Adventskalender, Türchen 22: Enis Alushi

Bei den meisten unbesungenen Helden unserer Adventskalender-Reihe ist es so, dass der interessierte Fußballfan die betreffenden Spieler zwar kennt, aber nicht ihre Wichtigkeit für die Mannschaft.

Einen Mike Hanke oder Shinji Okazaki wird ein regelmäßiger Bundesliga-Beobachter kennen, häufig allerdings nicht deren Wert. Bei Enis Alushi ist es so, dass er vielen Fußballinteressierten in Deutschland sogar komplett unbekannt ist, oder besser gesagt, wäre – wenn er nicht der Lebensgefährte von der spätestens seit der Frauen-WM weithin bekannten Nationalspielerin Lira Bajramaj wäre.

Enis Alushis Profilbild auf bundesliga.de

Doch auch sportlich ist der Kosovare mindestens seit dieser Spielzeit aufgrund seiner Leistungen mehr im medialen Fokus. Mit dem SC Paderborn mischt man im Aufstiegskampf der ersten Liga mit und hält sich auf einem nie für möglich gehaltenen fünften Platz mit nur drei Zählern Rückstand auf die Tabellenspitze.

Am heutigen Donnerstag wird Alushi 26 Jahre alt. Ausgebildet wurde der zentrale Mittelfeldspieler in der Jugend von Borussia Dortmund, anschließend spielte er in Köln, wo ihm aber nie der große Durchbruch gelang. Über die Zwischenstation SV Wehen Wiesbaden gelangte der in Titova Mitrovica geborene Alushi – früher sogar deutscher U20-Nationalspieler (10 Einsätze) und mit dem DFB-Adler auf der Brust Teilnehmer an einer U19-Europameisterschaft – im Sommer 2008 zum damaligen Drittligisten SC Paderborn.

Dort wurde auf Anhieb zum Stammspieler und durfte in seiner ersten Saison den Aufstieg feiern. Auch in der zweiten Liga konnte er die Konstanz seiner Leistungen und seinen Status als Dauerbrenner beibehalten – in der vergangenen Spielzeit machte er alle 34 Partien von Anfang an und wurde nur dreimal ausgewechselt. In dieser Saison, seiner dritten in Liga zwei, ist er auch hier zu den Klassenbesten gereift.

Kaum ein Zweitliga-Kicker ist dabei so stark in Sachen Ballverteilung- und zirkulation wie Alushi, der auf der Sechserposition einen spielstarken tiefliegenden Spielmacher, wie man ihn sich nur wünschen kann, abgibt. Er spielt die sichersten – Passgenauigkeit von über 88 % – und die besten – oft auch das tödliche Zuspiel, wie am Freitag beim Sieg in Düsseldorf – Pässe, bestimmt Richtung und Rhythmus und ordnet damit die Angriffsbemühungen der Domstädter.

Alushi ist der Dirigent einer bisher herausragenden Mannschaft und tritt überaus elegant und umsichtig auf. Überspitzt gesagt, könnte man von einer gewissen Aura sprechen, die er verströmt, einer Aura des fast schon Unantastbaren. Dies führt dazu, dass er bei weitem häufiger gefoult wird (51 mal in dieser Saison), als er selbst foult (20 mal in dieser Saison) – für einen Sechser ist dies ein sehr gutes Zeugnis, wenn auch nicht so ungewöhnlich, wie es für manche klingen mag.

Defensiv beschützt Alushi seine Viererkette, steht dabei sehr tief und geht somit relativ wenig Risiko ein. Aggressives Attackieren wird von ihm meist erst ab dem eigenen Spielfelddrittel eingesetzt, bis dahin kann er sich meistens auf sein herausragendes Stellungsspiel verlassen, das ihn auch im Spiel ohne Ball als den souveränen Kontrolleur des Raumes wirken lässt. In der Tat verschiebt der defensive Mittelfeldspieler sehr sicher und gut.

Durch diese Spielweise kommt es, dass er die für einen tiefen Sechser ungewöhnlich hohe Anzahl von bereits 5 direkten Torvorlagen auf seinem Konto hat, allerdings noch kein Tor, von denen er ohnehin wenig erzielt. Zwar wurde er in seiner Karriere bereits oft als offensiver Mittelfeldspieler oder hängende Spitze eingesetzt, doch gerade in dieser Spielzeit ist er meist recht „weit weg“ vom Tor, so dass er mit seinem guten Abschluss durchaus oft abschließt (22 Schüsse in dieser Spielzeit), aber nicht trifft.

Neben seinem Stellungsspiel fallen seine Leistungen im Zweikampf – wenn er ihn eingehen muss – aber auch alles andere als ab, wovon eine Zweikampfbilanz von 57,4 % gewonnen Duellen am Boden und sogar 59,7 % in der Luft ein treffendes Bild zeichnen.

Zuletzt in Düsseldorf war Alushi eine der absolut tragenden Säulen des überraschenden Sieges mit einer erneut tollen Vorstellung – ein Spiegelbild seiner bisherigen Saison. Ein zuverlässiger, technisch sehr versierter und spielstarker Sechser mit genauen längeren Pässen, starker Zweikampfquote und Stellungsspiel im Verschieben und Abdecken von Räumen – der nächste Schritt ist nur noch eine Frage der Zeit, Mirko Slomka und Hannover haben bereits angefragt. Oder Paderborn und Alushi erfüllen sich den immer noch ein wenig illusorisch anmutenden Traum vom Oberhaus selbst…

Zirkeltraining 4. Februar 2012 um 21:32

http://www.youtube.com/watch?v=GsxNQ_DnjTU&feature=related

Auch Björn Lindemann weiß was gut ist! 😉

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Ilja 23. Dezember 2011 um 16:15

Sicherlich ein Spieler, der bei uns in Paderborn schon einigen graue Strähnchen besorgt hat und auf der anderen Seite immer wieder entzücken lässt. Seine positiven Eigenschaften wurden perfekt beschrieben und analysiert. Seine weniger positiven sind die Schusstechnik bei Standards oder der Torabschluss zum Beispiel. Zum anderen bleibt Alushi seiner Linie treu – auch wenn PB mal hinten liegt, das Spiel schneller schneller angetrieben werden muss und er vor der Mittelfeldlinie lieber einige Gegner aussteigen lässt, anstatt das Ergebnis zu drehen. Die aktuelle Saison reiht sich in die von 2009/10 ein. Beiden stehen repräsentativ für seine Höhepunkte als Profi!

Achja, danke für die Paderborn-Analysen. Freut mich, dass das Phänomen der 2. Liga, auch mal Beachtung findet und untersucht wird!

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daniel 22. Dezember 2011 um 12:07

Servus,

und vielen Dank für den bis dato besten Adventskalender. Trifft den Nagel auf den Kopf!! Werde wohl ab jetzt das ein oder andere Paderborn Spiel schauen.

😀

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daniel 22. Dezember 2011 um 12:09

Mit Adventskalender meinte ich vordergründig natürlich die Tür des heutigen Tages. Nichtsdestotrotz ist es mit Abstand mein lieblings Adventskalender 😀

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