Wolfsburgs Lage: Hecking, Koo und die Systeme
Ganz zufrieden sind die ambitionierten Wolfsburger unter Dieter Hecking mit ihrer Lage noch nicht. Es gibt kleinere Probleme in den Spielen und den Ergebnissen – und es gibt neue Erkenntnisse zum taktischen Einbau von Koo und Heckings System.
Generell ist für die aktuelle Lage der Wolfsburger und die Tatsache, dass sie sich schwer tun, konstant für wirkliche zwingende Gefahr und überladendes Zusammenspiel zu sorgen, ein sehr genereller Punkt wichtig, der sich etwa seit Anfang des Monats abzeichnet. Dieser Aspekt liefert auch eine Erklärung, wieso Wolfsburg bisher noch nicht an die stabilen und ansehnlichen Leistungen vom Abschluss der vergangenen Rückrunde anknüpfen konnte.
Dabei geht es um die Einbindung des aus Augsburg zurückgekehrten Koo, den Hecking im zentralen Mittelfeld zu einem wichtigen Bestandteil der diesjährigen Mannschaft auserkoren hat. Das System aus der Vorsaison konzentrierte sich im Offensivspiel stark auf die Interaktion in der offensiven Dreierreihe, sah aber keinen so offensiven Sechser wie Koo vor, der sich in seiner Spielweise weit nach vorne orientiert. Mit seiner Technik, Übersicht, Kreativität und vor allem seiner überragenden Pressingresistenz in fast jeder noch so schwierigen Situation ist Koo für die anspruchsvollsten Offensivrollen eines Teams gemacht. „Er begeistert mich immer wieder, wenn er auf engstem Raum Möglichkeiten findet“, sagte Hecking zum Rückkehrer. Der höhere Wolfsburger Sechser sollte in der vergangenen Rückrunde aber meistens nur absichernd auf die überladende Seite schieben, sich dort an die Kollegen anpassen und damit den großen Raum „hinter“ dem engen Raum absichern, in dem die zündenden Einfälle entstehen – und wo ein Koo beteiligt sein müsste, wenn man ihn aufstellt.
Nun wird nach einigen Spieltagen klar, dass Hecking scheinbar nicht die Möglichkeit sah bzw. sieht, den Südkoreaner einfach im alten System aufzustellen, einen Posten vor der Abwehr neuauszurichten und das vorhandene Konstrukt darauf abzustimmen. Stattdessen hat er ein gänzlich neues System entwickelt, das noch nicht so eingespielt ist und seine Zeit braucht – der Grund, wieso die Testspiele des VfL ebenso Kritik an zu „einfachem“ und normalem Offensivspiel hervorriefen wie die erste Pokalrunde, war ein neues System. Auf den ersten Blick ist dies – unter anderem wegen der kaum veränderten Grundformation – nur schwierig zu erkennen und wird erst nach einiger Zeit klar, wenn sich die Verhaltensweisen im Angriffe über mehrere Spiele einschleifen. So erinnert das aktuelle System in seinen Anlagen im zweiten und letzten Drittel stärker an die symmetrischen 4-1-4-1-Formationen aus Heckings Nürnberger Zeit als an die Art und Weise, wie das nominelle 4-2-3-1 der vergangenen Rückrunde oder das nominelle 4-2-3-1 aus der letzten Nürnberger Phase des Trainers funktionierten.
Formative Zahlenreihen scheinen bei Hecking weniger die Aufgabenverteilungen – denn diese ist beim aktuellen VfL trotz der offensiven Ausrichtung von Koo nicht so wirklich 4-1-4-1-haft – darzustellen, sondern vielmehr als Codes zu dienen, wie die Mechanismen in der Offensive angelegt sind. Beim 4-2-3-1 – praktiziert in der vergangenen Saison von Heckings Nürnberg in der Hinrunde und Wolfsburg nach der Winterpause – gab es eine durchaus klare Trennung zwischen Sechsern und Offensivspielern, von denen einer recht eingerückt agierte und dadurch zur Dominanz einer der beiden Außenseiten beitrug. Dieser Bereich wurde vermehrt von jenem Trio bespielt und überladen, was eine starke Fluidität innerhalb des Formationsbandes bedeutete.
Beim 4-1-4-1 Heckings hingegen geht es mehr um das Zusammenspiel der beiden offensiveren Mittelfeldspieler (Diego und Koo), die mit vielen Freiheiten durch das Zentrum driften, wo die breiten Flügel ihnen den Raum offen halten. Mit den sehr flexiblen Feulner und Mendler hatten Heckings Nürnberger in dieser Spielweise eine starke Phase. Auch Diego und Koo, der grundsätzlich in einer viel aktiveren und gestaltenderen Rolle agiert als die Sechser der letzten Rückrunde, mit seinen Qualitäten für die engen Räume aber auch immer mal wieder als zuarbeitender Nadelspieler in Dienste Diegos auftritt, deuteten bereits das Potential dieser Interaktion an. Situativ wurde das Duo durch einen einrückenden Außenspieler ergänzt, der für mehr Optionen und Anbindungen sorgte. Insgesamt entwickelten die Kombinationen zwischen den Kreativakteuren allerdings noch nicht immer genügend Schärfe und Vorwärtsdrang, sondern endeten zuletzt etwas zu häufig auf den Seiten, bezogen ihre Gefahr dann aber durch eine Verlagerung in den Rückraum, aus dem gegen Hertha die besten Szenen des Teams entstanden.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die spielerischen und kombinativen Ansätze von Spiel zu Spiel bis zum Sieg über die Hertha besser und ansehnlicher wurden – eine Partie, die eine Art bisherigen offensiven Höhepunkt darstellte. Seitdem bringt die Aufstellung Schäfers eine neue Facette in die Thematik – möglicherweise war dies nur eine zweimalige Methode, um den verschiedenen Stärken von Leverkusen und Hoffenheim zu begegnen, vielleicht ist es allerdings auch der nächste Entwicklungsschritt oder ein teilweiser Wechsel zurück zu früheren Ideen. In beiden Begegnungen mit Schäfer gab es wieder Tendenzen zu einer dominanten Seite im Offensivspiel, während die allgemeine Vorstellung wieder inkonstanter, etwas unabgestimmter und in der Gesamtbewertung qualitativ „schwächer“ wurde – eventuell also ein Anzeichen für eine weitere Änderung des Weges, die Hecking eingeleitet hat. Vor diesem Hintergrund könnte man Schäfer als defensivstarken Testspieler interpretieren, der ein potentiell neues System auf die Mannschaft „einüben“ soll und aufgrund seines Naturells dabei für Stabilität innerhalb dieser frühen Entwicklungsstufe sorgen kann.
Es ist also nicht auszuschließen, dass Schäfer nach dem Experimentieren und Einschleifen der Wechselwirkungen bald für einen anderen Akteur Platz macht, mit dem Wolfsburg dann wieder etwas anders spielt – aber bereits in einem weitgehend abgestimmten System. Genauso gut ist es möglich, dass Schäfers Aufstellung eine taktische Maßnahme gegen zwei offensivstarke Mannschaften darstellte und Wolfsburg nun wieder an den Stand vom Hertha-Spiel anknüpft. Leider muss man auf die Antwort aber länger warten, da das Aufeinandertreffen mit den Bayern (und eventuell auch das Pokalspiel gegen Aalen) eigene Umstellungen und Anpassungen nach sich ziehen wird. So bleibt einzig die generelle Feststellung, dass Wolfsburg für den Einbau von Koo in die Mannschaft ein in Teilen neues System aufstellte, das mit anderen Mechanismen arbeitet als jenes aus der letzten Rückrunde und sich Anfang der Saison erst einspielen musste, weshalb in jener Phase wohl nicht immer die von Beobachtern erwartete Leistung möglich war.
17 Kommentare Alle anzeigen
PH 25. September 2013 um 14:46
Ich möchte jetzt mal weg von den sprachlichen Nuancen zum Fußball kommen.
Wie schätzt Ihr Heckings Möglichkeiten ein, ein ausgeglichenes offensives Spiel mit mehr Zug zum Tor zu etablieren? Mich interessiert vor allem, wie Ihr das zur Verfügung stehende Personal vom Potential her einschätzt (Vieirinha hat sich ja leider das vordere Kreuzband gerissen und fällt mehrer Monate aus).
In VfL-Fankreisen wird ja ebenfalls heftig gerätselt, wie die Torgefährlichkeit der Offensivreihen erhöht werden könnte. Auf der Position des LA können Perisic, Caligiuri, Arnold und mit Abstrichen Schäfer spielen. Auf RA war Vieirinha gesetzt. Caligiuri wurde einmal (gegen Leverkusen) hier eingesetzt.
Ich erinnere mich, dass Koo in Augsburg öfters auf der rechten Außenbahn eingesetzt wurde und vielleicht sollte er dort auch mal getestet werden. Doch was würde das für das Konzept im defensiven Mittelfeld bedeuten?
Ich bin gespannt auf eine Analyse eurerseits!
Marvin Nash 25. September 2013 um 13:41
Sorry, aber die Überschrift hätte lauten müssen: „Hecking, die Systeme und Koo“. Wär witziger 🙂 .
Erkinho 24. September 2013 um 04:03
TR neigt des Öfteren schon zu maßlos übertrieben langen Sätzen mit allerlei grammatikalischem Gimmick…Aber man darf nicht vergessen, dass der Junge einfach verdammt kompetent, fachkundig, usw. ist.
Und wenn er dann versucht all seine Gedankenspiele nieder zu schreiben (und ich meine ALLE Gedankenspiele), verliert er sich in einer teils unübersichtlichen Exposition.
Ich für meinen Teil genieße seine „Werke“ trotzdem. Dankeschön.
@ PH:
Nichts für ungut, aber dein Beitrag ist doch ziemlich einfältig und alles andere als souverän. Ich möchte lediglich darauf hinweisen, dass solche Antworten oft zu unnötigen Konflikten führen können.
simon 24. September 2013 um 09:13
Da ist mir auch schon aufgefallen, manchmal lassen sich etwas kompliziertere Konstruktionen nicht vermeiden, allerdings soll auch mal erwähnt sein, dass derjenige Ahnung hat, der komplizierte Sachverhalte einfach ausdrücken kann!
PH 24. September 2013 um 11:31
Herje… ich hätte doch noch eines dieser berühmten Smileys benutzen sollen.
Ich war und bin nicht auf Ärger aus. Ich fand es lediglich lustig, dass der erste Kommentar zu TRs Artikel einer Mängelliste gleichkam. Eigentlich soll es doch hier um Fußball gehen und die Qualität ist durchweg auf sehr hohem Niveau. Dass dieser Artikel sprachlich nicht der gelungenste ist, hat TR ja auch schon zugegeben.
Also noch einmal: Lieber Mängelliste-Schreiber. „nen“ ist kein Wort 😉 Smiley!
Erkinho 25. September 2013 um 00:09
Schon klar, ich hatte auch nichts anderes angenommen, jedoch hätte jedwede Person es eben tun können.
Ein Hoch auf die Emoticons. 😉
kpt 23. September 2013 um 16:32
also ich muss sagen, so gut der inhaltlich sein mag, er ist holprig, anstrengend und umständlich zu lesen. Trennt mal sauber eure Sätze auf, anstatt überall Nebensätze mit Gedankenstrichen rein zu zwängen.
Geht schon in der Einleitung los, da gehört kein – hin, maximal ein ;, das zweite „den“ kann man weg lassen.
Beispiel:
Auch Diego und Koo, der grundsätzlich in einer viel aktiveren und gestaltenderen Rolle agiert als die Sechser der letzten Rückrunde, mit seinen Qualitäten für die engen Räume aber auch immer mal wieder als zuarbeitender Nadelspieler in Dienste Diegos auftritt, deuteten bereits das Potential dieser Interaktion an.
– Spaghetti Satz, viel zu lang
– das Wort „gestaltenderen“ gibts einfach nicht
– nach agiert folgt ein ,
– der Bruch nach Rückrunde macht es vollkommen unmöglich den Satz flüssig zu lesen. Macht nen Punkt und fangt neu an
– das Konstrukt aus singular und Plural lässt nen riesen Chaos entstehen.
PH 23. September 2013 um 19:35
„Singular“ wird groß geschrieben und das Wort „nen“ gibt es einfach nicht. Bitte vor der eigenen Haustür kehren!
enbe 24. September 2013 um 03:17
@ph: er hat schon recht. und „nen“ etc ist doch nur Umgangssprache.
TR 24. September 2013 um 10:32
Also ich gebe zu, dass dieser Artikel auf keinen Fall mein sprachlich bester Text ist. Allerdings hoffe ich doch, dass dies nicht als Generalkritik gemeint ist, denn viele andere Artikel habe ich lesefreundlicher gestalten können, denke ich.
MR 25. September 2013 um 03:56
Wie kann es denn „gestaltenderen“ nicht geben? Das ist doch eine normale Beugung/Steigerung des gängigen Wortes „gestaltend“, oder nicht?
wombat 25. September 2013 um 08:17
es gibt sprachliche konstrukte, die man besser ausdrücken kann.
gestaltend ist m.mn. nach partizip präsens von gestalten.
steigerbarkeit gibt es -sinnvoll- nur bei manchen partizip perfekt formen.
ich weiß noch, wie ich mit einem lustigen verleser mal über „inkonstanz“ gestolpert bin.
ich hätte damals fehlende oder mangelnde konstanz erwartet.
RM 25. September 2013 um 10:26
Naja, gestaltend und gestaltender ist doch in der dt. Grammatik wie rot und roter?
mrb 25. September 2013 um 11:20
Man steigert keine Partizipien.
MR 25. September 2013 um 11:39
Achso. Aber kann man das nicht als Adjektiv behandeln im Fußball-Kontext? Es geht ja nicht darum, dass jemand in diesem Moment etwas gestalt, sondern um eine Eigenschaft des Spielers.
Beispielsweise könnte man ja sagen „Ein Spieler ist gestaltend veranlagt.“ und dementsprechend „Ein Spieler ist noch gestaltender veranlagt.“ Kann man bei „springend“ oder „redend“ jetzt nicht so richtig sinnvoll machen.
TW 25. September 2013 um 12:02
Wenn es bei gestaltend geht, dann geht es auch bei redend. Ich kenne einige Leute, die ziemlich redend veranlagt sind. Nur würde ich eher sagen, dass das Laberköpfe sind ;-).
Wie wäre es denn mit: Spieler A ist ein (Spiel)Gestalter. Spieler B ist ein noch ausgeprägterer (Spiel)Gestalter)
datschge 25. September 2013 um 12:04
Gestalterisch?