Nagelsmann-Elf trotzt dänischen Wetterbedingungen – MH

2:0

Nach einem fulminanten Gruppensieg der deutschen Adler inklusive Last-Minute Tor durch Niklas Füllkrug wollte sich die Deutsche Elf nun auch im Achtelfinale gegen den nördlichen Nachbarn aus Dänemark durchsetzen. In Vorbereitung auf das Spiel sollte sich Bundestrainer Julian Nagelsmann nicht nur auf einen wahnsinnig kompakten dänischen Mittelfeld-Pressingblock einstellen, sondern in Anbetracht der Wetterlage auch das ein oder andere Paar Ersatzsocken parat haben.

Julian Nagelsmann veränderte seine Startelf auf 3 Positionen. Für den gesperrten Tah rückte Nico Schlotterbeck in die linke Innenverteidigung. Der zuletzt stark aufspielende Raum ersetzte positionsgetreu Mittelstädt. Anstelle von Flo Wirtz startete Sané, der wohl aufgrund seiner Geschwindigkeit den Vorzug erhielt. Kasper Hjulmand wiederum ersetzte Wind durch Skov Olsen und den gelb gesperrten Morten Hjulmand durch Delaney.

Deutschland startete dominant mit schnellen Ballrückeroberungen durch eine im Ballbesitz enge Staffelung um den Ball. Dennoch entwickelte sich ein ausgeglicheneres Spiel mit längeren dänischen Ballbesitzphasen, die den Dänen ins Spiel verhelfen sollten.

Dänisches Mittelfeldpressing

Dänemark agierte größtenteils aus einem kompakten mid-block heraus, jedoch phasenweise forecheckend in einem mannorientierten Angriffspressing. Im mid-block spielte Dänemark mit einem 5-2-3, um Druck auf die deutschen ballführenden Innenverteidiger ausüben zu können. Wenn man an Höhe verlor, schloss man die Halbpositionen enger und agierte im 5-4(/1-3)-1 mit Skov Olsen und Eriksen etwas tiefer, sowie Delaney raumorientiert als alleinigen Sechser, um den Kettenzwischenraum noch kompakter zu halten. Generell stand man sehr eng gestaffelt, wodurch Bälle zwischen die Ketten ein seltenes Phänomen wurden.

Vor allem Skov Olsen fiel dadurch auf, dass er immer auf der Lauer lag vor Spielverlagerungen auf Kroos, um den deutschen Chef-Aufbaustrategen aus seiner klassisch im Spielaufbau auf LIV agierenden Position unter Druck setzen zu können. Sein Pendant auf der anderen Seite Dänemarks, Christian Eriksen, hielt sich hingegen bedeckt und rückte selten und deutlich weniger aggressiv auf den RIV Rüdiger heraus. Wohl mit ein entscheidender Grund warum wir so häufig, die noch im Laufe des Spiels wichtig werdenden langen Bälle, von Rüdiger ausgehend sehen sollten.

Der deutsche Spielaufbau veränderte sich von seiner Statik her nicht gegenüber den vorherigen Spielen. Weiterhin bauten die deutschen im königlichen Stil aus einem 3-1 Aufbau mit Kroos als linkem Innenverteidiger auf. Auch Sané kam ähnlich wie Wirtz aus dem Halbraum agierend, während die deutschen Außenverteidiger hochschoben. Während man auf dänischer linker Seite mit dem etwas passiveren, dafür aber effektiver passwegschließendem Eriksen arbeitete (zu Lasten Sanés), musste auf der rechten dänischen Seite aufgrund des aggressiveren Anlaufens gegen Kroos, Andersen als RIV deutlich weiter aufrücken bei entgegenkommendem Musiala. Gleichzeitig konnte Raum den dänischen RAV Bah binden, wodurch dieser nicht mehr hinter Andersen absichern konnte. Es ergab sich hinter dem RIV Dänemarks ein Raum, welcher allerdings zunächst kaum belaufen wurde.

Danish Dynamite

Das situative Angriffspressing Danish Dynamite‘s war hingegen größtenteils mannorientiert. Die wohl entscheidensten Duelle: die äußeren Innenverteidiger Dänemarks schoben auf die deutschen Halbraumspezialisten Musiala und Sané drauf, da man im Mittelfeldzentrum mannorientiert spielte. Gleichzeitig schob der ballnahe AV hoch, um den deutschen Außenverteidiger im 4-2-3-1 zu attackieren. Ballfern schob der dänische AV in die letzte Kette und man schob mit +1 ballnah durch, um Überzahl in der letzten Kette zu behalten. Ein durchaus erfolgsversprechendes Rezept – nicht nur gegen die deutsche Elf, jedoch mit dem Risiko der hochschiebenden äußeren Innenverteidiger. Die deutschen Tore waren ein Resultat aus diesem Risiko und den späteren Veränderungen Nagelsmanns.

Deutsches Mittelfeldpressing mit mannorientiertem Mittelfeld

Deutschland verteidigte auf ähnlicher Höhe wie Dänemark im mid-block. Im eigentlichen 4-2-3-1 verteidigte man gegen das dänische 3-4-3 im Spielaufbau. Den 3-2 Aufbau Dänemarks attackierte man mit einem 3-1 Pressing in vorderster Linie. Die hochstehenden Außenverteidiger wurden ballnah von den deutschen Außenverteidigern aufgenommen, die entsprechend breit stehen mussten. Dadurch entstand ein großer Raum zwischen IV und AV.

Durch das linkslastige Spiel der Dänen fiel das besonders zwischen Rüdiger und Kimmich auf. Die mannorientierten Andrich und Kroos spielten gegen Eriksen und Skov Olsen. Skov Olsen ließ sich immer wieder zwischen Schlotterbeck und Raum fallen, wodurch Kroos zunächst defensiv als eine Art LIV agieren musste. Auf der anderen Seite lief Eriksen sehr häufig im Rücken von Andrich in den Raum zwischen Rüdiger und Kimmich. Bei Entgegenkommen von Höjlund, der damit das Rausziehen Rüdigers bewirkte und breit stehendem Kimmich, gab es allermeist Abstimmungsprobleme zwischen den 3 deutschen Akteuren. Dazu rückte Schlotterbeck nicht komplett ein, wodurch sich dieses Muster der Dänen unzählige Male wiederholte und die deutschen von Glück sprechen konnten, dafür nicht bestraft worden zu sein.

Ähnliche Probleme zeigten sich im deutschen Angriffspressing. Durch das breite Stehen der 3 dänischen Stürmern im 3-4-3 und das Herausziehen der AVs, musste Kroos als LIV Schlotterbeck unterstützen und Andrich halbrechts vor der Kette Rüdiger, damit man nicht in Unterzahl/Gleichzahl in letzter Linie stand. Es entstand im Zentrum ein großer Raum, in den Delaney als 6er teils hochschieben konnte, um Andrich in die Zwickmühle zu bringen zwischen +1 in letzter Linie herstellen und das Zentrum schließen. Durch die gleiche gegenläufige Bewegung von Wind und Erikssen konnte Dänemark Tiefe herstellen.

Deutsches (Mittelfeld-)Pressing ohne Mannorientierung im Mittelfeld

Die Spielunterbrechung in der 35. Minute konnte Nagelsmann für einige Umstellungen nutzen.

Im Angriffspressing agierte Andrich fortan als ZIV, aufgrund des linkslastigen dänischen Spiels konnte Raum sich etwas fallen lassen, um ein +1 in letzter Linie wieder herzustellen. Das hatte zur Folge, dass Kroos als raumorientierter 6er spielen konnte und die deutschen deutlich erfolgreicher im Angriffspressing wurden. In erster Pressinglinie konnte man deutlich aggressiver vorschieben, da man Kroos als Absicherer zur Verfügung hatte.

Im mid-block spielten die Deutschen jetzt auch mit einem 3(/5)-1 mit Andrich als ZIV und Kroos als raumorientierter Sechser. Somit konnte man den davor unzählige Male tiefgehenden Erikssen durch Rüdiger in letzter Linie in Manndeckung nehmen. Durch den raumorientierten Kroos, hatte man vor der Kette einen weiteren Spieler, der Linienüberspielende Pässe abfangen konnte. Die Dänen kamen kaum noch tief und wurden, wenn überhaupt, durch seltene Umschaltmomente aus dem Spiel heraus gefährlich.

Offensive Anpassungen

Auch offensiv passte Nagelsmann das deutsche Spiel an. Das für lange Bälle anfällige Mittelfeldpressing der Dänen sollte fortan mit Pässen hinter die letzte Kette überspielt werden. Mit gegenläufigen Bewegungen sollte die deutsche Offensive die mannorientierten Halbverteidiger Dänemarks rausziehen. Die Deutschen waren dabei äußerst variabel mit Havertz/Gündogan, Sané/Havertz oder auch Havertz/Musiala als Gegenläufer. Besonders gut funktionierte das entsprechend gegen den weit aufrückenden Andersen sowohl im Angriffspressing, als auch im mid-block der Dänen.

Der Elfmeter zum 1:0 entstand aus genau so einer Aktion. Die Dänen im Angriffspressing schoben mit Andersen auf den entgegenkommenden Havertz drauf. Gleichzeitig ging Musiala tief, woraufhin der Ball hinter die letzte Kette durch Schlotterbeck erfolgte. Fast gleiches Spiel fand vor dem 2:0 statt. Die gerade ins Angriffspressing aufrückenden Dänen, rückten mit Andersen besonders aggressiv auf Musiala. Dieser konnte durch eine Lauffinte nach kurzem Entgegenkommen in die Tiefe im Rücken von Andersen durchstarten. Der Pass von Schlotterbeck in die Tiefe erfolgte prompt. Nebenbei sorgte Havertz für ein 3gg3 ballnah gegen die eigentlich im +1 agierenden Dänen auf letzter Linie, da er aus deutscher Sicht links neben den ZIV Dänemarks schob. Dieser konnte entsprechend genauso wenig wie der auf Raum aufrückende Außenverteidiger Dänemarks im Rücken Andersens absichern.

2:0 durch Musiala in der 68. Minute

Fraglich ist, ob man dem etwas blass bleibenden Sané nicht damit einen Gefallen hätte machen können, indem man ihn mit Musiala die Seite hätte tauschen lassen. Auf der linken Seite hätte Sané als Linksfuß wahrscheinlich deutlich besser in die Tiefe kommen und seine Schnelligkeit nutzen können, da er mit Ball auf seinem gegnerentfernten Bein Richtung Tor hätte ziehen können. Allerdings spricht der Erfolg der beiden Tore natürlich für sich.

Nach dem 1:0 durch Havertz veränderte Hjulmand seine Herangehensweise, um offensiv mehr Durchschlagskraft zu entwickeln. Die Dänen versuchten jetzt häufiger ballfern die letzte Linie zu überladen mit einem durchschiebendem 6er, dem offensiven Außenverteidiger, Höjlund und dem jeweiligen Halbspieler. Der darauf folgende Diagonalball sorgte durch die Unterzahl Deutschlands für Probleme. Das nötige Matchglück und das richtige Timing zum 2:0 verhalfen jedoch den Bundesadlern zum letztlich verdienten Sieg. Es zeigte sich einmal mehr, dass in einem knappen Spiel Standards eine entscheidende Waffe sein können. Das wichtige 1:0 fiel dreimal aus einem Standard. Jedoch wurden die Ecke Deutschlands sowie das Freistoßtor Dänemarks wieder aberkannt. Der Elfmeter von Havertz hatte Bestand und lenkte das Spiel auf die deutsche Seite. Umso positiver, dass fast jeder Standard der deutschen Mannschaft ein einstudiertes Mittel war.

Fazit

Zum wiederholten Male lässt sich festhalten, dass Deutschlands Man of the Match, der guten Leistungen Rüdigers zum Trotz, Julian Nagelsmann war. Mit Pragmatik schlägt Schönheit lässt sich das Mittel gegen die Dänen gut umschreiben. Die langen Bälle gewinnen zwar keinen Schönheitspreis, dem EM-Titel ist die Nagelsmann Elf dafür einen Schritt weiter entgegengekommen. An dieser Stelle muss wohl an Per Mertesackers Interview bei der WM 2014 erinnert werden: „Ich leg mich jetzt erstmal drei Tage in die Eistonne, dann analysieren wir das Spiel und sehen weiter.“

Autor: MH ist Fußball-Aficionado von Herzen. Seine Wohnung gleicht einer Fußball-Bibliothek in deren Regalen Bücher über die großen Taktiker von Rinus Michels bis Pep Guardiola stehen. Das Buch von Spielverlagerung.de fehlt hier natürlich nicht. Für MH ist Fußball nicht nur ein Spiel. Es ist ein Lebensgefühl. Auf X ist er unter Mh_sv5 zu finden.

tobit 29. August 2024 um 11:20

Dieser Kader ergibt für mich nicht so wirklich Sinn. Gündogan ist einfach gar nicht ersetzt worden. Die Kroos-Absicherer sind beide noch da, der bei der EM schon überzählige Koch auch. Rüdigers Kaderplatz als RIV bleibt auch unbesetzt.
Einzig eine erneute Verschiebung von Havertz könnte da zu einem halbwegs sinnvollen Konstrukt führen, das sich aber dann sehr deutlich von der EM-Idee unterscheiden würde. Aber so sind es einfach zu viele Neuner für den einen Startelfplatz.

Erwartete Aufstellung (die dann erwartbar beschissen spielt):
Füllkrug
Wirtz – Musiala – Havertz
Groß – Andrich
Mittelstädt – Schlotterbeck – Tah – Kimmich
ter Stegen

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Koom 29. August 2024 um 17:17

Naja, wenn du weder über Pavlovic noch Stiller nachdenkst, dann mag man zu dem Schluss kommen. Und Rüdiger ist für dich der Unfußballer der Welt, aber jetzt suchst du dringend jemand bzw. vermisst ihn? Was ist denn los? Warum denn so fuchsig und attackierend?

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tobit 29. August 2024 um 20:58

Ich glaube einfach nicht, dass die sofort spielen. Man nimmt sie jetzt dazu, damit sie lernen und integriert werden. Und Rüdigers Positionsprofil ist halt nur noch einmal statt mehrfach im Kader. Und zwar mit Anton, den Nagelsmann als reinen Not-Backup zu sehen scheint.
Es wäre mehr mit dem Kader möglich, aber ich bin nicht zuverlsichtlich, dass man diese Potenziale wirklich realisiert.

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Taktik-Ignorant 31. August 2024 um 15:27

Es ist auch nicht so einfach, einen Kader umzubauen, dem so viel Erfahrung und Qualität abhanden kommt. Die vier Zurückgetretenen haben zusammen mehr Länderspiele und mehr Nationalmannschaftsjahre auf dem Buckel als das aktuelle 23er-Aufgebot.

Dabei hat mich alleine der Rücktritt von Gündogan überrascht, er ist genauso alt wie Groß und hätte die WM durchaus noch spielen können. Aber es gibt halt physische Grenzen, denen der aktuelle Terminkalender des Profifußballs nach der Aufblähung der Wettbewerbe im Vereins- wie im NM-Fußball nicht mehr gerecht wird, woran FIFA und UEFA gleichermaßen die Schuld tragen. Daher der eher frühe Rückzug von Gündogan und auch damals von Kroos, obwohl die Leistung noch top war.

Anders als der Rücktritt von Kroos war der von Gündogan unerwartet. Vermutlich hat Nagelsmann damit gerechnet, Gündogan nach hinten ziehen zu können und ein System zu spielen wie Völler gegen Frankreich; dazu fehlt ihm aber jetzt das zentrale Element, und er muss improvisieren.

Pavlovic ist noch nicht so weit, Kroos oder Gündogan im Mittelfeld ersetzen zu können, wie auch der Auftritt in Wolfsburg gezeigt hat. Kimmich hat die Mittelfeld-Rolle in der NM schon oft gespielt, nicht unbedingt schlecht, aber doch hinter den (hohen) Erwartungen zurückbleibend. Er ist aber auch auf der AV-Position keine Ideallösung, insgesamt aber doch so gut, dass es nachvollziehbar ist, wenn die Trainer ihm eine Platz suchen.

Andere Baustellen bleiben weiter bestehen: ein wirklich international richtig guter Mittelstürmer fehlt, dahinter sind mit Wirtz, Musiala und Havertz drei Spieler für eine Position (zentral hinter den Spitzen); Nagelsmann hat dieses Dilemma durch viel Rotation im Spiel und Verschiebung auf die Außenpositionen zu lösen versucht, was aufgrund der Qualität der Spieler nicht völlig schiefging, aber auch nicht wie eine Ideallösung daherkommt.

Die Baustelle AV (auf beiden Seiten) bleibt bestehen, und da ist auch kein Nachwuchs in Sicht. In der IV ändert sich erst einmal wenig. Rüdiger gehört für mich fest dazu, und bei der vorhandenen Offensivqualität braucht die NM dringend Leute wie ihn, die die Verteidigung als Berufung sehen und nicht glauben, sie müssten auf der IV-Position einen zweiten Toni Kroos abgeben. Dass sein Posten frei bleibt, liegt daran, dass der neue Kader ein Kader für 2 Spiele ist. Weshalb es übrigens ferner für mich auch nachvollziehbar ist, dass Andrich auch nach dem Kroos-Abschied weiter nominiert wird.

Brandt scheint die neue Saison so anzufangen, wie er die alte aufgehört hat: unkonstant, mit vielen kreativen Ideen, aber überhasteter Umsetzung und (selbst im Verein) mangelnder Abstimmung mit den Mitspielern.

Schön wäre es, wenn auch Sané und Gnabry bald wieder zurückkämen und auch Adeyemi sich steigert, dann wären auf den Offensivaußen-Positionen richtig gute Alternativen da. Auch ein Goretzka würde Qualitäten mitbringen, die der NM noch guttun könnten.

Was die Neuen wie Pavlovic oder Stiller anbelangt, so wird Nagelsmann sie sicher jetzt heranführen wollen und müssen, und beide dürften Einsatzzeiten bekommen. Dass es jetzt beim Start holprig kommt, ist aber absehbar, dafür sind mit Kroos und Gündogan zwei zu wichtige Spieler jetzt weg (Neuers Ausfall hingegen dürfte durch Ter Stegen voll kompensiert werden).

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Daniel 2. September 2024 um 23:28

Kroos‘ erster Rücktritt erfolgte denke ich nicht aus Altersgründen. Er dürfte eher keinen Bock mehr gehabt haben, der Prügelknabe für alle Probleme der N11 zu sein. In Deutschland fokussiert sich irgendwie die Kritik immer auf genau einen Spieler, der dann als Sündenbock durchs Land getrieben wird. Früher war das Gomez, dann Kroos, momentan scheint Kimmich den Job zu haben.
Gündogans Rücktritt finde ich hochgradig logisch. Dass er die WM noch spielen könnte ist reinste Spekulation, das sind noch fast zwei Jahre. Und grad in diesem Altersbereich sind zwei Jahre extrem viel. Bis 33 können viele ihr Leistungsvermögen halbwegs halten, bis 35 ist schon sehr selten.

Was an den AV so schlecht sein soll erschließt sich mir nicht. Finde Henrichs, Mittelstädt und Raum so schlecht nicht und Netz ist ein spannendes Talent. Von der Ideallösung Lahm mal abgesehen war die deutsche N11 da in den letzten anderthalb Jahrzehnten meist schlechter besetzt und in der IV ist die Auswahl grad auch nicht so viel besser.

Sané soll erstmal wieder richtig fit werden, wenn er das nicht ist ist er nämlich mehr Hemmschuh als Hilfe. Ihn mit zur EM zu nehmen war ein Riesenfehler, seine unsauberen Ballannahmen haben jede deutsche Offensivaktion zuverlässig beendet. Generell ist bei ihm weniger definitiv mehr…wenn er zu viele Spiele in den Knochen hat stürzt die Leistung erst massiv ab und dann kommt eher früher als später eine Verletzung. Von mir aus könnte Kompany ihn gern noch bis Weihnachten schonen…vielleicht würde man dann mal in den wirklich großen Spielen einen Sané in Bestform erleben

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Taktik-Ignorant 8. September 2024 um 09:10

Sané wurde m.E. im vergangenen Frühjahr verheizt, weil die Bayern angesichts der Leverkusener Überlegeneheit in der Buli alles auf die CL setzen mussten und dafür ihren besten Kader brauchten. Das hat man bei der EM Spielern wie Musiala, Sané oder auch Kane angesehen. Gestern sah das dann bei Musiala schon wieder ganz anders aus. Auch ansonsten war das deutsche Spiel gegen Ungarn sehr ansehnlich, die Rücktritte fielen nicht ins Gewicht. Wenngleich der Gegner auch nicht wirklich ein Maßstab war: so viel respektvollen Abstand haben die Ungarn den Deutschen gegenüber lange nicht mehr gehalten.

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Koom 9. September 2024 um 09:36

Ja, es gehören immer 2 zum Tanz. Ich denke mal, die N11 bietet es momentan nicht so wirklich an, dass ein Gegner da in eine Lust zum Zerstören reinkommen kann, weil die sehr flink unterwegs sind. Will damit sagen: Spielt die N11 nur ein Stück feige/behäbig, erleichtert und ermutigt das den Gegner, der dann auch mehr Elan hat, selbst giftig zu werden.

Das bietet die N11 momentan nicht an. Momentan haben die einfach eine sehr gute Energie, da fallen auch kleinere oder größere Fehler nicht so sehr ins Gewicht, weil sie die mit der gleichen Energie wettmachen. Die Frischzellenkur hat da offenbar einiges geholfen.

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Taktik-Ignorant 9. September 2024 um 16:52

Jaja, die berühmten Basics, z.B. dass Fußball ein Bewegungssport ist. Und wenn eine Mannschaft engagiert zur Sache geht (und auch nicht nachlässt), tut sie sich leichter. Die große Frage vor dem Ungarn-Spiel war halt, wie der Verlust zentraler, mit hoher fußballerischer Qualität gesegneter Leistungsträger wettgemacht würde. Ob die Antwort (Groß/Andrichs) im DM, Kimmich weiter auf rechts, sich auch gegen andere Gegner bewährt, wird man vielleicht schon morgen sehen. Pavlovics Debut machte jedenfalls Hoffnung, dass da weitere Perspektiven sind. Havertz und Füllkrug zusammen sah auch nicht schlecht aus, beide kamen zu einer ganzen Menge Chancen, schienen sich gut zu ergänzen. Die Statik schien insgesamt zu stimmen, wennglich nicht immer, weil auch die Ungarn große Räume vorfanden und zu einigen Chancen kamen. Mal sehen, ob es noch eine Nachlese gibt, vielleicht eine summarische nach dem Holland-Spiel.

Koom 10. September 2024 um 10:15

Ist natürlich auch immer Kopfsache. Das es gegen Ungarn oder zuletzt bei der EM gegen Schottland so gut funktionierte, tut bei einem Neustart immer erst mal gut. Man hat zuletzt sich fast immer sehr schwer getan gegen Gegner wie Ungarn, da ist ein starker Sieg schon was anderes.

Ich hoffe hier auch auf Nachlese. Generell bietet der deutsche Fußball momentan einen Schwung spannender Projekte für sowas wie Spielverlagerung. Nationalmannschaft, aber auch Bayern, Stuttgart, Dortmund sind durchaus interessante Dinge im Wandel.


tobit 19. August 2024 um 22:01

Nach Kroos ist jetzt auch der zweite integrale Bestandteil des deutschen Mittelfelds abgetreten. So langsam wird Nagelsmann kreativ werden müssen, wenn er Kimmich rechts lassen will.

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AG 20. August 2024 um 08:54

Hm, Gündogan hat nie eine derart tragende Rolle wie zuletzt Kroos gespielt. Von daher sollte es eigentlich genug MIttelfeldspieler für die deutsche NM geben, um das aufzufangen. Aber da Kimmich mich sowieso nicht ganz überzeugt als erneuter AV, hätte ich auch nichts gegen ihn im Mittelfeld zurück. Gerne auch mal in einer Kroos-artigen Rolle weiter zurückgezogen, damit er nicht das ganze defensive Mittelfeld alleine verteidigen muss. Neben Andrich o.ä. ginge das natürlich auch, nur nicht zu weit vorne, damit er maximal ins Ballbesitzspiel eingebunden werden kann (und er genug Platz für sein Quarterbacking hat).

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tobit 20. August 2024 um 09:52

Naja, 1zu1 ersetzbar ist keiner von beiden. Und Gündogan war noch der beste Kroos-Ersatz. Jetzt hat man nur noch Pavlovic und Groß als Aufbauspieler im Mittelfeld. Das ist schon ein ziemlich heftiger Qualitätsverlust gegenüber zweimal pure Weltklasse. Und man kann eigentlich immer nur einen von beiden bringen, weil es überhaupt keine Backups für ihre Fähigkeiten gibt.

Ich würde Kimmich ja wenn im Mittelfeld dann so weit vorne wie möglich halten. Er ist einfach kein Quarterback wie Kroos. Bayerns 1:0 im Pokal hat finde ich sehr gut gezeigt, wo seine größten Stärken liegen.
Wenn ich so drüber nachdenke fände ich ihn als Gündogan-Nachfolger auf der Zehn ganz interessant, wenn man das EM-System auch ohne Kroos weiterspielen will.

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Koom 20. August 2024 um 11:42

Kimmich als 10er (quasi) würde ich auf jeden Fall bevorzugen gegenüber Kimmich als 8er oder 6er. Auch dort geht ihm die Pressingresistenz ab, aber das lässt sich auffangen, weil direkt hinter und neben ihm genügend Leute sind, die ihn absichern können. Meinetwegen kann er sogar sich zurückfallen lassen und den Spielaufbau ankurbeln, solange er nominell den 10er macht und hinter ihm 2 DMs/ZMs und 2 IVs stehen. 😉

Die Reste einer großen Generation der N11 ist nun abgetreten. Aber es rücken langsam auch wieder neue Spieler nach, die, mit etwas Glück, in ihre Fußstapfen treten können.

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Daniel 20. August 2024 um 09:53

In der Nationalelf läuft nunmal alles in Zwei-Jahres-Blöcken. Gündogan ist nur ca ein halbes Jahr jünger als Kroos, bei der WM wird er fast 36 und Neuer 40 sein. Erfahrungsgemäß können nur ganz wenige in diesem Alter noch auf dem Niveau der deutschen N11 spielen. Wenn das auf einen der beiden zutrifft kann man ja im Stile von Toni Kroos immer noch vom Rücktritt zurücktreten-aber für die nächsten anderthalb Jahre ist ein Rücktritt für beide Seiten besser. Der Spieler verbraucht seine schwindenden Kräfte nicht für Test- und Qualifikationsspiele und der Verband kann versuchen, jüngere Kräfte heranzuführen. Win-win.

Kimmich zurück ins Mittelfeld ist die einzig richtige Entscheidung-auch er wird in Nordamerika schon 31 sein. Mit spritzigen und antrittsstarken hatte er schon in seinen Zwanzigern Probleme und das wird in den Dreißigern bestimmt nicht besser. Außerdem ist er nach den Rücktritten von Kroos und Gündogan klar der beste Mittelfeldspieler und auf rechts steht mit Henrichs ein Spieler bereit, der sich vor Kimmich’s Konkurrenz im Mittelfeld nicht verstecken braucht.
Kimmich rechts und Kroos, Gündogan+Zerstörer im Mittelfeld wäre mutmaßlich eine (deutlich) bessere Kombination für die so enttäuschenden Turniere 2018, 2021 und 2022 gewesen. Für diese verspätete Erkenntnis kann man sich jetzt aber auch nix mehr kaufen.

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tobit 20. August 2024 um 10:54

Neuer wird garantiert weitermachen. Und, dass er nicht mehr der beste deutsche Torwart ist, hat die Bosse in den letzten 5 Jahren ja auch nicht gestört. Wahrscheinlich wird er jetzt sogar wieder Kapitän.

Ich finde die Rücktritte von Gündogan, Kroos und Müller absolut nachvollziehbar. Und so nach einer Nacht drüber schlafen, fallen mir dann doch ein paar interessante Mittelfeldspieler ein, die man mal ausprobieren könnte. Pavlovic ist ja eh eingeplant, Stiller könnte sowohl die zentrale Sechs als auch die Kroos-Position einnehmen. Könnte denke ich auch gut mit Pavlovic zusammenpassen und eine etwas weniger klare Rollenverteilung in Offense/Defense als Kroos/Andrich ergeben. Reitz und Röhl kann man perspektivisch für die 10 hinter Kimmich aufbauen. Auf der Doppelsechs sehe ich die erstmal noch nicht, dafür müsste man Andrich und Pavlovic zu einem Spieler (Rodri) fusionieren.

Bis auf die ersten beiden Spiele bei der WM2022 hat Kimmich bei Turnieren (EM16/21/24, CC17, WM18) immer hinten rechts gespielt. Aber da fehlte halt bei den unerfolgreichen immer der defensive Mittelfeldspieler neben Kroos/Gündogan.

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Koom 20. August 2024 um 11:38

Ich hoffe sehr, dass Nagelsmann mit Energie bei der Sache bleibt und diese Situation als Chance sieht. Schon vor der EM hat er „ohne Not“ (nunja) die Strukturen erfolgreich geändert. Das wird nun noch wichtiger.

Ich hoffe aber, dass Kimmich weiter erfolgreich (!) in der Nebenrolle bleibt. Und das ein Mittelfeld gefunden wird, dass vielleicht weniger dominant als Kroos ist, aber vielleicht durch mehr Flexibilität insgesamt gefährlicher sein wird.

Gute Namen wurden genannt, ich würde auch tatsächlich Brandt dazu mit reinwerfen, auch wenn der ebenfalls etwas älter ist. Aber der ist auch ein Arbeitstier, macht vorne Wege, kümmert sich. Wäre auch ein Kandidat für die Gündogan-Rolle.

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tobit 20. August 2024 um 12:23

Ich traue den jungen durchaus zu ähnlich dominant zu werden. Aber dafür muss man halt konsequent auf Dominanzspieler setzen und Andrich rausnehmen, der ja einzig als Kroos-Absicherer reingekommen ist und auch nur dafür als Stammspieler Sinn ergibt. Dass Nagelsmann sich das traut, bezweifle ich aktuell. Und Rüdiger müsste dann eigentlich auch raus um zusätzliche Dominanz aus der Abwehr aufzubauen. Das sieht dann schnell wie ein fundamentaler Umbruch aus (obwohl es nur die logische Fortsetzung des so gelobten EM-Wegs wäre), gegen die sich in Deutschland ja grundsätzlich immer gewehrt wird.

Klar wäre Brandt auch ein Kandidat für die Zehn. Glaube aber, dass Nagelsmann nicht so viel von ihm hält wie du oder ich. Und er hat seine Formschwankungen zwar viel besser im Griff als zu Leverkusener Zeiten. Aber ich glaube (wie Nagelsmann wahrscheinlich auch) nicht, dass er in der N11 sein volles Potenzial abrufen kann, einfach weil er so abhängig vom blinden Verständnis mit seinen Passempfängern ist.

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Koom 20. August 2024 um 13:18

Rüdiger rausnehmen würde ich nicht machen. Der ist auch kein Hinderungsgrund für Dominanz. Der macht das bei Real und zuletzt bei der N11 eigentlich ziemlich gut, auch mit Ball. Man sollte auch nicht versuchen, ein Endlos-Ballbesitzspiel aufzuziehen. Ich finde eigentlich diesen Mix aus Ballbesitzspiel und Überraschungsschnellangriffen schon sehr sexy.

Klar, da merkt man auch, dass ich eher den Klopp- Ansatz mag gegenüber Guardiola. Aber gepflegte, geplante Hektik ziehe ich durchaus übermässiger Kontrolle vor.

tobit 20. August 2024 um 14:46

Ich finde Rüdiger ohne Ball ganz ok mittlerweile, wenn er es schafft zu spielen wie bei der EM (großes wenn, dafür beißt und rangelt er zu gerne). Am Ball ist das aber einfach Mist. So viel Bälle sind entweder technisch schlecht gespielt oder bringen den Empfänger unter Druck. Hat schon Gründe, dass er bei Real z.B. im Supercup komplett vom Aufbauspiel ferngehalten wurde und man ihn lieber als Dummy-Läufer nach vorn geschickt hat. Wenn du deinem mäßig spielstarken TW (frisch aus einer Verletzung) mehr Aufbauqualität zutraust als deinem „besten“ IV der letzten Saison …
Die anderen IV schließen Schnellangriffe ja auch nicht aus, bringen ihre Risiko-Aktionen (die es für schnelles Spiel oft braucht) sogar eher öfter durch als Rüdiger. Und um Endlos-Ballbesitz geht es auch nicht (kann man mit dieser N11 eh nicht erreichen), nur halt um ein Aufrechterhalten des Dominanzlevels in allen Phasen des Spiels. Und das erfordert ohne Gündogan und Kroos halt ein paar andere Spielertypen als mit ihnen.

Ganz ehrlich fand ich Klopps Ansatz zuletzt so ziemlich genau das, was man Pep immer vorwirft. Klopp musste halt irgendwann lernen, mit tiefstehenden und sich nicht locken lassenden Gegnern umzugehen – wirklich geschafft hat er es nie. Es war immer uninspiriertes Geschiebe bis TAA oder Salah einen genialen Moment hatten. Peps Teams sahen da in den letzten Jahren viel dynamischer und vielseitiger aus (was gerade in Deutschland ja immer Klopp zugeschrieben wird), weil sie auch diese Gegner doch gelockt bekommen haben und im Zentrum strukturell allen anderen wahnsinnig überlegen waren (ohne Gündogan und KDB natürlich nicht mehr so krass wie mit beiden).

Koom 21. August 2024 um 10:49

Ich finde deine Urteile da immer etwas zu extrem. Natürlich ist Rüdiger kein Rastelli am Ball, aber er ist auch kein Schwachpunkt. Andere passen besser, aber wenn man ihn isoliert, weil man sich Patzer erhofft, dann kommen diese nicht. Er ist ziemlich stabil in seiner Leistung.

Zum anderen: Über Klopp und Guardiola zu diskutieren und dabei Nationalmannschaften zu meinen ist ein schlechter Vergleich. Nationalteams können sich nie so schön eine Mannschaft zusammenkaufen, haben nie die intensive Trainingszeit. Und natürlich ist die Aufgabe mit überwiegend nur KO-Spielen auch anders als Liga-Betrieb.

tobit 24. August 2024 um 21:51

Den Klopp/Guardiola Vergleich hast du doch angefangen? Und ich hab keine Nationalmannschaften gemeint.

Bei „Schwachpunkt am Ball“ ist im Lexikon daneben ein Bild von Rüdiger. Klar ist das für nen Mittelklasseteam ok, aber bei der N11 und bei all seinen Topteam-Stationen ist er immer der mit Abstand schlechteste am Ball gewesen.
Ich will ihm zugute halten, dass seine schlechten Aktionen wenigstens berechenbar sind. Ein Welttrainer kann sie also halbwegs OK ins Spiel einbinden, anders als bei einem David Luiz (wo der gelegentliche Geniestreich der Grund für die tolle Karriere war) oder Emre Can (ohne Worte).

Koom 26. August 2024 um 11:17

Das mit dem Vergleich war nicht auf dich bezogen, nur allgemein. Die Methodik von Guardiola kann aus Nationalmannschaftsniveau nur funktionieren, wenn man das über Jahrzehnte, von der Jugend an und idealerweise auch vom Vereinsfußball so durchzieht. Spanien macht das tatsächlich recht gut.

Mir ging es eher mehr darum, dass Klopps Fußball im Herzen quasi eine Kick’n Rush Variante ist. Also das, was er ursprünglich gemacht und auf die Spitze getrieben hat, nicht unbedingt seine letzten Liverpool Jahre. Ich rede gern in Analogien, weil ich glaube, dass man damit mit weniger Worten verständlicher wird. Klappt nicht immer. 😉

Und zu Rüdiger kommen wir wohl nicht zusammen. Ich hab da einfach nen geringeren Anspruch und finde es auch cool, wenn jemand Boateng Laserpässe spielen kann – halte das aber eher für ein Feature und nicht für Pflicht.


Taktik-Ignorant 2. Juli 2024 um 09:09

Ich fand es eigentlich imposant, wie es den Dänen in Halbzeit 1 gleich zweimal gelungen ist, das deutsche Offensivspiel nach einigen Minuten zu kontrollieren und wieder ins Spiel zurückzufinden. Ein Aspekt, der mir in der Beschreibung etwas fehlt, ist die Breite, die die Dänen dabei nutzten, indem ihre Außenspieler konsequent die Linie hielten. Dänemark konnte das Spiel auseinanderziehen, und die Deutschen bekamen kaum Balleroberungen.

Insgesamt zeigte das deutsche Spiel viele Anfälligkeiten; der Raum zwischen Kimmich und Rüdiger wurde schon angesprochen, auch das recht einfache Herausholen von Freistößen im Halbfeld durch ungeschickte deutsche Fouls gehört für mich dazu.
Gegen Spanien wird es notwendig sein, deutlich kompakter zu stehen. Und Sané oder Havertz werden sich Fehlschüsse frei vor dem gegnerischen Tor nicht mehr leisten können. Denn die deutsche Mannschaft wird wohl nur selten in die Nähe des spanischen Tores kommen.

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Koom 2. Juli 2024 um 10:34

Ja, das deutsche Spiel ist anfällig. Leider erwartbar. Man bekommt es aber mit ein paar Anpassungen ganz solide hin. Persönlich fand ich jetzt die Variante gegen Dänemark mit Andrich als IV und Kroos als Sechser davor erheblich besser – einfach, weil man jemandem im Sechserraum braucht, der stört – und der den zweiten Ball einsammelt. Wenn Kroos und Andrich in der Kette sind, ist da sonst keiner. Andrich kennt das Wechselspiel aber auch schon von Leverkusen, wo er ja auch gerne mal den flexiblen Aushilfs-IV gibt.

Wie man aber auch sehen kann bei der EM: Zur Hölle ist Xhaka abgewichst. Geiler Sechser und definitiv ein großer Faktor für Leverkusens Meisterschaft und auch für die starken Schweizer. So einen Sechser vermisst Deutschland.

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tobit 3. Juli 2024 um 14:41

Jup, besonders wenn man den Gegner beim Flügelspiel nicht auf einer Seite festnageln kann. Und auch (wie quasi jedes System) verdammt anfällig gegen Tempodribbler wie Williams und Yamal. Das wird ein richtig hartes Stück Arbeit, besonders auf rechts, wo mir Kimmich bisher gar nicht gefallen hat. Ich hätte gern früher Minuten für Henrichs gehabt, würde ihn aber trotzdem jetzt ins kalte Wasser werfen, weil er sich nicht so sehr vor schnellen Gegnern fürchtet (fürchten muss). Und langsamer im Passspiel ist er auch nicht.
Ehrlich gesagt sehe ich die Chancen aufs Weiterkommen sogar sehr klein (vllt 20%), weil die Spanier eben nicht wie Dänemark zum Flügelspiel gezwungen sein werden. Die können mit Rodri und Ruiz auch ohne Probleme ins deutsche Zentrum eindringen (was den bisherigen Gegnern immer nur unkontrolliert mit Hochgeschwindigkeitsdurchspielen gelang) und sich dort festsetzen (das ist eine komplett neue Herausforderung für die N11 in dieser Ausrichtung).

Ich würde nicht sagen, dass Deutschland ein Xhaka fehlt (aber ich find ihn auch generell nicht so krass wie viele andere). Der würde sich mit seinem dominanten und raumgreifenden Bewegungsspiel genauso mit den ganzen Achtern beißen wie die untereinander. Aber für ein Team in dem er der absolute Star ist, oder das sonst sehr auf Support ausgelegte Mittelfeldspieler hat, ist er absolut genial. Für Deutschland wäre er eigentlich nur interessant, wenn man 3er-Kette mit ihm und Kroos als Doppelsechs spielen würde. Wenn man so spielen wollte, könnte man seine Rolle aber schon ganz gut mit Goretzka annähern.

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Taktik-Ignorant 3. Juli 2024 um 17:43

Xhaka hat halt enorme Qualitäten gegen den Ball. Aber gut, es ist müßig, in der Vorausschau von Deutschland-Spanien über Schweizer Nationalspieler zu diskutieren.

Ich sehe sowohl in der Variabilität des spanischen Angriffsspiels als auch in der Intensität des Pressings und Gegenpressings neue Herausforderungen für Deutschland, deutlich schwieriger als durch die Schweiz, die ja auch schon eine harte Nuss für unsere Elf war. Vielleicht steht Unai Simon ja mal so weit vor seinem Tor, dass ein verunglückter Querpass von Toni …
Kimmich hat seine Sache im März gegen Mbappé gar nicht mal so schlecht gemacht, hatte aber auch die nötige Unterstützung auf dem Flügel. Henrichs ist natürlich deutlich schneller und anders als Kimmich gelernter Außenverteidiger. Kimmich sehe ich im Pass-Spiel vorne, er ist da überlegter und strategischer als Henrichs, der wiederum für schnelle Gegenstöße geeigneter wäre – die Frage ist nur, ob es zu solchen kommt.
Immerhin scheinen alle Spieler fit zu sein, und gesperrt ist meines Wissens auch keiner. Zumindest hat der BT also mal eine gewisse Auswahl.
Ich würde deshalb tatsächlich dazu neigen, Wirtz zunächst einmal draußen zu lassen. Sané könnte mit seiner Geschwindigkeit die spanische Abwehr mehr fordern, und Wirtz bringt als Auswechselspieler ein kreatives Element und seriöse Mitarbeit nach hinten ein, was sowohl bei einer Führung als auch bei einem Rückstand sehr zupass käme.

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tobit 3. Juli 2024 um 18:06

Sané statt Wirtz sehe ich auch so. Schnell durchgespielte Konter werden Freitag denke ich wichtiger sein als Kreatives Spiel beim Übergang ins letzte Drittel.

Grundsätzlich sind wir uns auch bei Kimmich einig. Aktuell ist mir Kimmichs Passgeschwindigkeit und -auswahl aber nicht gut genug um seine häufiger gewordenen Schwächen im Stellungsspiel (gerade bzgl Abseits waren da ein paar Momente dabei, die gegen Spanien sofort bestraft worden wären) und den generellen Tempomangel aufzuwiegen. Henrichs ist da aktuell im Passspiel nicht weit weg (dass er sich schnell vom Ball trennt, macht ihn gegen Spaniens Pressing vllt sogar zum besseren Passspieler), deutlich schneller (Nico wird ihm trotzdem Probleme bereiten, aber ihn nicht einfach überrennen können wie Kimmich) und hat im Stellungsspiel den Vorteil seit Jahren nur noch AV zu spielen (auch wenn er wie Kimmich „gelernter“ Mittelfeldspieler ist).

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Taktik-Ignorant 3. Juli 2024 um 21:15

Bei Kimmich ist es wohl wirklich auch eine Formfrage, er macht im Prinzip momentan alles ein wenig langsamer als früher, die Bewegungen, die Entscheidungsfindung, als wäre er manchmal nicht so ganz bei sich und würde so eine Art Rucksack mit sich herumschleppen. Für ihn spricht wiederum die internationale Erfahrung, da hat er Henrichs einiges voraus. Da Nagelsmann seine im März gefundene Elf vielleicht nicht auf zu vielen Positionen verändern möchte, nehme ich an, dass er auf der RAV-Position an Kimmich festhalten wird.

Koom 4. Juli 2024 um 17:29

Ich bin kein Fan von Kimmich. Und gut war er bislang auch nicht unbedingt.

Aber er hat eine große Qualität bei den langen Bällen. Wenn er sich dazu entschließt, mutig zu werden, könnte das eine starke Waffe sein. Bislang spielt er vielleicht aber etwas zu sehr „ich will alles richtig machen“ bzw. „ja nichts falsch machen“-Modus. Finde ich an sich nicht so schlecht, weil er sonst viel zu viel nach vorne die Bälle peitscht, aber nen Tacken mehr darfs werden.

Kann mir vorstellen, dass Kimmich mit der Aufgabe wächst.


tobit 1. Juli 2024 um 20:34

Ich würde dem Fazit widersprechen. Die langen Bälle waren oft richtig ordentlich vorbereitet und gut gespielt. Das war schon nett anzusehen, wie da immer wieder die gegnerische Struktur erst manipuliert und dann filettiert wurde. Gerade wenn man es mit den bei so vielen Teams vorherrschenden Befreiungsschlägen aus dem Pressing vergleicht.

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Koom 2. Juli 2024 um 10:30

Generell sind diese langen Bälle ja quasi schon in jedem EM-Spiel der Deutschen so oder so ähnlich gemacht worden. Das ist definitiv eine komplett geplante, trainierte Spielweise. Macht auch durchaus Sinn bei der Offensivreihe mit Havertz, Musiala, Sane/Wirtz – das sind alles schnelle, relativ dribbelstarke Offensivspieler, die gern aufs Tor gehen. Und gerade der lange Ball von Rüdiger auf Havertz funktioniert sehr oft, auch wenn unterm Strich noch nicht megaviel rausgekommen ist.

Dazu gehört auch, dass man das auch wirklich gut vorbereitet, den Gegner lockt. Das wirkt manchmal ne Spur zu riskant, aber da kann ich mir auch vorstellen, dass das ein Stück weit Teil des Plans ist.

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Taktik-Ignorant 2. Juli 2024 um 11:00

Spötter könnten ja fragen, ob diese „langen Bälle“ nicht einfach Befreiungsschläge und Ausdruck von Ratlosigkeit mangels vielversprechender Anspielstation im Mittelfeld sind. Normalerweise hat der Gegner ja immer noch eine Überzahl in letzter Linie und kann diese langen Bälle gut abfangen bzw. Abpraller aufnehmen. Gegen Spanien wird es so sein, dass die deutsche hinterste Linie sehr stark unter Druck stehen und kaum Zeit für ein geplantes Aufbauspiel haben wird.

Auch das Defensivspiel macht mir Sorgen: Spanien hat nicht nur 2 starke Außenstürmer, sondern jede Menge Spieler, die das „sich im Zentrum in den Strafraum hineinspielen bzw. Schusskanäle schaffen“ perfekt beherrschen; die scharfe und präzise Ballzirkulation (die mir z.B. bei der deutschen Mannschaft fehlt, wenn sie Gegner an deren Strafraum zurückdrängt und dann mit dem Kreiseln von links nach rechts und wieder zurück anfängt) hilft dabei ungemein. Ich hoffe, die deutsche Abwehr hat die Schwimmwesten mit.

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Koom 2. Juli 2024 um 12:57

Die Wahrheit liegt vermutlich in der Mitte. Ich bin mir schon sicher, dass die langen Bälle ein gewolltes Stilmittel sind – aber nicht das einzige. Nagelsmann mochte Bälle dieser Art auch schon bei den Bayern (vorwiegend durch Kimmich). Im Grunde ein simples Mittel, um den Gegner unkompakter werden zu lassen, weil er auf seine eigene letzte Linie aufpassen muss gegen deutsche Sprinter.

Unabhängig davon: Jo, die Defensive wird eine spannende Sache werden gegen Spanien. Aber das war klar, dass es irgendwann gegen so ein Kaliber geht. Aber auch Spanien wird ein bisserl überlegen, wie man die deutsche Offensive bändigen kann, auch wenn die den Gegner nicht so zerspielt hat bislang.

Taktisch halte ich Spanien für viel weiter und stärker. Was für Deutschland spricht, ist die bislang gute Moral und Bissigkeit. Selbst wenn die Dinge eher schlecht laufen, steckt man nie auf, macht weiter.

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Milo 2. Juli 2024 um 17:34

Meine Wahrnehmung war die:
Vor dem Musiala-Tor hatte die DFB-11 eine Phase des Ballbesitzes und ließ den Ball zirkulieren. Die Dänen gingen ins mannorientierte Pressing. Die DFB-11 reagierte, indem sie weiter den Ball zirkulieren ließ, aber sich schrittweise etwas zurückzog.

Genau das habe ich in dem Moment als ausgeprochen merkwürdig empfunden, weil ja in der Regel so herumzirkuliert wird, um eine Möglichkeit der Vorwärtsbewegung zu suchen. Der Rückzug erschien mir ungewöhnlich. Bis zu dem langen Ball auf Musiala.

Das wirkte ein bisschen wie eine Idee. Oder habe ich das falsch wahrgenommen?

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Taktik-Ignorant 2. Juli 2024 um 20:04

Es wird in manche Szenen gerne viel hineininterpretiert. In dieser Situation zum Beispiel sind beide Varianten möglich: a) die Mannschaft in Ballbesitz zieht sich bewusst zurück, um den Gegner zu locken und hinter den herausrückenden Gegnern im Zwischenraum oder hinter der letzten Linie den Raum zu bespielen, oder b) man wird vom Gegner einfach zurückgedrängt.

Der Ball von Schlotterbeck auf Musiala war jedenfalls genau so gewollt.

Koom 3. Juli 2024 um 09:29

Deine Wahrnehmung dürfte richtig sein. Ich finde, dass das die N11 auch öfter gemacht hat: Also Ballbesitz hoch in den Gegnerischen Raum getragen, dann aber sich wieder tiefer hat fallen lassen. Was eine durchaus „natürlich“ Reaktion sein kann auf die gut zustellenden Dänen, aber meistens neigen Teams dann mehr zu langen Bällen von der Mittellinie, anstatt „kontrolliert“ zurückzuspielen. Lange Bälle kamen aber fast nur von noch weiter hinten, eben vor allem Rüdiger und auch mal Schlotterbeck vor dem Tor (was aber viel mehr eine klassische Kontersituation war).

rb 3. Juli 2024 um 14:51

Sometimes you have to step back to leap forward 🙂

Ich hatte schon bei mehreren Spielen den Eindruck, dass das Zurückfallen und Anlocken eine gezielte Maßnahme war. Immer mit dem Ziel, zu verhindern, dass man permanent zwar den Ball an der Grenze zum letzten Drittel hat, aber nie wirklich in/durch den ultrakompakten Defensivblock kommt.
Gegen Schottland fand ich z.B. auch auffällig, wie Kroos mit aufreizender Lässigkeit die schottische Offensivreihe zum Angreifen getriggert hat und dann entweder direkt oder über die Bande Rüdiger Bälle durch die Linie möglich waren, die gleich 4-5 Schotten aus den Abwehrverbund genommen haben. Vor dem 2:0 (oder war es das 1:0?) gegen Schottland z.B. nimmt die N11 zweimal Anlauf, bevor sie den Angriff ins letzte Drittel ausspielt und plötzlich viel Platz da ist.
Funktioniert aber auch nur, wenn die Mannschaft wirklich die Geduld behält… und sich z.B. nicht von einem ungeduldigen Publikum („die spielen immer nur hintenrum“) zu einem hektischeren Erzwingen-Wollen anstacheln lässt.

WVQ 3. Juli 2024 um 15:37

Ich glaube auch, daß die Entstehung des 2:0 gut exemplifiziert, wie man taktisch auf die in den letzten Freundschaftsspielen noch riesigen Probleme mit gegnerischem Pressing reagiert hat, das kleinräumig auszuspielen man schlicht nicht auf dem Kasten hat. Stattdessen zirkuliert man immer häufiger nur über die „sicheren“ Stationen, spielt nach vorne nur, wenn klare Räume oder Tiefenpaßwege da sind (oder einfach kein Druck), und läßt sich ansonsten bereitwillig fallen. Oft generiert man damit genug Raum, um den Druck von der deutschen Aufbaulinie zu nehmen – wenn’s sein muß eben mit Umweg über Neuer. Die gegnerische Aufrückbewegung nutzt man dann für die langen Bälle, auf die vorne zunehmend sehr passend gelauert wird. Das Motiv, daß dabei ein Zehner den gegnerischen Halbverteidiger rauszieht, hatten wir gegen die Schweiz im Grunde ja auch schon, wenngleich in beiden Spielen erst in der zweiten Hälfte richtig systematisch genutzt.

Wird interessant, inwieweit wir dieses Angriffsmuster gegen Spanien nutzen können. Da werden wir dann zum ersten Mal im Turnier gegen eine Viererkette spielen, wobei das Schema mit möglicherweise bei rausschiebenden IV situativ zurückfallendem Rodri ähnlich sein könnte. Allerdings wird da die übergreifende Frage wohl eher, wie viel Ballbesitz wir überhaupt bekommen und ob wir gegen das spanische Pressing noch hinreichend Druck von den Innenverteidigern wegziehen können, um die langen Bälle noch genau genug zu spielen – insbesondere im Fall von Rüdiger, der bisher ja quasi unser Nr.-1-Tiefenball-Spieler ist. Aber grundsätzlich auch da denkbar und jedenfalls deutlich risikofreier, als es über flache Anspiele auf zurückfallende Zehner zu versuchen, was gegen Ungarn zwar kurzzeitig etwas kollektiver zu werden schien, sich seitdem aber wieder so ziemlich auf „Zehner dreht auf und dribbelt los“ reduziert hat – gegen Spanien wohl nicht so aussichtsreich.

tobit 3. Juli 2024 um 16:20

Rodri habe ich bisher nicht zurückfallend gesehen. Der spielt gegen den Ball teilweise ja Ein-Mann-Mittelfeld, wenn Ruiz ins 4-1-3-2 hochschiebt. Rausrückende IV gibt es durchaus, aber längst nicht so aggressiv oder weiträumig. Und das wird eigentlich sehr gut von den AV abgesichert, die dann sauber einklappen. Gerade Cucurella ist in diesen Aktionen aktuell auf einem Level das ich seit Schmelzer 2011 nicht mehr gesehen habe.
Mit angepasstem Ansatz könnte man da aber natürlich trotzdem noch hinter die Kette kommen. Spontan würde ich sagen, le Normand in den linken Halbraum rausziehen und dann mit LA Sané außen und Zehner Gündogan (aus dem Dunstkreis Rodris heraus) auf den kurzen Pfosten tief gehen. Rodri ist für solche Läufe nicht gemacht und nach den letzten anderthalb Jahren bei Pep auch mal etwas zu hoch bzw vorwärtsorientiert. Man könnte also Carvajal evtl zwingen sich für einen Läufer zu entscheiden und dann den anderen frei anspielen. Gegenstrategie wäre natürlich das noch extremere Einschieben von Laporte und Cucu (können die auf jeden Fall), die auf der deutschen rechten Seite nur selten einen Gegenspieler hätten, da die deutschen AV wohl kaum ballfern so hoch schieben werden (und auch nicht sollten). Insgesamt also wohl eine deutlich situativere Andwendbarkeit als in den bisherigen Spielen.
Interessanter wird das Muster natürlich im Konter, wenn Cucu und Carvajal hochgeschoben sind und Rodri ins Gegenpressing geht. Da entstehen immer mal Lücken vor den IV, die man für sehr „hässliche“ Gleichzahlsituationen nutzen kann.
Gegen Georgien wollte de la Fuente am Anfang in Ballbesitz Laporte in den linken Halbraum (wo sonst Ruiz spielt) bringen und mit Doppelzehn (Ruiz neben Pedri) spielen um mehr Optionen zwischen den Linien zu haben und die georgischen HV vom Doppeln nach außen abzuhalten. Das wurde von Mikautadze und Kvara natürlich gnadenlos filettiert (auch über oben genannte Gleichzahlmomente). Nach der Rückumstellung auf das bekannte 2-2 mit Ruiz im Halbraum und Laporte wieder in der ersten Linie konnten sie wieder jeden Konter im Ansatz ersticken.
Da hat Ruiz auch öfter mal als Raumstopfer hinter Rodri agiert. Man müsste also Konter besonders über die deutsche linke Seite (wo f***ing Rodri im Gegenpressing ist) spielen um ihm aus dem Weg zu gehen, oder aber beide IV nach links ziehen und dann über Ruiz drübersprinten. Insgesamt also wohl immer noch keine Strategie, die man in größerem Umfang anwenden oder umsetzen kann. Deswegen sehe ich die deutschen Chancen aufs Halbfinale auch sehr gering.

Was mich interessiert wäre noch, ob man beim 4-2-2-2-Pressing mit Gündogan vorne bleibt oder ob man ihn tiefer hält und er bei Zurückfallen eines DMs die Doppelsechs nachfüllt.

WVQ 5. Juli 2024 um 01:30

Ich wäre überrascht, wenn man Andrich bei gegnerischem Ballbesitz wieder in die Kette fallen ließe. Denn dann MÜSSTE man doch eigentlich zwingend Gündogan auf die Sechs zurückholen, um Kroos im Zentrum nicht in Unterzahl zu haben. Und dann wäre vorne alleine mit Havertz mit Anlaufen nicht mehr viel, da Musiala und Sané/Wirtz in der Breite gebraucht würden. Das 4-2-2-2 bzw. 4-2-3-1 (mit Gündogan etwas tiefer, um Rodri nicht nur per Deckungsschatten zu verteidigen) schiene mir als Grundlage deutlich naheliegender. Andrich sähe ich gegen Spanien höchstens mal mannorientiert in der Kette, aber dann wäre ein Zurückfallen von Gündogan auf die Sechs auch per se erst mal nicht notwendig.

Der zurückfallende Rodri war nur ein Gedankenspiel ob des besagten deutschen Angriffsmusters, da er bei Spanien ja zu Busquets-Zeiten noch IV gespielt hat. Gesehen habe ich ihn im Turnier so auch nicht. Und vermutlich wird man in der Tat einfach mit den IV erst gar nicht so weit rausschieben und die deutschen Zehner im Zwischenraum lieber mit den ZM verteidigen. (Überschaubares Risiko, da die in diesen Zonen ja selten wirklich Unterstützung haben.) Und entsprechend ja, das Muster dann diesmal wohl eher für Konter interessant, wenn die spanischen AV höher stehen.

Koom 5. Juli 2024 um 09:58

An diese Variante dachte ich auch immer wieder, aber tatsächlich hat sich Gündigan fast nie auf die Sechs fallen lassen. Ganz im Gegenteil finde ich, dass er quasi wie eine hängende Spitze sogar mehr als Musiala oder Wirtz vorne bleibt.

Kann mir vorstellen, dass man wohl tatsächlich darauf vertraut, dass Kroos keine Bälle verliert und man sich nicht zu sehr zurückdrängen lassen will. Gündogans gute Positionierungen und Übersicht vorne dienen dann als weitere Anspielstation.

Es ist ein Vabanque-Spiel. Nagelsmann zockt damit, bislang ging es gut. Es wirkt nicht immer stabil oder gar „geplant“, aber man erkennt durchaus Muster, die immer wieder aufkommen. Ich vermute auch gegen Spanien wird er das so handhaben. Es ist dann für Spanien die Frage, wie weit man aufrückt, ohne dabei selbst sehr gefährliche Konter zu riskieren.

Ich bin mir gerade nicht mal sicher, ob für die DFB-11 ein frühes Tor gut wäre. Ein frühes Gegentor wäre vermutlich verheerend. Aber selbst früh in Führung zu gehen würde diese Messerstecher-Statik des deutschen Teams vielleicht mehr nach hinten verlagern – und ehrlich gesagt: Reine Endverteidigung ist nicht die deutsche Stärke derzeit.

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