FC Augsburg – VfL Wolfsburg 0:0

Das Freitagsspiel deckte die Gründe spielerischer Armut auf: Augsburg mit unterbesetztem Sechserraum und zu vielen einfachen Fehlern, Wolfsburg mit schwacher Raumnutzung und fehlenden Horizontalverbindungen.

Nach der Länderspielpause ging es nun wieder in der Bundesliga weiter, wo zur Eröffnung des dritten Spieltags zwei Teams aufeinandertrafen, die keinen idealen Start zu verbuchen hatten. Die Gastgeber aus Augsburg waren mit zwei Niederlagen in die Saison gestartet, während der VfL unter Magath eine deftige 0:4-Heimklatsche im Niedersachsen-Duell gegen die starken Hannoveraner kassiert hatte.

Grundformationen 1. Halbzeit

Die Hausherren begannen in einem 4-4-1-1 mit Oehrl als hängendem Stürmer hinter Bancé sowie Petrzela und Werner auf den Außen. Auf der anderen Seite stellte Magath nach dem Hannover-Spiel schon etwas deutlicher um – während die Viererkette unverändert blieb, liefen davor überraschend Kjaer und Kahlenberg als dänisches Doppel auf. Weil Dost angeschlagen war und Olic daher nach vorne rückte, begann Schäfer auf der linken Offensivbahn.

Insgesamt war es ein alles andere als ansehnliches Spiel. Hatte die Begegnung über einige Teile der ersten Halbzeit aufgrund des frühen Pressings auf beiden Seiten und den daraus folgenden Ballverlusten und langen Bällen immerhin Tempo in einer zerfahrenen Partie, verlor das Spiel im zweiten Durchgang mehr und mehr an Niveau. Gerade die Augsburger zeigten über weite Phasen dieser Spielhälfte haarsträubende Abspielfehler und Unstimmigkeiten in der Offensive – selbst einfachste Bälle misslangen.

Wolfsburgs schlechte Raumnutzung

Mit Werten deutlich über 60 % Ballbesitz waren es die Gäste, die das Spielgeschehen dominierten. Allerdings setzte das aggressive, frühe Pressing der Augsburger, die in einem aufrückenden 4-4-2/4-2-4 die Viererkette der Wölfe mannorientiert anliefen und zustellten, den Aufbau der Gäste zumindest so weit unter Druck, dass es ihnen kaum konstant gelang, die Bälle kontrolliert aus der Abwehr heraus zu spielen. Stattdessen wurde er in der Viererkette schnell umher gespielt, über längere Phasen vom weit aufrückenden, aber etwas ratlosen Benaglio gehalten oder in manchen Fällen auch lang gespielt.

Durch das hohe Pressing der Augsburger Offensivspieler und deren gleichzeitig eher tiefe Abwehrreihe wäre es für die Wolfsburger in der Theorie gut möglich gewesen, freie Räume im gegnerischen Mittelfeld anzusteuern – allerdings gelang ihnen dies überhaupt nicht, selbst wenn sie dem frühen Druck des FCA entgehen und aus der Abwehr hinaus spielen konnten.

Erstens gelang es den Gästen nicht, den freien Raum, den die Augsburger zwischen den Linien und besonders hinter Ottl und Baier ließen, anzuspielen und zweitens schafften sie es ohnehin nicht, freie Mittelfeldspieler sinnvoll in diese Räume zu bekommen, die dort mögliche Pässe hätten verwerten können.

Die Augsburger praktizierten nämlich die starke Mannorientierung – in der vergangenen Saison noch eines ihrer Kernmerkmale – nur noch in deutlich verringertem Ausmaß. So wurde Diego mal gar nicht in Manndeckung genommen, mal von Ottl und mal von Baier, während Kjaer mal frei blieb, mal von Oehrl übernommen wurde, wenn dieser etwas tiefer fiel, und es mal mit Ottl zu tun hatte, wenn Diego freigelassen wurde.

Daher spielte die Mannorientierung eine wesentlich geringere Rolle als bei vielen Augsburger Spielen aus der Vorsaison. Vielmehr gab es eine Hand voll potentieller Szenen, in denen die Augsburger aufgrund ihres mannorientierten Pressings an vorderster Front in eine effektive Unterzahl im Mittelfeld hätten kommen können, wenn Wolfsburg diese Szenen effektiver ausgespielt hätte, was sie aber wie bereits erwähnt nicht schafften.

Beispielhafte Szene: Kahlenberg läuft sich nur inkonsequent frei und ist hinter dem einen Wolfsburger Sechser im Deckungsschatten. Würde er den roten Laufweg in den roten Raum wählen, könnte Diego ihn zwischen den Linien gefährlich freispielen. So muss der Brasilianer in Richtung des grünen Pfeiles dorthin abdrehen, wohin ihn die Augsburger lenken.

Waren Diego oder Kahlenberg einmal zwischen den Linien frei, gelang es Baier und Ottl trotz Unterzahl sehr häufig, den Passweg zu diesem zu sperren und Wolfsburg in einen anderen Bereich zu leiten. Wenn Diego sich in anderen Szenen tief fallen ließ und selbst die Spielgestaltung übernahm, gab es von seinen beiden Mittelfeld-Partnern kaum darauf reagierende Vorstöße, die freie Räume zwischen den Linien ansteuerten. Ein einziges Mal ging Kjaer vor der Pause mit Tempo in einen von Diego geöffneten Freiraum und hätte fast eine gute Chance vorbereitet.

Im weiteren Verlauf der ersten Halbzeit verringerten die Hausherren deutlich die Intensität ihres Pressings, nahmen eine tiefere Stellung ein und die beiden Spitzen sollten nun die Passwege für die Innenverteidiger ins Mittelfeld auf passivere Art und Weise, eher über Stellungsspiel als über Druck schließen – eine weniger risikoreiche, tiefere Variante.

Breite Außenseiten nicht angebunden

Ein weiteres Problem der Wolfsburger lag auf ihren beiden Außenseiten, wo Vierinha und Schäfer recht klassische Außenspieler verkörperten, die breit spielten und sich viel über Hereingaben definierten. Allerdings verpuffte ihre Wirkung, da zunächst ohne Dost kein Abnehmer für Flanken vorhanden war und außerdem die Bälle ohnehin kaum produktiv gespielt wurden, so dass nach der Einwechslung des niederländischen Stoßstürmers gar Olic die besten Hereingaben servierte.

Beispielhafte Szene für die Wolfsburger Außenprobleme: Die beiden im grünen Viereck befindlichen Wolfsburger Außen sind isoliert – zwischen ihnen und ihren Kollegen klafft der große markierte Raum.

Vielmehr wurden die negativen Wirkungen der beiden breiten Wolfsburger Flügel deutlich. Mit einem variableren Bewegungsradius und Läufen nach innen hätten sie eine Möglichkeit sein können, um die zentralen Räume im Augsburger Mittelfeld zu nutzen – stattdessen waren die beiden Außen der Gäste vom Rest des Teams isoliert. Zwar bildeten insbesondere Vieirinha und Fágner auf rechts ein sehr trickreiches Pärchen, doch hatte dieses Pärchen keine Anbindungen durch die verwaisten Halbräume mit der Zentrale und spielte dementsprechend auf sich allein gestellt wenig effektiv. Wolfsburg war in der Horizontale ein geteiltes Team, da die Außen zu wenig mit dem Zentrum interagierten.

Wolfsburg am Ende doch noch gefährlich

Dieses große Problem der verwaisten Halbräume, also eine weitreichende Schwäche, wurde im zweiten Durchgang dann tatsächlich genutzt, um Olic auf rechts Freiheiten zu verschaffen – nach weiten Seitenverlagerungen konnte er bei Dribblings zur Mitte in die offenen Halbräume hinein ziehen und somit in vielen Szenen recht effektiv seine Gegenspieler ausspielen, was dann auch zu den besten Chancen des VfL führte.

Überhaupt wurden die Wölfe in den letzten 25 Minuten doch noch wirklich gefährlich. Während Olic auf rechts gut zur Geltung kam, Rodriguez auf links mehr aufrückte und dadurch einige zweite Bälle im linken Halbraum erobern konnte, und Dost für mehr Effektivität beim Verarbeiten von längeren Pässen und dem Ablegen von Zuspielen sorgte, war besonders das deutlich bessere und konsequentere Aufrücken von Kahlenberg ursächlich für die Steigerung des VfL. Der Däne schob sich nun deutlich mehr mit vor, entlastete Diego, sorgte für Gefahr aus der Tiefe und lief sich nun gar in vielen verschiedenen Räumen flexibel und intelligent frei. Alle Faktoren zusammen sorgten für eine Reihe an gefährlichen Gelegenheiten oder zumindest Ansätzen. Andererseits wurden die Gäste ein wenig anfällig für Konter, so dass auch Augsburg in der Schlussviertelstunde noch einmal aus seiner Harmlosigkeit erwachte.

Nach vorne zu wenig Konstruktives vom FCA

Abgesehen von den allerersten Minuten des Spiels waren die Hausherren nämlich ansonsten kaum einmal konstruktiv nach vorne gekommen. Schon in der vergangenen Saison waren es oftmals limitierte spielerische Mittel, die für offensive Harmlosigkeit sorgten – in diesem Spiel war dies ebenfalls und besonders in der zweiten Halbzeit ein Faktor, doch bei weitem nicht der alleinige.

Ein zentrales Problem der Augsburger waren die fehlenden Anbindungen der tiefen Aufbauspieler mit den offensiven Akteuren. Gerade der Sechserraum war oftmals nicht ausreichend besetzt, da die zentralen Mittelfeldspieler sich entweder in die Tiefe fallen ließen (Ottl), auf die Seiten verschoben (Ottl und Baier) oder generell sehr viel auch in höheren Zonen unterwegs waren (Baier).

Dies kam daher, weil zum einen Baier den auf links kaum zur Geltung kommenden Werner (nur 8 Pässe) ins Spiel einbinden und Ostrozlek unterstützen wollte und zum anderen gegen den frühen Druck der Wolfsburger immer mal wieder eine Dreierkette gebildet werden sollte, die aus den Innenverteidigern und einem zentralen Mittelfeldspieler bestand. Wenn Ottl sich mehr in den verwaisten Sechserraum orientierte und Verhaegh die Dreierkettenbildung überließ, brachte dies aber kaum Besserung, da Ottl alleine in einem großen Bereich isoliert war, wenn Baier erneut weite Wege ging, und außerdem die Verbindung auf rechts zwischen dem tiefen Verhaegh und dem sich zwischen den Linien freilaufenden Petrzela beschädigt wurde. Dieses Loch versuchte gelegentlich dann Baier wiederum zu füllen, wodurch er aber Ottl wieder weniger helfen konnte.

Durch den unterbesetzten Sechserraum und den über einige Phasen aufgebauten Wolfsburger Druck auf die Spieleröffnung musste also der Raum zwischen den Aufbauspielern und der hohen Offensive des FCA oft mit langen Bällen überspielt werden. So mussten die Hausherren sich auf diese langen Pässe sowie Konterangriffe verlassen, die im Ansatz gut gespielt wurden, aber bei denen die Außenspieler nur selten in die Räume hinter der Wolfsburger Kette kamen. Bei Gegenstößen zeigte sich der zurückfallende und Bälle weiterleitende Oehrl zwar als guter Umschaltspieler, doch die Wolfsburger verschlossen mit ihren eher tiefen Sechsern und Außenverteidigern die Schnittstellen weitgehend ordentlich, wobei Augsburg diese ohnehin nicht gut genug angelaufen bekam.

Zugute halten muss man der Heimmannschaft beziehungsweise deren Trainer Markus Weinzierl allerdings, dass mit den Auswechslungen im Verlauf der zweiten Halbzeit gut auf das Aufkommen der Wolfsburger reagiert und damit im Endeffekt der Punkt gesichert wurde. Klavan war, wenn auch nicht komplett funktionierend, die Antwort auf Olic, Giovanni Sio sorgte für deutlich mehr Wirbel als Werner und Vogt stabilisierte als dritter zentraler Mittelfeldspieler den Raum vor der Abwehr, als Wolfsburg sich gerade aufmachte, diesen vernünftig zu nutzen.

Fazit

Alles andere als ein ansehnliches Freitagsspiel, das nur in den ersten 10 und letzten 25 Minuten ordentliche Szenen für die Zuschauer bereithielt und daher letztlich mit einem korrekten 0:0 endete. Wolfsburg war zwar über weite Strecken überlegen und im zweiten Durchgang dann auch immer dominanter, doch lange war der VfL viel zu ungefährlich. Bei den Hausherren war es der unterbesetzte Sechserraum und die vielen kleinen Fehler, bei den Wölfen die schwache Raumnutzung und die fehlenden Horizontalverbindungen, die das schwache Spielniveau und damit auch das Ergebnis begründeten.

Auf beide Mannschaften wartet noch viel Arbeit, insbesondere auf die Augsburger, die defensiv eigentlich schwach spielten und gegen einen besseren Gegner arge Probleme hätten haben können. Nach dem 0:4 gegen Hannover hat andererseits Magath die Defensive stabilisiert bekommen – allerdings nur auf Kosten einer defensiven Aufstellung und einem eher vorsichtigen Aufrücken seiner Spieler, was auch ein ganz entscheidender Punkt für die Offensivschwächen war. Diese waren der Preis für eine sichere Defensive. Vielleicht hatte Magath gehofft, auch mit vergleichsweise wenig Offensivkraft den Augsburgern das eine entscheidende Tor einschenken zu können. Nun muss er die richtige Balance zwischen Stabilität und offensiver Gefahr finden, wobei die letzten 25 Minuten schon ein guter Ansatz waren.

datschge 15. September 2012 um 18:44

Augsburg wird weiterhin interessant zu verfolgen sein. Auch letzte Saison haben sie sich primär mit einer defensiven Absicherung hervorgetan, während die mangelnde Anbindung der Angriffsreihe erst mit der Ankunft Koos (dann aber überraschend erfolgreich) behoben werden konnte. Mit dem neuen jungen Trainer Weinzierl sollte man erst einmal bisschen Geduld haben, aber wie in der Analyse treffend angemerkt stellt das Abrücken von der einst konsequenten Manndeckung sowie seine taktisch sinnvollen Auswechselungen als Reaktion auf den Gegner schon mal vielversprechende Weiterentwicklungen dar. Die Rückkehr Koos von seiner Verletzungspause wird dann vermutlich auch wieder die offensiven Aspekte stärken können.

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TR 16. September 2012 um 18:31

Ja, sehe ich ähnlich. Wenn Koo zurückkehrt, wird das dem FCA einen großen Schub geben. Hosogai, Baier und Koo fand ich Ende letzter Saison teilweise hervorragend anzusehen. Leider musste Ersterer zurück nach Leverkusen. Nicht, dass ich Ottl irgendwie schlecht reden würde, aber ist halt ein anderer Spielertyp, der dem FCA aber auch helfen kann mit seiner Ruhe.

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B. 15. September 2012 um 15:18

enttäuschen bei den Wolfsburgern fand ich Diego. Er hat kaum defensiv mitgearbeitet und sich den Aussen zu selten angeboten, so wie in der Grafik oben: er hätte beim Dribling des Rechtsaussen in den Halbraum ziehen können, liess sich stattdessen von 1-2 Augsburgern abschirmern. Mehrfach.

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Jx 15. September 2012 um 13:18

Wie schon das letzte Freitagsspiel war das wirklich ein müder Kick, der leider zeigt, dass gerade die individuell schwächeren Teams der Bundesliga (obwohl Wolfsburg eigentlich ja nicht dazu gehört) es selten auf die Reihe bekommen, ein ordentliches Aufbauspiel aufzuziehen. Immer häufiger fällt mir dabei auf, dass die Außenverteidiger weit nach vorne schieben und die Innenverteidiger sich dann breit aufstellen, wobei sich die 6er dabei einfach viel zu selten als wirkliche Anspielstation freilaufen und sich dann entweder munter der Ball zwischen den IVs hin und hergeschoben wird, oder ein planloser langer Ball geschlagen wird. Auch wenn man jetzt keinen Schweinsteiger im Team hat, wird es doch wohl möglich sein durch läuferisches Engagement und einfache Pässe den Ball konstruktiv nachvorne zu tragen, oder nicht?

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