Defensivfokus auf den Kopf gestellt

3:3

Die Bayern lassen einen Pflichtsieg liegen.

Wie bereits einige Male in dieser Saison hatte sich eine breit thematisierte und diesmal über die Länderspielpause noch weiter aufgeladene Ausgangslage einer Bayern-Partie ergeben: Ein schwaches Vorergebnis, diesmal die Niederlage beim Topspiel in Dortmund, sorgte für die Erwartung einer klaren Reaktion.

Angepasste Rolleninterpretationen

Grundformationen erste Halbzeit (bei Düsseldorf oft auch Bodzek als zentraler Mann der Mittelfeldreihe)

Einige gute Eindrücke sollten sich auch finden, etwa der Grundansatz mit dem Ball: Niko Kovac hatte sich nun wohl einige Modifikationen in der Rollenverteilung für sein 4-3-3 einfallen lassen, das dadurch eine gewisse Asymmetrie erhielt. Die von der Rechtsaußenposition ausgehenden und oft um Lewandowski herum stattfindenden Bewegungsmuster Thomas Müllers wurden etwa durch die Ausrichtung von Renato Sanches beantwortet. Dieser agierte halbrechts grundsätzlich als der breitere der beiden Achter und füllte häufiger die äußeren Zonen mit auf.

Gegenüber bewegte sich Goretzka in seinem Halbraum prinzipiell sehr vertikal, aus den tiefen Aufbauzonen weit in die Offensive vorpendelnd. Im Laufe der Angriffe über die rechte Seite schob er sich zudem mehrmals diagonal vor Martínez hinweg mit in jenen Halbraum. Zur anderen Seite hin war ein vergleichbarer Ablauf nur selten der Fall, dafür folgte in den höheren Zonen aber die potentiell ergänzende Einbindung Müllers für das Zusammenspiel und Überladungsversuche. So gab es häufiger einen Spieler mehr über dem ballnahen Halbraum, zumal wenn der jeweilige Achter dort tiefer gegen die gegnerischen Linien antrieb.

Zudem konnte man in dieser Gesamtausrichtung auf eine weiträumige Spielweise des bayerischen „Raumdeuters“ mannschaftlich einfacher reagieren. Das merkte man dem Auftritt der Münchener an, die so einen auch zwischen den einzelnen Feldbereichen flüssigeren Ballvortrag darboten und leichter zu Situationen mit größerer „Optionsbreite“ kamen. In Teilen der ersten Halbzeit waren sie nicht nur dominant, sondern konnten aus dieser Haltung heraus die Düsseldorfer auch konstant spielerisch unter Druck setzen und regelmäßig am Strafraum ins Laufen bringen.

Düsseldorfs zurückgezogene Defensive

Dorthin ließen sich die Gäste aus einer tiefen Ausrichtung heraus fallen und brachten viele Spieler nach hinten. Teilweise standen sie – potentiell ab den Übergangsmomenten unmittelbar vor der Rückzugsbewegung – mit sechs Akteuren in der letzten Linie, da die offensiven Außenspieler sehr mannorientiert agierten und Vorstöße ihrer Gegenspieler weit verfolgten. Zunächst einmal war das also eine sehr vorsichtige Herangehensweise von Friedhelm Funkel. Als Ausgangspunkt diente eine fast 4-5-1-hafte Anordnung, in der häufig Stöger, ebenso aber auch Bodzek den zentralen Mann in der mittleren Linie gab. Durch viele situative Mannorientierungen veränderte sich das genaue Bild häufig: Zunächst orientierten sich die beiden Achter oder Halbspieler im Mittelfeld lose an den Münchener Achtern.

Bei klar zentralen Positionierungen von Martínez vor den Innenverteidigern rückte häufiger der Mittelmann zwischen ihnen hindurch, um Druck zu machen. In geordneter Staffelung nutzten wiederum die Achter bei Vorstößen von Sanches bzw. Goretzka aus unmittelbarer Ballumgebung die Möglichkeit, diese in den Zwischenlinienraum ziehen zu lassen und aus ihrer Linie weiter herauszurücken, in diesem Fall sehr eng ergänzt durch den zentralen Nebenmann als zusätzliche Absicherung um den Deckungsschatten herum. Dadurch wurde Bayern manchmal früher nach außen geleitet und kam nicht so sauber dazu, das Aufrücken von Kimmich und Alaba in Gang zu setzen.

Im Normalfall sorgten deren Vorstöße aber dafür, dass die Düsseldorfer in der zweiten Linie an Präsenz verloren und daher auch etwas an Spielraum in ihren Bewegungsmöglichkeiten. Da Martínez sich häufiger in der Nähe der Innenverteidiger – meistens leicht seitlich daneben – aufhielt, gab es viel Ruhe in der ersten Reihe gegen den einzelnen Stürmer. Über kurze Bewegungen nach außen aus dem Mittelfeld oder einen breiter positionierten Abwehrspieler ließen sich dann die offenen Räume diagonal neben den Düsseldorfer Achtern besetzen. An dieser Stelle lag einer der Nachteile der mannorientiert zurückfallenden Flügel: Das Mittelfeld hatte in der Breite mehr Raum abzudecken und die Bayern so bessere Möglichkeiten, außen ein Stück an diesem vorbei zu spielen.

Nachteile der tiefen Flügel gegen diagonale Eröffnungen und in der Kette

Selbst wenn die Flügelakteure der Gäste nicht komplett bis in die letzte Linie rückten, bestand die Gefahr, den Passweg zwischen ihnen und den Achtern schräg nach innen nicht abschirmen zu können. Über die Breitennutzung in der zweiten Linie bekamen die Bayern einige Zuspiele hinter das gegnerische Mittelfeld. Ein zweiter großer Nachteil der Düsseldorfer Mannorientierungen am Flügel konnte sich gerade im weiteren Ausspielen solcher Szenen bemerkbar machen: Die Beschädigung des Kettenspiels. Wenn der Weg des hohen Außenverteidigers vollständig verfolgt worden war, setzte sich zum Beispiel auf der linken Seite eben Ribéry mehr in den Halbraum ab.

Dagegen musste sich der Düsseldorfer Außenverteidiger jeweils entscheiden, wie weit und vor allem individuell er sich über welchen längeren Zeitraum aus dem Verbundverhalten ausklinken wollte – womöglich in eine isolierte Zwischenposition. Gerade gegen die vielen kleinen, manchmal auch etwas überforschen Vor- und Rückwärtsbewegungen, die dieses Flügelpärchen der Münchener über eine Ballbesitzphase hinweg häufig anbringt, wurde das oft erforderlich. Innerhalb der Defensive konnten so die Orientierung der einzelnen Akteure zueinander leichter verloren gehen bzw. die gegenseitige Koordination zumindest beim Versuch ihrer klassischen Umsetzung schwieriger werden – wenn man eben seltener als Kette formiert ist und immer mal andere Spieler mit in der Reihe stehen.

Daher hatten die Gäste vergleichsweise größere Schwierigkeiten gegen Chip-Bälle hinter die Abwehr. Beim 2:0 wurde sogar bezeichnenderweise das Abseits durch den mannorientiert tiefen Flügelspieler aufgehoben. In gewisser Weise fand sich die Gemengelage hier verquer: Normalerweise ist eine solche Ausrichtung ein Mittel, mit dem man Spielanteile und vor allem auch Konterpotential opfert, um die defensive Stabilität in den tiefen Zonen erhöhen zu können. Nun wurde Düsseldorf zum einen mit ihren 6-3-1-Tendenzen aber nicht nur im Mittelfeldzugriff offener, sondern auch in der letzten Linie anfälliger.

Ambivalenz am Flügel

Selbst in der Flügelverteidigung hatten sie phasenweise Probleme. Dies kam wiederum durch die Wechselwirkung mit der auch im Mittelfeld auf auf – in diesem Fall sehr situativen und flexiblen – Mannorientierungen beruhenden Organisation. Diese sorgte für wechselhaftes Nachschieben: Teilweise konnte die Fortuna die Zuordnungen gut auflösen und anpassen, so dass sie bis zu zwei zusätzliche Spieler zur Raumverknappung nach außen brachten. Doch manches Mal konnten Alaba und Ribéry zu leicht im 2gegen2 aufrücken, da der Achter – gerade nach diagonalen Bewegungen von Goretzka aus der Vorsituation – zu spät kam oder überhaupt zu unkompakt anschloss, um Überzahl herstellen zu können.

Dass die Gäste in der personellen Präsenz dort keine ganz stabile Umsetzung erreichten, war eigentlich gefährlich. Dagegen hätten die Bayern noch deutlich mehr Gefahr erzeugen können, wenn sie aus Flügelangriffen bei der Strafraumbesetzung den Rückraum nicht teilweise eklatant vernachlässigt hätten. Dies war nur einer von verschiedenen Beispielpunkten, an denen es noch (unverändert) hakte. Daneben erfolgte etwa die Einbindung der einrückenden Aktionen der Außenverteidiger unharmonisch: Vertikal über die Achterpositionen kamen sie mehrmals dann ins Spiel, wenn das Sichtfeld des Spielers gerade nach außen gedreht war und dieser daher größere Freiräume zur Ballmitnahme nach innen nicht umgehend nutzen konnte, sondern nach außen spielen musste und man sich dort eventuell festfuhr.

Herausrückmomente zwischendurch

Genau das sollte auf lange Sicht ein Schlüsselfaktor für Düsseldorf werden: Verschiedene Faktoren betrieben den Prozess, dass Bayerns Drangphasen meistens zwischenzeitlich jeweils wieder etwas abebbten. Dazu trugen die Gäste nicht zuletzt in jenen Momenten selbst bei, in denen die zweite Linie sich aus den Grundmannorientierungen nach vorne löste. Wenn gerade ein Außenverteidiger tiefer aufbaute, konnten Zimmer und Usami ohnehin zentraler pressen. Auch gegen tiefere Positionierungen der Mittelfeldspieler rückten sie aber situativ im Halbraum heraus, wenn sie eine sichere Situation erkannten, in der sich ein eigener Zentrumsakteur einfach etwas breiter nach außen orientieren oder der eigene Außenverteidiger das bayerische Pendant aufnehmen könnte.

Eigentlich handelte es sich dabei um übliche Mechanismen des Übergebens. Von der gruppentaktischen Abstimmung und Entscheidungsfindung setzte Düsseldorf das auch gar nicht besonders gut um, teilweise eher zu inkonsequent. Stark war vielmehr, wie sie das Potential dessen nutzen, wenn sie es mal machten: Die dadurch möglich werdenden Herausrückabfolgen in den vorderen Zonen machten einen guten Eindruck. Wie sich die Außenstürmer in diesen Momenten nach vorne bewegten – vom Timing sowie der räumlichen Ausrichtung – und wie sie sich im Wechselspiel mit den Achtern koordinierten, zeigte sich geschickt und flexibel. Düsseldorfs wichtigste Stärke gegen den Ball half entscheidend dabei, Bayern mal etwas weiter hinten zu halten, und damit dabei, eine zu schnelle Vorentscheidung abzuwenden.

Von zwei entscheidenden Kontern

So blieben die Gäste also im Spiel – die Grundlage, damit das Finish der Schlussphase überhaupt möglich sein konnte. Der direkte Zusammenhang einzelner höherer Pressingpositionierungen der Außenstürmer zu den späteren entscheidenden Umschaltaktionen hielt sich jedoch in Grenzen. Das führt wieder zum ungewöhnlichen Ausgang der vorsichtigen Herangehensweise: Während die tiefen, defensiven Positionierungen der offensiven Flügel in der Defensive mitunter auch problematisch wirken konnten, gingen die Düsseldorfer umgekehrt trotz der dadurch schlechteren Ausgangslage für Konter mit drei Treffern aus der Partie heraus. Normalerweise führen 6-3-1-Tendenzen schnell dazu, dass der Stürmer eher isoliert wird, wenig Tiefenpräsenz vorhanden ist und die zurückgeschobenen Flügelspieler zu lange Wege haben.

Eigentlich kam das bei den Gästen vom Grundsatz auch in etwa zur Geltung. So viele Konterchancen hatten sie in dieser Begegnung eigentlich gar nicht, ein Gemisch von Elementen machte diese jedoch vereinzelt sehr gefährlich. Hauptsächlich geht es um die beiden Tore zum 3:2 und 3:3: Auf Seite der Bayern passte die genaue Abstimmung des Abwehrzentrums in der Restverteidigung nicht optimal, durch teilweise zu tiefe Positionierungen von Martínez aus den Aufbaustaffelungen heraus konnten sich zudem dann Zugriffsprobleme in Mittelfeld-Zwischenlücken ergeben, wenn gleichzeitig das Vorrücken Goretzkas oder Ausweichen Sanches´ zu unbalanciert hinzukam. Etwaige Unterstützung des ballfernen Außenverteidigers hätte etwa noch sauberer angelegt sein können.

Bei Düsseldorf machten die Aufstellung und eine starke Leistung Lukebakios als in die Tiefe startender Mittelstürmer einiges aus, dazu spielten das konsequente Nachrückverhalten der Flügel und dabei auch der Außenverteidiger oder einzelne starke Aktionen (wie vermutlich von Hennings beim Pass vor dem 3:3) eine Rolle, schließlich auch die glücklicheren Umstände. Drei Abschlussversuche in Halbzeit zwei reichten für das Ergebnis. Der zweite Treffer war dann mal so eine Szene, wo Raman aus einer höher gebliebenen Position agierte. Selbst das kam aber nur insoweit zur Geltung, dass dadurch auch Gießelmann sich dahinter höher bewegte und dann beteiligt sein sollte. Auch das 3:3 war eine Szene, in der die Flügelspieler eben nicht mehr tief zurückgefallen verteidigten, ohne dass diese potentiell verbesserte Umschaltposition direkt ausgelöst wurde.

Solide Rollenverteilung gegen lasches Nachschieben

Während es neben den Toren nur wenige nennenswerte Konteransätze gab, wirkten die Düsseldorfer vielmehr aus dem Ballbesitz heraus immer mal gefährlich zum Strafraum hin, auch wenn sie so keine klare Abschlussgelegenheit mehr generierten. Trotz nur 22 % statistischen Ballbesitz hatten sie in diesem Bereich kurze Zwischenphasen, die nicht nur einen weiteren gewissen Unterbrechungseffekt von gegnerischem Druck und Dominanz ausübten. In diesen Momenten deuteten sie zudem an, welche Inkonsequenzen die Mannen von Kovac gegen den Ball noch mit sich herumtragen. In den ersten Linien lief das Pressing im 4-3-3 oder durch verschiedene Nachrückbewegungen ins 4-4-2 zunächst intensiv, so dass Düsseldorf viele lange Bälle spielte, aber sich nicht konstant eng auf die Abpraller formierte.

Vereinzelt wurde das sehr konsequent praktiziert, häufiger mal aber auch fast gar nicht. In vielen Fällen hatten sie letztlich nicht genug Personal in den Angriffszonen, speziell am Flügel sicherten Süle und Boateng hinter den Außenverteidiger dann stabil nach und liefen die meisten weiten Zuspiele ab. Sobald Düsseldorf aber im Übergang zum zweiten Drittel etwas Luft hatte, machten sie ihr Spiel aus dem Mittelfeld heraus nicht schlecht. Vor allem die Rollenverteilung beim Team von Funkel war sinnvoll gewählt: Usami als zweiter Offensivspieler neben Lukebakio, Fink sehr weiträumig nach außen rochierend, Stöger wechselnd zwischen kurzem Unterstützen am Flügel und tieferem Einsatz in der Ballverteilung.

Dort gingen die ersten Zuspiele meistens von Bodzek als bei Ballbesitz zentralem Sechser aus, der auch den einen oder anderen guten Pass anbrachte. Situativ ließ er sich eben im Wechselspiel von Stöger entlasten, der kleine Lücken suchte, um großräumig anzukurbeln. Der Fokus der Düsseldorfer in diesen Situationen lag grundsätzlich auf ihrer rechten Seite, über die sie mehrheitlich ihre Angriffe abzuspulen versuchten. Insgesamt formierte sich das dortige (SC-Freiburg-Gedächtnis-)Flügelpärchen recht breit, auch um stabil für Verlagerungen zur Verfügung zu stehen. Vor allem aber wirkten sich so stärker aus, dass die Münchener im Nachschieben aus dem Mittelfeld nach außen lasch auftraten: Die Zuständigkeiten zwischen Achtern und Sechser wirkten nicht immer klar, auch situativ tieferes Verteidigen von Martínez nicht ganz eindeutig in der Systematik.

Zentral ergaben sich manche Lücken zwischen Pressingspielern und Restverteidigung, die Düsseldorf erst einmal die Vorbereitung der Aktionen erlaubte. Obwohl sie in der Umsetzung etwas unkompakt agierten und teilweise größere Abstände zwischen Bodzeks Zurückfallen und etwaigem Herumdriften Stögers im Mittelfeld hatten, kamen die Düsseldorfer so das eine oder andere Mal recht sauber in Strafraumnähe. Bei den späteren Flügelangriffen waren dann teilweise hinter dem Außenverteidiger große Anschlusslücken ins Zentrum, die insbesondere Fink – später dann auch der für ihn eingewechselte Karaman – mit seinen Diagonalläufen anzusteuern versuchte. Von halblinks bis nach rechts waren diese auch etwas aufwendiger aufzunehmen.

Fazit

Manchmal sind sie da, die Spiele undankbarer Differenzierungen. Versuchen wir es: Die Bayern zeigten sich verbessert im Vergleich zu vielen der letzten Spiele, aber weiterhin noch mit einigen Problempunkten. Grundsätzlich konnten sie die Düsseldorfer recht gut bespielen, die zwar mit einigen guten Elementen – Nachrückmuster zwischen erster und zweiter Linie, Rollenverteilung bei Ballbesitz – immer mal und letztlich auch nachhaltig etwas Dampf herausnehmen konnten, mit den Konsequenzen ihrer mannorientierten Spielweise speziell auf den offensiven Flügeln jedoch phasenweise von den Münchenern auch erheblich in Bedrängnis gebracht wurden.

Bei normalem Verlauf hätten die Gastgeber die Partie gewonnen: Es musste schon viel zusammenkommen, dass die Fortuna zum Schluss noch das Remis erreichen würde. Jedoch waren die Bayern in der Absicherung auch nicht so stark, um das Risiko noch weiter zu minimieren, dass dieser Fall eintreten könnte. Funkel hatte den richtigen Mittelstürmer für diese Partie gewählt, Lukebakio lauerte und es kam letztlich die eine Chance.

Im Umkehrschluss bedeutet das aus Münchener Sicht wieder: Mit hoher Wahrscheinlichkeit wären diese Aspekte und damit mögliche „Kritikpunkte“ da gewesen, aber überdeckt worden. Nun kann man trefflich streiten, „wie gut“ oder „wie schlecht“ man das in der Gegenübergewichtung der beiden Seiten findet. Zwischen den Extremen spielten Pech und Glück, individuelle Aspekte und der Zufall mit, aber erklären dieses kuriose 3:3 ebenso wenig alleine wie es eine absolute Generalverantwortlichkeit für Kovac oder sonstige Personen täte.

Daniel 1. Dezember 2018 um 21:01

Update: Spät, aber vielleicht nicht zu spät, hat Kovac jetzt auf die angesprochenen Probleme im Mittelfeld sowohl taktisch als auch personell reagiert und ist erstmal wieder zurück zu einer ähnlichen Staffelung wie einst unter Heynckes gegangen: Rückkehr zu einer relativ klaren Doppelsechs, davor Thomas Müller auf der 10. Die Doppelsechs bildeten Kimmich und Goretzka. Damit hat es Kovac geschafft, gegen Benfica und Bremen zwei verdiente Siege einzufahren. Ob diese Verbesserung auch gegen die deutlich schwierigeren Gegner Ajax, Leipzig und Frankfurt Bestand haben wird muss man abwarten, in jedem Fall hat Kovac damit die Mannschaft (und auch sich selbst) kurzfristig erstmal stabilisiert und sollte jetzt zumindest bis zur Winterpause sicher sein. Längerfristig wird Kovac sich aber wieder was einfallen lassen müssen: durch die Versetzung Kimmichs ins Mittelfeld stehen auf AV nur noch zwei Spieler für zwei Positionen zur Verfügung, vermutlich wird Kimmich spätestens in der RR wieder zurückmüssen. Seine Stelle im MF wird dann wieder Thiago einnehmen. Die in meinen Augen stärkste Kombo Thiago/Kimmich wird man diese Saison wohl leider nur in Ausnahmefällen zu Gesicht bekommen :/ Fazit: kurzfristige Verbesserung, aber die Besetzung bleibt extrem auf Kante genäht und deswegen die Situation angespannt.

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Marlene Dietrich 27. November 2018 um 11:20

Sorry, passt nicht zum Thema, aber schafft ihr es heuer wieder, einen Adventkalender herauszubringen?

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tobit 27. November 2018 um 19:15

Das würde mich auch sehr interessieren.

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Magellan 26. November 2018 um 17:44

Wenn dieses Spiel ein Einzelfall gewesen wäre könnte ich der Erklärung von „nicht ganz optimaler Abstimmung“ gepaart mit Pech usw. ja folgen – aber Bayern kassiert ja aktuell regelmäßig solche Gegentore und solche Ergebnisse und das gegen auf dem Papier um Klassen schlechtere Teams. 14 Gegentore in 8 BL Spielen sind doch offensichtlich ein systematisches Problem und keine Verkettung von unglücklichen Einzelfällen.

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Daniel 25. November 2018 um 17:29

Interessanter Ansatz. Die beschriebenen Verbesserungen sind für mich ein interessanter neuer Blick auf dieses Spiel gewesen, wobei ich teilweise widersprechen würde, dass es sich hierbei um geplante, mannschaftstaktische Fortschritte handelte. Sanches beispielsweise ist einfach ein horizontalerer Spielertyp als Bayerns andere Mittelfeldspieler, insofern hab ich das mehr als zufällige Synergie der Spielertypen Sanches/Müller gesehen als als geplante Änderung. Vielleicht bringt da die Zukunft Aufschluss.
Aber selbst wenn einige dieser Züge tatsächlich vorher geplant gewesen sein sollten kann man in meinen Augen keinesfalls von einer Verbesserung reden. Zumindest eine Sache hat zu Beginn der Krise nämlicht-trotz aller sonstigen Defizite-ganz gut geklappt: die Konterabsicherung. Sich beim Stand von 3:1 und 3:2 kurz vor Schluss zweimal so auskontern zu lassen darf auf diesem Niveau nicht passieren, da finde ich die Formulierung „passte die genaue Abstimmung des Abwehrzentrums in der Restverteidigung nicht optimal“ völlig unzutreffend. Zwei IV, die bekanntermaßen Geschwindigkeitsdefizit gegen den gegnerischen Stürmer haben, stehen ultra riskant hoch und dabei auch noch unabgestimmt. Das sind Anfängerfehler, die auch fünf Ligen tiefer völlig zurecht Ärger geben würden.

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Koom 25. November 2018 um 23:01

Dazu hat sich Funkel ja auch geäußert (SPON):

> Bayern-Coach Niko Kovac nahm Funkel dagegen in Schutz. „Da kann kein Trainer der Welt etwas für, wenn Boateng auf Abseits spielt, nur weil er zu bequem ist, hinterherzurennen“, sagte er im Hinblick auf die Abwehrleistung des Weltmeisters vor dem Ausgleichstreffer in der Nachspielzeit. „Da geht er zwei Schritte nach vorne und will dem Laufduell mit Lukebakio aus dem Weg gehen. Einen solchen Weltklasse-Spieler darf so etwas nicht passieren.“

Irgendwie triffts das schon ganz gut. Hummels und Boateng machen einige solcher Alibi-Aktionen im Spiel. Die und einige andere der Bayernspieler sind nicht „da“, also nicht konzentriert im Spiel anwesend und gehen einfach nur durch ihre üblichen Bewegungen durch. Persönlich denke ich schon, dass der Trainer auch dafür verantwortlich ist, aber dazu brauchst du einen Trainer, der nicht nur als 2B-Lösung verpflichtet und grundsätzlich klein gehalten wurde (Stichwort: nicht eingeleiteter Umbruch).

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Isabella 26. November 2018 um 02:57

Dem Trainer braucht man bei diesem Kader und vor allem diesem Vorstand keine Schuld mehr geben. Er hat Robben und Ribery, die bei allen Erfolgen der Vergangenheit nichts mehr zusammengekommen, weil ihr Spiel auf Schnelligkeit und Antritt ausgelegt war und sie das eben nicht mehr haben. Hummels und Boateng, die die Einstellung verzogener Teenager haben und dem Fußball den Rücken kehren sollten. Bei denen sind nie sie selbst schuld, dabei würden die, wie mittlerweile selbst von einem fremden Coach bestätigt, nicht mal mehr in der Kreisklasse kritiklos aufgestellt werden. Nicht mal mehr von dessen Spielaufbau ist noch viel vorhanden und das hat ja eigentlich nichts mit dem Alter zu tun. Dazu kommt noch ein Müller, der schon Ancelotti abgesägt hat und nur bei absolut dominatem Ballbesitzfußball funktioniert, wo er wirr durch die Gegend laufen kann und zufälligerweise mal von seinen Mitspielern im richtigen Moment im Strafraum entdeckt wird, um halb hinfallend einschieben zu können. Mit Serge Gnabry hat man einen „Flügelstürmer“ eingekauft, der keiner ist und Coman ist verletzungsanfällig. Kimmich wird, zumindest hinten rechts, so schnell kein Lahm mehr, aber anstatt den einzigen, der außer Thiago in der Zentrale Passsicherheit und Spielintelligenz mitbringt, um stabilen Ballbesitzfußball zu spielen, wird Bernat verkauft und kein Außenverteidiger eingekauft, damit man den auch dahinstellen könnte. Die Posse mit James ist natürlich Kovac zuzuschreiben, aber ob da Hoeneß nicht auch wieder gesagt hat, dass doch der arme Müller spielen müsse, können wir von Außen nicht wissen, aber wir wissen am Beispiel Ancelotti, dass Müller intern kein Gegner ist, mit dem man gerne kämpft. Die Verpflichtung von Goretzka verstehe ich in diesem System übrigens auch nur finanziell. Sanches hat sicher Potential, aber ich mochte Vidal als Spielertyp schon nicht, weil der positionell für mich schwierig einzubinden war und für was man Goretzka und Sanches braucht, weiß ich nicht. Es lässt für mich nicht darauf schließen, dass bei der Kaderplanung irgendein besonderes System im Fokus war. Für einen Verein wie Bayern ist es schon peinlich, überall billige Restchen aufzulesen, ohne vor der Saison ein System festgelegt zu haben.

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Koom 26. November 2018 um 10:41

@Isabella: Naja, Schuld kann und muss man dem Trainer schon geben. Der Hauptschuldige ist er für mich auch nicht. Kovac erreicht nicht alle Spieler, dass sollte relativ klar sein. Coaching ist ja nicht nur Hütchenaufstellen und ein System an die Wand malen, das schließt ja auch Motivation ein. Das kann durch dramatische Ansprachen oder intellektuelles Begeistern passieren – klappt aber offenbar nicht bei den Bayern. Kovac ist dadurch IMO kein schlechter Trainer, aber für die aktuelle Situation wohl einfach nicht ideal.

Die Hauptschuld sehe ich auch bei der Kaderplanung – das involviert auch gleich mehrere Leute (und Kovac eher nicht). Du zählst das ja schon gut auf und theoretisch könnte man da noch mehr schreiben. Es liegt viel im Argen.

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Daniel 26. November 2018 um 17:44

Man kann Kovac nicht von Mitschuld freisprechen, nur weil über ihm noch mehr verbockt wurde. Es ist erschreckend, wie eindimensional und planlos Kovac agiert. Zu Saisonbeginn hat er eine Spielweise eingeführt, die er jetzt unter totalem Desinteresse für die auftretenden Probleme durchdrückt. Weder auf die Probleme der Mannschaft noch auf die Spezifika des Gegners kommt von ihm auch nur der Versuch einer Anpassung. So hat er sich zum Beispiel aus irgendeinem Grund in den Kopf gesetzt, die Heynckessche Doppelsechs zu zerschlagen und auf eine 1-2 Struktur mit einem zentralen Sechser zu bauen. Blöd, dass nur zwei Spieler im Kader den alleinigen Sechser spielen können und davon ist einer verletzt (Thiago) und einer auf RV gebunden (Kimmich). Auch die Tatsache, dass Bayern keine wirklichen offensiven Flügelspieler hat, für sein System aber dringend bräuchte, kümmert Kovac überhaupt nicht. Auch auf gegnerische Herangehensweisen und gegebenenfalls Umstellungen kommt von Kovac keine Reaktion. In seiner sturen Verbortheit erinnert er auf geradezu fatale Weise an Peter Bosz.
Auch in der Kommunikation ist Kovac sehr vage und verliert sich meist in Allgemeinplätzen. Konkrete Verbesserungsvorschläge kann man in seinen Statements nicht erkennen, Anweisungen an Spieler aus dem laufenden Spiel gibt er auch selten.

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palazzo 27. November 2018 um 12:11

@daniel : Da kann ich Dir nur zustimmen, aber wie sollte ein anderer Trainer ( oder die Gebrüder Kovac ) diese Situation denn verbessern?Ein züruck zum System Heynckes ist mM kaum möglich , da weder Gnabry noch Coman Flügelspieler sind ( ich gehe jetzt von einen verletzungsfreien Kader aus )
Rib und Rob sind nur noch BuLi durchschnitt dh. Sie setzen sich nur gegen 8 von 17 Verteidiger durch und ein hinterlaufen duch die AV ist als alleiniges Mittel zu simpel . Da bleibt doch nur eine Überladung im ZM oder OM mit einem breitegebenden und rochierenden Flügelspieler( Coman? ).
Dann aber schlägt die Kaderplanung zu, Sanches und Goretzka sind nicht besonders pressingresistent und Müller und James sind sich zu ähnlich. Zudem habe ich große Zweifel ,lasse mich aber gerne belehren , ob diese oder andere Änderungen überhaupt in kurzer Zeit trainiert werden können ?Von einem Wechsel auf eine Dreierkette mit ein- und aufrückenden Alaba und Kimmich hab ich schon lange aufgehört zu Träumen.

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Koom 27. November 2018 um 13:35

Naja, Kovac‘ Spielweise bei Frankfurt kann er auch jetzt abrufen. Dreierkette rein, für die er 4 Kandidaten hat (Hummels, Süle, Boateng, Martinez). Alaba und Kimmich sind offensiv sehr gut und können auch alleine das Flügelspiel regeln. Im Mittelfeld hat man ja reichlich 8er Typen, die es für sowas braucht und Gnabry, James oder Müller können auch neben Lewandowski agieren. Und auch Robben und Ribery kann man als Halbstürmer mit viel Bewegungsfreiheit machen lassen.

Natürlich müssen da ein paar Abläufe insbesondere in der Offensive eingebimst werden, aber rein vom Kader her passt es wohl besser als das flügelkranke 4-3-3.

Sw 26. November 2018 um 14:51

Kann es aber auch nicht wiederum sein, dass die Taktik von Kovac die Innenverteidiger so Blank lässt, dass es zu solchen Fehlern kommt.

Mit Goretzka und Sachen in der Mitte hat man ja 8er deren Stärke mehr im durchstoßen des Mittelfelds zum 11er liegt. Die lassen dann die Mitte ja relativ ungeschützt.

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CHR4 26. November 2018 um 02:50

Danke Daniel für die deutlichen Worte.

so wie ich gerne sage „1x ist Glück, 2x ist Können“, muss man hier sagen „1x ist Pech, 2x ist Unvermögen/Dummheit/Sturheit“

Das schlimmste ist, dass zu diesem Zeitpunkt folgende Spieler auf dem Platz standen:

——————– Neuer———————-
Rafinha-Süle-Boateng-Hummels-Alaba
————Kimmich—-Martinez————

(Robben-Lewy-Grotzeka)

Viel mehr Defensiv-Power gibt der Kader ja nicht her. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass in den letzten Jahren mal so eine nominell defensive Bayern-11 auf dem Platz war … und DANN ist man hinten SO offen und steht SO hoch?? wtf?

Das sieht für mich ganz und gar nicht danach aus, dass die auf dem Platz dem Plan des Trainers folgen …

beim FCB liegt derzeit soviel im argen und das ist hier auch schon alles ausführlich zur Sprache gekommen, dass es Zeitverschwendung ist da noch weitere Worte darüber zu verlieren

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