Derby-Wochenende in La Liga

Kompaktanalysen zu den Stadtduellen in Sevilla und Valencia sowie einem baskischen Derby.

Sevilla FC – Real Betis 3:2

Den entscheidenden Vorteil in diesem Stadtduell generierte sich der spätere Sieger Sevilla durch die in der ersten Halbzeit insgesamt höhere Offensivpower. Schon in den ersten Minuten zeigten die Gastgeber manch gute Ansätze: Es gab strukturell einige sehenswerte Rochaden zwischen dem weit nach innen gehenden Munir und dem in verschiedene Freiräume ausweichenden linken Sechser Roque Mesa. Gruppentaktisch machte Sevilla auch einen guten Eindruck und spielte viele Szenen insgesamt kombinationsorientiert, versuchte es besonders mit kurzen Ablagen um die vorderste Linie herum, für die sie auch die Einbindung Munirs ausnutzen konnten.

Dass sie sich aus dem in der ersten Halbzeit häufig angewandten hohen Zustellen des Stadtrivalen über die rechte Seite einige Male gut zu lösen vermochten, wurde jedoch zwischenzeitlich fast zu einem Problem. Betis hatte zwei Stürmer gegen die zwei Innenverteidiger und eine asymmetrische Aufteilung im Mittelfeld: Canales agierte deutlich breiter und bewegte sich in der Ausgangsstaffelung des Presssings oft in die Nähe von Escudero. Seine beiden Nebenmänner agierten grundsätzlich aus Mannorientierungen auf die gegnerischen Sechser heraus, setzten das recht flexibel um.

Für den Halbraum selbst war jene Konstellation günstig, da Canales aus seiner verschobenen Position nicht nur Zugriff nach außen hatte, sondern schnell auch etwaige Ausweichzonen Sevillas füllen konnte. Wenn Emerson statt Canales am Flügel zustellte, nahm dieser oft Munir auf und verfolgte diesen sogar weit in die Tiefe. Auf der anderen Seite formierte sich bei den Gästen demgegenüber der Flügelläufer etwas höher, ohne den gegnerischen Rechtsverteidiger direkt zuzustellen, aber in dessen Umkreis mit potentiellen Zugriffswegen. Dies funktionierte im ersten Teil der Partie noch nicht so gut, weil die recht frontale Anlage der ersten Pressinglinie wenig unterstützende Zwischenpositionen anbot, die später geschickter umgesetzt wurden.

Zunächst hatten Sevillas Innenverteidiger daher noch einige Möglichkeiten für Lupferpässe auf die rechte Seite. Dagegen war das Herausrücken des Flügelläufers auf Navas dann direkt stark gefordert. An dieser Stelle ließen sich die Gastgeber von dem vermeintlich einfachen Raumgewinn des ersten Moments aber zu vertikal leiten, in Freilaufbewegungen und Entscheidungen: Navas bezog seltener die Möglichkeit diagonaler Anschlussaktionen ein und konzentrierte sich stark auf die direkte Spielfortsetzung am Flügel. Die Offensivleute liefen sich dort aus enger Position frei und versuchten zu oft in direkte Duelle mit dem gegnerischen Halbverteidiger zu kommen.

Zwischendurch hatte Sevilla daher einige Phasen mit schleichendem Konsequenzverlust in Verbindungen und Raumbesetzung, in denen ihr Spiel zunehmend abdriftete und sich häufiger in ein Hin und Her entwickelte. Später wechselte bei den Mannen von Joaquin Caparrós der Fokus aus dem Aufbau wieder vermehrt auf die linke Seite, die sie auch stärker mit längeren Pässen zu bespielen versuchten. Als Zehner agierte Vázquez noch konstanter unmittelbar um die Offensivlinie herum, erhöhte dort auch die Athletik um Abpraller und sorgte für manch ballschleppende Aktionen. Für zweite Bälle hatte Sevilla so ganz gute Chancen. Munir ließ sich links im ersten Moment häufiger explosiv zurückfallen, um mögliche Ausweichräume zu öffnen.

Problematisch konnte für Betis die eigene mannorientierte Grundorganisation insbesondere in den Folgeaktionen werden, da diese sich in die Rückwärtsbewegung durchzog. Sobald Sevilla halblinks Abpraller festgemacht hatte, ließen sich diese sehr oft zuverlässig bis zum überlaufenden Navas durchbringen, weil das gegnerische Mittelfeld sich einfach etwas tiefer als die eigenen Sechser hielt und die Fünferkette in den direkten Zuteilungen ebenfalls zurückwich. Nach Verlagerungen auf die rechte Seite waren die Gastgeber also gefährlich, insbesondere nach anschließenden Verzögerungen, wenn sich noch einmal ein Offensivspieler aus den hohen Staffelungen kurz in einen frei gedrückten Ausweich- oder den Rückraum löste.

Im eigenen Ballbesitz drohte es ein Problem für Betis zu werden, dass ihre nominellen Achter häufig breit agierten. Dadurch bekamen sie zumindest keine Konstanz in der Zentrumspräsenz. Canales konnte mit seinen offensiven Bewegungen zwar potentiell den rechten Flügel überladen, doch er verschwand oft hinter der tieferen Positionierung Munirs. Dessen Einbindung gehörte zu einer geschickt angepassten Variation des Pressings bei Sevilla: Die gegnerische Dreierkette stellten die Gastgeber nicht nur über Mittel- und Flügelstürmer, sondern häufig in asymmetrischer Verteilung zu. Aus dem gegnerischen Sechserraum schob sich Vázquez zentral oder halblinks mit nach vorne, bei eventuellen leitenden Effekten.

Dahinter verblieb noch eine Doppel-Sechs gegen die beiden tieferen Mittelfeldakteure Betis´, eine tiefere Position Munirs machte auch direkte Flugbälle auf den Flügelläufer schwieriger bzw. nahm diesen etwas an Wirkung. Diese asymmetrischen 4-3-3-Formationen bildete zunächst einmal ein passendes Rezept. Potential für den Stadtrivalen versprachen demgegenüber Zurückfallbewegungen von deren Stürmern, um neue Überzahlen ins Zentrum zu bringen. Sowohl Lo Celso als auch Jesé fanden recht geschickt kleinere Freiräume zwischen den Mittelfeldakteuren. Gelegentlich gelang es Betis, sie dort zu bedienen – entweder direkt über Vertikalpässe der Verteidiger oder auch mal die Station William Carvalho, wenn dieser gegen kurze Missstimmungen zwischen Vázquez´ Aufrücken und dessen Hinterleuten frei kam und den Ball per Dribbling durchschleppte.

Insgesamt hatte Betis zwar nur wenig Präsenz im gegnerischen Felddrittel, Aber wenn sie sich gelegentlich mit Entlastung meldeten, geschah das meistens sofort mit vielversprechenden Schnellangriffen durchs Zentrum. Solche Momente gingen auch aus tieferen Zonen gegen Angriffspressing aus. In den mittigen Bereichen lief es letztlich auf interessante Duelle hinaus: Wie gut würde Betis die lokale Überzahl auch gruppentaktisch mit den zurückgefallenen Stürmern ausspielen, bevor das gegnerische Zusammenziehen greifen konnte. Durch die enge Grundanordnung des 4-3-3 waren die Wege für Sevilla nicht allzu lang, um bespielte Lücken in der eigenen Formation aus mehreren Richtungen wieder zu umstellen. Insgesamt funktionierte die Rückwärtsbewegung gut. Dagegen zeigte Betis zwar manchen Ansatz, verpasste im zweiten Drittel aber einige Male die nun besser umsetzbaren Verlagerungen als Ergänzungsmöglichkeit zum Engenspiel.

Mit dem Verlauf der zweiten Halbzeit zog sich Sevilla – in Führung liegend – später weiter zurück. Der strategischen Anpassung entsprach gleichzeitig der strukturelle Übergang zu mehr Symmetrie im 4-4-2 oder auch 4-4-1-1 gegen den Ball. Der Zehner positionierte sich im Umkreis von William Carvalho, gegebenenfalls konnte ballnah ein Sechser durch den Halbraum auf Guardado herausschieben. Rein numerisch gesehen konnte der Gastgeber die eigene Viererkette gegen die drei vorderen Akteure von Betis stellen, die sich zunächst höher formierten. Lösten diese sich nach hinten in den Zwischenlinienraum hinein, sollten sie von der Mittelfeldreihe aufgenommen werden.

Häufig suchte Canales kleine Lücken knapp hinter der Schnittstelle zwischen gegnerischem Sechser und linkem Flügelspieler. Nach mutigen Vertikalpässen waren ihm zumindest unmittelbare Direktweiterleitungen nach außen möglich, die viel Tempo nach vorne entwickelten, wenngleich sie sich nicht so leicht verarbeiten ließen. Da Sevilla auf kurzes Andribbeln der Halbverteidiger nun etwas weniger Zugriff hatte, kam Betis über dieses Muster recht oft mit ordentlicher Qualität ins Angriffsdrittel. Vielversprechender waren analog noch etwas tiefere Einbindungen Guardados leicht neben der Doppel-Sechs Sevillas. Durch gute Rückpassnutzung ergaben sich aus dem zweiten Drittel einige Möglichkeiten, die angefangene Bewegung eines gegnerischen Mittelfeldmannes zu überspielen, wenn gerade auch Sarabia durch die Voraktion etwas zu weit herausgerückt war.

Über solche Konstellationen gelangte Betis zwischendurch sehr dynamisch durch den Halbraum nach vorne und hatte gute Folgeoptionen zur Seite auf den überlaufenden Flügelspieler oder zentral zu einem Angreifer. Häufiger gelangen quantitativ demgegenüber die Aufrückmomente auf rechts, wo noch Routinier Joaquín als offensivere Besetzung eingewechselt wurde. Daraus ergaben sich als Folgeaktion vor allem Versuche verschiedener Flügelüberladungen, für die sich neben Canales auch die Stürmer abwechselnd seitlich einschalteten. Einerseits gelang es dem Team von Quique Setién auf diese Weise, den Druck nach der Halbzeitpause deutlich zu erhöhen.

Andererseits zeigte sich allerdings aus diesen Überladungen eine hohe Umschaltgefahr: Weil insgesamt das Aufrückverhalten wesentlich offensiver wurde und insbesondere auch beide Halbverteidiger dabei mehr nachschoben, kassierten die Gäste innerhalb ihrer Bemühungen mehrere Konter. So kamen letztlich in der zweiten Halbzeit beide Mannschaften – über viele andere Wege als vor dem Seitenwechsel – zu ihren Möglichkeiten und auch zu ihren Toren. Zwar reichten bei Betis die Rechtsüberladungen und die vereinzelten Spielzüge über Guardados Halbraum am Ende sogar für zwei Treffer, im Resultat stand aber weiterhin der knappe Vorsprung für den Stadtrivalen.

Real Sociedad – SD Eibar 1:1

Im Grunde genommen bot dieses baskische Derby genau das, was man bei einem Duell jener beiden Teams erwarten würde: Hohes Zustellen durch gute Nachrückbewegungen ins Pressing über 4-4-2-Ordnungen mit direkten Zuordnungen, klare Bewegungen und Flügelspiel, dazu Intensität und viele lange Bälle, dagegen auch stabile Rückzugsbewegungen der Sechser. Hauptsächlich wurden die weiten Zuspiele allerdings auf den Flügel gespielt, insbesondere von Eibar sehr gezielt: Entweder versuchte es die Mannschaft von José Luis Mendilibar mit engen Staffelungen durch die weit herüber schiebenden Stürmer für die Eroberung zweiter Bälle, oder der Außenverteidiger suchte das Zuspiel steil in die Tiefe auf einen ausweichenden Angreifer in den Rücken des gegnerischen Außenverteidigers.

In seiner strategischen Anlage hatte die Partie aber eine etwas spezielle Prägung: Durch die frühe Führung Real Sociedads nach nur dreizehn Sekunden – im Anschluss an einen langen Ball – hielten sich die Gastgeber von Trainer Imanol Alguacil etwas passiver, Eibar tat insgesamt mehr und lief dem Rückstand hinterher. In der ausgeglichenen Gesamtanlage war es klug und diszipliniert von ihnen, wie sie sich nicht zu übermäßigem Risiko verleiten ließen: Bei ihren typischen Angriffsmustern hielten sie fast immer die Doppel-Sechs in stabilen Staffelungen zur Absicherung hinter dem Ball. Ein sehenswertes und häufiger fokussiertes Offensivmuster bildeten die diagonalen Auftaktdribblings des umtriebigen Orellana, die konsequent von ballnahen Ausweichbewegungen eines Stürmers ergänzt und mit Ablagen auszuspielen versucht wurden. Nur hierfür schaltete sich Jordán situativ höher in kurze Dreiecksbildungen ein.

Bei Real Sociedad hätte es potentiell noch zusätzliche Mittelfeldpräsenz geben können: Sangalli gab eigentlich mehr einen Zehner als einen Halbstürmer. So zeigten sich bei den Gastgebern auch einige 4-1-4-1-hafte Staffelungen, weniger im Pressing als vielmehr in eigenen Aufbauszenen. Wirklich nachhaltig ausnutzen konnten das die Blau-Weißen aber letztlich kaum: Sangalli orientierte sich in eigentlich nicht so schlechten Verbindungshöhen etwas breiter an die seitlichen Ränder seines Halbraums, war ballfern dadurch oft gut von Cucurella aufzunehmen. Lief das Spiel präsenter über diese Zone, konnte der entsprechende Sechser Eibars lokal sehr weiträumig herausrücken, ohne dass die zwei Viererketten nach hinten Probleme mit der Präsenz bekommen hätten – auch bei aggressiverem Nachrücken Merinos.

Insgesamt brachten beide Mannschaften vor allem ihre gute Grundstabilität ins Spiel, das dementsprechend auch nur wenige potentiell gefährliche Umschaltmomente entwickelte. Eibar war etwas offensiver, wurde später in den Entscheidungen zunehmend attackierender und erhöhte beispielsweise durch frühere Anschlussflanken sukzessive den Druck auf den gegnerischen Strafraum. Indem sich Real Sociedad über einen längeren Zeitraum etwas mehr auf die Defensive konzentrierte und schleichend nach hinten gedrückt wurde, hatten solche Kleinigkeiten ihre Wirkung, gerade in der Strafraumverteidigung, und führten zu einem klaren Abschlussverhältnis zugunsten der Gäste. Insbesondere über konsequente Abläufe in Flügelangriffen kam Eibar zu einigen, wenn auch nicht übermäßig vielen Chancen. Zwei Pfostentreffer hatten sie in der zweiten Hälfte, kurz vor Schluss gelang der Ausgleich per Freistoß.

Valencia CF – Levante UD 3:1

In Valencia lagen im Stadtduell die Vorteile klar auf Seiten des „großen“ Klubs: Valencia CF drückte der insgesamt intensiven Partie seinen Stempel auf und dominierte über weite Strecken. Eine Vielzahl verschiedener Faktoren war für diese Situation ursächlich. Zunächst spielte schon ein deutlich zu vertikales, überambitioniertes Passspiel bei Levante ein entscheidende Rolle. Die Gäste suchten in vielen Phasen direkt beim ersten oder zweiten Zuspiel die Tiefe, oftmals zu früh. So kamen die prinzipiell interessanten Ausweich- und Diagonalbewegungen der recht hoch postierten vorderen Akteure des 5-3-2 nur wenig zur Geltung. Stattdessen blieben die Gäste zu oft im soliden 4-4-2-Schema von Marcelino und Valencia hängen.

Grundformationen nach der Auswechslung bei Valencia und vor der ersten Umstellung Levantes, ca. 32. Minute bis kurz vor der Halbzeit

Aus der ersten Aufbaulinie standen die Chancen für das Team von Paco López noch recht ordentlich, über einen ballnah zurückfallenden Achter das Herausrücken eines Sechsers provozieren, dennoch auf den anderen Achter weiterspielen zu können und über diesen schließlich in den geöffneten ballfernen Halbraum zu einem ausweichenden Angreifer zu gelangen. Bei Verlagerungen auf die Flügelläufer im zweiten Drittel nahmen aber schon die attackierenden Freilaufbewegungen der Offensivleute oft zu viele Folgeoptionen und Ausweichbewegungen der Achter blieben stattdessen die suboptimale Alternative.

Von der Entscheidungsfindung her gingen die verfrühten, übermäßig attackierenden Zuspiele insgesamt vor allem von den Verteidigern des Teams aus. Letztlich machten sich die Gäste in diesem Duell viel Potential auch selbst zunichte. Mannschaftlich hielten sie im Mittelfeld eigentlich auch gegen das gute Umschaltverhalten des großen Nachbars weitgehend mit und hatten manch sehenswerten Zugriffsmoment. Campana pendelte sehr umtriebig als Motor durch die Räume, Pier glich das punktuell leicht linksseitig aus, Rochina bespielte seinen Halbraum großräumig und oft etwas breiter. Was sie sich in diesen Bereichen erarbeiteten, brachte in letzter Instanz aber wenig ein.

In der ersten halben Stunde überwog nach Valencias ganz früher Führung noch eine spezielle strategische Konstellation: Die Gastgeber spielten zurückgezogener und vor allem auf Konter, kamen dort über das Ausweichen von Guedes und Mina neben die Dreierkette auch zu ihren Möglichkeiten. Später ging Marcelinos Team wieder verstärkt in die Offensive. Die strategische Umstellung fiel etwa zusammen mit der verletzungsbedingten Auswechslung von Rechtsverteidiger Piccini, für den Wass dort den Flügel übernahm. Um diese Phase des ersten Durchgangs herum wurde Levante zunehmend ungeduldiger und die überfrühten Entscheidungsmuster weiteten sich allgemeiner aus, betrafen zunehmend weitere Akteure. Die Partie wurde ab Minute 30 stärker zu einem Schlagabtausch.

Levante versuchte auch gegen den Ball früh zu attackieren und agierte sehr dynamisch, neigte aber wiederum zu übermäßigem Einsatz und zriskanten defensiven Entscheidungsmustern in der lokalen, ballnahen Gruppe. Insgesamt kombinierte sich in ihrem Pressingansatz eine teilweise spekulative Herangehensweise der Mittelfeldakteure mit vielen aggressiven, weiträumigen Bewegungen der Stürmer auch im Rückzug nach hinten. Diese Konstellation führte dazu, dass Valencia recht früh unter Druck stand und auch in den ersten Linie wenig Ruhe hatte, nach den gegen die 5-3-2-Grundsystematik häufigen Eröffnungen zur Seite in manch schwierige Unterzahl geriet, aber von dort oft genug auch Anschlussräume gerade nach vorne erhielt.

Im Zuschieben nach außen orientierten sich die Spieler Levantes mehrmals zu „offensiv“ an Rück- oder Querpasswegen für den Gegner in Richtung Mittelfeld, schoben sich dadurch aber gewissermaßen aus ihrer eigentlichen mannschaftlichen Kompaktheit heraus. Sie verließen dafür ihre Position und gaben einem gegnerischen Passempfänger neue Möglichkeiten für diagonale Ballmitnahmen oder Zuspiele. Die Sechser Valencias vermochten dies einige Male zudem geschickt zu provozieren, indem sie sich bei Eröffnungen zur Seite kurz zurückfallen ließen, um potentiell Gegenspieler herauszulocken zu versuchen. In etwas tieferen Drucksituationen liefen sie teilweise gezielt in Kompaktheiten hinein, um einfach riskante Weiterleitungen zu spielen oder anderswo Raum zu öffnen.

Das wurde damit kombiniert, dass beim Aufbau aus dem ersten Drittel auch die offensiven Flügel der Gastgeber aufmerksam mögliche Halbraumlücken in der eigenen Hälfte suchten. Bei Bedarf fielen sie dorthin zurück, um sich für Vertikalpässe der Innenverteidiger anzubieten. Solche Szenen boten nur eines der zahlreichen Beispiele für die insgesamt gut abwägende und ruhige Entscheidungsfindung des Teams der „Fledermäuse“ in Situationen schwieriger, teils unklarer Dynamiken. Wenn sich am Flügel Levantes Mittelfeldakteure kurzzeitig zu weit auf eine bestimmte Passoption wagten, nutzten Gayá und insbesondere Wass dies umgehend für attackierende Dribblings in den freien Raum.

Auf diese Weise kam Valencia trotz des gegnerischen Pressingaufwands über das zweite Drittel quantitativ häufig nach vorne. Die jeweils ballnahen Offensivspieler rückten in solchen Momenten des Übergangs oft eng an der letzten Linie nach innen, um weitere Gegner zu binden. Teilweise geschah das aber schon etwas zu weit und so abrupt, dass dadurch die Folgeanbindungen zu sehr eingingen. Nach den längeren Dribblings der Außenverteidiger folgten oft eher Verlagerungen, um dann auf der anderen Seite typische Flügelangriffe zu starten. Insgesamt spielte Valencia die eigenen Szenen recht schematisch und linear aus, aber die Dribblings brachten einige Synergien und vor allem Guedes pendelte sehr umtriebig horizontal in mitunter sehr plötzlich entstehende kleine Überladungen hinein.

Daraus folgten einzelne Kombinationselemente innerhalb der funktionalen Orientierung zur Grundlinie und der vielen Flanken. In Weiterführung der Übergänge nach vorne spielte Valencia auch die Szenen im Angriffsdrittel sehr direkt und attackierend aus, strategisch also recht offensiv ausgelegt. Vor diesem Hintergrund war es strukturell dann sehr wichtig, wie konsequent nach den erfolgten Übergängen in das vorderste Drittel die beiden Sechser jeweils hinter dem Ball blieben. Sie konzentrierten sich in diesen Angriffsphasen sehr klar auf die Rückraum- und Konterabsicherung. Das machten sie auch sauber über dem jeweiligen Halbraum, rückten geschickt auf etwaige Abpraller heraus und führten so ein starkes Gegenpressing. Selbst mit vergleichsweise geringer Passquote kam Valencia daher von einem nach der passiven Anfangsphase sehr niedrigen Startwert letztlich zu einem Ballbesitzübergewicht in der Statistik.

Levante blieb sehr bemüht, stellte im Laufe der Begegnung auch gleich mehrfach die Formation um: Zunächst gab es kurzzeitig ein 4-4-2 vor der Halbzeit, später folgte eine Phase mit einem sehr klar aufgeteilten 5-2-1-2 im Pressing, die Aufteilung wurde danach wieder flexibler und ging zunehmend ins 5-3-2 über, ehe mit der Einwechslung eines neuen linken Flügelläufers asymmetrische 4-4-2-Umformungen aufkamen, die durch breite Bewegungen des rechten Mittelfeldakteurs ergänzt wurden. Die voreiligen Offensiventscheidungen und teilweise riskanten Verhaltensmuster gegen den Ball traten aber immer noch auf. Dies bildete letztlich eine zu große Last für die vorhandenen Ansätze, die sich unter diesen Voraussetzungen der teilweise beeindruckenden Dynamik Valencias nicht mehr entgegen stemmen konnte.

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