Überraschung in Halbzeit zwei?
Zur Pause schienen die Verhältnisse in diesem DFB-Pokal-Halbfinale eindeutig und geklärt – zu souverän der Münchener Auftritt. Frankfurt kam aber noch mal wesentlich besser ins Spiel, brachte die Bayern in Verlegenheit wie lange nicht und war zwischenzeitlich klar am Zug. Wie ging das?
Eine klare Dominanz der Bayern prägte die ersten 45 Minuten, die damit ihre starke Form der Vorwochen unterstrichen. Von der Dynamik im letzten Drittel mag es nicht der stärkste Auftritt dieser beeindruckenden Rückrunde gewesen sein. Aber ansonsten lieferte das Team von Hansi Flick erneut ein starkes Pensum ab: Die Absicherung war konsequent organisiert, die Flügelpärchen hatten ein gutes Timing im Aufrückverhalten und die Staffelungen der Sechser im Aufbau- und Übergangsspiel gestalteten sich sauber und vielseitig.
Gerade in den für die Stabilität entscheidenden Bereichen spielte Bayern eine starke erste Halbzeit: In dieser Hinsicht deutete also wenig auf einen großen Umschwung hin. Die Frankfurter Eintracht verteidigte eher tief, in einem 5-3-1-1 bzw. 5-4-1 als Raute, auch mal mit verschiedenen Staffelungsveränderungen in ein engeres 5-4-1, hatte insgesamt wenig Zugriff und Entlastung. Dank der Flügelbewegungen entwickelte Bayern gerade über die Grundlinie grundsätzlich viel Gefahr, ließ einige Torgelegenheiten aus und hätte zur Pause höher führen können. Die nachlässige Chancenverwertung ließ also Raum für das in seinem Ausmaß nicht unbedingt erwartete und definitiv beeindruckende „Comeback“ der Mannen von Adi Hütter.
Höheres Pressing
Die erste Grundvoraussetzung war einfach eine strategische Veränderung: Frankfurt presste höher und rückte auch generell weiter auf. Das betraf insbesondere die Flügelverteidiger: Zum einen nahmen sie bei Ballbesitz höhere Startpositionen ein. Die Eintracht hatte mehr Präsenz und nutzte dafür längere Pässe, Diagonalbälle und Seitenverlagerungen gut. In diesem Zusammenhang sollte zudem Hintereggers höhere Position im Aufbau zumindest nicht unerwähnt bleiben.
Zum zweiten schoben die Flügelläufer gegen den Ball weiter vor und attackierten die Münchener Außenverteidiger. Exemplarisch wurde das auf der linken Defensivseite, auf die die Eintracht den Gegner bevorzugt leiten wollte: Chandler setzte Pavard aggressiv unter Druck und agierte ballnah mitunter als zweithöchster Spieler seines Teams. Vor allem in den ersten zehn bis fünfzehn Minuten nach Wiederbeginn investierten die Gäste viel. In Verbindung damit kam ihre kompakte Zentrumsbesetzung zum Tragen, auch ohne dass die Grundordnung in diesem Bereich sich besonders klar geändert hätte.
Da Gacinovic versetzt hinter André Silva eher aus dem offensiven Mittelfeld heraus agierte und manchmal die Anschlussräume um den weiträumig agierenden ballnahen Achter füllte, konnte Frankfurt ballseitig besonders viel Präsenz zusammenziehen und vergleichsweise wuchtig zuschieben. In dieser konkreten Situation passte die Anordnung im vorderen Bereich gut zu dem aggressiveren Verhaltensstil. Einzelne konkrete Veränderungen dürften konkrete Umstellungen gewesen sein: So schob der ballferne Achter ambitionierter und aufrückender aus seinem Halbraum nach.
Müdigkeit und Kraftverlust
Hinzu kamen die Spuren von Müdigkeit bei den Münchenern. Dieser Faktor wirkte sich nicht einfach „additiv“ aus, sondern in Verschränkung mit den strategischen und taktischen Verhältnissen auf dem Platz (bzw. hatte dadurch selbst eine „taktische“ Dimension). In Spielsituationen, in denen normalerweise eine bestimmte Freilaufbewegung der Bayern erfolgt und gegen die erhöhte Aggressivität auch hätte erfolgen müssen, gingen in der Umsetzung die Frische und damit die Harmonie zurück: Die Auftaktaktion gelang weniger explosiv oder die Bewegung selbst geschah vielleicht ein bis zwei Sekunden zu spät.
Der Ballführende war aber unter dem Frankfurter Druck in der jeweiligen Szene zumeist entweder gezwungen oder zumindest noch optimistisch, den Pass doch so zu spielen. Doch konnte das Zuspiel dementsprechend leichter „zu früh“ eintreffen, bevor der Mitspieler da war und bevor davon ausgehend ein weiterer Ablauf überhaupt hätte einsetzen können. Die Abfolge stand nicht mehr im gegenseitigen Einklang. Solche Dissonanzen im Timing bedeuteten grundsätzlich Kleinigkeiten, aber sie konnten den Unterschied zwischen gelungener Ballstafette und Ballverlust und in der Summe schließlich größere Effekte ausmachen.
Körperlichkeit im aggressiven Herausrücken
An dieser Stelle bot sich die Bühne für die Frankfurter Verteidiger. Hinter dem jeweils vorschiebenden Flügelläufer rückten die drei zentralen Abwehrspieler mit ihrer enormen Athletik aggressiv heraus. Dies passte zu der höheren strategischen Ausrichtung und ging schließlich in der Gesamtkonstellation der Umstände besonders gut auf. Man konnte in dieser zweiten Halbzeit beobachten, wie sich verschiedene Faktoren miteinander verketteten.
Gegen den vorstürmenden Chandler musste Pavard häufig die Linie entlang spielen und machte dies mit der Zeit teilweise hektischer, zumal die vertikale Verteilung zwischen André Silva, dem raumfüllenden Gacinovic und dem Vorrücken der Frankfurter Achter den kurzen alternativen Weg über die Sechser blockierte. Klarere Achterstaffelungen, also mehr hin zu einem 4-3-3, wären für diese Route theoretisch eine Möglichkeit, jedoch in den Bewegungsmustern anspruchsvoller umzusetzen gewesen und könnten daher womöglich für Flick zumindest in letzter Instanz nicht zuverlässig genug gewirkt haben.
Bei Pavards Vorwärtspässen auf außen mussten sich häufig Müller und Lewandowski ausweichend bzw. zurückfallend anbieten, aber selbst der polnische Stürmerstar hatte es in dieser Situation gegen die Körperlichkeit seiner Gegenspieler schwer. Auf dem Rückweg in enge Räume hinein gegen aggressiv nachrückende und ohnehin weiträumige Verteidigertypen konnten die Münchener Offensivleute zunehmend weniger Bälle festmachen. (Zwischendurch konnten sich die Bayern auch einige Male aus dem Pressing befreien, unter anderem in der Szene direkt vor dem 1:1. Somit sind die Unterschiede in den Kräfteverhältnissen zur ersten Halbzeit zwar als deutlich, aber nicht als extrem einzuschätzen: Die Münchener gerieten nun nicht unter Dauerdruck, aber eben in Schwierigkeiten.)
Die Eigendynamik des Spiels
Über den Vollzug mehrerer derartiger Momente stellte sich eine Eigendynamik im Spielgeschehen ein: Mit jeder gelungenen Aktion des Einzelnen oder als Gruppe gewannen die Gäste an Stabilität und Selbstverständnis – in den Entscheidungen, im Timing, etc. Sie positionierten sich über die Zeit hinweg jeweils noch ein klein wenig besser, deckten noch etwas mehr Raum ab, schoben hier minimal aggressiver nach oder gewannen dort noch etwas Ausgewogenheit beim Abschätzen vorbereitender Bewegungen in bestimmte Zonen hinein.
Es gelang der Eintracht häufiger, den berühmten „Schritt schneller“ zu sein als vor der Pause und zunehmend auch als der Gegner. Das funktioniert normalerweise nicht (bzw. in den seltensten Fällen) nur durch Ansprache oder nur durch (veränderte) Einstellung, sondern es müssen viele Gründe zusammenkommen. (Das wird nicht zuletzt schon daran deutlich, dass der Umschwung in diesem Spiel als so überraschend eingeordnet wird.) Darunter fällt auch der Bereich der Taktik, den man natürlich nicht isoliert aus der Betrachtung herauslösen sollte, weil er eben nicht separat für sich allein steht: Hätten die Frankfurter nicht die nötige taktisch-strukturelle Grundlage gehabt, wie sie sie (prinzipiell so auch schon in Durchgang eins) hatten, wäre diese Eigendynamik gar nicht in dem Maße entstanden.
Bei den Bayern verlief die schleichende Tendenz umgekehrt: Begann die Quantität der gelungenen Aktionen abzunehmen, sanken langsam die Stabilität und das Selbstverständnis für die folgenden Momente, kamen ein oder zwei falsche Entscheidungen mehr in Bewegungsabläufen dazu oder wurde eher mal die Gewichtung eines bestimmten Passes unsicher. In der Anfangsphase der zweiten Halbzeit etwa suchten sie insgesamt den (zu) frühen Weg auf Coman – mit dessen Tiefenläufen hinter Chandler – auch in einigen Szenen, in denen die Eintracht gerade gar nicht so aggressiv vorrückte wie in den meisten anderen. Zusammenfassend gesagt verstärkten sich die unterschiedlichen Faktoren – Strategie, Frische, Eigendynamik, um sie der Einfachheit und Übersichtlichkeit halber einmal nur aneinanderzureihen – gegenseitig.
Fazit
Im Grunde genommen ist die Erklärung für die spektakuläre Veränderung des Spielgeschehens in der zweiten Halbzeit also vergleichsweise „simpel“. Wie sich diese in ihrem Ablauf und ihrer Entwicklung jedoch umsetzte und vonstattenging, unterlag (trotzdem) komplexen und vielschichtigen Wechselwirkungen. Auch das macht diese Sportart übrigens so cool.
16 Kommentare Alle anzeigen
Danochs 17. Juni 2020 um 08:36
Ich habe gesehen, dass Braunschweig anscheinend ähnlich spielt…sieht nach einem 5-1-3-1 aus. Das mutet ja fast schon verrückt an mit nur einem Sechser! Kennt sich jmd aus in Sachen Braunschweig?
tobit 17. Juni 2020 um 15:10
Zu Braunschweig kann ich nichts sagen. Im letzten Spiel gegen Ingolstadt steht da beim Kicker eine ziemlich enge Raute vor der 5er-Kette, die angesichts des Zehners Kobylanski (den kenne ich von Preußen Münster ein bisschen, geniale falsche Neun) wohl recht 5-3-2-haft gewesen sein dürfte. Kannst du ein bisschen beschreiben, wie das im tatsächlichen Spiel aussah?
Mit nur einem Sechser wird doch sehr regelmäßig gespielt, gerade auch bei 5er-Ketten. Leipzig am Anfang der Saison z.B. im 5-1-2-2 mit den Zehnern Sabitzer und Forsberg vor Laimer oder Demme. Dortmund hat ja zeitweise auch ein paar 5-1-3-1-Ansätze in der Besetzung gehabt als man Brandt nominell als zweiten Sechser hinter Reus, Sancho und Hazard aufgestellt hat. Man muss halt die Potentiale der vielen Abwehrspieler nutzen und diese über Rausrücken den Sechserraum sichern lassen. Eine 5er-Kette muss gegen den Ball weniger eine klar erkennbare Kette sein als eine 4er-Kette, weil man bei ein, zwei rausgerückten Spielern und guter Vorbereitung immer noch eine gewisse Breitenstaffelung halten und präzise Verlagerung oft schon über den schieren Zugriffsdruck verhindern kann.
Der Artikel zum Freiburger 5-1-4 („Christian Streich kann auch 5-1-4“ / September 2017) beschreibt zwar eine etwas andere Ordnung, aber ist glaube ich hier durchaus interessant. Wenn man Räume konstant so versperren kann, dass der Gegner sie nicht bespielen kann, muss man sie auch nicht explizit verteidigen. Freiburg hat das hier über den 4er-Sturm gelöst, den eigenen Achterraum ballnah permanent im Deckungsschatten (und im Zugriffsradius von Höfler und mehreren Stürmern) gehalten und nur ballfern durch den Flügelstürmer besetzt. Gleichzeitig wurde der Sechserraum immer wieder von Schuster als freiem Mann der 5er-Kette besetzt und so Höfler viel Bewegungs- und „Zugriffsfreiheit“ geschenkt.
tobit 17. Juni 2020 um 15:11
https://spielverlagerung.de/2017/09/30/christian-streich-kann-auch-5-1-4/
Das ist der Artikel zu Freiburg
Danochs 13. Juni 2020 um 21:41
Die Raute (im Grunde bislang nur im 4-Raute-2 vorhanden) in Verbindung mit einer Fünferkette bzw Dreierkette plus zwei Wingbacks. Klingt erstmal nach totaler Defensive. Aber gerade die zweite Halbzeit zeigte ja, dass dies nicht zwingend so sein muss!
Gerade das Anlaufen des Wingbacks auf den gegnerischen AV erscheint mir stabil, wenn sich der ballnahe Achter und Abwehrkette richtig verhalten. Mit dem Zehner und dem Sechser hat man noch zwei ballnahe Akteure. Vier mehr oder weniger zentrale Mittelfeldspieler und Wingbacks, die theoretisch einen kürzeren Pressingweg haben als im 4-Raute-2, ist ein sehr interessanter Ansatz meiner Meinung nach.
Kamada hat nicht gespielt, du meinst wahrscheinlich Gacinovic…
Haben Chandler und Touré tatsächlich asymmetrisch gespielt? Ist mir gar nicht aufgefallen. Was denkst du, wieso dies so war?
tobit 14. Juni 2020 um 08:12
Ah, ok. Ja Raute als wirkliche Raute hat man bisher wirklich selten in Kombi mit drei IV gesehen.
Gacinovic, Kamada … das sind doch bürgerliche Kategorien. Ich hab Kamada genannt, weil er das in den zehn, zwölf Minuten bis zur Auflösung der Raute (Dost für Kohr) wesentlich besser gespielt hat als Gacinovic. Lag aber vielleicht auch einfach an der wesentlich besseren zweiten Hälfte der Eintracht allgemein.
Wingbacks können neben einer Raute viel aggressiver vorschieben als Außenverteidiger, klar. Aber sie müssen auch permanent raus, weil vorne ein Stürmer weniger steht. Viele Rauten vor 4er-Ketten werden ja mehr in einer 4-3-3- oder 4-3-3-0-Struktur gespielt mit dem Zehner zwischen den dadurch viel breiteren Stürmern. Da können die Stürmer dann Recht simpel die AV im Deckungsschatten halten. Oder sie ziehen sich sogar richtig auf die Flügel zurück, halten den AV erstmal vor sich und übergeben ihn erst, wenn er weiter aufrückt und dann vom eigenen Außenverteidiger aufgenommen werden kann. Das geht mit nur einem Stürmer einfach nicht in dem Maße.
Zumindest in der zweiten Halbzeit war Chandlers Startposition im Pressing fast schon die eines Flügelstürmers. War halt nicht immer so, weil es hauptsächlich aus dem Verhalten von Pavard und Davies entstand. Ersterer war öfter erstmal etwas tiefer, letzterer rückte früher weiter auf. Passte halt ganz gut zu Silvas Orientierung auf Alaba.
Sah dann oft so aus:
Chandler ——————- Silva ———-
————— Kamada ———————–
——– Rode ———- Kohr ——- Touré
—————— Ilsanker ———————
— N’Dicka – Hinteregger – Abraham —
tobit 14. Juni 2020 um 10:29
Manchmal gab es dann Staffelungen ähnlicher zu einer Doppelsechs Rode/Ilsanker oder auch Ansätze einer sehr breiten Raute mit Rode und Touré als „Halb“spielern hinter Kohr.
Das entstand aber alles durch die Mannorientierungen gegen die Münchner „Asymmetrien“ mit Müller und Davies höher als Goretzka und Pavard.
Frankfurter Pressing (2. Hälfte): http://lineupbuilder.com/?sk=vx1by2
Münchner Ballbesitz: http://lineupbuilder.com/?sk=vx1b32
Danochs 14. Juni 2020 um 20:44
Was denkst du, warum die Grundordnung iVm einer Dreier-/Fünferkette so selten gespielt wird? Sprich: Wo liegen die Schwächen der Formation?
Koom 15. Juni 2020 um 11:09
Etwas „hemdsärmelige“ Vermutung von mir:
Wenn man es starr betrachtet, bildet man relativ wenig Dreiecke, bzw. nur sehr „vertikale“ Dreiecke, was eher unüblich und ungünstig ist, weil die sich leichter abdecken lassen. Du hast quasi eine Mittellinie MIV, DM, OM die im wesentlichen alle in der gleichen Furche spielen. Man deckt damit einerseits schlechter Raum ab, andererseits ist man schlechter anspielbar.
Deswegen spielt man üblicherweise auch eher mit 2 Leuten vor einer Dreierkette.
Studdi 15. Juni 2020 um 11:26
Ich glaube der Nachteil der Formation liegt im tiefen Verteidigen. Hier kann man die Flägel schwirieg zu stellen bzw. muss evtl. viel von einer auf die andere Seite Laufen. Hinzu kommt das man kaum Kontern kann und nicht viel entlastung Bekommt, da nur ein Stürmer Vorhanden ist und der OM Defensiv viel laufen muss wenn man tief spielt.
Ist beim 4 Raute 2 ähnlich. Hier liegt die stärke der Formation gegen den Ball auch eher im Angriffspressing als im tiefen Verteidigen.
Spich gegen denn Ball ist die Formation sehr Laufintensiv und man benötigt einen Gegner gegen den es Sinn macht im Angriffspressing zu spielen ( Spielaufbau von hinen raus).
Danochs 15. Juni 2020 um 15:11
Ein Vorteil könnte ja aber sein, dass man das Spiel des Gegners leicht auf eine Seite lenken kann („offener“ AV) und den sehr gut zupressen kann, wenn sich der Mittelstürmer und der Rautenzehner die beiden IVs des Gegners „teilen“. Für den Wingback wäre der Ball vom IV auf den AV das Startsignal zum aggressiven Anlaufen. Auch gegen eine eventuelle Seitenverlagerung wäre man mit dem ballfernen Achter und dem ballfernen Wingback gut aufgestellt. Für die beiden Achter könnte es allerdings tatsächlich laufintensiv werden, weil sie defensiv und offensiv auch immer wieder sehr gefordert sind, Box-to Box sozusagen. Offensiv müssten die Wingbacks fast eine Art Außenstürmer/Flügelstürmer spielen.
Ich könnte mir vorstellen, dass man damit insgesamt eine ganz gute Balance erzeugen kann, wenn die in diesem System entscheidenden Positionen (Wingback, 8er) entsprechend besetzt und den Gegner vor ungewohnte „Herausforderungen“ stellt, eben weil dies fast niemand so spielt….und man nicht gerade gg die Bayern in der momentanen Form spielt 😉
Studdi 15. Juni 2020 um 16:29
Ja das definitiv. Formationen sind ja auch fliesend. Wenn sich Stürmer und 10er die IVs defensiv teilen würde ich defensiv dann eher von einem 3-5-2 sprechen. Dies wird ja durchaus öfters mal genutz. Nagelsmann wärend seiner Hoffenheim zeit (darüber gibts ja einen schönen bereicht hier). Auch diese Saison mit Leipzig. Auch Antonio Conte. Hoffenheim hat am Freitag gegen Leipzig auch so gespielt. Frankfurt ja auch schon öfters mal. Lazio Rom spielt auch ausschlieslich so.
tobit 17. Juni 2020 um 15:14
@Studdi
Lazio ist ein gutes Stichwort. Die haben tatsächlich früher noch klarer 5-#-1 gespielt, als Luis Alberto noch direkt hinter Immobile und nicht als Halbspieler unterwegs war.
Danochs 19. Juni 2020 um 09:37
Guckt euch die Stuttgarter Aufstellung/Grundformation gg Sandhausen an…Materazzo spielt genau das hier diskutierte 5#1, anscheinend mit großem Erfolg 😉
Dabei hat er die Wingbacks mit Silas rechts und Gonzalez links sehr offensiv besetzt. Hab leider das Spiel nicht gesehen, werde mir aber die Wiederholung die Tage mal anschauen.
Was ich zuvor mit 5-1-3-1 (zB Wiesbaden oder Braunschweig) meinte, war die Tatsache, dass neben dem Sechser eigentlich keine zwei Achter spielen, sondern eher verkappte offensive Außenbahnspieler (zB Aigner bei SVWW). Das macht das Ganze dann doch brutal offensiv, wenn dazu noch ein echter Zehner (Kobylanski in Braunschweig bspw.) aufläuft.
tobit 19. Juni 2020 um 14:20
Naja so wirklich brutal offensiv ist ein 5-1-3-1 nicht. Es ist wie ein 4-2-3-1 mit einem IV mehr statt einem Sechser. Solange die Abwehrspieler die Vorteile der 5er-Kette gegen den Ball (gute Breitenstaffelung und enge Schnittstellen trotz Herausrücken) nutzen, kann es sehr ähnlich zum 4-2-3-1 (nur halt mit etwas anderen Zugriffswinkeln im Sechserraum) gespielt werden. Der Artikel zu Streichs 5-1-4 beschreibt das sehr gut.
An Stuttgart musste ich auch schon denken. Habe da aber seit dem Winter und der Walter-Entlassung kein Spiel mehr gesehen.
Ich weiß nur gerade nicht, wo du mit den immer neuen Beispielen von 5-#-1- und 5-1-3-1-Formationen hinwillst.
Danochs 12. Juni 2020 um 16:14
Interessante Grundformation, die Hütter da gewählt hat. Hab ich bislang sehr selten wahrgenommen. Der VfB unter Materrazzo oder Rehm in Wiesbaden spielen dies auch mitunter so ähnlich. Man konnte sehr gut sehen, dass die Formation an sich nicht als defensiv oder offensiv bewertet werden kann, sondern die Auslegung bzw. Interpretation maßgabend ist. Entscheidend ist m.E. die Rolle der AV, wie im Bericht auch aufgezeigt. Fungieren diese offensiv quasi als Außenstürmer, haben wir fast das Ajax-System aus den 90ern unter van Gaal. Denfensiv ist es durch die Mittelfeld-Raute und die breite Abwehrkette sehr stabil und eignet sich mMn hervorragend zum Pressen, v.a. aufgrund der Kompaktkeit im Mittelfeld. Mitentscheidend ist dabei die Rolle der Rautenspitze (10er, im Grunde hier eher offensiver Mittelfeldspieler als hängende Spitze) und sein Anlaufverhalten.
Warum wird diese Grundformation so selten gespielt? Was denkt ihr?
Wa denkt
tobit 13. Juni 2020 um 00:38
Was fandest du an der Grundformation so interessant? Die Raute im Mittelfeld oder etwas anderes?
Raute im Mittelfeld braucht aktuell gegen den Ball sehr laufstarke Spieler, weil viele Teams aus den tiefen bis halbhohen Flügelzonen gute Mechaniken zum Durchspielen oder mindestens Tempo aufnehmen haben. Entweder muss da der Halbspieler der Raute, ein Stürmer oder ein Verteidiger ständig weit rausschieben. Beim kleinsten Fehler gehen damit Räume auf, die man eigentlich unbedingt abgeschnitten halten wollte.
Mit nur einem Stürmer kann man diese Zonen auch nicht wirklich blocken, dafür kann ein Wingback da natürlich leichter hinschieben als ein AV. Frankfurt hat das dann ganz nett asymmetrisch gemacht mit Chandler als Blocker auf links und Touré genau in der angesprochenen Zone auf rechts. Passte auch gut zur etwas versetzten Staffelung von Kamada und Silva. Und natürlich Rode und Kohr mit ihrer brutalen Weiträumigkeit.