Erfolgsstabiles Ghana folgt den Ivorern ins Afrika-Cup-Finale

Die Reise der gastgebenden Mannschaft von Äquatorial-Guinea im Afrika-Cup ist zu Ende. Gegen ein solides Ghana hielten sie fast eine Halbzeit ein chancenarmes Remis, mussten sich letztlich dem Favoriten aber verdient geschlagen geben.

Äquatorial-Guinea vorsichtig, ballsicher, aber harmlos

eqg-gha-2015Vor der Partie hatte Ghanas Trainer Avram Grant, der erneut seine 4-4-2-/4-4-1-1-Formation ins Rennen schickte, eine abwartende Haltung des Favoriten angekündigt – und setzte sie um, was die Gegenseite ähnlich praktizierte. So traten die Kontrahenten jeweils mit einer vorsichtigen Grundausrichtung an, wenngleich nicht auf eine komplett simple oder klassische Art und Weise. Besonders der Gastgeber unter Trainer Esteban Becker, der seine beiden Außenverteidiger tauschte und Ibán anstelle des schlaksigen Fabiani in die Offensive zurückbrachte, war gegen das solide ghanaische Pressing auf Sicherheit im Aufbauspiel bedacht, um Ballverluste, wie sie beispielsweise Guinea erlitten hatte, zu verhindern. Dabei gab es aber keine Risikovermeidung durch frühzeitige lange Bälle, sondern den Versuch, viel Präsenz in den hinteren Bereichen zu generieren. Gegen die ghanaische Doppel-Spitze fiel Zarandona immer wieder zentral oder halbrechts zu den Innenverteidigern zurück und auch der spielstarke Javier Balboa half bisweilen in der Tiefe aus. Wenn Ghana bei Abstößen etwas höher zuzustellen versuchte, gab es vereinzelt sogar Zurückfallbewegungen Ibáns zum eigenen Strafraumeck, um sich dort anzubieten.

Aus diesen Situationen hatte die Mannschaft aber Probleme, sich gegen das solide 4-4-2 von Ghana weiter nach vorne zu arbeiten. Bei den Black Stars verschoben die Sechser konsequent in Richtung potentieller seitlicher Überladungen und führten ihre losen Mannorientierungen wie schon gegen Guinea geschickt aus – sie wurden nur situativ herausrückend praktiziert, um einzelne Gegner unter Druck zu setzen, aber nicht in die Tiefe weitergeführt, um nicht in flache Staffelungen provoziert zu werden. Diese passende Einbindung von Acquah und Wakaso reichte gegen den Gastgeber, der etwas zu viele lange Bälle spielte und – noch etwas problematischer als in der Anfangsphase gegen Tunesien – die Verbindungen um Javier Balboa zu inkonsequent aufbaute. Die über weite Strecken breitegebende Rolle von Ibán war insgesamt zu extrem ausgeführt und in der Zonenstruktur zu simpel angelegt, weshalb sie kaum Wirkung entfalten und die gelegentlich guten, aber letztlich von Ghana zugeschobenen, da auch nicht immer optimal gestaffelten Rechtsüberladungen nicht entscheidend ergänzen konnte. Jene wären das wohl vielversprechendste Mittel des Becker-Teams gewesen, doch passte Ghanas Verteidigungsstruktur gut darauf – unter anderem durch die etwas tiefere Rolle André Ayéws und die Tatsache, dass mit Appiah der hängende und teils mannorientiert ins Mittelfeld fallende Stürmer auf dieser Seite agierte.

Ghanas suboptimaler Start mit langen Bällen

In die andere Richtung hatte es Ghana mit einer 4-4-2/4-2-3-1-haften Defensivformation der Gastgeber zu tun, die einen ordentlichen Eindruck machte. Zwar gab es gelegentlich kleinere Kompaktheitsprobleme, andererseits aber auch einige interessante Rückwärtsbewegungen, die dies wiederum kompensierten. Ohnehin war die Mannschaft in den vertikalen Abläufen recht flexibel, was einige passiv interpretierte 4-5-1-Ansätze mit einer tiefen Rolle Javier Balboas hervorbrachte. Erneut suchte Ghana in den eigenen Bemühungen vor allem die von Wakaso, André Ayéw und dem ausweichenden Appiah getragenen Linksüberladungen, die gegen Guinea sehr wirksam gewesen waren. Trotz dieses Fokus hatten sie diesmal allerdings das Problem, diese Szenen nicht konstant genug bedienen zu können.

Dies lag an den Aufbaureaktionen auf vorschiebende Pressingmechanismen bei Äquatorial-Guinea, die aus ihrer Grundstellung mehrfach in 4-1-4-1-Anordnungen mit direkten Zuordnungen – insbesondere gegen die ghanaischen Sechser – herausrückten. Dieses mannorientierte Zustellen, bei dem sich der verbleibende Stürmer Nsue als Keil zwischen den zentralen Defensivakteuren positionierte, beantworteten die Innenverteidiger des Favoriten mit sehr frühzeitigen langen Bällen. Diese wurden meistens hinter oder an die letzte Linie auf einen der vier vorderen Offensivakteure geschlagen, um dort die teils etwas unorganisierten, mannorientierten Bewegungen der gegnerischen Verteidiger auszunutzen und dagegen die eigene individuelle Klasse ins Spiel zu bringen. Obwohl sie durchaus derartige isolierte Situationen sowie etwas Dynamik in den dortigen Räumen erzeugen konnten, war diese Strategie doch zu simpel und vorhersehbar, um wirklich durchschlagend Gefahr zu entfachen.

Chancenarm und mäßiges Niveau, aber einzelne Ausnahmen

So konnte sich in weiten Teilen der ersten Halbzeit keine Mannschaft einen wirklichen Vorteil erspielen und immer wieder wurden zahlreiche Ansätze mehr oder weniger frühzeitig unspektakulär und unriskant – da recht gut abgesichert – gestoppt, was zu einem gleichzeitig unvollendeten und unsauberen wie eher ruhigen und nicht übermäßig hektischen Match führte. Durch die etwas offeneren Situationen und die etwas besseren Ansätze bei ihren Seitenüberladungen auf links schien Ghana ein wenig gefährlicher, aber doch nicht eindeutig überlegen. Insgesamt reichte das Gesamtniveau der Begegnung nicht an die Eindrücke aus der Gruppenphase oder auch einigen Beispielen der Viertelfinals heran – gerade die Offensive war bei beiden Teams schwächer, während die Arbeit gegen den Ball solide, aber etwas simpler ablief. Zwischendurch gab es dann aber immer mal wieder einzelne Ansätze oder gute Momente verschiedener Art, die dieses Bild durchzogen und kurzzeitig aufhellten. Gelegentlich waren interessante Umpositionierungen zu sehen, ebenso mal komplexere Pressingbewegungen der offensiven Außenspieler diagonal auf den gegnerischen Innenverteidiger, woraufhin dann seitliche mannschaftliche Umformungen folgten, oder auch selten einen schönen Ablagenspielzug durch die Zwischenräume.

Letzteres passierte wenige Minuten vor der Pause in der ghanaischen Offensive: Schon in der Situation davor hatte Rechtsverteidiger Afful einen der vielen weiten und direkten Pässe versucht, ihn aber etwas flacher gespielt und in eine etwas tiefere Zone anvisiert – zwar letztlich nicht erfolgreich, aber doch etwas vielversprechender. Nach einer anschließenden Klärung erhielt Atsu den Ball am Flügel, dribbelte nach innen, bediente den zurückfallenden Jordan Ayéw, erhielt das Leder per Ablage zurück und spielte den diagonal in das von seinem Sturmpartner geöffnete Loch startenden Appiah in der Tiefe an. Dieser legte den Ball am herauslaufenden Keeper vorbei und wurde von ihm zu Fall gebracht – es gab Elfmeter, den Jordan Ayéw verwandelte. Ein etwas besserer Angriff durch die Lücken um Zarandona brachte direkt die Führung für Ghana. In der Nachspielzeit des ersten Durchgangs erhöhten sie per Konter nach einer gegnerischen Standardsituation gar auf 2:0 – passenderweise waren dies die beiden ersten Schüsse auf das Tor überhaupt gewesen.

Zweite Halbzeit

Zur zweiten Halbzeit in Rückstand liegend, machte Äquatorial-Guinea in etwa das, was sie in solch einer Situation bisher häufig gemacht haben – mit den genauen Positionierungen, Aktionsmustern und Rollenverteilungen ihrer vier Offensivakteure zu spielen, was noch mit einem aktiveren Rhythmus und höherer Ausrichtung der defensiven Mittelfeldleute ergänzt wurde. Erst gab es einen stärkeren Fokus auf zentrale Dribblings der beiden nominellen Außenspieler, insbesondere Kikes, wofür Nsue verstärkt ballfern nach rechts auswich. Diese Überlegung war vom Ansatz durchaus interessant und brachte mehr individuellen Zug sowie die vielleicht besten Ansätze. Anschließend versuchte man es mit der Einbindung von Javier Balboa als weiterleitender Pol in den Halbräumen, was vor der Pause schon Kike in ablegender Rolle gelegentlich gezeigt hatte, ehe kurzzeitig wiederum der Rechtsfokus belebt werden sollte.

Die wohl größte Änderung kam nach einer guten Stunde mit der Einwechslung Fabianis anstelle von Dani Evuy Vázquez, wofür Kike einen offensiven Außenverteidiger gab. Nun wurden die langen Bälle wieder ein häufiger genutztes Mittel und in der durch Kikes Rolle etwas asymmetrisch gewordenen Formation suchte man eine Unwucht herzustellen, die dann etwas gleichförmiger, insbesondere über Balboa und den aufrückenden, aber erneut trotz starker Ansätze leicht unbalancierten Ellong ausgespielt werden sollte. Doch es half letztlich alles nichts – gegen die solide Defensive Ghanas war Äquatorial-Guinea fast durchgehend nicht konsequent und stringent genug, konnte seine verschiedenen Ansätze nicht zielstrebig genug durchbringen und hatte natürlich auch unter der geringeren individuellen Klasse zu leiden. Das simpel herausgespielte 3:0 nach etwa 75 Minuten war schließlich die endgültige Entscheidung, ehe die unschönen Szenen auf und um die Tribünen ein vorzeitiges – bzw. erst nach langer Wartepause feststehendes – Ende brachten.

Fazit

Über das Turnier hinweg zeigte der Gastgeber aus Äquatorial-Guinea – rein sportlich betrachtet – einige gute Ansätze, hatte seine spielerischen Momente und verbuchte letztlich mit dem Halbfinaleinzug einen insgesamt sehr achtbaren Erfolg. In dieser Begegnung konnten sie letztlich aber – wenngleich das Ergebnis vielleicht ein Tor zu hoch ausfiel – nicht daran anknüpfen und waren zu schwach sowie harmlos gegen Ghana. Diese zeigen sich – trotz der Umstellung von 5-3-2 auf 4-4-2/4-4-1-1 – als eine zwar eher simple, dabei aber sehr fokussierte und erfolgsstabile Truppe. Auf Basis ihrer defensiven Sicherheit können sie mit einzelnen Aktionen wie den Linksüberladungen und den Mechanismen um Atsu immer mal wieder gefährlich werden. Gegen die Ivorer, die sich gegen den Ball ebenfalls durchaus überzeugend präsentieren, mit der Fünferkette die physische Robustheit betonen und offensiv ebenso mit einigen Bewegungen –auch mal auf die physisch durchdrückende Weise – für Gefahr sorgen, darf man ein ausgeglichenes und interessantes Finale erwarten.

Übersicht über Analysen zu den Turnier-Ausgaben 2012 und 2013 sowie nun 2015

Die beiden Finals von 2012 und 2013 in der Analyse

pb 7. Februar 2015 um 19:28

Grant hat nur im ersten Gruppenspiel 3-5-2/5-3-2 spielen lassen und das ging gegen den Senegal prompt verloren. In den vier Partien danach kam das 4-4-2/4-4-1-1 zum Einsatz. Ergebnis: Vier Siege. 4-4-2 mit einer 4-2-4 artigen Ausprägung ist das traditionelle System der Black Stars, das haben Sellas Tetteh und Kwasi Appiah fast durchgehend spielen lassen.

Den jetzigen Trainer unterscheidet dabei vor allem die deutlich vorsichtigere Ausrichtung und das Mittelfeldpaar Acquah-Wakaso von seinem Vorgänger. Die beiden harmonieren sehr gut und das einzige Problem ist die teils überharte Spielweise von Wakaso, der hätte schon in der Gruppenphase eigentlich Rot sehen oder mindestens eine Gelbsperre kassieren müssen. Schwein gehabt.

Ohne die vielen Ausfälle im Mittelfeld ( Essien kurz vorm Karriereende, Muntari und KPB rausgeworfen, Asamoah verletzt ) wäre es dazu vermutlich gar nicht gekommen. Das sind bzw. waren ja die vier individuell deutlich stärksten Spieler, auch wenn insb. Muntari das oft geschickt verborgen hat. Die linken Fernschüsse von ihm und Asamoah fehlen allerdings schmerzlich.

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