Adventskalender, Türchen 13: Shinji Okazaki

Der fast aus dem Nichts kommende Erfolg von Shinji Kagawa zum Anfang der vergangenen Saison löste einen regelrechten und viel diskutierten Japan-Boom in der Bundesliga aus, den viele dafür kritisierten, dass man den japanischen Fußball hochjubeln würde.

Shinji Okazakis Profilbild auf bundesliga.de

Der erste Neuzugang aus der J-League unmittelbar nach Kagawas hervorragenden Leistungen war im vergangenen Winter der von Stuttgart verpflichtete Shinji Okazaki, den viele auch aufgrund des gleichen Vornamens sich als nächsten Kagawa erhofften.

Obwohl der 25-jährige Okazaki nach seinem Vereinswechsel quasi auf Knopfdruck und ohne Unterbrechungen Stammspieler beim punktemäßig gut dastehenden VfB wurde, wird er fast überhaupt nicht beachtet – weder werden im positiven Sinne seine soliden Spielen hervorgehoben, noch im negativen Sinne erwähnt, dass er nicht so eingeschlagen habe, wie es sich manche erhofft hatten. In diesem Fall wirken sich teilweise überhöhte Erwartungen scheinbar nicht auf die Leistungsbeurteilung aus.

Wenn man sich den national-kulturellen Klischees bedient, wird Shinji Okazaki diesen vollauf gerecht. Er ist ein gut ausgebildeter, schneller und wendiger sowie enorm fleißiger und emsiger Arbeiter, der seine Aufgaben immer zuverlässig und solide verrichtet, selten große Beachtung findet, bei seinem „Vorgesetzten“, dem Trainer, dafür aber umso mehr Wertschätzung genießt.

Wie auch Kagawa überzeugt er besonders mit seinem Spiel ohne Ball, welches sich wohl in drei unterschiedliche Facetten aufteilen lässt: Defensive Arbeit, läuferische Arbeit und taktische Arbeit, wobei die läuferische Arbeit ein sehr allgemeiner und grundlegender Schwerpunkt ist, der Okazaki im Grunde genommen eine starke läuferische Leistung in mehreren Bereichen (Ausdauer, Spritzigkeit) bescheinigt, allerdings auch noch eine weitergehende Bedeutung hat, denn durch seinen hohen Aufwand gelingt es dem flinken Japaner, Lücken für seine Mannschaftskollegen zu reißen. Dies geschieht in Form von gut getimten Laufwegen, mit denen er gegnerische Spieler auf sich zieht und so Räume zum Hineinstoßen öffnet oder die Doppelung eines Kollegen auflöst, oder indem er den Gegner konstant in Bewegung hält bzw. so zwischen den Linien und Mannschaftsteilen läuft, dass er ihren Bewegungen „widerspricht“.

Eng zusammen hängt dieses Öffnen von Räumen auch mit der taktischen Arbeit, da die Begriffe recht willkürlich gewählt sind, aber vor allem aufgrund der Tatsache, dass auch die beiden Aspekte, die hinter den Begriffen stehen, notwendigerweise miteinander zu tun haben. Vereinfacht gesagt bedeutet die taktische Arbeit in diesem Kontext nicht das Öffnen von Lücken, sondern das Schließen von Räumen im Sinne von Stopfen, Füllen und Besetzen. So gesehen opfert er sich für die Mannschaft auf und hat gleichzeitig die wichtige, da verantwortungsvolle, Aufgabe, die Balance im Teamkonstrukt zu erhalten.

Wenn sich Cacau fallen lässt, füllt Okazaki das entstandene Vakuum in vorderster Front, indem er weit aufrückt und die Position im halblinken Angriffszentrum übernimmt und besetzt. Wenn der offensiv eingestellte Linksverteidiger oder sogar der linke zentrale Mittelfeldspieler Vorstöße wagen, lässt er sich für die Balance in die Tiefe fallen oder bewegt sich stark ins Zentrum. Das sind seine üblichen Laufwege, mit denen er die Außenbahn öffnet oder sogar bewusst ein Loch zum Außenverteidiger in Kauf nimmt, welches der Mittelfeldmann bespielen kann.

Er wirkt dabei ziemlich unbeteiligt und isoliert, in der Tat wird er relativ wenig ins Spiel mit eingebunden (nur 32 Ballkontakte gegen Köln), was durch das viele Laufen und seine schematischen Positionierungen bedingt ist. Bei der Rochade mit Cacau versucht er beispielsweise sich für längere Pässe hinter die Abwehr anzubieten, die er diagonal erlaufen kann. Dieser Laufweg im Rücken des Verteidigers gehört zu seinen besten Waffen und hat auch schon viele seiner wenigen Tore in der Bundesliga hervorgebracht.

Leider führt diese Rolle des Japaners – und das ist die Kehrseite der Medaille – auch dazu, dass er relativ wenig an der Gestaltung des Spiels beteiligt ist und man über links wenige Angriffe spielt und seltener nach vorne kommt. Ein weiterer Vorteil der Isolation ist allerdings, dass er bei einem Ballverlust schnell und unbeachtet auftauchen kann, oftmals sogar zum Aushelfen auf der anderen Seite – diese Konzentration scheint man als Gegenmittel zum Ungleichgewicht der Seiten nun stärker zu verwenden – in der Offensive wie Defensive.

Auch wenn er wohl weiterhin nur von wenigen Leuten für seine Arbeit bei den Schwaben geschätzt wird, kann man durchaus behaupten, dass der Japaner eine sinnvolle Verpflichtung des VfB war und sich vielleicht doch noch so weiterentwickelt, dass er noch mehr ins Rampenlicht kommt, was er sicherlich verdient hätte.

laterookie58 13. Dezember 2011 um 15:40

Mit den positiven Teilen der Samurai als Fußballer ausgestattet: nahezu perfekte Grundausbildung; umfassendes taktisches Verständnis des Einzelnen und somit des fußballerischen Kollektivs; große Willenskraft und – stärke, die eigenen Fähigkeiten zum Erfolg zu führen und ausgezeichnete Physis, sich jederzeit mit jedem Kontrahenten zu messen…!
Ich erwarte das japanische Team in maximal fünf WM- Turnussen, also 2030, mit exzellenten Chancen zu siegen in einem Endspiel…

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