Bayern bestraft Bremens Sechserlücken mit zu hohem 6:0
Werder verteidigt mit eigentlich ordentlichem und recht konsequentem Plan, zeigt aber große Probleme bei den Sechsern. Die entstehenden Löcher führen gegen dominante, unaufgeregte und diesmal sehr abschlussstarke Bayern zu einer hohen Niederlage.
Zu einer Partie mit klarer Kräfteverteilung reisten die bisher sieglosen Tabellenschlusslichter aus Bremen zu den weitgehend unproblematisch gestarteten Bayern. Dabei ging es im Vorfeld in vielen Berichten allein um die Höhe des Münchener Sieges, doch auch wenn Robin Dutt bei Werder bisher vielleicht nicht unbedingt überzeugte – gerade für solche Matches wusste er sich doch immer wieder interessante Anpassungen auszudenken, weshalb man vor dieser Begegnung durchaus einiges erwarten und den Gästen ein wenig Hoffnung machen durfte. Dies spiegelte sich auch direkt in der Aufstellung, die eine Abkehr von der zuletzt meist praktizierten 4-4-2-Formation auf Bremer Seite andeutete. Statt Selke stand mit di Santo nur ein Angreifer in der Startformation, was bereits für die Grundanordnung mehrere Möglichkeiten eröffnete – von einem 4-4-1-1 mit Junuzovic als arbeitsamem, tiefem Zehner über eine 4-1-4-1-hafteren Ausrichtung bis zur Raute. Letztlich gab es das 4-4-1-1 mit Junuzovic als leicht verschobenem Zehner und einigen leichten Mannorientierungen, das insgesamt recht unspektakulär interpretiert wurde, die erste Phase der Partie noch ordentlich gestalten konnte, dann aber mehr und mehr seine Schwächen offenbarte.
Auf der anderen Seite legten die elf von Pep Guardiola nominierten Namen eine 4-3-3-hafte Anordnung mit einer fluiden Offensivabteilung und Hojbjerg als Ergänzung zu Alonso und Lahm im Mittelfeld nahe. Wenngleich der Däne auch in einer Flügelrolle der 3-4-2-1-haften Anordnung vorstellbar gewesen wäre, sollte es diese Variante werden. Dabei agierte der junge Nachwuchsmann etwas nach links verschoben, war nicht durchgehend in die Übergänge der Ballzirkulation eingebunden, sondern agierte teilweise auch etwas ausweichend, wofür Götze dann mehr einrückte als Robben auf der anderen Seite. Zunächst war die genaue Aufgabenverteilung für Hojbjerg jedoch noch etwas undefiniert, so dass er zu Beginn teilweise ein wenig im Nichts hing und die Bayern in der Anfangsphase somit noch nicht ganz so stark waren wie im Anschluss. Auf rechts gab es einige gute Synergien zwischen dem in verschiedenen Höhen immer mal wieder hereinkippenden Außenverteidiger Rafinha und dem sehr vielseitig ausgerichteten Lahm. Dieser zeigte sich in seinen Bereichen antreibend, kombinationsstark, situativ ausweichend und dann auch mal für die Kollegen raumöffnend – teilweise übernahm er hier sogar mal kleinere Aufgaben Müllers, der als Mittelstürmer meist gutes Timing für seine gelegentlichen Einbindungen fand. Ein kleines individuelles Lob noch an Rafinha für sein rückwärtiges Hinterlaufen Boatengs zum Auflösen einer leicht unangenehmen Situation beim Übergang von der achten zur neunten Minute.
Bremens Gedanken gegen den Ball
Dies war eine der wenigen Szenen höheren Pressings durch Werder, die in diesen Phasen mit engem 4-4-2-haftem Attackieren ein wenig Unruhe stiften, aber die Bayern nicht ernsthaft bedrängen konnten. Insgesamt gab es solche Ansätze auch nicht wirklich häufig zu sehen, da sie nach dem mäßigen Aufblitzen in der Anfangsphase später kaum noch genutzt wurden. Entgegen der Erwartungen zeigte sich die grundsätzliche Defensivausrichtung der Bremer in ihrem 4-4-1-1 überraschend unspektakulär und von ihren Basiselementen auch normal. Durch die etwas tiefere Positionierung von Junuzovic und die nach links verschobene Stellung von di Santo hielt das asymmetrische Konstrukt den Münchener Aufbau gerade nicht von deren starker rechter Seite weg, sondern sollte sie dort aufhalten.
Vom grundsätzlichen Plan war dies keine schlechte Überlegung der Bremer, die sich hierfür mit lokal kompakten Ballungen und einem eigenen Fokus auf den dortigen Halbraum jenem Münchener Spiel entgegen stellen wollten, das über die Dominanz dieser Zone beispielsweise gegen Paderborn eine so kontrollierte und spielstarke Vorstellung heraufbeschworen hatte. Anfangs entwickelte der Plan durch die vereinzelt starken Engenbildungen und die in erster Instanz ordentliche Kompaktheit durchaus eine gewisse Wirksamkeit. Die kleineren Herausrückbewegungen des ballferneren Sechsers erzeugten zwischendurch einige gute Staffelungen untereinander, die beispielsweise für Alonsos Pässe den Zehnerraum diagonal versperrten und den Halbraum in einem Dreieck verteidigen konnten.
Die Probleme im defensiven Mittelfeld
Doch auch wenn die Münchener aus diesen Engen zunächst einmal nicht wirklich gefährlich wurden, hatten sie doch bereits auch in jenen Situationen eine ziemlich ungefährdete Kontrolle über das Spiel und die eine oder andere Aufrückmöglichkeit. Zudem bestand ein großes defensives Problem der Gäste ansatzweise bereits in diesen frühen Phasen: Die Abstimmung ihrer beiden defensiven Mittelfeldspieler funktionierte nicht gut. Während Makiadi sich in seiner eher mannorientierten Grundspielweise einige Male von Lahm wegziehen ließ, agierte auch Felix Kroos etwas schwankend in seinem Verhalten. Mal orientierte er sich zu sehr in Richtung Hojbjerg, mal schien er vor allem die möglichen Bewegungssynergien der Münchener bei Müllers Zurückfallen abschirmen zu wollen, doch verlor er dabei zuweilen den Kontakt zur ballnahen Dynamik und dem Defensivverhalten der Mittelfeldkollegen. So gingen zwischen den beiden Sechser einige Male größere Lücken bei Werder auf, die potentiell sehr gefährlich waren.
Anfangs nutzten sie die Bayern dies noch nicht so gut aus, weil sie wegen der zunächst nicht vollends passenden Einbindung Hojbjergs und dem eigenen, durchaus auch zurückhaltenden Rhythmus das eigene Spiel in die Spitze erst finden mussten. Häufig versuchte sich der einrückende Götze mit sehr vereinzelten Bewegungen in diese Lücken freizulaufen, was aber noch nicht gut genug mit der mannschaftlichen Unterstützung abgestimmt war. Das Ausspielen dieser Ansätze um den Offensivmann gelang daher vorerst noch nicht. Die mannschaftliche Fluidität auf der starken rechten Seite driftete eher in Richtung der Schnittstellen oder leicht seitlich um das Strafraumeck hinaus, doch hier war Werder zwischen Elia und Makiadi noch recht gut aufgestellt. So dauerte es eine Zeit lang, bis die Bayern aus ihrer Anlage heraus wirklich klare Chancen erzielen konnten. Die Führung – hier mit etwas Pech für Bremen – fiel nach einer Gegenpressingaktion auf links, auf die die Gäste dann jedoch schlecht reagierten und bei der nach der abgelegten Hereingabe auch deren problematische Endverteidigung auffiel. Erst nach diesem ersten Treffer gelang es den Bayern dann zunehmend besser, die zentralen Lücken zwischen den gegnerischen Sechser konstanter, fokussierter und abgestimmter zu nutzen. Schon die ersten Angriffsversuche zwischen dem 1:0 und Alonsos Freistoßtor deuteten dies an.
Als Bayern die Lücken dann ausnutzte…
In dieser Phase versuchten es die Bremer kurzzeitig mal mit einem Seitentausch von Felix Kroos und Makiadi, der durch eine etwas erhöhte und eingeschobene Position halbrechts die defensive Dreiecksbildung gegen die starke Bayern-Seite verbessern sollte. Besonders effektiv war dieser Nebenaspekt allerdings nicht und so agierten die Gäste schon bald wieder in der anfänglichen Aufteilung. Problematisch war in der Entwicklung ab diesem Zeitpunkt eher, dass nicht nur die Bayern die Lücken der Norddeutschen immer besser nutzten, sondern dass diese ihre Spielweise einfach mit zunehmender Dauer etwas schwächer umsetzten. Das Herausrücken der Sechser geschah nun zunehmend weiter und unkontrollierter. Teilweise orientierten sie sich unsinnig übertrieben an Lahm und Hojbjerg, die aber etwas verschoben standen, so dass mit einer solchen Orientierung die Lücken noch etwas eklatanter hervortraten.
So hatten die Bayern in der Phase ab der 25. Minute bis zum Pausenpfiff dann leichtes Spiel und kombinierten sich durch das Zentrum beziehungsweise die inneren Bereiche der beiden Halbräume noch – teils durch Standards unterstützt – zu drei weiteren Toren. Dabei konnten die mannschaftlichen Strukturen nun immer mehr überzeugen: Rafinhas Hineinkippen hatte einige gute Synergien mit Lahm und Robben, Müllers leichte Zurückfallbewegungen wurden effektiver und vor allem steigerte sich die Abstimmung auf halblinks, was Götze zunehmend besser ins Spiel brachte und den Angriffen dann die letzte technische Veredelung verabreichte. Mit solchen Überladungen nutzten sie die Bremer Lücken aus, an die nun auch Götzes linke Seite wirkungsvoller angeschlossen war. Die beiden Torschützen direkt vor der Halbzeit hatten bereits im Nationaldress individualtaktisch immer wieder Kombinationsbereitschaft gezeigt.
Harmlos trotz Abstoßplan
Ohne einen einzigen Abschlussversuch enttäuschten die Bremer in der Offensive und waren überhaupt nicht gefährlich. Zwar hatten sie durchaus einen Plan, der sich auch recht konsequent zeigte, aber nicht stark genug war. Schon bei Abstößen ballten sich die Gäste auf ihrem linken Flügel, den sie mit physischer Präsenz gegen die Bayern überladen wollten. Wie generell im Aufbauspiel wurden lange Bälle in diese präsent besetzte Zone gesucht. Dafür rückten Elia und auch García weit auf, di Santo kam herüber und Makiadi teilte sich mit Junuzovic die unterstützenden Rollen auf. Mal half der Österreicher sehr weit auf der Seite und sein Kollege passte sich an oder der Zehner fiel etwas zurück und sicherte die aufrückenden Bewegungen Makiadis.
Letztlich entstand aus diesen konsequenten (am Ende waren extreme 29 % aller Zuspiele lange Bälle), aber zu simplen und nicht unbedingt einfallsreichen Ballungen kaum etwas – eine Kombination aus Boatengs Physis und bayerischem Zusammenziehen gestand Bremen nur wenig festgemachte Bälle zu und verhinderte, dass diese sich bei Ausnahmen vernünftig aus den Engen lösen konnten. Auch bei Kontern wussten die Bremer kaum einmal gute Szenen anzudeuten. Der Fokus auf die kraftvollen, weiträumigen Bewegungen di Santos und die individuell starken, durchsetzungsfähigen Läufe von Junuzovic reichten am Ende gegen das insgesamt gute und ausgewogene Gegenpressing des Rekordmeisters nicht aus.
Fazit
Die Bremer begannen diese äußerst schwierige Aufgabe mit einer eigentlich etwas besseren Ausführung von dem, was eine durchschnittliche Spielweise gegen die Bayern wäre. Auch die Münchener agierten recht beruhigt, was die Partie deutlich weniger spektakulär werden ließ als es hätte sein können – trotz der vielen Tore. Diese fielen dann nach dem passablen Start der Bremer, als die Münchener die gegnerischen Lücken im Mittelfeld besser nutzten und das Ergebnis ohne größere Aufregung oder viel Aufsehen in die Höhe schraubten. Letztlich war es wohl etwas zu hoch – die Bayern verwandelten alle Schüsse, die auf das Tor kamen. Auch die 0 Bremer Abschlussversuche und der Ballbesitzwert des FCB von 79 % unterstreichen die abgeklärte Dominanz des Tabellenführers in dieser einseitigen Angelegenheit.
7 Kommentare Alle anzeigen
muffinmaster23 23. Oktober 2014 um 10:22
Bremens Umstellung auf die 3er- bzw. 5er-Kette sollte in einer Taktikanalyse dann doch Erwähnung finden…
Schneeemann 19. Oktober 2014 um 17:14
Die Doppel-Sechs bei Bremen, bzw. die situative Dreifach-Sechs krankt seit Dutts Amtsantritt. Makiadi sollte ja deren Herz sein, ist aber auch seit seinem Wechsel in einem Formloch. Von seinen Co-Sechsern sticht Kroos aber mit schwachen Leistungen hervor. Das Bayernspiel ist sicher kein Maßstab, und die Aufgabe natürlich auch anspruchsvoll. Aber manchmal scheint mir der Junge nicht so ganz erstligatauglich
SGIAI22 19. Oktober 2014 um 09:05
2 Sachen die mir gestern besonders aufgefallen sind und die, wie ich finde, positiv zu bewerten sind, war zum einen wie schnell Bayern den Weg nach vorne in die Spitze gesucht hat, gerade Alaba war in der ersten HZ ein absolut belebendes Element auf seiner linken Seite und nach langer Zeit auch endlich offensiv wieder effektiv. Dies, gepaart mit der hohen Passgenauigkeit ab der 20. Minuten, hatte zur Folge, dass das Spiel wirklich gut anzuschauen war. Das zweite was mir aufgefallen ist, besonders in der Anfangsphase, waren die Vielzahl an langen Bällen, die of auch für die Seitenverlagerungen genutzt wurden und das trotz eines Alonsos der ja auch immer wieder den Ball fordert. Meiner Meinung nach das bisher beste Spiel in dieser Saison, ohne dass wir uns dabei wirklich anstrengen mussten, gegen eine vor allem in der 2. Hälfte der 1. HZ sehr schwache Werder Mannschaft.
Sieht so aus als ob Bayern so langsam den Plan von Guardiola immer besser umsetzt. Hoffen wir mal, dass es am Dienstag so weiter geht.
MfG
Ck 19. Oktober 2014 um 09:04
Ruhig und abgeklärt Bremen auseinander genommen. Lahm mit Doppelpack, irre. Hat ihm die Länderspielpause sichtlich gut getan. Wenn er da für sich und Bayern mal nicht alles richtig gemacht hat.
Dutt wird diese Saison nicht überstehen.
HW 19. Oktober 2014 um 10:36
Nachdem Lahm in den letzten Jahren auch der Dauerbrenner war, ohne langfristige Verletzungen (zuletzt war er noch in Stuttgart länger verletzt, glaube ich), war der Rücktritt wohl die richtige Entscheidung um das Leistungsniveau noch lange zu halten. Außerdem kann er mit 35 oder 36 auch immer noch mal für ein Turnier zurück zur N11.
Dutt wird wohl bis zur Winterpause durchgezogen. Nachdem Bode für Lemke kommt wird man versuchen eine Einheit darzustellen. Wenn sich aber kein positiver Trend abzeichnet (Bayernspiele sind ja oft der Gradmesser;) wird er irgendwann gehen.
Vor 10 Jahren war Bremen noch Meister. Ein Beispiel wie man sich ruhig und fast unbemerkt ins Abseits begibt. Werder wurde ja fast auf die Abstiegsplätze gelobt.
AlexF 20. Oktober 2014 um 10:28
Na hoffenlich kommt Lahm nicht zurück in die N11. Was mit einer Mannschaftsentwickung bei solchen Fällen passiert, kann man ganz gut im Basketball und Nowitzki beachten. Die Anderen müssen jetzt ohne ihn klar kommen und gut ist.
HW 20. Oktober 2014 um 10:50
Das ist ja nur reine Theorie. Wer weiß schon was in fünf Jahren ist und wenn es um Turniere geht kann man so was machen. In jeder N11 ist, wenn es um die Turnierkader geht, das Alter egal, wichtig ist die Leistung zu dem Zeitpunkt.