The Big Five: Auf der Insel nix Neues … oder doch?
Die Premier League hat bereits die Startblöcke verlassen. Bei den Top-Teams wirkt es auf den ersten Blick so, als bliebe alles beim Alten. Aber das täuscht.
Manchester United: Umbruch auf Niederländisch
Die wohl größten Veränderungen erlebt aktuell Manchester United, wobei sich die Red Devils eigentlich in der letzten Saison aus dem Konzert der führenden Premier-League-Klubs herausspielten. Nichtsdestotrotz gehört United weiterhin zu den ambitionierten Vertretern in England, was auch durch die Sommeraktivitäten unterstrichen wurde. Louis van Gaal soll den Umbruch einleiten, bat aber seinerseits um Geduld. Es bräuchte eine Weile, bis seine Spieler das von ihm angestrebte System verinnerlichen.
Jedoch war diese klare Systemidee auf den ersten Blick nur schwerlich zu erkennen. Natürlich sind idealtypische Facetten des Van Gaal’schen Fußballs – Positionsspiel, Ballzirkulation – in Ansätzen wahrzunehmen. In der formativen Frage tat sich der ehemalige Bondscoach aber schwer. Während der sommerlichen USA-Tour sowie beim anschließenden Saisonstart, der aufgrund der hohen Belastung von so manchem Ausfall beeinträchtig wurde, probierte es der Niederländer mit einem 3-4-1-2, was zumindest in Teilen an die Formation des Oranje-Teams bei der Weltmeisterschaft in Brasilien erinnerte.
Entgegen der positiven Entwicklung bei den Testspielen in den USA war die Realität in der Premier League um einiges härter. Denn in den ersten sechs Pflichtspielen hagelte es direkt drei Niederlagen – gleich zu Beginn gegen Swansea, dazu ein peinliches 0:4 im League Cup gegen die Milton Keynes Dons sowie ein mittlerweile schon legendäres 3:5 gegen Leicester City. Trotz dieser durchwachsenen Ergebnisse hatte jedoch besonders die Phase Ende August auch etwas Gutes für alle United-Fans. Denn der Kader wurde noch einmal signifikant verstärkt. Neben Abwehrspieler Marcos Rojo, Torjäger Falcao sowie Daley Blind als einen Rhythmusgeber auf der Sechs wurde Hybridspieler Ángel Di María aus Madrid geholt. Die Argentinische „Nudel“ konnte sofort überzeugen und passt auch nahezu perfekt ins mittlerweile überarbeitete System.
Nach drei Spieltagen verwarf Van Gaal seine Idee mit der Dreierabwehrreihe und ging zur Mittelfeldraute mit Viererkette dahinter über. In diesem 4-1-2-1-2 behält er aber einige Mechanismen der vorherigen Grundformation bei. Weiterhin geht beispielsweise Juan Mata in der frühen Pressingphase zwischen die beiden Stürmer und sorgt somit für eine bessere Breitenabdeckung bei Wahrung der horizontalen Kompaktheit im ersten Block. Zudem schieben dahinter die beiden Achter in einem 2-3-2-3 nicht selten etwas breiter nach vorn, umso schneller den Zugriff auf den Ball zu erhalten, wenn der gegnerische Aufbau nach außen geleitet wurde. Durch die aufschiebenden Bewegungen der Außenverteidiger sowie die tendenzielle tiefere Stellung von Blind direkt vor den Innenverteidigern entsteht zusätzlich eine passabel absichernde Wirkung, wodurch United nicht Gefahr läuft, nach einem möglichen Überspielen der ersten Linien in seine Einzelteile zerlegt zu werden.
Doch das Pressing der Red Devils ist keinesfalls derart strikt angelegt, sondern zeichnet sich auch durch Variabilität im Detail aus. Denn die erste Linie muss nicht ständig derart weit vorn den Spielaufbau anlaufen. Vielmehr kann sich durch die potenziell breite Positionierung der beiden Neuner in einem 4-1-3-2-0 hierbei eine destruktiv-effektive Wirkung ergeben, indem einerseits die in der Premier League häufig etwas blind aufrückenden Außenverteidiger in den Deckungsschatten gestellt werden und zudem die Halbräume im zweiten Drittel gut bewacht sind. In diesem Fall würden die Achter wiederum dynamischer nach vorn stoßen und damit die Stabilität in der Horizontalen immens verstärken.
Van Gaal hat rein vom Personal zugleich verschiedene Optionen für seine Mittelfeldraute. Mit Ander Herrera kann er einen zweiten tieferen Spielmacher neben Blind aufbieten, der sich häufiger neben den eigentlichen Sechser im rechten Halbraum fallen lässt. Dadurch ergibt sich eine 2-2-2-Stellung vor der Viererkette oder aber Di María rückt direkt weiter auf und transformiert zum Linksaußen, was durch den rechten Neuner zu einem 4-2-1-3 ausbalanciert werden kann. Van Gaal bot aber bereits auch schon Antonio Valencia als nominellen Halbspieler auf, wodurch insgesamt eine Verbreiterung der Raute entstehen kann, während Mata sich dynamisch nach hinten fallen lässt. Di María kann sowieso jede Position ausfüllen. Er ist bereits der Dreh- und Ángel-Punkt.
Arsenal: Werden sie das Verteidigen noch jemals lernen?
Arsène Wenger feierte dieser Tage sein 18-jähriges Jubiläum als Verantwortlicher auf der Bank bei Arsenal. Doch der häufig etwas zerknirscht blickende Elsässer hat seinen Ruf in den letzten Jahren ein Stück weit eingebüßt. Dazu trugen die Transferpolitik sowie die scheinbar stagnierende Entwicklung der Mannschaft bei. Auch im letzten Sommer wurden die kaderplanerischen Entscheidungen Wengers wieder hinterfragt. Danny Welbeck wurde kurz vor Toresschluss als zweite Option für das Sturmzentrum verpflichtet, während in der Abwehr lediglich Calum Chambers hinzu kam, man aber in der Viererkette insgesamt unterbesetzt scheint. Es sickerte zudem durch, dass Wenger eine Verpflichtung des ehemaligen Arsenal-Stars Cesc Fàbregas ablehnte, welcher nun beim Stadtrivalen Chelsea aufläuft und zuletzt auch am Sieg gegen die Gunners beteiligt war.
In der bisherigen Saison fielen doch einige Charakteristika auf, die erneut kritikwürdig erscheinen. Die Nordlondoner agieren meist in einem 4-1-4-1, was gegen den Ball häufiger zum 4-5-1 wird, aber einige merkwürdige Strukturen aufweist. Arsenal hatte in der Vergangenheit immer wieder Probleme, dass beim defensiven Umschalten große Lücken vor der Viererkette klafften, was einerseits mit dem typischen Zurückweichen der letzten Linie, aber auch mit dem teils schlecht abgestimmten Aufrücken der beiden Achter zu tun hat, wodurch der Solosechser nicht selten von freien Halbräumen umgeben ist. Diese Facette wurde ein Stück weit eingedämmt, indem sich vermehrt stärker kollektiv zurückgezogen wird. Jedoch geschieht dies mit einer beeindruckenden Passivität, wo es an jeglichem ballorientierten Verschieben mangelt. Ballführende Flügelspieler werden lediglich von den Außenverteidigern angelaufen, die horizontale Kompaktheit ist in vielen Fällen nicht gegeben. Insgesamt bleibt Arsenal gegen den Ball ein löchriges Gebilde.
In der Champions League gegen Borussia Dortmund oder bei der Liga-Niederlage gegen Chelsea wurde die ganze Palette an Schwächen von den Gegnern gut bespielt. Das passive Pressing mündet in große Staffelungsprobleme, man gewährt Räume für einfache Kombinationen und ist auch individuell nicht derart stark im Verteidigen, als das diese Probleme ausgemerzt werden könnten. Doch dieses schwerwiegend wirkende Urteil hat keine Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit per se. Denn die Gunners verfügen über die offensive Qualität, um gerade in der Premier League die kleineren Gegner zu knacken und auch über Individualaktionen Torchancen zu genieren.
Allerdings wirkt auch das Offensivspiel in vielen Fällen recht improvisiert. In Bestbesetzung spielt Aaron Ramsey als höherer Achter, Jack Wilshere als Ballschlepper und Verbindungsspieler im Zentrum. Was daran schon auffällt: In einem 4-1-4-1 ist zentral kein Platz für Mesut Özil und deshalb muss der 26-Jährige auf dem ungeliebten Flügel spielen, wo ihm die fehlende Dynamik zu schaffen macht. Die Flügel sind mit Alexis Sánchez und Özil arg ungleich besetzt – ein seit jeher typisches Arsenal-Charakteristikum. Wenger beharrt weitestgehend auf die für Özil zugedachte Rolle, der aber rein von der Positionsfindung und Präsenz sehr schwankend agiert. Entweder er taucht komplett auf der Außenbahn ab und ist irgendwo im toten Raum, meist etwas zu hoch. Oder aber er driftet ins Zentrum, ähnlich wie Santi Cazorla, um dort durch Überladungen ins Kombinationsspiel zu gelangen. Beim Einrücken drückt er zudem einen Achter etwas nach hinten, was Arsenals Formation zu einem engeren Schlauch werden lässt. Die fehlenden Kombinationen auf den Außenbahnen sorgen im Endeffekt aber dafür, dass tiefer stehende Gegner weniger Probleme haben, die eigenen Defensivreihen geschlossen zu halten, da sie nicht stark horizontal oder diagonal verschieben müssen.
Dass Arsenal in der Zirkulation variabler auftreten kann, haben sie in dieser Saison auch schon bewiesen. Jedoch besteht noch keine Konstanz in den Offensivabläufen. Hinzu kommen die bereits angedeuteten Mängel beim Pressing-Spiel. Entweder die Gunners schieben mit ihren vorderen Spielern teils wie wild nach vorn und öffnen folglich die Vertikalräume, weil die Abwehrreihe nicht entsprechend aufschiebt und diese ganze Bewegung nicht kohärent wirkt, oder aber sie ziehen sich in größter Passivität zurück, wodurch ein grandioser Pressingakteur wie Alexis mehr oder weniger verschenkt ist. Selbiges gilt für das durch schlechte Staffelungen meist schwache Gegenpressing. Doch keinesfalls ist die Zukunft von Arsenal tiefschwarz. Dafür ist die Grundqualität zu hoch, aber gegen die Top-Klubs in Liga und Königsklasse wird es weiterhin schwer bleiben, Siege einzufahren.
Chelsea: Josés Schule mit Diego und Francesc
Von der Tabellenspitze blickt im Moment Chelsea herab. Dort sieht sich José Mourinho natürlich am liebsten und seine Blues wirken erneut enorm erfolgsstabil. Eigentlich gab es an der Stamford Bridge auch keine großartigen Veränderungen zu verzeichnen. Der portugiesische Trainer vertraut weiterhin auf sein 4-2-3-1. Mit Nemanja Matić ist mittlerweile ein grandioser Stratege auf der Sechs integriert, der sehr gut die Dynamik lesen kann und immer wieder die richtigen Räume besetzt.
Es wirkt vieles wie immer. Die individuell starken Offensivkräfte können über die Engen in der Offensive Chancen kreieren. Der Spielaufbau läuft gegen ein höheres Pressing im ersten Drittel häufiger über die Außen, wird aber dann in Richtung letztes Drittel wieder meist nach innen gebracht. Die beiden Außenverteidiger halten sich mit Vertikalläufen gegen Top-Teams zurück und sichern selbst bei Umschaltaktionen recht rasch die Seiten ab.
Doch es gibt einen signifikanten Unterschied zwischen dem Chelsea 2013 und dem Chelsea 2014. Diese heißen Diego Costa und Cesc Fàbregas. Beide Neuzugänge geben dem Spiel der Blues in vielen Facetten eine andere Tiefe. Costa ist nicht nur ein zentraler Brecher, sondern passt geradezu perfekt ins Umschaltspiel von Chelsea. Gegen ambitioniertere Gegner stehen Mourinhos Spieler häufig in einem 4-4-1-1. Kurzer Einwurf: Bei dieser Aufteilung stehen die beiden Linien meist vertikal sehr eng zueinander und das Mittelfeldband ist horizontal etwas kompakter, vor allem der ballnahe Außenspieler rückt gewollt ein und lockt den Aufbaupass auf diese Seite, während dahinter der Außenverteidiger breiter agiert und den direkten Durchbruchweg versperrt. Pässe in den Zwischenlinienraum werden meist direkt abgefangen, auch ansonsten steht der komplette Block gegen dominantere Teams sehr stabil. Eroberungen landen nicht selten bei Costa. Was dann folgt, erinnert an seine Zeit bei Atlético Madrid. Immer wieder kann er den Ball, bevorzugt über den linken Halbraum, nach vorn schleppen und zugleich gegen die gegnerischen Abwehrspieler abschirmen. Die nachstoßenden Eden Hazard und Co. können dann wieder in Kombinationen einsteigen. Oder aber Costa verlagert sogar mit einem halblangen Zuspiel auf die andere Seite oder ähnliches. Insgesamt kann Chelsea darauf vertrauen, dass Costa als alleiniger Stoßstürmer auch mit wenig Unterstützung lange Bälle oder Abpraller erobert. Seine Präsenz ist in diesem Punkt unglaublich. Über die grundsätzliche Abschlusskompetenz braucht man kein Wort mehr verlieren.
Mit Cesc ist zudem ein Akteur hinzu gestoßen, der im Mittelfeld neue Optionen ermöglicht. Er kann entweder dominant von der Sechs aus dem Spiel mit seiner Passkommunikation die ersten Impulse geben oder aber von der Zehn mit Schnittstellenpässen gegen passive Gegner brillieren. All das deutete er bereits in dieser Saison an. Gegen Arsenal vor der Länderspielpause agierte Fàbregas nominell neben Matić und hinter Arbeitsbiene Oscar. Das transformiert aber nicht selten zu einem 4-1-2-3 und ergibt eine variable Aufteilung sowie ein fluides Bespielen der Halbräume. Genau dies war auch im Stadtderby gegen die Gunners zu beobachten, als man vor allem die Zonen um Sechser Mathieu Flamini sowie vor oder hinter den gegnerischen Außenverteidigern fokussierte. Dieser Plan ging sehr gut auf, genau wie Mourinhos Team aktuell das meiste gelingt. Nur gegen Manchester City hatte man größere Probleme.
Manchester City: Kleine Überraschungen im Etihad
Die Citizens erscheinen als zweiter Favorit auf den Titel und großartige Veränderungen sind bei Manuel Pellegrinis Mannschaft im Vergleich zur letzten Saison nicht zu verzeichnen. Jedoch ergaben sich leichte Anpassungen seit dem Saisonstart. Denn mit Sergio Agüero (oder Edin Džeko) ist immer häufiger eine klare Solostürmerrolle zu erkennen. David Silva muss deshalb seltener nominell auf dem Flügel agieren, wobei er sowieso von dort aus meist in den Zehnerraum zieht. Doch als fester Zirkulationsspieler im Zentrum scheint er noch wertvoller für Pellegrini zu sein.
Alles in allem sind die gewohnten Muster zu erkennen – mit kleinen Abweichungen. Meist presst City recht passiv und ist lediglich leitend in vorderen Zonen aktiv. Oder man wirkt im 4-4-2 über die Achter sehr weit herausschiebend und versucht in der zweiten Linie den Ball direkt abzufangen. Zuletzt war sogar eine größere Intensität in der Ballorientierung zu beobachten, sprich es wurde auch horizontal beziehungsweise diagonal dynamischer in Richtung Ballführenden geschoben, was insgesamt ein proaktiveres Vorgehen der Citizens defensiv zur Folge haben kann, wenngleich Pellegrini noch an der Feinabstimmung arbeiten muss.
Der Spielaufbau erweckt zuweilen einen lethargischen Anschein, ist aber zumindest recht konventionell mit orthodoxen Abkippbewegungen und Vertikalstellungen der Sechser. Zwischen Flügel- und Zentralspiel kann man sehr gut variieren und hat dafür natürlich auch die entsprechenden Spielertypen – Jesus Navas als Außenbahnläufer, Sami Nasri einrückender und James Milner balancierender. Eine wirkliche Überraschung stellte nur die Verpflichtung von Frank Lampard dar. Der langjährige Chelsea-Profi ging im Sommer zum neuen New York City FC, wurde aber dann aufgrund der Eigentümerstruktur im Handumdrehen zu City verliehen, wo er nun noch einmal an alte Zeiten anknüpft und im Mittelfeld trotz der Konkurrenz seine Einsatzzeiten erhält. Im September wurde er zum Spieler des Monats in der Premier League gewählt. Werden die Lampard-typischen Vertikalläufe ordentlich eingebunden, kann er einerseits neue Räume für Silva schaffen oder aber selbst die diagonalen Vorstöße der Außenspieler forcieren und lenken. Lampard kann so zudem Yaya Touré entlasten, der zuletzt nicht immer überzeugen konnte.
Die bisher einzige Auswärtsniederlage in dieser Saison – gegen Bayern München in der Champions League – offenbarte manche Problem der Citizens. Wenn sie selbst eine Partie mitgestalten wollen, verengen sie gerne mit ihrer Offensivreihe das Zentrum. Wird allerdings dies konsequent mit Mannorientierungen und einer disziplinierten Zuordnung bewacht, kann sich City nur sehr schwer freispielen. Doch gegen „normale“ Premier-League-Teams trifft man zumeist auf offenere Räume und kann über das Herausrücken der Sechser, die physische Präsenz der Außenverteidiger oder auch die unglaubliche Raum- und Ballkontrolle von Silva und Agüero genügend Dominanz ausstrahlen. Die Entwicklung Citys sollte man eher im großen Zeitraum im Auge behalten.
Liverpool: Was nun, Brendan?
Die Reds von dem Merseyside County sind bisher weder Fisch noch Fleisch. Liverpool musste im Sommer den Abgang von Luis Suárez verkraften. Doch im Gegenzug durfte Brendan Rodgers auch einige Neuzugänge begrüßen. Allein aus Southampton wurden drei Spieler verpflichtet. Doch an der Anfield Road ist man noch auf der Suche nach dem richtigen Rhythmus und hat weiterhin defensive Probleme. Lediglich beim überzeugenden 3:0-Sieg bei den Spurs kassierte Liverpool kein Gegentor.
Dies ist auf verschiedene Gründe zurückzuführen. Bereits ganz vorn beginnen die Sorgen, da Pool häufiger versucht, hoch zu pressen, aber die Abläufe hierbei nicht optimal und intensiv genug sind. Mittelstürmer Mario Balotelli, der aktuell meist Daniel Sturridge ersetzt, ist sowieso in jedem Spiel eine Wundertüte, zu oft agiert der Italiener zu lethargisch und lässt sich von kleineren Misserfolgen anscheinend entnerven. Hinzu kommt, dass jenes Aufrücken der Offensivreihe nicht entsprechend von den Linien dahinter unterstützt wird und sich die Gegner meist über das Loch im Sechserraum befreien können. Eine teilweise unpassende Mannorientierung verfestigte die Schwierigkeiten noch.
Die Intensität bleibt zugleich ein Problem, wie auch am vergangenen Wochenende gegen Schlusslicht Queens Park Rangers einmal mehr deutlich wurde. Denn selbst an der Loftus Road hatten die Reds ihre Schwierigkeiten und wurden phasenweise dominiert. Dabei verdeutlichten unter anderem die Außenverteidiger José Enrique und Glen Johnson, warum sie eher zur zweiten Wahl gehören. Nicht nur schlugen sie unter Druck viele blinde Bälle, sie wirkten auch in der individualtaktischen Defensivarbeit überfordert, was im Übrigen überraschenderweise auch für Neuzugang Dejan Lovren galt.
Gegen passivere Teams kann Liverpool hingegen konzentriert aufbauen und profitiert dabei auch von den Strukturen im Mittelfeld. Bisher setzt Rodgers nur auf Formationen mit Viererabwehrreihe – meistens auf ein 4-1-4-1 oder 4-2-3-1. In der Regel agiert Kapitän Steven Gerrard zentral vor der Abwehr, wenngleich auch Emre Can diese Position übernehmen kann. Besonders Gerrard entzieht sich durch tiefes Abkippen der direkten Deckung oder aber er bindet im Mittelfeld Gegenspieler. Über die Halbräume bauen dann die Innenverteidiger mit halblangen Vertikalpässen auf. Jordan Henderson und die anderen Achter überladen dann mit Vorliebe mit den leicht einrückenden Flügelstürmern. Es entsteht eine lokale Konzentration im offensiven Halbraum, aus der mit weiteren schnellen Kombinationen in den Strafraum beschleunigt werden kann. Die großen taktischen Experimente blieben bisher aus. Häufig profitiert Pool von den Schwächen des Gegners und kann diese mit der vorhandenen Bandbreite an Offensivakteuren bespielen, vor allem mit brutal schnellen Umschaltspielern. Raheem Sterling lässt grüßen. Doch dies darf nicht die bereits angedeuteten Instabilitäten in der Verteidigung und die Nachlässigkeiten im kollektiven Verschieben überschatten.
Was macht der Rest?
Southampton erlebte im Sommer einen Ausverkauf. Nicht nur gingen Dejan Lovren Adam Lallana und Rickie Lambert nach Liverpool. Auch Luke Shaw oder Calum Chambers verließen den Verein, gleiches galt für Ex-Trainer Mauricio Pochettino. Aber Ronald Koeman macht dort weiter, wo die Saints letzte Saison aufhörten. Die Südengländer, aktuell Dritter, müssen wir im Auge behalten. Everton hat derweil Probleme, ohne Ross Barkley die passenden Angriffe zu kreieren und mehr Spielkultur aufzuzeigen. Da wird auch der technisch limitierte Romelu Lukaku nicht selten in den falschen Offensivrhythmus eingebunden. Tottenham dümpelt derweil im Mittelfeld herum. Darüber freut man sich in Swansea wiederum. Die Swans lassen sich von ihrem Stil nicht abbringen. Das tut Harry Redknapp auch nicht. Aber der Altmeister des englischen Trainergeschäfts erinnert mit QPR an deren letzten Erstligaauftritt, nur wirft der 67-Jährige dieses Mal noch merkwürdige Dreierketten-Projekte aufs Feld. Aber anscheinend hat er den Offensivfußball zuletzt wieder entdeckt, was man von Aston Villa nicht behaupten kann. Aber dazu an anderer Stelle.
13 Kommentare Alle anzeigen
Guergen 13. November 2014 um 16:27
Zwar nicht der ganz richtige Ort, aber dennoch eine Frage: Nach der doch recht harschen Kritik: Gibt es jemanden, der sich mit Guus Hiddink bei der niederländischen Nationalmannschaft oder auch generell Hiddink beschäftigt. Scheint bei den Erfolgen (und auch Methoden bei den Erfolgen, man denke nur an Südkorea), aber auch Flops (etwa Madrid) eine ganz spannende Trainerkarriere zu sein…. nicht nur persönlich (vom „Kopf aus den Hintern einiger weißer Spieler nehmen“ Davids, 1996 bis zu „war der beste und es war völlig egal, ob schwarz oder weiß,“ (Bogarde) bis zu taktischen Experimenten (Südkorea, Australien, teilw. PSV) bis zu konservativ und lahm wie Ribbekc (Real, Holland 1996, Holland heute).
I DEMAND AN ARTICLE!
Wasserkocher 27. Oktober 2014 um 10:16
(Natürlich bleibt Southampton das Überraschungsteam schlechthin, aber ) Vergesst nicht West Ham United!
„Big“ Sam Allardyce hat im Sommer gut eingekauft und bringt die Upper Class der Premier League ins Schwitzen …
Dr. Acula 22. Oktober 2014 um 21:11
toller artikel! sowas auch über andere Top-Ligen wäre super..
TonyS 23. Oktober 2014 um 16:08
Ich denke mal der hoffentlich bald erscheinende Podcast dürfte dazu ausreichen.
Isco 21. Oktober 2014 um 13:24
Der legendäre Liverpool-Kapitän Stevan Gerrard.. 🙂
Am meisten enttäuscht mich eigentlich LFC, da wurde die letzten Jahre kontinuierlich gut gearbeitet und man hat sich eigentlich recht schnell wieder nach oben gekämpft, aber was sie bisher gezeigt haben war eher mau.
Teilweise sind ja schöne, direkte Kombinationen nach vorne zu sehen, aber mit Suarez dürften auch irgendwie alle Offensivabläufe gegangen sein.
Besonders die AV sind eine Vorgabe für dieses Niveau, da kann man sich nur auf Moreno-Falanagan freuen.
Ist etwas ähnliches vielleicht auch für die spanische Liga geplant, nachdem die DBL jetzt ihren Podcast bekommen hat und die PL diesen Artikel?
CE 21. Oktober 2014 um 14:27
Es kennt wohl niemand die Kreuzung aus Jovetić und Gerrard… (Besten Dank für den Hinweis.)
Wir planen noch einen Podcast allgemein zum internationalen Fußball, wo es auch, aber nicht nur, um die drei spanischen Top-Klubs gehen wird.
Isco 21. Oktober 2014 um 20:42
Doch, natürlich, der letzte totale Spieler von Liverpool City 😛
Spielt einen punktgenauen 50m Pass aus dem Sechserraum, nimmt ihn selbst vorne mit der Brust an, lässt seinen Gegenspieler mit einer Finte stehen, und spielt einen perfekten Schnittstellenpass, den er ganz kühl selbst verwandelt 😉
Apropos Jovetiv: Gibt es einen Grund warum er so wenig spielt? Ich könnte mir Aguero – Jovetic eigentlich gut vorstellen, der Montenegriner hängend hinter Aguero, bei Verlagerungen auf den Flügel zieht er in den Strafraum, Silva dafür von rechts in den Zehnerraum einrückend.
Eigentlich hat er mir bisher bei City immer gefallen wenn er gespielt hat, dafür sind die Spielminuten nicht sehr häufig.
Oder hab ich eine Verletzung verschlafen?
CE 23. Oktober 2014 um 17:11
Jovetić hatte zu Saisonbeginn seine Einsätze und verletzte sich dann am Oberschenkel. Die zentrale Rolle finde ich für Silva teilweise passender, als wenn der Spanier zu häufig am Flügel spielen muss. Aber Jovetić kommt sicherlich als Akteur hinter Agüero (oder Džeko) noch zu seinen Spielen. Man hat schließlich auf den Abgang von Negredo nicht reagiert.
mk 20. Oktober 2014 um 18:08
Dreh- und Ángel-Punkt, haha. Sehr schön.
Täusche ich mich oder guckt/analysiert ihr analog zum Ausbau der .com-Seite deutlich mehr BPL als früher?
sharpe 20. Oktober 2014 um 15:19
Ein Artikel über Southampton würde mir gefallen. Irgendwas müssen die da schon besser machen, als viele andere. Was, kann ich aus der Ferne nicht beurteilen, aber nach der grandiosen letzten Saison mit anschließenden Ausverkauf in der nächsten Saison gleich wieder oben mitspielen gelingt sicher nicht zufällig. Also, ergründet man das Phänomen Southampton.
Koom 20. Oktober 2014 um 15:32
Vieles dürfte wohl mit einer guten Spieler- und Trainersichtung zusammenhängen. Aber ja, ein detaillierter, fachlich fundierter Blick würde mich auch interessieren. 🙂
CE 20. Oktober 2014 um 18:33
Die Saints stehen bereits auf dem Zettel, noch ein kleines bisschen gedulden. 😉
Renton 7. November 2014 um 14:43
Auf den Southampton-Artikel freue ich mich auch.
Ich bin letztes Jahr zum ersten Mal dank Spielverlagerung auf die Mannschaft aufkerksam geworden. Da stand das Team auch zum Anfang der Saison in der Tabelle weit vorne. Ein SV-Autor (ich weiß leider nicht mehr wer) hat damals auch in einem Abschnitt/Artikel Southampton als einziges Team in der EPL genannt, das ansatzweise den „modernen Pressing/-Gegenpressing“-Fußball spielt.
Nun hat sich ja mittlweile seitdem viel getan. Wär cool wenn ihr in dem neuen Artikel unterbringen könnten, wieso es damals nicht für ganz vorne gereicht hat und ob dieses Jahr ähnliches droht bzw. was die Unterschiede zum letzten Jahr (auch in Bezug auf den neuen Trainer/Spieler) sind.
Ansonsten gute Arbeit, weiter so!