Strategiegeschichten bei BVB-FCB
Dortmund bevorzugt lange die Vorsicht, Bayern profitiert im Laufe der ersten Halbzeit vom höheren Zustellen und genau das fehlt am Ende der zweiten: Es war ein Klassiker mit hoher Bedeutung der Strategie. Eine Analyse mit besonderem Fokus auf den strategischen Gesichtspunkten, den strategischen Erwägungen wie letztlichen Wechselwirkungen.
Hinweis zu Beginn: Strategie und das Strategische beziehen sich hier auf jene Bedeutung des Begriffs, die der Unterscheidung zwischen Strategie und Taktik unterliegt.
Gleich die Herangehensweisen der Teams in der ersten Halbzeit wirkten sehr strategiegeleitet: Dortmund wagte im Aufbau kaum größere Freilaufbewegungen und verzichtete gegen den Ball weitgehend auf hohes Pressing; auch Bayern stellte anfangs selten zu und hielt im eigenen Ballbesitz viel Personal hinten. Das bedeutet gleichzeitig: Man hat viele Leute in der Restverteidigung. Gerade die Positionierungen der Münchener Außenverteidiger gestalteten sich besonders vorsichtig im Vergleich zu anderen Partien: Sie blieben auffällig oft hinter dem Ball.
Flache Flügelpositionen bei Bayern…
Im Einzelnen standen Pavard und Davies meistens etwa halbraumbreit und vor allem Letzerer sehr flach, quasi gegenüber von Brandt oder gar Bellingham. Am ehesten schob noch Pavard mal frühzeitig etwas früher zur Seite nach vorne auf oder rückte auf offensiverer Höhe, an der Grenze des Zwischenlinienraums, ein, also tatsächlich mit wirklichem Kontakt zu Dortmunds Mittelfeldlinie im engen 4-5-1. Aber auch auf dieser Seite führte die flache Position Pavards oft genug dazu, dass schließlich eher Özcan gegen ihn vorschob als Malen (also dann 4-3-2-1-mäßig).
In der Konsequenz positionierten sich auch die Münchener Außenstürmer flacher und gaben nicht von Beginn an zwingend Tiefe. Vor allem Mané bewegte sich oft auf halber Höhe zwischen Süle und Brandt. Dafür rückte Goretzka weit auf und sorgte zusammen mit Musiala für die Besetzung des Zwischenlinienraums hinter dem Dortmunder Mittelfeld. Das passierte auf Breite des Halbraums, aber meistens an dessen äußeren Rand.
Vielleicht trug die durch die „Dreifach-Sechs“ noch etwas breitere Position der Dortmunder „äußeren“ Sechser oder „Halbsechser“ (um hier dann nicht „Achter“ zu sagen) dazu bei, da die Schnittstellen weiter außen lagen. Es könnte aber auch so geplant gewesen sein, um kürzere Verbindungen zu Sané bzw. Mané zu haben. Deren flache Bewegungen wiederum hätten potentiell dafür sorgen können, die Dortmunder Spieler kurz dynamisch herauszuziehen und zu zusätzlichen Bewegungen zu zwingen, bevor man bevorzugt (alternativ direkt tief) kleinräumig (von außen) zwischen die Linien fortsetzt.
Ankündigung: Zu diesem Aspekt erscheint in Kürze noch ein eigener allgemeiner taktiktheoretischer Artikel.
…mit Unsauberkeiten und wenig Zirkulation
Eine solche lockende Wirkung, um Räume vertikal oder diagonal hinter den vorschiebenden Akteuren zu attackieren bzw. auch deren Rückwege zu verlängern, trat in der Praxis aber letztlich kaum ein. Zum einen waren die genauen Positionierungen der Außenspieler im Detail zu oft unsauber, speziell links: Davies hatte in seiner Rolle Probleme mit der Orientierung, Mané fand mehrfach keine gute Höhe. Gleichzeitig wurde er mehrmals (häufiger als Sané) in ungünstigen Positionen angespielt, wo Brandt dann gut von oben doppeln konnte und der BVB ausreichend kurze Wege hatte, um die Zwischenposition zuzuschieben und ggf. sogar in Überzahl in die Balleroberung zu kommen.
In dem Fall war es dann eine solche Situation, wo man aus einem potentiellen und erst passiven Binden von zwei Defensiv- durch einen Offensivspieler beim Versuch des Lockens oder des dynamischen Über-/Weiterspielens gegen diese Akteure über eine unpassende Entscheidung in eine aktive 1gegen2-Unterzahl fällt und der Spieß sich umdreht. Diese Szenen nahmen Bayern zwischendurch Spielanteile, Rhythmus und Ruhe weg.
Zum anderen entwickelte sich bei den Münchenern nur wenig Ballzirkulation, die die flachen und lockenden Positionierungen hätte ergänzen können. Dafür wiederum gab es wohl mehrere Gründe: Vielleicht trug schon eine vorsichtige strategische Einstellung unterbewusst dazu bei. Hinzu kam die Konstellation, dass Sabitzer alleine den Sechserraum besetzen musste (auch selten ergänzt von einem Außenverteidiger, da diese dann eher „dahinter“ standen), dort aber wenig Präsenz hatte und Bayern von den Außenzonen so kaum in Verlagerungssituationen über den Sechser kam.
Warten auf den Moment
Gleichzeitig führte Dortmund das eigene 4-5-1 im Mittelfeldpressing sehr passiv aus. Der Ansatz vermittelte beinahe den Eindruck, durch Passivität Unruhe beim Gegner hervorzurufen – was letztlich im Grunde auch eintrat. Die Kompaktheit, speziell in der Horizontalen, war gut und das Timing in den kurzen Pendelbewegungen der „Halbsechser“ sehr unangenehm. Kam es doch mal zu verstärkter Einbindung des Sechsers durch die Münchener, reagierte der BVB oft durch Durchrücken von Can nach vorne.
Im Endeffekt sah das Spiel bei Münchener Ballbesitz daher häufig so aus: Bayern hielt irgendwo den Ball (tatsächlich meistens im wahrsten Sinne des Wortes, mehr haltend, als zirkulierend), Dortmund stand kompakt verschoben und Bayern wartete auf Momente, um in die Formation hineinzuspielen. Die Alternative lautete, direkt aus den flachen Zonen tiefe (Chip- oder Flug-)Bälle zu wählen, wenn sich das Mittelfeld gegen die Präsenz zwischen den Linien eng halten und die Kette auch auf jene Räume achten musste.
Allerdings war beides schwierig. Hinsichtlich des Attackierens der Tiefe ging die Abstimmung zwischen den Flügeln, mit ihren flacheren Bewegungen, und Gnabry als Mittelstürmer nicht wirklich auf, allein schon wegen geringer Eingespieltheit. Gleichzeitig kam ein ballnaher Außenspieler ohnehin nicht infrage, (von ihm selbst geöffnete) Räume (später wieder) zu attackieren, solange es keine schnelle Zirkulationspassage dazwischen gab, die ihm Zeit gegeben hätte, wieder nach vorne zu starten.
Hinsichtlich des Bespielens des Zwischenlinienraums war es ebenfalls schwierig, die passenden Momente für den Vorwärtsball zu erwischen. Durch die flachen Positionierungen fanden sich zwar viele Spieler in Ballnähe, um zunächst kleinräumig an die Formation heranzuspielen, was ebenfalls den einen oder anderen Gegner einige Schritte hätte herausziehen oder vielleicht irgendwo eine falsche Bewegung hätte provozieren können.
Aber rund um den Ball war auch der BVB so kompakt, dass er das oft schnell genug reparieren konnte, und die lokal vorgerückten Spieler kamen rechtzeitig wieder in Position. Daher passierte es letztlich nicht, dass das Hochschieben der Außenverteidiger neben das Mittelfeld insoweit gefährlich geworden wäre, dass es die Innenverteidiger von aggressiveren Aktionen gegen den Zwischenlinienraum abgehalten hätte, da diese selten notwendig wurden. Vielmehr half es dem BVB, die Wege von außen hinter das Mittelfeld zu verhindern, wenn flache Positionen der Flügelstürmer nah am Mann zugestellt wurden.
Ungeduld, Entscheidungsqualität und die Folgen
Im Endeffekt entstand mit der Zeit Ungeduld bei den Münchenern bzw. die Qualität in den Entscheidungen ließ nach. Die Spieler versuchten häufiger, den Ball zwischen die Linien zu erzwingen, und griffen ebenfalls vermehrt zu frühzeitigen längeren Tiefenpässen. Bzw. sie suchten in der lokal ausgerichteten Spielanlage zunehmend in wahllosen, beliebigen Situationen jene Aktionen.
Das Ballbesitzspiel hatte dagegen im ersten Teil der zweiten Halbzeit dann ein gänzlich anderes Niveau, weil die ballnahen Ballungen besser ergänzt wurden. Kimmich führte die im Aufbau „alleinige“ Sechs aktiver und umsichtiger aus, stand nach lockenden Auftaktaktionen oftmals als Anschlussoption bereit. Mal hielt er das Spiel ballnah, mal verlagerte er über weitere oder auch mittellange Distanzen, wenngleich bei ihm ebenfalls die Entscheidungsqualität später nachließ. Mehr Aktivität gab es zudem von den Innenverteidigern: Stand der BVB in einem bestimmten Raum kompakt zusammengezogen, passten auch sie ihre genauen Positionen in den umliegenden Zonen häufiger und vielseitiger an als zuvor.
Bis zur Halbzeitpause hatte sich aus den Problemen dagegen eine ungünstige Spirale im Münchener Ballbesitzspiel ergeben: jede überfrühte Entscheidung für einen Vorwärtspass raubte Kontrolle und Spielanteile, was wiederum weniger Möglichkeiten gab, den Ball mehr laufen zu lassen und so die Ausgangsbedingungen zu vereinfachen. Beides verstärkte sich gegenseitig und gleichzeitig noch mehr, sobald misslungene Szenen in der Einbindung der anspruchsvollen flachen Bewegungen der Außenstürmer hinzukamen.
So kam es in Durchgang eins zu der eigentlich kuriosen Statistik eines fast ausgeglichenen Ballbesitzwertes – ungewöhnlich für eine Partie, in der eine der Mannschaften sowohl mit als auch gegen den Ball strategisch sehr zurückhaltend agiert. Dazu passend war, wie der BVB zwischenzeitlich für eine einzige Situation auf hohes Pressing in der Raute umstellte, die sofort zur Großchance von Malen führte, nur um danach wieder ad acta gelegt zu werden.
Risikoscheue Dortmunder dennoch mit Aufrückräumen
Aus dem Aufbau ging der BVB ebenfalls wenig Risiko: Die Zentrumsspieler unternahmen kaum Freilaufbewegungen und schienen auch selten gesucht zu werden. In gewisser Weise machte es allerdings Sinn, das Mittelfeld zu überspielen, da Bayern einerseits recht mannorientiert verteidigte und dies andererseits gleichzeitig über den ersten Teil der ersten Halbzeit passiv ausführte. Das Verteidigen ging selten über eine vorgerückte Mittelfeldpressinghöhe hinaus. Auch dies schien strategischen Erwägungen zu folgen: um der Gefahr zu entgehen, viele schnelle Bälle hinter die letzte Linie verteidigen zu müssen.
Tatsächlich kam es dazu zunächst selten. Dafür musste Bayern dem BVB einige Wege in die Defensivformation hinein erlauben – zumindest für Malen und vereinzelt Guerreiro. Weil Sabitzer und Goretzka sich recht mannorientiert bewegten (und in der Ausführung vermutlich auch mehr, als sie es angesichts des im Einzelnen passiven Verhaltens ihrer nominellen Gegenspieler wohl hätten tun müssen), hatten sie einige Male größere Abstände zueinander, die Dortmund über Schlotterbeck Vertikalpässe nach vorne erleichterte.
Malen rückte von links ein und versuchte zwischen die Linien zu kommen, wo die Münchener Mittelfeldspieler ihn nicht gut genug aufnehmen konnten. Pavard musste ihn also zunächst herausverfolgen, wollte aber nicht zu weit mitgehen. Auf diese Weise erreichte der BVB recht leicht einige Aufrückmomente, ohne daraus aber mehr machen zu können als jenen Raumgewinn. Selten fanden sich weitere Anschlussaktionen.
Ähnlich gestaltete sich die Situation, wenn Malen breit blieb und am Flügel zurückfiel. Das kombinierte der BVB oft mit gegenläufigem Einrücken Guerreiros und/oder teilweise mit der Besetzung der höheren seitlichen Zonen durch Özcan. Da Pavard recht weit herausrückte und die Kette verlassen musste, funktionierte mitunter das, was auf der Gegenseite bei Mané wenig zum Tragen kam. Erneut erhielt Dortmund, hier durch einige nette gruppentaktische Abläufe am Flügel, weitere Aufrückmomente und Spielanteile, ohne ganz große Gefahr in den Folgemomenten zu entfachen.
Bayern beginnt höheres Pressing
Dennoch war diese Konstellation geeignet, einen unkontrollierten bis wilden Charakter in die Partie zu tragen, und aus Bayern-Sicht damit zumindest so brenzlig, dass Nagelsmanns Entscheidung, die Defensivlinie weiter nach vorne zu verlegen, genau richtig erfolgte. Zu Beginn des Spiels gestalteten sich die vertikalen Abstände seines Teams noch suboptimal, da die letzte Linie immer schneller zurückwich, solange man vorne nicht den ganz großen Druck hatte, wo die Stürmer wiederum aber oft auf dem Sprung agierten.
Sanés engere Zwischenposition versetzt in Richtung Schlotterbeck sorgte zunächst primär dafür, dass er oft aufwendig von oben gegen Guerreiro (oder punktuell mal Malen oder Özcan) nachverteidigen bzw. den Anschluss zulaufen musste – in Summe zu aufwendig für die seltenen Szenen, in denen man den BVB im Anschluss zuschieben konnte. Im hohen Zustellen kamen die Bayern später deutlich besser zum Zuge: Mané rückte von links zur Gleichzahl neben Gnabry gegen die Innenverteidiger mit hoch und ggf. schloss Musiala sehr kompakt an, wenn Can oder Bellingham besonders flach entgegenkamen. Dahinter konnte Davies gegen Süle vorverteidigen und hatte damit eine Rolle, die ihm lag.
Dass das höhere Pressing für Bayern gut funktionierte, entschied sich schnell schon an der strategischen Komponente: Dortmund blieb dagegen bei einer risikoarmen Spielweise und versuchte kaum, das passive Zustellen in flacheren Zonen auszuspielen. Letztlich hatte Bayern selten die Notwendigkeit, mit zusätzlichem Personal über jenes passive Zustellen hinaus herausrücken zu müssen. Unter diesen Umständen war eine höhere Linie praktikabel und die Tiefenverteidigung ließ sich bewerkstelligen. Hauptsächlich Davies hatte ambitionierte Vorwärtsbewegungen gegen Flugballe auf den Flügel zu leisten.
Der späte Ausgleich
Zum Abschluss der strategischen Geschichte des Spiels drehte sich jene Konstellation in der Schlussphase der Partie um – in der Phase, als der zwischenzeitlich mit 0:2 zurückliegende BVB noch den Ausgleich schaffte. (Davor benötigte es zunächst den überraschend gegen den Spielverlauf in Bayerns starke Phase fallenden Anschlusstreffer.) Diese letzte Episode ist im Grunde genommen eine simple: Bayern hatte kein hohes Verteidigen mehr, sondern ließ sich zu weit zurückdrängen. Der entscheidende Faktor dürfte tatsächlich eine bloße Kraftfrage gewesen.
Eigentlich hätte Dortmund sich über höheres Pressing zurück in die Partie arbeiten und sich so Spielanteile erobern müssen. Bevor die Gastgeber damit aber nachhaltig anfingen, begann bei Bayern der zunehmende Rückzug – und so benötigte der BVB jenen eigenen strategischen Umschwung fast schon nicht mehr. Die Münchener konnten immer weniger Druck vorne aufbauen (und nutzten zusätzlich ihre Umschaltmomente nicht gut) und bereits dadurch gab es Dortmunder Oberwasser in jener Phase. Über die Schlussminuten deutete sich das 2:2, mit dem beim Stand von 0:2 nicht zu rechnen gewesen war, schon an.
85 Kommentare Alle anzeigen
Koom 7. März 2023 um 10:29
Echt schade, dass es hier so tot ist. Würde mich schon freuen, eine Analyse zum BVB, aber auch zum FCB zu finden. Was klappt momentan beim BVB gut/besser? Ist es nur Matchglück (wohl nicht, aber auch)? Warum klemmt es gerade sehr herb bei den Bayern?
rb 7. März 2023 um 10:36
ja, das wären doch gute Fragen für ein Mailbag-Video von CC, oder?
Phil 7. März 2023 um 11:57
😀 da hab ich auch schon drauf spekuliert. Wird wirklich Zeit für eine Analyse ; )
tobit 7. März 2023 um 13:29
Die letzten Spiele waren beim BVB auf jeden Fall schon viel Matchglück. Aber direkt nach der Winterpause konnte man sehen, wie nötig viele die Konkurrenz haben um ihre optimale Leistung abzurufen. Und natürlich, dass man mit allen an Bord viel stärker Wechseln kann.
Aber Terzic hat auch mit ein paar Anpassungen von individuellen Rollen und Verhaltensweisen eine Menge richtig gemacht.
– Can spielt so diszipliniert und sauber wie noch nie. Immernoch sehr langsam im Verlagern, aber ansonsten ein ziemlich ordentlicher Sechser.
– Die Abstimmung der AV funktioniert endlich. Im Aufbau meist sauber in der zweiten Linie anspielbar und später alle drei mit gutem Gespür für die richtige Höhe (und Diagonalität). Und es bleibt keiner ballfern vorne stehen, was oft ein Absicherungsproblem ergab.
– Adeyemi und Brandt mit vielen Freiheiten von den Flügeln. Wieso man das nichtt schon in der Hinrunde so gemacht hat, ist mir schleierhaft, aber wenigstens klappt es jetzt endlich.
Wenn jetzt in den nächsten Spielen Bynoe-Gittens noch wieder öfter reinkommt statt Modeste sollte es zum Spielende auch trotz Verletzungsproblemen der Tempostürmer und Formloch von Reyna wieder etwas mehr Entlastung geben.
Koom 7. März 2023 um 16:10
Das mit Can und Adeyemi sind klare Veränderungen. Can spielte ja zuvor schon Sechser, turnte aber mehr als 8er rum und war nie dort zu finden. Und Adeyemi sollte irgendwie auf rechts einen Aussenstürmer geben.
Warum das ein halbes Jahr nicht gemacht wurde, obwohl die Probleme offensichtlich waren und es auch keine wirklichen Gründe dagegen gab, ist nicht wirklich nachvollziehbar. Als größere Änderung gab es nach der Winterpause ja „nur“ einen neuen Co-Trainer – vielleicht kam von dem der Impuls und etwas notwendige Feineinstellung der Rollen (wo Terzic vorher nur „du läufst als Sechser auf“ an die Wand geworfen hat).
WVQ 12. März 2023 um 04:07
Ich denke auch, daß die hohe Halbraumrolle für Brandt (samt dessen guter Form) ein entscheidender Faktor ist/war. Er fungiert de facto endlich als freischaffender Spielmacher, quasi als im äußeren Zehnerraum agierendes Pendant zu Bellingham. Das ist viel wert, die zwei hintereinander gestaffelt in den interessanten Offensivzonen zu haben – man braucht nur noch irgendwie den Ball hinbringen und es passieren in 50 % der Fälle coole Dinge.
Ähnliches in der Tat ebenso für den jeweils zweiten „Außenstürmer“, da die offensive Breite nunmehr standardmäßig von den AV gegeben wird und die AS praktisch eine Doppelzehn (vor einer Doppelacht) bilden – auch wenn das je nach Person in deutlich andere Aktionen mündet (insbesondere für die dribbel- bzw. tempofokussierten Pseudo-Außenstürmer Adeyemi und Malen). In diesem Sinne auch gut, daß die schlimmsten Reus-Dogmen (daß er wenn fit immer spielen muß, daß er auf die Zehn muß und kein nomineller Außenstürmer sein darf etc.) endlich aufgegeben wurden – die Rolle in der Doppelzehn bringt ihn in den hohen Zonen da hin, wo er seine Stärken hat, ohne das Zentrum komplett von allem abzutöten, was nicht Reus-Impulse sind.
Zu Can äußere ich mich entgegen allen Wahrscheinlichkeiten auch einmal lobend – für seine Verhältnisse könnte man auf der Sechs kaum mehr erwarten und mit seinen jüngeren Leistungen ist er auf der Position klar der beste Spieler im Kader. Im Spielaufbau weiterhin mau und seine riskanten Tricksereien in kritischen Positionen gefallen mir weiterhin nicht, aber Dortmund spielt ja von der Sechs auch keinen auch nur halbwegs anspruchsvollen Spielaufbau (zumal sich die „Sechs“ dann oft sowieso zwischen den Innenverteidigern befindet, nahezu komplett ohne Gegner- oder Entscheidungsdruck). Er hat auch die Risikogewichtung für Vorstöße und „geniale“ Einfälle nun weitgehend im Griff, eine bessere Absicherungsdisziplin und erledigt die defensiven Zweikämpfe inzwischen weitgehend ohne übertriebene Körperlichkeit und mit mehr Genauigkeit. Begeistert bin ich nicht, aber ich hätte es ihm ehrlich so nicht mehr zugetraut.
Grundsätzlich zweifellos das 4-3-3 mit klarer Zuweisung einer singulären, zurückhaltenden und absichernden Sechs deutlich sinnvoller als die vorher ewig gespielte Doppelsechs. Bellingham braucht die Bewegungsfreiheit der Acht und Özcan hat mir bisher auch nicht als intutitiv positionsintelligenter Defensivakteur imponiert – mehr als beißender Pressing-Achter, der mit einem Tackling auch mal ein Loch reißen können muß, ohne daß dahinter gleich alle Räume aufgehen.
Trotz allem kann ich aber auch nicht sagen, daß mir die Spielanlage gefiele. Sie scheint mir einfach darauf zu fußen, daß man klare Positionsaufgaben ohne hohen Anspruch verteilt und die Spieler das dann diszipliniert umsetzen, gepaart mit extrem hoher Intensitätsbereitschaft über 90 Minuten hinweg. Das taktische Offensivrepertoire ist extrem überschaubar und fast ausschließlich sehr simpel oder – wenn nicht – bloß kollektive Improvisation (von Einzelgenies, weswegen es teilweise funktioniert). Einen in irgendeinem Sinne stabilen tiefen Spielaufbau gibt es nicht – Dortmund einfach mannorientiert pressen und man kriegt sie sofort zu unvorbereiteten und unkontrollierten Bällen nach vorne oder gleich in die tiefe Verteidigung. Teilweise erschreckend zu sehen, wie man sich selbst gegen überschaubare Gegner bereitwillig verbarrikadiert und dann auf supersimple Tempokonter setzt, bei denen meist höchstens zwei Spieler tatsächlich miteinander Fußball spielen. Traurig, wie beispielsweise ein kombinatonsstarker Stürmer wie Haller komplett verheizt wird, weil es überhaupt keine einstudierten Abläufe für Ablagen und Anschlußaktionen gibt, sondern nur spontane Anspiele ohne passende Mitspielerbewegungen.
Sehe den Ansatz zwar grundsätzlich als (erfolgs)stabiler an als das unentschiedene Mischmasch der letzten Jahre, aber er scheint mir nach oben hin extrem limitiert zu sein. Im wesentlichen dürfte Zeit seit Rückrundenstart bereits das Optimum gewesen sein. Und daß es in dieser Zeit keine Niederlagen gab, war oft mehr Glück als Verdienst oder bestenfalls Kobel; da kommen auch wieder andere Zeiten und es braucht sich keiner ernsthaft Hoffnungen machen, daß man so die Bayern ärgern kann. Glaube aber auch nicht, daß diese Hoffnung in der Vereinsführung überhaupt besteht; denke man schaut da vor allem in Richtung des relativen breiten Verfolgerfeldes in der Liga (das ja das ökonomische Ziel konstante Champions-League-Teilnahme gefährden könnte), gegen das man sich absichern will, und dazu reicht die Kombination aus simpler Spielanlage und hochwertigem Kader eben leider aus.
(Es mag auch mit dem wohl schon beschlossenen Abschied zusammenhängen, aber daß Guerreiro nunmehr meist ein besserer Hampelmann vorgezogen wird, spricht über die Ansprüche und Vorstellungen des Vereins Bände. Man kann auch nur noch hoffen, daß Guerreiro nach Dortmund zu einem großen Verein kommt, der ihn in seinen außergewöhnlichen Anlagen fördert und in eine passende Struktur einbindet. Für mich der Inbegriff des sportlichen Dortmunder Abstiegs nach Tuchel, was bei ihm an Potenzial systematisch verkannt und verschwendet wurde.)
Joakina 12. März 2023 um 14:07
Danke für die ausführliche und differenzierte Analyse zum derzeitigen BVB, der ich voll zustimme, ich hätte es nur nicht so gut ausdrücken können.
tobit 30. Januar 2023 um 15:18
Um sich einfach mal die Unterschiede in den Dimensionen zwischen Dortmund und Bayern zu vergegenwärtigen: Dortmund holt im Winter einen Spieler des erweiterten Stamms von Union Berlin um auf ausfallende RV zu reagieren. Die Bayern holen sich den wahrscheinlich besten AV der PL, der gerade letztes Jahr als absoluter Schlüsselspieler bei einem Verein mit Geldcheat verlängert hat. Und dann wird überall jedes Jahr gefragt, warum Dortmund denn nicht den Meistertitel als Ziel ausgibt.
Daniel 30. Januar 2023 um 16:09
Wenn Cancelo der beste AV der PL (und folglich auch Citys) ist-warum verleihen sie ihn dann? Wohl kaum, weil sie auf die Leihgebühr angewiesen sind…
WVQ 30. Januar 2023 um 16:33
Warum City Cancelo verleihen sollte (und zumal noch mit Kaufoption bei Marktwert), ist mir auch erst mal schleierhaft, gegeben seine Qualität und die besagte Vertragssituation. Kann mir höchstens vorstellen, daß der Spieler selbst auf einen Wechsel drängt, weil ihm ein junger Nachwuchsspieler vor die Nase gesetzt wurde, oder daß es sonstige Unstimmigkeiten gibt.
Aber für den Punkt bezüglich des Unterschieds zwischen Bayern und Dortmund (und dem Rest der Liga) ist es dann relativ wurscht, ob Cancelo der beste Außenverteidiger der PL ist oder nur der siebtbeste. Er ist ein AV aus dem obersten Regal, spielerisch wie finanziell. Zumal man wohl ironischerweise sagen müßte, daß Cancelo dann eigentlich umgehend Bayerns bester Sechser wäre, oder zumindest derjenige, der noch am ehesten die derzeitige Kimmich-Rolle ohne erheblichen Qualitätsverlust spielen könnte, wenn dieser mal verhindert ist.
tobit 30. Januar 2023 um 16:54
Das wäre natürlich eine Wendung, wenn ab Sommer Cancelo auf der Sechs und Laimer als RV spielen würden. Wobei ich jetzt mal hinter Laimer erstmal wieder ein größeres Fragezeichen setzen würde.
tobit 30. Januar 2023 um 16:46
Also wer sollte bei City denn besser als AV sein als Cancelo? Lewis hat noch keine 10 Spiele im Herrenbereich gemacht. Walker ist gut aber ihm fehlt mittlerweile ein bisschen was zu seinem besten Level, so dass er nicht mehr so komplett ist wie zeitweise. Aké, Laporte und Stones sind Innenverteidiger. Und Gomez ist eindeutlig ein Backup, der nur spielt, wenn sonst keiner mehr da ist. Daher habe ich auch keine Ahnung wieso City das tun sollte. Aber da er in München beim Medizincheck gefilmt wurde, wird es wohl stimmen.
City scheint generell gerade einen Umbruch zu forcieren. Sie haben sich im Sommer ja schon von langjährigen Spielern getrennt (Jesus, Sterling, Zinchenko) und scheinen generell niemanden bedingungslos halten zu wollen (Bernardo, Cancelo, Gündogan).
Vllt will Cancelo auch einfach wechseln, ist ja bisher nirgends lange geblieben. Oder es ist intern irgendwas vorgefallen, er hat ja nach der WM eindeutig weniger gespielt als davor.
tobit 3. Februar 2023 um 11:53
Cancelos Debüt wurde ja jetzt in den medien groß gefeiert. Ich fand ihn – wenn er man mitspielen durfte – auch gut. Clevere (und schnelle) Pässe, selbstbewusste Dribblings, gutes Gefühl für die Tiefe. Aber er war da als RA im 3-5-2/3-#-3 auch heftig verschenkt. Nichtmal wegen seiner Position, sondern weil Sané auf der Acht am Ball genauso gespielt hat wie er das als RA tut. Immer den Blick nach „innen“ (bzw links) wie als wäre in seinem Rücken nur noch das Aus. Mit ein bisschen mehr Zeit würde ich die beiden gerne mal getauscht sehen, das sollte ihnen in Ballbesitz noch mehr entgegenkommen, auch wenn sich Sané ohne Ball schon ganz gut bewegt hat.
Das 3-#-3 fand ich natürlich cool, weil man sowohl gesehen hat, was es so brutal stark macht aber auch wo die Schwächen bei dieser Besetzung liegen. Wenn du dem Gegner den Ball einfach körperlich nicht wegnehmen kannst, wirst du schnell hinten reingedrückt.
Und auch wie Bayern Mainz dominiert hat im Vergleich zu Dortmund. Obwohl die Mainzer mMn deutlich besser gespielt haben, waren sie einfach völlig chancenlos.
WVQ 3. Februar 2023 um 17:25
Zu Cancelo und Sané d’accord, bzw. allgemein, daß Cancelo dort besser aufgehoben wäre als jeglicher Außenstürmer, welche doch eigentlich alle sehr stark das Dribbling nach innen bzw. diagnoal vorwärts fokussieren, wofür dann aber meist erst in Strafraumnähe passende Mitspielerbewegungen passieren und was in tieferen Staffelungen unnötig den ballnahen Flügel bzw. sogar Halbraum tot macht. Cancelo ist da deutlich „offener“ veranlagt und hat das bei seinen Ausflügen in den Halbraum auch schon angedeutet, wenngleich er da eigentlich eben schon viel tiefer hingehört. (Und ich finde Sané als Zehner gar nicht uninteressant, aber halt nicht als Pseudo-Achter.)
Als 3-#-3 habe ich es (wenngleich ich vielleicht nicht durchgehend hinreichend aufmerksam zugeschaut habe) nicht empfunden, sondern eher als 3-1-5-1 bzw. überspitzt gesagt oft sogar als 3-1-0-5-1, bei dem dann oft wieder ein Andribbeln eines Aufbauspielers nötig war, um die Verbindung nach vorne herzustellen. Generell verstehe ich bei Nagelsmann in München überhaupt nicht, warum er weiter auf einen so hohen Abstand zwischen den Mannschaftsteilen setzt – das hat zu Beginn seiner Zeit dort teilweise gut funktioniert, weil man die Pässe scharf durch die gegnerischen Linien direkt in den eigenen Angriff gebracht hat, aber das sieht man jetzt viel weniger (u.a. sicherlich auch, weil sich die meisten Gegner positionell darauf eingestellt haben), und stattdessen sind es dann oft spontane Rückfallbewegungen der Achter/Zehner, die aber strukturell selten gut vorbereitet sind und vielmehr auf gelungene Risiko-Dribblings mit Gegnern im Rücken oder sehr hakelige Schnellpaß-Lösungen angewiesen sind. (Erinnert mich dann im übrigen sehr an die ganz ähnlichen gelagerten jahrelangen Probleme der Nationalmannschaft, oft ja auch mit identischem Personal.)
Diese Spielanlage wundert mich auch deswegen, weil Nagelsmann einen dichten tiefen Aufbau in Hoffenheim und Leipzig nie gescheut, sondern eher aktiv angestrebt hat, und auch wenn Bayern der echte Ankersechser fehlt (oder ein vorrückender ZIV wie seinerzeit Vogt), sollte es mit dem vorhandenen Personal doch gut möglich sein. Bayerns Pressingsresistenz rührt stattdessen aber derzeit mehr von individueller Klasse (soweit gerade vorhanden) und ansonsten von der Bereitschaft zur schnellen Überbrückung größerer Räume (um es mal freundlich zu formulieren) her.
Der Vergleich zu Dortmund… Nun ja, bei Dortmund gibt es inzwischen halt auch GAR nichts mehr außer dem Prinzip „Spielmacher-Genies in Ballbesitz bringen und irgendwie Räume oder Tempo generieren lassen“ (mit Hauptausführendem Bellingham). War jetzt in meinen Augen weniger Bayerns beeindruckendes Ballbesitzspiel, das da den himmelweiten Unterschied ausgemacht hat.
tobit 3. Februar 2023 um 20:32
Ich hab es mal 3-#-3 genannt, weil für mich eben klar drei Mittelfeld-„Linien“ erkennbar waren. Müller hat gerade in der ersten Halbzeit deutlich höher als Musiala und Sané gespielt. Die sehr hohe Position der Achter lag basierend auf Goretzkas und Gravenberchs Positionierungen später wohl hauptsächlich an Musiala und Sané individuell.
Nagelsmann hat halt nicht das Personal für Aufbau mit viel Personal. Im Prinzip halt wirklich nur die IV, Kimmich plus vllt bald Cancelo.
Gegen Mainz war es mal etwas besser als sonst. War strukturell ein bisschen organisierter, auch wenn die Stürmer immernoch ein bisschen redundant waren und Can auf der Sechs wie üblich zu langsam gespielt hat.
WVQ 3. Februar 2023 um 21:22
Goretzka hat in Ballbesitz tiefer als Musiala vorher gespielt? Na, hätte ich bloß mal aufmerksamer zugeschaut…
Es ist bei den Abständen ja nicht nur die Frage nach den individuellen Positionierungen. Spielen die Achter tiefer, werden zwar die Aufbaumöglichkeiten ZU diesen besser, aber wohin (und wie) geht es dann weiter? Die nächsthöhere Reihen (im gestrigen Fall also zentral Müller und Choupo und außen Davies und Cancelo) müßten dann ja auch wieder ihre Abstände anpassen. Und dann paßt sich natürlich wieder der Gegner an und man hat am Ende ein kompaktere Mannschaft, aber auch einen höherstehenden und ebenso komptakteren Gegner. Vielleicht will Nagelsmann das vermeiden und die Gegner möglichst immer gleich hinten festnageln, ich weiß es nicht. (Pun not intended yet revealing…?)
Daß es am Personal liegt, glaube ich einfach nicht. Bzw. wenn, dann aufgrund der mangelnden DEFENSIV-Fähigkeiten, nicht weil der konstruktive Teil nicht ginge. Vielleicht fürchtet Nagelsmann, man würde bei Ballverlust zu verwundbar, wenn Sané und Musiala zu nah am eigenen Tor rumturnen, denkbar. Aber ich meine, jeder einzelne Spieler von Bayerns erweitertem Stamm, ja im Grunde fast jeder im Kader, hat technisch die Fähigkeiten oder ZUMINDEST die Anlagen für einen gemäßigteren tiefen Aufbau, der auch mal ein intensives Pressing aushält. Da fehlt’s vor allem erst mal an den strukturellen Ansätzen – Positionierungen, Laufwege, striktes Aufrechterhalten von Paßoptionen usw. und dann halt die Maßgabe, das auch unter Druck durchzuziehen. Aber dazu gibt es ja nicht einmal den Versuch. Ergo gehe ich davon aus, daß Nagelsmann das bei Bayern nicht will, sondern auf ein anderes (mir aber weitgehend schleierhaftes) Pferd setzt.
Und merke, Guardiola baut ja auch nicht mit 17 Mann in der eigenen Hälfte auf. Das ist genauso ein 3-1 oder 3-2 oder 2-3 und die Stürmer binden die gegnerische Kette. Aber dazwischen läuft es halt ganz anders.
WVQ 3. Februar 2023 um 21:31
Zur Dortmunder Sechs: Da spielen sie inzwischen doch meist schon gar nicht mehr hin, weil es eh keine planmäßigen Mechanismen zur Spielfortsetzung gibt (außer halt „Ball zu Bellingham oder Brandt, die regeln das dann“). Und da sind ja auch viele gegnerische Spieler, da im Zentrum, so daß man doch eh nur den Ball verliert! Also besser gleich zum Außenverteidiger passen, das ist „sicherer“, und da ergibt sich doch manchmal auch was.
Ob da jetzt Can steht oder Özcan oder irgendwann auch mal wieder Dahoud oder hypothetisch Weigl oder Rodri, ist am Ende völlig egal. Was sollten die groß machen, vier Gegner ausdribbeln und dann den Steckpaß auf den Stürmer spielen? Can verschleppt halt auch noch jede kleinste Restdenkbarkeit einer zentralen Aufbauidee, aber es ist nicht so, daß irgendein anderer aus der Situation fundamental mehr machen könnte, weil es sozusagen einfach offensiv gesehen keine Situation gibt.
Daniel 4. Februar 2023 um 13:14
@WVQ
Ich weiß nicht, ob Nagelsmann wirklich auf einen großen Abstand zwischen den Mannschaftsteilen setzt. Die Spielweise des Mittelfeldspielers neben Kimmich hängt dermaßen stark vom gerade dort spielenden Akteur ab, dass ich mich schon frage, wie viel da wirklich auf Nagelsmann zurückgeht. Ich habe vor etwas mehr als einer Woche hier einen Kommentar gepostet, in dem auf eine Grafik verlinkt wurde, in der die durchschnittlichen Positionen der Spieler in der Partie gegen Köln bis zu Goretzkas Auswechslung zu sehen waren. Leider werden Kommentare mit Links hier auf der Seite offenbar gar nicht mehr freigeschaltet, aber jedenfalls konnte man erkennen, dass Goretzka durchschnittlich (!) auf einer Höhe mit Choupo-Moting spielte, wodurch sich praktisch ein 5-0-5 ergab (da Kimmich sehr tief neben Upamecano spielte). Gravenberch hat das schon deutlich anders interpretiert, weswegen Bayern in der zweiten Hälfte wesentlich stärker war als zuvor. Sabitzer wiederum ist Anfang der Saison meist hinten geblieben und hat Kimmich abgesichert. Leider hat Goretzka nach seiner Genesung lautstark seinen Stammplatz wieder eingefordert, worauf Nagelsmann quasi sofort eingeknickt ist-seitdem ist Sabitzer wieder völlig raus. Für mich unverständlicherweise, Sabitzer hat das damals sehr gut gelöst und besser gepasst als Goretzka. Kimmich kann seine Stärken als freischaffender Achter besser einbringen als als Sechser und ist dort dann auch besser als Goretzka. Um die Limitierung Kimmichs zu rechtfertigen muss Goretzka auf dem absoluten Zenit seines Leistungsvermögens spielen und das ist ihm eigentlich nur in der Rückrunde der Triple-Saison wirklich geglückt.
Zu Guardiola: der hat auch gern sehr hochpressende Achter (er hat ja sogar Müller in einer solchen Rolle gebracht), verteilt dann aber die originären Mittelfeldaufgaben an die Außenverteidiger. Das ging natürlich mit Alaba und Lahm hervorragend, Davies und Pavard hingegen sind dafür ungeeignet. Nicht ohne Grund fällt das Überwinden von Bayerns Krise im Herbst auch damit zusammen, dass sich Mazraoui immer mehr auf der rechten Seite festspielte, der wesentlich spielmachender veranlagt ist als Pavard und Davies. Cancelo kann auch in dieser Beziehung ein sehr sehr guter und wichtiger Transfer werden-einen AV mit diesem Spielverständnis und Passspiel hatte Bayern seit dem Rücktritt von Lahm nicht mehr.
WVQ 6. Februar 2023 um 22:43
Gut, man kann bei Bayern natürlich auch immer die berechtigte Frage stellen, ob der Trainer die Spieler überhaupt hinreichend unter Kontrolle hat. Daß Goretzka im Ballbesitz meist erst mal direkt in den Zehnerraum rennt, ist unstrittig, und daß Gravenberch und insbesondere Sabitzer die Rolle „neben“ Kimmich ungleich vorsichtiger interpretiert haben, ebenso. Dann sind wir im wesentlichen im Bereich von Politik und Machtstrukturen und nicht mehr beim Sportlichen. Und ich gehe durchaus selbst davon aus, daß das einen erheblichen Einfluß auf Nagelsmanns Möglichkeiten als (Bayern-)Trainer hat. Den Rückhalt und die Aura, einem Goretzka zu sagen „Du spielst das entweder so, wie ich es dir sage, oder du sitzt beim nächsten Mal auf der Bank“ und seinen Job dann noch langfristig zu behalten, hat Nagelsmann sicherlich nicht. (Er ist halt ein Trainer-„Talent“, wie wir inzwischen wissen.)
Aber es geht ja nicht nur um diese eine Position. Man braucht sich nur die ersten fünf Minuten gegen Wolfsburg anschauen: hohes mannorientiertes Anlaufen und Bayern hat keinen Plan mehr, wie es sich ohne extrem haarige (und eben immer wieder auch fehlschlagende) Kombinationen oder Dribblings lösen soll. Wenn dann Davies wiederholt Richtung Eckfahne gedrängt wird und seine einzige realistische Anspielstation der ebenfalls bedrohte IV ist und er beim Versuch einer „spielerischen Lösung“ regelmäßig Chipbälle ins Zentrum spielt, wo sie natürlich oft sofort vom Gegner abgefangen werden, oder wenn er versucht, drei Gegner alleine auszupielen, weil Kombinieren noch weniger aussichtsreich ist, und wenn das im Grunde seit Nagelsmanns Ankunft so ist, dann liegt das nicht an Davies oder Goretzka (der in den betreffenden Situationen übrigens durchaus da war) oder irgendwem anderen persönlich, sondern dann sind vom Trainer für diese Situationen offensichtlich keine anderen Lösungen vorgesehen. Dazu bräuchte man ganz andere Grundpositionierungen, um bei Bedarf einen freien Mann mit Spieloptionen nach vorne oder wenigstens für horizontale Verlagerungen generieren zu können; und dazu müßte man entweder von der gegenüberliegenden Seite her viel aggressiver verschieben, um ballnah die nötige Überzahl herzustellen, oder am betreffenden Flügel die hohe Position der Außenstürmer aufgeben. Oder eben von vornherein mit erreichbaren Offensivspielern aufbauen. Sieht man aber alles nicht. Daher gehe ich davon aus, daß Nagelsmann das (aus welchen Gründen auch immer) auch nicht vorgibt oder trainieren läßt, sondern es so will, wie man es sieht. Was mich zurück zu meinem Ausgangspunkt bringt: Ich verstehe nicht, warum, gegeben Nagelsmanns Ansatz prä-Bayern, die sehr hohe Spielerqualität dort und auch die Tatsache, daß im Verlauf der Saison noch Mannschaften kommen werden, die intelligenter pressen und Gegenangriffe zuverlässiger abschließen als Wolfsburg. Bayern kann an guten Tagen praktisch jeder Mannschaft der Welt drei, vier Tore einschenken, das ist nicht das Problem; aber sie sind gleichzeitig auch immer für drei, vier Gegentore gut, und diese Rechnung scheint mir unter Nagelsmann bisher nur in der Bundesliga aufzugehen, und auch da oft genug eben mal nicht. Und wo dann international schon Schluß sein kann, haben wir ja letztes Jahr gesehen.
AG 7. Februar 2023 um 11:01
Hm, ich würde hier nochmal eine Lanze für die Bayern brechen. Ja, es gibt verschiedene Probleme und Unsicherheiten, aber da sind sie ja bei weitem nicht das einzige Topteam. In der BL lassen sie zwar ein Tor pro Spiel zu (ungefähr gleich in xG), dafür schießen sie aber drei! In xG ist das nicht so krass, trotzdem sind das 2 xG pro Spiel vs 1 xG zugelassen, mit einer xG-Differenz / 90 von etwas größer als +1. Das ist verdammt gut!
Bei FBref kann man alle Teams der Top5-Ligen miteinander vergleichen. Dabei haben die Bayern die beste Tordifferenz aller 98 Teams, die 5. beste xG-Differenz pro Spiel, und sind immerhin in der Top 10 nach Punkte pro Spiel.
In der Champions League haben sie sich gerade in dieser Saison auch ziemlich gut angestellt: im Prinzip die gleiche Tor- und xG-Ausbeute wie in der Liga. 3 Tore pro Spiel bzw. 2 xG, und nur ein Tor pro Spiel zugelassen. Und das in einer schweren Gruppe: Inter ist guter zweiter in der Serie A, und die haben sie zweimal abgefertigt. Barcelona hat eine richtig starke Saison unter Xavi – außer in der Champions League, unter anderem wegen den Bayern. Das Heimspiel sah in der ersten Hälfte zwar nicht souverän aus, haben sie aber trotzdem mit etwas Glück, einer guten zweiten Halbzeit und fast ausgeglichenen xG trotzdem gewonnen. Und im Auswärtsspiel haben sie Barcelona richtig vermöbelt. Plzen ist natürlich schwächer.
PSG ist natürlich kein leichter Gegner, aber die Bayern sehe ich trotz allem vorne. Und da bin ich nicht allein: neben den genannten Sachen sieht z.B. der ClubELO die Bayern als zweitbeste Mannschaft der Welt (deutlich vor PSG), und 538 sieht die Bayern aktuell sogar als die besten an. Die andere Mannschaft ist in beiden Fällen Man City (über die müsste man mal separat diskutieren, was ihre Finanzbetrügereien angeht). 538 sieht die Bayern sogar als Favoriten auf den CL-Titel an mit immerhin 22% Chance, und die Seite ist doch recht solide, was Vorhersagen angeht.
Versteht mich nicht falsch: Diskussionen über Probleme, Verbesserungsansätze, oder taktisch/strategische Feinheiten finde ich super, deshalb bin ich ja hier. Gleichzeitig sollten wir nicht vergessen, dass im Fußball wenige Tore geschossen werden und ein Glückstreffer einen großen Einfluss auf das Ergebnis hat. Gerade im Vergleich zu Handball, Basketball. Deshalb versuche ich immer die Ergebnisse ein bisschen zu relativieren und gute Vorhersagen zu treffen.
Daniel 15. März 2023 um 09:26
Deinen Kommentar muss ich damals irgendwie überlesen haben. Das kann man sicherlich so sehen, aber zumindest auf die BL bezogen sehe ich Bayerns Leistungen doch deutlich kritischer als du. Die Punktausbeute ist zu diesem Zeitpunkt die schlechteste seit der Saison, in der Kovac entlassen wurde (gutes Omen: damals gewann Bayern am Ende die CL) und angesichts des auch für Bayern-Verhältnisse ziemlich guten und tiefen Kaders diese Saison nicht ausreichend. Auch wenn ich seit ein paar Wochen den Eindruck habe, dass das auch mit Konzentrationsproblemen zusammenhängt (vllt auch nicht so erstaunlich angesichts von 10 Meistertiteln in Folge). Auch taktisch finde ich besonders das Mittelfeld derzeit dysfunktional (siehe meine anderen Kommentare der letzten Wochen)
CL bin ich total d’accord, das ist bisher richtig stark und der Grund, warum Nagelsmann noch immer fest im Sattel sitzt mMn. Bayern hat bei beiden bisherigen Auslosungen die schwierigsten denkbaren Lose gezogen und steht trotzdem noch immer bei einer Siegrate von 100 %. Hier zeigt die Mannschaft, dass sie mit einer konzentrierten Leistung tatsächlich defensiv sehr stabil stehen kann- dass Inter, Barca und PSG über jeweils 180 Minuten zusammen 0 Tore gegen Bayern geschossen haben ist wirklich bemerkenswert. Eine im Vergleich zu den Ligaspielen deutlich höhere positionelle Disziplin und andere Spielweise der Gegner machen’s möglich. Auch irgendwie bezeichnend für mögliche Konzentrationsprobleme, dass Pilsen dafür zweimal gegen Bayern getroffen hat.
Zu City: was willst du über die Finanzbetrügereien diskutieren? Jeder weiß, dass die Vorwürfe zutreffen und jeder weiß, dass die Ermittlungen dazu im Sande verlaufen werden…
Koom 17. März 2023 um 11:58
Natürlich sind die Bayern-Stats auch weiterhin gut. U.U. sind sie vielleicht sogar besser als in den vorigen Saisons, aber das könnte dann trügerisch sein. Der aktuelle (also von dieser Saison) Spieleindruck wirkt instabiler, unkontrollierter als in den Jahren zuvor. Und es spiegelt sich auch ein wenig in der Punkteausbeute wieder.
tobit 17. Januar 2023 um 17:00
Kann jemand was zu Ryerson sagen? Was macht ihn abseits der ziemlich guten Dribblingstatistik aus? Passt er nach Dortmund? Wieso bekommt er dreieinhalb Jahre Vertrag, wenn er nur ein paar Wochen Meunier vertreten soll? Spielt man jetzt doch endlich Dreierkette (mit welchen IV 😉 ?), nachdem man mal wieder einen Wingback verpflichtet hat?
AG 18. Januar 2023 um 19:01
Danke, das habe ich mich auch gefragt! Er ist weder besonders jung, noch besonders auffällig in irgendeiner Disziplin (außer Dribblings, wie du schreibst), was seine Stats angeht. Nicht die Offensive, die Defensive, oder sein Passspiel ist hervorzuheben, wirkt eher sogar unterdurchschnittlich für die BuLi. Ganz komisch finde ich, dass er auch keiner ist, mit dem man wenigstens immer rechnen kann und der mal eine ganze Saison abreissen könnte: er hat in Jahren in der BuLi noch nicht mal die Hälfte einer Saison nach Minuten gespielt, oder 2000 Minuten zusammenbekommen. Verfügbarkeit wäre ja auch was wert!
Ist das vielleicht ein Modeste-Ding, dass der BVB sich absichert gegen einen Extremfall und den Spieler sonst auf die Bank setzt? Aber wirklich, warum dann so lange Vertrag?
Koom 19. Januar 2023 um 15:42
1.) Schwächen eines direkten Gegners um die CL-Plätze.
2.) Hier und da wird er als „Mentalitätsspieler“ bezeichnet, also ein stabiler Beißer.
Wenn der BVB glaubt, dass man Fußball immer noch mit 11 Einzelspielern bestreitet, die man jeweils auf eine Position setzt und die dann alleine wuppen, dann wird Ryerson da vermutlich nicht groß weiterhelfen. Aber Philipp Lahm ist in der Rente, das wäre wohl der einzige AV, der alleine diese Position defensiv wie offensiv so erledigen könnte, ohne dass man sonderlich viel Hilfe der Kollegen bräuchte.
AG 20. Januar 2023 um 07:58
Zu 1) mache ich mal eine Vorhersage: die xG-Differenz von Union ist ungefähr so gut wie die vom VfB oder Leverkusen. Die werden in der Rückrunde einbrechen (=weniger glücklich ihre Chancen umsetzen). Dazu würde ich 2:1 wetten, dass Sheraldo Becker nicht mehr als 10 BL-Tore erreicht (ohne Elfmeter).
Und ansonsten stimmt es schon, dass praktisch kein moderner AV gleichzeitig weltklasse in Offensive und Defensive ist. Ich würde für einen nationalen Topverein trotzdem jemanden für die Offensive suchen und das anders absichern – vielleicht ist Ryerson nur als Ergänzung zu Wolf gedacht, wenn der Trainer defensiv stehen will.
Und @tobit: ich meine bei Ryerson ja nicht nur seine Passquote. Gibt ja einige Zauberer, die schlechte Passquoten und dafür fantastische Vorlagen am laufenden Band liefern. Bei ihm ist das aber nicht so, sondern da ist wenig, und er spielt wenig Raumgewinn raus (progressive Pässe). Vom statistischen Profil gefallen mir tatsächlich auch Gießelmann und Trimmel besser als er…
Koom 20. Januar 2023 um 10:41
Eine Vorhersage zu Union finde ich schwierig. Gegen Hinrundenende fehlte schon etwas Fortune, was eine Tendenz wäre für deine Vorhersage. Letztlich: Für mich ist es auch vorstellbar, dass sie wie Schalke vor einigen Jahren einfach auch die Rückrunde erfolgreich mauern und irgendwie ein Tor machen. Es gibt genügend ambitionierte Klubs, die sie wieder unterschätzen und sich eine blutige Nase holen werden.
Für Ryerson und den BVB: Wenn der Trainer nicht plötzlich „Zusammenspiel“ auf den Trainingsplan gesetzt hat, wäre ein extrem schwungvoller offensiver AV wirklich besser. Ein defensiver AV rettet denen auch nichts, Meunier ist ja bspw. schon rundherum eigentlich ein guter AV und schaut trotzdem oft schlecht aus. Ein offensiver AV würde vorne vielleicht für das eine Tor mehr sorgen, das man ausgleichen muss.
Phil 18. Januar 2023 um 23:56
Laut OptaFranz hat Ryerson mit 6,7 Mal pro 90 Minuten Ballgewinnen diese Saison häufiger als jeder andere Spieler von Union Berlin (mind. 500 Minuten) den Ballbesitz gewonnen. (https://twitter.com/OptaFranz/status/1615337383796568064?cxt=HHwWgMDTmdmy6uosAAAA)
Nach WhoScored ein Gesamt-Rating von 6.85, während Meunier eins von 6.63 hat. (https://www.whoscored.com/Players/320436/Show/Julian-Ryerson ; https://www.whoscored.com/Players/104376/Show/Thomas-Meunier) und steht bei der Winter-Kicker-Rangliste auf Platz 12 der Außenverteidiger.
AG 19. Januar 2023 um 14:34
Danke für die Links. Trotzdem mache ich mir gewisse Sorgen, wie gut ein Spieler für den BVB ist, der bei WhoScored als Schwäche „Passing“ hat…
tobit 19. Januar 2023 um 17:12
@AG
Die Schwäche Passing scheint (auch) am System der Unioner zu liegen. Trimmel und Gießelmann haben die auch. Für Norwegen hat er zuletzt deutlich passsicherer agiert, auch wenn es nur ein paar Spiele waren. Da Meunier und Wolf dieses Jahr in der Liga ziemlich genau dieselbe Passquote wie Ryerson haben, scheint der ja schonmal in Terzics Idee zu passen. Inwieweit diese Idee für den BVB die richtige ist könnte man dann natürlich immernoch diskutieren, oder ob es für die paar Wochen von Meuniers Verletzung nicht auch mit Wolf (und Passlack auf der Bank) gegangen wäre.
Verfügbar war er wohl, über Verletzungen findet sich zumindest nichts. Konnte sich halt bis dieses jahr nicht nachhaltig gegen Gießelmann oder Trimmel durchsetzen. Was da schlimmer ist, kann man sicherlich diskutieren.
@koom
Inwiefern das Union gerade wirklich schwächt, die ja in der Rückrunde mehr 4er-Kette spielen wollen, wo sicherlich mal einer der 5 starken IV außen eingeplant ist, wird man sehen müssen.
Mentalitätsspieler, wenn ich das schon höre. Ist echt das absolute Unwort (bzw Code für Flop mit Ansage) bei BVB-Transfers geworden.
Generelle Zustimmung, der BVB braucht mehr Kollektiv (dann sieht das auch wieder nach mehr Mentalität aus). Wird es aber nicht geben, gehört nicht zu Terzics Plan, oder er kann es nicht vermitteln. Was da schlimmer ist, kann man auch da wieder diskutieren.
Daniel 20. Januar 2023 um 13:33
@AG
Schwierig. Bei Union wartet man ja eigentlich seit Jahren mit ähnlichen Begründungen auf den Einbruch. Goalimpact sieht bei Union den viertstärksten Kader der Liga und prognostiziert ihnen dementsprechend Rang 3 der Abschlusstabelle (vor dem Ryerson-Transfer-wobei ich keine Ahnung habe, wie sich der auswirkt). Halte ich auch für sehr optimistisch, aber irgendwas müssen die da schon verdammt richtig machen. Mit einem großen Einbruch rechne ich eher nicht, dafür ziehen die das schon zu lange so durch und sie haben wieder mal eine sehr bequeme Ausgangsposition.
@tobit
Ich kann auch nicht mehr zu Ryerson sagen als du, aber wenn er einigermaßen BVB-Niveau hat soll er sicherlich nicht nur „ein paar Wochen Meunier vertreten“. Erstens ist Meunier der deutlich schlechteste Spieler von Dortmunds nomineller Startelf, zweitens ist er durchaus öfter mal verletzt, drittens ist er schon 31, viertens hat er nur noch anderthalb Jahre Vertrag und fünftens gibt es öfter mal Abgangsgerüchte um ihn. Insofern ist ein neuer RV aus Dortmunder Sicht selbstverständlich in höchstem Maße wünschenswert…unabhängig von der Einzelentscheidung Ryerson.
tobit 21. Januar 2023 um 13:42
Zu Union d’accord. Die haben schon schlimmere Winterabgänge großartig weggesteckt.
Die Sache ist halt, dass Meunier sehr deutlich kein BVB-Niveau hat. Und Ryerson sieht von außen sehr sehr ähnlich aus. Wenn er ein deutliches Upgrade zu Meiner ist, clever … wenn nicht, käme halt mein Gedanke von oben zum tragen.
Meunier scheint aktuell kein Interesse mehr an einem Abgang zu haben. Zumindest lesen sich die letzten Aussagen so. I’m Sommer war Barca wohl wirklich interessiert aber Dortmund wollte nicht verkaufen. Die scheinen aber jetzt ja auch eher auf Pavard im Sommer zu schielen und sind wohl auch nicht übermäßig unzufrieden mit der aktuellen Besetzung.
Einen neuen top-RV wünschen sich ja eigentlich alle jedes Jahr beim BVB. Da war Meunier bisher der einzige Versuch das umzusetzen. Sieht man also im Verein wohl nicht so dringend (Vllt haben die wie ich immernoch prime-Piszczu im Kopf und auf dem Spielbogen stehen bei der Kaderplanung).
Wenn man im Sommer die AV ordentlich ausmistet (Meunier oder Wolf, Passlack, Schulz weg) und mit Guerreiro links und einem richtigen guten Neuzugang rechts (Geertruida z.B.) in die Saison geht, könnte Ryerson als Backup für beide Seiten sehr viel Sinn ergeben um gleichzeitig Rothe ranzuführen und vllt Morey noch eine letzte Chance zu geben.
tobit 21. Januar 2023 um 17:36
Die Kirsche auf der Torte ist natürlich, dass Union sich mit dem Ryerson-Geld jetzt Juranovic kauft.
– Mit 8 Mio nur unwesentlich teurer als Ryerson
– Stammspieler bei Kroatien
– Durch Zeit bei Celtic an tiefstehende Gegner gewöhnt, und scheint sich da auch sehr wohl mit zu fühlen
– kann wie Ryerson links und rechts spielen
– laut whoscored sind Passing very strong, Holding onto the Ball und Crossing strong (wahrscheinlich war er aber sofort raus, weil Aerial Duels weak, das ist schließlich die wichtigste AV-Disziplin mit IV wie Süle und Hummels)
AG 21. Januar 2023 um 22:38
Die Vorhersage zu Union ist vielleicht ein bisschen gewagt, sonst lohnt sie sich aber auch nicht wirklich, aufzuschreiben 😉
Prinzipiell finde ich auch die Idee gut, die AV neu aufzustellen. Ich bin mir eben nicht sicher, wie offensiv der Verein und der Trainer die haben will: sonst würde man Guerreiro doch etwas höher anpreisen. Immerhin gibt es hier einige Fans 🙂
Juranović ist in der Tat interessant, wirkt mit seinen Stats aber deutlich offensiver, als ich für Union erwartet hätte – vielleicht wäre der besser für Dortmund gewesen… Und Geertruida sieht zumindest bei Fbref auch super aus, die Eeredivisie ist trotzdem nicht 1 zu 1 mit der Bundesliga zu vergleichen. Das sollte man beim Preis dringend beachten, da ist doch ein großes Risiko drin. Und: defensiv leistet er schon dort nicht viel, wenige Tackles und kaum Interceptions. Ob die BVB-Fans damit glücklich werden würden? Inzwischen glaube ich nämlich nicht mehr an eine Dreierkette (und dementsprechend Wingbacks) in Dortmund
AG 23. Januar 2023 um 08:32
Ich habe mir große Strecken des Spiels gestern angeschaut – sehr unterhaltsam bei einem 4:3 gegen Augsburg. Ryerson hat direkt gespielt, sonst gab es ein eher klassisches 4-2-3-1 / 4-3-3. Dabei zeigte sich ein sehr enger Dreiersturm im Ballbesitz mit Malen, Moukoko und Adeyemi. Die drei haben auch gut gewuselt und teilweise schön kombiniert, oft aber zu eng und auch etwas ineffektiv. Dafür war das Mittelfeld mit Özcan, Brandt und Bellingham schon extrem cool anzuschauen, und Bellingham insbesondere.
Insgesamt sind mir aber zwei Dinge aufgefallen: einmal große Probleme beim Spielaufbau, als Augsburg zwischenzeitlich selbst mit einem engen 4-3-3 zugestellt hat – da gab es plötzlich keine Anspielstationen mehr und es wurden ungezielte Pässe nach vorne gespielt, die leicht abzufangen waren. Und der BVB hat oft versucht, über eine Seite nach vorne zu kommen, dabei aber das Zentrum ziemlich entblößt. Das ist ihnen auch einige Male in der Defensive passiert: weites Verschieben auf eine Seite, plötzlich kann Augsburg (!) durch die Mitte spielen. Kann jemand sagen, ob das ein Trainer-, Team- oder Özcan-Problem war? Insgesamt trotzdem ein verdienter Sieg (xG 2.9 – 1.4 nach Opta), aber das sollte auch gegen ein Augsburg-Team so sein, dass 15. ist und die zweitschlechteste xG-Differenz der Liga hat.
tobit 23. Januar 2023 um 16:46
Klingt ein bisschen so, als hätten zwei aus MMA auch gereicht um denselben Effekt zu erzielen. Ist aber halt schwierig, wenn alle anderen Offensivspieler recht frisch aus Verletzungen kommen und man für die tiefen Zentrumspositionen auch nur Can als 100% fitte Alternative hat. Immerhin hat man sie mal nicht als Breitengeber vergeudet.
Ja, Özcan, Brandt, Bellingham hat sehr viel Potential, weil sie sich individuell clever bewegen und gut bis herausragend am Ball sind. Mit mehr Koordination ihrer eh schon gut harmonierenden Spielzugsideen von außen wäre das eins der besten Mittelfeldtrios auf dem Kontinent, so sieht man immer nur einzelne Flashes.
Das schlechte Aufbauspiel ist ein Teamproblem insofern, dass das Team seit Jahren dieses Problem hat, wenn der Trainer nicht unheimlich viel Arbeit in die Basics und die Staffelungen im Aufbau steckt.
Die Zentrumslücken gegen den Ball sind immer mal wieder eine Phänomen gewesen. Mit Weigl gab es sie kaum, weil er ziemlich unabhängig von wechselnden Trainern diesen Raum verteidigt hat. Witsel und Delaney haben da unter Favre zusammen auch ganz gute Arbeit gemacht, da gingen die Lücken aber auf, wenn nur einer von beiden spielte.
Özcan kann diese Räume auch durchaus verteidigen und ist da eigentlich recht aufmerksam. Aber je stürmerhafter Malen und Adeyemi agieren, desto weiträumiger werden Brandt und insbesondere Bellingham gegen den Ball. Das zieht ihn dann eher mal hinterher um die Halbräume hinter ihnen zu schließen. Er ist halt im Kopf auch eher ein zweiter Sechser als ein Solo-Pivot, hat da gewisse Ähnlichkeiten mit den jungen Benders. Deswegen haben die Flügel in der Hinrunde oft sehr tief verteidigt, was ihnen zwar nicht liegt, aber eben Özcan fokussierter in der Mitte gehalten hat. Oder man hat Can zusätzlich in die Mitte gestellt, was aber eher eine Anpassung gegen die ganz großen Gegner war, wo seine ungenügenden Ballfertigkeiten kaum zum Tragen kommen würden.
AG 26. Januar 2023 um 08:10
Hat jemand das Spiel gegen Mainz gestern geschaut? Wieder ähnliche Probleme, den Sechserraum zu schließen, wobei es etwas besser ging mit Can, Özcan und Brandt. Dafür auch weniger Offensivpower. Adeyemi ist anscheinend noch nicht richtig in der BL angekommen, und Malen scheint auch besser in Europa klarzukommen statt in der Liga. Dafür gefällt mir Moukoko weiter gut, und er hat (Opta/FBref) gestern auch 0.4 xG gesammelt, obwohl nicht das beste Spiel von ihm. Vielleicht wird das Spiel von Dortmund wirklich besser, wenn es so ist, wie du sagst, tobit, und nur zwei aus MMA spielen. Ich wünschte nur, es wäre nicht Moukoko, der für Haller auf die Bank müsste…
tobit 26. Januar 2023 um 14:04
Ich würde halt Haller eh noch nicht von Anfang an bringen. Doppelsturm Malen, Moukoko, wo man dann je nach Bedarf Reus, Adeyemi oder Haller einwechselt. Zwei Shooter sind genug. Die werden dann auch öfter eingesetzt als gestern, weil ihre Nebenmänner nicht so Abschlussfokussiert sind wie sie selbst.
Dahinter vier Mittelfeldspieler. Ob das dann nominell eine Raute
——— Brandt ———
Bellingham — Özcan
——— Dahoud ———
oder ein 2-2
Bellingham — Brandt
— Dahoud – Özcan —
ist, ist recht egal. Reyna, Guerreiro, Can als Rotationsoptionen (plus zur Not noch Reus und Malen für die Zehn) sollten auch erstmal reichen, nachdem man mit Ryerson und dem gerade stärkeren aus Wolf und Hazard (plus zur Not Süle) immernoch okaye AV für beide Seiten hat.
Das Spiel gestern war gar nicht so schlecht. Das Gegentor nach einer Minute ist halt Pech (aber leider doch irgendwie typisch).
Spielerisch war es jeweils in der ersten Viertelstunde beider Halbzeiten auch ziemlich ordentlich. Gerade die Doppelsechs in der zweiten Hälfte hat den Mainzern erstmal komplett den Zahn gezogen. Da ergab sich ein paar mal eine gute Staffelung mit Can so halb nach rechts rausgekippt und Özcan im Sechserraum, was gut zu Süles über das ganze Spiel sehr zentraler Positionierung passte. Sonst war da eigentlich immer der Raum rechts frei (bzw Ryerson wurde dort ignoriert, vllt auch besser so) oder niemand mehr auf der Sechs, was beides nicht optimal ist. Wurde dann leider sehr schnell aufgelöst um Reyna uneingebunden irgendwo rumstehen zu lassen.
Can als Solosechser gegen tiefe Gegner wird mich aber immer auf die Palme bringen. Der hat so viele Verlagerungen verschleppt, wo man mal Adeyemi und Ryerson in die Dynamik hätte bekommen können.
Mainz war jetzt aber auch einfach nicht gerade gefährlich. Die haben es der Restverteidigung manches mal sehr einfach gemacht. Und man merkte, dass sie wegen der englischen Woche auch nicht unbedingt die ganze Zeit Angriffspressing spielen wollten, obwohl das ihre besten Phasen waren.
tobit 23. Januar 2023 um 17:11
Geertruida gewinnt mittlerweile einen sehr hohen Anteil seiner Tackles, was mir als Metrik wichtiger ist als die reine Anzahl. Seine Quote war da früher auch nie schlecht (mit 19 schon etwa so gut wie die aktuellen Zahlen von Meunier), ist aber jetzt nochmal deutlich besser geworden.
Was ich an ihm so interessant finde ist sein Spiel in Ballbesitz, wo er sich viel am Aufbau beteiligt, seine Detailposition aber sehr variabel gestalten kann. Er bleibt dabei allgemein etwas tiefer, spielt viel wie ein rausgekippter Sechser. Dadurch ist er öfter in Position um Konterräume zu schließen ohne zwingend Zweikämpfe führen zu müssen. So ein AV passt finde ich viel besser zu Brandt (der ja meist halbrechts agiert) als die reinen Linienläufer des aktuellen Kaders.
Klar bräuchte man dann für rechts noch einen eher breiten Außenstürmer, aber der stünde wohl sowieso auf der Einkaufsliste. Vor ein paar Jahren hätte ich da jemanden wie Jesus Corona vorgeschlagen, mit einer guten Rückrunde könnte aber Knauff genau der richtige dafür sein. Oder vllt fällt ja ein Pulisic bei Chelsea vom Laster. Aber ich könnte mir die rechte Seite auch gut mit Adeyemi vorstellen, der dann eher mit seinen Läufen die Seite für Brandts Ausweichen öffnen würde.
Gießelmann und Trimmel sind bei Union ja auch nicht wirklich rein defensiv, die haben schon offensiv einiges zutun. Und Fischer ist ja keiner, der mit einer defensiven oder konservativen Spielweise verheiratet ist. Von daher kann ich mir Juranovic da schon gut vorstellen. Sowohl vor der 3er-Kette als auch in einer etwas asymmetrischen 4er-Kette. Passt da finde ich ganz gut zu den recht hoch ausweichenden Achter/Zehner/Flügelstürmer-Hybriden Haraguchi und Öztunali, die ja meist (halb)rechts spielen.
Guerreiro nicht zu verlängern hielte ich für einen großen Fehler. Klar wäre ein defensiv stärkerer LV auch mal cool, man ist mit Guerreiro schon ein bisschen eingeschränkt, wie man die linke Seite aufstellt. Aber ich sehe nicht, dass man ein bessere Gesamtpaket als ihn bekommt. Und er ist ja nun wirklich sehr offen, dass er bleiben will, würde also wohl auch nicht an der neuen Vertragspolitik von Kehl scheitern.
Dass seine Kreativität nach dem Bellingham-Abgang noch dringender gebraucht werden wird als jetzt und dass der neue Achter wahrscheinlich etwas defensiver sein wird, sollte man da bei der Beurteilung auch nicht vergessen.
Daniel 24. Januar 2023 um 15:35
Guerreiro nicht zu verlängern wäre der schwerste Fehler, den das Management in den letzten Jahren getroffen hat. Bensebaini ablösefrei holen, Guerreiro verlängern und ins Mittelfeld ziehen und Bellingham an den Meistbietenden verscherbeln. Dann hätte man mit Dahoud/Özcan, Guerreiro und Brandt weiterhin eines der besten Mittelfeldtrios Europas (und mit Reyna und Can auch solide Rotationsoptionen für Verletzungen oder falls Bensebaini nicht überzeugt), einen defensivstärkeren LV und für einen sehr moderaten Qualitätsverlust eine wahrscheinlich dreistellige Millionensumme generiert, mit der dann endlich ein vernünftiger RV (außer Ryerson schlägt doch voll ein), ein oder zwei gute Außenstürmer und vllt ein IV verpflichtet werden könnten.
Falls der BVB Guerreiro allen Ernstes nicht behalten möchte nehmen hoffentlich die Bayern Kontakt auf. Er könnte sowohl als offensiver Linksverteidiger als auch als Kreativspieler im Mittelfeld Druck und Entlastung für die arrivierten Davies und Kimmich bringen, was beiden nicht schaden würde-und das zu für Bayern sehr moderaten wirtschaftlichen Voraussetzungen.
tobit 24. Januar 2023 um 17:21
Zusätzlich zu Guerreiro würde ich dann aber noch einen jungen Achter (z.B. Le Fée, wobei man dem schon sehr viel Konkurrenz haben wird) und einen richtigen Sechser (z.B. Guillamón) dazuholen und dafür Can und Dahoud streichen. Bzw wenn Can bleibt, sollte er hauptsächlich als Abwehr-Backup geplant werden.
Eigentlich braucht man zwei Flügelspieler (keine Stürmer 😉 ). Aber ich glaube nicht, dass man da die Mittel hat um die auch beide auf dem richtigen Niveau anzusiedeln. Von daher wäre ich mit einem plus Knauff schon ganz zufrieden.
Bei Bayern sähe ich Guerreiro so gar nicht in Konkurrenz zu Kimmich. Außer die holen doch mal einen Sechser und schieben Kimmich auch noch auf die Acht. Da sind sie aber ja jetzt schon sehr dicht (und teuer) besetzt. Selbst wenn man Sabitzer verkauft bekommt (was bei dem Gehalt wohl schwierig würde) und Gravenberch verleiht, wäre man mit Goretzka, Kimmich, Musiala, Müller und Guerreiro für zwei Positionen fast noch überbesetzt. Goretzka und Müller setzen sich da in den großen Spielen garantiert nicht klaglos auf die Bank.
Als Davies-Backup (oder auch mal mit ihm zusammen über links) wäre das aber schon eine sehr gute Lösung für die Bayern. Die haben ja zuletzt öfter etwas ältere Backups, die taktisch passen, für ihre Stars geholt.
tobit 24. Januar 2023 um 18:00
Achja, und Laimer kommt ja auch noch dazu bei den Bayern. Wobei der wohl ähnlich zur Guerreiro-Überlegung auch als RV eingeplant ist. Wenn sie jetzt noch Perisic hätten, könnten sie eine ganze Elf aus „Außenverteidigern“ aufstellen.
Davies – Perisic – Gnabry
Guerreiro – Laimer
Blind – Kimmich – Mazraoui
Lucas – Pavard
Daniel 24. Januar 2023 um 18:47
Für einen Achter seh ich keinen Bedarf. Wenn man die Achterpositionen offensiv besetzen möchte sind mit Brandt und Reyna zwei sehr gute und talentierte Leute da, wenn man eher Raumkontrolle und Kurzpassspiel haben will gibt es mit Dahoud und Guerreiro auch zwei Spieler mit Stammplatzanspruch und mit Can (bei dem ich in Anbetracht seines mutmaßlichen Gehalts nicht davon ausgehe, dass man einen Abnehmer findet) gibt’s dann noch die Option Physis. Das sind fünf Spieler für ein bis zwei Positionen. Auch wenn Dahoud darüber hinaus noch als Sechser statt Özcan und Guerreiro noch als LV statt Bensebaini in Frage kommen ist das mehr als genug. Dahoud streichen würde ich dringend von abraten. Er gehört zu den besseren Spielern im Kader und sollte jetzt keine unrealistischen Beträge kosten. Welcher Spielertyp fehlt dir denn auf der Acht?
Flügelspieler oder -stürmer…eher eine Begriffsfrage. Bei Knauff bin ich noch nicht sicher, ob er wirklich (schon?) das an Scorerpunkten liefern kann, was man bei Dortmund erwartet. Ich glaube ein weiteres Jahr Eintracht würde ihm nicht schaden. Mit meinem oben überlegten Modell, dass Bellingham möglichst teuer verkauft und indirekt ablösefrei durch Bensebaini ersetzt wird halte ich bei gutem Scouting auch zwei Flügelspieler 😉 für finanzierbar.
Jo, genau das tut Bayern ja jetzt und holt mit Laimer einen klaren Sechser. Kimmich ist der einzige Spieler Bayerns, der zuverlässig aus dem Mittelfeld mit Kombinationsspiel den Ball in die Angriffszone tragen kann. Das sieht man auch jedes mal, wenn Kimmich nicht spielt. Musiala könnte das sicher auch, würde in einer solchen Position aber defensiv noch bedenklich abfallen. Goretzka, Müller, Laimer und leider auch Sabitzer können es nicht, Gravenberch auch noch nicht auf dem erforderlichen Niveau. Mir fällt kein anderer Spieler ein, der dieses Manko des Bayern-Kaders aus dem Stand beheben könnte, der nicht mindestens 30 Mio kostet. Musiala und Müller sind im Bayern-Mittelfeld der offensive Part (und vollziehen dort gerade den Generationswechsel), auf der Doppelsechs dahinter hätte Bayern dann die Option je nach Situation eine defensive Absicherung (Laimer), einen offensiv vorstoßenden Achter (Goretzka) oder einen weiteren Kurzpassspieler (Guerreiro) neben Kimmich zu stellen. Gravenberch wird verliehen, Sabitzer wenn es geht verkauft…wenn nicht ist auch nicht schlimm, schließlich kommen sowohl er als auch Guerreiro und Laimer auch für andere Positionen in Frage.
Blind ist wahrscheinlich nur die Überbrückung bis Sommer, Lucas muss erstmal einen Kreuzbandriss wegstecken, Pavard will wohl weg und Gnabry ist als AV wirklich nur eine absolute Notlösung.
tobit 24. Januar 2023 um 20:24
Reyna ist mir zu offensiv für die Acht, ständig verletzt, und ich bin generell nicht so überzeugt von ihm (Typ Pogba in weniger genial und zweikampfschwächer ist halt sehr schwierig einzubinden). Ich wäre bereit ihn für eine gute Ablösesumme (20 Mio+) abzugeben. Ansonsten ist sein Platz eher außen oder als zweiter Stürmer, nicht im Zentrum.
Dahoud ist jetzt seit sechs Jahren da und hat (auch wegen Verletzungen) noch keine 5 Spiele am Stück sein Potenzial auf den Rasen bekommen. Am ehesten noch als ganz tiefer Ballverteiler. Wenn man ihn aber da aufstellt, kann man nicht Brandt und Guerreiro vor ihn stellen, weil das defensiv nicht reicht. Manchmal ist es einfach Zeit einen Schnitt zu machen, auch wenn ich ihn als Spielertypen eigentlich auch cool finde.
Ob Can da ist oder nicht, macht meiner Meinung hauptsächlich den Unterschied ob man einen vierten IV holen muss oder nicht (und selbst den kann man sich mit Besebaini evtl sparen). Für mehr reicht es bei ihm einfach nicht. Wie bei Schulz: wenn die Abfindung kleiner als die noch ausstehenden Gehälter ist, ist das das vorzuziehende Szenario. Er dürfte sicherlich einen Verein finden, der ihm 3 mio oder so zahlt, dann legt der BVB noch 5 Mio Abfindung drauf und spart damit immerhin die Hälfte seines absurden Gehalts.
Damit steht man dann im Mittelfeld bei Özcan, Guerreiro, Brandt. Und Guerreiro ist auch noch links hinten eingeplant und gerne mal verletzt. Da ist definitiv Platz für zwei Neue und nach Bellingham auch der Bedarf für mehr Qualität.
Laimer ist doch kein Sechser. Der rennt genauso das Feld rauf und runter wie Goretzka oder Kimmich. Wird wahrscheinlich Bayerns defensivster Mittelfeldspieler sein, aber das ist auch nicht schwer bei der Versammlung von Zehnern.
Natürlich kostet ein Stammspieler auf Bayern-Niveau mehr als 30 Mio, wir haben nicht mehr 2011. Wenn man mal Talente und Xabi auslässt, war der letzte richtige Stammspieler unter 30 Mio. sogar Arjen Robben 2009 (der eigentlich auch da schon mehr Wert war).
Das Problem der Bayern ist doch, dass die die Kimmichs Spielmacherrolle ersetzen können, trotzdem noch Kimmich als Sechser hinter sich brauchen, weil niemand sonst auch nur annähernd Sechser spielen kann. Blind ist ja fast schon der zweitbeste Sechser im aktuellen Bayernkader (und der ist schon lange kein Sechser mehr). Sagst du ja auch: Goretzka (Strafraumachter), Guerreiro (Kombinationsachter), Laimer (Gegenpressingmaschine) wären verschiedene Optionen für die Zwischenposition vor Kimmich. Der könnte alle diese Profile da je nach Bedarf spielen, überwiegend sogar besser als die oben genannten. Deswegen kapier ich nicht, warum Bayern keinen Sechser holt.
Die AV-Elf war ja auch eine reine Spielerei. Fiel mir da nur gerade auf, dass die Bayern in den letzten Jahren eine Menge Spieler hatten die AV (oder „AV“) und noch was anderes spielen können.
Daniel 25. Januar 2023 um 10:43
D’accord zu Reyna. Wenn jemand 20 Mio für ihn bietet würde ich ihn auch abgeben und durch einen defensiveren Mittelfeldakteur ersetzen…angesichts der von dir richtig beschriebenen Eigenschaften halte ich das nur nicht für sonderlich wahrscheinlich. Und vllt kann er sich ja defensiv noch steigern, das wäre für seine weitere Karriere sehr förderlich…in den Offensivzonen gibt’s meines Erachtens einige größere Talente.
Das stimmt jetzt auch nicht, Dahoud hatte schon immer wieder seine Phasen beim BVB. Und von seiner wechselhaften Zeit wissen ja auch andere, deswegen werden ihm wohl nicht in Massen die hochdotierten Angebote zufliegen. Mit ihm ist die Mannschaft stärker als ohne und es sollte wirtschaftlich gut machbar sein, da seh ich nicht, was gegen eine Verlängerung spricht. Dortmunds Instabilität wird ebenso sehr auf den AV-Positionen erzeugt wie im Mittelfeld-mit Bensebaini und einem neuen RV sollte das Konstrukt schon deutlich stabiler sein und das käme auch Dahoud zugute.
Ich glaub nicht, dass man Can eine Abfindung zahlt, schon wegen der Außenwirkung nicht. Das wäre ja das finale Eingeständnis des Managements eines nächsten sündhaft teuren Flops.
Der große Kaderumbau wird in Dortmund erst im Sommer 24 stattfinden (können), dann laufen mit Can, Schulz, Wolf, Meunier und Hazard gleich fünf deutlich überteuerte Verträge aus und mit dem dann frei werdenden Gehaltsbudget kann man den Kader auf neue Beine stellen und ein oder zwei defensivstärkere Mittelfeldspieler als Komplement zu Brandt, Guerreiro und Dahoud sowie mindestens einen IV mit Stammplatzambitionen holen. Diesen Sommer sollte man sich auf die größten Schwachstellen auf den Außenpositionen konzentrieren. Guerreiro verlängern, Dahoud und Hummels bei reduzierten und stark leistungsabhängigen Konditionen ebenfalls und Modeste, Passlack, Unbehaun und Reus abgeben (Reus ist zwar noch gut, aber auf diesen zentralen Offensivpositionen ist Dortmund auch ohne ihn überbesetzt).
Ich seh Leipzig halt großteils in den „großen Spielen“ gegen Bayern, Dortmund oder in der CL. Da ist er kein Vergleich zu Kimmich und Goretzka und klar defensiver. Am Freitag in der ersten HZ war er meines Erachtens ein ziemlich lupenreiner Sechser. Wie das gegen Hertha oder Mainz aussieht weiß ich jetzt aber tatsächlich nicht. Insofern bin ich jetzt einfach mal Optimist und hoffe, dass die sportliche Führung Laimer als defensivstarken Sechser geholt hat…weil alles andere kann Bayern da nicht gebrauchen (außer einem Spielmacher, aber das ist Laimer ohne Zweifel nicht).
Von Pulisic würde ich Abstand nehmen. Lieber auf aufstrebende Spieler setzen als die Ersatzbänke der selbsternannten Topvereine zu kaufen, diese Lektion sollte man aus Schürrle, Can etc mitnehmen. Mittelmäßige Spieler mit überteuerten Gehaltsvorstellungen hat der BVB mehr als genug.
„Die haben ja zuletzt öfter etwas ältere Backups, die taktisch passen, für ihre Stars geholt.“
Ergibt finde ich auch Sinn. Bei älteren Spielern sind „die Fronten geklärt“, was sie erreichen können, während jüngere Spieler zu Recht auf Spielzeit pochen, um sich verbessern zu können. Choupo-Moting, Blind, Sommer oder früher Rafinha wissen, dass sie keine Weltfußballer mehr werden und kommen im Zweifelsfall damit klar, auch mal ein paar Spiele nur eingewechselt zu werden oder ganz draußen zu bleiben. Außerdem sind sie in ihrer Leistung meist stabiler als jüngere.
tobit 26. Januar 2023 um 14:23
Oh ich denke schon, dass man für Reyna irgendwo 20 Mio einsammeln könnte. Klar, wenn er jetzt die Rückrunde weiter kaum spielt, wird es schwierig. Terzic scheint ihn aber zu mögen und hat ihn in der Hinrunde wohl viel für die „wichtigen“ / „großen“ Spiele geschont.
Bei Dahoud glaube ich einfach nicht mehr dran, dass der in Dortmund noch zündet. Wie damals mit Ginter, das Potenzial und die Klasse sieht jeder, aber sie kommt einfach nicht richtig auf den Rasen. Ich denke halt, dass man jemand noch besseren als ihn holen könnte. Aber wahrscheinlich hast du Recht und die Sechs bleibt wie sie ist, dann ist Dahoud immerhin ein deutliches Upgrade zu Can und hier und da mal sehr gut.
Zu Can hast du wohl Recht.
Eine große Offensive würde ich 2024 nicht erwarten. Man wird einfach froh sein die Kosten gesenkt zu haben und die paar hundert Minuten auf Talente verteilen (was ich gut fände).
Guerreiro wird zu 90% gehen. Den will man bei den Bossen aus irgendeinem Grund unbedingt loswerden.
Wenn Kimmich mal in so einer Underdog-Rolle spielen müsste, wäre er da wahrscheinlich auch sechserhafter. Gegen andere Gegner ist Laimer schon ziemlich box to box, spielt ja nicht ohne Grund eigentlich immer neben Schlager oder Kampl, die viel klarere Sechser sind.
Pulisic sehe ich da einfach anders als du. Dem traue ich den Sprung nochmal zu, sit ja auch vom Alter her kaum mit Schü oder Can zu vergleichen. Aber wahrscheinlich passiert außer dem aktuell gehandelten Duranville (gerade 16) nichts und man versucht sich mit ihm, JBG, Adeyemi und Knauff/Wolf/Hazard durchzuwurschteln.
Klar ergibt das für Bayern absolut Sinn. Die können denen ja auch den Sitz auf der Bank vergolden wie nur wenige andere. War auch nicht als negativer Punkt gemeint, sondern ziemluch anerkennend, dass sie immer wieder so passende Spieler finden und überzeugen können.
Daniel 29. Januar 2023 um 12:21
„Wie damals mit Ginter, das Potenzial und die Klasse sieht jeder, aber sie kommt einfach nicht richtig auf den Rasen.“
Gibt’s denn außer Bellingham irgendeinen BVB-Feldspieler, auf den das in den letzten Jahren nicht zutrifft?
Weiß ich nichtmal. Chelsea verfolge ich nicht, aber basierend auf seiner Dortmunder Zeit könnte Pulisic schon eine Hilfe sein. Mein Misstrauen reduziert eher auf seinem derzeitigen Arbeitgeber. Chelsea, Paris und City generieren ihre Einnahmen nicht aus Sport und können sich deshalb Personalkosten leisten, die nach den Maßstäben eines Fußballvereins deutlich überbezahlt wären. Ausnahmen bestätigen die Regel, aber im Allgemeinen sollte man sich Transfers von diesen Vereinen extrem gut überlegen, weil ein marktwertgetreues Angebot für einen Spieler dieser Klubs inakzeptabel niedrig ist. Nach dem Sané-Transfer zu Bayern gab es verschiedene Berichte, dass andere Bayernspieler sich im Vergleich zu Sané plötzlich unterbezahlt fühlten und nachverhandeln wollten. Direkt und indirekt dürfte der Sané-Transfer Bayern’s Personalkosten gesteigert haben, obwohl das Gehaltsniveau bei Bayern schon nochmal ein anderes ist als in Dortmund. Sané und auch Timo Werner dürften als Deutsche schon in Bezug auf die N11 ein gewisses Interesse daran gehabt haben, sich in ihrer Heimat wieder in den Vordergrund zu spielen, und deshalb relativ große Gehaltseinbußen in Kauf genommen haben. Beim Amerikaner Pulisic entfällt dieses Argument aber. Damit das für Dortmund ein guter Deal wäre dürfte Chelsea wirklich keinerlei Ablöse fordern und Pulisic müsste auf mindestens die Hälfte des Gehalts verzichten, dass ihm bei Chelsea noch ein Jahr zustünde. Beides seh ich nicht. Klar, fragen kostet nix. Aber die Dortmunder Verantwortlichen müssten vor der Kontaktaufnahme eine Schmerzgrenze festlegen und dürften sich von dieser unter keinen Umständen wegschwatzen lassen-ob sie das könnten? Wäre weiß Gott nicht das erste mal, dass die Gier nach einem vermeintlichen Prestigetransfer die wirtschaftliche Vernunft aussticht.
Das ergibt schon auch für andere Vereine Sinn-grad für solche, die vllt wirtschaftlich nicht so stark sind, um die Toptalente mitbieten zu können. Spieler auf dem absoluten Zenit holen, die den Großteil ihrer Karriere für die eigenen Ansprüche eigentlich zu schlecht gewesen wären, aber genau deshalb eben sowohl vom Gehalt als auch von den Spielanteilen zufrieden sind, wo Spieler mit „größeren Namen“ längst meckern würden. Union Berlin z.B. ist da auch sehr groß drin.
tobit 29. Januar 2023 um 15:28
Guerreiro, Hummels, Reus von den aktuellen Stammspielern würde ich da definitiv nennen. In den letzten Jahren noch Akanji, Delaney, Haaland, Sancho, Witsel. Ansonsten würde ich noch Wolf nennen, der sein (für den BVB arg begrenztes) Potenzial erreicht hat, wenn er gespielt hat. Wenn man zur Ausgangsaussage (keine 5 Spiele am Stück) zurückgeht kommen mindestens noch Brandt und Zagadou dazu, die ihr Potenzial zumindest mal über längere Phasen abgerufen haben. Und Dahoud hatte dafür mehr Zeit als die meisten der Genannten, nur Guerreiro, Hummels und Reus sind länger im Verein.
Klar Pulisic müsste schon bereit sein auf sehr viel Geld zu verzichten. Das müsste er aber bei jedem Wechsel, egal ob im kommenden Sommer oder nach einem Jahr mit wenig/ohne Spielzeit in 2024. In Dortmund kennt er sich dafür schon aus und war auch sehr erfolgreich. Und sellbst wenn er beim BVB Topverdiener neben Süle (~15 Mio) würde, gibt es ja kaum Spieler, die aktuell irgendwelche Argumente für eine Anhebung in diese Sphären gesammelt haben. Bzw selbst wenn jemand das fordert, wäre Süle viel eher die Analogie zu Sané als Pulisic, da er der erste Neuzugang in dieses Sphären war.
Für Bayern und kleinere Vereine ergibt das Sinn, weil sie Spieler holen können, die sportlich hilfreich sind aber finanziell wenig ins Gewicht fallen. Der BVB liegt genau in der Lücke, wo sie den Spieler entweder bezahlen wie einen Stammspieler oder er für das Rotationsspielergehalt woanders immernoch europäisch, dafür aber Stamm spielt.
Und Bayern hat ja eher nicht Spieler auf dem absoluten Peak geholt, sondern immer eher etwas danach. Der goldene Herbst ist halt auch ein bisschen bequemer mit einer Decke über den Knien. Will der BVB jemanden von finanziell ähnlicher Insignifikanz holen wie Blind oder EMCM für die Bayern, wäre man bei Spielern an der Kante zwischen erster und zweiter Liga. Paquarada, Höfler, Ducksch als Beispiele, die vllt sogar einen kleinen positiven Impact im Kader hätten. Die meisten Optionen wären da aber deutlich weniger hilfreich als die drei.
Koom 10. November 2022 um 11:29
Und mal was zu den Bayern: Ich bin fasziniert, das Choupo-Moting, den vor der Saison (und auch lange Zeit in dieser Saison) keiner auf den Zettel hatte und plötzlich Stammspieler ist. Und das nicht, weil er einen massiven Qualitätssprung gemacht hätte – der war schon immer ein solider Mittelstürmer ohne riesige Schwächen aber auch nicht herausragend. Nein, er spielt den Mittelstürmer mit guter Präsenz, schafft Räume, hält den Ball, schließt ab. Und plötzlich sind die Bayern wieder erheblich leistungsstabiler in der Offensive. Defensiv scheppert es immer noch etwas oft, aber offensiv rollen die Tore seitdem wieder deutlicher.
Das ist etwas, wo Nagelsmann wohl gelernt hat, und wo auch Flick, Löw und andere gerne hinschauen dürfen: Manchmal brauchst du für eine Position jemanden, der diese spielen kann, auch wenn er nicht herausragend auf seinem Gebiet ist. Aber man bimst keinem überragenden 10er/Halbstürmer das Verhalten eines Mittelstürmers ein, wie das immer wieder versucht wird (Havertz, Werner, Götze, Gnabry, Müller usw).
Für die Struktur einer Mannschaft braucht es manchmal IMO einfach auch einen „Wasserträger“, der fleissig die Aufgaben einer Position erfüllt. Sei es der Sechser, der dann eben keine Tore macht oder 50m Pässe spielt sondern „nur“ absichert und Spielfluss aufrecht erhält. Oder halt eben der Mittelstürmer, der präsent ist, IVs bindet und hin und wieder ein Tor macht (und sei es Abpraller).
tobit 10. November 2022 um 13:54
Beim zweiten Absatz passt mir Havertz als Beispiel nicht. Der ist sowohl bei Chelsea als auch bei der N11 der eindeutig beste Mittelstürmer der letzten Jahre. Dem hat Tuchel eben doch genau dieses Verhalten eingebimst … bzw. er konnte viel davon halt schon vorher, weil er halt ein geborener Stürmer ist (wie ich hier schon vor Jahren immer wieder gesagt habe). Werner würde ich auch nicht so ganz mit den anderen stehen lassen. Der kann schon vorne drin sehr gut sein, aber torgefährlich ist er (wie Havertz) eher wenn er aus dem Raum kommen kann.
Ansonsten volle Zustimmung.
Aber ich sehe absolut schwarz, dass das noch jemand lernt. Flick hat ja auch wieder gar keinen Sechser nominiert, nichtmal einen vierten Achter nimmt er mit zu den nächsten zwei Länderspielen. Dafür 4 Zehner und 7 Halb-/Innenverteidiger.
Koom 10. November 2022 um 14:47
Wg. Havertz: Das ist halt das Problem. Havertz ist auch nicht so sehr Mittelstürmer, sondern will auch lieber aus dem Raum kommen – also eher ein Halbstürmer/10er. So wirklich wohl fühlt er sich ganz vorne nicht, er schafft nicht gut Räume.
Aus meiner Sicht ist das eben ganz ähnlich zu dem 6er: Es geht nicht darum, da vorne nominell zu stehen, sondern permanent in dieser Position zu denken, zu laufen, zu arbeiten. Eine undankbare Aufgabe, weil man unterm Strich vermutlich nur der Raumschaffer wird, aber die Offensive von deutschen Mannschaften braucht diesen Typ.
tobit 10. November 2022 um 17:29
Da werden wir uns wohl einfach nicht einig. Ich finde Havertz macht das sehr gut von der Neun und ist eben genau der Spieler, den es da braucht. U.a. eben weil er die Spielweise aus dem Raum heraus so gut kennt. Hauptsächlich aber, weil er anspielbar, ballsicher und kreativ mit dem Rücken zum Tor ist. Wenn er daraus auch noch direkt torgefährlich wäre, gäbe es ja wohl keine Diskussion mehr um irgendwas, man hätte seinen Lewandowski oder Benzema für das nächste Jahrzehnt. Die Torgefahr bringen aber einige von den Halbspielern durchaus mit, insbesondere wenn man ihnen die Spitze mal frei macht. In den Situationen ist ein Füllkrug dann basically nutzlos, Havertz nicht.
Und Füllkrug ist jetzt auch nicht unbedingt der große Hecht, was Raumschaffen angeht, er profitiert bei Werder finde ich viel mehr von den eh vorhandenen Räumen, in die ihn die kreativen hinter ihm dann gut einsetzen, und der Partnerschaft mit Ducksch, wo sie eben beide nicht die gesamte Neuner-Aufgabe allein machen müssen. Für Moukoko gilt ziemlich ähnliches, er profitiert finde ich sehr von den Räumen die gerade Malen mit seinen extremen Positionierungen öffnet.
Generell sehe ich die Rolle der Neun nicht ganz so eng begrenzt wie du, glaube ich. Havertz gelegentliches Verlassen der Rolle erzwingt oftmals Bewegung vom Rest der Offensive, die es sonst nicht gegeben hätte. Und eine statische Offensive ist immer leichter zu verteidigen als eine in Bewegung.
Koom 11. November 2022 um 10:30
Ich habe ihn überwiegend nur bei der N11 gesehen, da funktionierte das eher nicht so dolle. Das ich Havertz grundsätzlich von seinen Anlagen für einen tollen MS halte, würde ich sogar bestätigen. Trotzdem würde ihm mal ein fachkundiger MS-Trainer mal gut tun, der ihn da weiterbringt. Aktuell ist das mir noch zu viel Stückwerk und unkonstant.
Liegt möglicherweise auch daran, dass er vielleicht im Kopf noch viel zu sehr „mitentscheidend“ an den Szenen sein will und dadurch den Halbstürmern die Räume nimmt, weil er sich instinktiv in diese bewegt, anstatt sich eher dahin zu bewegen, wo vielleicht der lange Ball, Abpraller oder sonstwas hinkommen kann (und wo er dann 1-2 IVs mit sich nehmen würde).
Daniel 23. November 2022 um 20:16
Bin ehrlich gesagt auch kein Fan von Havertz. Mich erinnert er irgendwie zunehmend an Draxler: vieles sieht ganz nett aus, aber für einen Durchbruch zur Weltklasse fehlen dann doch zu oft Durchschlagskraft und Spielintelligenz. Unabhängig von seiner Position sieht Havertz sich glaub ich selbst als ein Spieler, der er einfach nicht ist. Havertz wäre gern ein wendiger Dribblingspieler, den Eindruck hab ich immer, wenn ich ihn sehe. Obwohl er für seine 1,90 tatsächlich verblüffend beweglich ist sieht man aber gerade in einem Spiel wie heute, wo er mit Leuten wie Musiala, Gündogan oder auch Doan auf dem Platz steht, dass er das einfach nicht (auf Weltklasseniveau) ist und von seiner Physiognomie her auch gar nicht sein kann. Ist natürlich Spekulatius, aber ich halte es für gut möglich, dass Havertz noch bei dieser WM seinen Stammplatz im Sturm für immer an Moukoko verlieren wird. Ehrlich gesagt ist mir schon jetzt nicht klar, was Havertz eigentlich besser macht als dieser. Und auf den Positionen dahinter gibt’s mindestens vier bessere Alternativen.
Ohne jetzt zu stark von einer allgemeinen Einschätzung auf das heutige Spiel übergehen zu wollen, aber das vermeintliche 2:0 zeigt recht deutlich, dass es auch zum Instinkt eines MS weit fehlt: Es ist völlig klar, dass Gnabry diesen Pass spielen wird. Havertz‘ einziger Job ist es, hinter Gnabry zu bleiben, dann zählt das Ding. Das ist eine Kleinigkeit, aber Leute wie Müller oder wahrscheinlich auch Füllkrug machen solche Kleinigkeiten halt richtig und das ist der Unterschied.
Koom 24. November 2022 um 10:12
Tobias Escher hat übrigens das auch analysiert. Laut ihm hatten Havertz und Müller keinen Torschuss verzeichnet. Das ist schon bitter und verlangt quasi schon per se nach einer Detailanalyse, wie es bei diesen 2 zentralen Spieler dazu kommen kann. Gerade Müller ist ja eigentlich gerne dabei, seinen Schädel oder Fuß irgendwie hinzuhalten. Aber das kann er IMO nur gut, wenn ein „gelernter“ MS da vorne die Räume schafft.
Und neben dem Sturmproblem nach wie vor das Problem der schlechten Defensive. Klappt das Pressing vorne nicht – was nach einer gewissen Spielzeit und keinem allzu doofen Gegner immer irgendwann passieren wird – wird es hinten gefährlich, weil die meisten Angriffe dann mit Tempo auf die Kette treffen, weil davor wenig getan wird. Kimmich hatte gestern auch wieder besseres zu tun und macht da auf Kroos: Einfach nicht da sein, wenns gefährlich wird, dann ist man auch nicht Schuld.
Daniel 24. November 2022 um 13:15
Zum Spiel gestern: so schlecht fand ich das eigentlich nicht. Die erste Hälfte war ab Gündogan’s Fehler sehr souverän und dominant und auch in der zweiten Halbzeit gab es einige richtig gute Chancen für Deutschland, das Spiel zu zu machen. Auch Müller und Havertz fand ich zwar etwas unglücklich, aber solide.
Was du über Kimmich sagst lässt sich 1:1 auch über Gündogan sagen: Defensiv haben sie (zu) oft keinen Zugriff. Ich werd mit dieser Doppelsechs einfach nicht warm, meiner Meinung nach muss entweder hinter die beiden noch ein dritter Spieler oder einer der beiden muss halt weichen. Aber ein klarer Sechser ist halt leider wieder nicht nominiert. Trotzdem stand Deutschland auch defensiv nicht so schlecht gestern in Anbetracht der Tatsache, dass Japan offensiv schon einige wirklich gute Leute hat und sehr organisiert angreift. Vor dem Ausgleich gab es schonmal eine große Chance aber sonst war eigentlich nicht viel. Das 1:2 war ja kein herausgespieltes Tor und geht zu hundert Prozent auf Schlotterbeck, der sich von einem hoch und weit gebolzten Freistoß niemals so übertölpen lassen darf.
Taktik-Ignorant 24. November 2022 um 13:35
Wäre Havertz hinter dem Ball geblieben, hätte er ihn wahrscheinlich gar nicht mehr erreicht. Der Fehler war, wie mehrfach zu beobachten, vorher das Abspiel von der Strafraumgrenze nochmal nach außen an einen zwar freien, aber nicht wirklich gut postierten Mitspieler. 2-3 mal viel mir in der ersten Halbzeit auf, wie aus dieser seitlichen Strafraumposition zurückgepasst wurde, aber wegen der Staffelung der Abwehr der jeweilige Adressat den Ball in seinen Rücken gespielt bekam und sich vom Tor wegdrehen musste. Mir wären ein paar scharfe Vertikalpässe in den Strafraum hinein lieber gewesen – selbst wenn der Ball dreimal bei einem Gegenspieler hängen bleibt, beim vierten Mal hat ein Spieler eine Schußchance, die er eigentlich gar nicht vermasseln kann.
Zu Havertz: er scheint in seiner Entwicklung inzwischen zu stagnieren. Er ist wohl auch besser in einer Kontermannschaft aufgehoben, die schnell nach vorne spielt, weil er da seine Geistesgegenwart und seine Technik ausspielen kann. Als Mittelstürmer ist er fehl am Platze, und für die Positionen dahinter gibt es mit Gündogan, Musiala oder Goretzka bessere. Bei Moukoko würde ich abwarten, wie er sich entwickelt.
Taktik-Ignorant 24. November 2022 um 13:43
Zum zweiten japanischen Tor würde ich sagen, dass der erste Fehler darin liegt, dass ein Teil der Abwehr auf Abseits spielt und einer nicht. So etwas sollte normalerweise im Training geübt werden. Schlotterbeck hat dann, als er den Japaner eingeholt hatte, die Grätsche vermieden und das lange Eck zugemacht, so dass der Stürmer nur noch auf das kurze Eck schießen konnte. In besserer Verfassung (und bei besserem Stellungsspiel) hätte Neuer den zugegebenermaßen harten Schuss aber gehalten.
Abgesehen davon war die Abwehr nach nervösem Beginn hinterher recht gut im Spiel, aber das Defensivverhalten der NM wurde insgesamt ab Minute 65 etwas schlampiger, nachlässiger. Konditionsmängel?
Koom 24. November 2022 um 14:16
Schlotterbeck hätte das 2. Tor nur verhindern können mit einer Hummels-High-Risk-Grätsche (die bei ihm zu oft einen Elfer verursachen. Er holt den Spieler ein, drängt ihn etwas ab, wodurch der Schusswinkel sehr schlecht wird.
Hauptschuld für den Treffer geht an Süle (geistig abgeschaltet, dadurch Abseitsstellung aufgehoben) und ein klein wenig Neuer, der sich tatsächlich eindreht und dadurch den Schusswinkel für halbhoch und hoch wieder anbietet (um möglicherweise gegen einen Beinschuss besser gewappnet zu sein.
Daniel 24. November 2022 um 14:44
@Koom
Hat Süle das Abseits aufgehoben? Hab da noch keine Aufnahme gesehen, aus der das hervorgeht. Falls ja würde ich das auch so sehen. Ansonsten darf Asano eigentlich gar nicht an den Ball kommen, weil Schlotterbeck bei dem hohen Ball klar die Lufthoheit haben muss. Wenn Süle das Abseits aufhebt wäre Schlotterbeck diesbezüglich aber in der Tat entlastet und dann hätte er nur noch wenig Möglichkeiten gehabt.
@Taktik-Ignorant
So wie Gnabry den Ball spielt hätte Havertz ihn dann natürlich nicht erwischt, aber Gnabry reagiert ja auf Havertz Bewegung. Er hätte den Ball auch etwas weniger scharf spielen können, wenn Havertz später startet. Die japanische Verteidigung war ja aus dem Spiel.
Das mit dem Zurückspielen ist mir aber auch ein paar mal aufgefallen
Koom 24. November 2022 um 15:39
@Daniel:
Hier kann man die ganze Situation gut sehen:
https://twitter.com/XxAdamKhanxX/status/1595711733204746241
Taktik-Ignorant 24. November 2022 um 15:49
@Daniel: Man merkt generell an den Kombinationen und auch an der fehlenden Geschwindigkeit und Schärfe des Pass-Spiels, dass die deutsche NM wenig eingespielt ist. Eigentlich verwunderlich, da sich theoretisch ein guter Teil der Offensivpositionen mit Bayernspielern besetzen ließe, andererseits normal wegen der geringen Vorbereitungszeit. Bislang hat mich keine Mannschaft außer den Spaniern im offensiven Kombinationsspiel völlig überzeugt, und die Spanier schienen mir ziemlich viel Platz zu haben. Allerdings hat sich mir auch nicht erschlossen, was von Deutschland ansonsten trainiert wurde, in der einen Woche. Und die individuelle Qualität reicht anscheinend (und überraschenderweise, wenn man bedenkt, in welchen Vereinen die deutschen Spieler ihrer Arbeit nachgehen) nicht aus, um die Defizite an mannschaftlicher Geschlossenheit wettzumachen. Sechs Punkte gegen Spanien und Costa Rica erscheint mir beim gegenwärtigen Zustand der Mannschaft ein aussichtsloses Unterfangen.
Daniel 24. November 2022 um 18:05
Auf Eingespieltheit legt Flick offensichtlich wenig Wert…sieht man ja auch an der Ausbootung von Goretzka, dass offenbar nicht das Ziel eines „Bayern-Blocks“ besteht. Naja…die japanischen Spieler spielen auch nicht in so viel schlechteren Vereinen teilweise. Dass Deutschland da einfach überall individuell haushoch überlegen ist stand jetzt auch nicht zu erwarten. Aussichtslos jetzt nicht gerade, aber ein Sieg gegen Spanien wird sicherlich extrem schwer. Gegen Costa Rica wird auch die Leistung von gestern ziemlich sicher recht locker reichen…vor allem wenn die so spielen wie gegen Spanien.
Naja, was heißt warten wie sich Moukoko entwickelt. Er ist halt jetzt schon der beste deutsche Mittelstürmer. Das sagt zwar mehr über die Konkurrenz aus als über ihn aber hilft ja nix. Einfach aus Trotz irgendwelche Notlösungen aufzustellen, nur weil man aus Prinzip keinen 18-jährigen will, kann’s ja auch nicht sein.
Taktik-Ignorant 24. November 2022 um 19:21
Im Moment ist Füllkrug ein Stück effizienter als Moukoko, von dem ich in der Bundesliga bislang auch noch keine Wunderdinge gesehen habe – Musiala oder Bellingham waren da im gleichen Alter schon weiter. Ich würde in der Tat eher Füllkrug bringen, er hat die Körperlichkeit, die Offensiven wie Sané, Müller, Gnabry oder Musiala abgeht, und ich habe irgendwie den Eindruck, dass ein körperlich präsenter Zentrumsspieler dem deutschen Spiel ähnlich gut tun würde wie Choupo Moting dem Bayernspiel (in beiden Fällen, obwohl dafür dann andere hochkarätige Stürmer weichen müssten, aber es zählt halt das Gesamtgleichgewicht).
Zu den Aussichten: Ich glaube nicht, dass Costa Rica noch einmal so körperlos und abwesend spielt wie gegen Spanien, aber das spielt ohnehin keine Rolle, da ich nicht sehe, wie die deutsche Mannschaft in ihrer aktuellen Verfassung gegen die Spanier bestehen soll. Und ein Punkt gegen Spanien wird zu wenig sein, zumal der direkte Vergleich gegen Japan bereits verloren ist.
Daniel 25. November 2022 um 10:12
Inwiefern ist Füllkrug „effizienter“? In Sachen Torbeteiligungen pro Minute hat Moukoko die Nase vorn, bei den erzielten Toren führt Füllkrug minimal. Ansonsten ist Füllkrug eigentlich gar nicht der alleinige Mittelstürmer, zu dem er momentan stilisiert wird. Bei Werder Bremen teilt er sich diese Aufgabe mit Ducksch auf…wenn Füllkrug eine alleinige Neun spielen musste sah das bisher meist nicht so großartig aus. Probieren kann man das aber schonmal…grad gegen Spanien könnte er in der Tat eine interessante Option sein.
Deutschland geht sicher bei weitem nicht als Favorit in dieses Spiel-aber selbstverständlich KANN die DFB-Elf Spanien in einem Spiel schlagen. Zumal die taktische Wechselwirkung eine völlig andere sein wird als gegen Japan.
Taktik-Ignorant 25. November 2022 um 11:20
Zur Effizienz: Füllkrug hat in der aktuellen Bundesliga-Saison 10 Treffer, Moukoko 6. Damit liegt Moukoko tatsächlich gut im Rennen, wenn man bedenkt, dass zu Saisonbeginn vor allem Modeste eingesetzt wurde. Letzteres hatte aber auch seinen Grund, und den hat man gesehen, als Moukoko schließlich spielte: er ist gut, aber auf dem Buli-Niveau noch nicht so durchsetzungsfähig. Er verbessert sich, was Anlass zur Hoffnung gibt, aber meine Überlegungen bezogen sich konkret auf die aktuelle Notlage der Nationalelf, und da glaube ich, dass Füllkrug kurzfristig als robuste Nummer neun ungeachtet seiner Mängel eher weiterhilft. Es geht halt jetzt darum, die Vorrunde zu überstehen. Ich habe den Eindruck, der Nationalelf, die in der Offensive ja viele Bayern zum Kader zählt, täte ein solcher Fixpunkt auf der 9 ähnlich gut wie den Bayern, auch wenn dafür ein technisch besserer anderer Stürmer auf die Bank müsste – es geht um die Ausgewogenheit im Team.
Egal, welche Umstellungen der Trainer vornimmt – gegen das formstarke Spanien den notwendigen Sieg einzufahren wird eine Mammutaufgabe.
Den deutschen Spielern fehlt ja nicht unbedingt die individuelle Klasse, wenn man bedenkt, wie viele von ihnen in Top-Vereinen spielen und schon die Champions League gewonnen haben, aber irgend etwas hakt derzeit.
Koom 25. November 2022 um 11:47
Die Diskussion um die 9 hatte ich zuletzt ja auch mit tobit. Ich denke auch, dass ein richtiger 9er, also einer, der diesen Raum hält, der das Positionsspiel dort kennt, mehr weiterhilft als ein noch so begabter „falscher Neuner“ oder 10er (wie es Havertz eher ist). Ich bin alt, deswegen denk ich gern an so alte Weisheiten wie von Ulf Kirsten zurück, dem vom Trainer auch attestiert wurde, eine Staubsaugervertretermentalität zu haben: Immer weitermachen, arbeiten, rackern. Auch beim 200 mal auf den Abpraller hoffen und sich dafür bereit halten, auch wenn er wieder nicht kommt. Aber mit solchen Bewegungen ziehst du die Abwehr auseinander, machst Platz für die Mitspieler.
Havertz und andere Pseudo-Neuner wollen viel zu sehr „direkt“ an einer Szene dabei sein. Und nehmen dann den 10ern oder anderen Offensiven dort die Räume und ziehen zudem die Abwehr nicht auseinander. Und so ein Verhalten kriegst du nicht in ner Woche eingebüffelt (außer, jemand trainiert dich wirklich komplett darauf).
Taktik-Ignorant 28. November 2022 um 11:36
Nach dem Spanien-Spiel: Hat die Nationalmannschaft ein Torhüter-Problem?
Daniel 28. November 2022 um 13:48
Nur wegen des einen Fehlpasses in der ersten Hälfte oder was meinst du? Ansonsten kurze Antwort: nein, das ist so ziemlich das letzte Problem der Nationalmannschaft.
Koom 28. November 2022 um 14:28
Auch wenn er nicht mehr außergewöhnlich ist, ist Neuer immer noch Klasse. Ich sehe ihn weder stärker noch schwächer als Trapp der Ter Stegen und alle 3 Mann sind problemlos ganz oben anzusiedeln.
Taktik-Ignorant 28. November 2022 um 14:51
Ich meinte den Fehler gegen Japan (beim 2. Gegentor, er dreht sich da noch weg), die Fehlpässe (es waren 2 oder 3 gegen Spanien) und auch das spanische Gegentor, wieder in die Torwartecke. 2014 gegen Benzéma hat er den Arm schneller hochbekommen. (Wäre ich jetzt ganz böse, würde ich sagen, das war doch überdies sein Reklamierarm, den er eigentlich immer oben hat). Neuer war vor dem Turnier verletzt und ich frage mich, ob die Verletzung ganz ausgeheilt ist und ob ihn da vielleicht falscher Ehrgeiz antreibt. Da die beiden anderen Torleute ebenfalls top sind, kann der Bundestrainer ja wechseln.
Daniel 29. November 2022 um 11:00
Ich kann mich gegen Spanien nur an einen Fehlpass erinnern (der allerdings in der Tat ziemlich übel war). Das spanische Tor Neuer anzulasten ist wohl eher ein Scherz…Morata kommt sechs Meter zentral vor dem Tor völlig frei zum Abschluss und trifft (nahezu) ins Kreuzeck.
Selbst beim Siegtor der Japaner kann man Neuer nur eine sehr geringe Verantwortung geben. Er spekuliert aus gutem Grund eher auf einen flachen Abschluss und macht unten alles zu (wenn er den Beinschuss kassiert ist die Kritik sehr viel größer). Dass Asano hoch abschließt war die schwierigste und unwahrscheinlichste Option. Als Torwart muss man nunmal ab und zu zocken. Wenn du dich beim Elfmeter fürs falsche Eck entscheidest kassierst du auch oft ein Tor, dass du sonst gehalten hättest.
Taktik-Ignorant 29. November 2022 um 12:49
Morata schießt von der Seite, das lange Eck wird von Süle zugemacht, ebenso ein Pass nach innen. Neuer konnte mit dem Ball so rechnen, wie er gekommen ist, und er flog ziemlich nah an seinem Körper vorbei ins Tor. Allerdings scharf geschossen und aus kurzer Distanz. Beim Siegtor der Japaner würde ich Neuer jedoch die Hauptverantwortung geben. Der Winkel war so eng, dass er den Ball hätte haben müssen. Man muss auch nicht die Arme unten haben, um einen Beinschuss zu verhindern. Natürlich muss er den halten, Asano konnte weder flanken noch nach innen passen, selbst für das lange Eck war der Winkel nicht gut – ein harter Schuss aufs kurze Eck war seine einzige Möglichkeit, es bestand also kein Grund zum Zocken. Bemerkenswert fand ich auch, dass Schlotterbeck gegen Spanien kurz vor Schluss dann doch lieber die Blutgrätsche und einen möglichen Elfer riskiert hat, anstatt den spanischen Stürmer schießen zu lassen…..
Koom 20. Oktober 2022 um 14:23
Speziell in der Nachbetrachtung stellt man fest, dass der BVB momentan ausgesprochen schlecht ist. Das fiel in diesem Spiel weniger auf, weil man im Grunde spielen durfte wie ein Abstiegskandidat, sich nur auf die tiefstehende Defensive konzentrieren konnte mit maximal vielen Defensivspielern. Wiederum erschreckend, dass das reichte, um den Bayern nen Punkt zu klauen.
Aber ich würde gerne beim BVB bleiben: Mehr und mehr scheint mir gerade sichtbar zu werden, dass Terzics Inhalte sich scheinbar nur auf Motivation beziehen. Strukturell schaut der BVB grauselig schlecht aus. Was schon damals auf der Basis von Favres noch recht solide einstudierten defensiven Abläufen schon uninspiriert rüberkam (und dann dank Sancho und Haaland doch zu einem Endspurt reichte), macht es nun noch deutlicher. Schon Rose legte scheinbar wenig Wert auf eine gut abgestimmte Formation mit klaren Abläufen, bei Terzic und dem durchaus großen Umbau im Kern (2 neue IV, ein neuer DM, neuer Zielspieler im Sturm) ist nun keine Grundlage mehr da, die er nutzen könnte. Und Aufbauen kann oder will er scheinbar auch nicht, wenn man seine Presserunden und Statements zugrundelegt, wo es eigentlich nur um Mentalität und Motivation geht.
Daniel 8. November 2022 um 12:54
Ohne dir jetzt grundsätzlich widersprechen zu wollen in Bezug auf Terzic finde ich seine bisherige Herangehensweise an die momentane Amtszeit schon plausibel und auch in der Umsetzung erstmal nicht schlecht. Defensiv wirkt das auf mich sehr viel stabiler, diese Saison hat der BVB in der Liga bislang durchschnittlich nur 1,08 xG gegen sich zugelassen (drittbester Wert der Liga nach Bayern und Union). Letzte Saison waren es noch für eine Spitzenmannschaft ziemlich indiskutable 1,4. Ob Terzic jetzt der Richtige für einen langfristigen Neuaufbau ist bezweifle ich auch eher, aber für jeden Trainer wäre die Hauptaufgabe erstmal darin gelegen, Roses völlig unstrukturiertem Abwehrhühnerhaufen wieder eine gewisse Disziplin einzuhauchen und das hat Terzic ganz gut gemacht-insbesondere da die Umstände mit Hallers Erkrankung und langen Verletzungspausen für die wichtigen Säulen Kobel, Dahoud und Özcan nicht sonderlich rosig waren. Zu seinen Presserunden kann ich nix sagen, aber darauf würde ich generell nicht zu viel geben. Da sagen wohl die meisten Leute eher das, was die Journalisten hören wollen, als das, was sie wirklich denken und machen.
tobit 8. November 2022 um 18:19
Die Herangehensweise finde ich auch erstmal plausibel. Die Umsetzung hinterlässt bei mir dann aber Zweifel.
1. Man hat bisher das Team nicht tatsächlich verbessert, nur die xGA und xG in gleichem Maße gesenkt. Bessere Defensive erkauft mit schlechterer Offensive ist nicht das, was man bei einer so massiven Investition in den Kader erwartet.
2. Die Performance der Abwehr, die personell kaum noch mit Roses „Hühnerhaufen“ vergleichbar ist, ist für ihre individuelle Klasse und Erfahrung viel zu inkonstant. Und man lässt deutlich mehr Schüsse zu als jedes andere europäische Topteam. Topteams sind in der Regel dann erfolgreich, wenn sie wenig Schüsse zulassen, weil das den Zufallsfaktor eines Sonntagsschusses minimiert.
3. Man hat scheinbar keinerlei Plan wie man seine Schlüsselspieler ersetzen will. Özcan, Dahoud und Haller sind praktisch einzigartig im Kader. Siehe den Modeste-Transfer und das ewige Festhalten an einem Stürmer, dessen meistzitierte Fähigkeit/Contribution die Verteidigung von Ecken war. Und ob Özcan so einschlägt, war mMn auch alles andere als sicher.
Das ist jetzt nicht als große Verteidigung Roses gedacht. Aber ich sehe einfach nicht, wo Terzic wirklich etwas verbessert hat, was nicht etwas anderes im gleichen Maße verschlechtert hat. Insbesondere sobald man den Bereich der Statistiken verlässt.
Koom 8. November 2022 um 21:11
Naja, das sah jetzt ja nicht unbedingt nach Terzics Plan aus, dass er erstmal defensiver spielen wollen würde. Das hat sich eher mehr und mehr so entwickelt, nachdem es ständig rappelte und brannte im eigenen Strafraum. Erkauft wird das mit einer mehr und mehr brachliegenden Offensive. Rose kann man vielleicht zugute halten, dass er eine Idee hatte (die er aber schlecht umsetzte), bei Terzic schaut es nach purer Verwaltung (und Verzweiflung) aus.
IMO sprechen auch eine Menge Symptome und Indizien für die Planlosigkeit. Das fängt bei den Verletzungen an, die sich seit Favre in jeder Saison stapeln. Klar, wenn du im Grunde dauernd nur wild am Sprinten bist (auch defensiv), das auch noch wenig mit Plan – dann sind Verletzungen wegen Verschleiß recht sicher. Das auch bestimmte Spielertypen sehr oft doof aussehen (Adeyemi, Guerreiro, Modeste) oder sich sichtbar auf dem Platz wegen des schlechten Zusammenspiels ärgern (Bellingham, Haaland, Hummels) lässt darauf schließen, dass da keine Abläufe groß geplant sind. Gerade Adeyemi ist eigentlich der Dauergefickte: Der Junge WILL ganz klar und deutlich. Aber er ist kein Messi, der sich mal fallen lassen und das Spiel ankurbeln kann. Aber da sich ansonsten jeder Spieler versteckt, bringt er sich öfter in solche Situationen, wo er dann dumm ausschaut.
Daniel 8. November 2022 um 23:06
@tobit
1. Glaubst du wirklich, dass der Rückgang der xG daran liegt, dass man letztes Jahr einen besseren Offensivplan hatte? Ich würde eher sagen, dass das ein nicht überraschendes Ergebnis der Tatsache ist, dass man den dominanten Offensivakteur im Sommer verloren hat und den designierten Nachfolger durch eine nicht besonders gut zum Kader passende Notlösung ersetzen musste.
2. Naja…inkonstant ist erstmal ja schon eine Verbesserung zu konstant schlecht. Dass Dortmund derzeit beileibe kein europäisches Topteam ist sollte klar sein.
3. Totale Zustimmung, aber da kann Terzic (und auch Rose) ja nichts dafür. Diesen Transfersommer fand ich zum ersten mal seit langem mal ganz gut, Özcan, Schlotterbeck und Süle tun dem BVB gut. Aber Dortmund hat noch lange keinen guten Kader und so lange Spieler wie Schulz, Can oder Meunier wie Betonklötze im Gehaltsbudget liegen wird sich das wohl auch kaum ändern.
@Koom
Bei Rose hatte ich auch spätestens in der RR den Eindruck, dass das nur noch Verzweiflung ist. Dortmunds Kaderschwächen machen mehr als Verwaltung auch mehr als schwer in meinen Augen
Koom 9. November 2022 um 10:27
These: Ich halte Schulz, Can und Meunier nicht für schlecht. Speziell erstere beiden werden herb verteufelt (wie mehr und mehr auch Adeyemi, Brandt, Guerreiro), aus meiner Sicht brauchen die aber vor allem einen Trainer, der mit ihren klar vorhandenen Stärken und Schwächen arbeitet. Und eigentlich ist das – aus meiner Laiensicht – kein Hexenwerk.
Speziell Can ist so übel nicht, aber leidet unter einem Gottkomplex. Er meint, dass er die Wiedergeburt von Matthäus wäre und deswegen das ganze Feld beherrscht. Wenn man ihn mal einnorden würde, dass er einfach mal einen klassischen Sechser spielen soll und dort bleiben soll, könnte das was werden. Der will viel zu viel machen und nichts davon richtig. Im Grunde ein bisserl wie Adeyemi in der Offensive.
Ich finde die Kaderplanung nicht schlecht. Das ganze hatte feines Potentiel für eine Liverpool-artige Vorgehensweise. Idealerweise in einem 4-3-3 ohne Flügelstürmer, Pressingspielweise, mit Haller als Schlüssel gegen tiefe Verteidigungsreihen. Richtig eingestellt hätte man sogar ein ganz nettes Mittelfeld dafür: Can, Bellingham, Dahoud sind dafür eigentlich ganz nette ambivalente Spieler mit guter Dynamik.
Der Plan B mit Modeste ist halt sehr simpel gehalten. Spielerisch ist das zu der ersten Variante dann schon anders. _Wenn_ Modeste die Qualität hat (was möglich ist), kann man damit regelmässig genug auch gegen die Kleinen punkten, um in der Meisterschaft dran zu bleiben.
Der Schlüssel bei beiden (bzw. allen) Varianten ist halt der Trainer. Und der haut ausser Kalendersprüchen und verzweifelten Brandreden nichts raus. Und das noch nicht mal nach einer kompletten Hinrunde. Die Verzweifelung ist wohl groß. Im Gegensatz zum letzten Mal kann er nicht auf eine funktionierende Defensivmechanik von Favre setzen und auf Wundertaten Einzelner (Haaland, Sancho) hoffen. Haller wird auch nicht der Spieler sein, der alles plötzlich ändern wird, auch mit ihm müssen Spieler gezielt nachrücken und die Räume nutzen. Das sehe ich nicht.
tobit 9. November 2022 um 15:51
@Daniel
1. Letztes Jahr hat man ohne Haaland praktisch dieselben xG und xGA Werte gehabt. 1,95/1,43 in den 21 Spielen mit ihm 1,88/1,39 in den 10 Spielen ohne ihn und 1,94/1,21 in den 3 Spielen wo er nach seinen Ausfällen nur eingewechselt wurde. Dieses Jahr steht man bei 1,64/1,21 in 14 Spielen mit Adeyemi, Özcan und Süle als Netto-Zugängen gegenüber den Spielen ohne Haaland der letzten Saison (man ist also offensiv sogar mehr schlechter geworden als man defensiv besser geworden ist).
2. Klar ist das eine Verbesserung der Defensive. Sie kommt halt nur mit einer gleichzeitigen Verschlechterung der Offensive in gleichem Maße. Offensiv und defensiv inkonstant zu sein halte ich für schlechter als in beiden konstant mäßig zu sein.
3. Klar ist die Kaderzusammenstellung nicht 100% optimal und braucht Zeit zu fixen. Aber man hat als Trainer schon ein paar Möglichkeiten sich auf Ausfälle von Schlüsselspielern vorzubereiten. Adeyemi, Malen und Moukoko haben früher alle als Stürmer gespielt, man hielt aber keinen davon für fähig dort statt Haller zu spielen. Braucht man dann wirklich alle drei im Kader und keinen weiteren Frontliner? Da kann man als Coach und ehemaliger technischer Direktor schon Einfluss auf die Transferpolitik nehmen. Witsel hat sich bei Atletico praktisch sofort durchgesetzt, den hätte man versuchen können zu halten, selbst wenn man ihn nicht als absoluten Stammspieler eingeschätzt hätte (war ja nicht so, dass der unbedingt weg wollte).
Terzic hatte die längste Vorbereitung mit komplettem Kader, die ein BVB-Trainer seit langem hatte. Und es ist weniger System zu sehen als bei allen anderen. Selbst Stöger hat komplett ohne Vorbereitung etwa die selbe Menge System auf den Platz gebracht. Nicht jedes dieser Systeme war gut oder gut umgesetzt, aber es waren zumindest Ideen erkennbar. Terzic ist der erste, der wirklich nur versucht zu verwalten, was schon da war.
@koom
Zustimmung zu den ersten beiden und dem letzen Absätzen. Ich würde Can ungern auf der Sechs einsetzen, selbst wenn man ihn einnordet. Aber er ist aktuell der einzige außer Özcan, der da zumindest Potential hat.
Schulz und Meunier leiden ganz massiv unter den Qualitäten der Spieler, die sie ersetzen sollen. Ihnen fehlt aber meiner Meinung nach auch die grundsätzliche Eignung für das Spiel des BVB, weil sie nicht kreativ und ballsicher genug sind um einen Unterschied außerhalb von (Gegen)Kontern zu machen.
Der Plan mit Modeste ist meiner Meinung nach krachend gescheitert. Modeste hat einfach keinen Impact, den kein anderer Angreifer nicht auch hat. Nichtmal im Luftkampf ist er wirklich besser als Moukoko. War für mich auch ziemlich mit Ansage, dass da nichts draus werden würde.
Daniel 9. November 2022 um 17:27
@Koom
„Schlecht“ ist natürlich keine treffende Beschreibung für Spieler mit einer dreistelligen Anzahl an Erstligaspielen. Entsprechend habe ich das in meinem Kommentar auch ins Verhältnis gesetzt zu den für sie (mutmaßlich) erforderlichen Kosten. Can zum Beispiel hat 2020 laut transfermarkt 25 Mio € gekostet. So eine Ablösesumme wird über die Vertragslaufzeit abgeschrieben, also allein die Ablöse reißt bis 2024 jährlich eine Lücke von 25 Mio/4 ins Personalbudget…dazu kommt dann noch das Gehalt, das für einen von Juve gekommenen deutschen Nationalspieler saftig sein dürfte. Und dafür ist er „zu schlecht“, ja. Alle gehobenen Bundesligisten haben auf dieser Position bessere oder wenigstens vergleichbar gute Spieler für (deutlich) weniger Geld im Kader. Insofern würde ich das Wort „schlecht“ eher durch „überteuert“ ersetzen. Schulz und Meunier ähnlich (Meunier war ablösefrei, wird aber vermutlich einiges an Handgeld und Gehalt verlangt haben.)
Guerreiro und Brandt haben in der Tat „klar erkennbare Stärken“, Adeyemi wahrscheinlich auch (hab ihn noch nicht so oft gesehen)-bei den drei genannten weiß ich aber ehrlich gesagt gar nicht, worin sie (für die Verhältnisse des Dortmunder Kaders) wirklich gut sein sollen. Schulz ist relativ schnell, Meunier für einen AV halbwegs kopfballstark-aber sonst so?
Can ist meines Erachtens überhaupt kein geeigneter Sechser. Noch schlimmer als sein „Gottkomplex“ sind dafür seine mangelhafte Spielübersicht und sein tollpatschiges Zweikampfverhalten, mit dem er viel zu oft Karten, Elfmeter und gefährliche Freistöße verschuldet. Mir ist schon oft aufgefallen, dass er von Ereignissen außerhalb seines direkten Sichtfelds komplett überrascht wird, was auf mangelhaftes Umblickverhalten und schlechtes peripheres Sehen hindeutet-beides absolut kritisch für einen Sechser und nur schwer zu erlernen. Allein diese Saison sind daraus schon mehrere hochgefährliche Ballverluste und Fehlpässe entstanden. Als Verteidiger hat er wenigstens immer das Spielfeld vor sich und kann im Normalfall nicht von der Seite oder hinten angegriffen werden, als Achter würden seine Fouls, Fehlpässe und Ballverluste in weniger gefährlichen Räumen passieren und im Idealfall könnte er mit seiner wilden Zweikampfführung ein paar vielversprechende Ballgewinne verbuchen, aber als Sechser geht er gar nicht.
Liverpool? Die wären mit der letzte Referenzwert, der mir da einfällt. Ich bin kein Experte für die, aber meines Wissens stellt Klopp da hinter seinem Dreierangriff fast immer ziemlich defensivstarke Spieler auf…und genau die hat der BVB ja nunmal so gar nicht in seinen Reihen. Abgesehen von den IV würde ich da nur Özcan ein gutes defensives Gespür bescheinigen, viele andere sind für ihre Position defensiv teilweise bedenklich schwach.
„Der Schlüssel bei beiden (bzw. allen) Varianten ist halt der Trainer. Und der haut ausser Kalendersprüchen und verzweifelten Brandreden nichts raus.“
Seit Tuchel sind in Dortmund vier Trainer mehr oder weniger gescheitert. Unwahrscheinlich, dass die einfach alle nicht kapiert haben, dass der BVB-Kader ideal für eine Liverpool-Kopie ist…
@tobit
1. Interessant. War mir gar nicht so bewusst, dass der BVB mit Haaland im expG- Bereich fast gleich gut abgeschnitten hat wie ohne ihn.
„Adeyemi, Malen und Moukoko haben früher alle als Stürmer gespielt, man hielt aber keinen davon für fähig dort statt Haller zu spielen. Braucht man dann wirklich alle drei im Kader und keinen weiteren Frontliner?“
Versteh ich nicht. Man hat mit Modeste einen weiteren „Frontliner“ geholt, also geht der Vorwurf doch ins Leere. Wenn überhaupt kann man fragen, ob Modeste der Richtige war. Da würd ich wie du sagen, dass Modeste nicht die Lösung war, was schon zum Zeitpunkt seines Transfers recht wahrscheinlich war. Allerdings bezweifle ich, dass Dortmund zu diesem Zeitpunkt (recht fortgeschrittene Transferperiode) bessere Möglichkeiten hatte. Zumal die Jobbeschreibung „Stürmer für ein halbes Jahr gesucht, der sich danach hoffentlich für Haller klaglos auf die Bank setzt“ jetzt auch nicht übermäßig ansprechend sein und Dortmunds Budget schon ziemlich aufgebraucht gewesen sein dürfte. Vermutlich waren die Optionen „Modeste oder nix“. Und da hat man dann halt auf sicher Modeste genommen.
Zu Witsel: keine Ahnung, ob er einen Vertrag zu Ersatzspielerkonditionen akzeptiert hätte (angesichts seines Renommees und eines Angebotes von Atletico bezweifle ich es eher). Sowohl letzte Saison als auch in den beiden Spielen für Atletico gegen Leverkusen konnte man jedenfalls gut sehen, warum er kein Stammspieler für eine Top-10-Mannschaft Europas mehr sein sollte.
„Ich würde Can ungern auf der Sechs einsetzen, selbst wenn man ihn einnordet. Aber er ist aktuell der einzige außer Özcan, der da zumindest Potential hat.“
Dahoud hat viel mehr Potential. Sowohl als Sechser als auch allgemein
tobit 9. November 2022 um 20:38
Volle Zustimmung zur Charakterisierung von Can. Als Backup für mehrere Positionen ist er leistungstechnisch ganz ok, dafür darf man halt nicht 15 Mio.+ pro Jahr zahlen. Vor allem wenn er die Mehrheit dieser Positionen eigentlich nur widerwillig bekleidet.
Can ist halt körperlich in der Lage, sich zu behaupten. Das ist was Terzic auf der Sechs will. Deswegen zählt Dahoud auch nicht, auch wenn er die Sechs (mit defensiver Unterstützung) sehr gut spielen kann. Außerdem ist der ja eh mal wieder nicht fit.
Özcan, Bellingahm und Dahoud könnten zusammen schon ein ganz nettes „Liverpool-Mittelfeld“ geben. Es fehlen halt die Rotationsoptionen (Milner, Keita, Elliott, Ox). Was mir deutlich größere Sorgen bereiten würde, sind die AV. Guerreiro ist zwar spielstark, aber eher auf Höhe des Zehnerraums, nicht wie TAA aus der Tiefe. Und die RV sind zwar laufstark aber längst nicht so positionierungsgenial wie Robbo. Gegen den Ball verbietet sich eh jeder Vergleich.
Generell finde ich das Liverpool-System nicht so übertragbar. Es lebt finde ich mehr von der absurden individuellen Klasse der Schlüsselspieler als dass es unabhängig von denen großartig ist. Adeyemi ist kein Salah, Özcan kein Fabinho und Süle kein VvD. Es geht koom auch glaube ich nicht darum, dass das System seit Jahren optimal für den BVB gewesen wäre, sondern dass es aktuell eine interessante Idee wäre die teuren Zugänge der letzten zwei Jahre einzubinden. Ich sehe selbst das nicht so, eigentlich passt es nur zu Malen und Adeyemi wirklich gut.
Und sie haben meiner Meinung nach ohne Haaland sogar besseren Fussball gespielt. In beide Richtungen. Weil sie eben nicht alles an dem einen Fokusspieler ausgerichtet haben.
Was ich meine ist: Man wollte das Spielsystem voll und ganz an dem Spielertypus Haller ausrichten, hat aber niemandem im Kader zugetraut als sein Backup zu agieren. Es war also der Plan, dass Haller jedes einzelne Spiel mindestens bis zur 70. Minute (eher länger) spielt. Wie gut das in der Vergangenheit z.B. mit Piszczek als RV funktioniert hat, wissen wir wohl alle. Deswegen sah man sich nach seinem Ausfall gezwungen, jemanden zu verpflichten. Wenn man da wirklich auf niemand anderen als Modeste gekommen ist (der das Profil abseits der Statur überhaupt nicht erfüllt), hat man ein massives Scouting-Problem.
Legen wir mal die ~10 Mio. als Budget zugrunde, die Modeste kostet: Im August sind mehrere Stürmer per Leihe gewechselt (Dolberg, Milik, Weghorst), die besser als Haller-Vertreter passen und wahrscheinlich genauso ok mit der „ein Jahr, vllt weniger“-Situation gewesen wären. Und auch für Ablöse sind im August noch Spieler zu haben gewesen, die mindestens so gut gepasst hätten wie Modeste (z.B. Batshuayi).
Man hätte Witsel sicherlich mehr bezahlen müssen als ein Ersatzspieler normalerweise kostet. Aber man hat auf der Position einen sehr günstigen Stammspieler, das sollte also für ein Jahr drin sein. Eine andere Option wäre der ablösefreie Grillitsch gewesen, der letztlich bei Ajax einen sehr clubfreundlichen Vertrag unterschrieben hat. Sicherlich auch kein Stammspieler für einen Topclub, aber das ist der BVB ja auch nicht.
Koom 10. November 2022 um 11:20
Das der BVB teils sehr teuer (und manchmal auch sinnfrei) einkauft, ist ja auch nichts Neues. Beim Can-Transfer war das Kopfschütteln hier überall sehr groß, weil der sehr überschätzt wird. Ist wohl jemand, der gut rüberkommt als Typ, aber als Spieler fehlt ihm Struktur und Klarheit. Ist auch von aussen schwer zu sagen, ob man ihn einnorden kann. Ich bin an sich Optimist.
Im BVB-Forum hatte jemand auch mal zu Frankfurt verwiesen: Es ist faszinierend, wie dort mit relativ wenig Geldeinsatz eine sehr konstante Entwicklung geschieht, die unabhängig von Trainern und Sportdirektoren ist. Seit Jahren denkt man, dass mit Abgang X nun der Absturz kommt, aber im Worst Case kommt ne Delle und dann eine Steigerung. Aktuelle Vermutung: Ben Manga konzeptioniert und plant die Dinge und holt passende Spieler wie Trainer. Wer weiß. 😉 Aber man muss wirklich sagen, dass trotz mehrfacher Wechsel auf allen Ebenen die Frankfurter seit Jahren eine gewisse Identität auf dem Platz haben.
Zurück zum BVB: Man sucht immer noch das Ideal, das Klopp vorgelebt hat. Und erreicht es nicht. Terzic als auch die Kaderplanung interpretiere ich so, dass man eigentlich genau das machen will. Nur eben nicht mit der Akribie, Klasse und Intelligenz, wie es Klopp und sein Staff durchzieht. Also entweder muss man dieses Konzept besser machen (was dann eigentlich immer dazu reichen sollte um Platz 2 zu erzielen) oder sich ein Konzept schneidern, das für einen Klub wie den BVB passt und danach zusammenstellen.
tobit 10. November 2022 um 13:44
Adeyemi finde ich sogar noch komischer als Can. Weil bei Adeyemi war man sich auch im Verein klar, dass der dieselbe Kaderstelle wie Malen und Moukoko besetzt. Da wirkte es auf mich so, dass man der Kombination aus jung, deutsch, offensiv und Haaland-Nachfolger nicht widerstehen konnte und sich vor dem Transfer quasi keine Gedanken zur Einbindung gemacht hat. Bei Can kann man zumindest die Idee nachvollziehen, wenn man mal kurz annimmt, dass er wirklich der Spieler ist, für den ihn die Bosse halten.
Can wirkte auf mich dieses Jahr auf der Sechs nicht mehr so katastrophal wie früher. Er hat sich zwischen Bellingham und Özcan einfach mit allem zurückgehalten (eingenordet?). Und wenn er doch mal Blödsinn gemacht hat, war einer der beiden da um auszuputzen. In den Spielen, wo man eh nur am eigenen Strafraum stand, war sein zusätzliches Paar Beine und die Aggressivität gegen den Mann sogar mal ganz nützlich (Matthäus für Arme spielt sich besser, wenn das effektive Feld sehr klein ist). Ansonsten war es recht egal ob er oder ein vierter Angreifer abgemeldet irgendwo rumstehen.
Ich weiß nicht, inwiefern sich die Steigerungen und Dellen eines Teams im oberen Mittelfeld wirklich auf ein Team nahe an der Spitze übertragen lassen. Dortmund macht sicherlich nicht genug aus ihren Ressourcen. Aber auch wenn sie die perfekt ausschöpfen würden, wäre Platz 2 und Achtelfinale in der CL (mit gelegentlichen Ausreißern ins Viertel- oder Halbfinale) das, was sie erreichen können. Platz 1 oder dauernde CL-Viertelfinals bräuchten eine so deutliche Steigerung der Ressourcen, dass das ohne ein paar Abstürze von Topvereinen nicht realistisch ist. Bei Frankfurt sind die nötigen Ressourcensteigerungen deutlich kleiner und das Potential für diese deutlich weniger weit ausgeschöpft als beim BVB.
Und eine Identität hat der BVB auch auf dem Platz, nur halt keine die man sich als Fan wünscht.
Das Ideal Klopp ist halt auch nicht wiederholbar. Nichtmal Klopp könnte das nochmal so abziehen. Ansonsten volle Zustimmung. Es fehlt auf der Management-Ebene der Wille oder die Kompetenz sich wirklich tiefgehend mit Fussball allgemein und der (nötigen/richtigen/…) eigenen Spielweise im speziellen auseinanderzusetzen.
Daniel 11. Oktober 2022 um 14:56
Oh wie cool-binnen zwei Tagen zwei Artikel auf spielverlagerung 🙂 Da werd ich ja ganz nostalgisch in Erinnerung an längst vergangene Zeiten. Vielen Dank TR und gerne mehr davon.
Dass bei Bayern die Flügelspieler sehr eingerückt und tief standen (find ich eigentlich treffender als „flach“) ist mir auch aufgefallen-insbesondere bei Davies ist das ja eigentlich sehr ungewöhnlich. So richtig klar ist mir ehrlich gesagt nicht, was Nagelsmann damit konkret erreichen wollte.
Abseits von rein taktischen Aspekten war es irgendwie ein Spiegelbild der Saison beider Mannschaften: Bayern hat immer wieder ganz gute Ansätze, beherrscht aber nichts auf stabil hohem Niveau (vor allem nicht Strafraumverteidigung). Dortmund erscheint fußballerisch ausbaubar, aber deutlich stabiler, nervenstärker und abgezockter als letzte Saison unter Rose. Da die Konkurrenz aus Leipzig und Leverkusen noch stärker schwächelt sollten die großen zwei den Ligatitel wieder unter sich ausmachen-um international mitzumischen müssen sich beide Mannschaften aber noch massiv steigern.