Barca verliert mit gutem Fußball

2:1

Die Katalanen zeigen in einigen Bereichen Schwächen und können sich in anderen trotz des Ergebnisses nur wenig vorwerfen lassen.

Bereits seit der letzten Saison gilt die momentane Zeit beim FC Barcelona gemeinhin als eine Generalkrise. Auch im direkten Duell mit dem großen Erzrivalen aus Madrid scheint der Klub derzeit hintan zu stehen, obwohl der Konkurrent selbst nicht seine vitalste Phase durchschreitet. Den „Clásico“ verlor Barca nun zum dritten Mal in Folge (erstmals in der Liga seit den 70er-Jahren).

Auf dem Papier hat es den Mannen von Ronald Koeman in dessen bisheriger Amtszeit nicht an Tiefpunkten gemangelt. Wenn man ihre Auftritte dann aber zwischendurch verfolgt, spielen sie oft, zumindest mit dem Ball, eigentlich gut und ansehnlich – vom Sieg in der Königsklasse bei Juventus im vergangenen Herbst bis zum Achtelfinal-Rückspiel gegen PSG. Das war in diesem Duell gegen Real Madrid ähnlich.

Ein verregnetes Estádio Alfredo di Stéfano erlebte ein weitgehend ausgeglichenes Match, in welchem beide Kontrahenten gute Ansätze auf den Platz brachten, aber im höheren Verteidigen dem Gegner jeweils Möglichkeiten anboten. Das lag an vielen engen und ausgeprägten Mannorientierungen und genauer gesagt an deren Ausführung: Sie wurden in vielen Fällen nicht nur frühzeitig aufgenommen und weiträumig gespielt. Gerade wenn man sie verstärkt im hohen Zustellen denn im Anlaufen nutzt, sind sie in solch ausgeprägter Form anfällig (bzw. das passende Balancieren wird sehr anspruchsvoll).

Barca beispielsweise organisierte sich für das hohe Verteidigen 3-5-2-haft. So wurden die direkten Zuteilungen hergestellt: Dembélé und Messi vorne, die den gegnerischen Aufbau nur möglichst schnell zur Seite provozieren sollten; die Flügel- dort gegen die gegnerischen Außenverteidiger; Pedri, de Jong und Busquets gegen Reals Mittelfelddreieck und die Verteidiger gegen die drei vorderen Offensivakteure. Aus der ersten Reihe gestaltete sich die Intensität wechselhaft und insgesamt wurden auf weiträumige Bewegungen einzelner Gegenspieler umliegende Mannorientierungen nicht immer flexibel genug aufgelöst.

Enge Verteidigung am Mann durch Barcelona in hohen Zonen (Zuteilungen im Mittelfeldzentrum unterschiedlich, zumal bei Rochaden und Bewegungen wie etwa dem Vorrücken Casemiros und tieferen Postionen Kroos´)

Valverdes Rückzug und Barcas Zentrumspräsenz

Barcas kleines „Pech“ war es, dass Real recht früh im Spiel schon eine Torchance verwertet und bald per Standard nachgelegt hatte. Als der Freistoß von Kroos bald nach dem Führungstreffer der Madrilenen kurios mehrfach ins Tor abgelenkt wurde, lag Barca nach nicht einmal einer halben Stunde mit 0:2 in Rückstand. Die strategischen Implikationen dieser Lage waren für die Katalanen aber kein größeres Problem. Sollte Real anschließend tiefer stehen, veränderten sich die Aussichten für die Gäste nicht signifikant, denn sie hatten gute Ansätze in ihrem Spiel mit dem Ball im Generellen.

Sobald die Madrilenen sich am Übergang in die eigene Hälfte in eine tiefere Verteidigung fallen ließen, verwandelte sich ihr 4-3-3 in ein 5-3-2/5-4-1. Entscheidend dafür war die Rolle Valverdes auf rechts: Im höheren Pressing beteiligte er sich vorne daran, die Halbverteidiger zuzustellen oder anzulaufen. Ging es für sein Team im weiteren Verlauf der Defensivphase weiter nach hinten, nahm er im Rückzug schließlich die Vorstöße Albas auf.

Bei Barca gab es in Ballbesitz eine klare Struktur: Dreierkette und die zwei Flügelverteidiger als Breitengeber bildeten den Rahmen. Im Zentrum unterstützte de Jong Busquets, rückte aber gelegentlich weiter auf und versuchte Schnittstellen zwischen den gegnerischen Mittelfeldakteuren zu besetzen. Manchmal schien er das Pendant zu Pedri, der sich in den linken Halbraum fallen ließ. Dann hatte Barca quasi ein Mittelfelddreieck plus Messi in einer Freirolle. Normalerweise wirkte Pedri halblinks aber wie ein Gegenpol zum argentinischen Superstar – auf ähnlicher Höhe – und dessen natürlicher Tendenz zum rechten Halbraum.

Mannorientierungen beim höheren Zustellen Reals (genaue Zuteilungen wechselten)

Die Einbindung de Jongs – und auch diejenige Busquets – waren besonders wichtig, wenn Real höher verteidigte. Prinzipiell hatten die Offensivleute der Madrilenen gute Momente im Anlaufen, mit Benzema und den Flügeln gegen die Dreierkette und vielseitigem, auch recht dynamischem Nachrücken dahinter. Dies nutzten sie aber nicht in sämtlichen aufgerückten Situationen, sondern stellten zwischendurch mit gleich bleibenden, ausgeprägten Mannorientierungen „nur“ passiv zu.

Eröffnungen direkt von ter Stegen

Typischerweise konnte dies vorkommen, sobald Barcelona ter Stegen präsenter einbezog. Eine höhere Einbindung des Keepers ging zudem mehrmals mit einer Umformung der ersten Linie einher. Araújo rückte beispielsweise situativ ins Mittelfeld vor und Busquets, oder auch de Jong, konnten sich bis in die Verteidigungsreihe zurückfallen lassen, wie in eine flache, enge Vier. Gerade dies war für Reals Mannorientierungen unangenehm: Kroos oder Modric mussten weit nachgehen und ihr Team verlor massiv an Tiefenstaffelung.

Dagegen hatte Barca gute Aussichten, über ter Stegen flache Vertikalpässe hinter diese erste Reihe auf einzelne Freilaufbewegungen vorbereiten und spielen zu können. Real schien unentschlossen, wie genau es auf das Ballhalten des gegnerischen Keepers reagieren sollte. Führte dieser das Leder in einem passenden Winkel, ließen sich mehrmals gleich vier hoch postierte Madrilenen recht leicht mit dem ersten Ball überspielen.

Wenn Busquets sich zurückgezogen hatte, kam es auf geschickte Bewegungen de Jongs an, um beispielsweise Gegner zu binden und etwaige lange Passwege nochmals zu erleichtern. In seiner rechtsseitigen Halbposition war er zudem deshalb wichtig, weil viele der Zuspiele direkt auf Messi gingen – und damit genau in jenen Umkreis.

Bei Real verteidigte das Mittelfeldtrio effektiv gegen Busquets, de Jong und Pedri. Wollten die Madrilenen ihre Mannorientierungen durchhalten, hieß das: Nacho musste auf Messi herausrücken. Aus höheren Defensivphasen waren die Wege von der Innenverteidigerposition dafür allerdings schlicht sehr lang, zumal wenn sich der Superstar der Katalanen leicht nach außen zog. Im Schatten von Dest, der in der mannorientierten Logik effektiv Mendy „band“, fand Messi rechts bzw. halbrechts Freiräume, um Flachpässe aus der ersten Linie zu erhalten. Über ihn konnte Barca aufrücken.

Schwierigkeiten mit den Anschlussaktionen

Demgegenüber funktionierten Rochaden innerhalb der Mittelfeldakteure weniger gut. Solche Aktionen ließen sich kaum über Flachpässe bespielen und man musste fast immer auf Chip-Bälle zurückgreifen. Wenn etwa Pedri sich tief zurückfallen ließ, musste Busquets einige längere Pässe in Freiräume im zweiten Drittel hinein erlaufen. Selbst gegen den nicht gerade als athletischen Sprinter bekannten Kroos gestaltete sich das aber schwierig. Insgesamt neigte ter Stegen phasenweise etwas zu sehr zu ambitionierter Entscheidungsfindung.

Eine grundlegende Variation war fraglos notwendig und unter den flachen Vorwärtspässen gingen auch nicht alle Zuspiele nach halbrechts stets auf Messi. Je nachdem, wie schnell und aus welcher Position der jeweilige „nominelle“ Gegenspieler den katalanischen Passempfänger attackierte und inwiefern also individuelles Absetzen rückwärts oder seitlich zur Ballsicherung möglich war, stellte sich die Frage nach Anschlussaktionen unterschiedlich stark.

Allgemein war sie sehr wichtig und kritisch: So gut Barca teilweise durch das zweite Drittel eröffnete, so sehr fehlte einige Male eine Option im Folgemoment zur Spielfortsetzung in Ballnähe. Das scheint (noch bzw. bisher) ein allgemeines und größeres Problem der Katalanen unter Koeman in dieser Saison zu sein und insgesamt nicht unerheblich für die mitunter schwächeren Resultate. In dieser Begegnung machte es sich am stärksten in den Übergangszonen bemerkbar, dagegen beim Angreifen im letzten Drittel gar nicht so sehr.

Letzte Linie beschäftigen für Überzahl im Mittelfeld

Letzteres war die Grundsituation, wie sie im Laufe der Partie häufiger wurde. Auch gegen ein tieferes Mittelfeldpressing – zu einem Zeitpunkt, zu dem Valverde für gewöhnlich bereits in die Abwehrlinie geschoben hatte – bestand für Barca zunächst einmal noch die Notwendigkeit bzw. die Aufgabe, den Weg zum Strafraum zu überbrücken. Das funktionierte oft erst einmal – und zwar ohne sofort Anschlussbewegungen haben zu müssen – über ausreichend saubere Positionierungen in Zwischenräumen.

Offensivformation Barca und Defensivformation Real im Laufe der ersten Halbzeit

Nach Valverdes Rückzug hatte Real oft einen 5-3-1- oder 5-4-Defensivblock, dessen tiefere Grundposition die Mannorientierungen im Mittelfeldzentrum – durch den Anschluss zur Kette hin – unweigerlich aufweichte. Gegen genau diese letzte Linie war das Setup für Barca mit den zwei hohen Breitengebern und langen horizontalen Bewegungen Dembélés als einziger Spitze günstig: Da Valverdes Rolle so „defensiv“ funktionierte, banden die Gäste effektiv mit drei Leuten eine Fünferkette.

Im Umkehrschluss stand also eine Überzahl im Mittelfeld: Zwei tiefere (Busquets und de Jong) und zwei höhere Akteure (Pedri und Messi) jeweils in den Halbräumen konnten um das dortige Trio herumspielen. Barcas zentrale Spieler bewegten sich geschickt, setzten sich oft gut diagonal seitlich von den Gegenspielern ab und konnten diese bloße zahlenmäßige Konstellation so für sich nutzen. Real versuchte numerisch auszugleichen, indem Vázquez teilweise von der Rechtsverteidigerposition ins Zentrum verteidigte, um dort Pedri aufzunehmen.

Aber praktisch würde er das meistens nur in Aufrückmomenten über links machen – typischerweise etwa bei Andribbeln Lenglets – und erst dann, wenn gesichert schien, dass Valverde weit genug nach hinten gerückt war. Selbst das führte aber nicht dazu, dass Casemiro auf einmal, gegebenenfalls sogar ballfern, Messi hätte manndecken können. Die unorthodoxe Aufteilung in der letzten Linie erlaubte es Real oft nur reaktiv, die Präsenz im Mittelfeldzentrum erhöhen. Daraus resultierten Schwierigkeiten, sämtliche Passoptionen dort stabil durch normales Verschieben zu schließen.

Gute Ausgangslagen für Barca – aber gegen ein starkes Real-Trio

In der numerischen Unterzahl gelang es daher nicht immer, Zuspiele diagonal in die Halbräume neben den Sechser zu verhindern. Selbst wenn Messi halbrechts viele Bälle erhielt: Das hieß nicht umgehend auch, dass direkt Gefahr bestand. Barca musste solche Situationen erst in Gefahr umsetzen. Real würde mit dem Mittelfeld nachschieben und möglichst schnell versuchen, den Raumgewinn aufzufressen bzw. lokal in eigene Überzahl zu verwandeln.

Das machten die Madrilenen auch gut – im ersten Moment des Verschiebens und genauso im weiteren Verlauf, wenn sie beispielsweise länger am eigenen Sechzehner festgepinnt wurden und dort mehrere Verlagerungen verteidigen mussten. Im Abwehrpressing glänzte das Mittelfeldtrio vor der Fünferabwehr punktuell. Casemiro, Modric und Kroos sind mittlerweile so eingespielt, dass sie sich in solchen Umgebungen sehr kompakt bewegen.

Zumindest stand Barcelona nach Vertikalpässen auf Messi nicht direkt unter Zugzwang, eine schnelle Anspielstation schaffen zu müssen (wenn es danach viel über Andribbeln weitergeht). Die Abstände waren klein genug und die Nähe zum Strafraum psychologisch wirksam genug, dass das Binden von Gegenspielern zumindest Zeit zur Ballmitnahme verschaffte. Wenn Messi etwas Tempo aufgenommen hatte, verhielten sich seine Mitspieler insgesamt gut. Diese Situationen standen überhaupt exemplarisch dafür, dass die Katalanen bei ihren Offensivversuchen ab dem Übergang zum vordersten Drittel grundsätzlich vieles richtig machten.

Starke Kombinationen der Katalanen

Nachdem die sie Freiräume im Mittelfeld gefunden hatten oder nachdem sie in Strafraumnähe das Leder von außen zurück nach innen zirkuliert hatten, entwickelten sie gute Kombinationen. Die Flügelverteidiger sorgten für Breite und dazwischen konnten die Mitspieler agieren. Nach Verlagerungen zu einer Seite hätten die Spieler aus dem ballfernen und teilweise auch aus dem ballnahen Halbraum sich noch schneller, so wie es Pedri teilweise exemplarisch vormachte, anpassen könnte.

Es blieb Luft nach oben, aber selbst in dieser Hinsicht war Barca zumindest nicht signifikant unter einem Niveau, wie es die meisten Champions-League-Teilnehmer durchschnittlich abliefern. Insgesamt spielten die Katalanen mit Ball gut bis sehr gut: Es gab, auf dieser Feldhöhe, oft ergänzende Bewegungen eines dritten Mannes unmittelbar um den Ballführenden. Diese wurden von den Akteuren zumeist auch noch passend getimt, so dass sowohl ein grundlegender Vorwärtszug vorhanden war als auch Gegenspieler gebunden werden konnten.

Mit zunehmender Spieldauer begab sich de Jong verstärkt in höhere Zonen, teilweise in den Halbraum vor Messi, um dort als zusätzliche Anspielstation, quasi raumblockend, für den Argentinier zu dienen. Diese Präsenz erweiterte die katalanischen Möglichkeiten erneut, insbesondere um auf Zwischenräume anzuspielen. Mit der Zeit fand schließlich Dembélé ein besseres Gefühl dafür, wann er sich aus den häufigen horizontalen Bewegungen lösen und kürzer zum Ball hin einbinden sollte. Einige seiner Szenen standen beispielhaft für die Wichtigkeit, nach der Teilnahme am Zusammenspiel zügig wiederum mit nach vorne zu starten.

Barca spielte sich insgesamt stark durch die Zwischenräume, machte es Reals Mittelfeld schwer und profitierte demgegenüber von manchen Unsauberkeiten innerhalb der letzten Linie. Mehrmals fehlten nur Millisekunden oder eine Fußspitze, damit auch der einzige Verteidiger, der einen Durchbruch noch mit hohem Risiko verhindern konnte, überspielt worden wäre.

Bei diesen Szenen konnte man den Katalanen meistens gar nicht viel Konkretes vorwerfen. Am ehesten wäre noch zu ergänzen, dass in der Einbindung der Flügelverteidiger Tiefenläufe als Komponente zu kurz kamen. Dest und selbst der vorwärtsorientierte Alba lauerten zu selten ganz vorne an der letzten Linie und sie täuschten selten Sprints an, um sie kurz darauf wieder abzubrechen.

Im zweiten Drittel fanden sie passende Starthöhen und auch weiter vorne mehrmals gute Positionierungen für mögliche Verlagerungen, nicht zuletzt trafen sie mit Ball ordentliche Entscheidungen. Sowohl beim Andeuten als auch beim Timing (zur tatsächlichen Umsetzung) von Tiefenläufen wäre allerdings noch mehr möglich gewesen.

Gegenpressing und Konter

Kurz vor der Pause, nachdem die Katalanen mehrmals kurz vor einem Durchbruch in der Offensive gewesen waren, hätte Real bei einer doppelten Großchance nach einem Konter beinahe die Partie zum 3:0 vorentschieden. Eingeleitet wurde die Szene durch Vinícius Júnior aus dem linken Halbraum. Gegenüber Valverde musste der Linksaußen nicht den gegnerischen Flügelverteidiger nach hinten verfolgen.

Aus seiner höheren Position sorgte er punktuell, im Wechsel mit Benzema, für Rückwärtspressing oder gliederte sich auf Höhe des Mittelfelds ein, allerdings nicht so eng und geschlossen, dass er eine Einbindung Messis im Halbraum nachhaltig hätte stören können. Zwischen Dest und Mingueza hatte Vinícius insgesamt für Konter interessante Ausgangspositionen, zumal nachdem sich de Jong schließlich frühzeitiger in hohe Positionen aufmachte.

Grundsätzlich musste Barca in der eigenen Spielweise klar auf das Gegenpressing setzen und dies kam in einem Großteil der Situationen nach Ballverlust auch zur Wirkung – zumindest verzögernd oder abdrängend. Allerdings wurden die Ausnahmen, in denen sich Real mal schnell und direkter nach vorne lösten, direkt brutal betstraft.

Der Konter vor dem möglichen 3:0 wäre nur eine die Spitze des Eisbergs gewesen. Bereits der erste Treffer entstand aus einem verzögerten Konter, genauer gesagt einem Gegenkonter. Dies war der Hintergrund, weshalb die Katalanen uneinheitlich auf den Umschaltmoment reagierten: In diesem Fall gab es sogar zu überambitioniertes Gegenpressing, das daher nicht griff. Einige Spieler begannen sich nach dem abgebrochenen eigenen Konter wieder zurück zu ziehen, andere setzten verspätet doch aggressiv nach und die resultierende Unkohärenz war gar nicht gut für die Gäste. Es hätte in dem Fall mehr Kommunikation bedurft.

Auch der Freistoß zum 2:0 entstand nach einem Konter über Vinícus durch den Halbraum, vom Muster also nicht unähnlich der späteren Großchance. In dieser Situation wiederum erhielt Barca nach Messis Ballverlust kaum eine Möglichkeit, schnell genug ins Gegenpressing zu kommen – es war eine der besten Defensivszenen der Madrilenen. Vinícus hatte eine saubere Startposition und Benzema initiierte den Ballgewinn durch eine starke Rückwärtspressingaktion. Selbst bei der Chance zum 3:0 kamen nochmals spezifische Umstände zum Tragen, diesmal in der Restverteidigung als solcher: Eine irrationale Orientierung Minguezas in jener Szene spielte eine wichtige Rolle dafür, dass Barca dem Konter wenig entgegenzusetzen hatte.

Halbzeit zwei als Fortsetzung mit nachlassender Intensität

Auf Basis der starken Ansätze Barcas ließen sich selbst beim 0:2-Pausenrückstand ordentliche Aussichten der Gäste auch nach dem Seitenwechsel erwarten. Die zweite Halbzeit war insgesamt ebenfalls gut, mit ähnlicher Ausrichtung wie zuvor, zum einen in nochmals offensiverer Ausrichtung (Dembélé rechts für Dest als Breitengeber, Griezmann dafür als nomineller Stürmer) und zum anderen strukturell doch mit einer kleinen Veränderung.

Im Nachhinein hatte diese vielleicht nicht die optimale Wirkung: Messi agierte etwas höher, teilweise als Mittelstürmer, da Griezmanns Rolle vorne linksseitiger angelegt schien als jene von Dembélé (worauf wiederum Pedri leicht tiefer agierte). Einerseits konnte Messi dadurch weiträumiger und punktuell überraschender auftauchen, andererseits war seine Einbindung nicht mehr ganz so fokussiert. Problematischer wirkte dagegen noch, dass die Katalanen im Laufe der zweiten Halbzeit zunehmend ungeduldiger agierten.

Letztlich reichte es nach dem Seitenwechsel zu einigen Chancen, zumal dank höherer Präsenz in der Strafraumbesetzung bei Durchbrüchen zur Grundlinie, aber nur noch zu einem Anschlusstreffer. Insgesamt hatten die Ansätze zwar nicht mehr ganz jenes Dynamikpotential wie zuvor und hingen noch etwas stärker an brillanten Technikaktionen von Messi. Aber selbst in Durchgang zwei allein wäre ein weiteres Tor gut möglich gewesen – und das gegen ein individuell stark besetztes Mittelfeld des Gegners (und allerdings auch eine weniger kohärente Abwehrreihe).

Resümee: Messis Glanz

Beide Mannschaften blieben letztlich bei weitem nicht frei von Makeln, aber beide boten zumindest in verschiedenen Teilbereichen so gute Qualität an, dass sie beide einen Lohn für die Partie verdient gehabt hätten. Ganz besonders bei Barca kann man das auch individuell wenden: Für Messi ist es angesichts seines Auftritts bedauerlich, dass sein Team die Begegnung als Verlierer beenden musste.

Auch der Argentinier hätte sich, zugegeben, in manchen Situationen noch stärker und zielstrebig einschalten können, wenn er diese stattdessen verstreichen ließ. Bei seiner Einbindung blieb also Potential liegen, das Barca eine noch stärkere und umfassendere Gesamtleistung ermöglicht hätte. Aber das kann nur eine kleine Kritik sein angesichts dessen, wie brillant Messi weitgehend in unmittelbarer Ballnähe spielte. Allein die Anzahl an guten Angriffen, an denen er beteiligt war (und es gab kaum eine vielversprechende Offensivszene, an der er nicht beteiligt war), rechtfertigt schon ein Lob.

Messis direktes Verhalten innerhalb von Kombinationen war sehr stark und seine konkreten Ballaktionen – von der technischen und koordinativen Sauberkeit – schlichtweg exzellent (lag vielleicht auch am Namen des Stadions). Viele Bewegungsabfolgen gelangen im Vergleich zu seinem „normalen“ Niveau der letzten ein bis zwei Saisons (wieder) deutlich flüssiger. Vom Prinzip war diese individuelle Leistung leicht dafür geeignet, in große spektakuläre Glanzpunkte zu münden, und es hing an Kleinigkeiten, dass die entsprechenden Aktionen nicht so endeten.

Gh 12. April 2021 um 12:56

Ich bin als Barca Fan sehr zufrieden mit der Entwicklung. Es geht darum, den Kader umzustrukturieren und innerhalb des obligatorischen Barca-Stils eine Variante zu finden, die den Qualitäten der neuen Spieler entspricht. Das alles vor dem Hintergrund, dass man die wirtschaftlich desaströsen Jahre unter Bartomeu langsam wird aufarbeiten müssen. Also: rebuild auf relativ hohem Niveau, nationale Titel sind in Reichweite, wenn alles passt kanns auch nochmal ins CL-HF gehen. Was fehlt ist ein neuer Messi (oder Ronaldinho), der dem ganzen etwas Flair gibt. Aber für welche Mannschaft träfe das derzeit nicht zu.

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