Statistische Zusammenfassung des sechsten Spieltages der Bundesliga
Einmal mehr erhält Spielverlagerung.de exklusive statistische Daten von instatfootball und einmal mehr bereiten wir damit den gesamten Bundesligaspieltag mit in den deutschsprachigen Medien einmaligen Zahlen und Fakten auf.
Ballbesitz
Beginnen wir mit dem Ballbesitz. Seit Barcelonas Erfolgen wurde er zu einem wichtigen Punkt fast jeder spieltaktischen Diskussion – und an diesem Spieltag waren es nicht die Bayern, die in dieser Rubrik auf Platz eins landeten. 62,5% beförderten die Münchner zwar auf den zweiten Platz, doch vor ihnen lagen überraschend die Nürnberger mit sehr hohen 67,9%. Doch wenn man sich den genauen Spielverlauf des Nürnberger Spiels ansieht, verwundert es wenig: Gegner Werder erhielt früh eine rote Karte und spielte auswärts, wie bei unserer Analyse bereits herausgearbeitet, stellte man sich extrem tief und überließ den Franken sämtlichen Ballbesitz. Nürnberg verbuchte somit den Topwert des vergangenen Wochenendes und konnte mit 34 Minuten effektivem Ballbesitz auch in absoluter Zahl den ersten Platz für sich beanspruchen. In puncto absoluter Zahl waren die Bayern aufgrund der vielen Unterbrechungen in ihrem Spiel gegen Schalke sogar nur auf Platz drei, hinter Bayer Leverkusen, die mit 33 Minuten zwei mehr hatten als der Rekordmeister. Das Spiel der Leverkusener gegen Köln war nicht nur ein Musterbeispiel für Effizienz und Konterspiel seitens der Kölner, sondern auch für wenig Unterbrechungen und eine angemessene Nachspielzeit: mit insgesamt 53 Minuten effektiver Spielzeit lag dieses Spiel ganz oben, man konnte den Fans unter anderem 8 Minuten mehr an Spielzeit liefern, als es das Spiel zwischen Stuttgart und Freiburg vermochte, welches in dieser Kategorie ganz unten zu finden war. Der Durchschnitt an diesem Spieltag lag mit 50 Minuten zwei Minuten unter der letzten Woche, was auf eine hohe körperliche Härte und mehr Unterbrechungen hinweist – kein Wunder, bei der hohen Zahl an Derbys und sonstigen brisanten Duellen.
In einem Bereich waren die Münchner dennoch führend, nämlich bei der Zahl langer Ballbesitzphasen. Ganze neunmal hielten sie den Ball über 45 Sekunden in ihren Reihen und verwiesen Leverkusen mit sieben und Nürnberg sowie Hertha mit sechs Malen auf die Plätze. Besonders interessant, dass Schalke trotz nur 37,5% Ballbesitz ebenso zweimal den Ball über 45 Sekunden hielt, auch die Kölner wiesen ähnliche Werte auf. Während es bei den Schalkern an der starken Verteidigung der Münchner lag, die die Räume in der gegnerischen Offensive zusperrte, hatte dieses Phänomen bei den Kölnern einen anderen Hintergrund: sie hatten schlichtweg genug nach ihrer Führung und versuchten den Ball vor dem Gegner fernzuhalten.
Am kürzesten hielten die Stuttgarter den Ball, unglaubliche 60mal war der Ball bereits nach weniger als fünf Sekunden weg. Ähnliche Werte besaßen Werder und Hannover, doch während die Schwaben und die 96er diesen negativ anmutenden Umstand auf ihre Spielweise zurückführen konnten, die sich in beiden Fälle siegreich zeigte und man mit Freiburg bzw. Dortmund auch sehr stark gegenpressende Teams zum Gegner hatte, lag es bei Werder vielmehr an ihrer Unterzahl, die sie dazu zwang, Angriffe schnell, riskant und vertikal zu spielen. Da man einen Mann weniger hatte und tief stand, gab es in der Offensive kaum Anspielstationen und der Gegner aus Nürnberg eroberte den Ball schnell wieder. Freiburg und Gladbach hielten den Ball im Bereich zwischen 5 und 15 Sekunden am längsten, beide Teams lagen mit über 70 Malen weit über dem Ligadurchschnitt von 55. Der Durchschnittswert beim Ballbesitz über 45 Sekunden lag bei drei Mal, während die Teams im Normalfall 30mal den Ball zwischen 15 und 45 Sekunden in ihren Reihen zirkulieren ließen. 45mal war er bereits nach spätestens fünf Sekunden verloren und alles in allem sorgte dies für eine mittlere Dauer des Ballbesitzes von elf Sekunden – Leverkusen und Bayern hatten 16, Nürnberg 14, Bremen, Hannover, Stuttgart und Kaiserslautern sowie auch die Gladbacher lagen unter zehn. Insgesamt kamen die Teams 133mal in Ballbesitz, hier lagen die Gladbacher mit 153 ganz vorne, da sie einerseits durch ihre extrem schnellen Angriffe einige Bälle verloren, aber dank ihrer starken Verteidigungsarbeit viele eroberten. Nürnberg, Hoffenheim, Freiburg und Stuttgart lagen ebenso über 140, wobei die letzteren drei dies ihrem One-Touch-Fußball verdanken, während die Nürnberger schlichtweg gegen 10 Mann oft zum Abschluss kamen, wie wir in der nächsten Kategorie sehen werden.
Angriffsaktionen
Wenig überraschend verbuchten die Nürnberger gegen lange Zeit dezimierte Werderaner die meisten Angriffsaktionen. Fast 120mal versuchte man das Bollwerk von der Weser zu knacken und nur 15% dieser Offensivaktionen kamen bei Kontern – der Ligadurchschnitt liegt bei etwas über einem Fünftel bei einem Durchschnittswert von 82 Angriffsaktionen.
Am weitesten darunter lag Werder Bremen mit nur 48 offensiven Versuchen, ein absoluter Extremwert, denn der Vorletzte FC Schalke 04 schaffte mit 71 fast um 50% mehr. Auffällig bei den Schalkern allerdings, dass ihre Defensivstrategie relativ gut funktionierte, denn die Bayern konnten nur 77 Angriffe für sich verbuchen, womit sie im hinteren Mittelfeld dieser Statistik landen. Ein Angriff weniger als Kaiserslautern und Hamburg, zwei mehr als Augsburg und Stuttgart. Ein weiterer Grund für diesen niedrigen Wert beim Rekordmeister war aber auch ihr Ballbesitzspiel, lieber hielt man den Ball und spielte Sicherheitspässe, um das Tempo heraus zu nehmen.
Es ist aber auffällig, dass der Großteil der Top Ten in dieser Wertung von Mannschaften gebildet wird, welche systematisch auf dynamischen Vertikalfußball setzen. Ihre Bewegungen sind offensiver, da sie schlichtweg den schnellsten Weg zum gegnerischen Tor suchen, mit Freiburg, Wolfsburg, Dortmund, Gladbach, Hoffenheim, Hannover, Hertha und Mainz (in dieser Reihenfolge) waren neun der zehn offensivsten Mannschaften in die Schublade der vermeintlichen Konterteams (Hannover z.B.) bzw. One-Touch-Teams (Dortmund u.a.) zu packen. Einzig Bayer Leverkusen auf dem vierten Platz mit 88 Angriffen steht eher für gepflegten und strategischen Angriffsfußball, wobei auch sie in den letzten Wochen und Monaten zu vermehrtem Vertikalspiel tendieren.
Dies zeigt sich auch in der Statistik jener Teams, die ihre Angriffe am schnellsten vortrugen. Pro Minute in Ballbesitz waren es die Werderaner zu zehnt, die mit 20 Angriffen auf Platz 1 liegen, aber Hannover, Stuttgart, Wolfsburg und Freiburg bilden mit Werten zwischen 18 und 20 die Top Fünf. Ganz unten liegt, passend dazu, dass sie eher eine technikorientierte und dominante Mannschaft sind, Bayer Leverkusen auf dem vorletzten Platz mit 14 Angriffen pro Minute in Ballbesitz. Einzig Nürnberg, welche gegen nur zehn Mann und mit sehr viel Ballbesitz spielten, lagen mit 12 Angriffe deutlich darunter.
Das Passspiel
Einmal mehr war der FC Bayern München führend in dieser Statistik, aber mit 86% konnten sie nicht an den Rekordwert des vorherigen Spieltages herankommen (90%). Zweiter wurde die Hertha mit 83%, welche knapp vor Leverkusen, Hoffenheim, Dortmund und Nürnberg landete. Diese Teams lagen zusammen mit dem HSV noch im Bereich über 80%, die anderen Mannschaften lagen im 70%-Bereich bzw. sogar deutlich darunter, wie beispielsweise Werder und Stuttgart, die das Schlusslicht in dieser Statistik bildeten. Interessant war, dass die Kaiserslauterner sehr viel mit weiten Bällen operierten, fast ein Sechstel ihrer Passversuche ging über eine größere Distanz – bei Nürnberg, Schalke, Leverkusen und der Hertha war es nur jeder Zwanzigste, wobei der Durchschnitt bei etwas über 8% lag.
Damit sich eine hohe Passgenauigkeit auch rentiert, benötigt man eine gewisse Dynamik darin – hier führend waren neben den Bayern Mainz, Hannover und Freiburg, die pro Minute in Ballbesitz siebzehn exakte Pässe anbringen konnten. Ganz unten lagen in dieser Statistik wenig überraschend die Teams Köln und Werder, erstere verwalteten ihre 3:0-Führung ab der letzten halben Stunde, während Werder zu zehnt schlichtweg versuchen musste, entweder extrem schnell zu kontern oder durch Rückpässe und Spielverschleppung sich etwas zu befreien. Ein weiterer Grund könnte die fehlende Anspielstation sein, die zu Dribblings zwang.
Es verwundert kaum, dass Werder auch keinen einzigen Pass in den gegnerischen Strafraum anbringen könnte und nur einen tödlichen Pass spielte – den Ball Pizarros in Ekicis Lauf zum 1:0. Gegner Nürnberg konnte vier tödliche Pässe spielen und 31mal den Ball in den Strafraum bringen, sie waren damit absolut führend in dieser Statistik, Freiburg auf Platz zwei schaffte dies „nur“ 19mal. Auffällig, dass Hamburg bei 30 Versuchen, den Ball in den gegnerischen Sechzehner zu spielen, nur 8mal erfolgreich war und damit weit unter dem Durchschnitt von 15 landete, diese fehlende Kreativität konnte man ebenfalls bei Dortmund und Leverkusen beobachteten, die zwar etwas über dem Durchschnitt lagen, allerdings sehr viele Versuche für diese erfolgreichen Zahlen brauchten. Die meisten tödlichen Pässe spielten die Kölner, acht Stück bei nur zehn Versuchen – dies erklärt die drei Kontertore im Rhein-Derby. Hoffenheim und Gladbach konnten fast ebenso viele anbringen und beide Teams gingen als Sieger aus ihren Partien. Am anderen Ende dieser Tabelle landeten Stuttgart, Augsburg und Hertha, die sogar weniger finale Bälle als Werder Bremen hatten.
Zweikämpfe, Ballgewinne und Ballverluste
Besonders zweikampfstark waren neben den Hamburgern und den Stuttgartern mit je 55% auch die Bremer, welche es auf den Spitzenplatz schafften. Die Ursache darin liegt, dass sie die meisten Zweikämpfe in eigener Hälfte – also von gelernten Defensivspielern – führten. Die Bestätigung dafür findet man in der Statistik der Ballverluste, ihr Gegner aus Nürnberg hatte nämlich die meisten und davon aber nur zwölf in seiner eigenen Hälfte.
Bei insgesamt 134 Ballverlusten ist das ein Wert von knapp 9%, während der Durchschnitt bei fast 20% liegt. Bremen verlor sogar 40% der Bälle bereits in der eigenen Hälfte und darauf folgte die Hertha mit einem Anteil von einem Drittel. Hoffenheim und Gladbach lagen bei einem Viertel, was wohl an ihrem dynamischen Vorwärtsspiel liegt, welches man bereits in der eigenen Hälfte startet, da man im Offensivspiel stark auf die offensive Viererreihe vertraut, im Gegensatz zu Teams wie dem FC Bayern, wo das Kollektiv langsam nach- und aufrückt, bevor man den finalen Angriff einleitet – doch gegen stark gegenpressende Schalker taten selbst sie sich schwer und verloren unüblich viele Bälle. Beide Teams hatten mit einem Viertel ähnlich viele Ballverluste in der eigenen Hälfte wie die TSG und Gladbach, allerdings waren es in absoluten Zahlen um fast zehn weniger als bei den beiden Klubs. Exakt im Ligadurchschnitt lagen Kaiserslautern und Augsburg.
Desweiteren zeigte sich, dass die Partien von Hamburg und Gladbach, Hoffenheim und Wolfsburg sowie Mainz und Kaiserslautern extrem intensiv waren und es in allen drei Spielen über 200 Zweikämpfe gab. Im ersten Spiel mussten die Hamburger etwas beweisen, während in den anderen beiden jeweils körperlich sehr starke Teams auf stark gegenpressende Mannschaften trafen. Traditionell definierten sich Teams des 1. FC Kaiserslautern über Moral und Kampf, ebenso wie die Mannschaften von Magath – und so ist es fast schon logisch, dass bereits im letzten Spieltag Wolfsburg bei den zweikampf-intensivsten Mannschaften zu finden war. Der Ligadurchschnitt liegt in dieser Rubrik bei 196, Köln gegen Leverkusen lag mit 137 am weitesten darunter, trotz Derbystimmung.
Bei den Luftzweikämpfen gab es nur eine auffällige Besonderheit: abermals Werder Bremen, welche nur 39% gewannen, da sie mit Pizarro nur einen einzigen Offensivspieler hatten, der sich bei Befreiungsschlägen rechtzeitig zum Kopfball bewegen konnte.
Trivia
Mit 505 Punkten im InStat-Index war Lukas Podolski der Spieler des Spieltages – er lag aber deutlich unter den über 700 Punkten Ribérys vom letzten Spieltag, der Franzose landete dieses Mal hinter Schweinsteiger auf Platz 3.
Die meisten tödlichen Pässe spielte Marco Reus mit drei, er war zum ersten Mal als Halbstürmer aufgeboten worden, während die zwei erfolgreichsten Zweikämpfer Rajkovic und Westermann waren. Ersterer gewann mit 20 Zweikämpfen die meisten in absoluter Zahl, wobei der Hamburg mit 83% den besten relativen Wert verzeichnete. Raffael von der Hertha war mit 100% und acht erfolgreichen Dribblings sowohl relativ als auch absolut der beste Dribbler der Runde und erzielte sogar ein Tor nach einem wundervollen Solo.
Danke an InStat für die tollen Daten.
3 Kommentare Alle anzeigen
tudor 24. September 2011 um 13:18
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datschge 24. September 2011 um 03:01
Schön, wieder diese Daten zu bekommen.
Ein paar Anmerkungen:
– Im Text werden Daten genannt, die nicht in den Tabellen auftauchen und auch anderes herum. Ist sicher so gewollt, aber einige Tabellen haben dadurch kaum Bezug zum Text, was etwas verwirrend ist.
– Die Aussagekraft der InStats Top20 ist unklar und im Gegensatz zu den anderen Daten auch nicht selbsterklärend. Was fließt darin mit welcher Gewichtung ein?
– Bei den beiden Links zu InStat fehlt ein http davor, damit sie auch funktionieren.
RM 24. September 2011 um 10:37
Ich versuchte, dem Leser so viele Informationen zu geben – jene, die man zwingend in einen taktischen Kontext setzen muss, wurden dazu in einem Text verarbeitet, die anderen sind in Grafikform zu sehen – ihr Hintergrund kann entweder aus dem Text selbst gebildet werden oder er ist nicht notwendig, da er aufgrund der individuellen Stärken einzelner Spieler zu eruieren ist.
Die InStats Top20 besteht aus Torversuchen, Zweikampfquoten, erfolgreichen Pässen, Ballgewinnen, Dribblings, … – kurzum aus allem, wobei je nach Position anders gewichtet wird. Bei Verteidigern ist der Zweikampf wichtiger, bei den Mittelfeldspielern das Passspiel, bei den Stürmern die Torversuche. Ich denke, das schreibe ich zur Tabelle noch dazu.
Oh, das wundert mich – Danke!