Greuther Fürth – Arminia Bielefeld 2:0

Die Anfangsphase, als die Gäste keinen Zugriff im Pressing bekamen, war der entscheidende Knackpunkt beim Sieg von Greuther Fürth gegen Arminia Bielefeld zum Auftakt der 2. Bundesliga. Insgesamt zeigten beide Teams mit guten Ansätzen, dass sie für die Saison gerüstet sind.

Zwei der interessanten Mannschaften dieser neuen Saison in der 2. Bundesliga trafen (leider zeitgleich zum ebenfalls interessanten Duell zwischen dem letztjährigen Überraschungsteam aus Frankfurt und den überzeugenden Aufsteigern aus Karlsruhe) direkt zu Beginn aufeinander – die nach ihrem schwachen Bundesliga-Debüt neuaufgestellten Fürther empfingen die aus Liga 3 neu in die Spielklasse gekommenen Bielefelder, die sich nach zweijähriger Abstinenz zurückmelden.

Fürths Neuorientierung

Gerade im Offensivspiel war ihre vergangene Saison phasenweise enorm enttäuschend, doch vom aktuellen Personal her haben die Fürther große Möglichkeiten, technisch feinen Fußball zu zeigen. Gleich im ersten Spiel wurde auch direkt das Bestreben deutlich, einen dominanten und kontrollierten Ballbesitzstil in der „Trolli-Arena“ aufzuziehen. Die Innenverteidiger versuchten viel Raum selbst zu bespielen, Sukalo bewegte sich in der Mittelfeldzentrale geschickt und die beiden Außenverteidiger rückten im Aufbau gerne nach vorne.

Auf der linken Seite war es dann einer der interessanten Fürther Neuzugänge, der aus dem Sechserraum gerne hinter den vorstoßenden Zillner herauskippte – der finnische Nationalspieler Tim Sparv. Aus der niederländischen Eredivisie von Groningen gekommen, konnte er seine Qualitäten beim Pflichtspieldebüt für die Kleeblätter bereits andeuten und ließ seine organisatorischen Fähigkeiten sowie seine Passsicherheit durchscheinen. Sparv war der oberste Kontrolleur einer Spielanlage, mit der die Fürther insgesamt zu überzeugen wussten, dabei gerade in der Anfangsphase ihre Aufbausituationen sehr leicht durchziehen und den Ball anschließend nach vorne tragen konnten.

Wieso zu Spielbeginn bei Bielefeld alles falsch lief

fürth-arminiaBesonders in dieser Anfangsphase fanden die Bielefelder, die normalerweise ihr primäres Augenmerk ziemlich stark auf eine sichere Defensive legen, im Pressing überhaupt keinen Zugriff auf die Spielvereinigung, da sie – vielleicht auch bedingt durch die Hitze – ihre defensiven Strukturen und Abläufe völlig drucklos ausspielten. Dies ließ sich unter anderem bei den Bewegungen der Mittelfeldspieler erkennen, die sporadisch versuchten, auf die gegnerischen Sechser herauszurücken. Aufgrund der eher tiefen Positionierungen von Sukalo und Sparv waren die Wege aber aus taktischer Sicht recht weit und daher ineffektiv, was sich durch die fehlende Spritzigkeit, mit der die Bewegungen ausgeführt wurden, noch verschlimmerte.

Aus diesen Problemen des fehlenden Zugriffs im Bielefelder Pressing und dem drucklosen Bewegungsspiel ihrer Mittelfeldakteure entwickelten sich zwei Kernaspekte, die für viele gefährliche Torchancen der Fürther verantwortlich waren.

Zum einen kamen die Sechser nicht schnell genug an ihre  Gegenspieler heran und konnten diese nicht ernsthaft unter Druck setzen. So herrschte gegen die hinteren Reihen der Fürther häufig Unterzahl und Fabian Klos erhielt nur wenig Unterstützung. In recht isolierter Situation konnte der arbeitsame Stürmer die gegnerischen Innenverteidiger nur ineffektiv voneinander abtrennen. Problematisch war vor allem, dass er Kraus bzw. Mavraj nicht nachgehend verfolgte, was besonders Letzterem Freiheiten bescherte. Zwar konnte Klos ihn bei seinen Bewegungsoptionen mehrfach auf die halblinke Seite beschränken, doch lief der Albaner einfach am Bielefelder „vorbei“ und stieß in den Freiraum vor ihm, der durch Klos´ zu hohe Distanz zum Mittelfeld begründet war. Bei diesen Vorstößen agierten auch die vorderen Spieler der Kleeblätter geschickt, die mannorientiert verteidigende Bielefelder wegzogen und Platz für Mavraj eröffneten.  Bei einem dieser seitlichen Vorstöße kam Mavraj mit Ball aus der eigenen Hälfte bis kurz vor das Strafraumeck der Ostwestfalen durch und flankte auf Djurdjic, der einnetzte (11.).

Zum anderen entstanden durch die Tatsache, dass sich die Bielefelder Mittelfeldspieler gelegentlich vorstoßend aus dem Verbund lösten, dann aber gegen den Fürther Aufbau keinen Zugriff erhielten, eben Räume hinter jenem Mittelfeld. Mit dieser Schwierigkeit hatte der DSC bereits im Verlauf der letzten eineinhalb Jahre immer mal wieder angedeutet zu tun gehabt – und hier nutzte Fürth dies aus, um bereits nach drei Minuten die Führung zu markieren. Durch fahriges Herausrücken der Mittelfeldmänner fehlte der Schutz für die Viererkette, die in direkte Duelle mit den hohen Fürther Offensivspielern gezwungen wurde, und der Zwischenlinienraum konnte durch deren einrückende Außenspieler attackiert werden.

Die offensiven Mechanismen der Hausherren

Diese defensiven Probleme wurden von den Fürthern im Angriff eiskalt ausgenutzt – ihre dortigen Strukturen waren nämlich sehr gut dafür beschaffen. Von den Seiten schoben Weilandt und Stieber immer wieder zur geöffneten Mitte, wo die beiden Stürmer vertikale Zuspiele aus dem Mittelfeld direkt ablegten. Besonders der robuste Azemi konnte das Leder auch für eine etwas längere Zeit abschirmen und halten, bis Weilandt oder Stieber zur Stelle waren, an die er das Leder praktisch „übergeben“ konnte.

Darüber hinaus wich besonders Djurdjic viel auf die Seiten aus, suchte sich dort Freiräume und hielt einige Male den rechten Flügel, um Weilandt ein konstanteres Einrücken ins Zentrum zu ermöglichen. Gegenüber seinen Sturmpartner bearbeitete Azemi viel mehr die Tiefe, wobei er, in der vergangenen Saison eher durch ungeschickte Laufwege aufgefallen, mit seiner wühlenden Art und seinem Dribbelspiel beeindruckte. Ein ruhiges Ballbesitzspiel mit blitzartiger Beschleunigung durch direkte Pässe auf eine bewegliche Doppelspitze, die dann die einrückenden Außen ins Spiel bringt, scheint ihm gut zu Gesicht zu stehen. So wirkte er als Antreiber des Angriffsspiels, der das Raumöffnen und Ablegen vormachte.

Nach zehn furiosen Minuten lagen die Fürther mit 2:0 in Führung und hatten in der dominanten Anfangsphase einige weitere gute Tormöglichkeiten, den Spielstand auszubauen. Diese Phase der Partie war eine ganz entscheidende, da sie für eine veränderte Ausgangsposition und die beiden letztlich siegreichen Treffer sorgte. Das erste Viertel des Spiels hatte klar den Gastgebern gehört und war eine Schlüsselpassage gewesen, doch danach veränderte sich die Begegnung deutlich.

Bielefeld kommt ins Spiel – mehr und mehr

Zwar erhielten die Gäste weiterhin wenig Zugriff auf die Fürther Dominanz, doch standen sie hinten deutlich sicherer, indem das Mittelfeld zurückgezogener agierte und sich näher an der letzten Reihe orientierte. Auch wenn Klos dadurch weiterhin zu weit vom eigenen Defensivblock entfernt stand, wussten die Fürther mit dem vielen Raum nichts anzufangen, den sie vor sich hatten. Bis ins letzte Drittel konnten sie ungestört agieren, trafen dann am Strafraum aber auf kompaktere Reihen seitens der Arminia. In diesen Situationen ließ sich Fürth zu leicht zu vorschnellem Spiel verleiten, weshalb die Sechser nicht immer als Unterstützung oder für das Gegenpressing nachrücken konnten und die Angriffe der Franken immer mehr versandeten.

Ein Effekt dieser schwächer werdenden Offensivbemühungen der Fürther war, dass sie auch nach hinten anfälliger wurden. Gerade wenn sie mit diesem vorschnellen Spiel die Fehler mal in etwas tieferen Zonen machten, waren die Bielefelder Offensivakteure nicht so weit zurückgewichen und konnten dann schnell kontern. Das aufgefächerte Teamkonstrukt der Hausherren bot einige Löcher, die nun häufiger angesteuert und damit zunehmend riskanter wurden.

Nicht nur nach Konterangriffen, sondern auch aus dem eigenen Aufbau heraus wurden die Ostwestfalen ab Mitte der ersten Halbzeit gefährlicher. In diesen Szenen zog sich Fürth nun tiefer zurück, was den etwas nervösen und fahrigen Bielefeldern half, mehr Ruhe und Klarheit am Ball zu entwickeln. Einige Male ließ sich Schütz zwischen die Innenverteidiger fallen und unterstützte den Aufbau aus der Tiefe.

Über lange Zuspiele auf Klos oder direkte Pässe in die Spitze ergaben sich einige Möglichkeiten – der Bielefelder Mittelstürmer hatte hier einen sichtlich größeren Aktionsradius als ohne Ball, ging immer wieder weit in die Tiefe, um als Anspielstation zu agieren, oder rochierte für längere Zuspiele auf die Seiten hinter die Fürther Außenverteidiger. Zunächst fehlte aber noch die Unterstützung, da insgesamt nur wenige Offensivkräfte aufrückten.

Als sich dann aber Jerat vermehrt nach vorne einschaltete und Schönfeld mehr Präsenz entwickeln konnte, kamen bei den Gästen auch immer häufiger ansehnliche Kombinationen im Bereich des linken Halbraums hinzu. Es waren auf jeden Fall Anzeichen einer spielerischen Weiterentwicklung als Ergänzung zur Bielefelder Strategie des Gegenpressings auf zweite Bälle, mit der sie in den letzten eineinhalb Jahren ihre Erfolge erzielen konnten.

Weiter Chancen, aber kein Tor

Diese Anzeichen sorgten zusammen mit den längeren Pässen auf Klos und den Konterangriffen gegen aufgefächerte Fürther bereits vor dem Halbzeitpfiff für sehr gute Chancen zu verkürzen. Sowohl Schönfeld als auch Klos scheiterten jeweils freistehend vor Hesl. Dessen Glanzparaden setzten sich nach dem Seitenwechsel ebenso fort wie die spielerischen Versuche der Gäste – und beides nahm gar noch zu.

Bei den Bielefeldern war nun auffällig, dass sie es vermehrt über die rechte Seite versuchen wollten. So fiel Schütz jetzt nicht mehr sporadisch zwischen die Innenverteidiger zurück, sondern kippte seitlich hinter den vorschiebenden Rechtsverteidiger Strifler heraus und praktizierte dies auch konstanter. Von dort ausgehend konnte die Arminia über die einrückenden Schönfeld und Müller einige Male den rechten Flügel überladen, der sich nun nicht mehr allein über Flanken von Strifler definierte. Von einer fünfzehnminütigen, sehr offenen Phase mit Chancen und Lücken auf beiden Seiten abgesehen, dominierten die Bielefelder den zweiten Durchgang, scheiterten aber erneut mehrfach (Klos, Hille, der eingewechselte Sembolo) gegen Hesl, ehe sie den Druck in der unmittelbaren Schlussphase nicht mehr aufrechterhalten konnten.

Fazit und Saisonausblick

Insgesamt war es aufgrund der Anfangsphase, als die Bielefelder sich überrumpeln ließen, ein verdienter Sieg für die Hausherren, da ihre Gegner aus Ostwestfalen anschließend auch zu viele Chancen liegen ließen, wobei sie einen Treffer verdient gehabt hätten. Zusammenfassend lässt sich unabhängig von diesem Ergebnis für beide Teams ein erster positiver, wenn auch noch vorsichtiger Ausblick auf die neue Saison geben.

Fürth zeigte bereits eine durchaus ausgereifte Spielanlage mit einem sicheren, dominanten Spielaufbau sowie Angriffe im letzten Drittel, die vor allem über Ablagen der Stürmer zustande kamen. Wenn man bedenkt, dass mit Fürstner, Pledl, Trinks oder Park noch reichlich interessantes Personal diesmal nicht eingesetzt wurde, könnten die Fürther durchaus als Aufstiegskandidat gelten. In manchen Aspekten des Defensivspiel müssen sie definitiv ebenso arbeiten wie an ihrer Konsequenz und Konstanz über längere Zeiträume, aber grundsätzlich könnte die Spielvereinigung eine der unterschätztesten Mannschaften der Liga werden.

Bielefeld hat ähnliche Chancen, einen – für ihre Verhältnisse – ähnlichen Stempel des Überraschungsteams zu bekommen. Die schwache Anfangsphase sollte ein Einzelfall bleiben, wenn die taktischen Lehren gezogen werden, wovon aber auszugehen ist. Normalerweise ist der DSC defensiv solide, kann nach vorne über ihre Präsenz im Gegenpressing kommen und zeigte sich in diesem Spiel auch spielerisch verbessert. Natürlich profitierten sie davon, dass die Fürther mit der Führung etwas inkonsequent wurden, doch machte der Auftritt auch von den Strukturen her Mut. In Anbetracht der bisherigen Entwicklung unter dieser sportlichen Leitung sowie des Kaders, der einige tolle unterschätzte Spieler beinhaltet, ist noch viel Potential vorhanden, das entwickelt werden kann.

Arminius 24. Juli 2013 um 11:16

Sehr guter Artikel! Danke dass ihr wieder über die Arminia berichtet

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HW 22. Juli 2013 um 06:59

Manchmal Frage ich mich, ob ihr es mit den Pfeilen in der Grafik übertreibt.

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Peda 23. Juli 2013 um 10:46

Mit dem Gedanken bist du nicht alleine! XD

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blub 23. Juli 2013 um 20:55

Das ist doch noch völlig im rahmen. Da gibts viel schlimmere Artikel
<a href="https://spielverlagerung.de/2012/10/10/1-fc-koln-sg-dynamo-dresden-11/ "

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TW 24. Juli 2013 um 14:18

Hehe, im zitierten Artikel steht: “ Beschwerden über die vielen Pfeile in der Formationsgrafik also bitte nicht unter den Artikel schreiben, sondern per Post an Holger Stanislawski.“

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Barbara Kohl 22. Juli 2013 um 00:50

Hallo, das ging ja mal schnell! Wieder eine sehr lesenswerte Analyse. Nur eine ganz kleine Korrektur: Florian Trinks wurde in der 73. Minute für Tim Sparv eingewechselt.
Gruß,
Barbara

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