Türchen 11: Stürmer-Achter-Relationen

Ein kurzer Blick auf Abstand und Wechselwirkung zwischen Stürmer und Achtern in einem 4-3-3 gegen den Ball.

Dass das 4-3-3 ein ausgewiesenes Pressingsystem ist, weiß man spätestens seit Jürgen Klopps Erfolgen bei Liverpool. Man weiß aber auch, Formation ist nicht gleich Formation und Interpretation spielt eine wichtige Rolle. Was im 4-3-3 als Defensivstruktur etwas tricky sein kann (aber nicht muss), ist der fehlende Zehner bzw. der Abstand vom Stürmer zu den beiden Achtern.

Wenn man gegen einen Dreieraufbau verteidigt, stellt sich zunächst die Frage, ob die äußeren Stürmer im Bogen von außen auf die Halbverteidiger anlaufen oder ob sie frontal hochschieben und zur Seite lenken sollen. Gegen einen zentralen Sechser im 3-1- oder 4-1-Struktur ist das Zustellen durch den Mittelstürmer einfach zu organisieren, aber über die eigenen Mittelfeldakteure schon schwieriger. Bei einer gegnerischen 3-2-Struktur hat das 4-3-3 eigentlich eine passende Spiegelung mit direkten Zuteilungen, für welche die eigenen Achter dann sehr weit herausschieben müssen und sich ein klares, aggressives Angriffspressing aufdrängt.

Die Frage ist in jedem Fall, wie intensiv und hoch man tatsächlich – je nach dem Naturell der eigenen Spielertypen – attackieren will und wie man sonst mit dem oder den gegnerischen Sechsern umgehen würde. Wenn die Mannschaft und/oder einzelne Spieler letztlich unterbewusst doch nicht ganz so kompromisslos bereit sind, vorne drauf zu gehen, kann schnell ein seltsames undefiniertes Mischmasch gegen den Ball entstehen.

Prinzipiell passierte dies beim Römer Derby im vergangenen Monat Lazio gegen den Dreieraufbau mit zwei flachen Sechsern der Roma, gerade mit dem Ansatz eines passiven hohen Pressings. In der Beispielszene ging Felipe Anderson als Rechtsaußen gegen den linken Halbverteidiger Ndicka nach vorne und versuchte den Passweg nach außen zu Spinazzola im Deckungsschatten zu halten. Guendouzi als rechter Achter – ohne direkten Kontakt zum gegnerischen Sechser – schob dahinter sehr breit nach außen durch, da er sich nicht sicher schien, ob sein Kollege den Raum wirklich würde schließen können, und da zugleich Zehner Bove mit auswich.

Die Frage war dann, wie der ballnahe Mittelfedspieler geschlossen werden konnte – diese Aufgabe musste Stürmer Immobile übernehmen, der ballseitig vor den kurzen Passweg zu Paredes heranschob. Er kippte also praktisch in eine flachere Position hinter seinem Außenstürmer ein. Ndicka drehte ab und spielte Zentralverteidiger Llorente an. Dieser wiederum hatte zusätzlichen Platz dadurch gewonnen, dass Immobile gezwungen worden war, weiter nach hinten zum Sechser/Achter anzuschließen.

In der Folge nutzte Llorente die Situation für ein kurzes Andribbeln. Gegen breite Stürmer, wie sie Lazio effektiv in der Struktur hatte, ist das grundsätzlich ein interessantes Mittel. Der offene Zentralverteidiger kann vergleichsweise leicht eine Höhe erreichen, von der er bessere Passwinkel hat, um diagonal hinter die von außen anlaufenden Stürmer zu spielen. Das bringt aber nur dann Effektivität, wenn die dortigen äußeren Halbräume mit dem passenden Timing und vor allem aufeinander abgestimmten Bewegungen besetzen kann.

Gerade eine Einbindung bzw. Beteiligung auch der defensiveren Mittelfeldakteure ist dafür häufig ein Schlüssel. Diese dürfen sich nicht zu passiv verhalten oder – wie es in dieser Situation der Fall war – zu defensiv und absicherungsorientiert bewegen. Das geht häufig mit der Situation einher, dass die Offensivakteure schon frühzeitig in den interessanten Zielräumen stehen und die verbleibende gegnerische Defensive die Fortsetzung antizipieren.

Rein nominell hatte Roma mit Bove und Dybala eine Überzahl gegen Cataldi, aber durch diesen Kontext würde jene sich nicht auswirken. Dazu trug auch die gute Reaktion Lazios bei, das letztlich doch ins Pressing kam, bzw. speziell die Reaktion Immobiles, der schnell ins Nacharbeiten kam und Llorente fast noch am Pass hindern, zumindest den Winkel für den Ball auf Paredes verhindern konnte, während Luis Alberto auf Cristante vorschob. Llorente versuchte sogar einen etwas überraschenden, mit abknickendem Fußgelenk scharf gegen die Dribbel- und Verschieberichtung gespielten Ball in den linken Halbraum, aber es war gegen Immobiles Anlaufen nicht mehr möglich, den Winkel so weit zu ziehen, dass das Zuspiel auf Bove hätte kommen können. Stattdessen ging der Ball in den Umkreis des zurückfallenden, aber eng verfolgten Lukaku und letztlich konnte Cataldi den Abpraller aufsammeln.

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