1. FC Nürnberg – VfL Wolfsburg 1:0

Die Grundformationen zu Spielbeginn

Verbesserte Nürnberger gewinnen verdient gegen enorm schwache Wolfsburger.

Die Nürnberger hatten nach einem guten Saisonstart mit sieben Punkten aus drei Spielen zuletzt immer stärker abgebaut und selbst in der sonst als Prunkstück fungierenden Defensive Schwierigkeiten bekommen. Trotz der anhaltenden Torlosigkeit waren die vergangenen Partien gegen Augsburg und besonders Schalke durchaus Mutmacher. Im Vergleich zur knappen Niederlage bei den Gelsenkirchenern gab es zwei personelle Veränderungen von Dieter Hecking: Marvin Plattenhardt ersetzte auf der Linksverteidiger-Position den gelbgesperrten Pinola, während Esswein in der Offensive anstelle von Mike Frantz beginnen durfte.

Unter Interimstrainer Lorenz-Günter Köstner traten auf der anderen Seite die Gäste aus Wolfsburg mit jener Mannschaft an, die am vergangenen Spieltag den so wichtigen Sieg in Düsseldorf hatte erringen und unter der Woche auch das Pokalachtelfinale hatte erreichen können. Erneut ordneten die Wölfe sich also in einer sehr klaren, konsequenten und starren 4-2-3-1-Formation an.

Nürnberg offensiv verbessert

Im Vergleich zu den Düsseldorfern waren die Nürnberger aber ein ganz anderer Gegner, denen es im Spielaufbau trotz ihrer Probleme in einigen vorigen Spielen viel besser gelang, die Wolfsburger Ordnung aufzubrechen, was zum einen durch eine erhöhte Besetzung der zentralen Räume sowie mehr Positionsverschiebungen während des Aufbauspiels gewährleistet wurde. So spielte Klose einige öffnende Vertikalpässe, so kippte besonders Simons in den linken Halbraum ab und stellte damit die Wolfsburger Zuordnungen auf eine Probe, während sich Kiyotake und Gebhart immer wieder zusätzlich in die Tiefe fallen ließen. Insgesamt gelang es den Nürnbergern dadurch recht gut und einfach, aus der Abwehr heraus in die Mittelfeldräume hinein zu kommen.

Dort kam ihre bereits angedeutete und durchaus flexible Formation zum Tragen: Von der Sechserposition konnte Simons nach halblinks kippen und Balitsch auf die rechte Seite rochieren oder zusätzlich mit in die Spitze stoßen. Während Esswein auf der linken Flanke eine recht klare, invers dribbelnde Rolle ausfüllte, agierte Gebhart im Zentrum sehr beweglich, rackerte in der Defensive mit und verschob offensiv auf den Flügel. Der zuletzt immer häufiger untergehende Kiyotake wurde auf rechts geschoben, spielte dabei aber eine recht eingerückte Rolle und driftete immer wieder auch durch verschiedene zentrale Bereiche.

Aus diesen Strukturen versuchten die Nürnberger dann meistens, die Seiten zu überladen und dort Überzahlen zu schaffen, wobei der linke Flügel aufgrund der Formation etwas dominanter war. Dabei zeigten sie einige gute spielerische Ansätze, versuchten diese aber noch zu oft über Einzelaktionen oder Flankenbälle (29) zu lösen – auch diese verströmten zwar eine gewisse Gefahr, doch die Kombination im letzten Drittel wäre noch eine weitere Option gewesen.

Dass die Clubberer zu häufig noch die letzte Durchschlagskraft vermissen ließen, lag allerdings auch an einer disziplinierten Arbeit der Wolfsburger in ihrem Abwehrdrittel, wofür sie viele Spieler abstellten. Weil andersherum bei den Überladungsversuchen der Hausherren sowohl situativ als auch generell (beispielsweise agierten die Außenverteidiger über weite Strecken recht vorsichtig) nicht immer alle Spieler konsequent mitmachten, schafften sie es über weite Strecken doch trotz spielerisch starker Ansätze nicht, kombinativ durchzubrechen oder generell die Tor-Durststrecke zu stoppen. Als dies eine Viertelstunde vor Schluss durch den Treffer von Gebhart doch noch gelang, war passenderweise der wieder verbessert aufspielende Chandler bei einem seiner häufiger werdenden Vorstöße der Vorlagengeber.

Wolfsburgs rigide Formation harm- und chancenlos gegen Nürnbergs Defensive

Nach Spielende war die Ballbesitz-Statistik mit 51 % für die Nürnberger fast ausgeglichen – doch im Gegensatz zum FCN konnten die Wolfsburger aus ihrer fast ebenso großen Zeitspanne in Ballbesitz und ihren Aufbausituationen kaum etwas machen und brachten es nur auf mickrige drei Abschlussversuche. Der Grund hierfür war, dass die Wolfsburger in ihrem rigiden und in seiner Anordnung sich kaum verändernden 4-2-3-1 ohne Überlappungen nur sehr selten aus der eigenen Hälfte herauskamen. Zwar schoben sich die Viererkette und die beiden davor, etwa an der Mittellinie, klebenden und  kaum gestaffelten Sechser Josué  und Polak die Bälle zu und sammelten Ballkontakte, doch konnten sie ohne Verschiebungen die Nürnberger Grundordnung nicht aufbrechen und machten dem gewohnt solide verteidigenden Team von Dieter Hecking die Arbeit gegen den Ball auch einfach.

Ohnehin scheiterten die meisten Wolfsburger Angriffe an ihrem zu geringen Aufrücken und ihrer sehr defensiven Ausrichtung, die für zu geringe Unterstützung sorgte, Überzahlbildungen und Zusammenspiel erstickte und selbst die intendierten Flügeldurchbrüche scheitern ließ. Schließlich fand mit Diego auch der entscheidende Mann, der zur Not mit seiner Kreativität in seiner Freirolle hätte den Unterschied ausmachen können, nicht in die Partie. Zwar gab es einige Räume für ihn in der Mittelfeldzentrale, doch die Nürnberger verteidigten geschickt anpassungsfähig und umringten Diego von zwei Seiten. Gerade Gebhart zeigte mit viel Einsatz ein in Ansätzen sehr starkes Rückwärtspressing auf den Brasilianer, dem die volle Konzentration der Nürnberger zuteilwerden konnte – das gab dem VfL dann schon den Rest. Das Aufbäumen nach dem Rückstand fand statt, in dem aus der Not eine Tugend gemacht wurde – die sehr defensiv besetzte Bank wurde durch Madlungs Mittelstürmerrolle utilisiert.

Fazit

Nürnberg zeigt sich verbessert und gewinnt verdient: Rakovsky und Plattenhardt überzeugten, Chandler präsentierte sich auf dem aufsteigenden Ast, Gebhart spielte auf unorthodoxe Weise stark und Klose war enorm umsichtig und souverän. Überdies agierte die kollektive Defensive gegen allerdings auch schwache Wolfsburger praktisch nichts zu, während die Strukturen in der Offensive bereits sehr vielversprechend. Die Nürnberger waren allerdings auch in den letzten Spielen wohl nicht so schlecht wie sie schienen: Oftmals wurde durch den Spielverlauf oder die Ausgangslage nämlich jene Situation erzeugt, die ihnen nicht so liegt – das Spiel zu machen. Diesmal funktionierte nicht nur diese Disziplin besser, sondern die Wolfsburger Angriffsweise spielte Nürnberg auch in die Karten.

Zu den Gästen aus Wolfsburg lässt sich nur sagen, dass die Mannschaft nach einer enorm schwachen Leistung wieder auf dem Boden der Tatsachen des Abstiegskampfes angekommen ist. Die komplette Harmlosigkeit in der Offensive war erschreckend und die enorm defensive Ausrichtung wohl zu extrem. Das war einfach Nichts vom VfL.

Stephan 4. November 2012 um 11:20

Pinola war nur gelbgesperrt. Von einer Verletzung ist mir nichts bekannt. Ansonsten hat es gestern erstmals wieder Spaß gemacht zuzuschauen.

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TR 4. November 2012 um 11:32

Oh, richtig, das stimmt. Werde ich korrigieren, danke für den Hinweis.

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