Upamecano Ungenauigkeiten: eine individuelle Fehleranalyse und Reduktionsstrategien – MH

Upamecano ist einer der stärksten Innenverteidiger der Welt und Stammspieler bei einer individuell herausragend besetzten Nationalmannschaft aus Frankreich. Mit einer beeindruckenden Zweikampfführung und einer enormen Geschwindigkeit schafft es Upamecano auch die schnellsten und besten Stürmer zu verteidigen. Allerdings häufen sich individuelle Fehler vor allem im Vereinstrikot beim FC Bayern München. Welche Gründe lassen sich hierfür finden? Der folgende Artikel beschäftigt sich mit individuellen Fehlern und Reduktionsstrategien.

Arten individueller Fehler Upamecanos

Individuelle Fehler kommen in Upamecanos Spiel häufig vor. Um Reduktionsstrategien entwickeln zu können, ist es notwendig, die verschiedenen Arten der individuellen Fehler zu kategorisieren. Im Vorfeld des Artikels untersuchte ich verschiedene Spielsituationen, in denen Upamecano individuelle Fehler unterlaufen, welche in der Folgesituation Tore, große Torchancen, Elfmeter oder auch Feldverweise verursachten. Es lässt sich festhalten, dass Upamecano in gewissen Spielsituationen häufiger zu individuellen Fehlern neigt.

Fehler im Spielaufbau treten besonders häufig auf. Fehlpässe in Drucksituationen nahe am eigenen Tor führen hier zu Ballverlusten in gefährlichen Räumen. Ein Beispiel hierfür ist die 89. Minute im Bundesligaspiel am 13. April 2024 gegen den 1. FC Köln.

Fehlentscheidungen im Zweikampfverhalten sind eine weitere Fehlerquelle. Insbesondere direkte Duelle im 1vs.1 im und um den Strafraum bereiten Upamecano Probleme im Timing. Besonders Foulspiele ziehen schwerwiegende Konsequenzen nach sich, so entstehen persönliche Strafen und gefährliche Standardsituationen. Ein Beispiel hierfür ist die 73. Minute im Bundesliga Spiel am 19. März 2023 gegen Bayer Leverkusen.

Stellungsspielfehler bei Umschaltaktionen des Gegners, auch bei hohen Bällen, führen durch eine falsche Positionierung im Raum oder durch technische Fehler zu gefährlichen Kontern des Gegners. In der Rolle des Absicherers haben Fehlentscheidungen eine besonders große Auswirkung auf die Folgeaktion, da diese im Anschluss nur schwer zu verteidigen sind. Ein Beispiel hierfür ist die 43. Minute im Bundesliga Spiel am 27. August 2022 gegen Borussia Mönchengladbach.

Abstimmungsprobleme vor allem mit dem Torhüter durch mangelnde Kommunikation sorgten vermehrt für unnötig gefährliche Chancen für den Gegner. Ein Beispiel hierfür ist die 50. Minute im Champions League Viertelfinale am 11. April 2023 gegen Manchester City.

Diese Aufzählung ist weder abschließend noch eine statistisch genaue Kategorisierung aller individueller Fehler Upamecanos. Die ausgewerteten individuellen Fehler wurden ausgewählt, da sie mehrfach zu spielentscheidenden Szenen in der Folgeaktion führten.

Daten, Zahlen, Fakten

Aus einzelnen individuellen Fehlerquellen, wie beispielsweise der Zweikampfführung abzuleiten, dass Upamecano hier besondere Schwächen hat, wäre nicht gründlich genug analysiert. Vielmehr werden im Folgenden statistische Eigenschaften Upamecanos untersucht und in Zusammenhang mit seinen individuellen Fehlern gebracht. Um entsprechende Statistiken im Vergleich einordnen zu können, wurden die Statistiken von folgenden vier sehr gut performenden Bundesliga Verteidigern aus der Bundesliga Saison 2023/24 zusätzlich ausgewertet: Matthijis de Ligt (ehemals Bayern München), Jonathan Tah (Bayer Leverkusen), Waldemar Anton (VFB Stuttgart), Mats Hummels (Borussia Dortmund).

Zunächst werden relevante Statistiken, welche in Zusammenhang mit Fehlern im Spielaufbau stehen, ausgewertet. Upamecano hatte eine durchschnittliche Passquote von über 93%. Damit lag er im Durchschnitt der weiteren untersuchten Innenverteidiger. Jedoch hob sich Upamecano deutlich durch seine Anzahl an gespielten Pässen pro 90 Minuten ab. Mit durchschnittlich 81 Pässen hatte er einen deutlich höheren Wert als andere Innenverteidiger.

Dabei lässt sich als Erklärung auch nicht die hohe Ballbesitzquote der Münchner anführen, welche zu mehr Pässen im Spiel führt. Sowohl der damalige Teamkollege De Ligt, als auch Tah, welcher in Leverkusen mit Trainer Xabi Alonso auf Ballbesitz ausgerichteten Fußball spielt, kamen jeweils nur auf ca. 65 Pässe im Durchschnitt. Hier lässt sich bereits eine erste Begründung für vermehrte individuelle Fehler Upamecanos finden. Mehr Pässe bedeuten zugleich auch mehr Fehlpässe. Insbesondere die folgenschweren Fehlpässe treten statistisch gesehen dementsprechend häufiger auf.

Bemerkenswert ist zudem der Vergleich zwischen Bundesliga 23/24 und Europameisterschaft 2024, bei der Upamecano als Stammspieler in der französischen Innenverteidigung auflief. Insgesamt spielt Upamecano durchschnittlich 50 Pässe pro 90 Minuten bei der EM, während er im Vereinstrikot mit 81 Pässen deutlich mehr Aktionen hat. Eine logische Folge aus den unterschiedlichen Spielweisen der Franzosen gegenüber den Münchnern. So ist das französische Spiel weitaus weniger auf eigenen Ballbesitz ausgerichtet. Das könnte einer der Gründe für die „bessere“ Performance in der Nationalmannschaft sein.

Ähnliche Daten lassen sich für sein Zweikampfverhalten finden. Upamecano bestreitete mit 7 Defensivduellen pro 90 Minuten doppelt so viele wie De Ligt. Außerdem liegt er mit 16 Zweikämpfen pro 90 Minuten deutlich über den Durchschnittswerten aller anderen Verteidiger. Zum Vergleich, der defensivstarke Tah bestritt im Durchschnitt 12,5 Zweikämpfe pro 90 Minuten. Diese Statistiken zeigen, dass Upamecano in überdurchschnittlich viele Zweikämpfe verwickelt ist. Mit einer Zweikampfquote von ca. 60% liegt im Durchschnitt, allerdings führen mehr Duelle zu mehr Fehlern in der Zweikampfführung. Upamecanos individuelle Fehler resultieren dementsprechend auch aus der Anzahl an geführten Zweikämpfen.

Zudem zeigt sich bei der Videoanalyse Upamecanos, dass dieser einen äußerst aggressiven Verteidigungsstil im 1vs1 führt. Das drückt sich durch die hohe Anzahl an Foulspielen aus, mit 0,98 Fouls pro 90 Minuten liegt er deutlich über den Werten anderer Innenverteidiger, allerdings zeigt sich das auch darin, dass Upamecano auch statistisch gesehen einer der Innenverteidiger ist, die die meisten Balleroberungen in Gegenpressingmomenten haben. Logisch ist es, dass Upamecano mit seinem aggressiven Verteidigungsstil Schwierigkeiten in der Verteidigung an und um den Strafraum hat sowie als Absicherer und letzter Spieler der Kette, da er hier vorsichtiger als eigentlich gewohnt agieren muss. Das führt zwangsläufig zu Fehlern.

Es lässt sich festhalten, dass Upamecano deutlich mehr Aktionen und deutlich risikoreichere Aktionen pro Spiel als die meisten anderen Innenverteidiger hat und dementsprechend häufiger Fehler in seinem Spiel vorkommen. Zudem ist Upamecano durch seine aggressive Zweikampfführung anfälliger für Foulspiele, was sich besonders in Strafraumnähe auswirkt und im Verteidigen auf der letzten Linie in Umschaltaktionen. Dennoch ist diese Art der Zweikampfführung wertvoll für jedes Team und lässt sich, wie im Folgenden Abschnitt beschrieben, gewinnbringend nutzen.

Taktische Möglichkeiten zur Fehlerreduktion

Individuelle Fehler können taktisch vermindert werden. Dazu nötig ist das Einbringen von Upamecanos Stärken in das Münchner Spiel und das Vermeiden von Situationen, in denen Upamecano zu Fehlern neigt.

Es gilt, die Schwere der Fehler werden minimiert durch das Reduzieren des Risikos einzelner Aktionen. Upamecano kommt es aufgrund seiner genannten Schwächen im Umschaltspiel auf letzter Linie entgegen, dass Frankreich hauptsächlich im Abwehrpressing verteidigt. Somit wird Upamecano fast immer durch einen weiteren Mitspieler abgesichert. Fehler werden nicht sofort bestraft und haben keine so großen Auswirkungen.

Upamecano wird aufgrund der engen Abstände im tiefen Abwehrpressing immer abgesichert und unterstützt.

Dennoch ist das keine Option für Bayern München. So spielen die Münchner traditionell einen durch Ballbesitz auf Spielkontrolle fokussierten Fußball. Zudem dominiert ein hohes Angriffspressing den Spielstil der Bayern. Um also das Risiko Upamecanos Zweikämpfe zu minimieren, ist es wichtig, ein effektives Gegenpressing zu spielen. Ein gutes Vorbild dazu ist die Spielweise der Spanier bei der EM 2024.

Diese schafften es durch eine Ballbesitzstaffelung mit zumeist eingerückten Außenverteidigern in der Halbspur und Sechser Rodri im Zentrum kaum defensive Umschaltmomente zuzulassen. Die beiden spanischen Innenverteidiger kamen nur seltenst in die risikoreichen Situationen eines defensiven 1vs1 auf letzter Linie gegen einen offensivstarken Angreifer verteidigen zu müssen.

Spanische Zonenbesetzung gegen England: in der 2-3 Staffelung sind die Halbräume und das Zentrum hinter dem Ball immer besetzt

Denkbar für das Münchner Gegenpressing ist eine auf Upamecanos Stärken in der Vorwärtsverteidigung ausgerichtete Variante. Um Aktionen Upamecanos auf der letzten Linie zu vermeiden und seine Stärken im Gegenpressing zu fördern, könnte statt mit einem in die Halbspur einrückenden Außenverteidiger, mit dem vorrückenden Upamecano situativ das Zentrum oder die Halbspur verstärkt werden. Zu berücksichtigen gilt es allerdings, dass Upamecano im Ballbesitz vor der ersten gegnerischen Pressinglinie agieren sollte, um seine starken gegnerüberwindende Schnittstellenpässe im Spielaufbau spielen zu können und dass bei Ballverlust eine Absicherung des Raumes hinter dem dann aufrückenden Upamecano sichergestellt wird.

Gegenpressingsituation: der in der 4er Kette nach Ballverlust aufrückende Upamecano erzeugt Überzahl in Ballnähe, allerdings entsteht im Rücken unabgesicherter Raum.

Um Upamecano unter diesen Voraussetzungen im Gegenpressing in eine offensivere Rolle zu bringen und nicht mannorientiert auf der letzten Linie verteidigen zu lassen, sind unterschiedliche Ballbesitzstrukturen und folglich unterschiedliche Staffelungen in der Restverteidigung möglich. Im nominellen Münchner 4-2-3-1 kann beispielsweise mit einem abkippenden Sechser und inversen Außenverteidiger ein 3-2 Aufbau entstehen. Hier kann Upamecano als Rechter Innenverteidiger bei Ballverlust problemlos vorrücken und eine 2-3 Staffelung im Gegenpressing erzeugen, ohne die nötige Absicherung des Raumes hinter ihm zu verlieren.

Aus einer 3-2 Aufbaustruktur bzw. in der Torwartkette 4-2 Aufbaustruktur kann Upamecano eine offensivere Rolle im Gegenpressing einnehmen, welche für ihn zur individuellen Fehlerreduktion geeignet ist.

Ebenso möglich wäre es mit einem dazu defensiv einrückenden Außenverteidiger, wie beispielsweise Stanisic, eine 3-2 bzw. 3-3 Staffelung bei Ballverlust zu erzeugen, ohne dass Upamecano an die Restverteidigung in letzter Linie gebunden ist. Diese Vielzahl an möglichen Strukturen sind taktisch variabel und somit auf den Gegner anpassbar. Für die Münchner dabei hilfreich ist es, mit Guerrero und Kimmich über zwei äußerst flexible Außenverteidiger bzw. Sechser zu verfügen.

Für den Ansatz Upamecano in Gegenpressingsituationen offensiver einzusetzen, spricht zudem seine Athletik und Körpergröße im offensiven Umschalten nach Ballgewinn. Insbesondere bei Ballgewinnen aus dem Gegenpressing ist der Gegner häufig weniger gut defensiv gestaffelt, da dieser sich bereits in einer offensiven Umschaltphase befindet. Im eigenen offensiven Umschalten kann Upamecano somit mehr Präsenz in die gegnerische Box bringen und für Torgefährlichkeit sorgen.

Ein aggressives Gegenpressing bringt zudem den Vorteil mit sich, weniger häufig im Spielaufbau in der eigenen Hälfte unter Druck aufbauen zu müssen. Durch das Verhindern gegnerischer Angriffe, kommt es seltener zu Spielaufbau Aktionen. Auch Zweikämpfe in der Nähe des eigenen Strafraums werden weniger häufig geführt, da diese bereits in der gegnerischen Hälfte ausgetragen werden.

Eine weitere Möglichkeit, um die Anzahl an Zweikämpfen von Upamecano zu reduzieren, ist das Einsetzen eines defensivstarken Sechsers vor der Abwehrkette. Palinha könnte dementsprechend die Performance Upamecanos steigern.

Im Spielaufbau lassen sich weitere taktische Möglichkeiten finden, um Upamecanos Fehlpässe zu reduzieren. Eine hohe Torwartkette hat den Vorteil, jederzeit eine zusätzliche Anspielstation zu haben und Druck von den Innenverteidigern, somit auch Upamecano, zu nehmen. Mit dem spielstarken Manuel Neuer lässt sich diese perfekt praktizieren. Unter dem neuen Trainerteam wurde die hohe Torwartkette auch bereits häufiger genutzt.

In der hohen Torwartkette schafft Neuer Überzahl und nimmt Druck von Upamecano im Spielaufbau.

Eine weitere Fehlerquelle in Upamecanos Spiel sind Abstimmungsprobleme mit Mitspielern. Diese traten häufig mit anderen Münchner Neuzugängen auf. So auch in der Champions League gegen Manchester City mit Yann Sommer im Tor der Münchner. Offensichtlich liegen Upamecanos Stärken momentan nicht in der Führung und Kommunikation. Folglich ist es für Upamecano nötig, durch erfahrene Führungsspieler unterstützt zu werden. Umso wichtiger ist es, dass mit der Rückkehr von Manuel Neuer ein absoluter Führungsspieler Upamecano unterstützen kann. Dabei kommt es Upamecano zugute, dass Neuer unter dem neuen Trainerteam um Vincent Kompany im Spielaufbau gegen tief stehende Gegner deutlich höher mitspielt.

Psychologische Ursachen und Reduktionsstrategien für fehleranfällige Spieler

Upamecano neigt dazu, in wichtigen Spielen mit besonders viel Druck vermehrt individuelle Fehler zu machen. Beispiele lassen sich hier einige anführen. Das Champions League Viertelfinale gegen Manchester City, das entscheidende Bundesliga Spiel gegen Leverkusen um die deutsche Meisterschaft oder auch das Champions League Achtelfinale gegen Lazio Rom. Abhilfe schaffen können hier auch sportpsychologische Strategien zum Umgang mit Stresssituationen unter Druck.

Die Ursprünge für solche Probleme können wie bereits erläutert einen taktischen Hintergrund haben. Aber auch psychologische Ursachen können eine gewisse Fehleranfälligkeit erklären. Eine selbsterfüllende Prophezeiung kann ins Positive wie auch ins Negative führen. Die Annahme der Fehleranfälligkeit führt zu mehr individuellen Fehlern. Wissenschaftliche Studien gibt es zu diesem Phänomen einige. Zum Nachlesen geeignet wäre beispielsweise der Rosenthal-Effekt.

Gleichzeitig gibt es wissenschaftlich nachgewiesene psychologische Methoden, welche zur individuellen Fehlerreduktion genutzt werden können.

Kognitive Umstrukturierungen können dabei helfen, mentale Barrieren zu überwinden. Negative, selbstlimitierende Gedanken werden durch positive, motivierende Überzeugungen ersetzt. Dies geschieht bewusst durch innere Selbstgespräche, die auf positive Formulierungen abzielen. Das ist allerdings eine Methode, welche professionelle Unterstützung erfordert und somit keine unmittelbare Leistungssteigerung verspricht.

Moments of excellence sind hingegen einfacher erfolgreich und schnell umzusetzen. Das Ziel ist es, sich an das sehr Gute zurückzuerinnern, um sich in eine bestimmte emotionale Grundstimmung zu bringen. Besonders geeignet ist diese Methode für Fußballer unmittelbar vor dem Spiel. Zur individuellen Fehlerreduktion werden sich vergangene Spielszenen vorgestellt, welche in schwierigen Situationen besonders gut gelöst wurden. Am Beispiel Upamecanos könnten das gewonnene Zweikämpfe am eigenen Strafraum sein. Selbstverständlich funktioniert dieses Konzept nicht nur mit der eigenen Vorstellungskraft. Das Vorspielen von Videos kann ähnlich hilfreich sein.

Ähnlich funktioniert die Methode der Visualisierung. Hier stellen sich Sportler komplexe Bewegungsabläufe vor der eigentlichen Ausführung vor, was zu einem erfolgreicheren Ergebnis führt. Ähnliche Abläufe sorgen somit für eine erfolgreichere Anwendung. Beispielsweise lassen sich im Spielaufbau unter gegnerischem Angriffspressing ähnliche Muster anwenden, da diese im Training einstudiert werden können. Sich diese Abläufe unmittelbar vor dem Spiel bzw. auch unmittelbar vor Ausführung eines Abstoßes vorzustellen, verspricht eine weniger hohe Fehleranfälligkeit.

Eine weitere vielversprechende und einfach umzusetzende Methode ist das Einstudieren von Ritualen. Feste Abläufe helfen dabei, sich zu fokussieren und bereits gezeigte Leistungen zu wiederholen. Sie vermitteln ein Gefühl von Sicherheit und sind deshalb besonders wichtig, um in Spielen mit viel Druck konsistent zu bleiben. Außerdem können sie dabei helfen, die Aufmerksamkeit auf sich ändernde Bedingungen zu richten. Das ist im Übrigen einer der Gründe, weshalb Heimspiele einen so großen Einfluss auf das Ergebnis haben. Das gewohnte Umfeld sorgt für gewohnte Rituale.

Die vielleicht wichtigste psychologische Reduktionsstrategie ist das unmittelbare Coaching des Trainers, welches individuell sowie situativ variabel sein sollte. Fehleranfälligere Spieler sollten insbesondere in schlechteren Phasen besonders viel gelobt werden. Das Verhältnis Lob und Kritik sollte generell mindestens 3:1 sein. Individuell fehleranfällige Spieler tendieren zu einem weniger hohen Selbstvertrauen, was wiederum zu mehr Fehlern führt. Um eine solche negative Spirale zu durchbrechen, sind viel Lob und Zutrauen nötig.

Es gibt unzählige weitere sportpsychologische Methoden, welche zur individuellen Fehlerreduktion genutzt werden können. Je nach Spieler können diese auch unterschiedlich erfolgreich sein und müssen zunächst erprobt werden.

Das Fazit

Die Gründe für Upamecanos Fehleranfälligkeit liegen keinesfalls ausschließlich bei dem Spieler selbst. Eine Kritik an Upamecanos individuellen Fehlern ist auch eine Kritik an der Rolle Upamecanos im Spiel des FC Bayern. Die Schwierigkeit für das neue Trainerteam liegt nun darin, eine passende Rolle für Upamecano im Spiel des FC Bayern zu finden.

Generell lässt sich festhalten, dass individuelle Fehler allgemein trainierbar, coachbar und vermeidbar sind. Der Trainer hat Einfluss auf das Verhalten seiner Spieler sowohl psychologisch als auch taktisch. Das gilt nicht nur für das Profitrainerteam von Bayern München, sondern auch für jeden Amateurtrainer im Fußball. 

Autor: MH ist Fußball-Aficionado von Herzen. Seine Wohnung gleicht einer Fußball-Bibliothek in deren Regalen Bücher über die großen Taktiker von Rinus Michels bis Pep Guardiola stehen. Das Buch von Spielverlagerung.de fehlt hier natürlich nicht. Für MH ist Fußball nicht nur ein Spiel. Es ist ein Lebensgefühl.

Taktik-Ignorant 16. September 2024 um 18:09

Bei Boateng dauerte es eine Weile, bis er eine feste Position hatte. Wegen seiner Schnelligkeit wurde er gerne auch als Außenverteidiger eingesetzt, und zwar auf beiden Flügeln. Letzten Endes hat er sich mit der Erfahrung stabilisiert, nicht nur dank seiner Nebenleute, sondern auch weil er selber etwas vorsichtiger, aber auch cleverer zu Werke ging und mit verbesertem Stellungsspiel die Gefahr, in riskante Aktionen gehen zu müssen, verringerte.

Upamecano hingegen spielt konstant auf der IV-Position, und es ist, wie im Artikel richtig hervorgehoben, bemerkenswert, dass er im Nationaldress (und, so sollte man hinzufügen, früher bei Leipzig) überzeugt, während im Bayerndress die Aussetzer auffällig sind (insbesondere auch z.B. letzte Saison im Vergleich mit De Ligt (der umgekehrt im Nationaldress Probleme hat) und Dier.
Dabei kann dann der statistische Faktor (wer mehr arbeitet, macht auch potentiell mehr Fehler) eine Rolle spielen, aber auch die individuelle Entwicklung (und das scheint mir ein Problem, denn ich sehe nicht, dass sich die Dinge mit mehr Erfahrung verbessert hätten) und die Einbindung in den Abwehrverbund (dass die Bayern-Abwehr vom Mittelfeld zu oft alleine gelassen wird, dürfte stimmen, aber dagegen spricht, dass sich die Fehleranfälligkeit unter verschiedenen Trainern (Nagelsmann, Tuchel, Kompany) nicht wirklich ändert).

Antworten

Taktik-Ignorant 16. September 2024 um 18:10

Sorry, war als Antwort auf den Beitrag von Koom gedacht.

Antworten

Koom 17. September 2024 um 13:04

Naja, die Erklärungsansätze im Artikel zu Upamecano fand ich schon recht schlüssig. Bei den Bayern spielt er sehr exponiert und sehr offensiv. Insgesamt sehr viel mehr Aktionen, dadurch steigt dann auch die Wahrscheinlichkeit eines Patzers.

Unabhängig davon: Upamecao ist phyisch absolute Weltklasse. Schnell, robust, gute Technik, guter Kopfball, gut im Zweikampf. Man kennt das ja auch durchaus das Spieler mit „allem Talent“ – wie Upamecano – dann letztlich Konzentration/Ernsthaftigkeit/Disziplin vermissen lassen, um wirklich unabfechtbar Weltklasse zu sein.

Das Problem wird halt letztlich aus 2 Richtungen zu bearbeiten sein: Upamecano muss sich etwas besser dosieren (ich denke da bspw. an Lucio, der auch vom mittelstürmenden IV zu einem deutlich seriöser arbeitenden IV sich wandelte) und die Bayern müssen schauen, dass sie ihrer IV mehr helfen. AV und DM müssen da mehr zuarbeiten, absichern und stören.

Antworten

tobit 17. September 2024 um 13:24

Ich denke nicht, dass es bei Upamecano nur an der Konzentration mangelt. Also auch, aber mehrheitlich ist er einfach ein Spieler der wahnsinnig viele sehr schlechte Entscheidungen trifft. Er ist wie du sagst körperlich und technisch sehr gut, deswegen gehen viele davon irgendwie gut – aber die Fehlerfrequenz ist so viel höher als bei anderen IV dieser Art (Lucio, young Boa, Sokratis), dass er eben für einen Topklub nicht tragbar ist. Klar spielt auch mit rein, dass Bayern ihn in eine so exponierte Rolle gedrängt hat ohne ihn entsprechend abzusichern (der Hauptunterschied zu seiner Rolle für Frankreich und Leipzig).

Für eine Lösung des Problems ist es bei Upa denke ich zu spät, ihm fehlt einfach viel zu viel bei den Basics der Entscheidungsfindung als dass das jetzt noch aufzuholen wäre. Einzige Lösung ist, wieder zu einem Team zu wechseln, wo Aufbauspiel weitgehend vermieden oder wenn vom Mittelfeld gemacht wird. Real 2017-2021 wäre eigentlich das perfekte Umfeld gewesen, wenn er nicht nach jedem dicken Fehler sofort mental komplett kollabieren würde.

Antworten

Koom 13. September 2024 um 16:39

Interessanter Artikel. Und immer wieder fiel mir Jerome Boateng dabei ein. Der war jahrelang ein sogenannter „Bruder Leichtfuß“ – was sich im Grunde genauso wiederspiegelte wie die Tatsachenbeschreibung von Upamecano: Engagiert, gefordert, risikofreudig. Fehler, weil er auch viel machte.

Absolute Weltklasse wurde Boateng dann unter Heynckes und Guardiola, die beide eine funktionierte, gut zusammenarbeitende Defensive schufen, wo die Stärken Boatengs (Paßspiel, Speed) voll zur Geltung kamen und durch die stets gute Defensivstruktur die Schwächen abgefangen wurden.

Die Bayern sind spätestens nach Thiagos Ende hinten eigentlich selten souverän. Viele individuelle Wechsel, wenig Ordnung, wenig Führung. Viel krankte dabei vor allem im Sechserraum, der oft verwaist war. Diese Aufgabe ist dann für einen Verteidiger sehr undankbar, wenn die Angriffe fast ungestört auf ihn prallen.

Antworten

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*