Türchen 6: Marvin Schwäbe

Wenn der Torhüter zum Spielmacher wird.


Zweitliga-Torhüter

Betrachtet man den am 25. April 1995 in der Nähe von Darmstadt geborenen Marvin Schwäbe zunächst einmal anhand üblicher Parameter eines Torhüters, so fällt der 1,90m große Schlussmann von Dynamo Dresden vornehmlich durch seine Reaktionsstärke und Explosivität auf. Er nutzt vor allem viele kleine, schnelle Schritte und hält stets in hoher Frequenz hüpfend die Torwartstellung.

Sein Stellungsspiel zeigt besondere Stärken, um Schüsse von leicht außerhalb des Strafraums zu entschärfen. Dabei hält Schwäbe sich zumeist sauber zwischen den Verteidigern in der Lücke, durch welche der Ball am ehesten den Weg in Richtung Tor nehmen wird. Die Folge: Aus derlei Positionen rollen Schüsse immer wieder direkt auf ihn zu.

Diese kann er dann mit eher unkonventioneller Technik vom Boden sichern. Schwäbe nimmt den Ball recht nah am Körper mit den Händen auf und kippt dann nach vorne über. Dabei rutscht schon durchaus mal etwas durch. Durch seine zumeist eher tiefe Haltung wirkt Schwäbe nicht nur etwas kleiner als er es eigentlich ist, er bekommt zudem auch durchaus einmal Probleme mit Bällen, die ihn etwa auf Kopfhöhe erreichen, da er seinen Körper bei minimal falscher Einschätzung nicht schnell genug nach oben bewegt.

Schüsse, die etwas weiter links und rechts neben ihn gelangen, wehrt er ebenfalls häufiger einmal nicht ganz lehrbuchgemäß ab, indem er diese schräg nach vorne fallend teilweise schon fast zur Seite baggert oder die Fäuste zum Ablenken verwendet. Aus seinem leichten Hüpfen fällt zudem der Übergang in ein dann tatsächliches Springen nicht immer leicht. Fehlt es am richtigen Timing, kann er sich nicht mehr richtig abstoßen und weiter entfernt eintreffende Bälle schwerer erreichen. Die rechte Seite wirkt dabei grundsätzlich noch etwas schwächer als die linke.

Beim 1 gegen 1 mit einem Angreifer zeigt Schwäbe vor allem dann starke Momente, wenn er sich mit hoher Schrittfrequenz annähern kann, im richtigen Moment stoppt und dann schnell auf einen Schuss reagieren kann. Mitunter legt er sich dabei aber schon zu früh auf eine Seite fest, verlagert das Gewicht recht stark dorthin und kann etwaige Richtungswechsel nicht mitgehen. In unübersichtlicheren Situationen deckt er zudem sein Tor nicht mehr so konstant ab wie dies noch bei Distanzschüssen der Fall ist.

Aus wiederholt auftretenden Schwierigkeiten mit hohen Hereingaben, die er in guten Momenten jedoch auch souverän abfangen kann, wird teilweise eine Stärke Schwäbes sichtbar: Aus kürzester Distanz wehrt er in Manier eines Handballtorhüters noch Kopfbälle oder Volleys ab, nachdem er die Flanke eigentlich schon unterlaufen hatte. Vielleicht hilft bei derlei Bewegungen, so wie bei allem was einem Nahkampf gleichkommt, ja die frühere Erfahrung als Ringer zu Kinderzeiten.

Ein ausgeprägter Libero, der für lange Bälle des Gegners weit aus seinem Strafraum stürmt, ist Marvin Schwäbe zudem auch nicht. Nur selten zeigt er hier wirklich weiträumige Momente. Immer wieder stoppt er gar seine Läufe noch und zieht sich zurück, anstatt zu versuchen, noch vor dem Angreifer an den Ball zu gelangen.

Ent-Decker

Doch in seinen frühen Jahren war der heute 22-Jährige nicht nur als Ringer aktiv, sondern spielte ursprünglich auch als Innenverteidiger. Ins Tor zog es ihn erst, als niemand anderes in seiner Mannschaft diesen Job übernehmen wollte und er ohnehin genug vom vielen Laufen hatte.

Diese Geschichte kehrt Marvin Schwäbe als Profi-Fußballer nunmehr fast ins Gegenteil um. Er verlässt sein Tor bei eigenem Ballbesitz häufig weit und hilft der Mannschaft dadurch als zusätzlicher Feldspieler. Dies erweist sich vor allem gegen mannorientierte oder -deckende Teams als überaus hilfreich. Nicht selten agiert er dafür jenseits des Strafraums und positioniert sich situativ gar etwas höher als seine Mitspieler (Stichwort: Torwartkette).

Besondere Effektivität erzeugt er gegen Teams, die ihn in der Folge nicht anlaufen, sondern ihre ursprünglichen Deckungen halten. Schwäbe agiert ruhig, dribbelt mitunter leicht an. Anschließend wartet er Bewegungen der Mitspieler ab und spielt im Zweifelsfall noch mal nahe Optionen an.

Entweder passt er zur Seite, um zumindest die Orientierung des Gegners zu verändern oder direkt ins Zentrum, um den Ball zurückzubekommen und einen beziehungsweise mehrere Gegenspieler aus dem ursprünglich bewachten Raum zu ziehen.

Die Spielweise seines Teams ist ganz bewusst darauf angelegt, derlei Effekte so häufig wie möglich hervorzurufen. Insbesondere die drei Mittelfeldspieler wechseln regelmäßig ihre Positionen. Reißen sie so zwangsläufig einmal eine Lücke im gegnerischen Verbund, wird diese auch ziemlich häufig von einem Mitspieler angelaufen. Und der freie Mann Schwäbe bringt den zugehörigen Pass an.

Spiel gegen Sandhausen, 19.08.2017: Die 3 zentralen Mittelfeldspieler wechselten zuvor allesamt ihre Positionen und befinden sich nun halblinks in enger Deckung. Die linke Seite als Ganzes ist zugestellt. Schwäbe könnte sich dafür entscheiden, das offensichtliche 2 gegen 1 auf rechts zu bedienen. Doch er erkennt den freien Raum weiter vorne und dass 2 Mitspieler sich bereits dorthin bewegen.

Solche sich bietenden Räume kann der ehemalige Junioren-Nationaltorhüter aber auch mit hohen Bällen bedienen, die er durchweg technisch mindestens solide, häufig genug auch hervorragend ausführt. Charakteristisch sind dabei Pässe, die ähnlich wie ein Chip, eher weich geschlagen sind und zudem in hohem Bogen fliegen, ehe sie einige Meter vor dem Empfänger zum steilen Sinkflug ansetzen. Dadurch ist die Ballverarbeitung einfacher und die Mannschaft hat gegebenenfalls noch Zeit sich in eine bessere Situation für eventuelle Abpraller zu bringen.

Außerdem spielt Schwäbe auch eher stramm geschlagene Pässe, vor allem in Richtung der Seitenlinie. Diese haben eine eher flache, aber dafür stetig leicht ansteigende Flugkurve. Dadurch sind sie bei leichten Ungenauigkeiten zwar schwerer zu verarbeiten, ermöglichen bei guter Ausführung jedoch eine schnelle Spielfortsetzung.

Als Alternative werden die hohen Pässe ohnehin bereits in Richtung eines festgelegten Zielspielers geschlagen. Hierfür bietet sich bei Dynamo Dresden zum Beispiel Kapitän Hartmann an. Etwas hinter der Mittellinie, zumeist seitlich, ballen sich die Mitspieler dann. Schwäbe bedient diese Situationen erfolgsstabil. Eine leichte Streuung kann durch die eher ungefährlichen Zonen auf dem Spielfeld vernachlässigt werden.

Doch scheut er keineswegs das Risiko. Im Gegenteil: Auch kleinere Schnittstellen werden bedient. Oder Schwäbe erkennt einen Raum im Rücken des Gegners und passt auch zu unter Druck befindlichen Mitspielern, die den Ball genau dorthin weiterleiten können.

Spiel gegen Sandhausen, 19.08.2017: Der Deckungsschatten des anlaufenden Stürmers verhindert einen direkten Pass zum freien Mitspieler. Doch Schwäbe erkennt gemeinsam mit den Kollegen den Raum hinter den Mittelfeldspielern des Gegners. Diese haben lediglich den zurückfallenden Spieler im Blick, den Schwäbe auch anspielt. Die beiden anderen Mittelfeldspieler orientieren sich bereits in den freien Raum. Der Ball kann nach Pass des Torhüters auf engstem Raum zum eigentlich im Deckungsschatten befindlichen Akteur weitergeleitet werden.

Dieser Mut zeigt sich nicht nur in Situationen, in denen andere Spieler sich unter Druck befinden. Schwäbe spielt auch gegen hohes Zustellen am Strafraum den Ball häufig flach heraus. Dazu fächern die Innenverteidiger neben ihm auf. Dadurch, dass die Stürmer häufig einen gewissen Abstand zu ihnen halten, kann man so in der ersten Linie zirkulieren bis sich eine Lücke ergibt.

Viele der anderen Teams wissen jedoch um diese Stärke und wagen sich für besseren Zugriff etwas näher heran. Dies bestraft Schwäbe ziemlich konstant mit einem direkten Pass zum (meist) linken Außenverteidiger. Im leichten Bogen gelangt der Ball am gegnerischen Stürmer vorbei zu ihm und er kann direkt den ersten Kontakt in den freien Raum am Flügel nehmen, da der entsprechende Gegenspieler in der Regel erst aus dem Zentrum herausrücken muss.

Spiel gegen Nürnberg, 22.10.2017: Die Innenverteidiger halten sich tief neben dem Strafraum und werden schon von den beiden Stürmern belauert. Der Sechser wird derweil vom gegnerischen Zehner gedeckt. Einzig der Passweg zum Außenverteidiger steht noch offen. Schwäbe führt den Abstoß schnell aus (so schnell, dass ein Nürnberger noch im Strafraum steht) und nutzt diesen Umstand geistesgegenwärtig.

Tor-Läufer

Was Marvin Schwäbe endgültig zu einem besonderen und zukunftsweisenden Torhüter macht, ist jedoch sein überaus aktives und ambitioniertes Freilaufverhalten. Für Torhüter gelten dabei im Allgemeinen einige Regeln, die für Feldspieler beim spanischen Juego de Posición im Besonderen von Bedeutung sind: Aufgrund ihrer hervorgehobenen Position auf dem Feld können Torhüter schlichtweg nicht einfach so überall hinlaufen.

Sie müssen stattdessen ziemlich genau in ihrer Zone bleiben, um stets als letzter Spieler noch das Tor sichern zu können. Beim tieferen Ballbesitzspiel kann man sich dafür am Strafraum orientieren und gemeinsam mit dem Team weiter vorrücken.

Auch für Torhüter ist es wichtig, beispielsweise nicht zu nah an Mitspieler heranzukommen, wenn diese genug Raum zum Spielen haben. So rückt Schwäbe immer mal wieder auf die gegenüberliegende Seite des Innenverteidigers, der sich gerade in Ballbesitz befindet.

Würde er bloß hinter ihm auf der gleichen Seite stehen, während der Innenverteidiger selbst ausreichend Platz zur Verfügung hat, so nimmt er sich als Passoption aus dem Spiel. Falls der Pass doch erfolgt, kommt man dadurch in keine bessere Position. Ganz im Gegenteil: Der Innenverteidiger muss sich erst wegdrehen, der Torhüter nach der Ballannahme ein paar Schritte zur anderen Seite machen. Das Pressing wird für den Gegner vereinfacht.

Durch die Positionierung auf der ballfernen Seite ist hingegen eine schnelle Spielfortsetzung gewährleistet, während der Gegner durch das Passspiel in Bewegung versetzt wird und seine Orientierung verändern muss. Wenn ich nur hinter mich spiele, blickt der Gegner ja praktisch immer noch auf denselben Punkt, nur etwas weiter entfernt.

Befindet sich der jeweilige Innenverteidiger jedoch unter Druck, so gilt es ballnah eine Anspieloption zu schaffen. Je nach Pressing des Gegners entweder klar seitlich oder, was für Torhüter eher die Regel darstellt, diagonal nach hinten.

Spiel gegen Nürnberg, 22.10.2017: Schwäbe spielt den Ball aus einer (sehr) tiefen Torwartkette zu seinem Innenverteidiger, der jedoch direkt unter Druck gesetzt wird. Anstatt entweder blind ins Tor zurückzueilen oder in derselben Position zu verharren, setzt sich Schwäbe in Ballrichtung diagonal nach hinten ab. Dadurch löst er sich einerseits aus dem Deckungsschatten und behält andererseits, da er die Bewegung rückwärts ausführt, weiterhin das Feld im Blick. Dadurch sieht er auch, dass der andere Stürmer ihn von der gegenüberliegenden Seite attackiert. Deshalb lässt er den Ball zunächst etwas an sich vorbeilaufen statt ihn anzunehmen. Mit einem Kontakt kann er so am Pressing vorbei zwischen die Linien spielen. Hätte man kaum besser lösen können.

Es geht dementsprechend eher um kleine Anpassungen in der Positionierung, die einen großen Effekt hervorrufen können. Es bringt an sich erst mal nichts, wenn der Torhüter sich irgendwohin absetzt. Dies muss in Relation zur Spielsituation zum passenden Zeitpunkt im richtigen Tempo auf direktem Wege an den vorteilhaftesten Ort erfolgen. Schwäbe zeigt hier häufig ein hervorragendes Verhalten. Zudem orientiert er sich immer wieder passend und blickt sich beispielsweise zur ballfernen Seite um, damit ein Gegner ihn nicht aus dem toten Winkel pressen kann.

Will er sich, was durchaus einmal vorkommt, für einen kurzen Einwurf anbieten, muss er dies natürlich nicht so dynamisch tun, wie in Situationen, in denen er die einzige verbleibende Option des Mitspielers darstellt.

Spiel gegen Nürnberg, 22.10.2017: Schwäbe läuft einem etwas zu kurz geratenen Rückpass entgegen, der auch von einem gegnerischen Angreifer sowie dem eigenen Innenverteidiger verfolgt wird. Der Torhüter ist als erster am Ball, der Innenverteidiger etwas zu nah an ihm. Er legt mit einem Kontakt ab, aber der Mitspieler kann sich nicht mehr in eine offene Stellung bringen. Der Gegenspieler setzt seinen Laufweg fort. Bleibt Schwäbe stehen, ist er nicht mehr anspielbar. Er provoziert bestenfalls einen langen Ball, schlimmstenfalls einen ziemlich gefährlichen Ballverlust. Also macht er kurz ein paar Schritte zurück und der Innenverteidiger kann den Doppelpass vollenden. Schwäbe hat so zusätzlich noch Raum, um den Ball zur Mitte mitzunehmen und zum Sechser zu spielen, der sich zuvor noch am Flügel aufgehalten hatte.

Optimierbarkeit

Marvin Schwäbe ist kein perfekter Torhüter. Auch in Ballbesitz weist er die ein oder andere Schwäche auf. Er spielt nahezu ausschließlich mit seinem rechten Fuß. Der linke wird unter Druck häufig aktiv gemieden und nur in vergleichsweise entspannten Situationen für simple Dinge verwendet.

Dies kann sich der Gegner durch ein entsprechendes Leiten zunutze machen. Lässt man zum Beispiel den ersten Ball zum rechten Innenverteidiger zu, verstellt diesem allerdings die Optionen auf seiner Seite, so spielt er vermutlich auf Schwäbe zurück.

Dieser sollte den von rechts kommenden Ball eigentlich mit dem linken Fuß zur anderen Seite mitnehmen. Wird er allerdings dabei angelaufen, idealerweise von seiner rechten Seite, so wird dies erschwert. Dreht er sich, um doch den eigenen rechten Fuß zu benutzen, kann ihn der Gegenspieler entweder direkt attackieren oder er muss den Ball zumindest auf die rechte Seite des Feldes bringen.

Dort hat Gegner durch das vorherige Zustellen bereits eine Überzahl und somit gute Aussichten auf einen Ballgewinn. Eines der Gegentore gegen den SC Freiburg fiel nach ähnlichem Muster, als Schwäbe unter Druck von seiner rechten Seite in Folge von einer gewissen Unentschlossenheit getrieben technische Mängel offenbarte.

Auf seine bekannteste Szene aus einem Junioren-Länderspiel angesprochen, antwortet Schwäbe: „Es ist lustig, was für Ausmaße es annimmt, wenn ein Torwart jemanden tunnelt. Ich hatte zu viele Gedanken im Kopf und konnte mich nicht entscheiden, ob ich den Ball rausschlage oder zu einem Innenverteidiger spiele. Plötzlich war der Stürmer da und ich hatte keine andere Möglichkeit mehr, als durch seine geöffneten Beine zu tunneln. Normalerweise mache ich das nicht so.“

Damit beschreibt er selbst recht treffend, wo es noch Verbesserungspotential gibt und wo sich seit diesem Spiel auch schon ein Fortschritt eingestellt hat.

Außerdem liest er die Bewegungen der Mitspieler und Gegner noch nicht derart gut, wie es für das volle Ausreizen dieser Spielweise nötig wäre: So kommen Pässe etwas zu spät an oder landen leicht im Rücken des Empfängers, wodurch die vor allem gegen Mannorientierungen wichtige Dynamik etwas verlorengeht.

Doch das sind insgesamt eher Verbesserungsansätze denn wirkliche Kritikpunkte an einem besonderen Torhüter. Gemeinsam mit Torwarttrainer Brano Arsenovic arbeitet er an weiteren Verbesserungen: „Unser Spielsystem erfordert einen mitspielenden Torhüter. Daher sind Trainer und Torwarttrainer vor allem darauf aus, das im Training oft umzusetzen und entsprechende Übungen einzubauen.“

Spiel gegen Sandhausen, 19.08.2017: Schwäbe spielte den Ball zuvor selbst zum zentralen Mittelfeldspieler, der ihn mit einem Kontakt prallen lässt. Würde der Torhüter ihn nun mit links zum Zentrum hin mitnehmen, gäbe es eine vielversprechende Anspieloption vor ihm (sowie überhaupt eine klare Überzahl auf links). Da Schwäbe jedoch deutlich lieber mit rechts spielt, dreht er sich auch in diese Richtung. Hier gibt es keine kurzen Anspieloptionen. Stattdessen erfolgt ein langer Ball in eine Spielertraube hinter der Mittellinie.

Pionier im Detail

Marc-André ter Stegen beherrscht vor allem die technische Komponente des Ballbesitzspiels wie niemand vor ihm, spielt mit dem Ball so erfolgsstabil in weiträumigen Situationen wie niemand sonst und definiert schlichtweg Pressingresistenz im Torwartspiel. Manuel Neuer macht innerhalb des wohl außerordentlichsten Gesamtpaketes aller Zeiten vor allem mit enormer Weiträumigkeit gegen den Ball auf sich aufmerksam.

Marvin Schwäbe hingegen besticht durch sein Freilaufverhalten und ist in diesem Teilaspekt neben den beiden großen Namen, die andere Bereiche revolutionieren, als Wegweiser für zukünftiges Torwartspiel zu sehen. Kaum jemand fokussiert sich so sehr auf Aktivität und ständiges Teilnehmen am Spiel wie er. Fast wie ein Spielmacher.

Selbstverständlich gibt es aktuell im Fußball noch einige weitere Torhüter, die in den genannten Dingen auf gutem Niveau agieren und oben genannte Elemente in ihr Spiel einbauen. Oliver Baumann wäre, angefeuert vom Spielstil unter Julian Nagelsmann, zu nennen. Matthew Ryan oder auch Manuel Riemann vom VfL Bochum (auf deutlich verrücktere sowie inkonstantere Art und Weise) könnte man auch noch beispielhaft anführen.

Zudem kommen aus den Nachwuchsleistungszentren immer mehr Torhüter nach, die viele Aspekte des Ballbesitzspiels schon von Kindesbeinen an gelernt haben und vermutlich auch noch bessere (An-)Dribbler werden.

Vor ein paar Jahren sah ich beispielsweise einen jungen Torhüter des VfL Wolfsburg, der zunächst einen Pass zum Sechser spielte, sich nach hinten absetzte und den Ball per Ablage direkt zurückbekam. Die zuvor nach hinten getätigten Schritte setzte er in eine schnellere Vorwärtsbewegung um, dribbelte zwischen zwei Gegenspielern mit Tempo aus dem Strafraum und spielte abschließend einen perfekten Schnittstellenpass auf die Seite, knapp hinter die Mittellinie.

So was hat Marvin Schwäbe noch nicht gemacht. Aber er hat noch ein paar Jahre vor sich, um sich dahingehend weiterzuentwickeln. Nicht umsonst gehört er offiziell immer noch der TSG Hoffenheim, die ihn seit mehreren Jahren verleiht. So einen gibt man besser nicht aus der Hand.

Überlassen wir zum Abschluss doch einfach keinem geringeren als Christian Streich das Wort:

„Dynamo Dresden spielt sehr, sehr mutig. Sie haben einen spielstarken Torhüter, gestalten viele Spielaufbauvarianten, machen das Feld groß, rochieren ganz viel, versuchen viel spielerisch zu lösen. Der Torwart spielt einen wesentlichen Faktor bei ihnen im Spielaufbau. Noch viel mehr als Manuel Neuer unter Pep Guardiola. Sieht man so extrem ganz selten. Die Mannschaft ist selbstbewusst und weiß genau wie das gespielt wird und warum. Das ist sehr interessant für die Zuschauer, weil sie nicht so oft Mannschaften sehen, die wie Dresden spielen“

Vielleicht nennt er Marvin Schwäbe ja mal „schwimmenden Anderhalber“, wenn er eines Tages in der Bundesliga auf ihn trifft.

druffundewerre 7. Dezember 2017 um 11:32

Ich bin Jahrgang 1974 und habe in meinem aktiven Fußballerleben, das ich zumeist als Verteidiger zugebracht habe, ein einziges Mal mit einem mitspielenden Torwart agieren dürfen und das war mit ca. 40 Jahren in einem Alt-Herren-Spiel. Unser Stammtorwart (Typ: „ich will den Ball nur dann haben, wenn ich ihn mit den Händen nehmen darf!“) war ausgefallen und ein sehr guter Feldspieler ging ins Tor. Auf ein Mal haben wir in der Verteidigung richtig Fußball spielen und den Ball über den Torwart zirkulieren lassen und das gegnerische Pressing (ok, alles unter AH-Massstäben) können. Ein Traum! Warum ich das schreibe? Vielleicht kennen die jüngeren Leser der Seite nur den mitspielenden Torwart und können sich nicht vorstellen, welche Veränderung dieser mit sich brachte. Ich wünschte, ich wäre nochmal jung….
Dass dieser Wunsch nicht in Erfüllung geht, muss jetzt mein Sohn ausbaden (Jg. 2011), den ich bei den Bambini trainiere. Diese lasse ich im Großen und Ganzen mit Anweisungen während des Spiels in Ruhe, nur mein armer Sohn, der gerne im Tor spielt, muss parieren: Er darf immer nur eine Halbzeit im Tor spielen, die andere geht´s ins Feld. Und wenn er im Tor spielt und ich rufe bei eigenem Ballbesitz scharf seinen Namen, weiß er, was die Stunde geschlagen hat und rückt mit dem eigenen Ballbesitz nach vorne.

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Koom 6. Dezember 2017 um 13:17

Blasphemisch: Der Artikel klingt weniger aber nach einem tollen Talent, als mehr nach einem interessanten Trainer/Torwarttrainer-Gespann, die das bewusst von dem Spieler so fordern, auch wenn er es nicht wirklich überragend gut kann. Positiv ist, dass er das offensichtlich mit ganzem Herzen spielt und sich natürlich auch weiter entwickeln kann.

Aber so generell klingt das tatsächlich mehr nach einstudierten, bewussten, antrainierten Abläufen, die so vom Trainer gefördert und gefordert werden. Ganz explizit wird ja auch gesagt, dass er das so vom Torwart verlangt. Gegenfrage dazu: Spielt der 2. Torhüter dort ähnlich?

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tobit 6. Dezember 2017 um 13:32

Wo ist denn das Problem, wenn das Verhalten antrainiert ist? Offensichtlich ist Schwäbe in der Lage, die Anforderungen auf solidem bis guten Zweitliga-Niveau umzusetzen – woher er das kann ist ja für die Beschreibung des Spieler(Typ)s erstmal egal. Diese Anforderungen könnten die meisten Erstliga-TW wohl auch mit viel Training nicht konstant abrufen, weil ihnen jede Ausbildung (die hat Schwäbe als ehemaliger Feldspieler halt) zum Kurzpass- und Freilauf-Spiel fehlt – man denke z.B. an Weidenfellers klägliche Versuche, nicht alles nur zu bolzen.
Ohne Trainerteam, das diese Art von Spiel einfordert, macht das kein Keeper konstant von sich aus (nichtmal Neuer), weil er gar nicht in die entsprechenden Situationen kommt.

Ich finde es übrigens Klasse, Mal was von individuell nicht herausragenden aber speziellen Spielern zu lesen.

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Koom 6. Dezember 2017 um 13:42

An sich kein Problem. Der Adventskalender handelt ja von Spielertypen der Zukunft. Wenn hier ein (böse ausgedrückt) durchschnittlicher Keeper von seinem Trainer zu etwas gebracht wird, was in diesen Rahmen passt, ist das ja prima. Mir stellte sich nur eben die Frage: Geht das ganze viel mehr vom Trainergespann aus? Der Artikel selbst liest sich ja nicht so, als ob Schwäbe jetzt wirklich ideal für diese Spielweise wäre. Das alles klingt für mich so, als ob das im wesentlichen jeder Keeper könnte, sofern Trainer und Mannschaft ihn einbinden.

Und ja, ich finde das auch klasse. Ich hoffe mal auf mehr Spezialisten. Muss ja keine Weltklasse sein, aber persönlich bin ich der Meinung, dass Spezialisten wieder gebraucht werden. Mich würde bspw. so ein richtiger Flankengott interessieren, finde da aktuell keinen wirklichen Vertreter. Also idealerweise einer, der bspw. in einer Fünferkette knallhart die Aussenbahn hält und von dort konsistent gefährlich flanken kann. Und natürlich eine Analyse drumherum – wie er bspw. zum Flanken kommt (einfach nur hinlaufen und flanken wird ja doch irgendwann mal unterbunden) und wie sein Verein das fördert.

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studdi 6. Dezember 2017 um 14:51

Das klingt vl so weil eben auch schwächen des Torwarts genannt werden. Aber das spezifische Zukunftsweisende Talent ist doch hier das Freilaufverhalten des Torwarts und wird ja so auch im Fazit erwähnt.
Die Spielertypen der Zukunft sind doch alle in bestimmten Rahmen von Ihren Trainern zu dem geformt worden was Sie letztlich sind. Ob nun wie hier eventuell von dir Vermutet von ihren aktuellen Trainern oder wie vl im fall Xavi auch von ihren Jugendtrainern. Da in Zukunft wohl vermehrt auf guten Spielaufbau und Torwart Einbindung wert gelegt wird, wird es natürlich öfters Torhüter geben welche ein Solches Freilaufverhalten an den Tag legen, da dies von den Trainern und dem Spiel eher gefördert wird. Ein Spielertyp der Zukunft heißt ja nicht das in Zukunft mehr spieler mit diesem Talent geboren werden sondern das diese Talente durch vermehrtes Trainieren und fördern öfters bei Spielern zum Vorschein kommen.

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RoyalBlue 6. Dezember 2017 um 12:37

Sehr schönes Portrait zu einem Spieler, den ich zwar immer mochte als ich ihn spielen sah, so im Detail jedoch noch nicht kannte. Mich würde auch hinsichtlich seiner vertraglichen Situation interessieren wie ihr die Chancen seht, dass Schwäbe demnächst Bundesliga spielt. Das Potential dazu hat er unbestritten, ist er auch Stand jetzt schon gut genug dafür? Das Hauptproblem ist dabei mit Sicherheit, dass bei seinem Stammverein mit Baumann ein sehr starker Keeper mit ähnlichen Fähigkeiten spielt. Ich glaube kaum, dass er Baumann in den nächsten 2-3 Jahren ablösen wird, wechseln wird Baumann vermutlich auch nicht. Was wären denn zeitnah andere Optionen in der Bundesliga? So viele Vereine gibt es ja auch gar nicht, die zu Schwäbes Qualitäten passen…

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kalleleo 6. Dezember 2017 um 14:48

Warum sollte Baumann denn nicht wechseln? Ein gutes Angebot aus England (wo immer mehr deutsche Trainer unterwegs sind) kann ja zB immer mal kommen

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Tanqueray 6. Dezember 2017 um 09:50

Wer war denn der junge Torwart des VfL Wolfsburg?
Als Wolfsburger fällt mir kein sonderlich spielstarker TW ein den wir mal gehabt haben.

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flamewars 8. Dezember 2017 um 09:25

Genau dies würde mich als VfL Wolfsburg-Fan auch interessieren.

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