Löws Flirt mit der Mittelfeldrochade
Im Spiel gegen Belgien setzte Jogi Löw das erste Mal auf ein rochierendes Mittelfeld. Nur ein Experiment oder ein Konzept für die Zukunft?
Fußballdeutschland ist sich einig: Nach dem zehnten Sieg im zehnten Qualifikationsspiel wird die DFB-Elf zum Titelfavoriten bei der EM im nächsten Jahr gekürt. Die starken Resultate in der Qualifikation haben in Teilen aber über die immer noch vorhandenen Schwächen hinweggetäuscht. Das Konterspiel der deutschen Nationalmannschaft gehört zum Besten, was die Nationalteams der Welt zu bieten haben. Sobald der Gegner aber ein dicht gepacktes Mittelfeld aufstellt, bekommt die Mannschaft Probleme, wie auch in der ersten Halbzeit gegen die Türkei zu sehen war.
Löw experimentiert
Da die Qualifikation bereits eingetütet war, nutzte Jogi Löw das letzte Qualifikationsspiel gegen Belgien, um taktisch etwas Neues auszuprobieren: Zum ersten Mal setzte der Nationalcoach auf eine durchgehend rochierende Mittelfeldreihe. Solch eine Taktik ist besonders dann nützlich, wenn man selber das Spiel machen möchte. Er setzte also an der bekannten Schwäche seines Teams an.
Das Personal für solch ein Vorhaben hat er sorgfältig ausgewählt: Da Schweinsteiger und Podolski angeschlagen waren, bekamen einige Akteure ihre Chance in der Startelf. Mit Khedira spielte ein klassischer „Box-to-Box“ Mittelfeldspieler auf der Sechserposition. Er ging im Spielaufbau oft nach vorne, während Özil sich nach hinten fallen ließ. Zwischen ihnen war meist Toni Kroos, der seine Rolle als Verbindung zwischen Defensive und Offensive wahrnahm und meist rund um den Mittelkreis zu finden war. Auch Müller und Schürrle tauschten gerne die Seiten. In einigen Situationen gingen die Beiden gar auf die Sechserposition zurück, während andere Spieler die Außen besetzten.
Diese Positionswechsel sind nicht neu im DFB-Team, allerdings wurden sie bis dato nicht in dieser Quantität genutzt. Das Mittelfeld befand sich praktisch immer in Bewegung. Feste Positionen waren kaum zu erkennen. Es passierte einige Male, dass Schürrle plötzlich den Rechtsaußen gab, während Müller auf der Sechserposition verharrte. Daran änderte sich auch wenig nach den Einwechslungen von Reus und Gündogan, die sich in das flexible System der Deutschen einfügten.
Die Vorteile einer Mittelfeldrochade
Solche Mittelfeldrochaden haben eine ganze Reihe von Vorteilen, die unser User 44² in einem Kommentar vor einiger Zeit zusammenfasste. Der größte Vorteil ist die ständige Bewegung, die sich im Mittelfeld ergibt. Dadurch dass die Spieler ständig neue Räume besetzen, werden kontinuierlich neue Passoptionen und Formationen kreiert. So wird ebenso das Besetzen von Zwischenräumen gegen dicht gestaffelte Abwehrreihen leichter – wer ständig läuft, erhöht die Wahrscheinlichkeit, in die Lücken der Verteidigungsreihen zu stoßen.
Gerade gegen abwartende Gegner entstehen so Vorteile. Die verteidigende Mannschaft, die sich in ihrem Defensivverbund aufgestellt hat, wird gezwungen, die sich freilaufenden Gegenspieler zu decken. Eine Verteidigungsmannschaft, die über eine Zonenverteidigung verfügt, muss daher über sehr gute Absprachen verfügen. Gerade das Übergeben der Gegenspieler ist sehr wichtig, damit keine Lücken entstehen. Wenn das Übergeben nicht funktioniert und ein Abwehrspieler sich so aus der Ordnung locken lässt, entstehen Lücken. Ein anderer Angreifer kann nun den frei werdenden Raum besetzen und neue Anspielstation werden. Bei einem starren System ist dies nicht so leicht möglich, da die Verteidiger im schlechtesten Fall einfach ihren Gegenspieler decken müssen.
Durch das ständige Eröffnen neuer Passoptionen kann eine Mannschaft im Idealfall Ball und Gegner laufen lassen. Der FC Barcelona und die spanische Nationalmannschaft haben vorgemacht, wie wichtig für eine dominante Spielweise die ständige Bewegung im Mittelfeld ist. Die Ansprüche an die Spieler sind dabei recht hoch: Die einzelnen Akteure müssen eine hohe Antizipationsfähigkeit besitzen, um die ständig neuen Spielsituationen zu erfassen und im richtigen Moment den richtigen Raum zu besetzen. Gedankenschnelle ist daher unersetzlich. Dazu muss die Mannschaft als Kollektiv miteinander harmonieren, sonst werden einzelne Räume freigelassen oder doppelt besetzt.
Die Nachteile einer Mittelfeldrochade
Durch die hohen Anforderungen an ein funktionierendes Miteinander braucht es einige Zeit, bis solch ein System funktioniert. Die Probleme, die man mit einer Mittelfeldrochade bekommen kann, waren daher in der Anfangsphase gegen Belgien zu sehen: Mit Müller, Khedira, Kroos, Schürrle und Özil standen fünf junge Spieler auf dem Platz, die in dieser Form noch nie zusammengespielt haben. Gerade der Bereich auf der Sechserposition blieb in der Anfangsviertelstunde aufgrund der zahlreichen Rochaden zu oft unbesetzt, so dass der Abstand zwischen Abwehr und Mittelfeld zu groß wurde.
Mit dem nicht immer harmonisch wirkenden Zusammenspiel der DFB-Elf kam ein zweiter Nachteil zum Vorschein: Gegen einen aggressiv pressenden Gegner braucht es ein gutes Aufbauspiel, damit die Mittelfeldreihe ins Spiel finden kann. Die oben erwähnte Handlungsschnelligkeit wird auch von den Abwehrspielern benötigt, damit sie die freien Mitspieler schnell erkennen können. Gegen die früh störenden Belgier war aber zu erkennen, dass gerade Mertesacker und Höwedes auf der rechten Seite immense Probleme damit hatten, die Spieler vor ihnen einzusetzen. Scheinbar war das Team von Löw überrumpelt ob der weit vorschiebenden Belgier.
Des Weiten kann ein solches System nur bei einer hohen Passgenauigkeit funktionieren. Sobald ein Team den Ball verliert, ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass der Gegner frei liegende Räume für die eigenen Konter vorfindet. Ebendies war gegen Belgien der Fall. Özil und Khedira spielten in der Anfangsviertelstunde einige Fehlpässe und ließen dabei auch noch die Sechserposition frei. Der FC Barcelona macht vor, wie man dieses Problem lösen kann: Mit einem starken Gegenpressing setzt man den Gegner nach Ballverlust direkt unter Druck, so dass diese den Ball entweder direkt verlieren oder zumindest nicht in die freien Räume spielen können. Aber gegen die früh störenden Belgier kamen die Deutschen zu selten weit genug nach vorne, um ein Gegenpressing starten zu können. Die erste Viertelstunde waren sie so eingeschnürt in der eigenen Hälfte.
Das System der Zukunft oder nur ein Experiment?
In dieser Anfangsphase hatten die Deutschen Glück, dass den Belgiern etwas der Zug zum Tor fehlte. Nach und nach befreiten sich Jogis Jungs etwas, die Probleme beim Spielaufbau blieben jedoch bis zur Halbzeit bestehen. So musste die Mannschaft erneut auf die individuelle Klasse einzelner Akteure (Özil mit einem schönen Schuss zum 0:1) und auf ihre Konterstärke (Schürrle schließt einen starken Gegenangriff zum 0:2 ab) bauen, um eine Pausenführung erzielen zu können.
Das taktische Experiment sollte man trotzdem nicht als gescheitert ansehen. In der zweiten Hälfte wurden die Prinzipien sehr gut umgesetzt. Zwischen der 50. und 75. Minute sah man so die Potenziale einer Mittelfeldrochade. Gerade Thomas Müller war eine echte Bereicherung des deutschen Spiels. Er war omnipräsent und überzeugte gar als aushelfender Sechser. Auch die eingewechselten Reus und Gündogan konnten ihre Stärken zur Entfaltung bringen. Reus pendelte zwischen Außen und Mitte, während Gündogan sehr oft zwischen 6er und 10er Position pendelte. Die neu gewonnene Passsicherheit kam auch durch die bessere Abstimmung zum Ende des Spiels – je länger die Spieler zusammenspielten, umso besser klappte das Passspiel.
Dennoch ist es fraglich, ob diese neue Taktik eine dauerhafte Lösung sein kann. Dass Jogi Löw sie bei der Abwesenheit einiger Stammspieler nutzte, war kein Zufall: Lukas Podolski würde in diesem System sicherlich keine Rolle spielen. Im Gegensatz zu Schürrle fehlt ihm die taktische Flexibilität, um die ständigen Positionswechsel zu bewerkstelligen. Er fühlt sich auf einer starren Position wesentlich wohler. Auch Bastian Schweinsteiger ist nicht prädestiniert für diese Spielidee. Bei all seinen zahlreichen Stärken gerade im Passspiel geht ihm seit dem Beginn seiner Karriere neben der physischen Schnelligkeit die Handlungsschnelligkeit ab. Es ist schwer vorzustellen, dass er wie Müller oder Özil ein Direktpassspiel auf dem ganzen Platz aufziehen kann.
Warum spielte Löw gegen Belgien so?
Aufgrund der herausgehobenen Rolle, die Schweinsteiger unter Löw bisher genoss, wirft dieses Experiment daher einige Fragen auf: Wieso testet Jogi Löw ein System, das konträr mit dem geht, was er in den ersten Spielen der Qualifikation ausprobierte? Bis jetzt wirkte es so, als steuere die Mannschaft auf eine 4-1-4-1-Formation mit Schweinsteiger als tief liegender Spielmacher hin. Das System, das in der Mitte der Qualifikation zum Einsatz kam, war auf die Stärken Schweinsteigers beim Spielaufbau zugeschnitten.
Aus diesen Gründen ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass Löw die Mittelfeldrochade nur als Alternative begreift, falls Schweinsteiger ausfällt. Da es für dessen Rolle im 4-1-4-1 derzeit keinen gleichwertigen Ersatz gibt, braucht Löw einen Plan B. Ebenso könnte Löw aber auch auf eine flexible Viererreihe im 4-1-4-1 zusteuern – der SC Freiburg der letzten Saison wäre hier das Vorbild. Bei letzterer Variante würden die Chancen für Podolski sinken und jene für Schürrle steigen.
Wie auch immer Löw sich entscheidet, das personelle Grundgerüst für die EM steht bereits jetzt. Im Mittelfeld dürften Özil, Schweinsteiger und Müller gesetzt sein, um die anderen beiden Plätze duellieren sich jeweils Kroos und Khedira sowie Podolski und Schürrle. Entschieden ist hier noch nichts, und vieles ist davon abhängig, wie Jogi Löw sein Team taktisch einstellt. Es wird spannend sein zu beobachten, wie sich das System der Deutschen in den nächsten Monaten entwickelt.
22 Kommentare Alle anzeigen
Stanil 14. Oktober 2011 um 09:55
Danke für diese Worte. Ich habe Schürrle ebenfalls nicht stark gesehen. Er hat (bisher?) nicht den Blick für Mitspieler, und sein Abschluss war bis auf das Tor auch eher ausbaufähig. Das Tor hätte in dieser Situation jeder Stürmer / offensive Mittelfeldspieler der Bundesliga machen müssen. Vielleicht nicht so hübsch anzusehen, aber das Ding war eine 1000%ige Torchance.
Podolski zeichnet gerade aus, dass er nicht nur extrem torgefährlich und schnell ist, sondern eben auch immer den Blick für den besser postierten Mitspieler hat. Ich sehe Podolski derzeit klar vorne.
Max 28. Oktober 2011 um 14:28
Hier zeigt sich natürlich, dass der durchschnittliche Fernsehkommentator noch keinen Furz in einer Fußballerhose gelassen hat… Podolski und Schürrle stehen eben genau deshabl nicht in Konkurrenz, weil sie extrem unterschiedliche Typen für die gleiche Position sind.
Und ja, Podolski ist extrem eingeschränkt, aber das wenige was er kann, kann er (an einem guten Tag) so unverschämt gut, dass man an ihm kaum vorbeikommt.
Insgesamt habe ich den Eindruck, dass Jogi entweder ganz junge Spieler beruft und ansonsten auf bewährte Kräfte setzt, denen er sehr viel Vertrauen entgegenbringt. (Klose und Podolski sind hier gute Beispiele). Bislang ist er mit dieser Herangehensweise recht erfolgreich gewesen.
didi 30. Oktober 2011 um 22:23
Erfolgreich waren Berti Vogts, Helmut Schön, oder Sepp Herberger ! yogi löw kann noch gar nichts vorweisen !
Und Podolski kannste nun mal gegen wirklich gute Mannschaften nicht zu gebrauchen!
Pippo 12. Oktober 2011 um 18:09
Natürlich bin ich auch von Löw überzeugt und möchte ihn nicht unbedingt kritisieren, muss das aber trotzdem tun: Ich warte jetzt schon länger darauf, dass die NM auch mal ein Offensivpressing aufzieht, würde doch sehr viele Probleme ausmerzen. Die nötige Zeit um das einzustudieren war meiner Meinung auch vorhanden. Scheut er da die Risiken, oder will Löw damit bei der EM die Gegner überraschen?
Philipp 12. Oktober 2011 um 16:08
Schürle ist aber ein extrem interessanter und einzigartiger Spielertyp! Ich sehe ihn aber auch mehr als Stürmer und Nachfolger von Klose für die WM 2014.
Berni 12. Oktober 2011 um 14:13
Huhu,
sauguter Artikel. Denn genau dies ist mir gestern auch aufgefallen. Und gerade in der 2.HZ hätten wir Belgien auch locker abschießen können, wenn bei vielen Spielern nicht schon die kommenden Aufgaben im Hinterkopf gespückt hätten. Sehr oft konnte sich Özil, Müller oder Khedira in freie Räume rotieren, die zugleich sehr gefährlich für die Belgier gewesen wären, doch gerade ein Schürrle hat es sehr oft nicht verstanden das zu sehen. Auch einen Kroos möchte ich hier anführen, was bei ihm allerdings eher am Bayern-Gen liegt, wonach man bei 3-0 bei einer solchen Ausgangslage einfach nichts mehr macht außer Ballsicherung.
Das Duell Podolski-Schürrle sehe ich nicht so recht für die EM. Schürrle hat noch sehr viele Defizite. Da er aber momentan von den Medien gehypt wird und ein Podolski fallengelassen wird, sehen das Normalo-Fans nicht. Im gestrigen Spiel hat Schürrle ein tor gemacht, ok, aber wenn er das nciht gemacht hätte, wäre die Leistung mit einer 5 zu benoten gewesen. Er hat so gut wie immer die falsche Entscheidung im Spiel getroffen und zahlreiche gute Möglichkeiten verstolpert oder in der Entwicklung nicht gesehen.
Bei Kroos-Khedira sieht die Sache deshalb ein wenig anders aus, weil sie sich grundlegend unterscheiden. Khedira’s Defensivspiel ist besser. Er kann gegnerische Konter verschleppen und dem eigenen Team so Zeit verschaffen wie kein anderer. Auch offensiv hat er Qualitäten, indem er oft die freien Räume erkennt und reinsprintet. Das geht einem Kroos noch ab, der dafür den besseren Pass spielen kann. Gegen Gegner wie Spanien würde ich Khedira bringen, gegen Gegner wie Polen eher Kroos. Schweinsteiger ist für mich gesetzt. Allein schon wegen der Qualität, dass er auf dem Platz den Trainer geben kann und taktische Sachen schnell erkennt.
Daniel 12. Oktober 2011 um 13:08
Einmal mehr eine sehr gelungene Analyse, Danke dafür!
Eine Frage an den Autor habe ich dennoch: Du sprichst in der Analyse von einem Zweikampf zwischen Podolski und Schürrle, siehst du Mario Götze nicht als ernstzunehmenden Konkurrenten auf dieser Position? Ich bin mir da selbst nicht sicher, da ich noch nicht durchschaut habe wie bzw. wo Jogi Löw mit Götze plant, ich persönlich würde ihn aber gerne mal auf dieser Position sehen.
TE 12. Oktober 2011 um 17:57
In der Tat, Götze lasse ich außen vor. Das liegt an den Aussagen des Bundestrainers, dass er Götze nicht unbedingt als Linksaußen sieht, auch wenn dieser selber mit der Position keine Probleme hat. Persönlich halte ich ihn natürlich für eine Option, bin aber jetzt einfach mal auf den populistischen Zug aufgesprungen und habe den Zweikampf auf Schürrle und Podolski beschränkt.
Zum Thema Götze in der Nationalmannschaft empfehle ich den sehr guten Beitrag meines Kollegen RM.
Sebastian 14. Oktober 2011 um 17:36
Hej,
sehr schöne Analyse.
Zu Götze:
Ich denke Löw möchte schlichtweg den Konkurrenzkampf hochhalten!
Nach den ersten Auftritten von Götze in der Nati sahen ihn die Medien als den ´logischen´ Linksaußen, neben den festen Größen Özil und Müller. Der Hype war extrem und Podolski galt fortan als Backup. Außerdem geriet Schürrle vom ersten Herausforderer zur dritten Wahl.
Indem Löw, vor den Mikrofonen, Götze in die Mitte schiebt, erhält Özil Konkurrenz (die, zugegeben, eher als perspektivisch einzustufen ist)
Und auf der linken Außenbahn haben wir jetzt erstmal einen (medialen) Zweikampf zwischen Podolski und Schürrle.
Aber: Wenn alle fit sind und das erste EM-Spiel ansteht, meinst du nicht, Löw wird Götze auf Links einsetzen?
Löw spricht doch immer von einem spielstarken Team, dass er haben möchte. Verschiebt sich der Leistungsstand der einzelnen Spieler nicht immens innerhalb der nächsten Monate, so muss Götze erste Wahl sein – oder nicht?
DC07 12. Oktober 2011 um 11:24
Wiederum ein gelunger Artikel, allerdings möchte ich hinsichtlich der Einwechselspieler widersprechen. Weder Reus noch Gündogan sind aus meiner Sicht besonders in Erscheinung getreten; und das sage ich als alter Gladbacher nicht gern.
HummelsFan 12. Oktober 2011 um 13:12
Die beiden hatten zwar keine auffälligen Szenen, sind aber ziemlich viel gelaufen und (um das Thema des Artikels in den Vordergrund zu rücken) rochiert!
Asti 12. Oktober 2011 um 10:31
Sehr schöne Analyse.
Einer Sache muss ich jedoch widersprechen:
Schweinsteiger mag weder schnell noch gedankenschnell sein, aber er ist geradezu prädestiniert dafür auf dem ganzen Platz zu agieren. Er wechselt quasi ständig die Position und ist ja häufig sogar als Vorlagengeber direkt im Strafraum zu finden.
Gerade deswegen finde ich das System mit Schweinsteiger interessant.
Andreas Bach 12. Oktober 2011 um 17:04
Sehr schöne Analyse. Insgesamt muss man vielleicht noch sagen, dass Mario Götzes potentieller Rolle ebenfalls einige Anmerkungen verdient hätte. Und der Anmerkung, Schweinsteiger würde Handlungsschnelligkeit vermissen lassen, muss man zumindest partiell widersprechen – SB kann sowohl one touch sehr gut, antizipiert also überaus rasch, bewegt sich extrem gut und auch und vor allem permanent im Raum (gelaufene Kilometer!), ist also ebenfalls recht bis sehr rochierfähig und ist dazu auch, wenn auch natürlich nicht der schnellste (kann man aber auch langsam nicht mehr hören), im Strafraum als Anspielpartner oder sogar Vollstrecker immer sehr gut zu gebrauchen. Zwar logischerweise nicht unbedingt nach sechssekündlichen three-touch-Formula One-Kontern – aber dahinter aufrückend und/oder absichernd bzw. wie Özil aus der Distanz/Halbdistanz nach im ersten Schritt abgefangenen superfasten Kontern oder eben Standards doch allemal, oder? (z.B. nach besagter 1-0-Ecke, die sah neu aus, hier war euer Hinweis auf die „Einzelaktion“ Özils auch nicht 100 Prozent passend – denn diese Flachpassnummer nach Ecke quer durch den Strafraum muss man mit einem, zwei Spielern an der Box absichern, wie Özil oder Schweinsteiger – und Khedira legte Özil den Ball auch sehr bewusst und passend auf die linke Klebe, und nicht den rechten Fuss – das war sehr gewollt und hätte bei weniger Abstimmung und Planung nicht funktioniert, soviel nur zum 1-0). Weiter so, ihr seid eins meiner täglichen highlights!
HummelsFan 12. Oktober 2011 um 10:26
Ich schließe mich an: Super Analyse!
Man muss schon sagen, dass wir nun ein absolutes Luxusproblem haben. Jede Position ist mindestens doppelt besetzt und kann je nach Gegner oder Spielsituation anders besetzt werden.
Ich weiß nicht wie es anderen geht, aber ich finde gerade jetzt kommt die Stärke Löws als Trainer besonders zum vorscheinen. Er hat eine starke Mannschaft und versucht sie durch seine taktischen Vorgaben noch stärker und innovativer zu machen. Man kann es richtig gut sehen, wie sich die Mannschaft seit Jahren immer weiter entwickelt.
Ich freu mich auf die EM im nächsten Jahr
Barimaan 12. Oktober 2011 um 10:02
Sehr gute Analyse, vielen Dank!
Es wird in den Medien sehr viel über Stammplätze und Startplätze diskutiert, auch zum Teil gegen Ende des Artikels. Ich kann diese Diskussion eigentlich nicht verstehen und halte sie für total überflüssig.
Ich sehe es als sicher, ja lebenswichtig an, dass Löw auch während der EM je nach Gegner seiner Aufstellungen verändert, so dass z.B. Kross (offensiver) und Khedeira (defensiver) meiner Meinung nach gar nicht duellieren, sondern wissen müssten, dass sie sich je nach Gegner und Spielverlauf ersetzen werden. Gestern konnten Sie so gar gemeinsam auflaufen und ko-exsistieren, in der Abwesenheit von Schweinsteiger wohl gemerkt. So Ähnlich würde ich es auch bezüglich Schürrle und Podolski sehen.
Insofern sehe ich überhaupt kein Duell. Es steht für mich eigentlich außer Frage, dass diese Spiele, so fern fit, alle nach Polen / Ukraine fahren werden, und im Kader zu sein, das ist das was zählt. Zum Einsatz kommen sie dann sowieso früher oder später, nur halt nicht bei jedem Spiel. Das wissen sie auch und damit müssen sie eben leben. Wenn sie jetzt auch noch duellierten und für sich den Anspruch erhöben, gegen alle Gegner anzutreten, dann hätten diese Spieler ja das ganze Löw’sche System nicht verstanden… Dann wären sie auch gar nicht in der Nationalmannschaft…
Oli Fritsch 12. Oktober 2011 um 09:32
Wie immer profunde Analyse
Uncle Jack 12. Oktober 2011 um 04:18
Erst mal: Wie immer vielen Dank für Eure tolle Webseite!
Und dann eine vielleicht ganz dumme Frage:
„Eine Verteidigungsmannschaft, die über eine Zonenverteidigung verfügt … “
Tun das nicht nun schon seit einiger Zeit alle Mannschaften (zumindest auf diesem Niveau?
( Und wenn sich das mit den von Louis angeregten Interviews machen ließe … das wäre natürlich fantastisch. )
TE 12. Oktober 2011 um 17:52
Danke für den Kommentar, das ist in der Tat eine doofe Aussage von mir. Ja, so gut wie jedes Team verfügt eine Zonenverteidigung mit Mannübergabe, nehmen wir jetzt mal Mannschaften wie Köln außen vor, die ja aktuell die rein raumorientierte Verteidigung (im Endeffekt auch nur eine andere Form der Zonenverteidigung) praktizieren (oder zumindest praktizieren wollen). Ich wollte hier eher ausdrücken, dass Positionswechsel gut sind gegen starre Verteidigungen, die ihre Zonen strikt halten. Je tiefer und gestaffelter ein Team steht, desto mehr Verwirrung kann ich durch die permanenten Positionswechsel ins Spiel bringen.
vastel 12. Oktober 2011 um 03:24
Danke für die sehr interessante Analyse!
Mir fielen die vielen Rochaden und Positionswechsel im Belgien-Spiel auch auf – gut, dass du es noch einmal so beleuchtest.
Allerdings kann dies in meinen Augen nur ein (ungewolltes) Experiment gewesen sein, denn für mich waren neben den von dir erwähnten Mertesacker/Höwedes vor allem Khedira und Kroos im Spielaufbau völlig überfordert und ich vermute, dass diese extreme Rochade so nicht unbedingt geplant war. Für mich hatte es eher den Eindruck, dass Özil sich so oft fallen ließ, weil von der Doppel-6 (bzw. 6+8) kaum bis gar nichts kam und er so das deutsche Spiel ankurbeln wollte.
Kroos und Khedira konnten die Rolle von Schweinsteiger nicht ansatzweise ausfüllen – er ist und bleibt vorerst der Motor des deutschen Spiels. Wenn der ins Stottern kommt, haben wir ein Problem.
Wie du schon richtig angedeutet hast: Es war vor allem Özils Klasse, die dieses Spiel gewonnen hat – ein Sieg, der in der Höhe für mich nicht den Spielverlauf widerspiegelt. Ein Unentschieden wäre für die jungen Belgier nicht unverdient gewesen, wenn sie etwas cleverer und weniger blauäugig gespielt hätten.
Wie sagt man so schön? Sie haben Lehrgeld bezahlt!
Ich möchte noch einen anderen Aspekt in die Runde werfen:
Es wird immer die brutale Konterstärke der DFB-Elf erwähnt. Ich frage mich:
Warum setzt man gegen spielstarke Gegner nicht wieder viel intensiver auf diese Konterstärke? Warum den Gegner nicht einfach mal kommen lassen und dann ruckzuck 3 Stationen und Torabschluss?
(Ich muss in diesem Zuge vllt. erwähnen, dass ich dem übermäßigen Possession-Play im Barca-Stil nicht viel abgewinnen kann. Zu viel ineffizientes Ballgeschiebe, welches obendrein nicht sonderlich spannend ist.
One-Touch-Fußball, wie es z.B. H96 betreibt, finde ich da wesentlich ansehnlicher und effizienter.)
Louis 12. Oktober 2011 um 02:20
Fehler im letzten Absatz: „… um die anderen beiden Plätze duellieren sich jeweils Kroos und Khedira sowie Schweinsteiger und Schürrle.“
–> Podolski statt Schweinsteiger
1. Respekt, wie schnell ihr immer einen solchen Text verfasst!
2. Hat Löw dazu (Rochaden) in den Interviews mal was gesagt? Wenn die Sportjournalisten keine Taktikfragen stellen, wäre es doch eine Idee, dass ihr eine neue Rubrik „Interviews“ einführt und ab und an mal ein interessantes führt: könnte mir schon vorstellen, dass der eine oder andere etablierte Trainer sich dazu bereit erklärt (und zum Thema Nationalmannschaft, wenn nicht Löw, vielleicht Siegenthaler…).
TE 12. Oktober 2011 um 17:48
Fehler ist ausgemerzt, vielen Dank.
Zu 2.: Interviews sind natürlich eine interessante Option, aber für uns als „journalistische Amateure“ ist es schlicht nicht möglich, an Hot-Shots wie Siegenthaler oder gar Löw heranzukommen. Ich würde auch gerne wissen, wieso Löw gestern so gespielt hat, aber vom ZDF war nicht zu erwarten, dass sie ihn dazu befragen.
Cato 18. Oktober 2011 um 15:43
Ihr könntet mal versuchen einfach bei der DFB-Pressestelle anzufragen. Ich denke schon, dass eure Seite ein gewisses Renommée besitzt, und einen Versuch wär’s wert. Vielleicht bekommt ihr ja ein Chat-Interview oder sowas 🙂
Frechheit siegt!