Sambia – Ghana 1:0

Das erste Halbfinale des Afrika-Cups hielt eine Überraschung bereit, die vielleicht gar keine war.

Neben der Elfenbeinküste gehörte Ghana zu den ganz großen Favoriten dieses Turnieres, hatte sich aber vom ersten Spiel an ziemlich gemüht, dieser Bürde gerecht zu werden. Sambia dagegen wurde kaum als Anwärter auf einen derartigen Erfolg gehandelt, doch deutete bereits früh seine Qualitäten an, so dass der Einzug in dieses Halbfinale nicht mehr verblüffte – in der Gruppe konnte man auf Konterspiel setzen, gegen den Sudan musste man dann die Partie im Viertelfinale selbst diktieren, doch auch dies gelang gut.

Grundformationen

Gegen die Ghanaer konnte man sich als Underdog wieder auf eine solide Defensive und schnelle Gegenstöße konzentrieren. Dafür wurde das 4-4-2/4-4-1-1 etwas defensiver ausgelegt, was bedeutete, dass Chansa wieder auf dem Flügel und nicht mehr im zentralen Mittelfeld spielte. Lungu musste weichen und wurde durch den Sechser Kasonde ersetzt, während im Sturm etwas überraschend Chamanga für Mayuka spielte.

Die Black Stars nahmen nach dem Verlängerungs-Erfolg über Tunesien drei Änderungen vor und brachten in ihrem typischen 4-2-3-1 den etwas defensiveren Addy für Linksverteidiger Masahudu, Derek Boateng für den nicht zur Verfügung stehenden Badu und Jordan Ayéw von Beginn an für Muntari.

Folgendes Schema bestimmte dieses durchschnittliche Halbfinale: Ghana dominierte das Geschehen und den Ballbesitz ohne sich konstant zwingende Chancen gegen die tief, defensiv und diszipliniert stehenden Gegner aus Sambia zu erarbeiten, welche ihrerseits ebenso selten bei Kontern Gefahr ausstrahlen konnten. In der zweiten Halbzeit kippte die Partie mehr und mehr zu Gunsten Sambias.

Ghana mit Ansätzen, aber ohne konstante Durchschlagskraft

Problematisch war bei Ghana, dass sie im letzten Drittel nicht die nötige Präsenz aufbauten, um den gegnerischen Defensivverbund zu knacken. Weil Addy sehr tief und vorsichtig blieb, war Jordan Ayéw oftmals auf sich allein gestellt und konnte lediglich ein bisschen mit Asamoah kombinieren oder seine selbst gegen drei Gegenspieler beeindruckend gefährlichen Soli aufziehen.

Auch die beiden zentralen Mittelfeldspieler blieben sehr tief im Raum, ohne im Angriff zu unterstützen, dort eine weitere Option zu bieten oder mit Vorstößen aus der Tiefe für Zuordnungsschwierigkeiten bei der Abwehr Sambias zu sorgen. Zwar verlagerten Boateng und Annan sehr gut, ließen den Ball zirkulieren, trieben das Spiel an und zeigten hervorragende technische Fähigkeiten, doch kaum einmal stießen sie mit vor – einmal ging Annan an den Sechzehner und konnte Asamoah ziemlich einfach zwischen den Linien in Szene setzen.

Insbesondere André Ayéw zog von seiner nominellen linken Seite stark Richtung Mitte und gab phasenweise fast schon einen zweiten offensiven Mittelfeldspieler, wodurch dieser angesprochene Raum zwischen den Linien sogar von Ghana besetzt war, doch man schaffte es nicht, den Ball dort so hineinzuspielen, dass man den Raum nutzbar machen und durch die zusätzliche Präsenz Ayéws überladen konnte.

In Ansätzen konnte man hervorragend erkennen, wie Ayéws Läufe von Sambias in der Defensive sehr horizontal verschiebendem Sechser Kasonde von der Seite abgeblockt und aufgenommen werden sollten bzw. wurden, dann aber diesen aus dem Zentrum wegzogen, so dass zwischen den Linien der Raum hinter dem höher stehenden Sinkala – Sambias wechselte die Defensivformation zwischen 4-4-2 und 4-1-3-1-1 – für Jordan Ayéw oder Asamoah geöffnet wurde. Doch zu oft wurde die Situation dann schlecht ausgespielt oder der Pass in diesen Raum erst gar nicht angebracht.

Dazu trug zum einen eben die tiefe Stellung des Mittelfelds bei, zum anderen eine fehlende feste taktische Marschroute: In einer Szene befand sich Addy in etwas eingerückter Position und hätte auf einfache Weise einen gefährlichen Vertikalball spielen können, doch stattdessen schoss er den Ball einfach weit nach vorne ohne auch nur irgendwie zu zielen.

Somit blieb es bei Ansätzen, man kam auch zu einigen Chancen, doch wirklich viel machte man aus der eigenen Überlegenheit und der guten Ballzirkulation nicht.

Hauptgefahren: Inkoom und Standards

Am meisten konnte man noch von den Vorstößen Samuel Inkooms erwarten, der anders als Addy auf links sehr viel nach vorne machte, gut mit Ayéw harmonierte und auf dessen Bewegungen abgestimmt war, so dass der Rechtsverteidiger den freien Raum sofort effektiv besetzte, wenn Ayéw durch seine Läufe zur Mitte die Gegner mitzog und die Außenbahn für Inkooms Vorstöße öffnete.

Mehrfach spielten die Ghanaer in diesen Raum, und oft auch durch die Schnittstelle zwischen Himonde und Musonda – Inkoom kam so in viele aussichtsreiche Positionen, beschwor auch mit die gefährlichsten Szenen seines Teams herauf, doch auch ihm gelang es nicht, den Ball genau passend zu servieren.

Neben Inkoom waren Standardsituationen die größte Waffe der Favoriten. Im laufenden Turnier hatten sie vier ihrer sechs Treffer auf diesem Wege markieren können und auch hier einige gute Möglichkeiten – vor allem, weil die Sambier relativ sorglos Freistöße in aussichtsreichen Positionen hergaben. An einem anderen Tage hätte diese Naivität sicherlich einen Treffer als Quittung nach sich gezogen und alle taktischen Pläne und Aspekte in ihrer Bedeutung obsolet gemacht.

Sambias Konter versanden

Kontern gehört sicherlich zu den Stärken der sambischen Mannschaft, doch diesmal konnten sie dies kaum unterstreichen – ihr Spiel war in der ersten Halbzeit sehr harmlos und brachte bis auf eine Chance für Katongo keine Tormöglichkeiten heraus.

Das Spiel der Südafrikaner ist klar darauf ausgelegt, ihre beiden trickreichen und sehr beweglichen Flügelspieler ins Spiel zu bringen – bevorzugt durch den zentralen Raum, in den die beiden sich immer bewegen. Allerdings hatte Ghanas Trainer Stefanovic darauf eine hervorragende Antwort parat und gleich mehrere Kniffe, mit denen er das gegnerische Konterspiel lahm legte.

Offensiv kann man über die Notwendigkeit zweier Sechser streiten, doch im Defensivspiel machten sich Boateng und Annan zusammen bezahlt, indem sie die Laufwege der Sambier blockierten und ihnen die Räume im Zentrum versperrten. Weiterhin gelang es ihnen sehr gut, Verbindungsspieler Katongo zu isolieren – zwar konnte man ihn nicht immer zusperren und er rochierte auf die Flügel, um den Ball zu bekommen, doch dadurch konnte man den Konter zumindest fast immer verlangsamen.

In solchen Situationen verzögerten gelegentlich auch die Außenstürmer selbst das Spiel durch einige unnötige Tricks oder die umständliche Umsetzung des Überladens: Ein Flügelspieler dribbelte den ganzen Weg von einer Seite auf die andere, um dort mit dem Kollegen zu kombinieren. Und weil Chamanga, der überraschend Mayuka ersetzt hatte, seine Rolle – auf den Flügel zu rochieren, um die als Alternativspiel gedachten weiten und langen Bällen in den entstandenen Freiraum zu erlaufen und zu behaupten – nicht so gut spielte, fehlte es an zusätzlichen Optionen und insgesamt durch Ghanas sichere Verteidigung an Präzision und Gefahr.

Die besseren Änderungen entscheiden das Spiel in Durchgang zwei

Schon als die zweite Halbzeit dann begann, konnte man sofort erkennen, dass sich etwas verändert hatte – zwar blieben die taktischen Grundzüge des Spiels relativ gleich, doch Sambia agierte nun deutlich mutiger und nahm die Initiative immer mehr selbst in die Hand, während Ghana müder und müder wurde – im Gegensatz zu Sambia mussten sie zu diesem Spiel reisen, hatten einen Tag weniger Erholung und ein aufreibendes Spiel samt Verlängerung in den Beinen, so dass sie gerade nach dem Rückstand nicht mehr zurückkamen.

Dieser Rückstand fiel in der 78. Minute und wurde ausgerechnet durch Mayuka erzielt, der in der Halbzeit wieder Chamanga ersetzt hatte. Das Tor war das Resultat einiger personeller und taktischer Anpassungen von Sambias Trainer, der damit sein Team auf die Siegerstraße brachte – die Überlegenheit in der Matchtaktik brachte den Sieg für das Katongo-Team.

Zum einen spielte aufgrund des – zumindest aktuell – leistungsstärkeren und passenderen Mayuka das gesamte Team etwas besser und Mayuka erzielte das entscheidende Tor mit toller Körpertäuschung auch selbst, doch es gab noch eine weitere Maßnahme, die Sambia zur besseren Mannschaft brachte – ihr zweiter Wechsel nach 66 Minuten.

Formationen nach den Wechseln Sambias (66.)

Bereits gelbverwarnt musste der neu ins Team gekommene Kasonde Platz machen und wurde durch Lungu ersetzt, womit nun endgültig genau jene elf Akteure auf dem Platz waren, die im Viertelfinale den Sudan dominiert und besiegt hatten. Chansa rückte neben Sinkala ins zentrale Mittelfeld, während Lungu dessen Flügel einnahm.

Damit hatte man neben Kalaba einen weiteren äußerst trickreichen und schnellen Flügel, während Chansa aus dem Zentrum permanent mit nach vorne driftete, für ein viel breiteres Optionsspektrum sorgte, Überzahl mit seinen Kollegen herstellte und gleichzeitig auch noch Katongo entlastete.

Im Aufbau fächerte man in der Viererkette weit auf, während sich Sinkala davor anbot – zwar wurde er meist zugestellt, doch die anderen vier Offensivspieler ließen sich wechselweise nach hinten fallen, boten Anspielstationen, rotierten und schufen neue Formationen, öffneten Raum und kombinierten miteinander.

Dem Tor ging eine schnelle Ballstafette zwischen Lungu, Chansa und Mayuka voraus – den beiden Einwechselspielern und demjenigen, der in der neuen Rolle dem System eine neue „Dimension“ verlieh und das Spiel damit entschied.

Fazit

Stefanovic mochte das taktische Duell mit seinem Matchplan für sich entschieden haben, da er die gegnerischen Konter blockierte, für den Raum zwischen den Linien besetzte und Inkoom marschieren soll, doch seine Mannschaft war zu ineffektiv, um dies im Ergebnis niederzuschreiben, während das Duell bezüglich der Matchtaktik im Spiel klar zugunsten von Sambia ausging – drei späte und positions- wie rollengebundene Wechsel waren die einzigen Änderungen bei Ghana.

So muss man von einem nicht unverdienten Sieg sprechen, der gar nicht so überraschend kam, denn die Probleme der Black Stars waren durchaus offenkundig. Zum dritten Mal steht damit Sambia im Finale und könnte aus der Position des Außenseiters auch den Ivorern den Zahn ziehen – das passende Team für diese Aufgabe verkörpert man.

vonDumm 10. Februar 2012 um 16:45

Erstmal ganz großes Lob an Euch für eure Arbeit!
Und endlich mal der Afrika Cup 🙂
Ich steh auf diese Mannschaft von Sambia.

Antworten

Schreibe einen Kommentar zu vonDumm Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*