VfL Wolfsburg – Eintracht Frankfurt 0:2
Eintracht Frankfurt stellte die Weichen früh auf Sieg.
Zuletzt hatte es einen etwas glücklichen Auswärtssieg in Dortmund am Ende eines turbulenten Spiels gegeben, weshalb die Wölfe mit unverändertem Personal in ihrem unter Interimstrainer Köstner gewohnten 4-2-3-1 aufliefen. Gleiches galt für die zuletzt ebenfalls siegreichen Frankfurter, bei denen auch diesmal Heiko Butscher in der Innenverteidigung neben Zambrano dabei war. In der Sturmspitze bekam Occean den Vorzug vor Matmour, der später für die rechte Offensivseite eingewechselt wurde.
Vom grundlegenden Prinzip machten die Frankfurter mit den Wölfen durchaus das, was jenen schon in der Vorwoche beim deutschen Meister in der ersten halben Stunde wiederfahren war. Mit ihrem Ballbesitzspiel konnte die Eintracht gerade zu Beginn viel Kontrolle erzeugen und durch die Ballsicherheit der beiden Sechser sowie die unterstützenden Diagonalbewegungen von Aigner und besonders Inui ins Zentrum oder leicht nach hinten viel Sicherheit herstellen. Nur selten gerieten die Gäste daher unter Druck, was letztlich in einer starken Passquote von 85 % resultierte.
Durch die Überzahlbildung, die gerade auf der linken Seite mit dem abkippenden Alex Meier sowie generell durch den nimmermüden Rode hergestellt wurde, konnten die Wolfsburger überladen werden, deren lose Mannorientierungen im Zentrum nicht sicher wirkten und von den Frankfurtern gut ausgelaufen wurden – einige Male mussten Polak und Josué bestimmte Räume verwaisen lassen oder Risiko gehen.
Frühe Unterzahl für die Hausherren
Letzterer sah dann – wenn auch nicht als direkte Konsequenz aus diesem Sachverhalt – eine frühe Rote Karte, so dass die bereits in Rückstand liegenden Wolfsburger fast die komplette Spielzeit in Unterzahl agieren mussten und sich unmittelbar nach dem Platzverweis durch einen schnell ausgeführten gegnerischen Freistoß zum 0:2 überrumpeln ließen. So wechselten die Hausherren nicht defensiv, sondern passten sich in ihrer Ausrichtung nur geringfügig.
Auf den beiden Außenbahnen gingen Hasebe und Vierinha etwas enger und spielten leicht eingerückt, während Polak weite Räume zentral im Rücken von Diego allein absichern musste. Dieser wurde meistens von Vierinha unterstützt, der aus dieser breiten und improvisierten Dreier-Reihe vor der Abwehr einige Male diagonal zur Mitte rochierte, um den Spielmacher zu unterstützen. Insgesamt war der Brasilianer aber etwas zu eingeengt, weil die Anspielpartner letztlich fehlten:
Dost musste viel auf den linken Flügel ausweichen und bildete eine Art situatives Pendant zum positionstreuen Hasebe, während selbst Polak gerne mit auf die Flügel ging, was insgesamt etwas für Chaos sorgte und besonders Diego nicht optimal lag. Nicht nur die fehlende Absicherung und das dadurch notwendig zu verringernde Risiko waren hier ausschlaggebend, sondern auch die Tatsache, dass er ein ums andere Mal zu allein im Zentrum war. Damit wurden einige seiner beliebten Spielzüge erschwert: Zunächst das Spiel durch die Mitte z. B. mit einem Doppelpass nach vorne zu tragen, um dann erst im letzten Drittel auf die Seite zu verlagern und dem Angriff so Tempo und Momentum zu geben. Nun ging das Spiel gezwungenermaßen etwas früher dorthin.
Dadurch geschah das Isolieren der Frankfurter Außenverteidiger, was das enger gewordene 4-3-1-1-artige System theoretisch hätte leisten können, allerdings nicht mehr, da Jung und Oczipka nun eben viel auf ihren Außenbahnen zu tun bekamen. In Unterzahl wäre es aus Sicht der Hausherren vielleicht besser gewesen, sich konkret auf eine genaue Strategie zum Isolieren bestimmter gegnerischer Defensivspieler festzulegen, da letztlich eine halbgare Sache entstand, die wenig einbrachte.
Die Rollen der Frankfurter Außen
Problematisch war ebenso, dass den führenden Frankfurtern durch die eigene Überzahl das Ballbesitzspiel im ersten und zweiten Drittel vereinfacht wurde. Selbst ohne defensiven Wechsel hatten die Wölfe in ihrer Formation Schwierigkeiten, Zugriff auf die Passkombinationen der Eintracht zu finden, die sie bereits zuvor nicht immer genügend hatten stören können.
Interessant bei den Angriffen der Hessen, die zudem über ihre Gefahr bei Standardsituationen viel Durchschlagskraft kreieren konnten, waren die Rollen der beiden Außenverteidiger, besonders jene von Sebastian Jung. Um keine Konterräume gegen Diego und Dost offen zu lassen, agierten diese beiden etwas vorsichtiger. Zwar rückten sie zunächst bei Beginn des Spielaufbaus weit mit auf und hielten die Breite im zweiten Drittel, was auch die Wolfsburger Außenspieler nach hinten drücken und den Aufbau erleichtern sollte. Doch anschließend beschleunigten sie aus dieser hohen Grundposition nur selten so wie gewohnt in den freien Raum, was eben besonders auf Jung zutraf – durch Oczipkas gelegentliche Kombinationen auf der linken Seite, bei der durch das Überladen aber ohnehin der Fokus weniger auf kraftvolle Vorstöße in den Freiraum und mehr auf Dreiecksspiel liegt, kamen die Gäste zumindest noch auf acht Flanken.
Statt den weiteren Vorstößen ließ dann also gerade Jung den Raum vor sich frei, damit stattdessen die Offensivspieler einfacher in die Freiräume zum Beispiel hinter der Wolfsburger Abwehr gebracht werden oder leichter mit gutem Raumspiel deren Mannorientierungen aufsprengen konnten – da ihnen eben mehr Raum gewährt wurde, um dies präzise zu tun. Gerade auf halbrechts gab es in diesem Zusammenhang einige gute Szenen des Zusammenspiels vom beweglichen, engagierten und immer wieder ausweichenden Occean sowie Aigner, der dann auch nicht ganz zufällig den zweiten Treffer vorlegte.
Es änderte sich im weiteren Verlauf der Begegnung nicht mehr so viel an der Grundausrichtung, wenngleich die Frankfurter gerade nach dem Seitenwechsel weniger zielstrebig und gefährlich wurden. Beispielsweise hätte Meier bei einigen Konterszenen noch etwas mehr aus dem Raum zwischen den Linien machen können.
Dagegen hatten die Wolfsburger weiterhin die angesprochenen Probleme, so dass sie nach dem Platzverweis nur eine Chance im ersten Durchgang hatten, die logischerweise durch den offensiv engagierten Schäfer vorbereitet wurde, der einige gefährliche Hereingaben brachte. In den letzten 20 Minuten stellten die Wölfe dann auf ihre Strategie für die Schlussphase um, welche vermehrt lange Bälle aus der Kategorie Brechstange vorsah, wofür auch Madlung gebracht wurde.
Allerdings war der Erfolg oder zumindest die Zweitverwertung dieser hohen Zuspiele nur durchwachsen, so dass auf diesem Wege nicht der letzte konsequente Durchschlag erzeugt werden konnte. Am Ende war fast jeder vierte Wolfsburger Pass ein langer Ball, der gegen die soliden Frankfurter aber letztlich nicht reichte.
Fazit
Damit entschied im Grunde genommen die erste Viertelstunde diese Begegnung, als die Frankfurter Offensive mit gutem Flügel- und Freiraumspiel sowie gefährlichen Standards punktete und die Wolfsburger nach dem Platzverweis umgehend für die Unterzahl bestrafte. Diese sollte auch weiterhin die Partie prägen, weil Wolfsburgs Ausgangslage enorm schwierig war, während Frankfurt kontrollieren konnte.
2 Kommentare Alle anzeigen
Chris 7. Januar 2013 um 13:59
Wirklich eine Top-Analyse, Danke!
johnny 17. Dezember 2012 um 10:44
Sehr schöne Analyse! Vielen Dank!