Augsburg wie immer – und mit Højbjerg

3:1

Im Duell der Europapokal-Aspiranten knüpfte der FC Augsburg an die Hinrunde an und holte drei Punkte gegen ein leicht ungeordnetes Hoffenheim. Im Schneetreiben behielt Markus Weinzierls Mannschaft den kollektivtaktischen Durchblick.

2015-02-01_Augsburg-Hoffenheim_Grundformation

Grundformation

Beim FC Augsburg gab es an sich keine Überraschungen in der Startaufstellung. Weinzierl bot einmal mehr die Mischformation aus 4-1-4-1 und 4-2-3-1 auf. Bayern-Leihspieler Pierre Emile Højbjerg rückte in die Elf und verdrängte damit Dominik Kohr. Zudem musste Weinzierl Abdul Rahman Baba auf der Linksverteidigerposition ersetzen, da er noch beim Africa Cup of Nations weilt. Allrounder Markus Feulner rückte nach hinten links. Als Mittelstürmer agierte dieses Mal Raúl Bobadilla, während Alexander Esswein über den rechten Flügel kam.

Die TSG 1899 Hoffenheim packte am ersten Februartag den Tannenbaum aus. Vor der Viererkette formierte Trainer Markus Gisdol ein Dreiermittelfeld mit Pirmin Schwegler, Eugen Polanski und Sejad Salihović. Davor agierten Kevin Volland und Roberto Firmino im Schatten von Anthony Modeste. Leichte asymmetrische Verschiebungen nach links ergaben sich vor allem im ersten Durchgang, während Gisdol später seine offensiven Umstellungen mit formativen Wechseln vornahm.

Augsburg über rechts

Die Hausherren wollten von Beginn die Partie spielbestimmend übernehmen. Interessanterweise gab es im Spielaufbau sofort Situationen, als Højbjerg seitlich in eine Aufbaudreierkette zurückkippte, während Paul Verhaegh nach vorn schob. Gerade dieses Augsburger Pärchen sollte als spielstärkeres Duo auf den Aufbau des FCA einwirken. Die tendenziell tiefe Positionierung von Højbjerg in der anfänglichen Passzirkulation hatte ebenso zur Folge, dass sich Daniel Baier nicht wie gewohnt weit nach hinten beziehungsweise außen fallen ließ, sondern die zweite Option im Sechserraum darstellte.

Heatmap von Højbjerg - Quelle: Squawka

Heatmap von Højbjerg – Quelle: Squawka

Zunächst war ich davon ausgegangen, dass Markus Gisdol in dem Hoffenheimer Tannenbaum und mit den recht typischen Mannorientierungen Roberto Firmino oder Kevin Volland gegen Verhaegh aufbieten würde. Allerdings war Sejad Salihović doch der erste Verantwortliche für sowohl Verhaegh als auch Højbjerg. Interessanterweise schob jedoch Kevin Volland teilweise etwas verzögert gegen die Abkippbewegungen von Højbjerg aus dem Zentrum nach rechts und versuchte so den Dänen seitlich anzulaufen. Im Verlaufe der ersten Halbzeit wechselten Volland und Firmino teilweise die Halbpositionen.

Augsburg über links

Auf der anderen Seite war der Ansatz des FCA unspektakulärer. Feulner ist kein Baba und der 32-Jährige rückte folglich auch nicht sofort in der ersten Aufbauphase weit auf, sondern spielte in halbhoher Position vermehrt kurze Ablagen nach innen auf Baier, der sich klug ballorientiert anbot. Es gab daraufhin entweder Rückpässe auf Feulner, wonach dieser dann in die Vertikale lief, oder man spielte Tobias Werner steil an. Doch bei den Schwaben war ein klarer Rechtsfokus zu erkennen. Dieser wurde im Verlaufe des Spiels nicht nur durch Højbjerg und Verhaegh ermöglicht. Auch Esswein sowie der zuweilen nach rechts ausweichende Bobadilla bespielten die Seite von Linksverteidiger Tobias Strobl und Salihović.

Hoffenheim ohne Durchschlagskraft

Letzterer rückte mit fortschreitender Spielzeit weiter nach links heraus, um so einerseits Verhaegh mannorientierter Einhalt zu gebieten und um andererseits die Offensivreihe etwas breiter aufzufächern. Damit hatten Volland und Firmino größere Möglichkeit, freie Zonen im Augsburger Zwischenlinienraum zu finden. Allerdings versperrten die Hausherren mit ihren sauberen Verschiebungen meist alle potenziell freien Bereiche. Weinzierls Team spielte in einem rhythmusvariablem 4-4-2 gegen den Ball. Halil Altıntop schob halblinks neben Bobadilla, während Werner und Esswein in die Kette mit Baier und Højbjerg zurückfielen. Nicht nur wurde so vor allem in der eigenen Hälfte vertikale Kompaktheit generiert, man hatte auch einen schönen Bogenmechanismus mit dem Mittellfeldband. Denn auf der ballnahen Seite wurde stets leicht herausgerückt, während die Nebenmänner sehr gleichmäßig nach schoben und so die Abstände aufrechterhielten.

Dieser leicht atlético-esque Spielstil wurde dadurch komplettiert, dass man ein Tor nach einem kurzen Dribbling auf der rechten Seite, durch Højbjerg, sowie einer Flanke den Führungstreffer erzielte und den Vorsprung durch einen Freistoßtreffer ausbaute. Allerdings konterte Hoffenheim kurz vor der Pause. Die Mannschaft aus dem Kraichgau nutzte ebenfalls eine Freistoßflanke aus dem Halbfeld, die allerdings in diesem Fall noch von Firmino leicht verlängert wurde.

Innerlich zerrissene Gäste

Zur Halbzeitpause wurde das Spielfeld vom Schnee befreit und gleichzeitig vorordnete Gisdol seiner Mannschaft eine offensivere Ausrichtung. Diese schlug sich zunächst vor allem im Pressing nieder. Die Hoffenheimer liefen nun zunächst mit Firmino und Modeste ganz vorn an, wobei zwei Flügelspieler etwas eingerückt nach schoben. Allerdings schien Gisdols Team in der Nachführarbeit etwas verunsichert. Teilweise schob ein Sechser noch gezielt nach vorn, während der andere tief absicherte, wodurch zentral ein Loch entstand. Hinzu kam das abwartende Verhalten beider Außenverteidiger. Die Hoffenheimer Formation wirkte im Pressing leicht zerrissen, was wiederum dem FCA ermöglichte, aus der Umklammerung heraus zu kombinieren. Liefen Volland und Modeste zentriert von innen nach außen einen ballführenden Innenverteidiger an, woraufhin dieser zum nächsten Außenverteidiger spielte, konnte man sich auch Rückpässe zu Alexander Manninger mit anschließenden Schlägen erlauben, da Augsburg das Mittelfeld durch den formativen Vorteil beherrschte.

Gisdol brachte während der zweiten Halbzeit Tarik Elyounoussi für Salihović. Die Gäste agierten fortan in einem klaren 4-2-3-1 oder 4-2-2-2, da Firmino immer wieder auf die Höhe von Modeste schob. Beide nominellen Flügelstürmer rückten ebenso etwas nach innen und die Außenverteidiger sollten sich stärker an den Offensivbewegungen beteiligen. Im Verlaufe der Partie kam auch noch Stürmer Sven Schipplock für Eugen Polanski. Gisdol schaltete in den radikaleren, aber auch eher plumpen Angriffsmodus. In den letzten zwanzig Minuten kamen die Hoffenheimer immerhin noch zu drei Abschlüssen. Einmal musste Manninger gegen den Kopfball von David Abraham nach einer Flanke von Pirmin Schwegler klären. Quasi im Gegenzug erzielte jedoch Augsburg den dritten Treffer durch Bobadilla, der nach der Verletzung von Alexander Esswein zum Ende der ersten Halbzeit auf dem rechten Flügel agierte. Rückkehrer Dong-Won Ji rieb sich dafür im Angriffszentrum auf.

Fazit

7:5 Schüsse aufs Tor, 55 Prozent Ballbesitz, mit 72 Prozent eine höhere Passquote. Augsburg bleibt Augsburg. Augsburg bleibt erfolgreich und gleichzeitig unaufgeregt. Mit Højbjerg hat man nun noch einen interessanten Spielertypen zum Kader hinzugefügt, der Baier auf gewisse Weise entlassen muss. Zumindest war er in dieser Partie entscheidend am Rechtsfokus der Augsburger beteiligt, wenngleich die Abwesenheit von Baba die linke Seite etwas ungefährlicher erscheinen ließ.

Bei Hoffenheim herrschte einmal mehr eine partielle Unklarheit in der Ausführung der taktischen Vorgaben. Kollektivbewegungen und auch teils gruppentaktische Mechanismen stimmten in diesem von Gisdol aufgebotenen System nicht. Folglich fährt man punktelos zurück nach Sinsheim.

Core 3. Februar 2015 um 12:33

5 Hoffenheim-Analysen diese Saison, davon vier nach einer Niederlage. Könnte man eventuell mehr Analysen verfassen, wenn die TSG ihre Spiele gewinnt? Finde Gisdols Maßnahmen immer wieder spannend, auch wie man durch Umstellung im Spiel direkt reagiert, allerdings wurde bisher außgenommen vom Hertha Spiel, über keinen einzigen TSG-Sieg berichtet, das finde ich ehrlich gesagt sehr schade

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CE 3. Februar 2015 um 12:37

Wir überlegen uns ja vorher, welche Spiele analysiert werden. Also steckt keine böse Absicht dahinter. Gisdols Anpassungen sind gewiss spannend, aber es wirkt doch hin und wieder unausgereift in der Umsetzung. Wird das noch besser, könnte sich Hoffenheim in meinen Augen auch für die Europa League qualifizieren.

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CF 1. Februar 2015 um 21:56

„Die tendenziell tiefe Positionierung von Højbjerg in der anfänglichen Passzirkulation hatte ebenso zur Folge, dass sich Daniel Baier nicht wie gewohnt weit nach hinten beziehungsweise außen fallen ließ, sondern die zweite Option im Sechserraum darstellte.“

Finde ich nicht, fand eigentlich, dass die beiden Seitem sehr isoliert waren voneinander und Baier sich nur im späteren Verlauf des Agriffes zentraler positionierte um dNn auf die zweiten Bälle zu gehen. Højbjerg spielte viele Bälle den Flügel runter und auch wenn er abkippte, zog es sein. Blickfeld eigentlich relativ schnell wieder zum Flügel und zu Verhaegh. Deshalb suchte Baier auch nicht die Anbindung zu ihm sondern bliebe eher links. Hôjbjerg spielte nur 3 Pässe auf Baier und 15 auf Verhaegh.

„Feulner ist kein Baba und der 32-Jährige rückte folglich auch nicht sofort in der ersten Aufbauphase weit auf, sondern spielte in halbhoher Position vermehrt kurze Ablagen nach innen auf Baier, der sich klug ballorientiert anbot.“

Gerade die linke Seite fand ich prinzipielle spannender, da die Abläufe etwas unbekannter waren. Durch die Rolle von Feulner,der eher spielmachend agierte und viele seiner Pässe ins erste Drittel spielte, war ein gewisses Ungleichgewicht entstanden. Baier könnte nicht mehr wie gewohnt nach Links ausweichen und abkippen hinter Baba, sondern postierte sich eher höher und hing auch stärker in der Luft als sonst. Ballorientiertes Verschieben zeigte er zwar in einem kleinem Maße, hielt sich aber zurück, da er wusste das es nicht in das Gebilde auf dieser Seite passte. Klavan spielte die meisten seiner Pässe auf Feulner, der sehr vertikal war und teilweise unsinnige hohe ungetimte lange Pässe auf Laufwege von Werner und Bobadilla spielt. Nur 3 seiner Pässe kamen auf Baier, der auch oft im Pressing von Hoffenheim festsaß, da Firmino auch Klavan gut anlief, so dass er nicht Baier bespielen könnte. In der zweitem Halbzeit gelang dies Klavan auch besser und so konnte sich der FCA etwas aus diesem unproduktiven Rhythmus befreien. Feiner drehte sich nach Pässen auf ihn sehr ungeschickt zum Flügel hin und konnte kaum die Situationen auflösen, da er die Passwege nicht geschickt andribbelte und so in seiner Entscheidungsfindung limitiert würde. Die häufigste Passkombination war also Feulner auf Werner 11 mal. Der Rest waren simple Ablagen auf Klavan in tiefen Zonen ohne wirklichen Druck. Dafür das er in so tiefen Zonen war hatte er mehr als 1/5 lange Pässe und nur eine Passqoute von 67%. Seine Rolle wurde in der zweiten Halbzeit jedoch leicht verändert. Er agierte eher raumöffnend durch seine tiefe Position und Ji als auch Altintop rückten in den Raum vor ihm oder in den an diesen anschließenden Halbraum. So kam Feulner besser ins Spiel doch seine Verbindung zu Baier gab es immer noch nicht.

Generell fehlt mir die Rolle von Højbjerg etwas in diesem Artikel, die durchaus weitreichende Folgen für Baier und das komplette FCA Spiel hatte. Besonders war auch die Strafraumverteidigung vom FCA. Dort war Baiers Rolle interessant, der probierte die Verbindung zwischen Firmino und Volland zu zerschlagen. Aber auch immer wieder klug Durchbrüche über die Schnittstellen verhinderte. Auch das Atleticoesque Verschieben habe ich so nicht wirklich wahr genommen, sondern waren im Pressing eher Baier und Højbjerg wichtige Faktoren, die lange Bälle anfingen und gute Wege gingen.
Jis Rolle als aufreibend zu beschrieben ist auch etwas plump, da sie doch auch weitere große Veränderungen gerade im bespielen der linken Seite mit sich zog, auch Altintop wirkte leicht verändert dadurch und gerade das Paar Bobadilla/Ji war paartaktisch nochmal interessant. Wichtige Faktoren die das Spiel erklären gehen etwas unter und sind zu kurz erklärt und manche Aspekte teilweise etwas falsch interpretiert.

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droit au but 1. Februar 2015 um 21:50

„Feulner ist kein Baba[…].“

Etwa nicht?

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CE 1. Februar 2015 um 22:01

Ja, das musste man mal festhalten. 😉

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RM 1. Februar 2015 um 22:40

Feulners wissen, wer der Baba ist?

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Bergkamp 2. Februar 2015 um 09:18

Bester Kommentar

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blub 2. Februar 2015 um 17:58

Bestes Alias, weil geilster Spieler. <3 <3 <3

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Walter Frosch 3. Februar 2015 um 02:44

Dennis Bergkamp ist auch mein absoluter Lieblingsspieler. Einer der besten Techniker allerzeiten, gepaart mit einer gerade zu visionären Spieldeutung.

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hooma 3. Februar 2015 um 23:22

Warte ja immer noch auf die versprochene Spieleranalyse.. Dürfte mittlerweile schon ein Jahr her sein, als ich mal die Anfrage per Mail versendet habe.


Dr. Acula 1. Februar 2015 um 21:02

Gelungene Analyse
wohl dem, der sich in einer ambitionierten Mannschaft entwickeln kann.. Noch dazu neben Leuten wie baier..

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