konnte und sich vor dem Transfer quasi keine Gedanken zur Einbindung gemacht hat. Bei Can kann man zumindest die Idee nachvollziehen, wenn man mal kurz annimmt, dass er wirklich der Spieler ist, für den ihn die Bosse halten.
Can wirkte auf mich dieses Jahr auf der Sechs nicht mehr so katastrophal wie früher. Er hat sich zwischen Bellingham und Özcan einfach mit allem zurückgehalten (eingenordet?). Und wenn er doch mal Blödsinn gemacht hat, war einer der beiden da um auszuputzen. In den Spielen, wo man eh nur am eigenen Strafraum stand, war sein zusätzliches Paar Beine und die Aggressivität gegen den Mann sogar mal ganz nützlich (Matthäus für Arme spielt sich besser, wenn das effektive Feld sehr klein ist). Ansonsten war es recht egal ob er oder ein vierter Angreifer abgemeldet irgendwo rumstehen.

Ich weiß nicht, inwiefern sich die Steigerungen und Dellen eines Teams im oberen Mittelfeld wirklich auf ein Team nahe an der Spitze übertragen lassen. Dortmund macht sicherlich nicht genug aus ihren Ressourcen. Aber auch wenn sie die perfekt ausschöpfen würden, wäre Platz 2 und Achtelfinale in der CL (mit gelegentlichen Ausreißern ins Viertel- oder Halbfinale) das, was sie erreichen können. Platz 1 oder dauernde CL-Viertelfinals bräuchten eine so deutliche Steigerung der Ressourcen, dass das ohne ein paar Abstürze von Topvereinen nicht realistisch ist. Bei Frankfurt sind die nötigen Ressourcensteigerungen deutlich kleiner und das Potential für diese deutlich weniger weit ausgeschöpft als beim BVB.
Und eine Identität hat der BVB auch auf dem Platz, nur halt keine die man sich als Fan wünscht.

Das Ideal Klopp ist halt auch nicht wiederholbar. Nichtmal Klopp könnte das nochmal so abziehen. Ansonsten volle Zustimmung. Es fehlt auf der Management-Ebene der Wille oder die Kompetenz sich wirklich tiefgehend mit Fussball allgemein und der (nötigen/richtigen/…) eigenen Spielweise im speziellen auseinanderzusetzen.


Daniel 11. Oktober 2022 um 14:56

Oh wie cool-binnen zwei Tagen zwei Artikel auf spielverlagerung 🙂 Da werd ich ja ganz nostalgisch in Erinnerung an längst vergangene Zeiten. Vielen Dank TR und gerne mehr davon.

Dass bei Bayern die Flügelspieler sehr eingerückt und tief standen (find ich eigentlich treffender als „flach“) ist mir auch aufgefallen-insbesondere bei Davies ist das ja eigentlich sehr ungewöhnlich. So richtig klar ist mir ehrlich gesagt nicht, was Nagelsmann damit konkret erreichen wollte.
Abseits von rein taktischen Aspekten war es irgendwie ein Spiegelbild der Saison beider Mannschaften: Bayern hat immer wieder ganz gute Ansätze, beherrscht aber nichts auf stabil hohem Niveau (vor allem nicht Strafraumverteidigung). Dortmund erscheint fußballerisch ausbaubar, aber deutlich stabiler, nervenstärker und abgezockter als letzte Saison unter Rose. Da die Konkurrenz aus Leipzig und Leverkusen noch stärker schwächelt sollten die großen zwei den Ligatitel wieder unter sich ausmachen-um international mitzumischen müssen sich beide Mannschaften aber noch massiv steigern.

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