1. FC Kaiserslautern – Hamburger SV 0:1
Der Hamburger SV sichert sich mit dem 1:0 über den 1. FC Kaiserslautern einen wichtigen Triumph im Kampf um den Klassenerhalt.
Schon im Vorfeld war allen Beteiligten klar, dass dies ein vorgezogenes Endspiel im Kampf gegen den Abstieg sein wird. Dementsprechend nervös gingen die Teams und auch die Trainer in die Partie. Lautern-Coach Balakow schickte sein Team in einer 4-1-4-1-Formation auf den Platz. Der HSV trat in der unter Fink gewohnten 4-4-2/3-5-2 Hybridformation auf. Wer mehr über die Spielweise der Hamburger unter Fink erfahren will, dem seien unsere Mannschaftsanalyse und die Spielanalyse gegen Wolfsburg ans Herz gelegt. Alle grundlegenden Stärken und Schwächen, die in diesen Artikeln angesprochen wurden, trafen auch auf diese Partie zu.
Beide Teams spielschwach
Der HSV hatte im Spielaufbau mit fehlenden vertikalen Anspielmöglichkeiten zu kämpfen. Wenn der abkippende Sechser Jarolim und die Innenverteidiger doch einmal Kacar oder den nach innen ziehenden Ilicevic freispielen konnten, verpassten diese die schnelle Verarbeitung des Spielgerätes. Vom schnellen Ein-Kontakt-Fußball, den Fink in Basel spielen ließ, ist der HSV meilenweit entfernt.
Zudem ist mittlerweile auch bis zu Balakow vorgedrungen, wie ein Bundesligateam gegen die Hanseaten zu pressen hat. De Wit und Tiffert schoben sehr weit nach vorne und stellten die vertikalen Passwege für die Innenverteidiger zu. Das Gleiche taten auf den Flanken die etwas tiefer postierten Sahan und Derstroff gegen die Außenverteidiger. Zusammen mit Wagner, der dem abkippenden Sechser Jarolim zugeteilt war, hatte Balakows Team eine klare 1 gegen 1 Aufteilung. Auf relativ einfache Weise wurde das Aufbauspiel des HSVs komplett lahmgelegt, auch aufgrund der fehlenden Bewegung im zweiten Drittel. Das war umso trauriger, als dass gegen Lauterns doch recht offensive Verteidigung schnelle Angriffe über die Lücken zwischen Abwehr und Mittelfeld möglich gewesen wären. Dass der HSV dies erneut nicht vollbringen konnte, war beileibe nichts Neues.
Doch auch über den 1. FC Kaiserslautern brachte die erste Halbzeit keinen Erkenntnisgewinn. Dass sie sich defensiv auf einen Gegner gut einstellen können, ist für Kenner keine Neuigkeit. Ihre Probleme liegen eindeutig in der Offensive. Die mangelnde Spielstärke verhindert immer wieder, dass die Mannschaft sich gefährlich und vor allem schnell vor das gegnerische Tor kombinieren kann. Tiffert konnte aufgrund schlechter Tagesform, aber auch aufgrund seiner hohen Rolle das Spiel nicht gestalten.
Die übrigen FCK-Spieler verpassten es, Überzahlen zu schaffen oder sich klug in frei werdende Räume (bspw. neben den HSV-Sechsern) anzubieten. Dass gerade bei Kontern diese Räume da waren, bewies de Wits große Chance in der 11. Minute, als er dank eines strukturellen Lochs im Halbraum der Sechserposition das komplette Mittelfeld des HSVs überbrücken und am Sechszehner zum Schuss kommen konnte. Drobny parierte.
HSV geht in Führung – irgendwie
Es ergab sich eine äußerst spielschwache erste Halbzeit. Beide Teams waren sehr nervös, Fehlpässe und verpatzte Ballmitnahmen wechselten sich mit uninspirierten Quer- und Rückpässen ab. Die Lauterer machten dennoch einen leicht besseren Eindruck, einfach weil sie ein logisches, auf den Gegner zugeschnittenes Defensivkonzept bieten konnte.
Der HSV konnte sich nur selten befreien. Einzig Angriffe über die Außen waren eine vielversprechende Option. Wenn sie es einmal schafften, die Außenstürmer einzusetzen, konnten diese mit den aufrückenden Außenverteidigern Überzahlsituationen schaffen. Sahan und Derstroff, eher offensiv denkende Spielertypen, rückten in solchen Situationen nicht weit genug zurück. Im Eins-gegen-Eins mit den gegnerischen Außenverteidigern holte der HSV zunehmend Flanken heraus. Nach einigen ungenauen Versuchen war es schließlich Jansen, der im zweiten Versuch nach einer Aogo-Flanke das erlösende 1:0 erzielte. Bis zur Pause plätscherte das Spiel dank zahlreicher Unterbrechungen (insgesamt 43 Fouls) vor sich hin.
Finks Parole nach der Pause: Defensive
Mit dem Wiederanpfiff gab es einen leichten Strategiewandel beim HSV: Sie kehrten nun vom abkippenden Sechser ab und agierten ausschließlich im 4-4-2. Aus dieser Defensivordnung warteten sie nun relativ tiefstehend auf Lauterer Angriffe. Verteidigung ging nun vor Angriff. Dies jedoch lud teilweise die Lauterer ein, welche nun über Tiffert versuchten, die Freiräume zwischen den zwei Ketten zu nutzen. Auch Dick und Bugera rückten weiter auf, so dass sie vermehrt zu Flanken kamen.
Lautern profitierte in dieser Phase von einer numerischen Überzahl im Mittelfeld. Borysiuk machte zusammen mit den Innenverteidigern den Spielaufbau, was gegen zwei HSV-Angreifer (bzw. eher einer, Petric‘ Beitrag zum Pressing war marginal) gut funktionierte. Rückte nun ein HSV-Mittelfeldspieler nach vorne, um Borysiuk zu attackieren, war hinter ihm Platz für Tiffert und de Wit. Einige Male nutzten die Lauterer solch ein Angriffsmuster, jedoch verarbeiteten die beiden offensiven Mittelfeldspieler den Ball entweder zu langsam oder sie hatten keine Ablagemöglichkeiten horizontal neben sich. Letzteres sorgte dafür, dass sie den Angriff zu oft abbrechen mussten.
Dennoch gewann Lautern ein optisches Übergewicht, auch einzelne Chancen gab es. Der HSV wirkte zunehmen verunsichert und stand mit seinen Viererketten zu breit. Dass es nicht nochmal brenzlig wurde, verdankten sie der Lauterer Kombinationsschwäche plus der Schwäche im Abschluss. Obwohl in Halbzeit 2 die Hälfte ihrer Flanken zum Mann kam, gab es keine einzige echte Torchance nach einer solchen.
Der Lauterer Offensivdrang kühlte merklich ab, als Balakow eine zweite Spitze brauchte (75., Sukuta-Pasu für de Wit). Dass er damit so lange wartete, war richtig. Er behielt so die Überzahl im Mittelfeld auf dem Platz. Am Ende mussten sie gänzlich auf lange Bälle und Angriffe über die Flanken umsteigen. Sie konnten sich jedoch zu selten in den Strafraum kombinieren. Bei einer der wenigen Gelegenheiten, in denen sie es schafften, musste sich der HSV beim Schiedsrichter bedanken, der einen klaren Elfmeter verweigerte. Es blieb beim 1:0.
Fazit
Der HSV gewinnt trotz spürbarer Verunsicherung und schwachem Kombinationsspiel mit 1:0. Fink hat sich damit zunächst ein wenig Luft im Kampf gegen den Abstieg verschafft, die grundlegenden Probleme bei der Verinnerlichung seines Systems bleiben aber bestehen. Der HSV hat im Moment Glück, dass es mit Köln und Lautern zwei noch formschwächere Teams gibt.
Der 1. FC Kaiserslautern muss sich hingegen mit dem Gedanken anfreunden, ab August in Liga 2 antreten zu müssen. In dieser Partie hätten sie eventuell sogar einen Punkt verdient gehabt. Eine unglückliche Schiedsrichterentscheidung gegen sie und eine Handvoll guter Paraden von Drobny verhinderten dies allerdings. Über die gesamte Saison gesehen bleibt das Fazit aber bestehen: Mit einer Offensive ohne Durchschlagskraft kann der Klassenerhalt nicht gelingen. Das konnte auch der späte Trainerwechsel zu Krassimir Balakow nicht ändern, der sich zumindest taktisch bisher nichts hat zu Schulden kommen lassen.
3 Kommentare Alle anzeigen
— 31. März 2012 um 23:10
Hamburg hätte ebenso einen Elfmeter bekommen müssen als Sippel Petric mit Absicht „wegcheckt“. Deswegen gleicht sich das aus mit dem klaren Elfer für Lautern, welche sich also nicht benachteiligt fühlen dürfen.
Bastrup 31. März 2012 um 20:42
Es fällt auf, dass es dem HSV in den letzten Wochen kaum noch gelingt, den Gegner im Mittelfeld energisch zu doppeln und damit aus dem Spiel zu nehmen. Das hat z.B. in der Hinrunde in Hannover extrem gut geklappt. Gibts da irgend einen offensichtlichen Grund?
hertizworld 31. März 2012 um 19:37
Leider waren die Außen wieder nicht ballsicher genug und haben zuwenig besonders in die Mitte gearbeitet. Die Abstände der Ketten waren mit teilweise auch zu groß und es wurde auch erstaunlich wenig gedoppelt und viele Flanken zugelassen. Was den Elfer durch Kacar betrifft hast du recht allerding kann der HSV auch 2 bekommen – klarer Bodycheck von Sippel, plus Foul gg Petric. Ingesamt muss Lautern sich bei seinen schwachen Abschlüssen und seiner geringen Strafraumpräsenz beschweren und nicht beim Ref. Ein Großteil der Bälle war doch rel. einfach haltbar, bis aus die abgefälschte Murmel von de wit am Anfang. Gegen die Läufe von de Wit hätte ich mir manchmal das frühere draufgehen eines IV gewünscht da ja nur 1 echter Stürmer da war und Kacar glaub ich nicht schnell genug zurückschaltete.