Villarreal – Bayern München 0:2

Ein gelungener Start in die Champions League-Saison für Bundesliga-Tabellenführer FC Bayern, der auch gegen einen Gegner internationalen Formats souverän gewann – damit ist Schritt 1 auf dem Weg zum Finale im eigenen Stadion getan.

Heynckes machte seinem Ruf als Rotationsfreund erneut alle Ehre und packte das typische Wechselspiel zwischen Luiz Gustavo und Tymoschchuk sowie Rafinha und van Buyten aus, wobei dieser bereits nach gut 20 Minuten verletztungsbedingt durch den Brasilianer ersetzt werden musste. Villarreals Trainer Garrido krempelte seine Mannschaft im Vergleich zum Liga-Spiel gegen Sevilla ordentlich um und stellte sein Mittelfeld aus einen Innenverteidiger, zwei defensiven und einem zentralen Mittelfeldspieler in einem 4-3-1-2-System auf.

Bayern-Dominanz

Wer deshalb allerdings eine kompakte und tiefe Defensivmauer erwartete, sah sich getäuscht. Villarreal attackierte recht früh und hoch, um die Bayern nicht in einen Rhythmus kommen zu lassen. Dazu wollte man den Gegner in einen engen Raum locken und ihn dort durch die Mittelfeldfeldraute oder das Offensivdreieck isolieren. In den Anfangsminuten funktionierte dies auch ganz gut, aber mit der Zeit wurde mehr und mehr deutlich, dass die Gastgeber das Pressing zum einen nicht konstant aktiv und zum anderen nicht konstant hochwertig praktizierten, so dass sich im Mittelfeld trotz dreier nomineller Sechser Räume für die Bayern auftaten.

Dazu trug auch die schwache Abstimmung jener Spieler untereinander bei – Senna rückte oft alleine zum Pressen auf, Mario stand häufig zu weit links außen und ließ damit die Abstände zu den Kollegen zu groß werden. Diese Schwächen wurden umso mehr entblößt, da ohne Druck die ersten drei Spieler Villarreals von den Bayern mühelos überspielt werden konnten. Es gelang den beiden Stürmern nicht, die Außenverteidiger mit ihren Bewegungen zu beschäftigen und zu binden – sie rückten bei guter Gelegenheit mit auf, Lahm war exzellent im Erkennen und Nutzen dieser Möglichkeit und so trug sein tolles Timing viel zur bayerischen Dominanz bei.

Man kontrollierte über weite Strecken das Spiel, nachdem sich das Selbstvertrauen nach dem frühen Treffer Kroos´ (7.) mit dem ersten Abschluss bereits weiter gemehrt hatte, und verlagerte das Spiel erneut primär auf die linke Seite. Ribéry profitierte davon, dass Villarreal die theoretischen Vorteile der defensiven 4-3-Stellung nicht umsetzen konnten, und erhielt von Kroos und Lahm Unterstützung, während Müller für Breite und Schweinsteiger für das Füllen von Löcher und Räumen sorgten.

Villarreal war somit zu schwach, um das Nach-Innen-Ziehen und das Kombinieren Ribérys mit seinen Kollegen unterbinden zu können. Die Münchener waren aber manchmal zu schlampig und unkonzentriert beim Veredeln ihrer Ansätze, was neben der frühen Führung ein Hauptgrund für die wenigen Chancen war – nur 4 Abschlussversuche in der ersten Halbzeit wurden verbucht, aber entscheidend war, dass dies zur Führung ausreichte. Phasenweise erinnerte die Situation an das Spiel in Zürich.

Rossi und Nilmar gegen die Defensive

Im Spiel ohne Ball attackierte der deutsche Rekordmeister vornehmlich in einem 4-1-4-1 aggressiv das gegnerische Mittelfeld oder schon früher, ließ aber wie Villarreal Lücken – meistens vor der recht tiefen Viererkette, welche der Schnelligkeit Rossis sowie der Aufstellung van Buytens geschuldet war. Konter bekam man so nach eigenen Ballverlusten, da die Abwehr hier zwecks Zugriff im Mittelfeld in Bezug auf Anspielstationen, Ballzirkulation und Gegenpressing höher stehen muss – die Art der kassierten Chancen war aber in beiden Fällen fast identisch. Das zentrale Mittelfeld (Senna, Mario) spielte einen (hohen oder flachen) Langpass auf die Stürmer, welche die Räume vor oder hinter der Abwehr nutzten.

Obwohl  häufig alleine gegen die Bayern-Abwehr (und später Tymoschchuk, der sich tiefer fallen ließ) und deren zurückeilenden Kollegen, konnten Rossi und Nilmar (und gelegentlich de Guzman oder Bruno, welcher neben der Defensivbeschäftigung für die andere Seite der Hauptgrund war, wieso man eher über halblinks kam) dank ihrer Klasse mindestens Gefahr versprühen, wenn nicht sogar mehr. Man erkannte einmal mehr Rossis hervorragende Spielintelligenz, Laufwege und Bewegungen sowie auch Nilmars Athletik, zudem hatten beide das komplette Stürmer-Repertoire im Programm: Vom Ausweichen, Räume schaffen über Rochieren und Kreuzen bis hin zu Klatschen-Lassen und Doppelpässen.

Zur Pause war es eine verdiente Führung für Bayern – beide Teams pressten recht proaktiv bzw. versuchten es, beide ließen Räume, aber die Bayern waren die bestimmende und dominierende Kraft mit den etwas besseren Chancen.

Zweite Halbzeit

Die Phase nach dem Wiederbeginn war jene, in der Villarreal sich am stärksten präsentierte, was vor allem an drei großen Faktoren lag: Erstens verbesserte sich ihr Pressing, welches nun einheitlicher vonstatten ging (zudem hatte man praktisch einen Spieler mehr hinter dem Ball) und die Bayern in ihrem Rhythmus erheblich störte, obwohl sie sich dennoch einige Male befreien konnten und dann riesige Räume zwischen Mittelfeld und Abwehr vorfanden. Zweitens zeigten sie nun auch mit Ball deutlich mehr von ihrem Können. Die langen Bälle wurden durch ein Kurzpasspiel zwischen den sich verbindenden Offensivkräften ersetzt, was deutlich mehr an den Stil weiter Teile der letzten Saison erinnerte. Die Außenverteidiger hielten konstant die Breite, das zentrale Mittelfeld sicherte ab, die Stürmer waren extrem beweglich und die Mittelfeldspieler fluteten das Zentrum – genau dies war hier jener zweite Grund, wenngleich sich die Sachlage etwas abgewandelt darstellte, da Cani von links und de Guzman aus dem Zentrum sich fallen ließ, während Nilmar wohl als Hybrid aus Stürmer und rechtem Mittelfeldspieler die Räume hinter Lahm ausnutzen sollte – doch was bspw. im letztjährigen EL-Spiel gegen Porto gut gelang, schlug hier komplett fehl, denn der Bayern-Kapitän spielte sehr intelligent und cool, timte seine Aktion bewusst und fast immer richtig. Nichtsdestotrotz – der dritte Punkt für die verbesserte Leistung war, dass Mario nun sehr weit aufrückte, um Ribéry sofort bei der Ballannahme zu stören und ihn damit recht gut neutralisierte.

Doch genau an dieser Schraube drehte Heynckes, um die Verhältnisse zu kippen. Es war ein zugegebenermaßen recht simpler Zug, aber er zeigte jedenfalls Wirkung: Ribéry tauchte nun immer wieder im Zentrum auf, in welchem die Bayern mit ihm und dem tiefer kommenden Kroos nun ihrerseits ein Übergewicht herstellen (Petersens Linksdrang und gelegentlich Schweinsteiger teilten sich die Aufgabe, dies auszugleichen, wobei Ersterer so einige gute Aktionen hatte) und sich immer öfter aus dem Pressing befreien, schließlich – nachdem Villarreal die durch das Umspielen entstandenen guten Konterchancen zu riskant wurden – die Kontrolle wieder ganz gewinnen konnten. Das zweite Tor durch Rafinha war irgendwann überfällig und der Sieg am Ende verdient.

Fazit

In der ersten Halbzeit war Villarreal nicht kompakt genug, um Bayern ernsthaft in Verlegenheit zu bringen. Im zweiten Durchgang lenkte Heynckes mit einer simplen Anpassung als Reaktion auf eine starke Pressing-Phase des Gegners das Spiel in die aus Bayern-Sicht richtigen Bahnen – Bayern folgerichtig und logisch auf der Siegerstraße und zufrieden.

Indista 15. September 2011 um 19:48

Sehr gute Analyse, besonders hat mir der Verweis auf vorherige Spiele gefallen, da man hier auch eine Tendenz und Entwicklung erkennen kann und dies tut der Qualität des Artikels gut.

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Jojo 15. September 2011 um 19:47

„Ribery hat endlich mal seine peinliche One-Man-Show mit erfolglosen Dribblings sein gelassen und sich aufs Flitzen und Passen konzentriert.“

Also den Kommentar kann ich jetzt mal gar nicht verstehen, ribery spielt schon länger viel manschaftsdienlicher. In jedem bisherigen Saisonspiel(und schon letzte Saison) konnte man beobachten das Ribery

1. Viel mit nach hinten arbeitet
2. Gerade mit Lahm im Rücken, eher als klassischer Winger spielt, viel häufiger den etwas einfacheren Weg über Außen geht (statt innen gegen AV und IV zu ziehen)
3. Er manchmal schon das Klose-Sybdrom zeigt, soll heißen spielt noch mal, wo man schon mal schießen könnte.

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Daniel 15. September 2011 um 11:18

Ich freue mich ja das wir mit Bayern einen so starken Vertreter auf der internationalen Fußballbühne haben. Aber dass der Reporter nach 10 Minuten von „Barcelona-light“ spricht, ist doch lächerlich.
Ribery hat endlich mal seine peinliche One-Man-Show mit erfolglosen Dribblings sein gelassen und sich aufs Flitzen und Passen konzentriert. Dennoch waren vereinzelt von ihm und auch Schweinsteiger vor Zweikämpfen diese Katz und Mausspiele zu sehen, wie sie jeder aus der Kindergarten Zeit kennt. Bayern hat sich in der Tat gut entwickelt, sie konnten das Spiel bestimmen und müssen nun lernen damit umzugehen, denn das können sie noch lange nicht.
Und es gab mehr Spieler als Nilmar und Rossi, die wesentlich besser mit dem Ball umgehen konnten als die Bayern. Die Bayern sind gut eingespielt, ein starkes Kollektiv. Aber solche starken Kollektiven gibt es viele, die dann noch richtige Stars haben und dies seit vielen Jahren. Bayern kommt gerade da an, wo die Favouriten schon seit vielen Jahren sind. Das sieht man auch daran, dass Heynckes seine Idee bei einem Gomez Ausfall ohne Mittelstürmer spielen könnte, darauf verweisen muss, dass Barcelona ähnlich spielt. Dann kann man auch gleich einen chinesischen Lagerarbeiter holen und sagen, denn nachmachen können andere noch besser.

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vastel 15. September 2011 um 17:16

Gut analysiert.

Das Problem von van Gaal war meiner Meinung nach, dass er versucht hat das Barca-Spiel auf Spieler zu übertragen, die dazu weder die nötige Ausbildung, Mentalität und Spielstärke haben und hat damit die anderen Stärken der Bayern-Spieler neutralisiert.
Einen Gomez kannst du halt nicht wie z.B. einen Villa spielen lassen. Dafür fehlt ihm die nötige Ballsicherheit und Technik. Gleichzeitig würde man damit seine physischen Stärken und seine Mittelstürmer-Qualitäten neutralisieren.
Jupp scheint das erkannt zu haben, hat das Spiel der Bayern entsprechend ihrer Stärken angepasst, erntet aber auch die Früchte van Gaals Arbeit (Ballbesitz, Kurzpassspiel, Kombinationssicherheit).

Darum finde ich es auch gut, dass sich z.B. Jogi am spanischen Spiel orientiert, aber versucht einen eigenen „deutschen“ Spielstil zu formen.

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