Kontrollierter FCB mit Licht und Schatten gegen Moskauer 5-4-1
Die Bayern kontrollieren die Partie gegen das tiefe 5-4-1 von CSKA. In den Angriffsbemühungen und im defensiven Umschaltmoment zeigen sich Guardiolas Mannen wechselhaft, nehmen aber trotz einiger Moskauer Chancen einen verdienten Sieg mit.
Die Partie war vor allem davon geprägt, dass die Münchener mit viel Ballbesitz und hoher Ausrichtung gegen die Moskauer 5-4-1-Formation anspielten. Diese defensive Spielweise interpretierte CSKA mit engem Mittelfeldband, gelegentlich leicht herausrückenden Sechsern und meist einem etwas breiter stehenden Außenverteidiger, beispielsweise dem gegen Bernat oftmals herausgeschobenen Mário Fernandes. Die Bayern starteten nicht in einem 3-3-3-1, auch wenn es beim Anstoß kurz so wirkte, sondern formierten sich in einem 4-2-3-1 mit Lahm als im Aufbau hineinkippenden bzw. im vorderen Halbraum aktiven Außenverteidiger, wobei die wirkliche Defensivstellung anfangs mangels gegnerischer Aufbauszenen gar nicht durchschien.
Bayerns Ausrichtung gut, aber mit Problemen
Dabei sahen die Positionierungen so aus, dass Alonso sich mit einer leichten Mannorientierung durch Musa herumschlagen musste und die vier Offensivakteure relativ hoch und anfangs positionstreu in ihren Räumen pendelten – mit den gewohnten unterstützenden Aktionen Müllers und einem im Verlauf der Partie recht viel herum rochierenden Robben, wofür dann Bernat einige Male etwas seltsam einrückte. Normalerweise agierte der Spanier recht breit auf dem linken Flügel und damit in etwas anderer Ausrichtung als Lahm. Der Kapitän der Münchener agierte etwa zwischen gegnerischem linkem Sechser und Außenspieler, variierte dabei seine Höhe immer wieder auf dieser vertikalen Linie, wodurch er gar nicht so viel in den Aufbau eingebunden war. Auf halblinks bewegte sich Alaba zunächst in einer etwas höheren Position und suchte ebenfalls im Bereich der Schnittstelle der Mittelfeldkette den dortigen Zwischenlinienraum, um sich dort anzubieten.
Grundsätzlich verfügten die Münchener damit über eine dominante und gut ausgearbeitete Ausrichtung, die auch immer wieder mit kleineren Rochaden oder Überladungsansätzen garniert wurde, wie die situativ mal verschiedenen Bewegungsmuster von Robben oder Götze zeigten. Dazu gab es kleinere aufrückende Bewegungen der Innenverteidiger, eine ordentliche Zirkulation und den geduldig angelegten Versuch, die Zwischenlücken im 5-4-Block des Gegners zu finden. Einige Male kamen sie hier mit ihren Spielzügen fast durch, aber nach einer kurzen Anfangsphase gab es dann auch einen Abschnitt, indem die Münchener etwas Probleme mit der Durchschlagskraft hatten. Zunehmend fokussierte sich das Spiel zu sehr auf die halblinke Seite, wo Alaba in den Zwischenräumen als Durchlaufspieler fungierte, der viele Bälle aus den Aufbaustrukturen erhält und von dem sie dann verteilt und ausgespielt werden sollten.
Durch den zu starken Fokus auf diese Route schränkten sich die Münchener teilweise allerdings selbst ein und ließen sich auch aus kleineren Überladungen in diesem Bereich zu etwas statischen Passmustern verleiten. Immer häufiger ging das Angriffsspiel aus dem linken Halbraum dann vorhersehbar zum Flügel und wurde in einer Phase von zehn bis fünfzehn Minuten viel zu häufig simpel auf den breiten Bernat getragen, der dann Hereingaben bringen sollte. Als Ergebnis und als beitragender Grund gab es in dieser Zeit einige Probleme mit zu flachen Staffelungen der Offensivspieler an der letzten Linie. Zudem war es generell ein wenig problematisch, dass Lahm einige Male im Quadrat zwischen den vier linken Spielern CSKAs eingeschlossen und nur situativ aus bestimmten Dynamiken nach von der rechten Seite in den Halbraum getragenen Angriffen bedient wurde.
Alabas Umdeutung und die besten Offensivszenen
Daher änderten die Münchener etwa ab der Phase um den Führungstreffer herum ihre Ausrichtung und konnten sich dadurch tendenziell steigern. So ging Alaba eine Ebene zurück und agierte schräg, ähnlich einem weit vorgeschobenen Halbverteidiger, vor Benatia und Dante als primärer Eröffnungsspieler. Dafür rückte der zuvor recht breite und nur situativ mal in die Mitte kommende Götze deutlicher weiter in die formativen Zwischenräume ein und wirkte nun eher wie ein offensiver Achter oder Zehner. Zunächst hatten die Bayern allerdings auch hier noch ein paar Probleme, weil sich CSKA auf Alaba als Fokuspunkt einstellte. In seiner Positionierung befand er sich genau im Zugriffsbereich der aufrückenden Bewegungen des engstehenden Außenspielers und konnte von diesem daher recht simpel zugestellt und kontrolliert werden, wobei der Österreicher in diesen Kontexten auch von einigen unpassenden Positionierungen und Freilaufbewegungen Alonsos etwas gestört wurde. Überhaupt gewann CSKA zu jenem Zeitpunkt etwas mehr Sicherheit beim Ausführen gewisser Abläufe, passte sich im Mittelfeld flexibler an und zeigte einige Male sogar längere Herausrückbewegungen beider Sechser, wenn der Ball im Halbraum zirkuliert wurde und die Bayern in ihrer breiten Vorgehensweise etwas den Drang in den Zehnerraum zu verlieren drohten.
So waren die Münchener nach diesen Veränderungen ihrer Grundpositionierungen vor allem auf einem anderen Wege erfolgreich – durch direkte Vertikalpässe aus zentraleren Stellungen, die die Innenverteidiger und Alonso – gelegentlich waren solche Zuspiele schlecht getimt, meist funktionierten sie in dieser Phase aber gut – in die Offensivabteilung brachten. Besonders das Trio um Müller, Götze und Lewandowski kam hier einige Male zu guten Szenen und Kombinationen im Zwischenlinienraum, die bestenfalls in hervorragendem kleinräumigen Zusammenspiel endeten, wie beim Abseitstreffer des Polen. Zudem benutzten die Einzelspieler ihre hohen Positionierungen an der letzten Linie nun auch individuell besser, um sich beispielsweise gegen das passive Aufrücken der Abwehr mit feinen Bewegungen einfach durch diese Defensivreihe hindurch zu schieben, wobei sich natürlich vor allem Götze hervortat. Bei einer aussichtsreichen Chance musste er per Foul an der Strafraumgrenze gestoppt werden, ehe seine generellen Dribblingfähigkeiten kurz darauf den letztlich siegbringenden Elfmeter herausholten.
Wenige CSKA-Chancen direkt gefährlich
Weitgehend waren die Münchener durch ihre dominante Ausrichtung, die situativen Ballungen, die hohe Gesamtstellung und das engagierte Attackieren der vorderen Spieler in erster Instanz sehr stark im Gegenpressing und konnte viele Konteransätze abwürgen. Im Aufbau waren die Russen ebenfalls wenig ambitioniert und schlugen viele Bälle direkt nach vorne. Dennoch konnten sie sich mit der Zeit einige Male besser freischwimmen, umschifften das Gegenpressing durch kleinere gute gruppentaktische Manöver, die auch mal weitläufiger angelegt waren, oder individuelle Aktionen. Hier zeigten sich bei den Bayern dann gelegentliche Unkompaktheiten durch die teilweise recht hoch stehende letzte Offensivlinie, die sich als ein Faktor auf die gelegentlichen Ausfälle des Gegenpressings auswirkten. Dass bei einigen eröffnenden Pässen von Alonso und den Innenverteidigern dann auch mal etwas unpassende Entscheidungen dabei waren, die in für den Zugriff auf die Ballrückeroberung schwierigen Szenen stattfanden, kam auch noch hinzu.
Wenn CSKA – auf welchem Weg auch immer – dann mal im gegnerischen Drittel angekommen war, wurden sie dort meistens überraschend direkt gefährlich, was unter anderem mit Bayerns kleineren Schwächen oder Nachlässigkeiten zu tun hatte. In den vergangenen Partien war es phasenweise immer mal wieder auffällig, dass sie in diesen Zonen nicht wirklich kollektiv und durchwachsen in der Rückzugsbewegung an den Strafraum agierten. Über Musas Ausweichen und kleinere Unterstützungen von Milanov sowie dem pressingresistenten Eremenko auf links spielten sie sich einige Male durch, wobei Tosic´ Arbeit in die Spitze allerdings eher ineffektiv blieb. Hinzu kam die eine oder andere Chance aus dem Rückraum nach Hereingaben der durchstoßenden Außenverteidiger, wo die Bayern ebenso kleinere Probleme hatten.
Geringe Intensität nach dem Wechsel
Weil sich CSKA zunächst einmal nicht aus der Deckung herauswagte, veränderte sich im zweiten Durchgang wenig. Auffällig war nur, dass die genaue Anlage der defensiven Ausführung des 5-4-1 sich ein wenig umgebaut darstellte: Die Abstände und Beziehungen zwischen den beiden Ketten wurden symmetrischer und die Moskauer schoben beispielsweise kohärenter zum Flügel oder an die Halbräume heran. Dadurch verringerten sich auch die Abstände ein wenig und es gab ansatzweise Isolationsszenen in den seitlichen Zonen, während die einzelnen Herausrückbewegungen eines Sechsers enger vom restlichen Mittelfeld abgesichert wurden und situativ auch der zentrale Innenverteidiger etwas bewusster genau auf diese Aktionen nachschob. So funktionierte das Konzept der Hausherren nach dem Seitenwechsel etwas kohärenter und giftiger im Zugriff, was die Möglichkeiten der Bayern weniger und von geringerer Qualität werden ließ. Dabei versuchten die Münchener allerdings auch nicht mehr, stets mit vollem Risiko durchzuspielen, wenngleich sie in den Fällen, wo dies doch intendiert wurde, etwas inkonsequenter vorgingen als zuvor.
Erst ab der 70. Minute wechselte das Heimteam vermehrt auch mal in höhere Pressingphasen, wobei nach kleinen leitenden Elementen auf die Seite meistens die Sechser mit mal größerer Intensität diagonal nach außen attackieren sollten und der ballnahe Außenverteidiger dann herausschob. So musste man nicht durchgehend die Fünferkette als solche für eine 3-4-3-haftere Interpretation auflösen, sondern konnte stärker darin verweilen und schaltete dann eben nur situativ oder asymetrisch um. Wirklich konstant aggressiv und durchgehend kohärent war das Pressing daher allerdings nicht, so dass die Bayern zwar einige lange Bälle wegschenken mussten, hier mit mehr Konsequenz aber auch weniger Probleme gehabt hätten. Entsprechend wurde das kleine Zwischenhoch der Moskauer recht schnell beendet und die letzten zehn Minuten verliefen für den deutschen Rekordmeister dann wieder weitgehend ruhig.
Fazit
Insgesamt holten die Bayern einen weitgehend dominanten und verdienten Sieg beim Geisterspiel in Moskau. Gegen das konsequente 5-4-1 der Mannschaft von Leonid Slutsky hatten sie in der Offensive einige gute und einige weniger gute Ansätze, wobei Erstere genügend schöne oder gefährliche Szenen erzeugten. Die Gastgeber wussten ein durchaus gut organisiertes Abwehrverhalten auf den Platz zu bringen, wenngleich gerade über weite Teile des ersten Durchgangs die Defensivverbindungen zu passiv waren, und hatten vorne mit einigen ordentlichen Ideen bei ihren wenigen Angriffen immer mal wieder Chancen – dennoch war dies gegen die Münchener letztlich klar zu wenig. Wie schon gegen die tiefen und passiven Kölner zeigten die Münchener eine kontrollierte Vorstellung und reagierten mit etwas unterschiedlichen Offensivmittel auf das 5-4-1 statt 4-5-1.
7 Kommentare Alle anzeigen
rodeoclown 2. Oktober 2014 um 11:42
Eine Frage ans Forum hier: Würde es bei einem solch passiven Gegner mit einer 1-0 Führung im Rücken nicht effektiver sein den Ball so lange in der Abwehr hin und her zu passen bis das dem Gegner zu langweilig wird und er feststellen muss das er so wohl erst recht nicht zu Kontern kommen wird? Sobald das Pressing etwas offensiver wird und Zwischenlinienräume entstehen könnte der überlegene Gegner dann wieder das Zirkulationsspiel starten. Frag mich immer wieder bei solchen Spielen warum die führende Mannschaft nicht einfach sagt: „Na gut, ihr seid offenbar mit einer knappen Niederlage zufrieden. Sind wir dann auch“. Insbesondere diesmal musste Bayern ja nichtmals die Pfiffe der Fans fürchten 😉
Chris 2. Oktober 2014 um 12:02
Ich habe nichts darüber gelesen, dachte mir das wie wohl viele auch schon. Ich denke, der springende Punkt ist der Aufwand. Wenn ich führe, das bessere Team (zumindest nominell) habe, eine offensive Ausrichtung habe und so weiter, warum sollte ich dann intensiv eine passive Taktik einstudieren, die auch nur was bringt, wenn ich knapp in Führung liege. Denn wenn ich mit 2 oder 3 Toren führe, ist das Spiel meist „eh gelaufen“. Ausserdem bedeutet bei einem Beibehalten der Spielausrichtung jeder Ballverlust weniger Gefahr -kontrollierbare Fehler. Tut mir leid, bin gerade etwas müde. Aber so erkläre ich mir das.
Es gibt ja tatsächlich auch Mannschaften, die das praktizieren. Mannschaften, die in einer (günstigen) Phase des Spiels zuschlagen und danach destruktiv zustatten gehen (Mourinho). Ich finde sowas auch attraktiv sehen, vielen gefällt es aber wohl weniger. Und dann sind natürlich noch die „schwachen“ Mannschaften, die irgendwann nur noch dicht machen. Typischerweise bei einer WM zu beobachten oder in Wettbewerben in den Finalrunden. Gute Nacht!
HK 2. Oktober 2014 um 13:22
In der Theorie hört sich das immer ganz clever an.
In der Praxis kommentiert man das dann üblicherweise so:
– Jetzt machen sie den Gegner stark
– Es wird um Tore gebettelt
– Die Mannschaft hat sich selbst eingeschläfert
Fußball ist keine Mathematik (wie jemand mal so schön sagte), das lebt, atmet und die Situation kann sich in Sekunden vollständig umkehren.
Und es gibt wenig was fataler ist als den eigenen Rhythmus und die ggf. vorhandene Spielkontrolle herzuschenken.
Jackle 2. Oktober 2014 um 10:18
Bernat finde ich bisher sehr erstaunlich. Wo ich in der Vorbereitung noch nicht viel von ihm gesehen habe, spielt er seit den Pflichtspielen auf einem konstant guten/soliden Level. Er trifft wenige falsche Entscheidungen, ist defensiv immer bei der Sache und hält seine Seite größtenteils sauber und hat schon in mehreren Szenen offensiv gezeigt, dass er einerseits scharfe und gefährliche Schlanken schlagen, beim durchkombinierenden Kurzpassspiel mitmachen kann und zudem jetzt schon eine Torgefahr zu erkennen gibt, von der ein Lahm nur träumen kann.
Noch muss man ihm bis mindestens März nächsten Jahres Zeit geben, wie er sich macht, da er eben noch so jung ist und aus einem anderen Land kommt, aber die Verpflichtung könnte sich als herausragend erweisen.
HK 2. Oktober 2014 um 13:28
Sehe ich genauso. Vom Alter und Preis/Leistungsverhältnis her könnte das einer der besten Transfers der letzten Jahre werden.
Von der Selbstverständlichkeit und dem Selbstbewusstsein her mit dem er sich in die Mannschaft eingefügt hat, erinnert er mich an den jungen Salihamidzic.
Koom 2. Oktober 2014 um 14:29
Tut natürlich allgemein auch gut, dass er nicht so im Fokus steht (auf, wie neben dem Platz). Da kann er sich einfach ganz auf seine Rolle konzentrieren und vor allem auch erst mal die einfachen Dinge tun, da niemand groß was erwartet. Er hat noch den „Talent-Status“, weil er sehr jung und vor allem sehr unbekannt ist und als Linksverteidiger bekommt er auch sehr viel Unterstützung auf dem Platz. Und Leute wie Lewandowski, Alonso ziehen mehr Aufmerksamkeit auf sich.
Was man Guardiola übrigens zugute halten muss: Er hat die Aussenverteidiger aus ihrem taktischen Dilemma mehr befreit. Woanders haben die den Auftrag einer eierlegenden Wollmilchsau, müssen ohne Absicherung die Offensive ankurbeln und gleichzeitig hinten dicht machen. Durch die sich immer wieder bildende Dreierkette hinten oder die mindestens 2 DMs liegt viel der sonstigen AV-Last auf mehreren Schultern.
CF 1. Oktober 2014 um 16:20
Guter Artikel. Eremenko ist aus taktischer Sicht echt ganz gut und zeigte eine stabile Entscheidungsfindung gegen Bayerns Gegenpressing. Für mich auch einer der Hauptgründe, warum Bayern viele Konterangriffe nicht richtig verteidigt bekam oder diese erst entstanden.
Was haltet ihr eigentlich von Bernat? Fand ihn gestern außer bei den paar kleinen Fehlern in der Positionsfindung und abgesehen davon, dass ich seine Entscheidungsfindung nicht so sehr mag, ganz gut. Strategisch fällt er nicht ab und zeigt sogar teilweise ganz schöne Ansätze im nutzen der Alaba Rolle durch passendes bespielen dieser. Auch ganz lässig Diagonal und ansonsten im Dribbling und in den Laufwegen natürlich gut. Gute Passtechnik aber teilweise nicht druckvoll genug.