HSV mit neuer Hoffnung
Vieles hat sich in den letzten Wochen beim HSV verändert. Nach dem Sieg gegen Schalke gibt es sogar wieder eine kleine Aussicht auf die Rettung vor dem Abstieg.
Sehr ambitioniert ist der neue HSV-Coach Christian Titz im März seine Aufgabe angegangen, und auch mit reichlich Vorschusslorbeeren. Schon vor dem 3:2-Erfolg gegen Schalke am vergangenen Spieltag wurde seine bisherige Arbeit von vielen Fans und Beobachtern positiv eingeschätzt, schien der Coach allgemein hoch im Kurs zu stehen – zumindest als jemand, dem man vor dem Hintergrund des fast schon nicht mehr für möglich gehaltenen Klassenerhalts einen nötigen Neuanfang in der zweiten Liga zutraute. Diese Stimmung rührte von den beachtlichen Ergebnissen her, die Titz über einen längeren Zeitraum mit der zweiten Mannschaft der Hanseaten erzielt hatte, und ebenso von seiner Ankündigung eines offensiven Fußballs. Hamburg hoffte auf einen neuen Stil – und hat ihn bisher auch bekommen.
Spielerisches 4-3-3 und Torwartkette
Direkt bei seinem Debüt, zu Hause gegen Hertha BSC, nahm Titz eine Reihe von Änderungen vor. Anstelle eines möglichen Pragmatismus, der auf stark gegnerbezogene und anpassungsorientierte Weise hätte vorgehen können, wirkte sein Weg fast etwas idealistisch. Es war mutig, ein offensiv besetztes 4-3-3 aufzubieten, mit einer hoch agierenden Doppel-Acht aus Aaron Hunt und dem schon abgeschriebenen Lewis Holtby. Gerade dieses Element hat sich nun – in unterschiedlichen personellen Besetzungen – als prägender Aspekt etabliert. Zudem versuchte Titz das Aufbauspiel bereits in seiner ersten Begegnung durch den Einsatz einer mittelhohen Torwartkette zu beleben: Julian Pollersbeck übernahm die Position zwischen den Pfosten und agierte bei Ballbesitz aufgerückt knapp hinter den Innenverteidigern.
So sollte er als zusätzlicher Mann für die Zirkulation fungieren und den Feldspielern damit ein höheres Vorrücken ermöglichen. Das machte sich insgesamt schon bezahlt, die Hamburger suchten deutlich mehr Ballbesitz und Dominanz, hatten fußballerisch auch direkt mehr gelungene Momente als in den Vorwochen, mit denen sie das heimische Publikum zu beeindrucken vermochten. Jedoch war die Kausalität zwischen taktischer Ausrichtung und „Ausdruck“ auf dem Platz hier keine direkte und saubere, die Sachlage vielmehr komplexer. Worin sich der HSV vor allem und ziemlich zügig verbesserte, war der gruppentaktisch-spielerische Bereich. Dort machten sich offenbar schnell erste Trainingsresultate bemerkbar. Die Hamburger nutzten die Dreiecke ihre Grundformation als Hilfe für einige gute Abläufe und wussten situative Möglichkeiten für Konter oder Gegenstöße deutlich dynamischer auszuspielen.
Ambivalenz des Ordnungsschemas
Demgegenüber gehen die neu installierten Strukturen noch nicht so gut auf. Teilweise können sie das aufgrund der kurzen Zeit und der „Vorgeschichte“ – um die Gewöhnung an die wenig konstruktiven Spielweisen der letzten Monate, wie es als Problemlage auch am Anfang der Gisdol-Zeit gewesen war, mal so zu umschreiben – auch gar nicht, da die Spieler sie erst in gewisser Weise verinnerlichen müssen. Teilweise geht es aber auch um die Strukturen selbst und nicht deren Umsetzung, um gewisse „innere“ Problemlagen, aufgrund derer es auch bei guter Ausführung zu suboptimalen Ausgängen kommen würde. Man hat es hier mit einer ambivalenten Situation zu tun, in der das Grundbild einer ambitionierten Hamburger Ballbesitzherangehensweise zunächst einmal ganz gut aussieht:
Einbindung des Torwarts, Auffächern der Innenverteidiger, mit Steinmann als Sechser eine gute Besetzung auf der wichtigen Ankerposition, verschiedene Bewegungsmuster der Außenverteidiger. Sobald es in die Offensivzonen geht, kommt auch von den Angriffsspielern viel Movement. Die Angreifer zeigen sich ohnehin flexibel, die Achter schalten sich manchmal etwas später ein, sind dann aber nicht minder umtriebig, nachdem sie zunächst ihre Halbräume besetzen und dort für Präsenz sorgen. Eine klare, saubere 4-3-3-Ordnung als Ausgangsbasis ist ohnehin immer erst einmal vielversprechend. Vom Prinzip machen die einzelnen Elemente und auch das Gesamtbild also Sinn, und doch tun sich dabei einige Probleme auf. Diese liegen in der ersten Aufbauphase und lassen sich dahingehend zusammenfassen, dass die Struktur sich hier etwas zu schematisch darstellt.
Konkret heißt das: Die beiden Achter stehen in den ersten Aufbaumomenten schon sehr hoch und versuchen mit schwimmenden Horizontalbewegungen hinter dem gegnerischen Mittelfeld frei zu werden. Teilweise gehen sie etwas nach außen in die Spitze, ebenso wie der zentrale Angreifer, während sich der offensive Flügel nach hinten orientiert. Manchmal lassen sich die Achter zwar fallen, insbesondere Holtby, der etwa im Verlaufe der Partie gegen Stuttgart sogar zunehmend konstanter tief die Bälle forderte und Steinmann ein Stück nach vorne schob. Allerdings war hier der Kontext spezieller, da der überraschend als anderer Achter aufgebotene Gouaida neben gelegentlichem Herauskippen hauptsächlich in einer unauffälligen, raumschaffenden Rolle für Aufrück- und Ausweichbewegungen sorgte.
Abstände durch das Zentrum und beim Auffächern
Trotz der in der Grundstaffelung oft sauberen Positionsfindung der Achter verbleiben die Abstände nach hinten zu häufig zu groß. Dadurch sind die vertikalen Verbindungen durch die zentralen Bereiche aber suboptimal und entsprechende Übergänge nicht so leicht herzustellen. Pollersbeck muss aus der Torwartkette heraus zu überambitionierten langen Diagonalbällen in die Flügelräume um den gegnerischen Außenverteidiger bzw. meist knapp hinter diesen greifen, die aber trotz der dort schon planvollen Bewegungen nur selten in den Rücken der Abwehr zu erlaufen sind. So geben die Hamburger auch einige Bälle früh und leicht wieder her, wenngleich in solchen Fällen wirklich weitgehend risikofrei.
Außerdem ging das Auffächern der Innenverteidiger einige Male schon zu weit, so dass – in Verbindung mit der Situation im Zentrum und den zunächst ebenfalls eher breit bleibenden Außenverteidigern – der Angriffsvortrag endgültig früh auf die Außenbahn festgelegt wird. Dafür können Letztgenannte aber noch etwas höher agieren, weshalb einfache Zuspiele auf sie mehr Effekt generieren und leichter zumindest die vorderste Pressinglinie seitlich zu überwinden vermögen. Diese Route ist für den HSV dann sehr wichtig, viel muss über den Flügel oder die äußeren Halbräume laufen. Dort verhalten sich die Hanseaten wiederum gut, in diesen Konstellationen kommen ihre Fortschritte in Gestalt vielversprechender Abläufe zum Tragen.
Flexible Abläufe um die Flügel
So dribbeln beispielsweise die Außenverteidiger immer mal nach innen und die Achter versuchen zusätzlich zu überladen. Insgesamt zeigt sich der HSV dabei noch etwas überambitioniert im Bewegungsspiel und versucht mitunter zu viele Rochaden gleichzeitig. Von verschiedensten Positionen gibt es zwischendurch weite Vorwärtsläufe bis in die letzte Linie oder darüber hinaus und in unmittelbarer Reaktion darauf gegensätzliche Bewegungen naher Kollegen nach hinten oder außen. Ob bei der Partie in Stuttgart Waldschmidt sich tief fallen ließ, Gouaida nach links kippte oder Holtby mit Sakai rochierte: Der Effekt dieses mitunter wirren und unkoordinierten Herumtauschens war meistens jener, dass einer der beteiligten Spieler seitlich neben der gegnerischen Defensivformation frei wurde, etwas Zeit erhielt und Pässe einfacher nach vorne mitnehmen konnte.
Dadurch gewann der HSV Aufrückmöglichkeiten in den seitlichen Zonen, die sie mit ebenso starker Prägung auf gruppentaktische Bewegungsabläufe weiterzuspielen versuchten wie sie sie vorbereitet hatten. Die im Zuge dieser Rochaden aufgerückten Spieler formierten sich an der letzten Linie häufig recht eng und kompakt, um die Stuttgarter Gegner dort zu binden. Es war dann meistens ein ballfernerer HSV-Akteur, welcher dies nutzte, um sich mit horizontalen Läufen nach außen quasi neben der Abwehrreihe anzubieten und das Leder weiter in die Tiefe zu tragen. Vor allem von Holtby sieht man diese weiträumigen Horizontalläufe mit interessantem Timing, aus dem ballfernen Rücken der gegnerischen Defensive parallel zur letzten Linie bis auf den anderen Flügel.
Gegenpressing sichert zwiespältige Direktheit
Einerseits war das Spiel der Hanseaten hier kombinativ ansehnlich und bewusst, andererseits stark darauf ausgerichtet, außerhalb der Defensivformation nach vorne und zu Raumgewinn zu kommen. Gegen den VfB gab es noch einige Diagonalrochaden zur Grundlinie und anschließende Hereingaben in den Strafraum, auch wenn dieser gerade von keinem einzigen HSV-Spieler besetzt war. Zuletzt gegen Schalke und deren Fünferkettendefensive kam das Hamburger Muster mit Ausweichen zum Flügel und schnellen Vorwärtspässen auf diese Freilaufaktionen gut zur Geltung: Hinter dem Herausrücken der gegnerischen Flügelverteidiger boten sich potentiell viele Räume, und wenn Schalke die Passwege zugestellt oder die Folgeszene verteidigt bekam, brachte der Hamburger Stil so zumindest viel Dynamik in die Partie. Dass sie in solchen Szenen nicht zu viel Stabilität verlieren, liegt an ihrem sehr engagierten Gegenpressing, das sich bisher als eine der wichtigsten Stärken unter Titz präsentiert.
Spätestens ab dem Übergang vom zweiten Drittel ist das Vorwärtsspiel des HSV also vergleichsweise direkt angelegt, nachdem die aufgefächerte Staffelung in der ersten Linie noch ausgeprägt für tiefe Zirkulation genutzt wird. Generell ist bei den Hamburgern die strategische Verteilung zwischen beruhigenden und punktuell beschleunigenden Phasen im Ballbesitz noch nicht so trennscharf, hat ihr Spiel dort einen etwas unspezifischen Rhythmus. Trotz der Ballbesitzspielweise verzichten sie recht häufig darauf, sich im zweiten Drittel ergebende Szenen nochmal neu vorzubereiten, und wählen eher die Option, den Angriff einfach situativ durchzubringen zu versuchen. Besonders gegen Schalke agierten sie dadurch sehr dynamisch und konnten die Kehrseite, dass ihnen insgesamt noch etwas das kontrollierte Gleichgewicht abgeht, wiederum über das Gegenpressing ausgleichen.
Horizontale und vertikale Defensivaspekte
Solche Balancefragen mögen in unterschiedlichen Kontexten auftreten. Das gilt beispielsweise auch für die Arbeit gegen den Ball. Hier gibt es ebenso eine Dualität zwischen wichtigen Fortschritten einerseits und Baustellen und Problempunkten andererseits. Grundsätzlich macht das 4-3-3 bzw. häufig defensive 4-1-4-1 der Hamburger einen soliden Eindruck. Es zeichnet sich in der Umsetzung vor allem durch die gute horizontale Unterstützung untereinander aus: Das gegenseitige Absichern der hinteren Akteure und das diagonale Zuschieben in die äußeren Halbräume funktioniert bereits sehr gut, mit einem deutlichen Leistungssprung vom ersten zum zweiten Spiel, also nach der Länderspielpause. Diese Phase scheint sinnvoll genutzt worden zu sein. Eine solche Grundharmonie mit verbesserter Aufmerksamkeit in dieser Zeit mit sichtbaren Effekten einzutrainieren, ist nicht selbstverständlich und zeigte sich daher durchaus beeindruckend.
Auf der anderen Seite liegt ein größeres Problem noch in der vertikalen Koordination im Nachrückverhalten. Genauer trifft das vor allem auf die Kompaktheit der zweiten Reihe zur teilweise – nach dem Stuttgart-Spiel aber schon wieder etwas verbessert – zu tief bleibenden Abwehr zu. Das diagonale Herauspressen der offensiven Flügelspieler wirkt noch nicht optimal eingebunden. Generell wird aus dem Mittelfeld heraus häufiger mal die „falsche“ Timingwahl getroffen, wann man wie weit wieder herausrücken kann, wann man gar nicht so tief zurückfallen braucht und wann man sich so gewisse Wege sparen kann. Zudem bewegen sich die Achter zwar sehr flexibel, aber nicht besonders intensiv.
Wenn es dem Gegner dagegen gelingt, in die Zwischenräume neben Steinmann – also die „theoretisch“ anfällige Zone des 4-1-4-1 – einzudringen, sind sie auch nicht unbedingt die Hauptakteure für die Zugriffssuche. Gewöhnlich sieht der mannschaftliche Rückwärtsgang so aus, dass gegebenenfalls ein Abwehrspieler die dynamische, erste Aktion führt und sich dann das Konstrukt durch das Zurückschieben des Mittelfelds wieder zusammenzieht. Gerade gegen Hertha gab es beim HSV aber viele Szenen, in denen sie die Gegenspieler sehr strukturell statt situativ über Herausrückbewegungen der Verteidiger zu stellen versuchten, während selbst Steinmann vergleichsweise stark seine Position hielt. Neben dem Herausrücken des Innenverteidigers beteiligte sich häufiger der Außenverteidiger, indem er quasi passwegsversperrend nach innen presste.
Das war insgesamt ambitioniert und schon recht riskant, funktionierte aber in jener Partie gar nicht so schlecht. Direkt bestraft wurde es letztlich nicht, jedoch erwies es sich als problematisch für die saubere Organisation der letzten Linie in den Anschlussaktionen. Die Strafraumverteidigung sah daher mehrmals etwas fahrig aus. Dass horizontale Läufe und Rochaden der Gegner zudem recht mannorientiert verfolgt wurden, verstärkte dies noch. Dieser Aspekt wirkt sich beispielsweise auf den Außenbahnen weiterhin aus. Diese verschiedenen Faktoren in ihrer Zusammenwirkung führen dazu, dass die Verteidigung gegen eher einfache Flügelverlagerungen – hauptsächlich auf den gegnerischen Außenverteidiger – beim HSV vergleichsweise anfällig daherkommt.
Feinheiten bei der Balance
Ein ganz anderes Beispiel wiederum fand sich bei der Partie in Stuttgart. Dort hatten die Mannen von Titz in der Offensive viele Einrückbewegungen und eigentlich eine gut auf das Personal eingestellte Rollenverteilung zwischen Hunt als Rechts- und Kostic als Linksaußen: Beide gingen häufiger mal nach innen, Letztgenannter punktueller und dynamischer, Hunt dafür dauerhafter und umherstreifend, nicht so sehr zielstrebig aktionsbezogen. Insgesamt brachte der HSV viel Präsenz zwischen die Linien, mit Flexibilität, kam dort aber dennoch nicht so zum Zuge. Teilweise schienen sich fast schon zu viele Leute gleichzeitig in jenen Bereichen zu positionieren, dadurch aber unbalanciert, auch ziemlich hoch nahe der letzten Linie, so dass sie doch leichter gemeinsam zuzustellen waren und eventuell sogar in anderen Zonen fehlten.
Ähnlich war das Szenario in der Schlussphase gegen die Hertha, nachdem diese das Spiel innerhalb recht kurzer Zeit gedreht und der HSV dann Schwierigkeiten hatte, wieder in die Begegnung zurückzufinden. Es gelang ihnen nicht mehr so gut wie teilweise in der ersten Hälfte, in die Zwischenräume einzudringen und die hohen Achter zu bedienen. Ihre Offensivkräfte wirkten generell zu gleichförmig und damit auch unflexibel in die äußeren Halbräume orientiert, wo sie nicht anspielbar werden konnten. Das lag gleichzeitig an einer guten Anpassung der Hertha, die eben genau das erschwerte – einerseits konnte sich der HSV dagegen nicht mehr zurechtfinden, andererseits war es ein Stück weit auch einfach der „Zufall der Verhältnisse“, dass der Gegner gerade in dieser Begegnung eine so wirksame Umstellung fand:
Mit einer etwas tieferen Grundhaltung und mehr 4-1-4-1-Elementen aus dem 4-4-2 heraus brachten die Hauptstädter in jener Begegnung mehr Diagonalität ins Spiel. Der ballnahe Sechser rückte diagonal im Halbraum heraus und setzte als Pressinginitiator die Hamburger Aufbauversuche unter Druck, während der Zehner halb-ballfern zurückfallend ein 4-1-4-1 auffüllte. Gegen diese anpassungsfähige, strukturell komplexere Defensivorganisation wurde es für den HSV einfach ungleich schwieriger und am Ende standen sie grob gesagt vor dem Problem der Überladung eines unzugänglichen Raumes. Die Zentrumsleute waren aus dem Spiel, außen konnte Hertha effektiver doppeln oder mit zurückfallendem Zehner gar trippeln und mit dem Mittelmann der zweiten Linie die Anschlusszonen kontrollieren.
Der HSV und der Fußball
Gänzlich frei von generellen Hintergründen war diese Konstellation aus Hamburger Sicht aber auch nicht. Es ging hier schon – wenngleich in einer speziellen, zugespitzten Situation – um das Thema, sich zu leicht nach außen drängen, in den dortigen typischen Routen isolieren und sich die Anschlüsse nach innen abkapseln zu lassen. In der Schlussphase gegen Hertha hing der HSV einige Male bei den hohen, viel zu wenig unterstützten Außenverteidigern fest. Etwas allgemeiner und abgeschwächter ist das Thema vom Verhältnis zwischen teils sehr breiter Rahmenformation auf den hinteren Positionen und engeren, hohen Offensivpositionierungen aber ein allgemeines. Warum das manchmal besser und manchmal schlechter funktioniert, hängt – wie fast immer im Fußball – von einer Reihe von Faktoren ab, die mitunter komplex zusammenhängen können.
In diesem größeren, allgemeinen Gesamtzusammenhang wäre etwa noch die Entscheidungsfindung der Spieler zu nennen. Auf diese wiederum wirkt noch sichtbar zurück, dass die Gewöhnung an ein konsequentes und von der Grundidee schon auf Dominanz zielendes Aufbauspiel recht gering ist. Gegen einige höhere Berliner 4-4-2-Pressingphasen brachten sich die Innenverteidiger eigentlich in gute Positionen, von außen kommend die erste Linie zu überspielen, verpassten aber den vergleichsweise einfachen, offenen Pass auf Steinmann und waren stattdessen zu sehr auf den vertikalen Ball aus. Und doch: Entscheidungsfindung und Timing, ebenso die Flügelunterstützung haben sich schon verbessert im Vergleich zum ersten Auftritt. Der HSV spielt einfach mal wieder – quasi erstmals so wirklich seit Monaten – Fußball bzw. versucht es sehr engagiert und fokussiert – ein Zustand, den es über die letzten Jahren immer nur punktuell für kurze Phasen gab.
Nun muss man abwarten, ob das eine noch reicht oder das andere sich rächt. Der aktuelle HSV ist bzw. wäre eigentlich kein Abstiegskandidat, aber auch nicht unbedingt als so zuverlässig durchschlagskräftig einzuschätzen, um die alten Hypotheken sicher abzulegen.
10 Kommentare Alle anzeigen
tobit 23. Oktober 2018 um 15:55
Tja, jetzt ist Titz schon wieder Geschichte. Entlassen mit zwei Punkten Rückstand auf den Tabellenführer.
Haben die wirklich so wenig auf die Reihe bekommen, dass das notwendig war?
Wolf als Nachfolger klingt erstmal vielversprechend.
kalleleo 23. Oktober 2018 um 16:54
War vielleicht gerade die Gelegenheit ausschlaggebend, einen anderen guten Trainer mit Potenzial verpflichten zu koennen. Wenn Wolf nicht gerade bei Stuttgart rausgeflogen waere, wuerde Titz vielleicht noch beim HSV sein…
tobit 23. Oktober 2018 um 17:53
Wolf ist aber schon im Februar bei Stuttgart rausgeflogen. Da war Titz noch nichtmal Trainer beim HSV (war Hollerbach da schon da?).
McHanson 24. Oktober 2018 um 17:48
Ja, wenn auch nur knapp eine Woche.
Ist Wolf nicht schlicht ein pragmatischerer Trainer, der bei Stuttgart auf die eigene individuelle Überlegenheit gesetzt hat? Als das in Liga 1 dann nicht mehr gereicht hat, scheiterte er dann schlicht an der Umsetzung eines ordentlichen Ballbesitzspiels. Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass der Schritt sinnvoll war- vor allem langfristig.
tobit 24. Oktober 2018 um 21:04
Wolf hat zumindest strukturell recht sinnvolle Dinge gemacht und sich nicht nur dem üblichen Gras fressen und Kontern Einheitsbrei gewidmet. Titz finde ich insgesamt aber auch den besseren Trainer.
Immerhin arbeiten beide gut mit jungen Spielern und sind fähig diese weiterzuentwickeln – was eine der wichtigsten Eigenschaften des Trainers dieses Kaders sein sollte. So viel rohes Talent war selten in der zweiten Liga versammelt.
Daniel 15. April 2018 um 23:08
Bin ich der Einzige, den der Beginn von Titz in Hamburg an Nagelsmann in Hoffenheim erinnert? In beiden Fällen war der Vorgänger mit Destruktivfußball gescheitert (Stevens, Hollerbach). Der große Unterschied ist wohl, dass Nagelsmann viel früher übernahm und die Lage in Hoffenheim deshalb noch nicht dermaßen vertrackt war. Das kurze und unsinnige Hollerbach-Experiment könnte Titz und dem HSV die entscheidenden Spiele gekostet haben. Schlägt Mainz morgen Freiburg ist es für den HSV so gut wie vorbei, egal was Titz macht. Ich hoffe aber, dass Titz in jedem Fall auch kommende Saison bleibt.
Koom 16. April 2018 um 16:15
titz mit mehr Zeit hätte/könnte den HSV retten. Würde ich auch sagen. Taktisch ist das soweit sehr gefällig, man steht defensiv gut und die Dinge, die nicht passen, hätte man auch besser hintrainieren können. Ein Andre Hahn oder Bobby Wood ist ja nicht einfach schlecht geworden, dass ist ja schon durchaus ordentliches bis gehobenes Bundesliganiveau, das man nur wieder einnorden muss.
Generell sind die Entscheidungen des HSVs, sich überall neu aufzustellen, sinnvoll. Nur halt wohl zu spät.
Daniel 19. Mai 2018 um 13:46
Und so wars dann auch. Titz hat die Mannschaft entwickelt und holte 1,6 Punkte pro Spiel..ein Schnitt, der auf die Saison gerechnet auf die Schnittstelle zwischen EL und CL geführt hätte. Aber in der Situation, in der er übernommen hat, hätte er schon einen Meisterschaftsschnitt haben müssen.
Dass Titz nun einen langfristigen Vertrag hat ist denk ich sehr positiv zu bewerten. Wenn der HSV ihn in Ruhe arbeiten lässt könnte der Abstieg ein einmaliger Betriebsunfall bleiben, der einen strukturellen Neubeginn ermöglichte.
Nicht Julian Nagelsmann 15. April 2018 um 09:47
Danke, wirklich sehr informativ und hilfreich!
August Bebel 14. April 2018 um 13:24
Cooler Artikel, danke!
Ich hab keine Ahnung, was die Hamburger im Abstiegsfall planen, ob sie Titz weitermachen und den Kader gewaltig umbauen wollen. Aber sich auf eine konstruktivere Spielweise mit mehr Ballbesitz umzustellen, dürfte mit Blick auf die 2. Liga eine gute, für Hamburg fast schon ungewohnt vorausschauende Idee sein, denn da wird der HSV als Riesenfavorit ins Rennen gehen und das Spiel machen müssen.