Senegals Pressing bleibt unbelohnt
Der Senegal stellte Kolumbiens Rechtsüberladungen gut zu, aber schied nach einem späten Gegentor äußerst knapp in der Vorrunde aus.
Nach einem furiosen Sieg im zweiten Gruppenspiel gegen die Polen stand Kolumbien vor der Ausgangsposition, für das Weiterkommen mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die dritte Partie der Vorrunde gewinnen zu müssen. Gegen den Senegal, dem ein Remis für das Achtelfinale gereicht hätte, tat sich die Mannschaft von Trainer José Pekerman mit ihren typischen Rechtsüberladungen aber deutlich schwerer und konnte nicht an die daraus kreierten, ansehnlichen Szenen der vorigen Begegnung anknüpfen.
Mannorientierungen gegen Rechtsüberladungen
Ein wichtiger Grund dafür war das Pressing der Senegalesen, die Kolumbiens Ausgangsstaffelungen mannorientiert zustellten und dies sehr konsequent umsetzten: Mit den eigenen Flügelspielern, dem ballnahen Sechser gegen den weit herüber schiebenden gegnerischen Achter und dem ballnahen Stürmer als Unterstützungsakteur, der häufig mit nach außen mitpresste. Vor allem wählten die Mannen von Aliou Cissé gute und disziplinierte Entscheidungen, wann sie aus ihrer lauernden Ausgangsposition auf die Zugriffssuche umschalten und aggressiver in die direkte Deckung auf den Gegenspieler gehen mussten – das geschah abgestimmt nacheinander im Laufe kolumbianischer Befreiungsversuche. Dabei musste die Auswahl von Pekerman das Leder immer wieder nach außen mitnehmen und lief dort in sich verkleinernden Räumen Gefahr, durch das engagierte Nachschieben von Niang zum Flügel in situative Unterzahl zu geraten.
Bei Dribblings der Außenspieler nach innen wiederum bewegte sich Gueye geschickt und explosiv zum Doppeln, hielt seinen Gegner riskant im Deckungsschatten. In solchen Momenten konnten die Senegalesen mit ihrer Physis einige Bälle erobern und waren über Konter recht gefährlich. Zum Tragen kam dabei auch die veränderte Besetzung in der Offensivabteilung: Mit dem neu ins Team gekommenen Keita Baldé auf der linken Seite wurde Sadio Mané auf die halbrechte Sturmposition geschoben und konnte sich nach den Balleroberungen von der linken Seiten somit sehr effektiv aus dem ballfernen Halbraum heraus in die Umschaltszenen einbinden. Per Konter hätten die Senegalesen durchaus in Führung gehen können.
Zu wenig Folgeanbindungen nach innen
Dagegen wurden die Kolumbianer lange Zeit kaum gefährlich: Gegen die Mannorientierungen hätten sie noch häufiger versuchen müssen, sich über Pässe in den Raum hinein auf dynamische Läufe zu lösen. Zwar gab es im Verlauf der ersten Halbzeit verschiedene seitlich ausweichende Bewegungen des ballfernen Achters in den Halbraum, diese Verschiebungen fanden jedoch meistens als Anpassung der Grundstruktur statt und nicht „innerhalb“ von Szenen als Teil des Angriffsablaufs selbst. Wenn Falcao sich aus dem Sturmzentrum tiefer in die Überladungen begab, um zusätzliche Unterstützung zu liefern, zog er eher noch mehr Gegner in schon zugestellte Szenen.
Auch auf der linken Seite kam Kolumbien nicht viel besser durch: Uribe kippte im Aufbau häufig heraus und konnte dann von Mané im äußeren Halbraum attackiert werden, während Niang den Sechserraum sicherte. Um zusätzliche Optionen zu schaffen, versuchte sich James in diesen Szenen schon sehr früh als Unterstützung in den Halbraum zu begeben – letztlich oft zu früh: Mit Sarr und dem robust nach außen ziehenden Kouyaté hatte der Senegal stets Überzahl gegen den gegnerischen Starspieler und Kolumbien selbst fehlte es durch den breiten Achter an stabiler Anbindung zur starken rechten Seite und überhaupt an Möglichkeiten, den Raum neben Senegals ballnahem Sechser zu attackieren. Deren Rechtsverteidiger wiederum konnte tiefer bleiben und die Flügelräume verteidigen.
Minimale Kontrollerhöhung für Kolumbien
Nachdem zu Beginn der zweiten Halbzeit Polen im Parallelspiel gegen Japan in Führung gegangen war, musste Kolumbien zumindest vorerst nicht mehr zwingend auf die Führung spielen. Erst in dieser Konstellation kam ihr Aufbauspiel langsam besser ins Rollen: Sie arbeiteten etwas weniger krampfhaft auf den Durchbruchsversuch in ihrer bevorzugten Überladungsstruktur, forcierten wieder mehr die tiefe Ballzirkulation und konnte hier einige Male von nachlassender Sauberkeit und Konsequenz bei den Gegnern profitieren. Etwaige Übergänge ins Angriffsdrittel funktionierten etwas risikoloser, zumal sie auch quantitativ etwas seltener durch die dichte Fokuszone hindurch versucht wurden.
Die Kolumbianer verloren weniger Bälle schon im zweiten Drittel und ließen so weniger Konter zu. Punktuell konnten sie durch gute Rückpassnutzung auch einzelne Offensivszenen aus dem Rückraum einleiten, wenn die gegnerischen Flügelstürmer in die Abwehr zurückgefallen waren, aber wirklich durchschlagskräftig wurden sie weiterhin kaum. Insgesamt sollten sie bis zum Schluss nur ganze vier Abschlussversuche verbuchen, davon keinen einzigen aus dem Spiel heraus. Über eine Ecke fiel spät aber doch noch das überraschende Führungstor. Das brachte plötzlich die Senegalesen wieder in Zugzwang, die durch diesen Treffer vom ersten direkt auf den dritten Gruppenplatz abrutschten.
Offensiv nicht genug bei Senegal
So stark sich die Mannschaft in dieser Partie in ihrer Defensivarbeit präsentiert hatte und so viel Lob sie für diese Leistung auch verdienten: Im Spiel nach vorne brachten sie über die Konter hinaus nur recht wenig auf den Platz und dies fiel ihnen am Ende etwas unglücklich auf die Füße. Ihre Offensivleistung reichte letztlich nicht, um so kurzfristig nochmals mit zuverlässig Gefahr provozierenden Spielzügen reagieren zu können. Im Aufbau hatten die Senegalesen über die Partie hinweg fast nur mit langen Bällen gearbeitet und sich fast noch stärker als in vorigen Partien auf die Eroberung von Abprallern konzentriert.
Gegen die Physis der Kolumbianer und insbesondere deren athletische Innenverteidiger hatten sie es sowohl in Kopfballduellen als auch bei zweiten Bällen aber schwer. Das Freilaufverhalten der Sechser war etwas zu unbedacht, so dass beispielsweise einzelne potentiell gute Herauskippbewegungen zu gewissem Verbindungsverlust der beiden Akteure untereinander führte und teilweise deswegen abgebrochen werden mussten. Als Alternative zu den weiten Bällen spielten Koulibaly und Salif Sané einige ambitionierte Flachpässe direkt in die Offensive, wo sich die vorderen Akteure sehr flexibel bewegten, aber abwechselnd immer nur einer mit längeren Zurückfallbewegungen für das Zuspiel anbot. Diese zu klare situative Aufgabenteilung bedeutete aber meist zu wenig Unterstützung für die Folgeaktion.
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