Jung legt vor, Alt legt nach
Nagelsmanns forsche 5-3-2-Interpretation und das präsente Vorwärtsspiel seiner Hoffenheimer brachten die Bayern in Verlegenheit. Hinter dem herausrückenden Mittelfeld war der Plan aber anfällig – und nach einigen kleineren Anpassungen Ancelottis konnten die Münchener das ausnutzen. So robbte sich der FCB letztlich aus der Umklammerung der Nagelsmänner.
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Mit dem Erfolgsmodell der vergangenen Wochen traten Julian Nagelsmann und seine Hoffenheimer bei den Münchener Bayern an. Dazu gehörten die personelle Besetzung und die formative Grundanordnung – drei zentrale Verteidiger, im Mittelfeld dann Doppel-Acht vor einem Sechser – ebenso wie unter anderem eine aggressive, mutige Spielweise: Im Grunde genommen trafen die Münchener wie schon unter der Woche in der Champions League auf eine 5-3-2-Formation, nun jedoch anders interpretiert als es die eher zurückhaltende Variante der PSV Eindhoven war.
Frühes Pressing der Hoffenheimer
Ein zentraler Unterschied zeigte sich im frühen und mutigen Herausrücken der Hoffenheimer: Hatten sich die Stürmer des niederländischen Meisters für gewöhnlich auf Höhe der bayerischen Mittelfeldakteure aufgereiht, schob in dieser Begegnung die erste Linie der Gäste weiter nach vorne. Häufig wollten sie die beiden Innenverteidiger zustellen, nicht selten auch Manuel Neuer stören. Gegen die zunächst eher tief agierenden Thiago und Vidal, die sich wie gewohnt prinzipiell oft nach außen freilaufen sollten, setzten die Hoffenheimer ihrerseits weiträumige Herausrückbewegungen der eigenen Achter.
Gelegentlich agierten Amiri und Demirbay dabei vergleichsweise mannorientiert: Es konnte auch schon einmal vorkommen, dass der jeweils Ballferne gegen eine breite Positionierung des Bayern-Spielers weiter entfernt stand und sich entsprechend größere Abstände zu seinem Kollegen ergaben. Jedoch wurden solche Bewegungen der Münchener Gegenspieler überwiegend klarer im Verschieben verteidigt: Entsprechend rückte der ballnahe Achter der Hoffenheimer gegen das Pendant auf FCB-Seite heraus, während der Kollege zentral mit attackierte.
Dieser konnte sich lose im Raum von Xabi Alonso orientieren und jenen optional zustellen, was die beiden Spitzen zwischen dem ersten Münchener Aufbaudreieck entlastete. Rudy blieb absichernd dahinter, ansonsten rückte der Hoffenheimer Kapitän aber auch mal über längere Strecken heraus, um den spanischen Routinier zu attackieren, falls dieser zwischen den umliegenden Akteuren zu offen war. Solch mutige und bisweilen riskante Bewegungen hatten die Gäste in allen Linien. Teilweise ging etwa einer der Achter sogar bis in vorderste Front, so dass drei Akteure unmittelbar am oder im Strafraum pressten und für massive Bedrängnis bei den Gastgebern sorgten.
Staffelungsprobleme in Bayerns Mittelfeld
Versuchten sich die Münchener über die Flügel zu befreien, rückte ballnah – quasi also im Zuge einer pendelnden Viererkette – auch der jeweilige Flügelverteidiger der Kraichgauer weit heraus, um Rafinha bzw. Bernat unter Druck zu setzen. Die Bayern kamen dagegen gerade im ersten Teil der ersten Halbzeit nicht richtig ins Spiel: Gegen das Pressing mussten sie viele Bälle unkontrolliert lang schlagen, die Flügelwege als Ausweichmöglichkeit waren über weite Strecken von der gegnerischen Fünferkette versperrt. Etwas Abhilfe gelang durch eine zwischenzeitliche Umstellung, bei der sich Thiago tiefer und zentraler bewegte, teils sehr nah an Xabi Alonso, der ihm dann zwischen Hoffenheims Stürmer Raum blocken wollte.
So konnten die Münchener etwas ruhiger und harmonischer aufbauen, eine nachhaltig verändernde Wirkung ging davon jedoch nicht aus. Insgesamt zeigte sich das Spiel in den Mittelfeldzonen eher problembehaftet, selbst die Kontrollwirkung der tiefen Präsenz des 4-3-3 verpuffte: Innerhalb der drei mittleren Akteure fehlte es zu häufig an vertikaler Staffelung. Bei stärkerem Auffächern konnte die Bindung verloren gehen: Es gab immer mal Szenen, in denen einer der Achter zu breit agierte. Situativ kompaktere Positionierungen hätten ein vielversprechendes Mittel sein können, doch für erfolgreiche Tiefenüberladungen etwa fehlten eben weitgehend die Freilaufmuster in die Vertikale.
Ein oder zwei Mal standen die bayerischen Mittelfeldmannen einfach unpassend auf einer Linie. So war es für die mit viel Personal heran rauschenden Hoffenheimer dann gut möglich, Unruhe zu entfachen. Gleichzeitig bedeuteten die geringen Wechselwirkungen aus dem eher für sich agierenden Mittelfeld heraus nach vorne auch, dass dort speziell zu Beginn der Ballbesitzmomente noch wenig Präsenz vorhanden war. Generell unterstützen die Achter bei Ancelotti auch vergleichsweise wenig in den Aktionsbereichen der Angreifer (Rückstände und Schlussphasen-Szenarios ausgenommen).
Instabile Vorwärtsaktionen gegen Herausrückbewegungen
Schnelle Eröffnungen in die Spitze mussten die Bayern daher oft in klarer Unterzahl schultern – so zügig gelangte keine Hilfe von hinten herbei. Im ersten Teil des ersten Durchgangs passten hier aber auch die vorderen Bewegungen selbst nicht: Die Angriffsspieler zeigten sich zwar beweglich, aber isolierten sich teilweise selbst. So bot sich etwa Lewandowski mehrmals für Direktpässe nach vorne an – ein Mittel, das sehr wirksam hätte sein können und später auch noch werden sollte. Er hatte jedoch kaum Möglichkeiten für Folgeaktionen. So landeten die Vorwärtspässe der Münchener anfangs zu oft in isolierten Lagen und blieben dann hängen.
Die drei Hoffenheimer Verteidiger konnten sehr weiträumig herausrücken, nutzten das auch und stellten so unangenehme Situationen her. Zunächst blieb der Schwachpunkt der TSG – der Sechserraum – somit gewissermaßen unentdeckt. Ein Bayern-Gegenmittel bestand in einem etwas anderen Weg: Wie in den letzten Spielen trieb sich Douglas Costa häufig im Zehnerraum herum, diesmal im Dunstkreis von Rudy. Nach Direktpässen brachte er vereinzelt – bevor der Hoffenheimer Sechser oder deren kollektives Zusammenziehen zugreifen konnten – schnelle Halbraumweiterleitungen auf den aufrückenden Vidal an, so dass dieser nach links Raumgewinn schaffen konnte. Das gelang aber eher selten.
Hoffenheims Ansätze entfalten sich nicht ganz
Da die Münchener im Aufbau ansonsten zu einem ungewohnt fahrigen Auftritt gedrängt waren und einige lange Zuspiele nicht an den Mann bringen konnten, entwickelte sich eine eher offene Begegnung. Die Hoffenheimer waren insgesamt recht gut im Spiel und hatten ihre Feldanteile. Zu Beginn ergaben sich noch einige Probleme dadurch, dass Wagner zu präsent eingebunden war. Er wurde mit vielen direkten Eröffnungen aus dem Aufbau gesucht, konnte diese Bälle auch einige Male festmachen. Jedoch nahm er sich zunächst – bei gleichzeitig zurückhaltenden Kollegen – etwas zu viel Präsenz.
Trotz einzelner interessanter Verlagerungen verschenkte er mit grobschlächtigen Aktionen einige Male die richtige Vorwärtsdynamik. Später wurde das besser: Der ehemalige Münchener nahm sich mehr zurück, agierte dezenter als ausweichende und raumschaffende Station im Angriff. Schwerwiegender war für die Hoffenheimer die stabile Bindung zwischen den Halbräumen: In den Offensivzonen hatten sie viel Bewegung, die Distanz innerhalb der – allesamt häufig nach außen ausweichenden – Stürmer und Achter jeweils untereinander wurde dabei aber mitunter zu groß.
Gerade in den allerersten und allerletzten Minuten der ersten Halbzeit verhinderte das die volle Entfaltung des Hoffenheimer Spiels. In letzter Instanz kamen sie daher eigentlich nur zu sehr wenigen klaren Torszenen, obwohl sie immer gut mitspielten und man eigentlich durchgehend ihr grundsätzliches Potential sah. Inwieweit das zur Geltung kam, hing auch jeweils immer mit dem Pressing der Bayern zusammen. Machten die Münchener in hohen Zonen Druck, stellte das Hoffenheims Aufbauversuche – teilweise mal mit weiter vorrückendem Vogt und Rautenbildung mit Baumann – vor Probleme.
Bayerns hohe Pressingmechanismen mit ambivalenter Organisation
Beispielsweise sahen die Mechanismen der Gastgeber häufig in etwa so aus: Vorne formierte sich die Sturmreihe, wie üblich, vergleichsweise eng und konnte in dieser Staffelung die gegnerische Dreierkette attackieren. Dahinter war es interessanterweise regelmäßig Xabi Alonso, der über seine beiden Kollegen hinweg nachschob, um Rudy aufzunehmen. So sollten die Hoffenheimer entweder zu frühen langen Bällen gedrängt – was auch recht gut funktionierte – oder schnell nach außen geleitet werden, bevorzugt auf deren rechte Seite. Dort konnte dann Vidal als ballnaher Achter aggressiv nach außen ins Pressing auf Kaderabek gehen.
Der jeweilige Mittelfeldmann der TSG lief sich in diesen Momenten manchmal zu sehr ebenfalls zur Seite frei, wo man teils abgedrängt wurde. Solche Bewegungen konnten dann die Münchener Außenverteidiger aufnehmen, die das teilweise auch in Richtung Mitte taten: Situativ rückten sie diagonal mannorientiert in die Achterräume heraus. Zwar funktionierte dies in vielen Szenen gegen die nicht immer ganz stabilen Hoffenheimer Horizontalverbindungen recht gut, für die Organisationsstruktur als Ganzes war es aber etwas suboptimal. Dies zog sich punktuell in andere Strukturen durch und sollte etwa beim Gegentor nicht ganz unbeteiligt sein:
In der Vorgeschichte des 0:1 verfolgte zunächst noch Bernat Demirbay, der in der weiteren Rückzugsbewegung im Zentrum dann nicht mehr sauber aufgenommen wurde. Bedeutsamer war aber noch, dass sich Xabi Alonso zu sehr nach hinten in die letzte Linie drängen ließ und dadurch der Rückraum erst so sehr aufriss. Dieses Tor entstand aus einer kontrollierten Spielphase heraus. Wenn es den Hoffenheimern gelang, dem hohen Zustellen der Bayern zu entweichen, so dass diese sich in ein Mittelfeldpressing zurückziehen mussten, zeigten sich Anfälligkeiten bei den Gastgebern.
Sie gingen dann in eine eher lasche, nicht besonders intensive 4-1-4-1-Anordnung über. Die Außenstürmer blieben etwas vorgerückt und versuchten gelegentlich, diagonale Passwege in die Achterräume zu versperren – prinzipiell mit Effekt, wenngleich immer mal in unpassenden Momenten, wo sich für die Gäste dann andere Fortsetzungsmöglichkeiten ergaben. Insgesamt fand das Mittelfeldpressing der Ancelotti-Jungs zu wenig Druck im Zwischenraum hinter Lewandowski. Nun konnten die Gäste mit Ruhe aus dem zweiten Drittel heraus gegen den nicht optimal aufgestellten Block der Gastgeber anspielen.
Vielseitige Mischung aus Ausweich- und Tiefenläufen bei der TSG
Wichtige Rollen spielten dafür vor allem Rudy als alleiniger Sechser und auch Vogt, der insgesamt im Passspiel eine überzeugende Vorstellung bot – so scheint er als Zentralverteidiger recht sinnvoll aufgehoben. Einzelne Dribblings der Halbverteidiger lenkten die bayerischen Flügelspieler zumeist wieder nach hinten zurück. Um ihren Kapitän herum suchten die Hoffenheimer Direktpässe an die letzte Linie oder hinter die Abwehr – eine Spielweise, die sie auch schon beim letzten Heimsieg gegen die Hertha fokussiert und erfolgreich umgesetzt hatten.
Dafür gab es verschiedene Bewegungsmuster, häufig und essentiell – wie bereits erwähnt – ausweichender Art. Eine Möglichkeit waren Freilaufbewegungen seitlich neben die mittleren Münchener Reihen: Gelegentlich bot sich dort ein Achter an, links waren es zudem häufig Kramaric oder seltener der mal in den Halbraum gehende Zuber, die dann ankurbelnd anzudribbeln versuchten. Im Ansatz erzeugten die Hoffenheimer einige gute Pärchenbildungen, die letzte Kohärenz in der Anbindung an das Kollektiv war aber etwas nachlässig und unrhythmisch. Gefährlicher waren die zwischendurch eingestreuten Aktionen direkt in die Spitze, wie beim Tor.
In diesem Zusammenhang sahen vor allem die Kombinationen aus zuarbeitenden Bewegungen der Stürmer und nachstoßenden Läufen aus dem Mittelfeld vielversprechend und vielseitig aus. Häufig fiel ein Angreifer zurück, einer wich aus und ein Achter startete Bogenläufe hinter die Kette, die optional auch Kramaric übernahm. Die numerische Präsenz der gleichzeitigen Bewegung unmittelbar in den höchsten Zonen konnte gelegentlich schon eine große Herausforderung für eine Defensive sein. Beim Treffer gelang es dann Kramaric, Boateng im richtigen Moment herauszulocken. Wieder geschah dies in kreuzender Bewegung mit dem in die Schnittstelle startenden Assistgeber Amiri.
Offener Sechserraum schließlich genutzt
Insgesamt machten die Hoffenheimer mit ihrem Aufritt in München Eindruck, eine größere Anfälligkeit hatten sie aber: den Sechserraum, den sie nicht so präsent verteidigten. Viel lastete dafür auf der letzten Linie allein. Hinter dem weiträumigen Herausrücken gegen den Bayern-Aufbau zeigten sich die Kraichgauer verwundbar: Nicht nur schoben die vorderen Akteure und das Mittelfeld generell sehr hoch, auch Sechser Rudy machte – neben dem situativen Übernehmen von Thiago oder Vidal – punktuell Druck auf Xabi Alonso. Insbesondere in solchen Momenten – grundsätzlich aber auch allgemein geltend – entstand ein sehr großer Zwischenlinienraum.
Alle drei nominellen Angreifer der Münchener waren vom Prinzip in diesem Bereich aktiv, zunächst jedoch ohne durchschlagenden Effekt. Gerade Lewandowski hatte dort viel Präsenz, ließ sich für direkte Zuspiele zurückfallen und versuchte zu gestalten – etwa Pässe auf den startenden Robben durchzustecken. Dafür musste er sich jedoch erst gegen das Herausrücken der Hoffenheimer Verteidiger durchsetzen – die letzte Fünferlinie blieb häufig noch ein Hindernis. Schuf sich der polnische Angreifer mal Freiheiten, deutete sich aber an, dass hier sehr viel Potential für bayerische Schnellangriffe liegen würde.
In dieser Manier fiel dann auch – logischerweise – der Ausgleich. In jener Szene positionierte sich Robben in jenem Raum – jedoch nicht zum ersten Mal, schon zuvor mit Ansätzen – und nahm Fahrt auf. Zuvor hatte es einige Szenen gegeben, in denen der Niederländer in etwas höheren Zonen den Ball erhalten und dann abwechselnd im rechten Halbraum mit Vidal oder Thiago sich zum Strafraum zu wühlen versucht hatte. Nun passten die Bayern diese Bewegungen etwas an und fokussierten Robbens Präsenz. Wichtig für das Tor war zudem die Beteiligung des ebenfalls eingerückten Douglas Costa, so dass die beiden im Zusammenspiel das Herausrücken der gegnerischen Verteidiger kleinräumig überwinden konnten.
Generell agierten die Flügelstürmer nun in jenen Zonen besser aneinander angebunden – wichtig, um auch mal Unterzahlen in Schnellangriffen aufzulösen. Bis dahin war die konsequente und stringente Rückzugsbewegung der Hoffenheimer zur Zerstörung solcher Ansätze sehr wirksam gewesen, beispielsweise auch im Falle jener erwähnten Momente um Robben halbrechts vorne. Nun gelangen den Bayern häufiger einzelne Stafetten und Doppelpässe. Die Entstehung des Tores wurde schließlich zum besonderen Paradebeispiel, weil hier – durch die einmal gezielt linksseitige Positionierung Xabi Alonsos und die Folgewirkungen – Rudy sehr effektiv herausgelockt werden konnte.
Mehr Bayern-Dominanz und -Kontrolle nach der Pause
Die zentrale Entwicklung nach dem Seitenwechsel betraf die immer kontrollierter werdende Spielanlage der Bayern: Dem Rekordmeister gelang es nun zusehends besser, Ruhe und die typische Dominanz aufzubauen. Verschiedene Faktoren trugen dazu bei: Zunächst einmal zogen sich die Hoffenheimer etwas mehr zurück und rückten nicht mehr ganz so hoch heraus, zumal insgesamt die Intensität bei den Gästen nachließ. Umgekehrt pressten die Münchener nun wieder zahlenmäßig häufiger und dabei auch konsequenter in vorderen Bereichen. So zerstörten sie viele Aufbauszenen der TSG, erzwangen lange Bälle und kamen schneller selbst wieder zum Zuge.
Im Detail bewegte sich bei den Münchenern die Sturmreihe etwas passender und asymmetrischer, Pässe auf die gegnerischen Flügelverteidiger wurden nun häufiger auch mit weitem Herausrücken der eigenen Außenverteidiger beantwortet. Schließlich gehörten auch gewisse Verbesserungen beim Vorgehen gegen das Hoffenheimer Pressing zu den Faktoren, dank denen der FCB besser in die Partie kam: Die raumsuchenden Freilaufbewegungen der Achter wurden nun eher aus der Dynamik heraus gestartet und funktionierten damit besser. Insgesamt formierten sie sich aber zunächst enger, um dann verstärkt Aufrückbewegungen in Freiräume nach vorne zu starten.
Zum Beispiel stieß Xabi Alonso einige Male in den Raum, wenn seine zwei tiefen Achterkollegen von den herausgerückten Demirbay und Amiri jeweils zugestellt wurden. Das brachte jeweils Überraschungsmomente und Dynamik. Auch Hummels schaltete sich – wenngleich nicht allzu effektiv – vereinzelt ein, bei Pässen auf die Außenverteidiger gab es vielseitigere Freilaufmuster in der Diagonalen. Mit derartigen Aktionen konnten sich die Bayern im Aufbau nun besser lösen, zunächst einmal sicher etwas aufrücken und die Hoffenheimer dann zunehmend weiter zurückschieben.
Bayern sucht die Führung
Dafür positionierten sich die beiden Flügelstürmer phasenweise auch zunächst wieder breiter, um nach Raumgewinn im zweiten Drittel sofort als einfache Anspielstation zur Verfügung zu stehen. In diesen nun ganz anderen Ausgangslagen konnte ihr Andribbeln von der Seite eine weitere Rückzugsbewegung der Gäste erzwingen und das Leder wieder zurück ins Zentrum zu den Achtern tragen, die sich im nun auch im Angriffsdrittel stärker beteiligten. In den beiden Halbräumen sorgten sie in Kombination mit Robben bzw. Douglas Costa für einige im Ansatz gute Pärchenbildungen.
Jedoch sprangen die ganz klaren Torchancen aus dem druckvoller gewordenen Offensivvortrag lange Zeit noch nicht heraus. Zum Strafraum hin blieben die Hoffenheimer trotz nachlassenden Gesamtzugriffs weiterhin recht stabil. Unverändert konnten sie auf ihre insgesamt gute Staffelungsfindung aus der sinnvollen 5-3-2-Grundstruktur heraus zählen. Die Kompaktheit zwischen dem ballnahen Achter und Rudy hatte zwar kleinere Schwächen und erlaubte den Münchenern jene geschilderten Ansätze, doch das konnte gruppentaktisch und über die Strafraumverteidigung noch aufgefangen werden.
In der Endphase stabilisierte Nagelsmann überdies mit der Einwechslung von Vargas anstelle für Kramaric: Der chilenische Angreifer hielt sich häufig wesentlich tiefer auf als sein Vorgänger, meist fast auf Mittelfeldhöhe. Vereinzelt wirkte es wie ein 5-4-1, bei dem sich der neue Mann rechts einordnete, doch eher agierte Demirbay – nach dem Seitenwechsel endgültig auf halbrechts – etwas breiter und Vargas schien sich unmittelbar davor in der Schnittstelle zu bewegen. Auf Seiten der Bayern brachte Ancelotti für Vidal nun Müller ins Spiel und erhöhte damit die Offensivpräsenz.
Offene Zwischenphase, druckvolle Schlussphase
Anfänglich wirkte dessen Rolle leicht undefiniert: Teilweise gliederte er sich ins 4-3-3 ein, teilweise übernahm er kurzzeitig die rechte Seite von Robben bzw. dann Coman, teilweise agierte er sauberer vor Thiago und Xabi Alonso, die sich nun stärker als Doppel-Sechs ausrichteten. Da dieser Umstellung zu Beginn noch die Balance abging und noch nicht so ganz abgesichert daherkam, entwickelte sich zwischenzeitlich eine sehr offene Phase in der Partie, die hin und her wogte, den Gästen auch wieder eine größere Zahl an gefährlichen Umschaltaktionen ermöglichte.
Ansonsten hatten die Kraichgauer bei ihren Offensivbemühungen in Halbzeit zwei immer weniger zustande gebracht. Im Aufbau kamen sie nur noch selten über die ersten Linien hinaus. Auf der linken Seite gab es einige Ansätze über die nun intensivierten Umformungen zwischen dem einrückenden Zuber und dem dafür noch außen gehenden Achter. Gerade bei Verlagerungen erwies sich das für die Unterstützung der Akteure auf der anderen Seite aber als suboptimal, da der ballfern werdende Mittelfeldmann lange Wege hatte, um herüber zu rücken und dort zu helfen oder sich als Rückoption anzubieten.
Während die Gäste also nicht mehr die entscheidende Stringenz in Ballbesitz aufzubauen vermochten und sich gerade zum Ende hin auf die Absicherung des Punktes konzentrieren mussten, erhöhten die Bayern in der Schlussviertelstunde – nach der offenen Zwischenphase – nochmals den Druck. In letzter Instanz nahmen aber die schon zuvor etwas zu häufigen Flanken wieder Überhand. Schon vor Pause fehlten etwa nach den angesprochenen balltreibenden Vidalszenen oder Robben-Dribblings teilweise alternative Möglichkeiten. Nun wurden einige Szenen erneut zu einfach weitergeführt, trotzdem hätten die Pfostentreffer von Hummels und Müller aus der Offensivpräsenz fast doch noch den Sieg gebracht.
Fazit
Insgesamt hatte Julian Nagelsmann das 5-3-2 seiner Mannschaft gut auf die Spielweise der Bayern eingestellt. Das Team von Carlo Ancelotti verfügte zunächst über ungewohnt wenig Spielkontrolle. Aus dem eigenen Ballbesitz versuchte Hoffenheim ambitionierte Eröffnungen, brachte viel Personal in die Offensive und wurde – trotz mancher Probleme – mit einem Treffer belohnt.
Nagelsmann ging mit der passenden Ausrichtung gegen Bayerns bekanntes 4-4-3-3 ins Spiel, Ancelotti fand darauf aber einige sinnvolle Modifikationen. Hervorzuheben sind dabei zum einen das verbesserte Bespielen der Hoffenheimer Schwachstelle im Sechserraum und zum anderen die flexibleren Mittelfeldbewegungen nach der Pause, mit denen sich die Bayern ihre Dominanz zurückerobern konnten.
Aufgrund des zweiten Abschnittes kamen die Hausherren schließlich auch zu einem deutlichen Übergewicht an Abschlüssen und fast noch zum Sieg. Hatte Hoffenheim den Rekordmeister anfangs in große Verlegenheit gebracht, fanden sie später keine scharfe, griffige Reaktion mehr. Allein die Stabilität im Abwehrdrittel konnten sie noch stärken und das rettete ihnen – mit etwas Glück am Ende – einen Punkt, der sie für ihre grundsätzliche taktische Herangehensweise belohnte.
43 Kommentare Alle anzeigen
yoxxx 8. November 2016 um 10:49
Was mich interessieren würde: In der 2 HZ fiel mir auf , dass die vorderste Reihe der TSG in der Rückwärtsbewegung oft mal nicht versuchte hinter den Ball zu kommen, obwohl das mit ein zwei Schritten manchmal möglich gewesen wäre. Ich konnte nicht einschätzen, ob die platt oder fahrlässig waren oder ob das mehr ein „störendes Begleiten“ darstellte, um auf die Ideal-Position für das Umschaltspiel zu gelangen.
Oder noch was ganz anderes, was ich übersehen habe. Was meint ihr / du? (btw: Sehr interessant finde ich den 6er Aspekt in dieser Spielart der 5er Kette.)
luckyluke 7. November 2016 um 09:05
Ich hab mal eine etwas allgemeinere Frage/Anmerkung zu den neuen 8er Rollen der Bayern unter Ancelotti:
Ich finde diese nämlich durchaus interessant und gerade in der „Pressing-Liga“ auch sinnvoll, da durch das seitliche zurückfallen relativ leicht Phasen höheren Pressings umspielt werden können, einfach durch zwei zusätzliche Spieler im hinteren Drittel.
Wäre es aber nicht sinnvoller und würde auch einige Probleme beheben, wenn man die 6er Position eher box-to-box-artiger besetzen würde (Idealfall Kimmich, der auch noch torgefährlich ist), um somit die Anbindungsprobleme und die zu vielen Spieler außerhalb der gegnerischen Formation zu beheben?
tobit 7. November 2016 um 10:51
Also den zentralen Sechser aufrücken lassen und über die IV und Achter aufbauen?
Dann müsste aber jemand auf der 6 spielen, der sich auch in engen Räumen wohl fühlt (-> Thiago), sonst nimmt man einfach nur einen eigenen Spieler aus dem Spiel.
Ließe sich das nicht besser durch eine angepasste Rolle der Achter bewerkstelligen? Den ballfernen Achter vorrücken lassen, während der ballnahe neben dem Sechser bleibt.
luckyluke 7. November 2016 um 13:57
Ja genau so meinte ich das.
Hmm…de 6er Rolle ist dann natürlich sehr anspruchsvoll, da hast du Recht. Prinzipiell würde ich das aber schon auch Kimmich zutrauen, allerdings (noch) nicht so konstant, wie Thiago, das stimmt wohl.
Das wäre so die „Standard“ Lösung, auf die aber die meisten Pressingsysteme der Bundesliga (gute Ausführung vorausgesetzt natürlich) wahrscheinlich eine gute Antwort finden.
Meine Vorstellung beruht auf der Überlegung, dass diese speziellen 8er Rollen aus einer „Angst“ Ancelottis vor dem Pressing der Bundesliga zu resultieren scheinen. Und so ganz theoretisch finde ich sie in diesem Zusammenhang auch sinnvoll, einfach aufgrund der „Andersheit“ des Spielaufbaus eben nicht über den zentralen 6er und somit Pressingsysteme ins Leere laufen lässt.
Ein Zuschauer 7. November 2016 um 14:59
Ich fürchte nur, dass man dann beim Aufrücken des Sechsers, in Kombination mit den breiten Achterrollen, bei Kontern sehr offen durchs Zentrum ist.
FAB 7. November 2016 um 14:27
Irgendwie ist ja die gesamte Bundesliga in der 6er/8er Krise. Wäre mal eine Analyse für einen der SV Experten wert. Bei den Bayern weichen die 8er (Thiago, Vidal) aus und meiden die interessanten 10er Zonen, beim BVB ist man einfach komplett ohne 8er in die Saison gegangen, immer noch unklar was hier die Strategie sein soll, Schalke musste auch Lehrgeld bezahlen, Geis wurde dann doch wieder vor einer Dreierkette auf die 10 zurückbeordert. Ingolstadt, das sich letzte Saison hauptsächlich auf diese Zone fokussiert hat bzw. diese Zone als Schlachtfeld betrachtet hat, ist plötzlich nur noch Vorletzter. Soweit ich das sehe, schwanken die Taktiken darin, ob diese Räume gemieden bzw. freigelassen werden oder dann doch wieder überfüllt werden. Irgendwie geht es in diesen Zonen ein bißchen unklar und chaotisch vor … Woran liegt das?
TR 8. November 2016 um 00:14
Die Vermutung, diese Achterrollen als Vorsichtsmaßnahme Ancelottis gegen die „Pressing-Liga“, wie du schreibst, zu interpretieren, dürfte wohl in die richtige Richtung gehen. In der Hinsicht liegt dann eben ein großer Vorteil darin, dass man dadurch vor allem Kontrolle und Ballzirkulation sammeln kann, wie schon mehrfach erwähnt. (Auch wenn sehr hohes Pressing natürlich nicht dadurch ausgeschlossen wird.) Im Übrigen ist ein weiterer positiver Nebeneffekt, dass die erhöhte Präsenz der Achter die drängelnde Aufbaudominanz Xabis abschwächen kann, der von Ancelotti zurückhaltend eingebunden wird und nun nicht mehr so im Fokus steht.
Auch den Vorschlag mit dem aufrückenden Sechser halte ich prinzipiell für umsetzbar. In gewisser Weise ähnelte das dem, was in Halbzeit zwei situativ gemacht wurde. Auch gegen Gladbach gab es diese vermehrten Vorwärtsbewegungen. Die müssen dann natürlich mit passendem Timing aus der entsprechenden Dynamik herausstarten und der jeweils ballfernere Achter müsste sich daraufhin wieder enger in die Mitte bewegen. In dieser Partie gab es solche Ansätze auch vor allem bei kompakteren Staffelungen der Achter, wenn die vorher Gegenspieler anlocken konnten.
Thiago und Kimmich kämen für Vorstöße von der Sechs im zweiten Drittel beide in Betracht aus meiner Sicht. Gegen die meisten Gegner sollte das sogar mit Xabi Alonso grundsätzlich funktionieren, sein unterstützendes Freilaufverhalten diagonal nach vorne ist eigentlich ganz gut, wie sich schon letzte Saison andeutete. Vielleicht sieht man also auch eine Weiterentwicklung aus der jetzigen Besetzung heraus. Wünschenswert und nötig wäre eine – wie auch letztlich geartete – Veränderung sicherlich schon.
Ph2 6. November 2016 um 17:02
Mit so einem 4-4-3-3 lassen sich gut Überzahlsituationen herstellen. 😉
Patrick E. 6. November 2016 um 21:05
Wollte ich auch gerade schreiben. Mal gucken wann das die anderen Mannschaften einführen. (oder sogar ein 5-4-3-2-1 Baum 🙂 )
Becks 6. November 2016 um 16:28
Bayern, Bayern und nochmal Bayern. Gibt wohl keine anderen Vereine im Spielverlagerungs-Universum. Endgültig abgemeldet
Markus 7. November 2016 um 09:19
Habe das genau Gleiche gedacht! Vorallem Berichte aus der englischen- und spanischen Ligen fehlen komplett!
CE 7. November 2016 um 11:21
Da kann ich auf https://spielverlagerung.com/ verweisen.
Bernhard 7. November 2016 um 18:50
Becks & Markus: Die Autoren analysieren die Begegnungen, die sie interessant finden. Wen es euch nicht passt, könnt ihr a) eigene Berichte verfassen b) die Seite ignorieren oder c) dankbar sein, dass sie überhaupt aus freien Stücken diese Artikel umsonst zur Verfügung stellen.
Niemand von den Autoren verdient diese undankbare Suderei.
Handtuch 7. November 2016 um 09:35
Worüber beschwert ihr euch? Wenn jede Woche ein Bayern Artikel kommt wird jeder andere Verein immerhin mindestens zwei Mal pro Saison betrachtet 😉 😛
Nick704 6. November 2016 um 14:31
Also ich fand die erste Halbzeit extrem schwach von den Bayern.
Ich sehe auch bei zu vielen Spielen, dass sie keine richtige Kontrolle bekommen, da vorne nicht gefährlich genug und hinten zu anfällig, gerade für Konter.
Insgesamt fehlt mir bei Ancelotti der rote Faden.
Positiv sehe ich den Versuch, vorne mehr Variabilität reinzubringen.
Finde auch gut, dass er Leute wie Bernat und Rafinha auch in wichtigen Spielen ranlässt. Könnte ja sein, sie müssen auch in einem CL Halbfinale spielen…..
Aber ob sie überhaupt so weit kommen bezweifle ich.
Insgesamt sehe ich Bayern nicht überzeugend genug, um gegen große Gegner zu bestehen. Oder gibt es Hoffnung?
CHR4 6. November 2016 um 18:16
an was machst du das „vorne nicht gefährlich genug“ fest? Zahlen bitte! wir hatten das erst letzte Woche in den Kommentaren … vielleicht schaust du dir mal die Torstatisken der letzten (fünf oder zehn) Jahre nach dem 10. Spieltag auf bundelsiga.de an … bis mir jemand was anderes liefert, behaupte ich nach wie vor: Die Zahlen geben diese Aussage nicht her!
Hoffnung gibt es, denn so wie die Belastungssteuerung läuft, sieht es derzeit sehr gut aus, was Verletzungen angeht …
dafür wird halt jetzt nicht mehr immer Vollgas gegeben … ob es dann so lasch sein muss, wie vorm Gegentor als Vidal Demirbay nur locker hinterhertrabt/-schaut? nunja – aber abgerechnet wird im Frühjahr. Die Spiele, wo sich die Streu vom Weizen trennt, kommen erst noch.
Es gibt ja einige Spieler, die sicher derzeit nicht ihr Top-Niveau haben; aber da man nicht immer bei 100% sein kann, ist mir die Delle bei manchen jetzt lieber, als wenn es um die Wurst geht. – Ob Carlo es schafft, das Team auf den Punkt auf Top-Niveau zu haben, wird man erst wissen, wenn es soweit ist. Ich trau ihm das aber zu 🙂
btw. wer hat denn gerade nen besseren Lauf und spielt konstant auf Top-Niveau (auch international)? ManCity, Real, Barca, Athletico, PSG, Nizza, Arsenal, Juve, Tottenham? – hatten auch alle bisher ihre Durchhänger
seien wir froh, dass auch Boateng mal durch seine leichte „Verletzung“ ne Länderspielpause bekommt 😉 – es sind einfach zuviele Spiele, um langfristig immer top und gesund zu sein
PS: finde es schade, dass es keine Analyse zu City-Barca bisher gab 🙁
Nick704 6. November 2016 um 18:30
Meine Aussage „vorne nicht gefährlich genug“ ist rein subjektiv gefühlt, also ohne numerische Analyse. Ich lasse mich gerne positiv überraschen, wenn es besser läuft (hoffentlich mit Höhepunkt im Frühjahr).
Bisher macht mir einfach sorgen, dass viele Spiele sehr offen sind. Ich hatte das Gefühl, das war die letzten 4 Jahre nicht so.
CHR4 6. November 2016 um 19:50
Viele Spiele SEHEN AUS, als ob sie offen sind 😉 Das war die letzten 4 Jahre nicht so oft der Fall, da geb ich dir Recht. Aber, was dir Sorgen bereitet, finden andere unterhaltsam 😀 – aber die große Frage ist: Was kann man draufpacken, wenn es wirklich sein muss … Im letzten Heynkes-Jahr stand halt die Abwehr bombensicher, so dass nie was passiert ist und unter Pep, hatten die anderen meistens nicht lange genug den Ball. Derzeit habe ich eher das Gefühl, das man sich gerade an die Grenze herantastet, mit wie wenig Intesität und Körnern, das optimale herausgeholt werden kann: Gegen Frankfurt wars insgesamt zu lasch, diesmal nur am Anfang und als es nötig war, wurde wieder mehr Gas gegeben. Der Spruch „Ein gutes Pferd springt nicht höher als es muss!“ kommt ja nicht von ungefähr. Ich finde es nämlich für den Kopf einfacher, auf immer Vollgas zu schalten. Problem: der Körper hält dies nicht konstant über längere Zeit durch. Die Leistung etwas runterzuregeln, ohne dabei in ein Loch zu fallen und bei Bedarf wieder schnell hochzufahren, DAs zeichnet wahres meisterliches Können fürmich aus. Und ich spüre, dass wir genau das gerade sehen: Das Umlernen von „immer Vollgas“ auf „so viel wie gerade nötig“. Das Gefühl dafür zu entwickeln geht aber nicht von heute auf morgen.
Wenn in der Bundesliga die Spiele mal offener sind und dafür die KO-Begenungen gegen die großen Konkurrenten dann auch wieder so offen sind – mir soll es recht sein.
Schorsch 6. November 2016 um 21:35
Man könnte es auch so sehen: Die Bayern werden italienischer… 😉
Im professionellen italienischen Fußball war es schon immer usus, nicht ‚höher zu springen, als man muss‘. Sicherlich hat es da auch Phasen mit Teams gegeben, die diesbezüglich anders agiert haben. Das waren allerdings Ausnahmen. ‚Ergebnisorientiertes Spiel‘ hat halt zumeist dominiert.
Oder man drückt es so aus: Die Bayern werden wieder die Bayern… 😉 Es war ja geradezu ein Markenzeichen der Bayern über Jahrzehnte hinweg, gerade soviel zu tun, dass man die Punkte mitnehmen konnte. Weil man so viele Spiele in einer Saison hatte und um am Ende der Saison, wenn es darauf ankam, noch einmal Gas geben zu können. In den 70ern z.B., als es noch keine Fernseh- und Sponsorengelder etc. gab, finanzierten sich die Clubs fast ausschließlich aus den Einnahmen aus Eintrittskartenverkäufen. Was für den teuren (für damalige Verhältnisse) Kader der Bayern bedeutete, dass man sich zusätzliche Geldquellen erschließen musste. Das waren dann Freundschaftsspiele gegen irgendwelche Dorfvereine, bei denen man aber vertragsgemäß mit seinen ‚Stars‘ antreten musste. Zusätzlich zu allen anderen Pflichtspielen in Bundesliga, DFB-Pokal, Europapokal (und für viele auch noch in der Nationalmannschaft). Dass man da ‚Kräfteschonung‘ und Effizienz groß zu schreiben gelernt hatte, war unumgänglich.
Am Ende dieser Saison wird man beurteilen können, ob die Bayern in den entscheidenden Spielen voll da sein werden. Zitat Uli Hoeneß: „Der Weihnachtsmann war noch nie ein Osterhase.“ Letztlich ist es für den Club selbst relativ wurscht, ob man mit 10 oder 20 oder mit 1 oder 2 Punkten Vorsprung Meister wird. Letzteres war vor nicht allzu langer Zeit sogar durchaus üblich. Hauptsache, man wird Meister. Und sollte es Carlo Ancelotti es schaffen, seine Mannschaft in den K.O.-Spielen der CL mit höchstmöglicher Konzentration und Fitness auf den Platz zu schicken (was in den letzten 3 Jahren in den Halbfinals nicht immer der Fall war) und vielleicht sogar ins Finale zu gelangen, dann wird man so manches ‚Gurkenspiel‘ in der Saison sofort vergessen haben. Ob man das nun schön findet oder nicht, steht auf einem anderen Blatt Papier.
Ck 7. November 2016 um 06:31
Ich finds schön das sie wieder menschlich wirken, Maschinen lassen sich schwerer lieben.
Du hast es sehr schön auf den Punkt gebracht, vielen Dank.
Ein würdiger Kommentar unter dem sehr gut zu lesenden Artikel von TR. Danke auch dafür.
fcb 7. November 2016 um 13:53
Ich weiß nicht ob die ganzen Erklärungen Sinn machen.
Findet ihr denn wirklich, dass man z.B. letztes Jahr in den entscheidenden Spielen müde war? Gegen Juve wurde das Spiel am Ende noch gedreht. Gegen Lissabon hat man es eig recht ruhig runtergespielt?!
Und gegen Atletico im Rückspiel wurde imo vorallem in der 1 HZ ein Feuerwerk abgebrannt (Ich kann es nicht mit Zahlen untermalen, aber alle wirkten irgendwie wie auf Drogen, voller Energie, selbst Simeone sagte doch nach dem Spiel, dass es der beste Gegner war gegen den er je gespielt hat?! Oder er hat es auf die 1 HZ bezogen, ich weiß es nicht mehr genau. Bitte korigiert mich falls ich falsch liege)
Aber das klingt für mich nicht nach: „Die Spieler waren ausgelaugt, weil sie bei Pep immer 100% geben mussten.“ Imo macht es auch keinen Sinn, weil es bedeuten würde das Pep zu blöd wäre dies richtig einzuschätzen. Ich hatte eig die meisten Bayern Spiele vor dem Atletico spielen gesehen. Und in der Bundesliga war die Intensiät imo sehr niedrig. Alles recht zähe Spiele wo es nur darum ging die 3 Punkte mitzunehmen. Deswegen war ich auch überrascht, was da für ein Feuerwerk gegen Atletico abgebrannt wurde- Da ich eig nicht damit gerechnet hatte.
Aber das zeigt mir eig. das Pep schon gezielt auf die CL hingearbeitet hat.
Des Weiteren gibt es in Deutschland den riesen Vorteil der Winterpause. Was imo auch gegen die Version, man versucht mit Schmalkost die BL zu gewinnen, spricht. Im Endeffekt wird es wohl viele Gründe haben.
Alles aus der Sicht eines Laien…
https://www.welt.de/sport/fussball/champions-league/article155034034/Darum-wird-Simeone-wie-ein-Religionsfuehrer-verehrt.html
„Er räumte ein, die Bayern der ersten Halbzeit hätten ihn „verliebt“ zurückgelassen und seine Spieler bis zum vergebenen Strafstoß von Thomas Müller ohne Antwort: „Die beste Mannschaft, gegen die ich je gespielt habe.“
also imo widerlegt das Eure These 😀
Da die Bayern die bestmögliche Leistung Anfang Mai, gegen Atletico, gebracht haben. Das spricht nicht gerade für zu viel Vollgas unter Pep während der Saison. 😛
Schorsch 7. November 2016 um 17:50
Nun, es sind wohl mehrere angesprochen, aber ich antworte einmal. Ich schrieb ja, dass es in den letzten 3 Jahren in den Halbfinals nicht immer der Fall war, dass die Bayern in den Halbfinals der CL mit der höchstmöglichen Konzentration und Fitness auf dem Feld waren. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann beziehst Du Dich auf die letzte Saison (und nicht auf die letzten 3 Spielzeiten). In den Halbfinals gegen Real war Bayern mMn nicht konzentriert genug und ließ sich übertölpeln. Es fehlte also die volle Konzentration (was eventuell an der sehr früh gewonnenen Meisterschaft gelegen haben könnte; der Spannungsabfall war vielleicht nicht kompensierbar). In den Halbfinals gegen Barcelona fehlte die körperliche Fitness (Verletztensituation), während Barcelona in bester Besetzung und in bester körperlicher und mentaler Verfassung antreten konnte (nachdem es in der Vorrunde alles andere als gut gelaufen war). In den Halbfinals gegen Atlético fehlte im Hinspiel ein klein wenig die Konzentration (Gegentor) und im Rückspiel bot Bayern eine überragende Leistung; man war körperlich und mental voll auf der Höhe (von der Szene mit dem Gegentor einmal abgesehen). Man könnte nun die These aufstellen, dass Guardiola aus den vorangegangenen 2 Spielzeiten Konsequenzen gezogen hat und alles darauf abgestimmt hat, am Ende der Saison in jeder Beziehung topfit zu sein. Ich persönlich halte aber auch den Umstand für nicht unwichtig, dass mit dem BVB bis fast ganz zum Schluss ein ‚lästiger‘ Verfolger in der Bundesliga die Bayern in jedem Spiel zu voller Konzentration genötigt hat. Ein Spannungsabfall war somit gar nicht möglich. Dies war mMn sicherlich hilfreich (neben der wesentlich entspannteren Verletztensituation) dafür, dass Bayern im Rückspiel gegen Atlético eine derart starke Leistung hat bieten können.
CHR4 8. November 2016 um 00:59
schließe mich Schorschs Ausführungen an und gebe dir auch Recht, dass die letzte Saison, die beste der drei letzten war und die 1. HZ im Rückspiel sehr stark war, aber eine von vier Halbzeiten super sein reicht im HF halt nicht, ich erwarte da keine vier spielerischen Überhalbzeiten, aber konstant die Konzentration und Intensität zu halten
gegen Juve hat man es im Hinspiel auch nicht geschafft, die Konzentration konstant oben zu halten, da fiel die Spannung nach der 60 min. stark ab …
über die Belastungsteuerung und den Umgang mit Verletzungen und Verletzten ist hier schon soviel geschrieben worden, da muss ich die Vergangenheit nicht weiter nochmal durchleben, abhaken, nach vorne schauen und die richtigen Lehren ziehen
körperlich fand ich von der Form bei den gesunden Spielern nichts auszusetzen, die Probleme sehe ich eher im mentalen Bereich und den Verletzten
fcb 8. November 2016 um 13:49
Danke für die Antwort.
Das einzige Spiel wo sie unter Pep versagt haben war imo gegen Real Madrid.
Gegen Barca war defakto 0 Geschwindigkeit auf dem Platz. No Robben,Ribery,Alaba. Abwehr: Benatia, Boa, Rafinha, Bernat.
Aber selbst mit der Truppe hat man imo ein gutes Rückspiel gezeigt. Viele Chancen, aber mangelnde Effektivität bzw. ein sehr starker Ter Stegen. Ich erinnere mich da ich es mit einem Barca Fan geschaut hatte und er meinte. Ihr hättet easy in der 1HZ 4 Tore schießen können. Egal.
Hinspiel gegen Atletico war auch nicht so schlecht. War immerhin gegen Atletico ^^
Das Tor geht zu 90% auf Thiago. Das werde ich wohl mein Leben nicht mehr vergessen, was er dort im Mittelfeld gemacht hat. Sonst noch eine Torres Konterchance weil Ribery sich verdribbelt. Sonst nichts zugelassen.
Bzgl. der fehlenden Spannnung, weil zu großer Vorsprung in der Bundesliga. Das ist das Lieblingsargument der Medien. Ich erinnere ein Jahr davor. Da hatte man am 24 Spieltag, 17 Punkte Vorsprng und hat dann das historische Triple gewonnen. Die biegen sich das wie bei jedem Thema im nachhinein zurecht. Leider habe ich noch keinen Trainer/SPieler gehört der dazu eine Aussage getroffen hat. Es kann stimmen, kann aber auch nicht. siehe Gegenthese aus dem Triple Jahr.
Bzgl. Verletzungsanfälligkeit, habt ihr bestimmt mehr Ahnung. Ich habe hier gelesen, dass man es durch Belastungssteuerung zum Teil beeinflussen kann?! Das könnte man ihm dann vorwerfen. Aber Rib+Rob waren leider schon immer Verletzungsanfällig. Man hätte aus Managment sicht ev. eher adapten sollen. Die fehlende Pace im Barca Spiel wurde ja im Sommer durch Costa+Coman behoben. Also hat man dies wohl erkannt.
Davon ab, kam mir im Laufe dieses Jahres sowieso der Gedanke, dass man sich ev. selber als zu gut sieht/sah (Beste Mannschaft in Europa mit Baca). (Sah ich auch so und deswegen die riesen Erwartungshaltung)
Ich glaube aber irgendwie, dass vorallem das Mittelfeld im Vergleich zu Barca/Real zu schlecht war/ist. Und Messi/Suarez/Neymar ist halt auch noch eine Stufe über Rib+Rob+Lewa?!
Also ich bin dieses Jahr bescheidener 😀
Schorsch 8. November 2016 um 20:00
Ich weiß nicht, ‚versagen‘ ist mir ein zu großes Wort. Es geht ja auch gar nicht darum, ob die Mannschaft ‚versagt‘ bzw. ihre gewohnte/mögliche Leistung nicht auf dem Platz gezeigt hat. Sondern darum, ob sie aufgrund mentaler und/oder köperlicher Defizite (Konzentration und Fitness), die sich aus Aspekten der fast abgelaufenen Saison ergeben haben könnten, nicht in der Lage war bzw. nicht in der Lage sein konnte, ihr bestmögliches Niveau zu erreichen. Gegen Real war man zum einen nicht in der Lage, einen defensiv agierenden Gegner zu ‚knacken‘. Vor allem aber ließ man sich durch Konter und durch auf die eigenen Defizite abgestimmte Standards überrumpeln. Das sehe ich mangelnder Konzentration geschuldet, nicht fehlender physischer Aspekte. Meine Vermutung (nenne es auch ‚Spekulation‘) geht eben dahin, dass der ‚Spannungsabfall‘ nach der früh gewonnenen Meisterschaft hier eine Ursache sein kann. Dass ‚die Medien‘ dies auch so postuliert haben ist ja noch kein Argument, dass diese Annahme falsch sein könnte… 😉 . Das Jahr davor war ein besonderes für die Bayern. Zum einen war man in der vorangegangenen Saison ‚Vize-Triple-Gewinner‘ geworden. Ein Umstand, der Clubverantwortliche und Spieler nach eigenen Aussagen äußerst gewurmt hat und eine ungeheure Motivation freigesetzt hat, diese Scharte auszuwetzen. Das sollte man nicht unterschätzen. Allein das Viertelfinale im DFB-Pokal zuhause gegen den BVB hat gezeigt, mit welchem Willen und welcher Inbrunst die Bayern darangingen, den BVB endlich einmal wieder zu schlagen. Unter Heynckes hat man in dieser Saison sicherlich enorm dominiert, aber mit einem doch anderen Spielstil als dann unter Guardiola. Ob das einer der Gründe war, dass man weitestgehend von Verletzungen verschont blieb, kann man diskutieren (wahrscheinlich mit offenem Ausgang). In den entscheidenden Spielen in dieser Saison war man zu 100% konzentriert und fit. Lediglich im DFB-Pokalfinale gegen den VfB Stuttgart, dem allerletzten Spiel in dieser Saison, gab es ein paar Konzentrationsschwächen und wenn man so will auch Ermüdungserscheinungen. Mag aber auch am Feiern vorher gelegen haben… 😉
Die Verletztenliste in den Halbfinals gegen Barcelona ist sicherlich ein, wenn nicht der Hauptgrund für das Ausscheiden der Bayern, das hatte ich ja auch so geschrieben. Die Frage ist halt nur, inwieweit diese Vielzahl an Verletzungen (nicht nur bei Ribéry und Robben) auf den Spielstil bzw. darauf zurückzuführen war, in jedem Spiel diesen Spielstil zu 100% perfekt durchziehen zu wollen. Wobei es mMn müßig zu diskutieren ist, wie sich das Rückspiel entwickelt hätte, wenn die Bayern ihre Chancen alle genutzt hätten. Dann müsste man auch die Frage stellen, ob die Katalanen nach ihrer frühzeitigen Führung nicht doch einfach einen ‚Gang heruntergeschaltet‘ haben. Bleibt beides aber Spekulation.
Ob man sich selbst doch etwas überschätzt hat? Ich persönlich glaube das nicht, zumindest nicht was den Trainer anbelangt. Der eine oder andere Spieler vielleicht, aber auch das glaube ich eigentlich weniger. Eher sehe ich auch die Kaderplanung als kleines Manko an. Ich teile Deine Ansicht, dass man nicht genügend Geschwindigkeit nach den Ausfällen auf den Platz bringen konnte. Aber auch Schweinsteiger und Alonso muss man diesbezüglich hier mMn nennen. Vergeigt hat man das Halbfinale ohnehin im Hinspiel.
Wie es unter Carlo Ancelotti diese Saison laufen wird, kann niemand vorhersehen. Ob er in der Lage sein wird, die Mannschaft in den entscheidenden Spielen topfit und voll konzentriert auf den Platz zu bringen, wird sich zeigen. So wie es momentan ausschaut, scheinen die Bayern in der Meisterschaftsrunde jedenfalls hartnäckige Verfolger zu haben. Einen ‚Spannungsabfall‘ wird es (aus heutiger Sicht) dann wohl kaum geben… 😉
André 9. November 2016 um 09:25
Ich denke nicht, dass die Spielweise unter Pep so kraftaufreibend gewesen ist wie es hier beschrieben wird. Ich denke sein Ansatz ist viel einfacher als er oft diskutiert wird. Er propagiert ein ziemlich festes Positionsspiel bei dem Spieler ausschließlich zur Bildung von Dreiecken aus der Position gehen. Dadurch entstehen dann Situationen von einrückenden AV’s oder zurückfallende MS oder in den Halbraum einrückende AS … Das heißt unter ihm mussten die Spieler viele kurze Wege zurücklegen und der Vortrag in die Spitze war viel langsamer. Auch die Distanzen welche so für das Pressing nach Ballverlusten zurückgelegt werden mussten waren viel kürzer als heute. Diese Abkehr von der permanenten Bildung von Dreiecken, hin zu viel zu breiten und tiefen Achtern kostet die Bayern Dominanz und Kraft und es macht sie anfälliger für Konter – ich kann dies nicht mit Zahlen belegen, aber die Spielverläufe zeigen deutlich, dass es den Bayern nicht mehr gelingt die Bundesliga tief in die eigene Hälfte zurückzudrängen.
Worauf will ich hinaus? Die vielen Verletzungen können nicht der Strategie von Guardiola angelastet werden. Sie haben einfach damit zu tun, dass der Stamm zum einen schon immer anfällig war (Robben, Ribéry, Boateng) und obendrein sind die Spieler durch jahrelange dreifachbelastung ausgebrannt. Dieses Phänomen lässt sich auch bei anderen Spitzenteams beobachten. So ist es sicher ein Vorteil, dass bspw. die Spieler von Athletico (man könnte auch Dortmund, Leicester,… anführen) diesen Rhytmus nicht hatten. Viele der Spieler sind erst bei Athletico zum Nationalspieler geworden und da sich der Spielstil von dem der jeweiligen Nationalmannschaften unterscheidet spielen sie dort oft nur eine untergeordnete Rolle. Man könnte das noch beliebig vertiefen, aber dafür ist die Kommentarspalte sicher nicht gedacht. Fakt ist, dass Pep nicht für die unehmende Ermüdung der Spitzenspieler verantwortlich gemacht werden kann. Und wenn ich in manchen Kommentaren lese, dass die vielen Ausfälle in den entscheidenden Halbfinals nicht der ‚Hauptgrund‘ für das Ausscheiden gewesen sind, dann verstehe ich nichts mehr. Wenn ich eine Truppe aus der (wenn auch sehr guten) zweiten Wahl zusammenstellen muss, dann verliere ich selbstredend die entscheidende Qualität um den zum Fußball dazugehörenden Zufall wirksamer bekämpfen zu können.
Koom 9. November 2016 um 12:32
Ich denke, Guardiolas Ansatz ist relativ intensiv. Ich gebe dir recht, dass rein körperlich (Laufleistung, Sprints, Zweikampfintensität) der Anspruch geringer ist, dafür mussten aber permanent alle Spieler aktiv bleiben, weil sonst dieses Gebilde zusammenbricht bzw. gefährliche Konterchancen entstehen. Diese Dauerbelastung, bei der man eben nicht abschalten kann, ist vermutlich schwerer messbar aber vielleicht ein Grund für so manche Verletzung, schlechtere Rekonvaleszenz und teilweise auch mangelnde Frische oder fehlende Reserven, die man mal zusätzlich abrufen kann.
Schorsch 9. November 2016 um 17:21
Das ist für mich die entscheidende Frage. Wenn ich in jedem Spiel, vom ersten bis zum letzten einer Saison, in jedem Wettbewerb, gegen jeden Gegner, meinen ambitionierten und volle Konzentration fordernden Spielstil zu 100% praktizieren will und muss, bleibt dies ohne Konsequenzen auf die mentale (weniger, aber auch physische) Verfassung meiner Spieler am Ende einer langen Saison, wenn es um die entscheidenden Spiele gegen gleichwertige Gegner geht? Oder ist ein Team im Vorteil, wenn es im Saisonverlauf mehrere ‚Fünfe-gerade-sein-lassen-Spiele‘ (was nicht Punkte verschenken heißt) macht, um dann im richtigen Moment mental voll fokussiert sein zu können?
fcb 10. November 2016 um 14:55
Danke für deine Antwort Schorsch.
Wenn alle in Internetforen so ähnlich wie du agieren würden, wäre die Diskussionkultur im Internet eine viel fruchtbarere.
Alle Agrumente von dir kann ich unterschreiben.
Da die Journalisten solche Fragen nicht an jeweilige Spieler/Trainer stellen. (Sie wollen lieber wissen ob Aubameyang in Mailand oder Rom war.) Können wir imo nur die Vergangenheit auswerten.
Und das beste Beispiel sollte Spanien/Barcelona sein. Ich habe mich zu dieser Zeit nicht mit Pep/Barca/Spanien befasst, vllt könnt ihr bessere Informationen dazu liefern.
Aber hat nicht der Stamm von Pep auch bei Spanien über 6 Jahre ohne einen richtigen Hänger dominiert? Busquets, Iniesta, Pique?!, Puyol?!, David Villa.
Na ja sind jetzt nicht so viele Namen ^^
Aber imo sollte es, speziell in der Bundesliga aufgrund der Winterpause, möglich sein, Peps vermeintlich forderndes Spiel umsetzen zu können.
Schau dir England oder Spanien an. Vorallem müssen die Südamerikaner wie z.B. Messi, Suarez und Neymar noch etliche male nach Südamerika fliegen. Im vergleich sieht da das Programm von Müller, Lahm und Co wie ein Kindergeburtstag aus ^^
Koom 10. November 2016 um 16:44
Da gibts aber noch mehr Parameter, die man bedenken muss. Die Spielintensität in der Gegenpressing-Bundesliga ist schon um einiges höher als in Spanien. Das fordert natürlich auch mehr.
Schorsch 10. November 2016 um 19:58
Ich bin wahrlich kein ‚Spanien-Experte‘, weiß Gott nicht. Da sollte ich mich eher zurückhalten. Dennoch wage ich es einmal, hier einige Vermutungen anzustellen.
Zunächst gibt es da einen Aspekt, bei dem viele gleich abwinken und der vielen auch unangenehm ist, der aber leider im Sport (und Fußball ist ein permanent stärker fordernder Leistungssport geworden) immer latent mitschwingt: Unerlaubte leistungsfördernde (regenerationsfördernde, etc.) Mittel. Das sich berühmt-berüchtigter Frauenarzt auch im Dunstkreis des FC Barcelona bewegt hat, kann schwerlich geleugnet werden, auch wenn man so klug war, besagten Herrn nie als Clubarzt o.ä. anzustellen. Ich will diesen Punkt jetzt nicht weiter stressen, aber er sollte Erwähnung finden und man kann ihn mMn nicht gänzlich vom Tisch wischen oder a priori ausschließen.
Es gibt ja auch andere Aspekte. Pep Guardiola hat das Spiel des FC Barcelona noch einmal auf ein höheres Niveau gehoben, das dürfte unbestritten sein. Er konnte aber auf einer bestimmten fußballerischen Grundausbildung aufbauen. Das hat zwar nur indirekt mit der Belastungsfrage zu tun, aber wenn ich ein bestimmtes Spiel ‚von klein auf‘ internalisiert habe, gerade was die permanente Konzentration anbelangt, fällt mir die diesbezügliche Dauerbelastung später vielleicht etwas leichter.
Belastungssteuerung ist ja so etwas wie ein Zauberwort geworden in der Bundesliga. Es gibt dabei durchaus konkrete Hinweise, dass diese Belastungssteuerung bei Clubs im Ausland schon einige Jahre früher auf dem aktuell neuesten Stand war. Nicht nur, aber gerade beim FC Barcelona.
Was den ‚Hänger‘ anbelangt: Der FC Barcelona hatte schon so etwas wie eine etwas schwächere Phase (alles relativ zu sehen). Im letzten Jahr Peps dort konnte man schon ganz leichte Anzeichen sehen. Nach Peps Fortgang war man um Kontinuität bemüht, aber es gab einen Abfall in den Leistungen. Pep selbst hat es ja als Fehler bezeichnet, ein viertes Jahr beim FC Barcelona geblieben zu sein (ich hatte dies anderweitig schon einmal erwähnt). In den Halbfinals gegen die Bayern 2013 wirkten die Spieler der Katalanen zumindest auf mich mental nicht auf der Höhe, die man von ihnen gewöhnt war. Es fehlte neben anderen Dingen das, was man auch ‚geistige Frische‘ nennt.
Außerdem: Man müsste einmal nachprüfen (wenn dies überhaupt machbar ist), ob die Spieler des FC Barcelona zu Peps Zeiten über eine lange Saison hinweg tatsächlich immer in jedem Match die Vorgaben mit besagter ‚100%iger Konzentration‘ auf den Platz gebracht haben. Oder ob es vielleicht nicht wenige Spiele gegeben haben mag, z.B. gegen Gegner aus der unteren Tabellenhälfte oder dem Tabellenmittelfeld, die man mit weniger Konsequenz gespielt hat. In denen vielleicht ein Messi-Solo ausgereicht hat, das Spiel knapp zu gewinnen bei sonst durchgängiger ‚Schonhaltung‘.
Was die Winterpause anbelangt, so ist die sicherlich ein Plus der Bundesliga. Hinzu kommen etwas weniger Spieltage durch 18 statt 20 Clubs in der Liga und durch einen Pokalmodus bzw. weniger Pokalwettbewerbe (PL). Allerdings dürften die Kader zumindest in der PL etwas größer sein als die der Bundesligaclubs und z.B. im Ligapokal kommen in der Regel vermehrt Spieler aus dem zweiten oder dritten Glied zum Einsatz. Erst kürzlich hat Christiano Ronaldo, als er sich über Bayern und den BVB geäußert hat, die Wichtigkeit der Rotation betont, die ein großer Kader eben eher möglich macht als ein kleinerer.
Was die Reisen der Nationalspieler anbelangt, so hat ja nicht nur der FC Barcelona wichtige Spieler aus Übersee in seinem Kader. Dies ist auch bei den Spitzenclubs der Bundesliga der Fall. Ich weiß es nicht, halte es aber für recht unwahrscheinlich, dass Bayern oder der BVB z.B. weit weniger Nationalspieler abstellen (und davon einige, die lange Reisewege haben) als der FC Barcelona. Und wenn die dann nach Länderspielen erst Spitz auf Knopf wieder bei ihren Clubs sind, werden sie in der Regel im nächsten Pflichtspiel genauso pausieren wie es in Spanien usus ist.
Es bleibt vieles halt Spekulation.
Ein Zuschauer 10. November 2016 um 20:20
Aber gleichzeitig haben sich Deutschland gegen Bayern die Teams teilweise sogar mehr hinten rein gestellt, als die spanischen Teams gegen Barca.
Andere Frage: ist die Intensität im Ballbesitz wirklich so hoch oder ist die im eigenen Gegenpressing nicht höher? Körperlich ja, aber mental?
HK 11. November 2016 um 11:45
Kommt vielleicht drauf an wie man den Ballbesitz spielt. Im Guardiola-System ist es jedenfalls ganz eindeutig. Da dient der eigene Ballbesitz auch dazu sich etwas „auszuruhen“. Immer getreu der Devise, dass es weniger anstrengend ist den Ball laufen zu lassen, als dem Ball hinterherzulaufen.
Körperlich wurden die Bayernspieler durch das Spielsystem der letzten Jahre eher weniger als mehr belastet. Es gibt auch keine messbaren Parameter die auf anderes hindeuten. Die Masse der Spiele ist ja eine andere Baustelle.
Und „vom Kopf her“ wie man das nennen mag? Da bin ich über die anscheinend einhellige Meinung, dass dieses System in dieser Hinsicht so immens kraftraubend wäre schon sehr verblüfft.
Würde ich gerade das Gegenteil behaupten. Je klarer definiert mein Spielweise ist, die Bewegungen, die Positionen, je öfter das trainiert und internalisiert wird desto weniger emotionalen Aufwand bedeutet es für mich, das immer und immer wieder abzuspulen. Die berühmten „Fesseln“ eben.
Wie das dann auch aussehen kann hat man imo sehr schön in der letzten Rückrunde gesehen, als man viele BL-Spiele im sichtbaren Energiesparmodus bestritt, aber dennoch, quasi mit traumwandlerischer Sicherheit, gewonnen hat.
tobit 11. November 2016 um 13:56
Das ist ja gerade der Punkt: bei Bayern musste Pep weite Teile des Systems erstmal in die Spieler „internalisieren“, während da die Grundlage bei Barca wesentlich besser war.
Außerdem scheint Guardiola ein Fan von intensivem Training zu sein, das auch mental fordernd ist. Dadurch sind die Spieler außerhalb der Spielbelastung evtl. stärker belastet als Spieler anderer Vereine mit laxerem Training.
HK 11. November 2016 um 14:41
Das ist der Punkt??
Gewisse Grundlagen waren vorher durch die LVG-Schule schon da. Auf dieser Grundlage (oder meinetwegen auch nicht auf dieser) hat die „Systemeinführung“ je nach Sichtweise vielleicht 1-3 Monate gedauert. Das konnte man ja optisch leicht nachvollziehen. Dann war der Käse im Wesentlichen gegessen und man konnte drei Jahre davon profitieren.
Das mit dem Training mag sein oder auch nicht. Jedenfalls ein Punkt den man als Außenstehender kaum nachvollziehen kann. Genauso wie die gerne propagierte „mentale Belastung“. Vermutlich taugt die genau deshalb so schön als Argument, weil eben kaum zu beweisen oder zu widerlegen.
Wer lässt sich schon gern seine Mythen nehmen.
Koom 11. November 2016 um 15:33
Die Bayern dürfte ähnliche Grundlagen gehabt haben wie Barca, als Pep dort anfing. Bei beiden waren im wesentlichen ähnliche Strukturen durch LvG, Cruyff etc. vorhanden. Bei Barca sicherlich tiefer, weil es auch in der eigenen Jugend so durchgezogen ist, bei Bayern dafür etwas frischer.
Zur mentalen Belastung: Nur weil etwas nicht greifbar/beweisbar ist, heißt das nicht, dass es keine Rolle spielt oder ein Mythos ist. Es ist durchaus möglich, dass Peps Fließbandarbeitsbelastung (ständig unter Strom, wenn auch nicht vielleicht auf Maximum) für manchen anstrengender sein kann, als hin und wieder Vollspannung und Ausschalten. Ausschließen kann man es nicht, der Nachweis ist schwer, aber logisch gesehen wird es sicherlich eine Rolle spielen. Nur der Anteil ist fraglich.
tobit 13. November 2016 um 21:12
Ich denke schon, dass die Cruyff’sche Schule bei den aus Barcas jugend stammenden Spielern wesentlich tiefer internalisiert war, als es bei einem Schweinsteiger oder Ribery (oder irgendienem anderen Bayernspieler) nach zwei Jahren van Gaal überhaupt möglich war. Dazu waren die zentralen Spieler bei Peps Barca nochmal die Ecke besser als die der Bayern (Messi > Robben/Ribery, Xavi/Iniesta > Schweinsteiger).
Nur weil das System nach drei Monaten sehr gut gegriffen hat, heißt es ja nicht, dass die Grundlagen bereits komplett internalisiert sind. Insbesondere die Spieler der zweiten Reihe (Shaq als prominentestes Beispiel) brauchten länger, bis sie wirklich Alternativen wurden (oder gingen).
Als Reservisten standen bei Barca aber etliche Spieler bereit, die zumindest die Grundlagen der Cruyff’schen Spielweisen beherrschten (Bojan, Pedro, Bartra, dos Santos, Thiago). Einige dieser Spieler verdrängten unter Pep schnell alte Stammspieler (Toure, Henry -> Busquets, Pedro).
CHR4 6. November 2016 um 19:29
so dann hier nochmal der aktuelle Vergleich mit anderen Mannschaften (whoscored.com), was die Torgefährlichkeit betrifft:
Schüsse pro Spiel:
1. Real Madrid 20,3
2. AS Rom 19,6
3. FC Liverpool 19,1
4. FC Bayern 18,2
5. Manchester City 17,9
6. Tottenham 17,7
7. Juventus 17,4
Manchester United 17,4
9. Chelsea 16,9
10. Barca 16,8
Schüsse im Strafraum pro Spiel:
1. Real Madrid 11,1
2. FC Bayern 10,9
3. FC Liverpool 10,6
4. AS Rom 10,4
5. Barca 10,3
6. Chelsea 10,0
7. Manchester City 9,8
8. Juventus 9,4
9. RasenBallsport Leipzig 8,9
10. Arsenal 8,6
Schüsse aufs Tor/im Ziel pro Spiel:
1. Liverpool 7,8
2. Real Madrid 7,7
3. AS Rom 6,5
4. Chelsea 6,4
5. Barca 6,3
Borussia Dortmund 6,3
7. FC Bayern 6,2
Manchester City 6,2
9. Athletico 5,8
Lyon 5,8
Lazio 5,8
Wer ist also den Zahlen nach derzeit vorne? Real, Roma, Liverpool … Um Rom mach ich mir da weniger Sorgen, auf Liverpool freu ich mich, wenn die nächstes Jahr wieder international dabei sind und Real … sind das nicht die, bei denen es angeblich auch keinen roten Faden gibt? 😉
tobit 6. November 2016 um 23:35
Interessant finde ich da den BVB: der taucht nämlich nur bei den Schüssen aufs Tor überhaupt in den Top10 auf.
Ich würde deine Liste daher Mal um **Torschüsse/Schuss** ergänzen (alle Teams die bei „Schüsse“ und „Schüsse aufs Tor“ in den Top20 sind):
1 BVB 42,3%
2 Liverpool 40,8%
3 Lazio 38,9%
4 Barca 38,8%
5 Lyon 38,7%
6 Real 37,9% Chealsea 37,9% Atletico 37,9%
9 Torino 35,8%
10 Juventus 35,6%
11 ManCity 34,6%
12 S’hampton 34,5%
13 Bayern 34,1%
14 Napoli 33,7%
15 Roma 33,3%
16 United 32,2%
17 Tottenham 31,6%
Tipic 7. November 2016 um 01:56
Nein. Real, das sind die, die sich auf die individuelle Qualität ihrer Spieler verlassen (können).
gs 7. November 2016 um 09:56
„Insgesamt sehe ich Bayern nicht überzeugend genug, um gegen große Gegner zu bestehen. Oder gibt es Hoffnung?“
Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt 🙂
Aber im Ernst: es könnte ja tatsächlich sein, dass Ancelotti nicht wie die meisten seiner Kollegen (Guardiola eingeschlossen) von Spiel zu Spiel denkt, sondern die große Linie, sprich, die gesamte Saison im Blick hat – und deshalb ja auch massiv rotiert. Und in Kauf nimmt, dass Spiele wie gegen Hoffenheim dabei sind; ist vielleicht sogar ein wenig gewollt, damit die Mannschaft nicht in Selbstzufriedenheit abgleitet.
Klar hätte er das Spiel gerne noch gewonnen – aber die aktuell extreme Affinität der Bayern zum Aluminium hatte was dagegen 😉
Wenn er es schafft, in den entscheidenden Spielen seine Top-Mannschaft fit zur Verfügung zu haben, und diese dann auch hochmotiviert und -konzentriert aufs Feld geht, ist alles möglich. Vor allem, wenn dann auch das Glück beim Torabschluss zurück kommt …
Koom 7. November 2016 um 10:27
Neben der Schonung kann das ja auch gezielt was mit „Provokation“ – als Form der Motivation – zu tun haben. Robben, Ribery, Müller sind alles drei Spieler, die es hassen, auf der Bank zu sitzen oder früh aus dem Spiel zu müssen. Die sind aber auch so strukturiert, dass sie dann nicht blockieren, sondern eher noch mehr raushauen, um den Coach zu widerlegen.
Zudem lernt er seine Mannschaft vermutlich auch mehr kennen. Auch, was bspw. Druckphasen angeht, die es mit der Guardiola-Dominanz eher selten gab, aber unter CA jetzt auch mal gegen Hoffenheim oder Ingolstadt. Mal mehr ausformuliert: Unter Guardiola wurde eigentlich jeder Gegner beherrscht und dominiert (mit Ausnahme vielleicht von Barca und hin und wieder BVB). Man konditioniert sich dadurch das Gefühl ein, dass man hinten kein Tor fangen wird und man automatisch gewinnt, wenn man selbst eines macht. Fällt dann mal überraschend irgendwie hinten ein Tor, erzeugt das u.U. eine Drucksituation, die die Spieler überrascht. In 30+ Spielen lief alles gut, jetzt im CL-Halbfinale gegen einen Gegner, den man eigentlich beherrscht, fängt man hinten ein Tor und vorne fällt es nicht. Unter CA hat man jetzt auch mal in der Liga diese Situation, lernt damit umzugehen, abrufbar mehr zu investieren ohne Leistungsabfall oder zuviel Risiko. Gerade eine „gefühlte Niederlage“ wie gegen Hoffenheim wird helfen, das in der nahen Zukunft zu verbessern und vermeiden zu können.
P.S: Alles Vermutungen. Bin weder Psychologiestudent noch Fußballtrainer. 😉
P.P.S.: Ob das besser oder schlechter jetzt ist, muss man offen lassen. Ich glaube, dass hängt vor allem sehr von den involvierten Charakteren ab. Ich glaube auch nicht, dass CA ganz bewusst die Situation herbeiführen will, dass man Unentschieden gegen Hoffenheim spielt. Aber recht offensichtlich will er nicht das ganze Spiel zu Tode dominieren, sondern Platz für Individualität lassen. Er pokert ein bisserl mehr, wo Guardiola eben Karten gezählt hat. 😉
Beobachter 7. November 2016 um 14:23
Ich teile diese Optimismus nicht.
a) mir gefällt der Stil bzw. die Richtung nicht. Ich präferiere generell „Handballdominanz“ vor „Konter“ – weil ich ersteres für weitaus schwieriger halte, als letzteres. Gut gemacht hat das für mich das Prädikat „künstlerisch wertvoll“. Aber das ist Geschmackssache. Weniger Dominanz, mehr Gegnerpräsenz usw. haben aber zugleich zur Folge, dass man nun vielleicht besser mit Rückschlägen umgehen kann (in der Liga konnte man das aber schon vorher und in der CL will ich das gegen „große“ Gegner auch erstmal sehen), zugleich ist aber auch das Überlegenheitsgefühl weg, was die Mannschaft in der Vergangenheit getragen hat. (Küchen-)Psychologisch könnte das auch eine Milchmädchenrechnung sein.
b) unabhängig davon wie es diese Saison ausgeht, war es vor dem Hintergrund Ancelottis erwartbar, dass Bayern ergebnismäßig „schlechter“ performed als in den vergangenen Jahren. Gut für die Liga, für die Bayern sicher nicht unbedingt – denn ich bezweifle sehr stark, dass man im Frühjahr „einen raushaut“. Ich habe CA früher nicht sonderlich intensiv beobachtet, aber m.E. lebten seine Mannschaften generell von der Einbindung starker Individualisten (Real, PSG, Chelsea – Mailand m.E. auch). Und diese Akteure fehlen den Bayern – im Wesentlichen auf den Flügeln (Ribery und Robben sind über den Zenit (wenn sie überhaupt spielen können) und Costa/Coman sind eine Wundertüte/sind noch nicht so weit) und partiell auch im Zentrum (außer vielleicht Thiago). Das war m.E. das Problem der letzten Jahren, dass auf ganz hohem Niveau die Offensive nicht durchschlug. Lange Rede: Ich bin mir eben nicht sicher, dass CA diese „Defizite“ (also international) auffangen wird.
c) zudem scheint mir CA bislang relativ unflexibel was sein System angeht und m.E. ist das 4-3-3 für den derzeitigen Kader alles andere als optimal (s.o.). Entweder finden sich die Spieler hier bis zum Frühjahr noch bombastisch rein oder CA schneidet das ein bisschen besser zu. Wenn beides nicht passiert oder erst im März/April und man Platz 2 in der CL-Gruppe mit ein bisschen „Lospech“ kombiniert, ist gut und gerne im AF Endstation. In der Liga sollte es freilich reichen – würde ich zumindest eher drauf wetten als auf durchschlagenden internationalen Erfolg.