Bayer Leverkusen – Bayern München 2:0

Der viel gescholtene Robin Dutt konnte mit seinen Leverkusenern das erste Mal seit Jahren gegen die Bayern aus München gewinnen. Bayers schlecht gewählte Startformation wurde früh genug noch umgestellt und so gewann Leverkusen die Überhand und das Spiel.

Die Startformationen.

Dutts schiefes 4-2-3-1 entfesselt Lahm

Robin Dutt entschied sich im wesentlichen für das System der Siege gegen Augsburg und Köln, unternahm also keine massiven Anpassungen an den starken Gegner wie gegen Dortmund und Barcelona. Die einzige personelle Änderung war, dass Schwaab für Corluka auf die rechte Abwehrseite rückte und dafür Friedrich wieder ins Team kam.

Taktisch sah man, dass Castro und Bender ihre hintereinander versetzten Rollen defensiv noch etwas unkonventioneller als gegen Köln interpretierten. So agierte Bayer sehr nah an einem 4-3-2-1. Dabei fiel Schürrle auch oft in eine Linie mit Bender zurück und bewegte sich eher auf der linken Halbposition statt dem Flügel. In dieser hybriden Anordnung zwischen 4-2-3-1 und 4-3-2-1 konnte man Robin Dutts Vorliebe dafür erahnen, die Vorteile verschiedener Systeme zu verschmelzen. Das klappte aber vorerst nicht.

Grund dafür war teilweise auch Jupp Heynckes´ Entscheidung, den vom Länderspiel angeschlagenen Ribery zunächst auf der Bank zu lassen. Für ihn bekleidete Robben die linke Seite, womit dieser Flügel klassisch besetzt wurde, anstatt wie üblich invers mit einem Rechtsfuß. Da nicht unbedingt damit zu rechnen war, dass Dutt sein System beibehalten würde, ist schwer zu sagen, ob Heynckes diese Maßnahme bewusst als Gegenmittel wählte. Es funktionierte jedoch so.

Castros eingerückte Position ließ Phillip Lahm extrem viel Raum auf dem linken Flügel, der völlig unbewacht mit dem Ball vorstoßen konnte. Dass der Linksfuß Robben weit außen den Flügel hielt, unterstützte ihn dabei, da er eine stetige Anspielstation und ihm somit Sicherheit bei den nach innen ziehenden Dribblings bot. Hinzu kam Kroos übliche nach links versetzte Zehnerposition, die theoretisch durch den ebenfalls versetzten Bender hätte aufgefangen werden können, aber wegen Lahms Freiheiten stattdessen äußerst effektiv wurde.

So zog Lahm mit Ball in seiner üblichen Bewegung in Richtung Mitte und hatte ein Dreieck um sich herum. Kroos, Alaba und Robben umgaben ihn und erzeugten somit Überzahl gegen Bender, Castro und Schwaab. Wobei Letzterer zudem unsicher schien, ob er aus der Viererkette bis an den Flügel rücken sollte um Robben zu stellen, wodurch er oft ineffektiv zwischen den Positionen hing und simpel umspielt wurde. Kroos hatte den Vorteil aus Benders Rücken in die Situationen einzusteigen und konnte deshalb auf dessen Bewegungen reagieren, da Bender auf Lahm oder Alaba reagieren musste. Situativ wartete Kroos entsprechend zentral im Zehnerraum um den Ball in die Spitze weiterzuleiten, bot sich für Doppelpässe mit Lahm an oder startete durch die Gasse an Schwaab vorbei auf den Flügel. Allgemein war Leverkusens flexible Grundausrichtung völlig ungeeignet gegen die bayrische linke Seite.

Außerdem war Bayers Pressing-Plan unklar. Situativ gingen zwei bis drei Spieler in unterschiedlichsten Situationen ins offensive Pressing oder gingen im Mittelfeld weit aus ihrer Position um Druck zu erzeugen, während das restliche Team eher abwartete. Dieses Halb-Pressing konnte Bayern fast immer umspielen um anschließend den Leverkusener „Rest“ zu attackieren. Insbesondere war auffällig, dass Leverkusen nur ganz selten beide Seiten der Viererkette zustellte, weshalb Bayerns ruhiges Aufbauspiel mit Verlagerungen innerhalb der Kette dominierte. Kießling, der defensiv kaum das Mittelfeld unterstützte, war dabei im Pressing fast völlig verschenkt. Insgesamt führten diese taktischen Grundlagen dazu, dass es vor allem auf dem rechten Flügel im Grunde ein Improvisations-Duell der beiden Teams gab, anstatt eines durchstrukturierten taktischen Kräftemessens.

Wie schon gegen Schalke, wo Bayern aufblühte als die taktischen Fesseln fielen, profitierten die Münchner davon enorm. Auch durch die Überzahl bedingt ließen sie Bayer in der Anfangsphase keine Chance und kombinierten sich mehrfach höchst gefährlich von Lahms freier Position aus diagonal in den Strafraum, wo mit Gomez und Müller zwei gefährliche Abnehmer agierten. Schön war dabei wie variabel die Spielerrollen zusammenwirkten. Die flexible Rolle Alabas, der situativ zwischen positionstreuem Freilaufen, Vorstößen und absicherndem Zurückweichen hinter Lahm wechselte, unterstütze sehr gut die Nebenleute, die entsprechend auf seine Bewegungen reagierten. Bayerns linke Seite erinnerte an die Hinrunde, Leverkusen bekam sie überhaupt nicht in den Griff und hatte Glück, dass es keinen frühen Rückstand gab. Bayern spielte dabei die Angriffe im Strafraum meist nicht mehr optimal aus und so konnten Leno und die Innenverteidiger alles irgendwie reparieren.

Viel Qualität bei Ballbesitz Bayer

Allerdings hätten auch die Münchner schon früh Gegentore fangen können, obwohl sie defensiv eigentlich sehr gut starteten. Aber so unstrukturiert Leverkusens Defensive war, so fluid und mutig waren die Angriffsbemühungen. Reinartz ließ sich meist zwischen die auffächernden Innenverteidiger zurückfallen, die Außenverteidiger gingen nach vorne, Augusto fiel weit zurück und versuchte die Bälle abzuholen und nach vorne zu spielen. Bender und Castro ergänzten Augustos Bemühungen mit viel Bewegung. Insgesamt wieder ein gut ausgewogenes Offensivsystem.

Aber die Bayern hatten die richtige Antwort parat. Sie verteidigten in einer Art 4-2-4-0, bei dem Gomez und Kroos nebeinander sehr aktiv Bayers Passwege ins Mittelfeld zustellten. Auch Müller und Robben arbeiteten gut mit und verhinderten weitestgehend, dass Schwaab und Kadlec als Ausweichoption agieren konnten. Gustavo und Alaba waren relativ weit aufgerückt und reagierten flexibel auf die Spielsituationen. Gustavo orientierte sich dabei stark an Augusto, dessen Zurückfallen dadurch ineffektiv wurde. Es erinnerte an eine etwas engere Variante des HSV-BVB-Spiels und war insgesamt qualitativ sehr hochwertig.

So wurde Leverkusens gutes Aufbauspiel vom besseren bayrischen Mittelfeldpressing lange gut entschärft. Augusto bekam wenig Bälle, holte sie sich dann zeitweise fast in der Abwehr ab, wodurch die Anbindung nach vorne fehlte. Leverkusen fehlten hier lange Bälle, die offenbar nicht vorgesehen waren, die aber gegen die hoch spielenden Münchner Sechser wichtig gewesen wären. Wenn sie kamen, dann unkontrolliert in eine Münchener Überzahl, weshalb Bayer keine zweiten Bälle bekam. Meist versuchten sie relativ erfolglos, das Spiel mit flachen Pässen ins Zentrum zu eröffnen.

Diese Versuche blieben dann einige Male hängen. Zudem griffen die Bayern dann situativ auch Leverkusens Verteidiger an, wenn sich diese in eine schlechte Situation navigiert hatten. Einige hochgefährliche Ballgewinne von Bayern waren die Folge und auch diese trugen dazu bei, dass sich Leverkusen glücklich schätzen kann, kein Gegentor in dieser Phase kassiert zu haben. Bayern spielte im uneingespielten System die Konter nicht gut aus.

Ebenso inkonsequent waren die Bayern in den wenigen Situationen, in denen es Leverkusen doch gelang ins Zentrum zu kommen und Augusto einzubinden oder die Außenverteidiger zu erreichen, wobei besonders Schwaab teils extrem riskant in Robbens Rücken aufrückte. Hier rückte die Viererkette zu langsam zurück und Schürrle oder Kießling konnten hinter der Abwehr angespielt werden, was dann direkt zu hochgefährlichen Situationen führte.

Bayern schien sich zu sehr in der Mittelfeldkontrolle einzurichten und reagierte deshalb zu spät, wenn diese verloren wurde. Das war der Grund, weshalb auch Leverkusen trotz der taktischen Mängel sehr gefährlich werden konnte. Sobald etwas gelang, brannte es sofort. Aber auch Bayer vergab die Gelegenheiten, allen voran in Person von Schürrle, der zwar ein ordentliches Spiel machte, aber im Strafraum die gesamte Spieldauer lang extremst unsicher sowie nervös wirkte und gleich drei riesige Situationen verschenkte.

Bayer stellt um, Bayern lässt nach

Um die 30. Minute stellte Robin Dutt leicht um, näherte sein System mehr einem 4-4-2 an. Augusto ging weiter nach vorn, Castro weiter nach rechts. Kießling verteidigte tiefer und das ganze Leverkusener Team spielte ein viel einheitlicheres Mittelfeldpressing.

Dadurch hatte Bayern viel mehr Probleme im Aufbauspiel. Der linke Flügel war plötzlich geschlossen, da Castro hauptsächlich in Lahms Raum verteidigte und Kießling den Bereich unterstützte. Das störte Bayerns Rythmus sehr.  Nun war strukturierteres Angriffsspiel notwendig und Bayerns diesbezügliche Defizite wurden zu Tage gefördert.

Bayerns inkonsequente Defensivarbeit verlagerte sich in dieser Phase weiter nach vorne. Die vier Offensiven beteiligten sich weniger intensiv am Mittelfeldpressing, warteten eher vorne. Das brachte zwar ein paar gefährliche Konter ein, aber sorgte auch für Gefahr hinten. In der Schlussviertelstunde von Hälfte eins ergab sich ein ausgeglichenes Spiel.

Die Positionswechsel, die Bayerns Offensivspiel (hauptsächlich Robben und Müller) durchführten, könnten hier einen negativen Einfluss gehabt haben. Sie nutzten den Münchnern kaum, da sie nicht miteinander abgestimmt waren, aber schienen dabei den Rythmus der Anfangsphase zu stören. Das Spiel der vorderen Vier wurde dadurch noch improvisierter, was dann womöglich für die mangelnde Disziplin mitverantwortlich war.

Formationen zur 2. Halbzeit.

Dutt erhöht den Einsatz auf 4-4-2

In der Halbzeitpause brachte Robin Dutt zur allgemeinen Überraschung den Mittelstürmer Derdiyok für Innenverteidiger Friedrich. Schwaab rückte in die Innenverteidigung, Castro nach rechts hinten, Augusto nach rechts ins Mittelfeld und Kießling gab den arbeitenden Stürmer hinter dem neu eingewechselten Schweizer. Dieser Wechsel entschied das Spiel.

Fortan wurde das Spiel deutlich übersichtlicher und direkter, da Leverkusen im 4-4-2 in sehr direkter Zuordnung verteidigte. In abwartender Haltung stellten Derdiyok und Kießling die Sechser zu, was Bayern wie gewohnt große Probleme verursachte, da sie dann  keine Kontrolle ins Zentrum bekamen.

Oft standen die beiden Stürmer allerdings auch sehr hoch, die Innenverteidiger wurden dann dauerhaft zugestellt, während die Flügelspieler gegen die Münchener Außenverteidiger rückten. Entscheidend waren in diesen Situationen Bender und Reinartz. Diese rückten oft auf Gustavo und Alaba auf, fielen dann aber umgehend schnell nach hinten zurück, sobald Bayern den Ball in die gefährliche 4-gegen-4-Situation der vorderen Reihe brachte.

Dieses Rezept war simpel aber höchst effizient, weil Bayern die Abstimmung im schnellen Vorwärtsgang völlig fehlte, wie schon in Hälfte eins zu erahnen war. Anstatt, wie beispielsweise Gladbach, mit schnellen Passkombinationen und Diagonalläufen in die Spitze hinter die Abwehr zu kommen, beschränkten sich Bayerns Angriffe völlig auf 1-gegen-1-Situationen. Man griff viel zu breit an, ohne Dreiecke fehlte jedes Zusammenspiel. So rückte Leverkusens Viererkette schlicht aufmerksam nach hinten, entschleunigte Bayerns Angriffe und erlaubte damit Bender und Reinartz das Zurückeilen.

Dadurch erzeugte Bayer am eigenen Strafraum 6-zu-4-Überzahl und bekam die geschilderten Situationen gut verteidigt. Bender spielte eine taktisch und läuferisch überragende Hälfte und doppelte oft gegen Robben. Wichtig dabei war auch, dass Alaba und Gustavo entweder nicht schnell genug nachrückten oder, wenn sie es doch taten, nicht schnell genug ins Spiel eingebunden wurden oder selbst keine Beschleunigung zustande brachten.

Ebenso erging es Kroos, der völlig aus dem Spiel genommen war. Bei hoher Pressingstellung von Bender und Reinartz war er wegen hoher Distanz nicht anspielbar und wurde dann von deren defensivem Nachrücken geschluckt. Merkwürdig dabei, dass Kroos nun etwas rechtsseitig orientiert spielte. Da die meisten Angriffe von Bayern über Robbens linke Seite liefen, wäre er dort als Spielpartner notwendig gewesen.

So sehr wie Bayers sehr wildes Defensivspiel in Hälfte eins das Münchner Offensivspiel angekurbelt hatte, so würgte das extrem simple Defensivspiel der zweiten Hälfte das gegnerische Angriffsspiel ab. Das so starke bayrische Improvisieren wurde vollkommen aus dem Spiel gestrichen und der Rekordmeister fand keine Konzepte um von sich aus für Wechselwirkung zwischen den Angriffsspielern und Chaos in der gegnerischen Defensive zu sorgen. Die vielen 1-gegen-1-Situationen wurden so vorhersehbar ausgespielt, dass sie den Gästen kaum Nutzen brachten.

Bayern wird überlaufen

Leverkusen bekam die simplen direkten Zuordnungen der beiden Systeme viel besser aufgelöst. Schürrle dribbelte aus recht tiefer Position invers durch den Zehnerraum, Augusto orientierte sich ebenso sehr früh in die Mitte, was grob eine 4-2-2-2-Struktur der Angriffe ergab. Interessant war, wie Augusto oft schon im Defensivspiel in die Mitte driftete, wenn Lahm nicht vorstieß, um dann die Gegenstöße schnell durch die Mitte zu leiten.  Derdiyok bewegte sich insbesondere horizontal sehr viel, beschäftigte so auch die gegnerischen Außenverteidiger. Kießling ließ sich zurückfallen um Augusto von vorn zu unterstützen, leitete vor seinem Führungstreffer zwei Mal den Ball aus der engen Mitte nach außen.

Bender und Reinartz rückten zudem auch offensiv sehr aufwändig nach, was insbesondere für die zweiten Bälle sehr wichtig war, die Bayer nun vermehrt gewann. Einrückende Flügelspieler, zwei luftstarke Stürmer, nachrückende, zweikampfstarke Sechser – es war klar, dass Bayern nach langen Bällen kaum aus dem Gegenpressing der Gastgeber kommen konnte. Somit griffen die Leverkusener nun viel effektiver zum langen Ball, wenn Bayerns vier Angriffsspieler die Passwege ins Zentrum schlossen. Diese waren beim Nachrücken viel zu bequemlich. Alaba und Gustavo waren gegen bis zu 6 nahe Gegner chancenlos.

Zwar konnte Dutts Elf dennoch kaum einmal sauber durch Bayerns enge Viererkette kombinieren, aber sie kamen ständig in Strafraumnähe, was viele Standardsituationen, Flanken und Abschlüsse zur Folge hatte. Der Siegtreffer nach einer Flanke war schlussendlich logisch.

Heynckes‘ Versuche, Dominanz und Gefahr zurückzuerobern, waren wirkungslos. Als Ribery für Gomez kam, brachte der Trainer mehr Dribbelstärke, wohl um die vielen direkten Duelle besser lösen zu können, aber es führte zu noch weniger Zug zum Tor und förderte das Kombinationsspiel nicht. Die Einwechslungen der Stürmer Olic und Petersen machten das Spiel auch nicht enger, schneller oder weniger ausrechenbar. Es blieb bloß die Option sehr riskant alles nach vorn zu werfen, was aber nur noch Leverkusens 2:0 brachte.

Fazit

Die Bayern demonstrierten anfangs, von Leverkusens falsch gewähltem System unterstützt, ihre individuelle Stärke, aber ließen etwas an Konsequenz vermissen. Als Leverkusen simpler wurde, wurde Bayern schlechter und offenbarte die fehlenden Automatismen im neu zusammengestellten System.

In Hälfte eins gab es 10:5 Schüsse für die Gäste, in Hälfte zwei 10:5 Schüsse für die Gastgeber. 8:5 Schüsse aus Sicht von Leverkusen wurden auf das Tor platziert. Angesichts dieser Zahlen ist es aus Münchener Sicht bedenklich, dass Heynckes die Niederlage auf die Chancenauswertung schob.

Jürgen Klopp betonte am vergangenen Spieltag nach dem Sieg gegen Hannover lobend, dass sein Team, solche Kampfspiele, wie dieses Heimspiel hinten heraus eines geworden war, „nicht wie ein Titelfavorit“ bestreiten würde, sondern wie ein Herausforderer. Diese Qualität fehlte den Bayern als sich das Auswärtsspiel in der BayArena zu einem ganz simplen, lauf- und Zweikampf-intensiven Spiel entwickelte. Die vier Offensivspieler arbeiteten zu gemächlich nach hinten, die Defensivspieler rückten offensiv zu langsam auf. Die um 7 Kilometer unterlegene Laufdistanz war ein entscheidender Faktor. Gut möglich, dass die deutsche Meisterschaft 2012 auch über den Willen entschieden wird.

Keks 6. März 2012 um 11:04

Ich finde ja Derdiyok ist ein Muss in der Startaufstellung. Castro gefällt mir in der Abwehr eigentlich auch sehr gut, offensiv kann er sich ja so oder so einschalten, Corluka spielt doch auch sehr offensiv.

“ […] beschränkten sich Bayerns Angriffe völlig auf 1-gegen-1-Situationen.“

Das ist meiner Meinung nach das einzigste, was wirklich ihre Stärke ist. Einem Robben oder Ribery den Ball geben und hoffen, dass sie etwas tolles machen. Das ist halt das Problem, wenn man van Gaal Arbeiten lässt und ihn dann rauswirft und einen Heynckes holt.

„Diese Qualität fehlte den Bayern als sich das Auswärtsspiel in der BayArena zu einem ganz simplen, lauf- und Zweikampf-intensiven Spiel entwickelte“

Ich laube Bayern will diese Eigenschaft garnicht haben. Ein FC Bayern kämpft nicht, sondern gewinnt Spiele dominant und routiniert. Deswegen schriebt man jetzt auch die Meisterschaft ab. Ein FC Bayern wird mit 10 Punkten Vorsprung Meister, oder irgendwas stimmt nicht…

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BenHasna 6. März 2012 um 02:10

@ MR: Du schreibst wirklich ausserordentlich gute Analysen – Kompliment.

Ich halte, vermutlich genau wie du, viel von Robin Dutt und mag es ihm speziell diese Saison sowieso gönnen, wenn er von den Medien oder auch in den Kommentaren hier für seine Einwechslungen, bzw. Umstellungen gefeiert wird. Aber ehrlich gesagt hat meines Erachtens nicht er dieses Spiel gewonnen, sondern einzig die Bayern es verloren. Auch nach der Halbzeit war Leverkusen defensiv eigentlich nicht gut genug. Augusto war viel zu wenig diszipliniert defensiv, so kann man Lahm normalerweise nicht verteidigen und Leverkusens rechte Seite (die linke Bayerns) war letztlich genau so offen wie zu Beginn. Bayern hats einfach schlecht ausgespielt mit ab Riberys Einwechslung zwei Rechtsfüssern auf links sowie Kroos‘ komisch nach rechts hängender Rolle. Und wenn man Kroos schon so platziert, sollte man auch versuchen, ihn mal ins Spiel einzubinden, denn auch das hätte Leverkusen durchaus zugelassen mit viel zu viel Platz zwischen den Linien, bzw. der Tatsache, dass Reinartz und Bender (rechts) Löcher stopfen mussten.

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vastel 6. März 2012 um 00:37

Danke für eine wie immer gute Analyse! 🙂

Eine Bitte hätte ich noch:
In der Zukunft bei der Partie Bayer Leverkusen vs. Bayern München bitte für eins der beiden Teams den Stadtnamen wählen (also Bayer – München bzw. Leverkusen – Bayern) und dies konsequent durchziehen, da man beim Lesen schnell durcheinander kommen kann und das „n“ gerne mal überliest. Auch wenn dadurch viele Wortwiederholungen dabei sind, liest es sich wesentlich angenehmer und flüssiger.
Ist aber nur eine Kleinigkeit 😉

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vastel 6. März 2012 um 00:41

Nachtrag:

@MR: Wie hätte Heynckes nach Dutts Taktikumstellung auf das 4-4-2 bzw. 4-2-2-2 deiner Meinung nach sein System anpassen müssen, um wieder Kontrolle über das Spiel zu bekommen?

Antworten

MR 6. März 2012 um 04:27

Das BayernN-Problem hab ich beim Schreiben schon befürchtet. Hab „Bayer“ deshalb versucht zu vermeiden, ich werd’s nächstes Mal konsequenter handhaben, danke für die Rückmeldung.

Zu möglichen Änderungen – Optimalerweise hätte Heynckes natürlich in den Monaten vorher schon ein so gefestigtes System installiert, dass garantiert wird, dass die schnellen Angriffe besser ausgespielt und bei langen Bällen konsequenter nachgerückt wird. Im Laufe des Spiels ist es dann schwer gut zu ändern, wenn der Gegner die eigenen Schwächen gut nutzt.

Ich kann mir vorstellen, dass es vielleicht funktioniert hätte, mehr Spieler ins Zentrum zu packen, in einer Raute oder einem 4-3-2-1. In so einem System ist man zum kombinieren gezwungen und lange Bälle ins Zentrum kann man recht leicht erobern durch die Überzahl dort. Spontan würd ich sagen Kroos auf rechte Halbposition, Müller als sehr tiefer leicht linksseitiger Zehner, Robben als halbrechte hängende Spitze. Dann die Angriffe schnell über Robben leiten der dann „halb-invers“ diagonal durch den Zehnerraum dribbeln kann, was viel weniger ausrechenbar wäre als sein Dribbling den Flügel herunter. Mit Kroos als Ausweichoption hinter ihm, überlaufenden Vorstößen von Müller und Gomez als mögliche Anspielstation vor sich erscheint mir das im Vorwärtsgang gefährlicher.

Defensiv wär man gegen die inversen Schürrle und Augusto im Zentrum absichert und hätte viel Personal für zweite Bälle.

Die Frage ist dann aber, ob Leverkusen nicht intuitiv Gegenmittel findet. Die AV hätten dadurch Platz bekommen, den sie möglicherweise gefährlich genutzt hätten. Das Aufbauspiel von hinten wäre schwieriger geworden, da so ein System uneingespielt und ziemlich eng gewesen wäre. Auf der anderen hieße das, dass Bayern hätte Improvisieren müssen – was ja wie dargestellt gut funktionieren kann.

Simpler wäre gewesen, die Offensivreihe einfach nach hinten zu schieben und enger zu platzieren um die Zweigeteiltheit der Mannschaft aufzuheben. Bayern war in Hälfte eins zum Beispiel viel kompakter in der Vertikalen. Vielleicht hätte das schon gereicht, vielleicht wär’s dadurch auch schlimmer geworden. Man kann nur spekulieren. Es war taktisch jedenfalls ein sehr ungewöhnliches Spiel, was es denke ich sehr viel schwerer macht, im laufenden Wettbewerb da geeignete Maßnahmen zu finden. In der Zeit, in der ich den Beitrag hier fertig getippt hab, wäre das Spiel schon vorbei, und dabei weiß ich ja bereits was in den letzten 20, 30 Minuten passiert ist, im Gegensatz zum Trainer während der Halbzeit.

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AW 5. März 2012 um 21:39

Wie gewohnt ein sehr guter Artikel.

Was mich allerdings verwirrt, ist der letzte Abschnitt. Darin wird angedeutet, dass die Meisterschaft durch fehlenden Willen der Münchner entschieden wird. Meiner Meinung nach steht das konträr zum vorherigen Text.

Grob gesagt lief das Spiel doch so ab, dass Leverkusens Formation zunächst (ob geplant oder ungewollt) dem FCB in die Karten spielte, später allerdings ändert sich dies mit einer taktischen Umstellung Dutts. Eine Reaktion von der Gegenseite bleibt aus und so entwickelt sich vor allem in der zweiten Hälfte ein offenes Spiel.

Ich persönlich würde daraus den Schluss ziehen, dass die Münchner sehr wohl „Willen“ gezeigt haben, denn ansonsten wäre man in der ersten Halbzeit nicht so stark aufgetreten. In der zweiten Halbzeit, in der auf das Münchner Spiel reagiert wurde, kommt kein taktischer Konter und damit sehe ich den Grund der Niederlage viel mehr in der mangelnden taktischen Flexibilität, bei der das eigene System die individuelle Klasse der Einzelspiele und nicht die Stärke des Kollektivs in den Vordergrund rückt.

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Max 5. März 2012 um 22:28

RM sagt, dass die Laufbereitschaft ein wichtiger Faktor war, der das Spiel seiner Meinung nach wohl entschieden hat. Möchte das hier nicht breit darlegen, lies dir nochmal die Analyse durch 😉
Und diese Meter mehr zu machen ist Willenssache. Der Wille alles zu geben. Die Mannen von Jürgen Klopp geben eben alles und gewinnen deswegen solche Spiele halt auch auf die ‚dreckige‘ Art, indem sie sich den A***** aufreißen. Das ist bei den Bayern aber nicht gegeben, und deswegen lassen sie eben Punkte liegen.
Deshalb meint RM das der Wille vielleicht der entscheidende Faktor für den Meisterschaftsausgang sein kann.

Hoffe es stimmt. Wenn nicht korrigiert mich!

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MR 6. März 2012 um 04:09

Korrektur unnötig, abgesehen davon, dass MR das meinte und nicht RM. 😉

Taktik ist ja immer nur ein gezieltes Ausnutzen von Stärken und Schwächen. Diese mangelnde Leidenschaft (und die fehlenden Offensivautomatismen) bei Bayern war letztlich eine Schwäche, die Dutt ausnutzte. Natürlich hat dann die Taktik entschieden, aber das ging eben nur weil, diese Schwäche überhaupt da war.

Der Vergleich mit Bayers Auftritt in Dortmund stellt das eigentlich gut dar. Da hat Bayer mit der gleichen Asymmetrie begonnen, noch extremer sogar, und Dortmund ist im Gegensatz zu den Bayern viel schlechter damit zurechtgekommen, auch weil Schmelzer eben kein Lahm ist. Als Dortmund in Führung ging, hat Dutt letztendlich ähnliche Maßnahmen vorgenommen und hat versucht das Spiel mit direkteren Duellen zu gestalten, was aber an Dortmunds Defensivblock abgeprallt ist. Da lief es letztlich andersrum –

Dortmund kann nicht so gut improvisieren wie Bayern, ist dafür aber viel gefestigter und wird in keinem Spiel einfach überlaufen werden und auch offensiv wird sich z.B. ein Großkreutz niemals dauerhaft ins 1-gegen-1 zwingen lassen, sondern wird dann Unterstützung erhalten. Deshalb würde eine Taktik wie sie Dutt hier gegen Bayern auspackte gegen Dortmund so niemals funktionieren. In dem Kontext die Bemerkung, dass der Wille entscheidend werden kann.

Im Fußball ist aber natürlich nie ein Faktor alleine entscheidend. Bzw. ist er es nur, wenn es gleichzeitig etliche andere es auch sind, und das erst möglich machen.

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RM 5. März 2012 um 21:10

Als Vergleich hierzu die Analyse von Zonalmarking:
http://www.zonalmarking.net/2012/03/05/leverkusen-focus-attacks-down-the-right/

Antworten

Max 5. März 2012 um 20:59

Tolle Analyse.

Freut mich für Dutt. Er hat mit Derdiyoks Hereinnahme Heynckes ausgecoacht. Bayer kommt denke ich so langsam ins Rollen. Wenn nun endlich auch Schürrle seinen leichten Aufwärtstrend bestätigt und Topleistungen abruft, kann Bayer 04 nochmal einen Großangriff auf die Champions-League Plätze starten.

Bayern war für mich offensiv erschreckend schwach. Klar erspielten sie sich recht viel Chancen doch waren die meist auf eine Einzelaktion eines ihrer Stars zurückzuführen; ein Konzept nicht zu erkennen.

Renato Augusto war heute vielleicht nicht der beste Leverkusener auf dem Platz, ließ aber sein ungeheures Potenzial aufblitzen. Seine Steilpässe sind eine Augenweide. Spielt er so weiter sehe ich in ihm einen nächsten Weltklassespieler. Lediglich seine Lässigkeit (Arroganz) muss er noch ablegen und er kann ein Großer werden!

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Keks 6. März 2012 um 11:21

Da musst du dich irren, laut Herrn Holzhäuser ist Augusto ein Alibikicker! 😉

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Max 6. März 2012 um 15:49

Das hat er nie gesagt. Oder hast du eine Quelle?

Wenn, achte auf den GENAUEN Wortlaut 😉 Ich weiß natürlich was du meinst. Holzi meinte aber Augusto hätte WIE ein Alibikicker gespielt. Dass die Bild das gerne überspitzt darstellt ist normal, da muss man eben aufmerksam lesen.

Darüberhinaus erschließt sich mir jetzt auch nicht ganz der Sinn deiner Aussage!

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laterookie58 5. März 2012 um 20:48

@MR: eine, wie immer, wirklich umfassende tiefgreifende Analyse! Vielen Dank dafür. Leider bin ich niemand, das, was er beobachtet, auch analytisch zu Papier zu bringen. Jedenfalls nicht einleuchtend. Das, was zum Jetzt- Zeitpunkt gerade dem Bayern- Team geschieht, war in den „guten“ Zeiten– erstes Saison- Drittel– bereits gelegentlich zu bemerken. Beim Posten dieser Bayern- feindlichen Aussagen habe ich mir damals schon so einige Male neue Freunde gemacht. In München hat man beim damaligen „Hurra“- Schreien die „kleinen Nebenerscheinungen“ — Taktik- Schwäche, Ball- Unsicherheit, Gegnervorbereitung u.v.a.– wohl als vorrübergehend oder, schlimmer noch, als nicht existent angesehen. Es steht mir nicht zu, Heynckes irgendeinen Erfolg der Vergangenheit zu schmälern; einige waren unglaublich. Aber gerade durch das persönliche Kennen seit Jahrzehnten mussten die Bayern wissen, wen sie sich– mit welchen Fähigkeiten/ Schwächen, sogar Unfähigkeiten– da holen.
Die Bayern „hätten haben sollen“: einen Lerneffekt nach Klinsmann und van Gaal und wenn sie alle Banker wären, könnte man es nachvollziehen: der Verzicht auf Spielereinkäufe für Problembereiche und die „beschränkten“ Käufe von Spielern, die getätigt wurden. Es sind aber allesamt ehemals Weltklasse- Fußballer und zudem ein gewiefter Weltklasse- (Ex-) Manager nun als Präsident. Wie kann man sich als solche auf das Wort eines Trainers verlassen– keine Spieler zu benötigen– nur weil dieser das so sieht? „Klasse, wir haben wieder 50 Mio. € nicht ausgegeben!“ ?
Es hat den Anschein, als wenn das Coach- Team keine gute Arbeit macht: egal, wie gut EIN Spieler ist, das Zusammenwirken aller Spieler in unabwägbaren Spielsituationen und die Sicherheiten, die Match- Pläne liefern, scheinen diesen Bayern stets zu fehlen! Sie werden oftmals erst im darauffolgenden Spiel verändert; und nicht immer dem neuen Spiel adequat angepasst. Zu selten, mEn, während eines Spiels zeitnah angepasst/ korregiert bzw. eine Startelf sinnvoll dem Gegner entgegengestellt.
Dummerweise habe ich nur dieses Beispiel: mir fehlt den Bayern eine grundsätzliche Philosophie, als Team zu agieren.
Das, was ich aus der Ferne als Laie bei Barca sehe, muß doch als Grundidee zu übernehmen sein. Man hat eine feste Spiel- Philosophie und sucht sich danach die Spieler und auch den passenden Trainer dazu.
Würde das nur an der schnellen alljährlichen Erfolgserwartung der Bayern scheitern? Dann werden sie auf Jahre hinaus weiter den Anschluss national versäumen und international wäre immer, mehr oder weniger, unter den letzten 8 Teams Schluss…

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KMW 5. März 2012 um 20:31

Sehr schöner Bericht! Vielen Dank!
Leider hat Bayern die Chancen in der Anfangsphase der Partie nicht ausnutzen können. Nach einer schnellen 1:0 Führung können die Münchner in der Regel ihr Spiel ganz gut durchziehen. Als Dutt dann allerdings Derdiyok gebracht hat (was mich doch auch sehr gewundert hat), kam Bayern nach dieser Umstellung kaum zu guten Chancen. Dann konnten wir wieder die Symptome der Münchner Mannschaft erkennen, wenn der Spielaufbau gestört wird und den Spielern keine Räume geboten werden. Heynckes scheint mir momentan für so eine Situation keinen richtigen Plan zu haben. Eingeübte Spielzüge beispielsweise hat man schon länger nicht mehr gesehen. Deswegen habe ich auch ein schlechtes Gefühl, was das CL-Rückspiel gegen Basel angeht. Die Schweizer werden sich wieder gut auf die Bayern einstellen.

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Keks 6. März 2012 um 10:46

Ich sehe hier den Sinn nicht in der „hätte wenn dann wäre..“ Aussage. Hätte Leverkusen die erste Torchance genutzt, könnten sie ihr Spiel auch sorgenfreier und mutiger gestalten. Dann hätte Bayern vielleicht noch höher verloren. Der Derdiyok Wechsel hat auch Live Reporter und Kommentatoren verwundert, die sehen halt nur Stürmer für Abwehrspieler, wenn man sich ein wenig mit Leverkusen beschäftigt, weiß man ja, dass auch umgestellt wird.

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KMW 6. März 2012 um 13:49

Ja natürlich enthält meine Aussage zuviel Konjuktiv und über einen “hätte/wäre Spielverlauf“ brauchen wir uns keine Gedanken machen. Ich wollte damit nur verdeutlichen, dass aus meiner Sicht die Bayern nur nach einer frühen Führung ein halbwegs ordentliches Spiel zeigen können.
Was den Willen der Mannschaft angeht denke ich, dass die Spieler schon “wollen“, es fehlen nur taktische Vorgaben was beispielsweise Laufwege angeht.
Ich sehe es ähnlich wie laterookie58, wenn die verschiedenen Trainer nicht ein System installieren können, dann müsste die Vereinsführung ein Konzept
bzw. eine Spielphilosophie vorgeben und dementsprechend bei der Spieler- als auch Trainerwahl darauf achten. Die momentane Saison ist meiner Meinung nach keine Entwicklung, sondern ein Rückschritt und ich fürchte, dass Rummenigge, Hoeneß und Co. die Ergebnisse der letzten Monate/Jahre nicht dementsprechend analysieren werden.
Ich hoffe es ist in Ordnung wenn ich in einem Beitrag auf mehrere Personen eingehe.

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