Ein kleiner Blick auf Barcelonas Krise

Barcelona ist aus der Champions League ausgeschieden – und lässt Punkte im Meisterschaftskampf liegen. Vor ein paar Wochen wirkte Barcelona noch wie ein Kandidat für das abermalige Triple. Nun kriselt es bei den Katalanen. In den letzten sechs Spielen vor dem gestrigen Kantersieg gab es einmal drei Punkte, vier Niederlagen und ein Unentschieden. Torverhältnis: 6:10. Davor waren es in sechs Partien (natürlich gegen schwächere Gegner) sechs Siege bei 22:3 Toren. Wieso?

Waren die aktuellen Probleme zu erwarten?

Die Antwort auf obige Frage ist ein eindeutiges, klares und unumstößliches: Jein. Gewisse Mängel in ihrer Spielanlage waren schon seit Beginn der Ära Luis Enriques sichtbar; und unter Tata Martino zuvor teils noch extremer. Allerdings hatte Luis Enrique immer ein herausragendes Spielermaterial und mit MSN das von mir als – in Topform – beste Angriffstrio jemals bezeichnete.

Dazu kamen viele Aussagen Luis Enriques in Pressekonferenzen, die auf einen bewussten „Fehler“ im Design in den letzten Wochen deuteten. So sprach Enrique immer wieder von einer bewussten Planung der Belastungssteuerung, welche gegen Saisonende seine Mannschaft (wieder) in Topform sehen sollte. Somit widersprachen sich zwei Sachen: Die akute Leistung der Mannschaft in den letzten Wochen und die Aussagen Enriques. Das Problem ist hierbei, dass Letztere Erstere erklären und somit grundlegend plausibel erscheinen – insbesondere in Anbetracht des Formverlaufs im vergangenen Jahr, als das Triple durch einen starken Endspurt in der Saison geholt wurde.

Aufbaustaffelung der Katalanen.

Aufbaustaffelung der Katalanen. In der letzten Linie ist man sehr flach, auf links sind sehr viele Spieler unpassend positioniert und die Abstände in der Mitte sind gering. 

Allerdings kriselte es damals im Januar und nicht ganz so stark wie zurzeit. Insbesondere die Verletzung Messis im Herbst scheint hier ein wichtiger Indikator zu sein. Der Argentinier zeigte zwar natürlich häufig brillante Leistungen, aber nicht ganz so konstant wie noch in der vorherigen Saison.

Denn Messi und seine beiden Sturmpartner sind entscheidend, ob das aktuelle System Barcelonas mit seinen Mängeln funktioniert oder nicht. Besonders die Partie gegen Atlético war hier schwierig zu prognostizieren. Mit einer Führung im Rücken reiste man nach Madrid und hätte sich mit abgesichertem Ballbesitz und Konterspiel durchsetzen können. In Topform wäre dies wohl nur eine Formalität gewesen, trotz der Unterlegenheit im ersten Spiel bei 11-gegen-11 aufgrund des tollen Pressings Atléticos noch vor dem Platzverweis Torres‘.

Endbesetzung

Hier könnten die Verbindungen präziser sein; der rechte Achter könnte breiter oder tiefer stehen; Messi etwas einrücken, Suarez sich tiefer anbieten. Grundsätzlich nicht fatal, aber suboptimal.

Dabei ist das große Manko aktuell das eigentliche Herzstück des katalanischen Fußballsystems.

Unsauberes Positionsspiel als zweischneidiges Schwert

Spätestens seit Johan Cruijffs Trainerzeit beim FC Barcelona (sh. diese detaillierte Traineranalyse) ist das Positionsspiel die Basis der Katalanen.  Beim Positionsspiel geht es prinzipiell um Folgendes:

„Das Positionsspiel (juego de posición) bezeichnet im spanischen Sprachraum eine Spielweise bei eigenem Ballbesitz, bei der ausgehend von der Ballposition bestimmte Linien und Zonen auf dem Feld besetzt werden. Sie unterliegen zugleich strategischen Vorgaben im kollektiven Bewegungsspiel und in der Ballzirkulation. Diese Vorgaben und Mechanismen gründen auf die Orientierungspunkte bei der Besetzung der Positionen für einzelne Situationen.“Fußball Durch Fußball, 2015

Innerhalb dieser grundlegenden Konzeption gibt es verschiedene Ideen, um Überlegenheit zu erzeugen: Numerische, positionelle, individuelle und dynamische. Diese können auf unterschiedliche Art und Weise geschaffen werden: Andribbeln, Rhythmuswechsel im Passspiel, bestimmte Freilaufbewegungen (Spiel über den dritten Mann, etc.), Positionswechsel oder Schnittstellenpässe.

Der Halb- und Zwischenlinienraum werden nicht sauber besetzt.

Der Halb- und Zwischenlinienraum werden nicht sauber besetzt.

Wichtig dafür sind passende Staffelungen. Die Abstände der Spieler zu Mit- und Gegenspielern je nach Situation und Ballbesitz sind entscheidend. Und hier liegt das aktuelle Problem; just diese Abstände, welche die Basis für alle Aspekte des Positionsspiels sind, stimmen zurzeit nicht.

Vielfach mangelt es an korrekter Besetzung der Räume innerhalb der gegnerischen Formation und des Zehnerraums. Auch die Positionierungen der Außenverteidiger, das Geben von Breite im letzten Drittel und die Dynamik beim Verändern der Positionen sind unpassend. Das verringert die Durchschlagskraft – und ist insbesondere gegen eine Mannschaft wie Atlético Madrid tödlich. Ein weiteres Problem ist die direkte Konsequenz davon.

Inkonstantes Gegenpressing

Durch die mäßigen Abstände entstehen Probleme bei der Konterverteidigung. Die Gegner können bei erfolgreichen Ballgewinnen eine Umschaltstation im Sechserraum finden oder direkt über die Flügel attackieren und weit in die Hälfte der Katalanen eindringen. Auch die grundsätzliche Aktivität der vorderen Spieler ist nachlässig. Rakitic muss zurzeit wegen Messis verstärktem Einrücken oft auf die Seite ausweichen und fehlt zentral. Busquets ist auch darum hinten gebunden und muss den Raum vor der Abwehr sichern, Iniesta ist zentral gelegentlich auf sich alleine gestellt.

Gegenpressing alleine

Die Spieler agieren hier in einer Gegenpressingsituation allesamt enorm statisch. Einzig Alves rückte heraus, Busquets(!) wird im Stich gelassen – er macht rechts vorne im Bild Druck und wird zum höchsten Spieler. Die Aktivität ist enorm gering.

Im Verbund mit der geringen Beteiligung von MSN – vorwiegend „M“ und „N“ – kann der Gegner häufiger problemlos umschalten. Das hat natürlich nicht nur negative Effekte auf die Defensive. Auch die Offensive der Katalanen leidet darunter. Angriffe müssen aus tieferen Zonen neu aufgebaut werden, davor muss zuerst noch in die eigene Offensivstaffelung umgeschalten werden.

Das Zocken der Stürmer hilft dabei weniger. Gegenkonter sind wegen hoher Absicherung der Gegner kaum noch möglich, die hohe Positionierung der drei Stars sorgt dafür, dass der Gegner teilweise sogar in Unterzahl eigene Ballverluste im Konter relativ gut gegenpressen kann. Desweiteren wirkt sich das Zocken auch problematisch auf das reguläre, organisierte Pressing aus.

Kompaktheitsprobleme wegen Zocken

Simpler Grundgedanke: Wenn sich drei Spieler defensiv nicht beteiligen, kann der Gegner fast schon ein 10 gegen 7 spielen. Spoileralert: Das ist nicht sooo schwer auf diesem Niveau. Natürlich ist es aber nicht so simpel. Neymar beteiligt sich sporadisch an der Defensivarbeit, Suarez bemüht sich ohnehin sehr. Außerdem beeinflussen die drei auch bei kompletter Inaktivität die gegnerische Ausrichtung und sorgen für eine geringere Präsenz in höheren Linien aufgrund verstärkter Absicherung.

Dennoch ist es ein Nachteil; und Barcelona leidet zurzeit enorm darunter. Ohnehin ist man nicht besonders kompakt. Es sind zwar nicht katastrophale Ausmaße, doch Busquets muss häufig weite Räume abdecken. Auch zwischen den Linien und in der Horizontale öffnen sich immer wieder Löcher, die der Gegner bespielen kann. Barcelona hatte nicht umsonst die besten Partien, als sich Neymar und Suarez enorm an der Defensive beteiligten und Messi situativ zurückarbeitete oder mitpresste. Im Verbund mit gelegentlichem Zocken, einzelnen aggressiven Rückwärtspressingbewegungen in den gegnerischen Sechserraum und viel Ballbesitz fand kaum ein Gegner das richtige Mittel dagegen.

Gleichzahl am eigenen Strafraum. Das ist .. riskant?

Gleichzahl am eigenen Strafraum, Iniesta eilt als Siebter verspätet hinterher. Das ist … riskant? und führt hier zum Tor durch Bale.

Mit der aktuellen Ausrichtung ist Barcelona allerdings ausrechenbar geworden. So können die Sechser beim Gegner nicht nur unbedrängt für Verlagerungen in hohen Zonen sorgen, sondern gleichzeitig absichern und bei möglichen Kontern den verbliebenen Verteidigern – zwei bis drei – beim Verteidigen dieser Angriffe helfen. Viele Pässe kommen nicht an und MSN werden schnell gedoppelt, wenn dies geschieht. Ein großes Problem wegen der geringen Defensivbeteiligung der vorderen Drei ist auch die Variabilität, mit der sich Gegner durchsetzen können. Ob Dribblings, Verlagerungen oder andere Passmuster und Spielzüge; Barcelona öffnet viele Optionen und hier liegt für die Gegner sogar noch Potenzial brach.

Wie so oft ist diese Betrachtung allerdings nur eine Beschreibung der Effekte auf dem Feld. Die Ursachen können taktischer, aber auch psychologischer oder physischer Natur sein. Aktuell bietet sich allerdings eine Erklärung an.

Fitness-/Frischeprobleme?

Zählt man auch internationale Spiele, so haben MSN in den vergangenen zwölf Monaten 16‘058 Minuten gespielt. City, Real und Atlético kommen nicht über 12000 Minuten. Hierbei ist noch wichtig, dass Messi in dieser Phase sogar verletzungsbedingt ausfiel. Allein diese Masse an Spielminuten deutet auf möglicherweise zu viel Erschöpfung bei den Spielern hin. Trotz Enriques Worten, man wolle zu Saisonende topfit sein, wirkt dies nicht so. Ob es an der Frische oder an der Fitness liegt, ist von außen kaum zu beurteilen. Auf dem Feld scheint allerdings ein Mangel an Aktivität auf höchstem Tempo zu sehen sein.

Pressing gegen Real

Im 4-4-2-Pressing ist nicht eindeutig, welche Zonen Rakitic abdecken muss, auch die Orientierungen in der Abwehrkette sind nicht einheitlich und gelegentlich werden wichtige Räume oder Gegenspieler offen gelassen.

Dies gilt allerdings nicht nur für MSN. Auch einige andere Spieler im Kader hatten diese enorme Anzahl von Spielminuten. Es ist durchaus möglich, dass dies die Qualität beeinträchtigt (und mitunter eine überlegenswerte Erklärung dafür, wieso Kompaktheit und Pressing in der EPL selten zu sehen sind). Viele Läufe kommen seltener oder nicht mehr konstant und mit dem richtigen Timing. Suarez‘ Sprints in die Tiefe sind ebenso ein Beispiel wie Neymars und Albas Vorstöße auf der ballfernen Seite bei Ballbesitz Messis auf der rechten Seite (mehr dazu im Artikel zu MSN).

Allerdings ist der Trainerstab im Verbund mit der medizinischen Abteilung und den Spielern selbst dafür verantwortlich. Gerüchten zufolge soll Neymar zahlreiche Partys seit Jahresbeginn besucht haben – ob es stimmt, steht in den Sternen, doch ein solcher Lebenswandel hätte sicherlich enormen Einfluss auf die Leistung im Spitzensport. Neben der Trainingsplanung ist natürlich ebenfalls die Rotation potenziell mitentscheidend.

Suarez rastet sich vorne aus, Neymar geht in ein isoliertes Dribbling, die Positionsstruktur ist suboptimal.

Suarez rastet sich vorne aus, Neymar geht in ein isoliertes Dribbling, die Positionsstruktur ist suboptimal. MSN können solche isolierten Dribblings aber oft trotzdem ausspielen und generieren dann Vorteile in der letzten Linie.

Hier hat Barcelona trotz enormen Ausgaben in puncto Gehalt aktuell nur wenige relevante Bankoptionen. Durchaus talentierte Spieler, die in einigen Partien hätten agieren können, werden einerseits kaum berücksichtigt (Bartra, Samper). Andererseits sind einige Spieler schlichtweg den Anforderungen nicht gewachsen und werden darum kaum eingesetzt (Douglas oder der alternde Adriano). Viele Spieler waren auch verletzt und darum keine Option (Rafinha, Sandro, Mathieu, Vermaelen) oder nicht spielberechtigt (Arda, Aleix Vidal), was bei einem ohnehin nicht enormen Kader riskant ist. Desweiteren haben Arda und Vidal noch Probleme mit dem Spielstil; bei Letzterem reicht es womöglich auch von den Fähigkeiten nicht für das allerhöchste Niveau.

Mögliche Alternativen wie Denis Suarez, Pedro, Deulofeu, Halilovic, Montoya oder Song wurden verkauft oder verliehen; obgleich aktuell wohl einzig Pedro und Halilovic wirklich helfen könnten.

Diese geringe Möglichkeit an Bankoptionen sorgt wiederum für ein anderes Problem.

Game Theory und ein bisschen Pech

Spielt man fast durchgehend das Gleiche, werden Gegner sich lernen anzupassen. Zwar kann dann individuelle Überlegenheit nach wie vor den Unterschied ausmachen, aber es wird zunehmend schwieriger. So nutzte jüngst Ayestaran bei Valencia Sociedad Gomes als einrückenden linken Flügelstürmer, der geschickt im Umschaltspiel offene Räume besetzte. Die Gegner haben das Wechselspiel Messis, Rakitics und Alves‘ schon durchschaut und nutzen dies gut.

Rückt Rakitic heraus, entstehen oft Lücken in der Mitte. Busquets füllt diese, doch gelegentlich muss er absichern oder aus der Tiefe aufbauen, dazu ist natürlich der Zehnerraum häufiger gänzlich unbesetzt. Bisher (hier ein Danke an Spanienexperte & Ehrenspielverlagerer MW für die Infos) hieß es bei den Gegnern, den Raum hinter Messi zu nutzen, wodurch man zu flügellastig war. Barcelona konnte die Gegner dort abdrängen und verteidigen, wenn auch nicht immer. Später wurden die Gegner etwas diagonaler und fokussierter, banden auch die zentralen Räume eben mehr ein. Ein paar Probleme in der Endverteidigung wegen zu hoher Mannorientierung und zudem natürlich die Rakitic-Problematik, der zu oft für Messi ausweicht und gerade dann im Gegenpressing fehlt.

Früher oder später passen sich Gegner an Angriffe ohne Breite an und lernen sogar, wie man diese kontern kann.

Früher oder später passen sich Gegner an Angriffe ohne Breite an und lernen sogar, wie man diese kontern kann.

Ohne die nötigen Optionen ist es aber natürlich auch schwer sich anzupassen. Zwar gab es immer mal wieder veränderte Bewegungen der Achter, ein Abkippen Busquets oder Veränderungen in der letzten Linie, doch das mit Messi in zentraler Position scheiterte z.B. letztens. Hier fehlen entweder im Kader oder im Trainerteam die nötigen Fähigkeiten, um kreative Lösungen zu finden.

Andererseits ist es nicht ganz so schlimm, wie es oben wirkt. Gegen Real war man lange überlegen und verlor erst in der Schlussphase. Atlético Madrid ist eine Pressingmaschine sondergleichen, die auch starke Mannschaften niederringen kann. Bei der jüngsten Niederlage gegen Valencia hatte man enorme Dominanz laut Expected Goals. Ein bisschen Pech gehört wohl zu jeder Krise eines Topteams – trotz der klaren Probleme. Verpflichtungen im Sommer könnten dennoch kommen.

Fazit

Grundsätzlich muss eines konstatiert werden: Barcelona ist nicht plötzlich taktisch schwächer geworden, sondern hatte immer gewisse Mängel, die dank mehr Aktivität und MSN in Form nicht aufschienen. Teilweise war es sogar das Gegenteil; unsaubere Staffelungen im Mittelfeld lockten Gegner gelegentlich heraus, die dann von Iniesta, Busquets, Alves und den drei Superstars vorne überspielt wurden.

So haben wir bereits im Januar 2015 bei der Niederlage gegen Real Sociedad, wo manche Medien schon eine Entlassung Luis Enriques verkündeten, im Absatz „Von Positionsspiel keine Spur“ von diesen Problemen geschrieben. In den folgenden Wochen stellte Luis Enrique allerdings das System um, gewann u.a. gegen Atlético mit den Ansätzen der neuen Struktur und zeigte gegen Depor eine Verbesserung des Positionsspiels sowie jene Stärken, die sie zum CL-Sieger machen sollten. Dadurch wurde man zwar besser, aber sogar in dem starken Frühjahr zeigten sich vielfach Verbindungsprobleme (sh. Analyse zum Clásico im März 2015). Fast schon bezeichnend war der 0:4-Sieg gegen Real Madrid in dieser Hinrunde, als Balancegeber Sergi Roberto anstatt Messi agierte und trotz individueller Unterlegenheit gegenüber dem Argentinier für wichtige Impulse sorgte. Diese schienen im Frühjahr ebenfalls immer mal wieder auf (sh. Partie gegen Arsenal).

Bisher konnten MSN daraus jedoch Kapital schlagen. Wenn sie dies nicht tun, aus welchen Gründen auch immer, entstehen erst konstant Konsequenzen für diese Probleme. Dieses Mal wurde es von Atlético bestraft; und Luis Enrique muss einen Weg finden, um die Saison noch einigermaßen zu retten (ergo sich in der Liga nicht überholen lassen) und in der nächsten Spielzeit MSN in Topform zu bringen und das Pressing wie Positionsspiel wieder zu verbessern. Gestern untermauerte die Partie gegen Depor diese These. Gleich sieben Scorerpunkte Suarez‘ und eine tolle Leistung Messis sorgten bei fast ausgeglichenem Schussverhältnis (16:19 für Barcelona) für einen 0:8-Erfolg in der Fremde.

Todti 22. April 2016 um 12:58

Ich kann ja sehen, dass mangelnde Fitness bzw. Überbelastung die grundsätzliche Aktivität beeinträchtigen (nicht nur im Pressing), aber das kann doch herzlich wenig Einfluss auf die schlechte Positionierung im Aufbauspiel haben, oder? Vielleicht in dem Sinne, dass man geistig nicht ganz frisch ist, aber die Grundlagen kommen ja vom Trainer(team) und die Umsetzung hängt eher weniger von der körperlichen Frische ab.
Ich denke nicht, dass die schlechtere körperliche Verfassung der Schwachpunkt dieses Barcelonas ist. Vielmehr is es andersherum – die fehlende Frische nimmt MSN die überirdische Dominanz, sodass die taktischen Unzulänglichkeiten deutlicher zum Vorschein kommen. Das hat RM im Artikel ja erwähnt, ich wollte es hier nur nochmal hervorheben, da Barcelona meiner Meinung nach einfach nicht mehr so kultiviert/intellektuell/wie-auch-immer spielt wie noch unter Guardiola. Und das ist schade.

PS: Wenn Google die Aussage von Simeone annähernd richtig übersetzt:
„Enfocamos la presión en llevar la pelota a la pierna izquierda de Mascherano para ahogarles en ese perfil“
(„We focus on bringing pressure the ball on the left leg Mascherano to drown them in that profile“),
dann bin ich mal gespannt, wie er gedenkt gegen Hummels‘ Außenrist vorzugehen. 😀

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Gh 22. April 2016 um 14:07

Finde das nicht schade. Guardiola und Simeone lassen sehr kompakt spielen, da wirkt sich mangelnde Fitness nicht wirklich im Aufbauspiel aus, kürzere Wege bei kürzeren Abständen, man kann sich eher helfen. Was man aber bei unfitten Guardiola-Teams sah war: keine Durchschlagskraft, auf engstem Raum offensiv zu Chancen zu kommen bedarf immenser Fitness. Zähe Angelegenheiten. Simeone löst das mE mit defensiv kompakt, offensiv Konter und Standards. Barca hat jetzt auch in der Krise immer Torchancen produziert. Geschmackssache, was man bevorzugt. Ich mag offene Spiele mit Raum für individuelle Aktionen lieber. Fehlendes Rotieren von LE ist da schon eher was, was ich grundsätzlich kritisieren würde. Arda, Vidal, Bartra und vielleicht Munir hätten im Januar ordentlich Minuten gebraucht, auch auf Kosten von ein paar Ligapunkten. Gewinnen sie das Double ist das übrigens eine tolle Saison, sie hätten ja gegen Real und Atletico die Titel gewonnen.

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Todti 22. April 2016 um 15:20

Ja, das ist natürlich Geschmackssache. Ich finde es nur schade, dass Barcelona durch die Fokusverschiebung im Spiel ein wenig das Alleinstellungsmerkmal verloren hat. Ich mag es einfach, wenn Mannschaften doktrinär geleitet werden und auch auf Kosten von Punkten oder Erfolgen an der eigenen Philosophie festhalten.

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Gh 22. April 2016 um 14:11

Gemeint war mit dem Zitat, dass Simeone den Ball auf Mascheranos linken Fuß haben wollte (um den Aufbau unpräzise zu machen). Gegen ein Team mit Hummels wär wohl eher das Ziel, Hummels nicht in den Aufbau kommen zu lassen sondern auf Bender oder Sokratis (schwachen Fuß) zu leiten.

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Todti 22. April 2016 um 15:08

Ist mir schon klar. Mein Kommentar bezog sich nicht auf Simeone gegen Barcelona mit Hummels anstelle Mascheranos. Rein isoliert betrachtet, gleiche Randbedingungen nur die 2 Spieler getauscht. Ist natürlich nur hypothetisch und auch nicht vollkommen ernst gemeint, was anscheinend nicht verständlich genug war. Sollte auch eine Anspielung auf einen Hummels-Wechsel zu Barcelona sein.

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Todti 22. April 2016 um 15:10

Das sollte natürlich „bezog sich auf Simeone gegen Barcelona“ heißen, ohne „nicht“.

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Gh 22. April 2016 um 15:25

was, Hummels zu Barca? Hummelsbauer und Piquenbauer in einer Mannschaft?? Das wär mal n Ding.

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Michael 22. April 2016 um 08:48

Tolle Analyse. Ein paar eher nicht-taktische Einwürfe. Von den Spielen in der Minikrise waren eigentlich nur 2 wirklich Krise. Das Spiel in San Sebastian und das Rückspiel bei ATM. Ansonsten gegen Villareal einfach nur zu viel Schongang, gegen Real extrem viel Pech, Real ja komplett chancenlos bis auf das Ding zum 1:1 dessen Entstehung schon sehr glücklich für Real war. Das Hinspiel gegen ATM war v.a. in der 2. Halbzeit ein Chancenmassaker, da MUSS man einfach wesetlich höher gewinnen. Das Valencia Spiel war völlig absurd. Insofern rein von dem Thema „Spielglück“ extrem unglücklich und zur Unzeit. Allerdings fand ich das 8:0 eigentlich am treffendsten für Barcas Probleme derzeit. Das klingt zwar seltsam, aber La Coruna hatte mehr als genug Chancen und hat Offensiv die Probleme herrvoragend ausgenutzt. Der Knackpunkt dürfte die Südamerika Quali gewesen sein, da war einfach vorm Clasico zu wenig Regenerationszeit und dann kommt dazu noch die Niederlage und dann läufts halt eben mal nicht so.

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DonAndres 22. April 2016 um 00:46

Echt guter Artikel, ich stimme in so ziemlich allem zu: Die Probleme bei der Orientierung im Pressing (bei einigen Gegentoren wirkte es auf den ersten Blick so, als sei ein Spieler sinnlos aus der Formation „gecharged“), das 10-gegen-7-Syndrom (als Beispiel das 0:2 gegen Valencia. Autsch) und die Chancenverwertung (nach dem Valencia-Spiel dachte ich spontan „Expected Goals mindestens 3.5“ und ja, war sogar noch höher).

Das Spiel gegen Depor war von der Spielanlage her dem gegen Valencia gar nicht so unähnlich. Depor hatte sogar bessere Chancen als Valencia. Auf der anderen Seite haben jedoch Messi und Suarez etwas unglaubliches veranstaltet. Ich habe in dem Spiel nicht genau auf Details geachtet, aber ich hatte hier und da schon den Eindruck, dass Deportivo sehr unkompakt stand. Barca konnte extrem gut durch die Mitte spielen.

Das war dann auch wohl der entscheidende Unterschied zum Spiel gegen Valencia, denn trotz Chancenflut hat es Valencia doch jedes Mal geschafft, sich in der Abwehr schnell zusammenzuziehen und irgendwie den Schaden zu begrenzen. Fast alle Barca-Chancen gegen Valencia entstanden nach Verlagerungen von Messi auf Alba, aber die Strafraummitte war dicht. Bei Deportivo hingegen habe ich so etwas wie Strafraumverteidigung nicht gesehen.

Ich hoffe, dass Barcelona die letzten 4 Spiele gewinnt und die Meisterschaft holt. Für die Zukunft hätte ich ganz gerne Paco Jemez oder Berizzo – nicht etwa, weil ich „Enrique raus“ sehen will, sondern einfach nur, weil ich echt gerne sehen würde, was die genannten Trainer noch so aus der Mannschaft herausholen können. Was Enrique angeht, bin ich auch der Ansicht, dass Barca unter ihm strategisch immer extrem stark war, da man durch die taktischen „Laschheiten“ oft den Gegner angelockt und dann ausgekontert hat.

PS: Was die Belastungssteuerung angeht, ist es wahr, dass viele Mannschaften in Spanien zum Teil auf Sparflamme spielen, um sich nicht zu sehr zu verausgaben – und dann im entscheidenden Moment das Tempo anziehen, und bumm, gewonnen. Das ist meiner Meinung nach auch die größte Stärke der spanischen Teams im Vergleich zu anderen Ligen, weil es einfach ungemein effizient ist (in Verbindung mit fokussierterem Ballbesitzspiel, mit dem man sich leichter gute Chancen erspielen kann). Sevilla ist zum Beispiel auch sehr gut, was die Tempokontrolle angeht (von „Sommerfußball“ zu extrem intensivem Spiel und wieder zurück – echt beeindruckend. Auch wenn die Formkurve zurzeit nach unten zeigt).

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Koom 22. April 2016 um 10:14

Das hat Mourinhos Madrid auch schon so gehabt. Lange geringe Intensität, plötzlich hohes Pressing, Tempo, Druck. Diese Rhytmuswechsel halte ich auch für ein sehr starkes Mittel, vor allem, wenn es „geplant“ ist.

Zu Luis Enrique: Ich denke, er sollte bleiben. Ich halte einfach nix davon, einen Trainer, der sich ansonsten ja durchaus fähig präsentiert, zu feuern, wenn die Ergebnisse am Ende unter den Erwartungen bleiben. Gerade als Mainzer kann ich da aus eigener Erfahrung sprechen, dass Trainer auch lernen. Vor allem Klopp, aber auch Tuchel durften in Mainz fast jede Situation mitmachen, ausprobieren und sind auch dadurch die sehr guten Trainer geworden, die sie beide heute sind.

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Mike 23. April 2016 um 15:02

Ich denke sogar, dass Enrique diese Sparflammentaktik im CL Spiel gegen AM angewendet hat. Den Ball hinten halten, AM an- und müde rennen lassen. Hat – bis auf das sehr schöne Tor – auch gut geklappt, mE. Man könnte es auch als prophylaktische De-Eskalationstaktik bezeichnen, insbesondere gegen AM, die die Eskalation ja wahrlich nicht scheuen.

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drklenk 21. April 2016 um 22:59

RM, findest du wirklich, dass Denis Suárez Barça (noch) nicht weiterhelfen könnte als Option für Rotationen? Fand ihn zuletzt sehr stark bei Villareal.
Und wie ist deine Meinung zu Halilović? Konnte ihn leider kaum verfolgen bei Gijón.

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Michael 22. April 2016 um 08:52

Halilovic braucht noch Zeit und wird wahrscheinlich erneut ausgeliehen, allerdings dieses mal an Sevilla. Suarez spielt zwar sehr gut und wird auch für 3 Mio im Sommer zurück gehen, allerdings bin ich nicht sicher wie man ihn einbinden soll.
Als Transferziel würde ich Barca Weigl empfehlen, dazu natürlich noch 1-2 Innenverteidiger (Hummels) und darüber hinaus einen Ersatz für Alves. Vidal konnte ja bisher nicht überzeugen, wobei ich irgendwie glaube das es da mit Enrique menschlich nicht so passt.

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Dr. Acula 21. April 2016 um 22:06

„Vielfach mangelt es an korrekter Besetzung der Räume innerhalb der gegnerischen Formation und des Zehnerraums. Auch die Positionierungen der Außenverteidiger, das Geben von Breite im letzten Drittel und die Dynamik beim Verändern der Positionen sind unpassend. Das verringert die Durchschlagskraft – und ist insbesondere gegen eine Mannschaft wie Atlético Madrid tödlich. Ein weiteres Problem ist die direkte Konsequenz davon.“ ergo bayern ist am ar*** nächste und übernächste woche

„Spielt man fast durchgehend das Gleiche, werden Gegner sich lernen anzupassen.“ ich erinnere mich ganz dunkel und ganz verwegen an glaub ich ein zitat von dir RM in irgendeinem kommentarbereich (sinngemäß): „wie anmaßend ist es bitte schön zu glauben, die BL-trainer bräuchten monate/jahre um sich an einen spielstilz anzupassen.“ war wenn mich nicht alles täuscht im rahmen der BVB-krise unter klopp, als alle medien meinte, die kloppsche taktik sei entschlüsselt. da passt doch was nicht jetzt…..

zu den fitnessproblemen: es sind die gleichen spieler, die gleichen physios, die gleichen ärzte und der gleiche trainer. wieso hat es letzte saison geklappt und diese nicht? und ich weise darauf hin, dass bei Barca außer rafinha (kreuzband) und messi (6 wochen ca) keiner ausgefallen ist. wie hängt das zusammen?

zum positionsspiel: in guardiolas buch und auch in eurem artikel zum positionsspiel (not sure) wird erwähnt, dass es außer guardiola nur 2 trainer gibt, die diese art von positionsspiel spielen lassen. hat enrique wirklich das nötige wissen hierfür? ich bin wahrlich kein barca-„hasser“, aber enrique wird mE wegen der perversen offensiven individual-qualität mehr qualität zugesprochen, als er besitzt…

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TobiT 21. April 2016 um 23:12

Erstmal großes Lob an RM für den super verständlichen Artikel!

Ich glaube, dass viele Trainer deutlich früher erkannt haben, was Barca tut. Und auch Ideen hatten, wie man dagegen vorgeht, aber die pure Klasse von MSN und RIB sorgte in engen Spielen trotzdem für Siege. Nur weil ich für Barcas Spiel gut eingestellt/vorbereitet bin, heißt das ja noch lange nicht, dass ich gewinne.
Außerdem kommt das „immer-das-gleiche-spielen“ ja auch aus dem (leichten) Formabfall Barcas. Die überragende Flexibilität und gruppentaktische Genialität waren ja gerade der Schlüssel zum letztjährigen Triple.
In Dortmund wurde ja auch nicht 6 Jahre das gleiche gespielt, sondern die strategischen Veränderungen für die Saison 14/15 haben nicht gegriffen oder wurden zu schnell aufgegeben.

Enrique lässt ja weiterhin auf Grundlagen des Positionsspiels spielen – die Fähigkeit, das auf hohem/höchstem Niveau zu coachen hat er – aber er setzt andere Akzente als Guardiola, Sampaioli oder Paco Jemez. Klares Ziel ist ist die Kapitalisierung des Angriffspotentials von MSN. Dazu ist es manchmal von Vorteil, die Regeln etwas lockerer zu setzten, als andere das tun würden. Guardiola hat sein relativ striktes Positionsspiel bei Bayern auch an Ribery und Robben angepasst, indem der Durchbruch meist am Flügel gesucht wurde. Paco hat jedes Jahr ein neues Team, das offensiv eine klare Handschrift – viel Breite und Hereingaben, (Angriffs-)Pressing – trägt, aber defensiv von Individuellen Fehlern ausgebremst wird. Sampaioli hat bei Chile sehr großen Wert auf Pressing, Kompaktheit und – teilweise – Vertikalität gelegt. Alle vier haben gemeinsam, dass ihre Mannschaften gerne den Ball haben und bestimmte Regeln zur Zonenbesetzung befolgen, wie darauf aufbauend gespielt wird unterscheidet sich bei allen sehr deutlich.
Enriques Positionsspiel ist nicht so perfekt, dafür sind es viele gruppentaktische Details umso mehr (Mesi-Rakitic-Alves; MSN). Das scheint auch der Fokus bei ihm zu sein: solange kleine Anpassungen vornehmen, bis es passt. Das hat am Anfang ein halbes Jahr gedauert, war dann brutal stark, jetzt muss er sich ein paar neue Kniffe überlegen. Auch die grundsätzliche Fitness der Spieler ist sehr gut, abgesehen von Vermaelen und Rafinha gab es kaum längere Verletzungen trotz kleinem Kader und SEHR vielen Spielen.

Frage an die Experten: Zählt Tuchel zu den Positionsspiel-Trainern?

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Dr. Acula 22. April 2016 um 07:27

wurde hier mal erwähnt, als tuchel den BVB neu übernommen hatte. es hieß, wenn mich nicht alles täuscht, dass er teile davon übernommen hat.

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August Bebel 21. April 2016 um 23:42

„hat enrique wirklich das nötige wissen hierfür?“ Bevor er zum AS Rom ging, war Luis Enrique drei Jahre lang (während Guardiola Barca trainierte) Trainer von Barca B, insofern würde ich vermuten: ja.
Ich finde es höchst befremdlich, dass Messi, Neymar und Suarez nie (wenn ich mich nicht irre nur einmal nicht verletzungsbedingt: Neymar am 2. Spieltag) ausgewechselt werden und höchstens im Pokal mal geschont werden. Das scheint mir hinsichtlich der Belastungssteuerung schlicht dämlich und ich frage mich, inwieweit das damit zusammenhängt, dass sie immer spielen wollen und Enrique sie nicht verärgern darf. Im Falle von Neymar und Suarez sind das auch eindeutig mehr Spiele und mehr Spielzeit als letzte Saison, bei Messi hingegen wegen seiner Verletzung etwas weniger. Aber Messi kann vermutlich nur deshalb immer spielen, weil er so wenig läuft.
Naja, wie dem auch sei: ich habe den Eindruck, Barca lässt einiges an Potential brach liegen.

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Fan 21. April 2016 um 20:43

Muss dem Artikel beipflichten, ja sogar einen Punkt betonen: Ich habe das Spiel gegen Valencia gesehen, und das einzig wirklich erschreckende war die Chancenauswertung, meine Hypothese bedingt durch die Überbelastung der letzten Wochen.

Von einer Krise kann bei FCB nicht gesprochen werden, eher von einer fehlenden Ernsthaftigkeit und Motivation.

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