1. FC Köln – VfL Wolfsburg 0:3
Am ersten Bundesligaspieltag besiegten die Gäste aus Wolfsburg den 1. FC Köln in einer lange Zeit ausgeglichenen Partie mit 3:0. Der Ex-Kölner Helmes trat dabei als doppelter Torschütze in Erscheinung.
Neue Taktik beim FC, neues Personal beim VfL
Der neue Köln-Trainer Solbakken ließ seine Mannschaft wie erwartet in einem flachen 4-4-2 antreten. Auffällig dabei waren die extrem hohe Viererkette und die geringen Abstände zwischen den Mannschaftsteilen. Personell änderte sich im Vergleich zur Vorsaison wenig, mit Riether stand nur ein Neuzugang in der Startelf.
Felix Magath hatte nach der Pokalniederlage gegen RB Leipzig Zweifel an der Rautenformation angesprochen und ließ seine Spieler nun wie erwartet ebenfalls in einem flachen 4-4-2 spielen. Bei den Gästen durften gleich vier Neuzugänge starten, neben Russ in der Innenverteidigung waren das Salihamidzic im linken Mittelfeld, Ochs auf rechts und der gleichzeitig auch noch zum Kapitän ernannte Träsch im defensiven Mittelfeld.
Nervöser Beginn – überraschende Führung
Zu Spielbeginn waren beide Teams vordergründig darauf bedacht in der Defensive kompakt zu sein. Dadurch ergaben sich auf Wolfsburger Seite zwei Viererketten, die relativ tief aufgestellt waren und so Pässe hinter die Abwehr verhindern sollten. Mandzukic versuchte immer wieder den Kölner Spielaufbau zu stören und Pässe aus der Innenverteidigung ins Mittelfeld zu verhindern. Helmes dagegen war am Defensivspiel kaum beteiligt und zog immer wieder auf außen um sich der Kontrolle der Verteidigung zu entziehen und so bei einem Ballgewinn einen kleinen Vorsprung zu haben.
Köln baute das Spiel zunächst ruhig auf, der Ball wanderte dabei aus der Innenverteidigung schnell zu den sich immer wieder fallen lassenden DM, sodass diese das Spiel gestalten konnten. Jedoch hatte man lange Zeit Probleme durch den Wolfsburger Defensivblock zu kombinieren und auch lange Bälle auf die Stürmer brachten keinen Erfolg.
Defensiv agierte der FC sehr hoch, die Innenverteidigung schob teilweise bis kurz hinter die Mittellinie vor. Nur wenige Meter davor postierte sich die Mittelfeldkette und davor verrichtete auch Novakovic intensive Defensivarbeit, während Podolski wie Helmes auf der Gegenseite auf Konter lauerte.
Jedoch merkte man beiden Mannschaften an, dass es das erste Saisonspiel war und noch viel zu verbessern ist, gerade in der Abstimmung untereinander, insbesondere in den Abwehrketten. Auf Kölner Seite hatte der normal im defensiven Mittelfeld beheimatete Pezzoni enorme Probleme, genauso wie Linksverteidiger Eigner war er häufig nicht auf der richtigen Höhe und brachte so den gesamten Defensivverbund zum Wanken. Es war auch Pezzoni, der sich vor dem 0:1 bei einem langen Ball verschätzte und diesen unglücklich verlängerte. Mandzukic berührte den Ball im Chaos am schnellsten und schickte damit mehr oder weniger absichtlich Helmes in den Strafraum, von wo dieser den Ball sicher unter Rensing hindurch verwandelte.
Im Anschluss zog sich die Mannschaft von Felix Magath noch etwas weiter in die eigene Hälfte zurück und lauerte auf Kontersituationen, sodass der FC das Spiel machen musste, was ihm sichtbar schwer fiel.
Solbakkens Defensivkonzept geht lange Zeit auf
Offensiv war in den ersten 45 Minuten von den Gastgebern kein gelungener Angriff zu sehen, defensiv agierten sie jedoch bis zur 60. Spielminute überzeugend. Immer weiter schob sich der Defensivverbund nach vorne und erreichte so einige hochwertige Ballgewinne in der Spielfeldmitte. Außerdem wurden die Wölfe häufig zu langen, unkontrollierten Bällen provoziert, die ebenfalls zu Ballgewinnen für die Kölner führten. Allerdings war der FC im Umschalten zu zögerlich und es fehlten die Anspielstationen in der Tiefe, um diese Ballgewinne zu schnellen Kontern gegen eine kurzzeitig ungeordnete VfL-Defensive zu nutzen. Gerade Podolski und Novakovic gingen hier häufig die falschen Wege und waren nicht anspielbar, aber auch die Flügelspieler zeigten zu wenig Engagement im Spiel ohne Ball. Podolski versuchte daraufhin immer häufiger sich den Ball im Mittelfeld abzuholen, was jedoch nicht gelang, sodass der FC in der Offensive häufig nur einen Stürmer hatte und dieser zudem noch sehr gut abgeschirmt war.
Von den Gästen war nach dem Führungstor offensiv wenig bis gar nichts zu sehen, aber defensiv stand der Meister von 2009 sicher. Nach ungefähr einer Stunde wurden beide Mannschaften offensiv aktiver. Köln riskierte nun mehr und ging mit den Außenverteidigern weiter nach vorne. Daraufhin kam man zu ersten Chancen, die größte vergab Novakovic, als Benaglio den Schuss des frei auf ihn zulaufenden Stürmers abwehrte. Auch auf der Gegenseite kam der VfL nun wieder vermehrt zu Chancen. Und erneut war es Pezzoni, der mit zwei individuellen Fehlern den Wolfsburgern zu zwei Riesenchancen verhalf, die eigentlich sichere Tore hätten sein müssen.
Entscheidung in der Schlussphase
Nachdem Novakovic nach einer Auseinandersetzung mit Russ mit Gelb-Rot vom Platz musste, ergaben sich für die Gäste noch mehr Räume nach Ballgewinn, da die Gastgeber noch offensiver agierten. Dies führte zu zahlreichen Möglichkeiten, sodass die Wolfsburger schon lange für die Entscheidung hätten sorgen müssen. Diese besorgte schließlich Schäfer, dessen Eckball von keinem Akteur mehr berührt wurde und an dem erstaunten Rensing vorbei ins Tor sprang. Beim FC waren nun peinliche Auflösungserscheinungen im Rückwärtsgang zu beobachten, sodass Helmes in der 93. Minute sogar noch das 3:0 besorgen konnte.
Fazit
Das in den Medien häufig angezweifelte Defensivkonzept Solbakkens bewährte sich in dieser Partie. Der Gegner wurde weit weg vom eigenen Tor gehalten und kam abgesehen von dem aus einem individuellen Fehler resultierenden Gegentor kaum zu Torchancen. In der Offensive jedoch waren die Kölner erschreckend harmlos: Podolski fand überhaupt nicht ins Spiel, weil er zwischen den engen Wolfsburger Reihen keinen Platz fand, auch die Außenspieler blieben blass. Defensiv überzeugend, offensiv harmlos – so wird man auch in den kommenden Spielen Schwierigkeiten bekommen, Trainer Solbakken wird den Fokus in der nächsten Woche wohl auf das Offensivspiel legen müssen.
Der VfL Wolfsburg siegte im ersten Saisonspiel überzeugend mit 3:0, obwohl zahlreiche Chancen ungenutzt blieben, was in der Nachbesprechung der wohl größte Kritikpunkt Magaths an seiner Mannschaft sein dürfte. Defensiv präsentierten sich die Wölfe stabil, nach vorne biss man sich jedoch lange Zeit an der hohen Abwehrlinie die Zähne aus, die gerade Helmes Spielweise die Grundlage raubte. Als der FC aufmachte war man dann zur Stelle und gestaltete das Endergebnis für Magath zufrieden stellend. Wenn man den positiven Eindruck aus diesem ersten Saisonspiel in den kommenden Wochen bestätigen kann, erscheint ein Europapokalplatz möglich.
3 Kommentare Alle anzeigen
Kurt C. Hose 8. August 2011 um 01:54
Ich teile die Analyse des Artikels weitgehend (war im Stadion). Es war gut zu beobachten, dass lange Zeit auf beiden Seiten „nicht viel ging“, also die FC-Defensive tatsächlich „eigentlich“ gut funktionierte. Pezzonis Spiel war allerdings wirklich haarsträubend, unfassbar!
Ob die offensive Kölner Harmlosigkeit nun Solbakkens taktischem Konzept oder den Unzulänglichkeiten der Spieler geschuldet war (siehe Highlanders Kommentar) ist zum jetzigen Zeitpunkt schwer zu sagen. Auf mich hat Köln nach dem desaströsen Gegentor deutlich angeschlagen gewirkt: Man hatte Angst, noch einen zu kassieren und hat nichts mehr riskiert. Daher erklärt sich das maue Angriffspiel aus meiner Sicht am ehesten „psychologisch“ aus dem Spielverlauf.
Nach der guten Umstellung Solbakkens lief das Kölner Offensiv-Spiel dann deutlich besser: Riether für Eichner in die 4er-Kette (Seitentausch mit Brecko), Jajalo für Riether ins Zentrum und Pezko für Jajalo auf links Außen. Das hat mehr Kreativität und Ballsicherheit ins Zentrum gebracht, die Abwehr stabilisiert und beide Außenbahnen dynamischer gemacht und Köln wirkte insgesamt wieder kämpferischer. Insofern gute Halbzeit-Intervetionen von Solbakken!
Wolfsburg hatte nach dem 0:1 leichtes Spiel, hat beharrlich und mit Übersicht verteidigt und blieb aufgrund der hochklassigen Einzelspieler gefährlich im schnellen Spiel nach vorne – typische und passende Taktik wenn man auswärts gegen einen höchstens gleichwertigen Gegner führt. Hat ja auch funktioniert, wenngleich es mit mehr Glück für die Kölner auch anders hätte ausgehen können: Das Endergebnis lässt leicht übersehen, dass es in der 85. Minute noch 0:1 stand und Köln bis zu Novakovics Gelb/Roter gut mitspielte und dem Ausgleich mehr als einmal nahe war.
Highlander 7. August 2011 um 16:35
Ich kann dieser Analyse in ihren abschließenden Wertungen nicht folgen. Ein aufgegangenes Defensivkonzept habe ich nicht gesehen. Eigentlich kam Wolfsburg jedes Mal durch, wenn sie gefällig kombinierten, und produzierte auch vor dem 2:0 schon hinreichend Chancen. Wolfsburg hat nur ebenfalls nicht gerade stark gespielt. Trotzdem war die FC-Abwehr ein Torso.
Wenn das beschriebene taktische Konzept das von Solbakken sein soll, dann muss darüber noch einmal dringend nachgedacht werden. Aus meiner Sicht funktionierte es noch nicht einmal ansatzweise.
Geradezu katastrophal war das langsame Umschalten von Defensive auf Offensive. Lanig spielte (wieder einmal) so pomadig und langsam, das jeder Angriff verschleppt wurde. Chihi rennt sich meist fest. Ihm fehlt zudem das Spielverständnis. Jajalo fehlt auch die Übersicht im Spiel. Leider ist das alles nicht neu. War letztes Jahr schon genauso. Hätte man auch alles wissen können. Und hätte man in der Vorbereitung berücksichtigen müssen.
Hart gesagt war da nichts zu erkennen. Es fehlte auch jeder mannschaftliche Zusammenhalt. Die Laufbereitschaft war einfach nur traurig. Und dann wird es für eine Truppe mit so vielen technischen Unzulänglichkeiten sehr schwierig.
Dass in der Offensive wenig ging, hatte daher aus meiner Sicht mehr mit dem Spielaufbau zu tun als mit den Offensivspielern, denen allerdings der Frust in der zweiten Halbzeit zu deutlich anzumerken war. Poldi hätte man auch gepflegt auswechseln können, so sichtlich hatte der die Schnauze voll.
Niklas 7. August 2011 um 00:19
War live im Stadion, fand vor allem die Kölner Offensivbemühungen sehr harmlos. Worauf du gar nicht eingegangen bist weder im Text noch in der Grafik ist, dass die Außenspieler des FCs in Zentrum leicht einrückten, aber im Zentrum war dennoch der VFL dominant, weil sie gut verschoben und Kölns Spieler sehr unkreativ agierten und auch das Passspiel recht bescheiden war. Darüber hinaus fand ich Kölns Überlegenheit anfangs der zweiten Hälfte nicht durch die Tatsache begründet, dass Köln im vorderen Bereich viele Ballgewinne provozierte, sondern meiner Meinung nach zog sich Wolfsburg sehr weit zurück und verschob die Pressingzone etwas nach hinten. Aber auch in dieser Phase war Kölns Offensive sehr harmlos, da es dem Spiel es an Breite fehlte und das einzige Mittel schien lange Bälle auf das Sturmduo zu schlagen, doch auch in den Kopfballduellen waren die Gäste überlegen. Das Wolfsburger Offensivspiel sah dagegen besser aus, denn ihr Spielaufbau war breiter angelegt (gute Pärchenbildung von AV und Flügeln) und sie arbeiteten mit vielen Spielverlagerungen. Hierzu muss man sagen, dass das FC System darauf anfällig ist. Denn dadurch dass sowohl horizontal als auch vertikal die Abstände recht klein gehalten werden, sind sowohl Spielverlagerungen als auch Pässe hinter die Abwehr (ABwehr steht sehr hoch) sehr hilfreich für jeden FC Gegner. Vor allem mit Pässen hinter die ABwehr arbeitete der VFL in Hälfte zwei und dadurch entstanden viele Torchancen oder auch z.B. das 0:3.