Augsburg startet zu unkompakt
Augsburgs Pressing greift zu oft nicht und vor allem Duda findet Freiräume. Einer guten Offensivstruktur des Gastgebers wiederum fehlt lange die Basis. Herrlich stellt nach der Pause radikal und wirksam um, aber auch Funkel kann nochmals reagieren.
Gegen einen abschlussstarken 1. FC Köln gerieten die Gastgeber aus Augsburg im direkten Abstiegsduell früh auf die Verliererstraße, als sie den gegnerischen Dreieraufbau nicht gut in den Griff bekamen. Allgemein gesehen bereitete dieses Muster über die Partie hinweg prinzipiell beiden Mannschaften Schwierigkeiten.
Wenn die aufbauende Mannschaft über einen zurückfallenden Mittelfeldakteur Überzahl gegen zwei Stürmer herstellt, steht der jeweilige Gegner wiederum vor der Frage, wie er reagieren sollte. Bei Kölner Ballbesitz war dies in der ersten Halbzeit besonders deutlich: Skhiri positionierte sich zwischen den aufgefächerten Innenverteidiger und in der Folge hieß es 3gegen2 gegen Hahn und Finnbogason. Davor besetzte Hector in einer 3-1-Staffelung den Sechserraum.
Bei Augsburg gab es dagegen zwei Verhaltensmuster: Eine Möglichkeit war es, das Pressing aus dem 4-4-2 weiter zu spielen. Mit einer guten Abstimmung zwischen den Angreifern kann man versuchen, den Gegner auf einen der Innenverteidiger zu leiten und dann ballseitig abzuschneiden. Dazu nehmen theoretisch die Flügel eine wichtige Rolle ein, indem sie zwischen der ersten Aufbaulinie des Gegners und dessen aufgerückten Außenverteidigern pendeln und situativ ihre beiden Angreifer ergänzen.
Wenig Geschlossenheit bei Augsburg gegen den Ball
Bei dieser Aufgabe braucht es ein gutes Maß, das die Augsburger als Gruppe in der ersten Halbzeit jedoch nicht fanden. Vor allem fehlte die Kohärenz untereinander. Häufiger als Köln startete das Team von Heiko Herrlich mit einer recht hohen Pressinglinie, in diesen Fällen nur etwa fünf bis zehn Meter außerhalb des gegnerischen Strafraums.
Zum einen schloss das Kollektiv aber in der Vertikalen zu vorsichtig an – gerade bei solchen Ausgangslagen problematisch. Bereits die zweite Reihe hielt sich deutlich tiefer. Gegen Kölns breites Auffächern schien sich Augsburg entweder nicht einig oder nicht zu trauen, von allen Positionen stets zielstrebig nach vorne nachzurücken.
Gerade die Sechser zögerten womöglich angesichts der klaren Kölner Raumaufteilung im Mittelfeld bzw. um die Schnittstellen der eigenen Mittelfeldlinie herum: Beim Team von Friedhelm Funkel besetzten oft zwei Akteure diesen Bereich, Duda als Zehner und Kainz von der linken Seite. Dagegen bewegte sich Rechtsaußen Wolf bei Ballbesitz näher an der Höhe des Stürmers, wo er teilweise zusammen mit Schmitz viel Präsenz herstellte.
Zum anderen neigten die Stürmer ohnehin zu Staffelungen, in denen sie zu weit auseinander starteten und daher beim Abkappen auf einen Innenverteidiger auch bei größerer Unterstützung womöglich Schwierigkeiten gehabt hätten. Psychologisch könnte das womöglich zusätzlich wiederum die Konstellation zementiert haben, dass ihre Mitspieler sich zurückhielten.
Entscheidend war in der Summe letztlich aber der fehlende Zusammenhalt. Hahn und Finnbogason hatten gegen drei Aufbauspieler kaum eine Chance, solange diese die Überzahl halbwegs geschickt ausspielten. Gingen sie breiter auf die Innenverteidiger, hatte Skhiri mehr Raum. Im schlechtesten Fall konnte dieser den Ball einfach nach vorne tragen. Ansonsten öffnete sich der Passweg auf Hector, der zwar vom nachrückenden Strobl attackiert wurde, aber genug Zeit hatte, um sich den entscheidenden halben Meter abzusetzen, der ihm einen Pass mit dem ersten Kontakt nach außen ermöglichte.
Starteten die Augsburger Stürmer beide mittiger, wurde es schwierig, die Breite der ersten Linie abzudecken und langfristig die Möglichkeiten zum Andribbeln für die Innenverteidiger zu verhindern. Dagegen hätte Hilfe von den Flügelpositionen kommen können, aber auch dort drohte eine Zwickmühle: Hatte sich die Mittelfeldreihe zunächst zu lange zurückgehalten, war fast in jedem späteren Versuch eines Außenspielers zum Herausrücken der Weg nach vorne zu weit, um rechtzeitig Zugriff herstellen zu können. Vargas machte mehrmals einige Schritte aus seiner Position nach vorne, musste aber meistens wieder abbrechen und hatte im anschließenden Rückzug dadurch erst recht eine verlängerte Strecke.
In diesem Zusammenhang stand die zweite mannschaftliche Reaktionsmöglichkeit der Augsburger auf den Dreieraufbau: Die 2gegen3-Unterzahl in ein 3gegen3 verwandeln. In diesem Szenario rückte einer der eigenen Sechser, typischerweise Strobl, weit nach vorne zu den Stürmern, um Skhiri zuzustellen.
Allerdings veränderte das Auffüllen der ersten Pressinglinie das weitere mannschaftliche Verhalten nicht grundlegend. Weiterhin hielt sich der Verbund tiefer zurück. Die drei ersten Pressingspieler blieben also mehrmals isoliert und in der Folge letztlich bei einem passiven Zustellen stehen. Wenn Skhiri oder Timo Horn einfach für einige Momente den Ball für die Kölner hielten und kurze Bewegungen antäuschten, reichte dies bereit, um Passwege auf Hector zwischen erste und zweite Reihe hinein zu schaffen. Erst in Durchgang zwei sollte eine dritte und vielversprechendere Möglichkeit zum Einsatz kommen: 3gegen3 durch die frühzeitige hohe Position eines Außenspielers, hier Caligiuri. Später presste Augsburg deutlich geschlossener und dann auch intensiver.
Nachrücken und Umschalten mit Hector als Paradebeispiel
Insgesamt spielten also gerade für die erste Halbzeit die Pressinghöhen eine entscheidende Rolle als Verstärker der Kölner Vorteile. Für die Gäste war es eine günstige Konstellation, dass Augsburg so häufig im vordersten Drittel zuzustellen versuchte. Funkels Mannen selbst griffen wesentlich seltener zu einer solch aufgerückten Pressinghöhe.
Strukturell führten sie ihre Momente des Angriffspressing nicht unähnlich aus – mit Hector in weit aufgerückter Position direkt hinter Andersson und Duda. So entstanden breite Rautenstaffelungen, aus denen die Gäste aber geschlossener und intensiver nachrückten. Das galt praktisch in sämtliche Richtungen: Griff Augsburg beispielsweise sehr früh zum langen Ball ins Sturmzentrum, reagierte Hector mehrmals stark und zog umgehend Maximaltempo im Rückzug an, um den tiefen Shkiri zu ergänzen.
Überhaupt machte der umtriebige Kapitän viele wichtige Wege. Gerade in der Frage des Freilaufverhaltens legte er einen starken Auftritt an den Tag. Griffen die Kölner selbst an, veränderte sich mit dem Übergang zum vordersten Drittel die Rollenverteilung innerhalb des Mittelfelds: Hector überließ Duda mehr die Präsenz eines Achters, orientierte sich selbst dafür in die vorderen Bereiche und unternahm dort unterstützende Läufe.
Noch wichtiger war der Kapitän mit weiten, raumgreifenden Bewegungen im offensiven Umschalten auf die Flügel, wo er mehrmals eine wichtige Anspielstation in der Breite herstellte. Sein schneller Rückzug aus dem Angriffspressing wiederum wurde besonders wertvoll, weil Augsburg durch Einrücken von Caligiuri und Vargas in diesen Momenten eine gute Offensivkompaktheit herstellte.
Genau diese Komponente machte den Gastgebern bei ihrem eigenen Pressing so große Schwierigkeiten. Im Vergleich mit dem – eben quantitativ selteneren – hohen Zustellen der Kölner war das ein großer Unterschied zwischen den beiden Teams. Attackierten die Rheinländer mal am gegnerischen Strafraum, standen die hinteren Linien höher als es in entsprechenden Situationen der Augsburger der Fall war.
Die vielen Folgewirkungen von Kompaktheitsproblemen
Für die Schwächen in der Vertikalkompaktheit zahlte der FCA einen teuren Preis. Sie wirkten sich umso schwerwiegender aus, je höher die erste Pressinglinie startete. Zwischendurch hatte Augsburg einzelne Szenen, in denen mal zwei oder drei Mittelfeldspieler früher und weiter im Pressing nachschoben. Es waren nur zu wenige. Selbst wenn sie in den guten Momenten unkontrollierte lange Bälle der Kölner provozieren konnten, blieb die kollektive vertikale Streckung bis zur letzten Linie eine Herausforderung für die Eroberung der jeweiligen Abpraller.
Zudem konnten die Kompaktheitsprobleme sich in diversen Spielsituationen auswirken. Wenn ein Kölner Spieler flacher zum Ball hin entgegen kamen, beispielsweise einer der Außenverteidiger am Flügel, war das stets unangenehm. Die Abstände zwischen erster und zweiter Linie eröffneten diesem ein kurzes Zeitfenster zur Ballmitnahme, bevor der jeweils nominelle Gegenspieler nachgerückt war. Der Bewegungsvorteil konnte für Einzelaktion genutzt werden, etwa Dribblings in Anschlussräume nach innen, wie es Jannes Horn einige Male vormachte.
Auch die anderen Kölner Aufbaukräfte bewegten sich im ersten Drittel geschickt. Die Innenverteidiger setzten sich sowohl gut nach hinten als auch – für Querpässe vom Flügel – punktuell gut nach vorne ab. Sie bewegten sich tatsächlich um die erste gegnerische Pressingreihe herum. Nach Rückpässen auf Timo Horn fächerten die Gäste zudem schnell neu auf, blieben in diesen Fällen am Ball oft ruhig und starteten neue Freilaufbewegungen. Gerade in diesen Verhaltensmustern hatte Funkel seine Schützlinge gut eingestellt. Schließlich nutzten die Kölner Verteidiger und Sechser außerdem Dribblingmöglichkeiten mehrmals geschickt.
Duda als Übergangsspieler
Wenn Augsburgs Mittelfeldreihe durch die vertikalen Abstände auf sich allein gestellt war, wurde es schwierig, die Vorwärtswege zum Zwischenlinienraum abzudecken. Die Sechser mussten bei gegnerischen Dribblings oftmals Hector im Blick behalten. Das erschwerte ihnen die Konzentration auf den eigentlich für sie wichtigen Zwischenlinienraum. Einige Male fand Funkels Team zudem passende Momente für eine doppelte Breitenbesetzung, die Vargas bzw. Caligiuri effektiver außen binden konnte.
In der Folge gelangten die Kölner hinter die Augsburger Mittelfeldreihe. Genau in jenem Bereich hatten sie mit Duda einen Spieler, der dort in dieser Begegnung Glanzpunkte setzte. Er konzentrierte sich stark darauf, Bälle zwischen den Reihen zu sichern und anschließend weiter nach vorne zu tragen – mal mit Pässen, mal mit kürzeren oder längeren Dribblings. Im Endeffekt besorgte er vor allem sichere Aktionen. Selten initiierte er aus seinen Momenten im Zwischenlinienraum direkte Übergänge in Schnellangriffe.
Vielmehr verschaffte Duda als Umschlagpunkt den Kölnern vor allem Aufrückmomente und dadurch wichtige Offensivpräsenz. Er dribbelte schnell an und lieferte das Leder im Zweifel auf dem Flügel ab. Keinesfalls machte Köln aus solchen Situationen anschließend reihenweise Torchancen. Aber in ihrem Spiel wurde diese Art von Momenten über Dudas Verbindungsdribblings viel stabiler hergestellt.
Gute Augsburger Strukturen kommen nicht zur Nutzung
Das war letztlich ein entscheidender Unterschied in der ersten Halbzeit. Vergleichbares gelang den Augsburgern kaum, obwohl auch Köln gegen den Ball nicht die höchste Sauberkeit an den Tag legte. Aus den potentiellen Achillesfersen des Gegners konnte der Gastgeber zunächst wenig Kapital schlagen. Die grundsätzlichen Möglichkeiten für das Spiel ins Mittelfeld hinein gab es schon.
Die Kölner mussten zwar keinen klaren Dreieraufbau verteidigen, aber auf eine scharfe vertikale Aufteilung zwischen den beiden gegnerischen Sechsern reagieren. Gruezo hatte die tiefere Rolle als erste Anspielstation. Währenddessen rückte Strobl frühzeitig auf und suchte Räume hinter der ersten bzw. rund um die zweite Defensivlinie. Dagegen sah sich Hector einige Male gezwungen, frühzeitig auf Herausrückbewegungen zu lauern. Praktisch bewegte er sich auf einer Zwischenhöhe zwischen Shkiri und Duda und damit in einer 4-1-3-2/4-1-3-1-1-Logik.
Vereinzelt orientierte er sich höher, um Kontakt zu Gruezo aufzubauen, oder temporär an einzelnen weiteren Gegenspielern wie den einrückenden Augsburger Flügeln. Teilweise verschoben die Kölner Sechser horizontal unabhängig voneinander. Einerseits gab ihnen das viel Flexibilität, andererseits musste Kainz viel arbeiten und Skhiri in der Absicherung weite Wege aus seiner tiefen Startposition machen. Für diesen galt es im eigenen rechten Halbraum, frühzeitiges Einrücken von Vargas aufzunehmen, den Schmitz nicht immer verfolgen wollte.
Wenn er dafür nach außen bzw. zum Halbraum verschob, nutzte Strobl dies einige Male für gute Bewegungen im Rücken von Hector. Er führte seine hohe Rolle nicht passiv aus, sondern lief sich vielseitig frei, wenn auch manchmal unsauber. Damit ergänzte er eine Offensivstruktur der Augsburger, die an sich in vielerlei Hinsicht sehr gut war: Neben Vargas rückte auch Caligiuri situativ nach innen, um Präsenz im Halbram zu geben, in seinem Fall mitunter fast auf eine Achterposition. Die Stürmer pendelten viel: Hahn zog es gelegentlich auf den Flügel und Finnbogason ergänzte situativ in kleinen Lücken im Zentrum.
Zunächst einmal war die Besetzung von vielversprechenden Räumen innerhalb der gegnerischen Formation also sichergestellt – eine erste gute Grundlage für die Augsburger. Auch ein zweiten Schritt erfolgte: Die Augsburger kamen einige Male dazu, diese Bereiche anzuspielen und den jeweils dort befindlichen Akteur zu bedienen, in erster Linie Strobl oder Vargas. Das gelang über hervorragende, scharfe Vertikalpässe aus dem Aufbau von Oxford und insbesondere Gouweleeuw, mitunter selbst durch sehr kleine Passkanäle, in die entsprechenden Lücken.
Aber die Schwierigkeit lag darin, diese Räume zu nutzen. Zum einen waren diese an sich bereits kleiner als auf der Gegenseite, bedingt durch die höhere Grundkompaktheit bei Köln. Wenn das Mittelfeld der Gäste im Verschieben arbeiten musste, befanden sich die Stürmer normalerweise zumindest in der Nähe, um zusätzlich Zugriff von oben suchen zu können. Zum anderen lag das an einer nicht optimalen Vorbereitung der Situationen und der Ausgangslage, die dadurch entstand.
Geringe Ballzirkulation und schwierige Ausgangslagen
Dies wiederum ging in entscheidendem Maße auf das Thema Ballzirkulation zurück. Anders als die Kölner hatten die Augsburger in der ersten Halbzeit zu wenige bzw. zu kurze Ballpassagen durch die erste Linie. Nach dem ersten oder zweiten Pass wurde fast immer versucht, direkt nach vorne weiterzuspielen. Auf der rechten Seite war dies am auffälligsten: Oxford schien zunächst eher auf Sicherheit bedacht und lieferte das Leder bei Möglichkeit beim Außenverteidiger ab. Mit Andribbeln hielt er sich ebenfalls zurück.
Framberger griff daraufhin in fast jeder Situation zu einem Zuspiel nach vorne (oder einem Dribblingversuch). Seine Aktionen setzte er erst einmal gut um: Er variierte steile Pässe mit scharfen Diagonalbällen ins Zentrum. Deren technische Umsetzung passte in vielen Szenen ebenfalls. Die meisten dieser Pässe waren aber von der Entscheidung her zu ambitioniert und mündeten nur wegen jener guten Ausführung überhaupt zumindest in einzelnen Ansätzen. Insgesamt neigte Augsburg ständig zu Vorwärtswegen, ohne dass bereits eine Notwendigkeit bestand.
Rückpässe und Neuzirkulation schienen phasenweise wie Fremdwörter. Stattdessen suchten die Spieler oft statt der bestmöglichen Option „nur“ die bestmögliche Vorwärtsoption. Wenn selbst jene bestmögliche Vorwärtsoption in der entsprechenden Situation aber keine gute Option, gestaltete sich das problematisch. Auch wenn der Pass selbst ankam, bedeutete das nicht unbedingt eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Kollege damit würde etwas anfangen können.
Solange die Gastgeber schon nach den ersten drei bis vier Zuspielen einer Ballbesitzphase den Übergang nach vorne erzwingen wollten, wurde Köln im Verschieben kaum langfristig gefordert. Die Gäste konnten viele Vorwärtswege also noch zulaufen und Augsburgs vielversprechende Raumbesetzung kam oft genug gar nicht erst zum Tragen. Wenn die Gastgeber ihre Struktur also nicht so gezielt anspielen konnten, bedeutete das auch, dass die Szenen, in denen ihnen das gelang, letztlich weniger kontrolliert zustande kamen – zumindest typischerweise weniger kontrolliert als beim Gegner.
Erfolgreiche Zuspiele ins Offensivzentrum bedeuteten für Augsburg nicht zwingend hochwertige Ausgangslagen für den folgenden Angriff. Die Gastgeber mussten nach Raumgewinn sehr viel Aufwand betreiben, um dieses Momentum anschließend nutzen zu können. Für Köln reichte nach Vorwärtspässen in den Zwischenlinienraum dagegen häufiger schon eine Einzelaktionen, wie etwa von Duda, um die Situation weiterzuführen.
Ganz neue Struktur bei Augsburg nach der Halbzeit
Noch vor der Pause begannen die Augsburger, ihre Muster im Aufbau zu variieren. Herrlich ließ vermehrt Strobl nach halbrechts herauskippen. Zunächst wurde der Mittelfeldmann in dieser Position noch selten von den Mitspielern bedient. Nach der Pause übernahm der für ihn eingewechselte Morávek ähnliche Aufgaben.
Weniger das situative Herauskippen sorgte nach der Pause aber für einen Dreieraufbau bei Augsburg, sondern eine neue Asymmetrie zwischen den Außenverteidigern: Iago blieb links flacher, der eingewechselte Gumny rückte rechts früh auf. Zudem scheint das Thema Ballzirkulation in der Halbzeit angesprochen worden zu sein: Nach dem Seitenwechsel intensivierte Augsburg vorbereitende Stafetten in der ersten Reihe und machte von Rückpässen häufiger Gebrauch.
Für den Übergang nach vorne fokussierte sich Augsburg auf die rechte Seite, die mit mehr Personal besetzt war. Vor Morávek suchten der fast durchgehend mittig spielende Caligiuri und der für Finnbogason im Angriff eingewechselte Jensen den dortigen Halbraum. Auf dem anderen Flügel diente Vargas in erster Linie als Breitengeber und damit als Pendant zu Gumny. Punktuell rückte er aber in den ballfernen Halbraum ein, den das Team zugunsten der Präsent rechts verstärkt verwaisen ließ.
In der ersten Linie brachte die Dreierreihe mit Iago den Augsburgern eine neue Überzahl gegen Andersson und Duda, um diese vermehrt seitlich zu überdribbeln. Dadurch sah sich Köln mit ähnlichen Herausforderungen gegen eine breite erste Linie konfrontiert wie Augsburg in Halbzeit eins. Das Vorwärtsspiel der Augsburger lief anschließend vor allem über Oxford in der rechten Halbposition. Köln versuchte mit Hector und Kainz gegen ihn herauszurücken. Das machten die beiden allerdings manchmal fast zu forsch. Kleine Bewegungsvorteile gegen die beiden nutzte Oxford für mehrere starke, gut getimte Vertikalbälle in den offensiven Halbraum.
Über gute Vorbereitung in den Raum hinter Hector
Diese Zuspiele gelangen besonders gut, wenn im Moment der Zirkulation nach halbrechts – also kurz vor dem Andribbeln des Innenverteidigers – Morávek sich dynamisch aus dem Mittelfeld ganz nach außen schob, quasi nochmals seitlich neben die Dreierreihe. Das zwang Kainz dazu, sich während der Pressingvorbereitung wieder verstärkt nach außen zu orientieren. Er hatte es dadurch schwieriger, auf den Kontakt zu Hector zu achten und sich sauber mit ihm im Verbund zu bewegen. Moráveks Bewegung trug dazu bei, dass sich der Passweg zwischen den beiden Kölner vergrößern oder überhaupt erst ergeben konnte, den Oxford dann nutzte.
Hinter der Mittelfeldreihe hatte Augsburg potentiell mit Caligiuri und Jensen eine Überzahl gegen Skhiri, der früh zu jenem Halbraum hin nachschob. Köln hielt die eigene Grundintensität auf einem guten Niveau und auch die vertikalen Abstände im Rahmen, so dass Hector, Kainz und Co. nach Überspielen schnell wieder zurückkamen und von oben attackierten. Zumal da Oxford die Bälle sehr scharf spielen musste, war für Augsburg die besondere Ballsicherheit von Caligiuri und Jensen auf diesen Positionen wertvoll und genau passend.
Einige Male konnten sie die Folgeaktionen über individuelle Dribblings einleiten. Teilweise startete Jensen zunächst aus einer breiteren Flügelposition oder zog – je nachdem, wie viel Raum vorhanden war – früher wieder nach außen. Nach individuellen Ballsicherungen gab es dadurch besonders schnelle Möglichkeiten, um das Spiel in die Breite zu öffnen. Gleichzeitig band das den Linksverteidiger noch stärker, der sich bereits mit Gumny beschäftigen musste. Halblinks hielt Hahn hauptsächlich die letzte Linie, um dort die Kette zu binden.
Augsburg verkürzt und Funkel reagiert
Funkel reagierte nach einiger Zeit gut: Das Mittelfeld blieb gegen Oxfords Andribbeln zunächst vorsichtiger in der Position statt aggressiver zu attackieren versuchen. Auch konkrete strukturelle Veränderungen gab es: Hector hielt sich fortan tiefer und bildete mit Skhiri vermehrt eine wirkliche Doppel-Sechs. Sofern schließlich Druckausübung gegen Oxford nötig wurde, schien diese Aufgabe klarer dem linken Flügelspieler zuzufallen, also Kainz bzw. dann Drexler. Dieser Akteur lief diagonal von außen an.
Insgesamt bestand zwischen Außenspieler und Sechser – statt der flacheren Anordnung – später eine stärkere Tiefenstaffelung, die allein schon die Passwinkel für Oxford erschwerte. Nachdem Augsburg zu Beginn der zweiten Halbzeit den Rückstand zügig verkürzt hatte, wurde der Schwung dadurch anschließend etwas eingeschränkt. Dazu trugen nicht zuletzt gleichzeitig die Augsburger selbst bei. Beispielsweise wurden Oxford und auch – bei einzelnen Dribblings – Morávek in ihren Entscheidungen ungeduldiger.
Schließlich verwässerten bei Augsburg mit der Zeit die Struktur und die Orientierung der Offensivkräfte. Es schlichen sich vermehrt Nachlässigkeiten ein, insbesondere auf den Positionen in ballfernen Bereichen. Zudem agierte Caligiuri immer stärker fast wie ein Zehner – womöglich, um die Vorwärtswege über die rechte Seite stärker zu variieren, wenn Köln dort frühzeitiger zuschob. Allerdings wurde der Routinier zunehmend fahrig und bald darauf ausgewechselt. Zwischenzeitlich brauchte er zudem nach Angriffen beispielsweise über halblinks zu lange, bis er bei darauffolgenden Verlagerungen seine Position wieder angepasst hatte.
Fazit
In knappen Worten kann man Augsburgs frühen 0:3-Rückstand als eine Frage der Kompaktheit zusammenfassen. Die einzelnen Linien standen vertikal oft zu weit auseinander und arbeiteten untereinander nicht ausreichend verzahnt. Das nutzten die Kölner mit einem im ersten Drittel – gerade bei horizontalen und rückwärtigen Stafetten – guten Ballbesitzspiel aus. Zwischen den Linien konnten sie vor allem auf Duda als Zielspieler und dessen geschickte Positionierungen setzen, um das Leder anschließend weiter nach vorne zu tragen.
Während Köln zusätzlich davon profitierte, dass die Augsburger Kompaktheitsprobleme durch die oftmals vorgerückte Pressinghöhe obendrein besonders betont wurden, ging Augsburg jene horizontale Vorbereitung im tiefen Ballbesitz ab, die der Gegner seinerseits auf den Rasen brachte. Zwar hatte Herrlichs Team im Grundsatz eine gute Struktur im Offensivbereich. Allerdings gelang es ihm kaum, diese aus dem Aufbau heraus einzusetzen – und das, obwohl Köln nicht ganz sauber agierte.
Nach der Pause gestaltete sich die Vorbereitung des Vorwärtsspiels bei Augsburg klarer, über einen asymmetrischen Dreieraufbau mit zwei Breitengebern und einer besonderen Rolle für Morávek. Ganz allgemein war der zweite Durchgang mal wieder ein Fall aus der Reihe der beeindruckenden Herrlich-Umstellungen (auch gegen den Ball). Aus dem Raum hinter Hector bzw. der vorderen Mittelfeldreihe kamen die Gastgeber schnell auf 2:3 heran. Es reichte aber nicht mehr zum Punktgewinn – aufgrund der großen Altlasten aus der ersten Halbzeit, aufgrund eigener kleiner Nachlässigkeiten und schließlich aufgrund einer passenden Reaktion der Kölner, die die Drangphase etwas abschwächen konnte.
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