Bayerns Sieg dauert wegen Organisationsverlust nur 60 Minuten

2:2

Juventus gegen Bayern. In der Saison 2012/13 war dieses Aufeinandertreffen in der Champions League ein Fingerzeig für Heynckes‘ Bayern, wohin es in dieser historischen Saison gehen könnte. Würde es dieses Mal ebenfalls so sein? Die erste Halbzeit schreit Ja, die zweite Halbzeit fügt ein Fragezeichen hinzu.

Dominanz durch Pressing

Die Bayern starteten sofort mit einer Kampfansage: Juventus‘ Anstoß wurde im Sprint verfolgt und gepresst. Die grundsätzliche Systematik der Bayern zeigte sich dort bereits. Müller und Lewandowski liefen in erster Linie an, obgleich Müller sich später häufig zurückzog und neben Thiago auf der Acht in der Arbeit ohne Ball wiederfand. Robben und Costa besetzten die Flügelstürmerpositionen, dahinter sicherte Vidal den Sechserraum. Auffällig schon in der ersten Pressingsituation: Sowohl Bernat als auch Lahm lösten sich komplett von den beiden Innenverteidigern, Alaba und Kimmich, pressten hoch und schoben in Richtung Mitte. Eine 2-1-Absicherung aus dem regulären Pressing heraus mit Alaba und Kimmich hinter Vidal war die Folge.

Grundformationen

Grundformationen

Ansonsten gab es schlichtweg sehr wenige Aufbauaktionen Juventus‘, um die Pressingabläufe konstant beobachten zu können. Dies war insbesondere problematisch, weil sich Vidal bei Abstößen in die Abwehrkette fallen lässt, was unter Guardiola bei den Bayern auch mit Alonso so üblich ist. Im Normalfall wirkte es jedoch in Halbzeit eins bei flacherem Aufbau Juventus‘ eher wie ein 4-1-4-1 bei den Bayern, in welchem die erwähnte Systematik aus dem ersten Pressingangriff zu sehen war.

Bayern leitete öfters mit Lewandowski auf eine Seite, meist eben die linke Juventus-Seite, woraufhin Müller diagonal herausrückte und presste, während Thiago die zentralen Räume hinter ihm zu schob. Die Flügelstürmer orientierten sich an diese Bewegung, unterstützten Thiago bei der Absicherung von der ballfernen Seite aus und Müller im Pressing ballnah. Lahm und Vidal rückten nach vorne, wenn der Ball nicht lange kam, dazu gab es einige Mannorientierungen. Gelegentlich schob sogar Lahm auf Pogba hoch nach vorne und in die Mitte. Robben wiederum verfolgte Evra nach hinten und war dann deutlich näher an der Abwehrkette als Lahm. Wurde bei Juventus über die andere Seite aufgebaut, verfuhren die Bayern ähnlich.

Juventus verzichtete übrigens auf eine ihrer Spezialitäten: Die Dreierlinie im Aufbau bei Viererkette ohne Ballbesitz.

Allegri mit einer klassischeren Ausrichtung

Ein paar Mal in dieser Saison ließ Allegri – insbesondere mit Cuadrado in der Startelf – ein interessantes System spielen. Ohne Ball verteidigte man im 4-4-1-1/4-4-2. Hier lässt sich Pogba auf die linke Seite fallen, auf rechts spielt Cuadrado. Evra, Chiellini, Barzagli und Bonucci besetzen dann meist in Normalfall die letzte Linie. Sobald Juventus den Ball aber hat und organisiert aufbaut, dann schiebt Evra weit nach vorne und der nominelle rechte Außenverteidiger agiert tiefer. Cuadrado und Evra geben Breite, Pogba rückt in die Mitte ein und unterstützt hier die zentralen Akteure.

Dieses Mal gab es dies allerdings nicht zu sehen. Wohl wegen der erwarteten taktischen Ausrichtung der Bayern und der Aufstellung Lichtsteiners wurde darauf verzichtet. So spielte man ohne Ball im 4-4-2, wobei es eher als 4-4-1-1 oder 4-4-2-0 zu beschreiben ist. Sowohl Mandzukic als auch Dybala orientierten sich eher an den zentralen Mittelfeldspielern der Bayern und versuchten Passwege auf diese abzudecken. Höheres Pressing auf Kimmich und Alaba gab es nur vereinzelt in der ersten Spielhälfte.

Dies lag womöglich auch daran, dass die Bayern sich außerordentlich gut positionierten und bewegten. Sie formierten sich immer wieder gut in den Schnittstellen, was ein mögliches Herausrücken Mandzukics und Dybalas erschwerte. Sie sollten wohl eher in tieferen Zonen bei der Kompaktheit helfen. Außerdem war die Distanz bei höherer Ballzirkulation der Bayern zu groß, Juventus’ Stürmer konnten kaum Zugriff erzeugen.

In Ballbesitz änderte sich die Rollenverteilung in den Reihen der alten Dame nicht. Mandzukic und Dybala besetzten vorne die Räume, wobei sich Dybala eher in tiefere Zonen fallen lassen konnte. Lichtsteiner und Evra schoben nach vorne, Marchisio auf der Sechs ließ sich gelegentlich zurückfallen, um eine Dreierlinie im Aufbau zu kreieren und Khedira besetzte mit Pogba die zentralen Räume, wobei Pogba auch höher und breiter stehen konnte. Cuadrado hingegen suchte Dribblings und Überladungen auf rechts mit Lichtsteiner, rückte nur nach hinterlaufenden Bewegungen weiter in die Mitte ein.

Bayerns Pressing inkl. der Bewegung Lahms auf Pogba, den unterschiedlichen Höhenstaffelungen der Flügelspieler Juventus' und dem Leiten der Bayern.

Bayerns Pressing inkl. der Bewegung Lahms auf Pogba, den unterschiedlichen Höhenstaffelungen der Flügelspieler Juventus‘ und dem Leiten der Bayern.

Diese Aufbau- und Angriffsbewegungen waren aber lange Zeit kaum zu sehen; stattdessen war Bayern am Drücker und hatte den Vorteil durch die eigenen taktischen Aspekte.

Leichte Asymmetrie zwischen Lahm und Bernat und ihre Folgen

Am auffälligsten war die Rollenverteilung zwischen Lahm und Bernat. Anfangs wirkte es noch relativ ähnlich mit nur kleineren Unterschieden zwischen beiden. So rückten beide in Ballbesitz von der Seite in Richtung Mitte, Lahm spielte nur etwas zentraler und Bernat war etwas höher. Dies sorgte für einige typische 2-3-Aufbaustaffelungen in den ersten zwei Linien, wobei Bernat eben höher schieben konnte und sich Vidal gelegentlich zurückfallen ließ. Ursache dafür war die Rollenverteilung in den Linien davor.

Bernats Bewegung war an Thiago gekoppelt. So gab es einige Sprints nach vorne von Bernat, woraufhin sich Thiago diagonal in das entstandene Loch zurückfallen ließ und den Ball forderte. Häufiger waren beide auch im gegnerischen Zwischenlinienraum in einer Linie positioniert, woraufhin Bernat diagonal Costa vorderlief und Thiago sich in Richtung Costa bewegte, um dort als offene Anspielstation zu fungieren. Desweiteren sollte Bernat bei tieferer Position auch Costa und Thiago ins Spiel bringen können, was Thiago bei tieferer Position und bei Vorstößen Bernats ebenfalls tat.

Rotationsbewegung auf dem Flügel und die Struktur davon. Bernat zieht nach vorne, dadurch öffnet er Raum, wohin Thiago gehen kann. Alaba steht hoch als Anspielstation, Vidal und Kimmich sichern ab.

Rotationsbewegung auf dem Flügel und die Struktur davon. Bernat zieht nach vorne, dadurch öffnet er Raum, wohin Thiago gehen kann. Alaba steht hoch als Anspielstation, Vidal und Kimmich sichern ab.

Lahm hingegen stand zentraler, weil er nicht für den Achter Räume öffnen wollte, sondern für den Flügelstürmer. Durch Lahms leicht tiefere und engere Rolle konnte Robben in der Anfangsphase sich ein paar Mal tiefer zurückfallen lassen und den Ball von Lahm oder Kimmich auf den Flügeln erhalten. Dadurch wollte man wohl Pogba und Evra vor Probleme stellen sowie im Idealfall Letzteren aus seiner Position ziehen. Müller war die Ursache, wieso das so gehandhabt wurde bzw. gemacht werden konnte. Er lief immer wieder offene Räume an oder diagonal in jene Zonen, die Robben durch seine Bewegung nach hinten verlassen hatte. Lahm wiederum konnte dann diese Räume mit einem Sprint nach vorne besetzen, Robben Räume für Läufe in die Mitte öffnen und wieder ein Dreieck sowie eine Verbindung von Robben auf Thiago/Bernat/Alaba im anderen Halbraum kreieren.

Später wurde dies jedoch etwas verändert. Alaba und Kimmich waren zuvor schon sehr häufig mit Ball am Fuß nach vorne gelaufen, um das gegnerische Pressing anzulocken und damit Räume zu öffnen; ein Schlüsselkonzept des Positionsspiels übrigens. Vidal ließ sich vermehrt fallen und Lahm besetzte in der Schlussphase der ersten Halbzeit häufiger den zentralen Sechserraum alleine. Bernat spielte nun deutlich anders als Lahm in Ballbesitz und es entstanden z.B. 3-1- oder auch 3-2-Aufbaustaffelungen (mit Thiago neben Lahm vor Alaba, Vidal und Kimmich) bei den Bayern.

Vidals Rolle wurde von Kollege Tobias Escher mit jener Position Sammers aus den 90ern verglichen: Ein Spieler, der zwischen der Sechser- und der Liberoposition pendelt, sich viel vertikal bewegt und – um Kollege Tobias Wagner (ja, die Tobis haben‘s drauf) sinngemäß zu zitieren – „weiträumig nach vorne gegenzupressen mit einer Auftaktposition hinter der eigentlichen Abwehr“. Prinzipiell eine interessante Rolle für Vidal, weil es seine Schwächen im Bewegungsspiel abfängt, aber seine Stärken in der Weiträumigkeit im sehr strukturierten Bayernspiel etwas besser einbringt.

Aus diesem 3-2 oder 3-1 konnten Vidal, Alaba und Kimmich immer wieder in offene Räume vorschieben, Verlagerungen fordern und von dort aus versuchen in den gegnerischen Block zu spielen. Die erwähnten Rotationsbewegungen im Dreieck auf den Flügeln taten (fast) ihr Übriges; Juventus‘ starke Endverteidigung verhinderte einige Male Schlimmeres. In puncto Zirkulation war es nämlich lange Zeit eines der besten Spiele der Bayerns in der Guardiola-Ära. Besonders stark war in der ersten Halbzeit auch das Gegenpressing Bayerns; ein hohes Tempo und enorme Intensität verhinderten Juventus‘ Konter in vielen möglichen Situationen.

Bayerns Aufbaustruktur in der ersten Halbzeit (nach Einrücken der Außenverteidiger).

Bayerns Aufbaustruktur in der ersten Halbzeit (nach Einrücken der Außenverteidiger).

Nach der Pause veränderte sich das Spielgeschehen jedoch.

Kontroll- und Organisationsverlust

Die zweite Spielhälfte bzw. eher die letzten zwanzig bis fünfundzwanzig Minuten standen im Zeichen einer deutlich stärkeren Leistung Juventus‘ und einem ganz anderen Spielrhythmus. War das Spiel in der ersten Halbzeit noch fast gemächlich vonstatten gegangen – trotz Bayerns hoher Dynamik -, so war es in der zweiten Spielhälfte deutlich unkontrollierter, chaotischer und impulsiver. Allegri hatte Hernanes eingewechselt und die Struktur im Pressing etwas verändert. Man könnte sagen: Aus dem 4-4-2-0 wurde ein 4-4-2. Dybala und Mandzukic liefen nun vermehrt vorne die Bayern an, Khedira und Hernanes spielten im Pressing situativ mannorientiert, wenn sie Zugriff erzeugen konnten.

Das Problem der Bayern zeigte sich einige Male in diesem höheren Pressing. Wenn Juventus schon früh attackierte, konnte Lahm noch nicht in die Mitte einrücken. Dies wurde nämlich meist erst gemacht, wenn man schon stabil aufbauen konnte. Erst nachdem das gegnerische Pressing entschleunigt wurde, ging Lahm in den Sechserraum. Davor blieb er wie auch Bernat breit und relativ tief, um Breite für die Innenverteidiger zu geben, da es die höheren Flügelstürmer noch nicht konnten. Dies verteidigte Juventus‘ deutlich besser.

Nach dem 0:2 und 1:2 wurden die Bayern auch teils zu defensiv; die Bewegungen und Positionen waren nicht so sauber und präsent, die Entscheidungsfindung im offensiven Umschaltmoment z.B. war teils zu fokussiert auf einen simplen Angriff nach vorne anstatt einen sauberen Neuaufbau wie in der ersten Halbzeit. Die Spielweise war schlichtweg nicht mehr so kohärent, worunter die Organisation litt. Auch die Abstände zwischen Vidal und den Spielern davor wurden schwächer im Pressing, dazu schob Pogba noch mehr in die Mitte mit und ohne Ball.

Diese Mischung und das offenere, weiträumige Spiel als solches spielten Juventus in die Karten. Guardiolas Einwechslungen von Benatia und Ribéry für Bernat und Costa brachten keine positive Veränderung. Stattdessen wurde die Kommunikation schwächer. Vidal und Benatia bewegten sich im Aufbauspiel schwach, Breite wurde kaum noch in der ersten Linie durch diese Drei gegeben und Alaba auf links harmonierte zwar mit Ribéry, aber fehlte in der Mitte.

Fazit

Spielerisch wie taktisch ein hochwertiges Spiel. Bayerns erste Halbzeit war hervorragend; und Lahms Manndeckung auf Pogba im Pressing sowie seine schnelle Orientierung im Gegenpressing auf Pogba waren ein ansehnliches taktisches Gimmick Guardiolas. Auch die Aufbaustrukturen waren gut gewählt und Bayern konnte durch die Bewegungen Juventus in der ersten Halbzeit fast komplett aus dem Spiel nehmen. Einzig die typisch italienische Strafraumverteidigung hielt aufrecht. In der zweiten Halbzeit kam Juventus aber besser ins Spiel. Das höhere und aggressivere Pressing, die leicht veränderten Bewegungen im Aufbau und das etwas veränderte Bayernspiel sorgten für ein Unentschieden und versprechen somit im Rückspiel Spannung.

FAB 25. Februar 2016 um 15:15

Schöne Analyse, was mir fehlt ist noch der Hinweis auf Hernanes, der im Vergleich zu Marchisio, viel weiträumiger, noch aggressiver gespielt hat und dadurch einen kleinen Anteil an dem aufgedrehten Juve Spiel zwischen Minute 65 und 80 hatte.
Die Hereinnahme von Ribery fand ich durchaus gelungen und hat dann nochmal für Entlastung über die linke Seite gebracht, die Costa zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bringen konnte.
Ansonsten fand ich die Duelle Lahm gegen Pogba eines der Highlights des Spiels …

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woifmoa 25. Februar 2016 um 08:24

ich weiß, darauf kommt es nicht an, aber ich muss es loswerden:
das wappen von juventus wurde 2004 modernisiert, das hier ist das alte. mittlerweile sind es außerdem 3 sterne.

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Voetball totaal 25. Februar 2016 um 07:31

Ich konnte das Spiel zwar leider nicht sehen aber die Formation Bayerns in Ballbesitz erinnert mich spontan an Barca unter Pep, nur das die Flügespieler, Achter und Außenverteidiger einmal rotieren.

Bayern mit Pep:

LA——OMF—MS—OMF——-RA
——LV——–DMF———-RV——-
————IV————IV—————-

Barça unter Pep:

LV——-LA—MS—RA——–RV
——-OMF————-OMF——
—————-DMF—————–
——-IV—————–IV———-

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August Bebel 24. Februar 2016 um 17:08

Zu Juves Viererkette möchte ich mal bemerken, dass sie mir weniger eine taktische Anpassung an die Bayern zu sein schien und vielmehr von personellen Zwängen diktiert gewesen sein dürfte. Chiellini und Caceres sind verletzt (Rugani gilt wohl als noch nicht reif für so ein Spiel), da ist halt keine Fünferkette möglich.

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cj 24. Februar 2016 um 21:23

Es ist sehr schade, dass man nur ganz selten eine Mannschaft in Bestbesetzung sieht. Bestbesetzung im Sinne, dass genau die Mannschaft gespielt hat, die der Trainer auch aufgestellt hätte, wenn ihm alle Spieler in guter Verfassung zur Verfügung gestanden hätte. So weit ich mich erinnere, hat Bayern unter Guardiola noch nie in Bestbesetzung gespielt. Bayern und Barça in Bestbesetzung im Finale – Guardiola gegen Luis Enrique. Das wäre mein Traum, ganz egal wie es dann ausgeht.

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RoyalBlue 24. Februar 2016 um 16:00

Sehr schöne Analyse, eine meiner liebsten in den letzten Wochen. Besonders die Beschreibung der Rollen von Lahm und Bernat ist sehr gut gelungen. Hab Bernat im Spiel als deutlich schwächer wahrgenommen, die Analyse hier zeigt aber, dass er im speziellen taktischen Kontext einfach eine leicht andere Funktion hatte und die ganz gut ausgeführt hat.

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gunther 24. Februar 2016 um 15:40

Mich würde mal eure Meinung zu Neuers Abspielen interessieren. Wie schon letztes Jahr gegen Barca beschwört er unter Druck mit riskanten Anspielen auf seine Voderleute unnötig oft Gefahr herauf.
Seine Mannschaft war bei seinem Abspiel auf Lahm doch schon in der Vorwärtsbewegung, da spielt er Lahm in dessen Rücken an. Der kann den dann auch nicht sauber annehmen, verliert den Ball, und Juve war schon wieder kurz vor dem Tor. Als Kimmich und Alaba das realisiert hatten, konnten Sie den Tempovorsprung der Juvespieler schon nicht mehr aufholen.

Bei allen taktsichen Vorteilen, die Neuers fußballerischen Fähigkeiten bringen, ist seine Entscheidungsfindung da auch eher schädlich.

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RoyalBlue 24. Februar 2016 um 16:19

Kann deine Wahrnehmung da sehr gut nachvollziehen. Gerade weil in der speziellen Situation auch ein sicherer Pass auf Kimmich möglich gewesen wäre. Allgemein war die Staffelung in diesem Moment einfach so unangenehm, dass sich ein hoher, kurzer Pass auf die Außen eigentlich verbittet. Lahm muss in einer isolierten Situation einen unangenehmen Ball verarbeiten. Der Ballverlust mit folgendem Gegenangriff ist da fast vorprogrammiert, auch weil die Staffelung für ein Gegenpressing absolut unbrauchbar ist. Leider gibt es solche Pässe immer mal wieder zu sehen, Schalke spielt die z.B. auch sehr gerne. Im konkreten Fall wäre dann die Entscheidungsfindung des Torwarts schon mal zu hinterfragen, auch wenn es bei den Fähigkeiten von Neuer und seinen Vorderleuten oft gut geht. Ein (unnötiges) Risiko ist es aber auf jeden Fall.

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FD 24. Februar 2016 um 16:45

Hab da genauso wie du den Fehler in der Entstehung bei Neuer gesehen. Bei einem gebolzten Ball lang auf die Seitenauslinie wäre das wohl nicht so passiert. Allerdings auch schlecht verteidigt im Nachhinein.
Nun ja … Stichwort zu der letzten hektischen halben Stunde wäre noch Rhythmuswechsel. Sieht man mMn schon öfters beim FCB, dass ein Spieler fehlt, der die Dynamik des Spiels verändert, will sagen hier entschleunigt/verlangsamt. Der Letzte der das konnte war der BS31 (allerdings auch in der Form seines Lebens). Würde mir hier mehr von Spielern wie Thiago und Lahm erwarten.

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Kosmopolit mit Trainerschein 24. Februar 2016 um 14:35

Eine super Analyse, aber mir fehlen einige Aspekte, und das leider in vielen eure Analyen.

Fussball ist ein Situations/Aktionssport. Eine gelungene Aktion kann aufgrund der wenigen Tore Spiele entscheiden.
Ich denke es ist zwangslaeufig gegeben, in einer Spielanalyse auch die Torszenen bzw. Grosschancen zu betrachten.

Bayern muss bereits frueh in Hz. 1 durch Mueller in Fuehrung gehen, Lewandowskis ablage leider etwas unpraezise, Mueller dann ohne das noetige Glueck, bzw. den Strahl den er sonst immer hat.
In der Folge durch einen Schnellangriff in den Raum eine Grosschance von Juve, das auch in Hz. 1 durchaus hochwertige Moeglichkeiten hatte, diese aber nicht konsequent zuende spielen (konnte), teils aufgrund des hohen Gegnerdrucks.

Das Tor zum 2:1 Anschluss war etwas aus dem nichts, bis dahin hatte Bayern das Spiel klar im Griff, ein psychologischer Momentum Shift war zu erkennen. In der Folge Juve wesentlich agressiver, mehr Zug im Spiel, besonders Hernanes viel dabei positiv auf. Bayerns Pressing nicht mehr so konsequent, Juve konnte sich dem Zugriff entziehen.
Dieses Tor zum 2:1 sieht etwas leichtfertig aus, Kimmich ist hier zu nennen, der den Ball weder kontrollieren noch nach aussen klaeren kann. Allerdings ist der Diagonalball schon in einer schlechten Stellung der Bayernabwehr- Kimmich kann den Ball aus dem Winkel nur schwer ueberhaupt abwehren, da die bewegung gegenlaeufig ist. Die fehlende Absicherung durch Alaba (nicht energisch genug eingerueckt, bzw. zu spaet, Stellungsfehler zu beginn der Situation) laesst mit einem Digonalball aus dem halbfeld in die Spitze mit folgendem Querpass ein einfaches Tor zu.
Das darf man sich auf diesem Niveau nicht erlauben.

Das 2:2 war dann ein Klasse Spielzug von Juve – wobei man sich den Ballgewinn von Juve mal anschauen muss. Aber dann in der Folge war der Angriff perfekt ausgespielt. Der hohe Ball auf den nach links ausgewichenen Mandzukic war stark, der nutzt das Missmatch gegen den deutlich kleineren Lahm, nachdem er perfekt eingelaufen ist, zur praezisen Ablage an die 5er Linie, sodass Neuer nur schwer aus dem Tor kommen kann.
Der Toschuetze laeuft ebenso perfekt ein, gewinnt den Zweikampf und versenkt eiskalt.

Am Ende bleibt festzuhalten, das Bayern in Hz. 1 klar dominiert hat, in der Chancenverwertung aber zu nachlaessig war. Das Pressing hat Juve grosse Probleme bereitet, das seine Konterchancen auch nicht nutzen konnte.
Auf Bayernseite ist die mangelhafte Chancenverwertung zu beklagen.
In Hz. 2 war Juve verbessert, aber es brauchte diese Fehlerkette in der Bayenrabwekr um in das SPiel zurueck zu kommen. Ab dem 2:1 war ein Bruch im Spiel der Bayern, den juve mit einem klasse Treffer zum 2:2 auch bestrafte.
Am Ende reichen Juve 30 starke Minuten, um doch noch ein Unentschieden zu erkaempfen.

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RoyalBlue 24. Februar 2016 um 16:13

Ich würde behaupten die Jungs verzichten durchaus bewusst und absichtlich auf die konkrete Analyse der Tore bzw. Torraumszenen. Für die Bewertung der Erfolgswahrscheinlichkeit, die ein Trainer ja versucht zu beeinflussen, haben diese Szenen nämlich keinen Mehrwert. Klar, wie du schon sagst, der Fußball bzw. das Ergebnis hängt extrem von diesen einzelnen Situationen ab. Aber diese einzelnen, letztlich entscheidenen Aktionen, sind sehr extrem von den Einzelspielern abhängig, weniger vom taktischen Gesamtkontext. Deshalb ist es auf diesem Niveau ja auch ein „Players Game“. Der schlechte Pass von Lewandowski hat zwar extremen Einfluss auf das Spiel, aber nicht auf die Taktik, die hier analysiert wird. Ähnlich wie z.B. der kleine Stellungsfehler von Bernat vor dem 1:2. So lange diese Dinge nicht in einem wiederkehrenden Muster passieren und so nachhaltigen Einfluss auf das Spiel haben sind sie vom Trainer nur schwer zu beeinflussen und deshalb auch nur bedingt in dieser Analyse angebracht. Vielmehr geht es darum wie man in diese Situationen gekommen ist, nicht wie diese letztlich ausgespielt wurden.

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studdi 24. Februar 2016 um 14:33

Wieso glaubt ihr hat Vidal den vorzug gegenüber Alonso erhalten? Hatte seine Rolle spezielle Vorteile gegen Juventus oder könnte es generell in den „wichtigen“ spielen darauf hinauslaufen das eher auf Vidal als auf Alonso gesetzt wird?

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CHR4 25. Februar 2016 um 01:38

Wozu brauche ich im Spiel nach vorne einen Alonso, der von hinten hohe Diagonalpässe über den halben Platz präzise schlagen kann, wenn der Ball doch eigentlich sowieso immer schon da vorne ist? 😉

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CR 24. Februar 2016 um 14:29

Pep Guardiola:

„Juventus mag die Verteidigung im kleinen Raum und den Angriff im großen Raum. Ich mag dagegen die Verteidigung im großen Raum und den Angriff im kleinen Raum“

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Dr. Acula 24. Februar 2016 um 14:53

hab ihn auch eben gelesen und bin der meinung, dass solche sätze nur von jemand kommen können, der ein tiefergehendes verständnis für das spiel besitzt

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Bernhard 25. Februar 2016 um 14:15

Ich liebe diesen Satz.

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Bernhard 24. Februar 2016 um 14:16

Wurde Marchisio aufgrund einer Verletzung ausgewechselt? Finde sonst keinen anderen vernünftigen Grund il principino auszuwechseln.
Lahm hatte meiner Meinung nach nur partiellen Zugriff auf Pogba. Gestern konnte ich mich erstmals von seiner extremen Pressingresistenz überzeugen. Oder schätze ich ihn falsch ein?

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cst 25. Februar 2016 um 17:25

Ja, Marchisio ist verletzt. Hat ein Muskelproblem, wie die halbe Juve-Mannschaft seit Allegri in Turin ist.

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Bernhard 25. Februar 2016 um 21:04

Ich verstehe.
Ja, auch Milan hatte unter ihm große Verletzungsprobleme. Einzige Ausnahme ist Khedira, der wär wohl selbst unter Favre, Tuchel oder Roger Schmidt immer verletzt.

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AL 24. Februar 2016 um 14:14

obwohl Müller ein Tor geschossen und das zweite miteingeleitet hat, war er subjektiv gesehen eher ein hindernis als eine hilfe

costa sollte mal beim ribery eine lehre machen, wie man auf engem raum dribbelt… irgendwie ist der costa nur effektiv wenn er 30 meter platz zum sprinten hat und wenns eng ist wirkt er sehr statisch

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AL 24. Februar 2016 um 14:17

Tor vom Müller war übrigens ein Stockfehler, ist ihm halt ins gegnerische Tor versprungen

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Dr. Acula 24. Februar 2016 um 14:52

bist wohl einer der wenigen, die meine meinung teilt. so gut wie alle bayernfans feiern müller, weil er einfach die bälle irgendwie reinstolpert und wenn er mal auf der bank sitzt, wird über guardiola geschumpfen. ich bin mir sicher, dass das auch einer der gründe ist, wieso guardiola geht. ich werd das gefühl nicht los, dass er sich „gezwungen“ sieht, müller spielen zu lassen. wenn ich mir anschaue, was müller für bälle verspringen und unsauberkeiten ihm in ballannahme und -weiterleitung passieren, wirds mir anders. aber so fallrückziehertore und glück im abschluss scheint das beim großteil der fans zu kaschieren. auf die idee, dass eine alternative das team auf eine neue stufe heben würde, kommt niemand. nächstes argument: die identifikation. wie ich mich mit jemandem, der 15 mille im jahr fürs kicken verdient, den ich net ansatzweise kenne mit dem nichts, aber auch gar nichts teile identifizieren soll, ist mir auch ein rätsel

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AL 24. Februar 2016 um 15:46

ich mag den Müller, auch seine Art wie er Fußball spielt (mehr Holzfuß als Feintechnik), aber es gibt einfach spiele wo ein Müller einem sehr wenig bringt. Gegen eine Mannschaft die sich tief hinten reinstellt, bringt einem Müller gar nichts, weil das ist einfach kein Raum da den er ausnutzen könnnte. In solchen Spielen benötigt man eine Thiago, Götze usw… einfach spieler die durch ihre Aktionen am Fuß raum schaffen und für unordnung beim Gegner sorgen…

Andererseits ist er gegen Gegner die hoch stehen bzw. versuchen mitzuspielen Goldwert, nur gibt es vielleicht 2-3 Mannschaften auf der Welt, die dies wirklich machen würden gegen Bayern.

Identifikationsfigur hin oder her, Müller hat einen Holzfuß…. Off the Ball ist er einer der weltbesten, With the Ball ist er zufällig, mal so mal so …. Das Tor vom Müller hat, aber ein bisschen ausgesehen als ob er beim Schießen nach hinten umfällt

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carton_rouge 24. Februar 2016 um 16:37

Müllers Nachteile auf engem Raum gleicht er aber natürlich wieder mit seiner Gefahr, Intelligenz und Präsenz im Strafraum aus. Natürlich ist er im Kombinationsspiel dort ein Hindernis. Gute Mittel gegen tiefstehende Gegner sind nunmal Fähigkeiten die er mit bringt: Schnelle Ballrückeroberungen, eine gute Antizipation von Situationen, vor allem im Sechzehner und halt eine super Abschluss.

Ist ja kein Zufall dass er in seiner Karriere viele überragende Statistiken aufweist ohne ein guter Techniker zu sein und fast immer gegen die ihm doch angeblich nicht liegenden tiefstehenden Gegner spielen muss.

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Libano 24. Februar 2016 um 23:34

Also ich finde Müller keineswegs ein Hindernis im Kombinationsspiel. Ganz im Gegenteil. Durch seine Laufwege ermôglicht er es.

Koom 25. Februar 2016 um 09:52

Müller würdest du dir nicht zusammenplanen, wenn du dir einen Wunschfußballer herstellen würdest. Speziell Guardiola würde sich gerne eine Elf aus Fußballrobotern ala Lahm zusammenbasteln. Dabei finde ich eine derart homogene Auswahl eher als schlecht. Durch heterogene Elemente, wie eben bspw. Müller mit seinen eigenen Stärken und Ideen, kommt eine gut eingespielte Mannschaft zu etwas Besonderem. Fußball ist eben nicht nur am Reißbrett zu planen, sondern braucht individualistische, kreative Elemente.

wanne 25. Februar 2016 um 22:05

Müller ist einfach ein Chaoselement im System und damit Türöffner durch seine unorthodoxen Bewegungen. Natürlich weiß Guardiola das.

Koom 24. Februar 2016 um 16:14

Was bei Müller gewollt und nicht gewollt ist, ist schwer zu beurteilen. Schlackse wie er werden in ihrer Technik immer herabgesetzt, weil es ungelenk ausschaut. Die Quote stimmt bei Müller zumindest sehr, er ist eigentlich immer torgefährlich – selbst unter Guardiola, dessen System eigentlich wirklich nicht die eigentlichen Stärken Müllers nutzt. Ach ja, und eben jener Guardiola, dem man die Kontrolle jedes kleinen Zehs seiner Spieler andichtet – natürlich prallen da 2 Welten aufeinander.

IMO hat es einfach viel mit der Wahrnehmung und der eigenen Erwartung dazu. So wie viele Reporter verbal herumejakulieren, wenn Robben 10m sprintet und dann lamentierend den Ball verliert, aber sich lieber über die Hosennaht Guardiolas unterhalten, wenn ein Augsburger gekonnt 3 Bayern aussteigen lässt und eine gute Torchance herausspielt.

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Schorsch 24. Februar 2016 um 23:52

Irgendwie kommt mir da Erich Ribbeck in den Sinn. ‚Mundialito‘ in Uruguay, Jahreswechsel 1980/81. Zitat ‚Sir Erich‘ vor dem Spiel gegen Brasilien: „Der staksige brasilianische Mittelstürmer Sócrates sollte lieber Basketball statt Fußball spielen“. Abgesehen davon, welche Position ‚Dr. Sócrates‘ tatsächlich spielte , hat er den DFB-Akteuren im Spiel dann demonstriert, welch feines Füßchen man auch mit 192 cm Körpergröße haben kann… Das Spiel endete 4:1 für Brasilien und war so etwas wie ein Fanal für den beginnenden Niedergang des deutschen Fußballs.

Zu Thomas Müller: Seinem Vorbild und Namensvetter, dem Müller Gerd, haben bestimmte ‚Experten‘ zu seiner aktiven Zeit auch immer wieder vorgeworfen, er könne eigentlich gar kein Fußball spielen, lebe von seinem Torinstikt und seinen ‚Hebelverhältnissen‘ aufgrund seiner Statur, stehe nur im Strafraum herum, etc.. Seine Torquote sprach damals (und nach wie vor) für sich. Dettmar Cramer pflegte zu solchen Kritiken zu sagen, dass Gerd Müller beim Doppelpass sich schon falsch Richtung Ball bewege. Der käme aber immer genau beim Mitspieler an, wenn er ihn gespielt hätte. sv.de hat einen sehr schönen Artikel über Gerd Müller verfasst, in dem auch seine Fähigkeiten als Kombinationsspieler außerhalb des Strafraums hervorgehoben wird. Heute mag man lange versuchen zu ergründen, was es mit dem Phänomen Thomas Müller auf sich hat. Am Ende wird man zu dem Schluss van Gaals kommen: „Müller spielt bei mir immer“. 😉

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CHR4 25. Februar 2016 um 01:32

„Jahreswechsel 1980/81“ + „Fanal für den beginnenden Niedergang des deutschen Fußballs.“ Hab ich das anders in Erinnerung? Welchen Niedergang meinst du? ok, die EM 1984 war schlecht, aber WM 1982, 1986: Finale; WM 1990: Weltmeister; EM 1988: Halbfinale; EM 1992: Finale; EM 1996: Europameister

Schorsch 25. Februar 2016 um 11:14

@CHR4

Ich meine den Niedergang dessen, was man ‚Spielkultur‘ nennen könnte. Ich mache das weniger an Erfolgen bei Turnieren fest. Die gab es zweifelsohne, wobei man diese allerdings auch mMn hinterfragen sollte. Schon in der zweiten Hälfte der 70er war in puncto Spilekultur im Vergleich zur überragenden ersten Hälfte jenes Jahrzehnts eine deutliche Erosion zu verzeichnen, trotz solch grandioser Spieler wie Heinz Flohe, Karl-Heinz Rummenigge, Hansi Müller oder Bernd Schuster. Nach dem Wechsel von Helmut Schön auf Jupp Derwall im Anschluss an die WM 78 schien es zunächst aufwärts zu gehen; Derwall setzte auf Offensivfußball und ‚lange Leine‘ für die Spieler. Man verlor kein Spiel mehr, gewann die meisten, leistete sich aber durchaus so einige schmeichelhafte Unentschieden gegen ‚kleine‘ Fußballnationen. Beim EM-Turnier 80 war man keineswegs Favorit, wurde aber aufgrund einer taktisch disziplinierten Leistung Europameister. Aber ein taktisches Konzept war danach immer weniger zu erkennen und die Spieler tanzten Derwall auf der Nase hrum. Das ging so lange gut bis eben zu jener ‚Mundialito‘, bei der man gegen Argentinien und Brasilien die ersten Niederlagen unter Derwall kassierte. Die Diskussion um Derwall erreichte einen ersten Höhepunkt, DFB-Funktionär Hermann Neuberger konstatierte, man habe in Deutschland leider nicht so viele fußballerische Talente. Man sah die Qualifikation für die WM 82 in Gefahr und reaktivierte sogar Paul Breitner. Die Quali absolvierte man dann aber ohne Punktverlust. Bei dieser WM erreichte man zwar das Finale, aber spielerisch waren die Leistungen trotz der ‚Nacht von Sevilla‘ z.T. indiskutabel (Niederlage gegen Algerien, ‚Schande von Gijon‘). Das Finale verlor man folgerichtig gegen italien. Die Jahre danach, auch die Anfangsjahre unter Beckenbauer, waren spielerisch alles andere als hochklassig, inkl. der WM 86. Man verfügte z.T. über sehr gute Fußballer, wie Pierre Littbarski, Lothar Matthäus, Felix Magath K.-H. Rummenigge oder Rudi Völler. Aber insgesamt standen die 80er eher für ‚Rumpelfußball‘, für physisch und läuferisch geprägten ‚Kampffußball‘ in Deutschland. Kein Vergleich zu dem spielerisch, taktisch und technisch hochstehenden Fußball der Beckenbauer-Ära.

CHR4 25. Februar 2016 um 23:19

ah, Danke für die Erklärung! 🙂 „Niedergang der Spielkultur“ (manschaftstaktisch) kann ich nachvollziehen udn unterschreiben. Individuell technisch gesehen hast du ja gute Techniker wie Littbarski erwähnt.

Ich denke der Fokus auf die Physis und damit zusammenhängend den Kampf im Vergleich zu den frühen 70er hat auch mit dem allgemeinen Trend zu professionellem Fitnesstraining in vielen Sportarten in den 80er zu tun.
Vorher waren auch Formel-1-Rennfahrer nicht so fit und eher Künstler, dann kamen Prost und Senna die zum Gefühl auch über eine Top-Fitness verfügten.
Das gleiche im Tennis: McEnroe lebte noch sehr von seinem Händchen, dann kam die Zeit des Fitness-Gurus Lendl und bei den Damen hievten Navratilova und Graf die Fitness auf ein neues Niveau.
Im Fußball ist für mich da das Tor von Matthäus 90 gegen Yugoslawien und die Charakterisierung in einer engl. Zeitung vor dem Turnier „powerful field general, the motor that drives the teutonic tanks“ bezeichnend.

Schorsch 26. Februar 2016 um 00:28

Da nich für 😉

Das Fitnesstraining im Fußball der 80er war sicherlich auf einem anderen Niveau als 10 Jahre zuvor. Plautzenträger à la Buffy Ettmayer oder Erwin Kostedde waren da jedenfalls auf den Plätzen nicht mehr zu sehen. Wie professionell das Fitnesstraining dann tatsächlich war gerade im Vergleich zu anderen Sportarten, ist dann noch einmal ein anderes Thema.

Nur kurz zu Deinem Tennisvergleich, da ich selbst diesen Sport nach wie vor und immer noch sehr gerne betreibe: Bei mir hieß es immer ‚Advantage Miss Evert‘ und das hat sich auch nicht geändert, als es ‚Mrs.‘ hieß. Irgendwie bezeichnend, dass sie ihr letztes Grand Slam – Finale 88 gegen die junge Steffi Graf knapp verlor. 2 klasse Tennisspielerinnen und 2 klasse Frauen, wenn ich mir diese Bemerkung jenseits des Sexismusverdachts erlauben darf.

Back to football. Ich stelle nicht in Abrede, dass die DFB-Auswahl 90 bei einer qualitativ allgemein nicht herausragenden WM durchaus folgerichtig Weltmeister wurde, obwohl man im HF schon sehr viel Glück hatte und im Viertelfinale spielerisch mehr als enttäuschte. Kein einziges Feldtor vom Viertelfinale bis einschließlich Endspiel. Ich war seinerzeit in Italien und habe sämtliche Spiele der deutschen Elf gesehen. Den Eindruck, den Du hinsichtlich Matthäus wiedergibst, kann ich nur bedingt teilen. Im ersten Gruppenspile gegen Jugoslawien – voll d’accord. Aber dann wurde es im Turnierverlauf immer weniger mit dem „field general‘. Ich wage sogar zu behaupten, dass er nicht unbedingt einer der Schlüsselspieler für den Gewinn des WM-Titels war. Insgesamt profitierte die DFB-Auswahl mMn von der Tatsache, dass doppelt soviele Spieler bei ausländischen (italienischen) Clubs spielten wie 86. Diese Spieler hatten sich dort gerade im individualtaktischen Verhalten noch einmal weiterentwickelt. Ein entscheidender Vorteil gegenüber 86.

CHR4 25. Februar 2016 um 01:21

zum Thema “ „Glück“ im Abschluß „:
Bernhard Langer wurde nach dem Sieg beim Masters in Augusta, bei dem er sich in einer Situation rettete, indem er in einen Baum kletterte und den Golfball, der oben in einer Astgabel liegen geblieben war, von dort oben, im Baum stehend, wieder auf die Spielbahn spielte, anstatt einen Strafschlag zu kassieren, im Interview gefragt, ob er nicht wahnsinniges Glück gehabt habe. Er antwortete:“Natürlich! Da haben sie vollkommen Recht. – Und wissen sie übrigens, was mir aufgefallen ist? – Je mehr ich trainiere, desto mehr Glück habe ich!“ 😉

Müller gehört für mich mit z.B. Marco van Basten, Ruud van Nistelroy zu den wenigen Spielern, die egal aus welcher Lage und in welcher Höhe der Ball kommt, fähig sind, den Ball aufs Tor zu lenken.
Aber viel wichtiger noch ist die für einen Stürmer (und Spitzensportler generell) immens wichtige Fähigkeit, die Nerven im Griff zu haben und eiskalt zu bleiben, egal wie heiß es hergeht.
Gerade bei so einem Spiel und Spielverlauf, sieht man wieder wie wichtig die Psyche ist.

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Fänger 25. Februar 2016 um 09:20

Zwei – sinngemäße – Zitate dazu:
Hermann Gerland: „Müller hat nicht die beste Technik, ist nicht der schnellste und auch nicht der beste Dribbler. Aber wenn es vor dem Tor gefährlich wird, ist Müller immer dabei!“
Thomas Müller: „Immer Glück haben ist auch Können!“

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Koom 25. Februar 2016 um 09:43

Ist wie bei vielen Bereichen. Es gibt meistens eine Art dominante Lehrmeinung. Wie Schulmedizin. Und alles andere daneben wird als falsch und wirkungslos empfunden. Letztlich ist relevant, was am Ende rauskommt.

Gh 25. Februar 2016 um 21:11

Wie jeder Künstler koa der Müller nix. Denn wenn mas könnt wärs ja koa Kunst mehr.

the searcher 25. Februar 2016 um 10:14

Weil er so ungelenk ist, bieten Top PL Vereine für ihn 100 Mio. € Ablöse, hält ihn Heynckes gerade eben für den Fußballer des Jahres, widmete ihm der „Guardian“ vor dem Juve-Spiel nochmals eine mehrseitige Lobeshymne…außerdem gibt es keinen einzigen Hinweis, dass Guardiola und Müller ein schlechtes Verhältnis hätten bzw. Pep nichts von Müller hielte. Eher das Gegenteil ist der Fall. Auch wenn Müllers Art, Fußball zu spielen, nicht den technischen Vorstellungen Peps entspricht, so dürften sein Positionsspiel und seine Abschlussstärke Guardiola sehr bewusst sein. Müller hier als technisch wenig beschlagenen Hampelmann hinzustellen, der von den Bayern lediglich als bajuwarisches Maskottchen gehalten wird, dazu gehört schon eine große Portion Ignoranz.

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Spielverderber 25. Februar 2016 um 11:08

Müller ist halt ein Extrem.
Das andere Extrem, ein technisch sehr guter Spieler, wenn nehmen wir denn da – Messi?! Jedes mal wenn der nen Schritt macht, seinen linken Fuss also eh bewegen muss, berührt er auch den Ball. So hat man mir das in der Jugend im Training auch mal beigebracht, ging ganz gut. Das Problem war dann im Spiel die Anwesenheit des Gegners. Aber Messi hat das perfektioniert. Je sauberer er es ausführt, desto schneller ist er, desto mehr kann er den Kopf hoch nehmen und auf den Gegner, die Mitspieler schauen, desto spontaner kann er reagieren. Messi und Technik sind eins. Wie ein Chirug, der zum tausendsten Mal die gleiche Operation durchführt.

Bei Müller kommt es mir so vor, als ob Technik ein Werkzeug bzw. viele ist. Und je nach Situation wird nur so viel angewand wie nötig. Wenn der Zollstock reicht, braucht es nicht die Schiebelehre. Und je weniger Ressourcen er für Technik verschwendet, desto mehr hat er für andere Sachen frei.

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Rasengrün 25. Februar 2016 um 12:21

Müller kontrolliert oft weniger den Ball als die Situation. Für die meisten Spieler ist das mehr oder weniger gleichbedeutend, Müller hat eine Improvisationsfähigkeit, die diese Balance verschiebt. Der bad touch kann bessere Ergebnisse bringen, wenn man sich ziemlich sicher ist unumschränkter Herrscher in der entstehenden Mikro-Zone der Zufälligkeit zu sein.

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HK 25. Februar 2016 um 12:38

Wow, was für ein elegantes Statement!

felixander 25. Februar 2016 um 13:49

Ich finde die auffälligste Eigenschaft Müller ist seine Nachahmungsfähigkeit. Klingt vielleicht erst einmal ein bisschen albern, aber ich glaube, dass er sich dadurch wie kein anderer in Gegner und Mitspieler hineinversetzen kann und Situationen deshalb auf einem ganz anderen Niveau antizipiert. Das ist bei ihm so ein Spieltrieb, der sich auch mal im Nachäffen von CR7 äußert, aber z. B. auch in seiner Elfmeter-Technik, wo er eigentlich immer den Torwart „ausguckt“.

a_me 25. Februar 2016 um 16:37

Ich schau mir bei Müller einfach den Goalimpact an. Dann weiß ich, dass er so schlecht nicht sein kann 😉

Spinoza 25. Februar 2016 um 11:13

Oha,
Da bewegt sich dr. Acula aber in dünne Sphären.
Ist ja wohl nicht dein ernst, Thomas Müller die weltklasse abzusprechen. Als intensiver sv-leser musst du ja wissen, dass die hegemoniale Meinung zumindest bei sv klar ist(frei nach Ailton): „Müller auswechseln immer Fehler!“

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sonar 25. Februar 2016 um 12:52

Dr.Acula, der Umstand, dass Guardiola selbst in der derzeitigen Lage, in welcher er sich ob des nahenden Abschieds mit niemandem im Verein mehr gut stellen muss, Müller spielen lässt, spricht sehr deutlich gegen deine These, wonach Guardiola irgendeine unangenehme Pflicht fühle Müller auf den Platz zu schicken. Guardiola will, dass Müller spielt, weil er davon ausgeht, dass das die beste Option ist.

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Dr. Acula 27. Februar 2016 um 21:50

ach deswegen hat guardiola auch schweini so gut wie immer spielen lassen? weil schweini immer so überzeugt hat nehm ich an? alles klar.. ich sag doch, es ist ein politikum. das gleiche ist es in barcelona mit messi, bloß dass es dort berechtigt ist..

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Blade 28. Februar 2016 um 00:22

Wenn ein Leser deine Meinung ernst nehmen sollte, dann wäre es besser auf diese Kleinschreibung zu verzichten 😉

Blade 28. Februar 2016 um 01:11

Wenn man deine Worte ernst nehmen soll, dann wäre es besser auf die andauernde Kleinschreibung zu verzichten 😉

xl 28. Februar 2016 um 00:53

John McEnroe hatte einst auch eine (nach klassischer Tennisschule) geradezu grauenhafte Technik aber irgendwie ging der Ball halt immer dahin wo er ihn haben wollte…

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blub 24. Februar 2016 um 14:04

Ein tolles Spiel. Das hab ich nicht das letzte Mal gesehen in meinem Leben.

Schade für Bayern das sie ein paar mal die physis nicht eindämmen konnten.
Benatia war für diese Aufgabe nicht schnell genug und gleichzeitig im Positionsspiel ein schmerzhafter Ausfall.
Boateng hätte in diesem Spiel eifnach jeden Konter alleine getötet. Ich hoffe ja ich sehe sowas nochmal…

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Dr. Acula 24. Februar 2016 um 13:57

ich würde den „kontroll- und organisationsverlust“ mehr der psyche der bayernspieler zuschreiben als einem besseren pressing. ansonsten wäre allegri sicherlich früher darauf gekommen, dass ein 442 statt 4420 bessere ergebnisse erzielen könnte. nach dem gegentor schien eine art blockade in den köpfen der spieler erschienen zu sein, anders kann ich mir dieses plötzliche kippen des spiels nicht erklären. das erste tor fiel ja quasi aus dem nichts und erst dann kippte das spiel. guardiola hat das in der PK nach dem spiel auch bestätigt. bayern hat ein kopf-problem. nach dem 1 gegentor geht die kontrolle und ordnung flöten.

PS: „die Entscheidungsfindung im offensiven Umschaltmoment z.B. war teils zu fokussiert auf einen simplen Angriff nach vorne anstatt einen sauberen Neuaufbau wie in der ersten Halbzeit.“ in einem satz die probleme im offensivspiel kurz und wirklich treffend beschrieben. hut ab

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Peda 24. Februar 2016 um 14:38

„ich würde den “kontroll- und organisationsverlust” mehr der psyche der bayernspieler zuschreiben als einem besseren pressing.

Schließt das eine das andere aus?
Vielleicht war Allegri davon überzeugt, dass ein intensiveres Pressing gegen diese Bayernmannschaft einfach nur phasenweise erfolgreich praktizierbar ist?

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the searcher 24. Februar 2016 um 16:51

Alle suchen nach dem taktischen Moment, welches die Gegentore eingeleitet hat. Aber es waren schlicht Geschenke der Bayern. Das 1:2 ein Fehler von Kimmich. Das 2:2 eine Fehlerkette, ausgehend von Neuers zu riskantem Abwurf bis hin zu Kimmichs zu später Grätsche gegen Morata. Noch in Minute 63, also nach über zwei Drittel des Spiels war Juve mausetot und hatte sich quasi aufgegeben. Bayern spielte da vielleicht ein paar zu lässige Ballstafetten im Mittelfeld und wollte das Spiel beruhigen. Erst durch das Gegentor, das quasi aus dem Nichts hergeschenkt wurde, entstand ein Momentum für Juve und verlor Bayern ein wenig seine gute Organisation. Allegri hat einfach Glück gehabt. Seine Wechsel-Entscheidungen haben nichts damit tun. Klar, dass Pep dann in dieser kritischen Phase nach dem ersten Gegentor einen „echten“ Innenverteidiger brachte, für etwas mehr Stabilität bei hohen Bällen. Ribéry hätte auch bereits 10 Minuten früher kommen können, denn es war offensichtlich, dass Costa platt war. – Wenn beide Teams so spielen wie gestern, dann zieht Bayern klar in die nächste Runde ein. Mir fehlte bei Juve komplett der Mut. Sie standen aus meiner Sicht viel zu tief.

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rookie 26. Februar 2016 um 22:39

Hätte Pep Ribery 10 Minuten früher gebracht hätte Bayern gewonnen

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dermomentderballannahme 27. Februar 2016 um 11:41

Sind nicht auch die Tore der Bayern Geschenke der Turiner gewesen?
Ich hatte nie das Gefühl dass Bayern ein Tor schießen würde, außer der Scene wo Müller mal wieder eine 100%tige verstolpert.
Es gab auch einen nicht gegebenen Handelfmeter von Vidal verursacht glaube ich, und ein Foul von Lewandowski vor dem 2:0, es kann auch ganz anders ausgehen. ist es glücklicherweise nicht.
Glück war auch, daß Turin erst ab der 70.min aufwacht, die haben zu spät gemerkt wie man gegen Bayern spielen muß, Chancen zu gewinnen hatten die auch. Manchmal habe ich das Gefühl, die Gegner der Bayern denken “ wir können den Ball schon behaupten mit unserer Qualität“ und unterschätzen das Gegenpressing der Bayern und die ermüdende Wirkung des Ballgeschiebes im Mittelfeld.
Auffällig ist auch die Statistik auf whoscored.com
demnach hat Bayern 5 mal auf das Tor geschossen und Turin 7 mal, und das bei 67%Ballbesitz.
da sieht man, daß Ballbesitz nicht immer zielführend ist, sondern oft nur Ballgeschiebe im Mittelfeld bedeutet. Die kreativen Elemente haben gefehlt, Thiago spielte nicht so stark wie sonst, und Ribery kam zuspät, Costa ist dann doch leichter ausrechenbar als Ribery.
2:2 ist eine gute Ausgangsposition aber noch nicht durch würde ich sagen.
Übrigens die letzte Grafik sieht aus als ob Bayern im WM System spielen würde.
mit 2 Zehnern und 2 Sechsern/Achtern 3x Verteidigung und 3x Sturm

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Daniel 27. Februar 2016 um 12:10

Müller hat die Chance nicht verstolpert, sondern Lewandowskis Pass war extrem ungenau und in Müllers Rücken. Den konnte Müller dann kaum noch verwerten.

Den vermeintlichen Handelfmeter kann man wohl als Lehrbeispiel für angeschossen verwenden. Wenn man so kleinlich pfeift hätte es auf der anderen Seite zweimal Foulelfmeter für Bayern geben müssen, weil ein Turiner in der ersten Hälfte gleich zweimal die Festigkeit von Lewandowskis Trikot getestet hat. Das „Foul“ vor dem 2:0 nennt sich in der Fußballsprache auch Zweikampf. Wer das nicht abkann sollte Mensch ärgere dich nicht spielen. Da hat übrigens auch kein Turiner ein Wort drüber verloren.

Wenn Juventus wirklich so dumm wäre wie du hier schreibst wären sie wohl nicht italienischer Meister. Ich gehe davon aus, dass sie vor dem 1:2 einfach nicht in der Lage waren, besser zu spielen. Dass der Ballbesitz alleine wenig aussagt ist eine Binsenweisheit, die auchbesonders auf dieser Seite immer wieder betont wird.

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