Heckings Anpassungen führen Wolfsburg zum Sieg
Nach zwei Unentschieden und einem Sieg verliert der FC Augsburg in seiner noch jungen Bundesligageschichte im vierten Spiel zum ersten Mal beim VfL Wolfsburg. Zwei gut zum Gegner passende Defensivkonzepte prägen eine offensiv unspektakuläre Partie.
Hohes Augsburger Pressing kappt Wolfsburgs Verbindungen im Spielaufbau
Direkt vom Anstoß weg agierten die Augsburger in einem relativ hohen, aber passiven 4-4-2-Mittelfeldpressing. Damit wollte man die Wolfsburger Verbindungen aus dem Spielaufbau über den zentralen Sechserraum und auch die beiden Halbräume nach vorne kappen, um die Hausherren auf die Flügel zu lenken und dort unter Druck zu setzen.
Neben Raul Bobadilla rückte im Pressing Halil Altintop in die Spitze, wobei sich beide recht breit zueinander positionierten. Durch die nach vorne geschobenen und eingerückt agierenden Werner und Caiuby entstand ein im Zentrum vertikal sehr kompaktes 4-4-2 / 4-2-2-2 mit einer Pressingfalle um den Wolfsburger Sechserraum herum.
Die Wolfsburger waren so bereits im Spielaufbau gezwungen die Innenverteidiger weit auseinander zu schieben, wobei in erster Linie Naldo die tragende Rolle in der Spieleröffnung zukam. Immer wieder eröffnete der Brasilianer das Spiel und versuchte durch Überladungen des rechten Flügels nach vorne zu kommen. Hier unterstützte zum einen Außenverteidiger Jung den Flügelspieler De Bruyne, indem er immer wieder nach vorne schob. Ebenso rückten Arnold sowie einer der beiden Sechser vermehrt mit zum Flügel.
Neben Naldo war Luiz Gustavo die zweite zentrale Station im Aufbauspiel der Niedersachsen. Als tiefer Spielmacher agierte er meist an der Schnittstelle zwischen Bobadilla und Altintop, fiel aber hin und wieder auch ganz nach hinten zurück. Guilavogui, als zweiter Sechser aufgeboten, war hingegen etwas höher eingebunden, kippte aber auch mehrere Male hinter Linksverteidiger Rodriguez heraus.
Das frühe Anlaufen der Augsburger bei insgesamt guten Staffelungen und Absicherungen bereitete den Wolfsburgern deutliche Probleme in der Spieleröffnung. Naldo und Klose mussten immer wieder weite Bälle nach vorne spielen und konnten die Überladungen auf dem rechten Flügel nicht immer bedienen.
So kam es, dass gerade zu Beginn der Partie die an und für sich interessanten Wolfsburger Offensivbewegungen kaum Früchte trugen. Weder die immer wieder eingestreuten Rochaden zwischen Bendtner und Arnold noch Perisic‘ Einrücken in den Zehnerraum bei gleichzeitiger Belegung beider Innenverteidiger durch Arnold und Bendtner zeigten sich besonders wirkungsvoll.
…aber auch Augsburg hat seine Probleme
Neben dem FCA spielte auch der VfL gegen den Ball in einem 4-4-2, das allerdings auch 4-4-1-1 / 4-2-3-1-Stellungen hervorbrachte und situativ weit nach vorne geschoben wurde. Typisch für Dieter Hecking gab es darin haufenweise klare Zuordnungen und Mannorientierungen zu den zentralen Augsburger Akteuren, womit diese ihre Probleme hatten.
Weder Baier als tiefer Spielmacher noch Kohr als höherer Part der Doppelsechs fanden gegen ihre beiden nominellen Gegenspieler Guilavogui und Gustavo sowie den hängenden Arnold wirklich ins Spiel. Deshalb fiel im Aufbau vermehrt Halil Altintop von der Zehnerposition zurück, um als Verbindungsspieler zu fungieren. Er rochierte dabei oftmals mit Baba, der weit nach vorne rückte, und nahm eine Position hinter dem Ghanaer im linken Halbraum ein, um von dort das Spiel zu eröffnen. Weinzierl wollte aus diesen Situationen wohl mit schnellen und vertikalen Halbraumangriffen nach vorne kommen, die über die beiden eng agierenden Flügelspieler Werner und Caiuby finalisiert hätten werden sollen. Wolfsburgs körperliche Überlegenheit in den direkten Duellen und große vertikale Abstände bei den bayerischen Schwaben verhinderten das aber recht effektiv.
Wolfsburg dominant / Probleme im zweiten und letzten Drittel
Weil der FCA sein Pressing nach der Anfangsphase etwas tiefer anlegte und Klose sowie Naldo nicht mehr direkt angelaufen wurden, gelang es den Wolfsburgern jetzt vermehrt eine stabile Ballzirkulation im ersten Drittel aufzubauen.
Sowohl Jung als auch Rodriguez agierten deutlich offensiver und befreiten mit ihrem Verhalten beide Flügelspieler, sodass diese in die Mitte rücken konnten. Perisic rückte vermehrt auf die Kette der Augsburger, sodass diese konstant mit drei Akteuren belegt wurde, womit der Zwischenlinienraum geöffnet werden sollte.
Trotz dieser potentiell guten Idee kamen die Wolfsburger aber weiterhin kaum zu Torchancen, weil sie nicht konsequent und schnell genug verlagerten, sodass die Augsburger immer wieder problemlos verschieben konnten. Vor allem Guilavogui positionierte sich hierfür oftmals nicht ideal, was dazu führte, dass Wolfsburg zwar deutlich mehr Ballbesitz als die Augsburger verzeichnen konnte, aber kaum in gefährliche Räume kam.
Ein weiteres Problem der Wolfsburger waren zudem die nicht idealen Staffelungen der Offensive. Hier gab es zwar die angesprochene Präsenz in hohen Räumen, allerdings mangelte es an Ablagestationen und nachstoßenden Läufen, die mehr Dynamik hätten bringen können. Auch hinter die Augsburger Abwehr kamen die Hausherren kaum, weil der FCA seine Verteidigungshöhe hierfür zu tief aufbaute.
Hecking reagiert auf die Probleme in der Offensive / De Bruyne wechselt auf die Zehn
Ohne personelle Wechsel, dafür mit leichten Änderungen in den taktischen Ausrichtungen, gingen beide Mannschaften in die zweite Halbzeit. So passten zum einen die Augsburger ihr Pressing etwas an, das jetzt ein leitendes 4-4-1-1 war und den Spielaufbau auf den schwächeren Klose und weg von der starken rechten Wolfsburger Seite lenken sollte.
Doch nicht nur Weinzierl passte das Verhalten seiner Mannschaft an, auch Dieter Hecking reagierte mit einigen Umstellungen auf die Offensivprobleme seines Teams. Mit dem Wechsel von Kevin De Bruyne auf die Zehnerposition, die zur Folge hatte, dass Maxi Arnold von nun auf dem linken Flügel agierte und Perisic auf der rechten Seite aufgeboten wurde, wurde das Wolfsburger Offensivspiel deutlich fluider und passte besser gegen Augsburgs Defensivkonzept.
Insgesamt driftete dabei De Bruyne relativ frei in der Mitte des Spielfeldes herum und half bei den Flügelüberladungen seines Teams. In Verbindung mit den bis in die letzte Linie nachstoßenden Außenverteidigern konnte man die Augsburger jetzt mehre Male weit zurückdrängen und vermehrt aus den hohen Halbräumen agieren.
Rodriguez und Jung erzeugten durch ihre hohen Grundpositionen breite Stellungen der Augsburger Viererkette und durch die hohe Präsenz in letzter Linie bei insgesamt besseren Staffelungen war der Zwischenlinienraum deutlich besser bespielbar. So fiel der ansonsten balancegebend eingebundene Bendtner das ein oder andere Mal aus der Spitze zurück, um am Kombinationsspiel teilzunehmen, oder es gab direkte Anspiele auf De Bruyne zwischen die Linien. Vertikale Läufe Guilavoguis und Gustavos komplettierten die Anpassungen in der Offensive der Niedersachsen und erzeugten hin und wieder gute Dynamiken.
Weil der FCA durch die Wolfsburger Umstellungen insgesamt tiefer verteidigen musste, gelang es der Elf von Markus Weinzierl kaum noch Druck auf die tiefen Wolfsburger Halbräume zu legen, was beide Innenverteidiger zu Vorstößen mit Ball am Fuß nutzten. Dass Naldo schlussendlich das entscheidende Tor der Partie nach einem Dribbling und anschließendem Doppelpass mit dem auf Höhe der Augsburger Viererkette stehenden Sebastian Jung erzielen konnte, spricht für sich und Heckings Umstellungen zur Pause.
Die Schlussphase
Direkt im Anschluss an den Führungstreffer gab es beim Vfl Wolfsburg mit der Einwechslung von Vieirinha für Perisic einen Systemwechsel zurück zu den Strukturen aus der Anfangsphase der Partie. Arnold agierte erneut als linearer Zehner und De Bruyne ging auf den linken Flügel, während der Portugiese auf der rechten Seite eingebunden wurde.
Weinzierl reagierte auf den Rückstand ebenfalls und brachte mit Matavz und Esswein zwei frische Offensivakteure für Bobadilla und Caiuby. Während Esswein über den rechten Flügel tororientierter als Werner zuvor agierte, wurde dieser auf den linken Flügel geschoben und Matavz besetzte das Sturmzentrum.
Weinzierls Plan für die Schlussphase war vermutlich, mit leichten Linksüberladungen durch Altintops Zurückfallen und Werners Einrücken sowie die Einbindung von Baier Halbraum- oder Flügelangriffe über den linken Flügel zu forcieren, die in späteren Angriffsphasen durch Verlagerungen auf die rechte Seite von Esswein hätten finalisiert werden sollen. Weil Wolfsburg diese Strategie aber relativ schnell durchschaute und den FCA bereits im Pressing auf deren eigene rechte Seite leitete, versandeten viele Angriffe schon in der Entstehungsphase, ohne dass es zu nennenswerten Torchancen gekommen wäre.
Fazit
Schlussendlich gewann der Vfl Wolfsburg verdient gegen den FCA, weil Dieter Hecking es schaffte, die Probleme bezüglich des Offensivspiels der ersten Halbzeit zu beheben, ohne die grundsätzliche defensive Stabilität zu gefährden. Der FC Augsburg zeigte defensiv eine starke Leistung und wirkte gut an den Gegner angepasst, konnte offensiv jedoch kaum Akzente setzen. Hier mangelte es dem FCA neben schlichtweg zu wenig Präsenz in hohen Räumen, vor allem an einer guten Verbindungen aus dem Aufbau heraus.
1 Kommentar Alle anzeigen
mituu 10. Oktober 2014 um 13:20
Danke für die guten Artikel!
Viele halten Hecking ja von einen taktischen Stümper. Bei euch in der Analyse sieht das meistens dann ein wenig anders aus.
Es scheint, dass er bei fehlern in der ersten Halbzeit die richtigen schlüsse zieht und in der zweiten Hz dann passend dagegen agieren möchte. Sieht für mich ga nicht so schlecht aus. Bin gespannt, wie sich das im laufe der Saison verfestigt.
In Wolfsburg herrscht ja eine sehr geteilte Meinung bezüglich DH.