Fünf Fragen: Der BVB gegen die Bayern
Dortmund gegen Bayern. Das Quasi-Duell um die Meisterschaft. Fünf Fragen.
Wie pressen die Dortmunder und mit welcher Intention?
Im Hinspiel hatte Thomas Tuchel das 4-2-3-1/4-1-4-1 und auch das später genutzte 4-1-2-2-1 gegen den Ball nicht genutzt, sondern eine Raute mit 4-3-3(-0)-Ansätzen im höheren Pressing gewählt. Kagawa auf der Zehn besetzte hierbei die Räume hinter Mkhitaryan und Aubameyang, wobei die vordere Reihe eben häufig flacher wurde und Bayern auf die Flügel mit dortigem direkten Zugriff schieben sollte. Rein vom Ergebnis her ist dies gescheitert; Bayern gewann die Partie in der Allianz Arena eindeutig.
Schon deswegen ist unwahrscheinlich, dass sich Tuchel abermals für eine solche Ausrichtung entscheidet. Stattdessen könnte eine Dreier- oder Fünferkette durchaus möglich sein. Sowohl gegen Gladbach (eher eine Dreierkette) als auch gegen Mainz (eher eine Fünferkette) hatten die Münchner einige Probleme. Durch die enorme Breitenstaffelung in der letzten Linie hat man viel Absicherung und kann die bayrischen Angriffsspieler flexibel mannorientiert verfolgen sowie aggressiv attackieren. Wegen der meist einfachen Flügelbesetzung gibt es viele Spieler in der Mitte, welche Bayern auf die Seite leiten und die zentralen Räume besetzen.
Insofern könnte der BVB sich für eine Aufstellung mit Hummels, Subotic und Ginter (oder auch Bender) in der ersten Linie entscheiden; Schmelzer wäre ebenfalls eine Option, wurde von Tuchel jüngst aber als sehr hochgeschobener Außenverteidiger genutzt. Ein 5-2-2-1/5-2-3 wie die Mainzer könnte durchaus vorkommen; Tuchel ließ sowas schon als Mainzer Trainer gegen die Bayern spielen.
Andererseits deuten die letzten Wochen eher darauf hin, dass Tuchel eine Dreierreihe in der ersten Linie vorrangig zur Absicherung und im Aufbauspiel nutzen wird. Eher wäre ein 4-3-2-1 oder ein 4-1-4-1 mit leichter Asymmetrie möglich. So könnte man die enorme Weiträumigkeit und Geschwindigkeit Aubameyangs und Mkhitaryans nutzen, um Pressingfallen im Halbraum oder dem Flügel aufzubauen. Eine Aufstellung mit Aubameyang vorne, Reus als nachschiebendem Akteur und Mkhitaryan als herausrückendem Spieler auf dem Flügel wäre zum Beispiel durchaus interessant. Dynamikdeuter Kagawa vor Gündogan und Weigl würde die Aufstellung komplettieren.
Das 4-1-2-2-1 aus der Hinrunde könnte ebenfalls zurückkehren. Hier besetzten Reus und Mkhitaryan eng und kompakt vor den beiden Achtern (Castro und Gündogan oder auch Gündogan und Kagawa) zentrale Räume und attackierten aggressiv in Richtung der offenen Flügel. Gegen die Bayern womöglich sehr riskant, weswegen auch das Tuchel’sche Ziel im Pressing wichtig sein wird.
Wieso will man den Ball haben? Um die Bayern in ihrem Ballbesitzspiel zu beschneiden? Um möglichst schnell zu kontern? Oder um die eigenen Abläufe im organisierten Ballbesitzspiel, im Aufbauspiel, nutzen zu können und die Bayern zum Pressing zu zwingen?
Sollte Tuchel sich für das Konterspiel entscheiden, könnte die Fünferkette oder ein simpleres System, womöglich ein enges 4-1-4-1 mit Pressing kurz vor der Mittellinie, genutzt werden. Ob Reus dann sogar als Mittelstürmer agiert mit Aubameyang und Mkhitaryan auf den Flügeln? Oder verlässt sogar Kagawa das Team, um ein Dreiermittelfeld mit Gündogan, Weigl und Castro/Sahin zu ermöglichen? Die (pseudo-)pragmatischste Lösung könnte die Nutzung von Ginter oder Bender im Mittelfeld sein. In meinen Augen aber eher unpassend in diesem Spiel.
Einen Vorteil könnten die Dortmunder aber haben, der für ein höheres Pressing spricht: Sie haben nicht nur weniger Verletzte, sondern wirken auch aus meiner subjektiven Perspektive etwas fitter und rotierten letztens besser.
Wer gewinnt das Gegenpressing- und Konterduell?
Oliver Kahn verfasste jüngst auf seinem Facebookaccount eine kleine Analyse zu Thomas Tuchels BVB. Quintessenz: Die Dortmunder sind nun nicht nur im Umschaltmoment stark, sondern auch im organisierten Aufbauspiel. Allerdings könnten in dieser Partie die Umschaltmomente wieder wichtiger werden – und zwar in beide Richtungen. Der BVB wird Bayerns Angriffe nicht nur aufhalten müssen, sondern auch die Konter der Bayern. Unter Guardiola hat Bayern in den letzten eineinhalb Jahren sukzessiv das Konterspiel aus der Heynckes-Zeit für sich wiederentdeckt.
Besonders bei einer Aufstellung mit Müller, Costa, Robben, Ribéry und Lewandowski vor einem Sechser, wie es gegen Mainz in der zweiten Halbzeit genutzt wurde, wären die Konter brandgefährlich. Mit Coman steht ein weiterer Sprintgott mit Dribblingfähigkeiten in den Startlöchern.
Die Bayern müssen sich ihrerseits wiederum natürlich um Reus, Aubameyang und Mkhitaryan Gedanken machen. Ein langer Ball aus dem zentralen Mittelfeld nach Ballverlust könnte bei geringer Absicherung oder bei schwachem Gegenpressing extrem gefährlich werden. Das ist ein durchaus realistisches Problem: Die eigentlich herausragende Arbeit gegen den Ball unter Guardiola hat in den letzten Wochen nicht mehr so konstant und kohärent ausgesehen.
Darum wird auf beiden Seiten entscheidend, wer welche Zonen besetzt; mit und ohne Ball. Insbesondere die ballferne Absicherung und die Besetzung des ballfernen Halbraums sollten extrem wichtig sein. Ob dies gelingt, wird auch über den Rhythmus des Spiels entscheiden. Dreierreihen in der ersten Linie und viele Spieler um den Sechserraum herum scheinen auf beiden Seiten wahrscheinlich. Apropos Sechserraum…
Wer besetzt den bayrischen Sechserraum?
Die Krux auf der Sechs: Guardiolas nominell wichtigste Situation ist zurzeit nicht eindeutig besetzt. Alonsos inkonstante Pressingresistenz und sein Alter könnten ihn in dieser Saison langsam, aber sicher um seinen Stammplatz bringen. Vidal spielte letztens auf der Sechs, ist aber im Bewegungs- und Kombinationsspiel nicht stärker, in seinen Vorstößen besser, aber hat dafür keinen Laserseitenwechsel im Knöchel versteckt wie Alonso. Thiago wirkt teilweise etwas inkonstant und dürfte auf dieser Position im aktuellen System nicht ideal aufgehoben sein. Rode spielt keine Rolle und Lahm hat erstmals seit seinem ersten Grundschuljahr mehr als zwei schlechte Spiele in der Saison für seine Mannschaft gemacht. Desweiteren werden Thiago und Lahm ohnehin anderweitig benötigt. Dasselbe trifft auf Kimmich zu, der allerdings in diesem Spiel womöglich sogar die beste Wahl auf der Sechs wäre.
Womöglich hat Guardiola darum die „falschen Außenverteidiger“ wieder für sich entdeckt. Mit Bernat und Lahm oder Rafinha kann er Alonso oder Vidal mit zwei zusätzlichen Akteuren unterstützen, Räume und Passwege auf die Flügelstürmer öffnen, dazu auch verstärkte Präsenz im Gegenpressing ermöglichen. Das Umschaltspiel sollte auf dem Papier stärker sein, die Probleme von Alonso und Vidal minimiert, ihre Stärken maximiert werden. So weit, so gut; doch gegen den BVB könnte insbesondere bei deren höherem Pressing oder einer dementsprechenden Formation diese Besetzung ein Problem werden.
Gegen tiefere oder weniger kompakte Gegner funktioniert die Staffelung sehr gut. Man hat sichere Rückpassoptionen und hohe Besetzung in der Mitte. Was passiert jedoch, wenn der Gegner höher aggressiv presst und die zentralen Räume mit viel Laufaufwand und guter Raumaufteilung versperrt? Wenn die Außenverteidiger nicht anspielbar sind und bei Ballverlusten in dieser Zone vielleicht sogar Unterzahlsituationen in der eigenen Strafraumnähe entstehen?
Womöglich könnte Bayern also umstellen. Eine Besetzung mit drei Spielern in der ersten Linie und ein zweiter Sechser wären eine Möglichkeit. Ob dies durch ein nominelles 3-2-4-1 (zum Beispiel) geschehen könnte oder eher durch das Einrücken eines Außenverteidigers bei tieferer Position eines anderen, wird eine interessante Frage sein. Auch Götze als Balancegeber auf der Acht wäre eine Möglichkeit. Vielleicht gibt es auch die Rückkehr der Zwerge: Lahm und Kimmich auf der Doppelsechs, in der Abwehr Alaba, Rafinha und … Tasci? (ne, ziemlich sicher spielt der keine Rolle, obwohl es in diesem Spiel interessant wäre)
Schafft Guardiola die Zwischenlinienraumbesetzung gefahrlos zu etablieren und wie könnte diese aussehen?
Verbunden mit dieser Frage ist auch die Frage der räumlichen Aufteilung in vorderen Zonen. Bayern spielte letztens sehr häufig mit einem 3-2-4-1 oder 2-3-4-1 in Ballbesitz. Hinter Lewandowski, der in den Halbräumen unterstützte oder sich zurückfallen ließ, positionierten sich meistens vier Spieler im Zwischenlinienraum des Gegners. Dies funktionierte aber durch den längeren, organisierten und sicheren Ballbesitz der Bayern. Man konnte diese Spieler auch sauber anspielen, die Verbindungen waren zwar teilweise in zentralen Räumen brüchig, aber vorhanden.
Meistens gab es eine Asymmetrie der Achter. Der linke Achter (Thiago) agierte diagonal in den Sechserraum zurückfallend, der rechte Achter vorstoßend und rochierend (Müller oder auch Robben). Funktioniert aber das Einrücken der Außenverteidiger und die Einbindung dieser Bewegungen nicht, wird die Frage sein, ob sich nicht mehr der vorderen Spieler zurückfallen lassen beziehungsweise ob die Bayern sauber nach vorne kommen können.
Besonders das sehr fokussierte Andribbeln Alabas in Richtung Mittelfeld war letztens wichtig, um Räume zu öffnen und über weitere Pässe in den Zwischenlinienraum zu kommen. Gegen den BVB wäre dies ein Risiko. Stattdessen könnte es sein, dass die Außenverteidiger anfangs doch breiter und tiefer agieren, um mit einer 4-1- oder 4-2-Staffelung das Pressing des BVB abwarten und ggf. umspielen. Auch ein 3-3-3-1 in Ballbesitz ist eine Option.
Wie bauen die Dortmunder auf?
Ähnliche Punkte treffen auf den BVB zu. Wie schon erwähnt rotierte Tuchel in den letzten Wochen einige Male. Dabei gab es auch eine andere Aufbaustaffelung. Hier blieb meist der rechte Außenverteidiger sehr tief und auf einer Linie mit den Innenverteidigern, während der linke Außenverteidiger massiv nach vorne rückte. Das erlaubte dem linken Flügelstürmer das Einrücken in die Mitte und das Kreieren von Überzahlen oder einem freien Spieler.
Alternativ könnte auch ein Sechser zurückfallen oder mit einem 2-3-2-3 aufgebaut werden; neben Weigl könnten die beiden Achter, vorrangig natürlich Gündogan bei raumöffnenden Seitwärtsbewegungen Weigls und einrückenden Bewegungen des Linksaußen. Letzteres Schema könnte man auch mit dem Aufbau mit einer Dreierlinie kombinieren.
In diesem Fall – und/oder bei passender Einbindung Bürkis – könnte man die Bayern etwas laufen lassen, ohne an viel Absicherung zu verlieren. Wofür sich Tuchel jedoch entscheiden wird, weiß man nicht. Darum habe ich mir die sechste Frage erspart: Wer gewinnt das Umstellungs-/in-game-coaching-Duell zwischen den Trainern? Ein Duell zwischen Tuchel und Guardiola ist wie das Horoskop: Sobald man mit spezifischeren Angaben Prognosen ausspricht und trotzdem Recht behält, war es nur Glück.
28 Kommentare Alle anzeigen
Peter Vincent 5. März 2016 um 15:16
Vom BVB erwarte ich ein 4-4-3 gegen den Ball und ein hohes Pressing mit großer Kompaktheit, um den FCB nicht in seine Komfortzone kommen zu lassen. Bayern wird darauf mE mit einem 3-4-3 im Aufbau antworten. Wenn die Bayern – wie leider zu erwarten – wieder mit starken Flügelfokus agieren und das ZM dafür vernachlässigen, sehe ich gute Chancen für den BVB nicht nur das ZM zu dominieren, sondern das Spiel zu gewinnen. Tipp: 2:1 BVB
dermomentderballannahme 5. März 2016 um 12:26
Der Spielaufbau der Dortmunder????!!!!!
Bayern lässt zurzeit gar keinen Spielaufbau der gegnerischen Mannschaften zu (Gegenpressing oder sehr hohes Pressing)
Es wird viel davon abhängen wie der BVB das Bayern-Pressing umspielen kann. Erst wenn das die ersten 20 Minuten öfter gelingt , wird ein normales Aufbauspiel möglich sein, weil dann das Pressing der Bayern nachlassen wird.
Robben im Mittelfeld ist zu eigensinnig meiner Meinung nach gehört er auf den Aussenposten.
Lahm auf der 6 bedeutet viel Kontrolle über den Ball, aber auch gleichzeitig viel weniger Gefahr für den BVB,
weil die Keypässe oder Seitenverlagerungen nicht sein Ding sind.
Hoffentlich verstolpert Müller wieder alles, dann klappts mit dem BVB Sieg. Damit die grossmäulige Chefetage und Führungsriege der Bayern endlich mal wenigstens für ein paar Tage die Klappe halten, müsste eigentlich ein hoher Sieg für den BVB her. Wegen der Spannung nicht
wir werden sehen.
Peter Vincent 5. März 2016 um 11:25
Götze————-Lewy———–Robben
——–Thiago——————Lahm——-
———————Alonso——————–
Bernat—Alaba———Vidal—–Medhi
———————Neuer———————
Im Aufbau:
|———————-Lewy———-Robben
Bernat—-Götze———–|———Lahm
———–Alonso———–Thiago———-
—Alaba———–Vidal———-Medhi—
———————Neuer———————
BinDagegen 5. März 2016 um 10:09
Wie sind denn die Meinungen zur Belastungssteuerung bei beiden Mannschaften? Ribery durchgespielt, Bernat sogar zweimal? Auba, Lewandowski und Alaba spielen offensichtlich immer durch? (Wenn sie nicht gerade als Schwäne auf der Tribüne sitzen) Gerade Alaba kann aufgrund seiner Verletzungen in dieser Saison eigentlich gar nicht voll austrainiert sein.
Handtuch 5. März 2016 um 12:44
Beim Thema Belastungssteuerung sehe ich Guardiola – im Gegensatz zu seinem außergewöhnlichen taktischen Fähigkeiten – nicht als sonderlich versiert. Tuchels Mannschaft sollte hier einen klaren Vorteil haben. Nur aufgrund dieses Aspekts sehe ich den BVB aber nicht als Favorit.
AP 4. März 2016 um 23:48
Also komm, entweder hat der gute Louis Langeweile gehabt und dem Oli geholfen oder irgendso ein guter Österreicher macht den Ghostwriter.
Schlappi 5. März 2016 um 10:23
… vielleicht arbeiten die Cracks von Spielverlagerung ja jetzt für den „Titan“ 😉 … aber wer weiß, vielleicht ist der Olli ja auch ein richtiger Taktikfuchs und er darf es einfach im Fernsehen nicht zeigen!?
RM 5. März 2016 um 12:05
Soweit ich weiß, hat es keiner von uns gemacht. Es war entweder Oliver Kahn persönlich – was mich übrigens nicht wundern würde – oder einer seiner Helfer (Kosta Runjaic). Ich persönlich tippe aber ehrlich gesagt auf den Titan selbst.
AP 5. März 2016 um 12:47
Ayoo. Also war ja nur ein Scherz, Runjaic war ja auch schon fürs ZDF Kahns linke Hand. RM ist als Ghostwriter verschenkt und ich würde mir das geschriebene Wort echt auch mal im Fernsehen wünschen. Wenn Kahn auf einmal eine Umschaltaktion nach Ballgewinn richtig deutet und es auch noch schildert und einordnet, dann ruft wahrscheinlich Scholli durch und beleidigt ihn als Laptoptrainer.
Schlappi 5. März 2016 um 17:45
Ja, in der Tat würde mehr gezeigte bzw. geäußerte Taktikkompetenz von den vielen Fußballexperten sehr zu begrüßen sein. Klopp hat ja damals als WM-Kommentator schon gezeigt wie das gehen kann. „100% Meijer“ finde ich auch immer sehr interessant.
Aber wer weiß, vielleicht ist es nur eine Frage der Zeit bis die großen Fernsehsender der Fußballtaktik mehr Gewicht einräumen (hoffe ich zumindest). Im Netz ist dieser Trend, auch dank Spielverlagerung.de und vielen Taktikblogs usw. unverkennbar 🙂
Sorry, for being off-topic!
Gleich geht ja, eines der großen Fußball-Hightlights der Saison los … für die Bayern vielleicht sogar schon ein guter Vorgeschmack auf mögliche Begegnungen gegen Barcelona (da beide Baca & BVB vielleicht einen ähnlichen Ansatz des Juego de Posicion spielen …) … falls Bayern die Hürde Juventus Turin nehmen kann!?
Peter Vincent 5. März 2016 um 11:03
Kommt mir auch spanisch vor. 😉
Auf der anderen Seite würde RM als Ghostwriter das Vier-Phasen-Modell von LvG auch entsprechend zitieren und – vor allem nach seiner Kritik an diesem Modell – nicht unwissenschaftlich behaupten: „Im Fußball existieren – einfach gesagt – nur vier Spielphasen“. (https://www.facebook.com/OfficialOliverKahn/posts/1058687544189706?)
Falls Oli Kahn also den Artikel selbst geschrieben hat, ist es ein begrüßenswerter Schritt in die richtige Richtung. Würde mir nur wünschen, dass auch im TV mehr Wert auf Analyse gelegt würde und nicht auf Trash-Talk.
HK 5. März 2016 um 12:35
Vielleicht ist Kahn eben ein wahrer Laptopexperte? Denen geht Taktik über alles!
DonAndres 5. März 2016 um 13:59
Um ehrlich zu sein, wenn sich in der Öffentlichkeit die Erkenntnis durchsetzen würde, dass es vier Spielphasen gibt, dann wären wir doch alle einen großen Schritt weiter. Zum Beispiel würde dann das ständige Gerede von „Ballbesitzmannschaften“ aufhören, die halt nur auf Ballbesitz gehen. Ballbesitz eben. Mit dem Modell kann man taktische Zusammenhänge viel besser erläutern.
Dabei stimmt es natürlich, dass man in besten Fall das Modell auch als solches kennzeichnen sollte anstatt es als bewiesenen Fakt über das Fußballspiel darzustellen. Aber ich halte das in diesem Fall nur für ein kleines Detail, denn das Vier-Phasen-Modell wäre ein so großer Gewinn für die Fußball-Öffentlichkeit – selbst wenn es dogmatisch ausgelegt wird.
knorke 4. März 2016 um 23:09
Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass Tuchel es nicht auf hohes Pressing anlegen wird. Einmal weil die Mannschaft das kann, zum zweiten weil dies aufgrund der Verletztensituation der Bayern momentan am ehesten eine bespielbare Schwachstelle ist und zuletzt auch, weil ihm nicht daran gelegen sein wird, die Bayern bis zur Mittellinie machen zu lassen.
Ich tippe auf ein sehr intensives, zerfahrenes Spiel. Im In-Game-Coaching halte ich Guardiola gegenüber Tuchel für überlegen, das kann dann vielleicht dazu führen, dass im Verlauf des Matchs die Bayern optisch überlegen sein könnten. Ich denke für Dortmund wird viel davon abhängen, die eigenen Torchancen konsequenter herauszuspielen als in der Mehrzahl der Rückrundenspiele. Das manchmal etwas verkrampfte, überhastete bzw. überkomplizierte, mitunter planlos wirkende SPiel am dem vorletzten Pass, dass die Borussia in den beiden letzten Kloppjahren charakterisierte, schleicht sich doch immer mal wieder ein. Kann sein, dass das grade gegen die Bayern nicht so sein wird. Kann aber auch sein, dass es grade gegen die Bayern deutlicher zutage tritt, weil man eben gegen diese Mannschaft keine Zeit und meist auch nicht allzuviele Chancen bekommt. Und solche Gegner haben dem BVB diese Saison in der Regel einiges Kopfweh bereitet.
rodeoclown 4. März 2016 um 22:53
In bald fünf Jahren Spielverlagerung der Artikel zu dem wohl am besten der Spruch „nichts genaues weiß man nicht“ passt.
P.S.: Das ist kein Qualitätsdefizit des Textes, sondern ein Qualitätsmerkmal der beiden Mannschaften. Duelle zweier taktisch und spielerisch so weit entwickelten Mannschaften sind selbst im historischen Kontext äußerst selten.
HK 5. März 2016 um 12:27
Und so sehen wir betroffen den Vorhang zu und alle Fragen offen.
FAB 4. März 2016 um 22:46
Sehr guter Artikel. Die wesentlichen Fragen zum Topspiel sind genannt. Letztlich ist es ein Ratespiel wie die taktischen Ausrichtungen aussehen werden. Was mir dabei in den Sinn kommt ist, dass das Spiel ja für beide Trainer eine Art Meisterstück sein wird. Für Guardiola das letzte wichtige Spiel in der Bundesliga, für Tuchel ein Spiel, bei dem er zeigen will, dass er endlich ganz oben angekommen ist. D.h. das würde dafür sprechen, dass beide weniger mit weiteren, überraschenden Varianten experimentieren werden, sondern das vermeintliche Optimum auf den Platz bringen. Bei den Bayern waren taktisch aus meiner Sicht die ersten 60 Minuten gegen Juve aktuell das Optimum und ich rechne auch mt einer vergleichbaren Aufstellung. Allerdings wird Guardiola noch größeren Respekt vor den Kontern des BVB haben, was dafür sprechen würde, dass die Außenverteidiger breiter bleiben. Beim BVB könnte ich mir vorstellen, dass Tuchel eine Weiterentwicklung aus dem Anfang der Saison zeigen will, was sich v.a. durch einen flexiblen zweiten 8er bemerkbar macht, vermutlich Kagawa. Zusätzlich wird Tuchel die Defensivreihe wohl etwas tiefer stehen lasse im Vergleich zum Hinspiel. Folglich könnten sowohl sehr tiefe, als auch recht breite Strukturen bei beiden Mannschaften entstehen, wobei beide um Ballbesitz bemüht sein werden. Optimal wären bei solchen Strukturen eigentlich Box-to-Box Spieler, die dabei viel Raum ausfüllen könnten. Das ist ja ironischerweise die personelle Schwäche beider Mannschaften. Grundsätzlich würde ich den BVB bei einer solchen weiträumigen Struktur im Vorteil sehen, weil Gündogan und Kagawa größere Räume besser interpretieren können, als die entsprechenden Bayernspieler. Das wäre aber nur dann ein Vorteil, wenn sie zusätzlich durch extrem hohe Laufbereitschaft Bayerns Außenflügel zu zweit bzw. zu dritt verteidigen, um Schnelligkeitsdefizite auszugleichen. Am Ende geht es dann vielleicht gar nicht so sehr um taktischen Feinheiten, sondern eher um Fitness. Das In-Game-Coaching wird dann natürlich auch interessant, wobei auch hier weniger mehr sein könnte. D.h. extremere Umstellungen während dem Spiel könnten auch schnell auf Kosten der Stabilität gehen, also nach hinten los gehen …
Kirmoar 4. März 2016 um 22:25
Hi, mal a blöde Frage.
Könnt Ihr mal die Pfeile näher erklären, vor allem:
Was bedeuten die unterschiedlichen Farben bei den Pfeilen in der 1. BVB- Grafik?
Und was bedeuten die gestrichelten Pfeile bei den Bayerngrafiken oder haben diese keine besondere Bedeutung?
Normalerweise geben Sie doch die grundlegende Ausrichtung/laufrichtung der Spieler an oder?
Vielen Dank schonmal
MA 5. März 2016 um 08:42
Die Grafik wird hier nochmal erklärt.
https://spielverlagerung.de/2016/01/24/thomas-tuchel-gegen-die-manndeckung/
RM 5. März 2016 um 12:08
Die unterschiedlichen Pfeile bei der BVB-Staffelung bedeuten eine alternative Formation, die sie in dieser Pressingstruktur herstellen können; sh. MAs Link für mehr Infos aus dessen toller Analyse zu dieser Partie.
Die gestrichelten Pfeile bei Bayern: Grundstruktur und wohin sie sich je nach Ballposition oder für bestimmte Spielzüge bewegen könnten. Also ja, die Laufwege. Thiago z.B. übernahm gelegentlich den Zehnerraum oder unterstützte auf dem Flügel, aber ließ sich eben oft auch tiefer zurückfallen; Müller tat Letzteres nicht, sondern stieß einige Male nach vorne (Grafik: Aufbaustruktur gegen Juventus).
L 4. März 2016 um 21:51
Dynamikdeuter? Kannst du das etwas ausführen? Was ist damit gemeint?
Dr. Acula 4. März 2016 um 22:23
ich nehme an das soll heißen, dass derjenige spieler ein gutes gespür für die dynamik des spiels hat. wann es schnell gemacht werden muss, wann langsam. wie xavi vielleicht, um mal ein extremes beispiel zu nennen
RM 5. März 2016 um 12:09
Eine kleine Anlehnung an Müllers „Raumdeuten“; Müller findet offene Räume und antizipiert, wann sich welche Räume wie öffnen – Kagawa erkennt, wo Dynamik entsteht, die er im Pressing unterbinden kann. Eine unsaubere Beschreibung, sorry.
Dr. Acula 4. März 2016 um 21:31
„Wer gewinnt das Umstellungs-/in-game-coaching-Duell zwischen den Trainern? Ein Duell zwischen Tuchel und Guardiola ist wie das Horoskop: Sobald man mit spezifischeren Angaben Prognosen ausspricht und trotzdem Recht behält, war es nur Glück.“
Hältst du von Tuchel, was das In-Game-Coaching angeht, wirklich so viel, dass er es mit Guardiola aufnehmen könnte?
Patrick 5. März 2016 um 01:47
Ich finde Guardiola liegt bei seinem in game coaching ziemlich daneben – in diesem Jahr.
Mike the Knight 5. März 2016 um 07:35
Sehe ich ähnlich. Außerdem finde ich Tuchel generell auch ein bißchen unterbewertet.
RM 5. März 2016 um 12:09
Ich halte Tuchel für schwächer, aber eindeutig nicht so viel schwächer, dass er es nicht in einem Spiel mit Guardiola diesbezüglich aufnehmen könnte.
analysia 4. März 2016 um 20:15
Vielen Dank für die Analyse! Das wird spannend! Ich frage mich auch, wie das BVB Pressing gegen das Bayern Gegenpressing funktionieren wird, also das quadriezierte Gegenpressing, gerade im Mittelraum. Spannende Eins zu Eins Duelle wirds bei den Trippelungen wohl nicht viele geben, was Bayerns große Stärke in engen Matches etwas eindämmt. Gleichwohl, ich befürchte wie so oft 2:1 für die Münchner..