Stabilität gegen nachlassende Kräfte

2:1 n.V.

Dänemark kommt zu Ansätzen und ist lange im Spiel, aber England wieder stabil genug für den nächsten Schritt. Einige Anmerkungen zu verpassten Potentialen des Außenseiters und zum speziellen Stil des Southgate-Teams.

Man kann sich dem Eindruck nicht entziehen, dass dieses Halbfinale ein deutlich besseres Spiel geworden wäre, wenn Dänemark noch mehr Kräfte übrig gehabt hätte. Nach einem langen Turnier machte sich beim Team von Kasper Hjulmand die Ermüdung stark bemerkbar. Das galt nicht erst für die Schlussphase der regulären Spielzeit und die Verlängerung, als Dänemark fast nur noch tief das eigene Tor verteidigen konnte und kaum mehr Entlastung erzielte. Schon von Anfang an deutete sich die Thematik in der Gesamtdynamik und in der Ausführung verschiedener Aktionen an.

Dänemark ohne die letzte Dynamik

Zunächst war es noch kein Problem, dass die Dänen nicht ausreichend eigene Ballbesitzphasen gehabt hätten. Damit lagen sie noch im Rahmen. Man könnte ihnen nur vorwerfen, dass sie nach erfolgreichem Aufrücken das Leder nicht noch häufiger horizontal laufen ließen, die vorhandenen Ballbesitzphasen also in sich verlängerten.

Vor allem aber wurde schon in der ersten Halbzeit deutlich, dass Dänemark diese Passagen nicht so attackierend ausspielte wie in anderen Turnierauftritten. Das Aufrückverhalten auf den Flügelverteidigerpositionen gestaltete sich etwas unsauberer. Überhaupt mehrten sich Schwächen im Timing, so dass nach bestimmten Pässen nicht mehr so viele Läufe von verschiedenen Positionen ausgelöst wurden wie in den beiden vorigen Runden, und nicht mehr wie auf Knopfdruck startend in jener Aktivität und Intensität.

Grundformationen erste Halbzeit. Dänemarks Sechser tauschten später vermehrt.

Bereits im Laufe der ersten Halbzeit schienen die Spieler diese Konstellation unterschwellig mehr und mehr zu spüren. Daraus ergaben sich wiederum taktikpsychologische Auswirkungen: Während längerer Ballbesitzphasen im zweiten Drittel verhielten sich die Mittelfeldakteure vorsichtiger und scheuten aus den tiefen Halbräumen aggressive Diagonalbälle auf die Flügel oder hinter die Kette zunehmend, auf denen das dänische Spiel ansonsten häufig basierte.

England nicht immer sattelfest im Mittelfeld

Solche Elemente wären nochmals eine wertvolle Ergänzung zu den sonstigen Ansätzen mit Ball gewesen, die Hjulmands Mannen gegen Gareth Southgates Engländer im Programm hatten. Gute dänische Szenen entstanden fast immer aus Schnellangriffen, die sehr direkt aus dem Aufbau durchgespielt wurden. Ihre 3-2-Grundstruktur lockte England und deren 4-3-3 in den ersten zwei Linien in Mannorientierungen an – in diesem Bereich sehr ähnlich wie beim Achtelfinale der „Three Lions“ gegen Deutschland.

Erneut war das keine so günstige Verteidigungssituation. Dahinter bzw. daneben musste der Außenverteidiger diesmal weiträumig gegen den dänischen Flügelspieler herausrücken, wenngleich zumindest mit Rice ein zusätzlicher absichernder Akteur im Zentrum verblieb. Später passte Southgate vermehrt an, indem Mount neben Kane rückte und ein offensiver Außenspieler aus enger Startpostion in einer Viererlinie zum Flügel nachschob.

Dadurch konnte der eigene Außenverteidiger tiefer bleiben und stattdessen den ballnächsten gegnerischen Stürmer aufnehmen. So ließ sich für England häufiger das weite, teils mannorientierte Durchschieben gleich beider Innenverteidiger vermeiden, das anfangs gefährliche horizontale Räume in der Kette angeboten hatte. Dafür musste in dieser Variante wiederum Rice höher verteidigen und einen der dänischen Sechser zustellen.

Wie schon gegen Deutschland machten er und Philipps das aber nicht optimal. Das Timing gestaltete sich sehr wechselhaft und manchmal unsauber, ebenso wie das Umblickverhalten nach hinten. Die beiden finden noch keine ausgewogenen Entscheidungen, wie früh sie wie nah schon an ihre nominellen Gegenspieler heranschieben sollten und in welchen Konstellationen sie den Abstand problemlos etwas größer halten könnten.

Das wurde besonders auffällig, weil Delaney einen guten Tag erwischte und unterstützende Freilaufbewegungen zum Ball aufmerksam vorbereitete und dynamisch startete. Gegen höheres englisches Zustellen kamen Eröffnungen der Dänen von den drei geduldig agierenden Verteidigern auf einen Mittelfeldakteur stets in den Lauf hinein. Insgesamt hatte England Probleme, auf solche Aktionen im Zugriff herzustellen, und zu verhindern, dass Dänemark wieder nach außen weiterleitete oder sogar zentraleren Raumgewinn herstellte.

Ablegen und Tiefspielen ohne Vollendung

Ein typisches Prinzip bei den Dänen sah so aus, mit Klatschbällen Gegner herauszulocken und dann tief zu spielen. Den größten Effekt erzielten sie damit aber letztlich doch am ehesten über die Flügel. Gerade gegen das Herausrücken des ballnahen Außenverteidigers und das weite Durchschieben der Innenverteidiger war das vielversprechend. Dänemark fokussierte dafür den Tiefenball zwischen ballfernen Innen- und Außenverteidiger. Diese Szenen wirkten oft gefährlich, doch in den Laufduellen kamen die Dänen kaum zum Zuge. Poulsen in Top-Verfassung und in der Startformation wäre für den Außenseiter enorm wertvoll gewesen.

Ab der zweiten Halbzeit ließ die Qualität der Ansätze bei den Dänen rapide nach und es deutete sich kaum mehr Gefahr an. Weiterhin setzten die Spieler stark auf Abläufe mit Klatschbällen, spielten die geplanten Muster aber oftmals selbst dann aus, wenn die Dynamik der Situation das gar nicht hergab – weil die eigenen Abstände dafür nicht passten, weil England sich ballnah nicht locken ließ oder weil die Abwehrreihe sich längst nach hinten abgesetzt hatte.

Die Dänen verpassten viele alternative Entscheidungen, spielten nach Klatschbällen weiter vorwiegend und teilweise fast übermäßig reflexhaft tief statt auch mal ins Folgedribbling nach vorne überzugehen und andere Räume auszuschöpfen versuchen. Bald darauf sollte jene Phase beginnen, in denen die Kräfte schwanden und Hjulmands Team sich ohnehin fast nur noch auf Verteidigung konzentrieren konnte. Der Trainer sah sich gezwungen, mit der Einwechslung von Nörgaard auf 5-3-2 umzustellen und die Präsenz im defensiven Mittelfeld zu stärken. Vereinzelt ließ sich Dänemark aber vorne locken von Rice und Philipps, die später oft noch tiefer außerhalb der gegnerischen Formation aufbauten als zuvor.

Passiv und aktiv in der englischen Offensive

Bis dahin hatte sich Dänemark in der eigenen 5-2-3-Formation meistens in einem Mittelfeldpressing formiert. Aus diesem rückte das Team auf Signal gelegentlich in höhere Linien vor, während es im Rückzug in 5-4-1-Staffelungen überging. Auch beim punktuellen Anlaufen im vordersten Drittel deutete sich schon frühzeitig an, dass Dänemark für die Ausführung nicht die letzte Dynamik aufzubringen vermochte und oft eher in kleineren Gruppen hoch rückte bzw. dafür Möglichkeiten suchte.

Daher ereignete sich bei Verlagerungen der Pressinghöhe nach vorne insgesamt wenig. Überhaupt prägte Ruhe fast sämtliche Passagen des englischen Ballbesitzes. Die „Three Lions“ gestalteten diese Momente geduldig, achteten auf ausreichende Absicherung und gingen grundsätzlich kein unnötiges Risiko. Sie fanden einige Räume neben dem gegnerischen Mittelfeld, bevor die dänischen Stürmer zurückfallen konnten, aus denen sie ihre Ballzirkulation um den Defensivblock herum intensivierten.

Nach dem gegnerischen Übergang ins defensive 5-4-1 hatte England grundsätzlich eine recht ausgeprägte Besetzung der Räume hinter der Mittelfeldreihe. Kane versuchte wieder viel für das Übergangsspiel zu tun, Saka und Sterling gingen situativ in den Halbraum oder ins Zentrum. Aber nicht nur ballfern hielten sich die Offensivspieler oft in flachen Staffelungen mit größeren Abständen zueinander. Allgemein begleitete die Positionierungen in den vorderen Zonen oft doch eine Passivität.

Die englischen Offensivkräfte pendelten weniger zwischen verschiedenen Zonen als teilweise gegen die Ukraine oder gerade in der Gruppenphase gegen Tschechien. Sie warteten recht lange in einem bestimmten Raum und nahmen es immer mal in Kauf, dass sie dort bald in einen Deckungsschatten gerieten und darin blieben. Beinahe schien es, als wolle England nicht zu viel Bewegung eingehen, um jegliche Gefahr von unpassender Bewegung zu vermeiden.

Fast immer wurden die Akteure aus dem Zwischenlinienraum erst dann (wieder) aktiv, wenn sich einer von ihnen in einen recht hohen Ausweichraum außerhalb der Defensivformation – oder im besten Fall genau in eine Schnittstelle an deren Rand – begab, dort den Ball abholte und andribbelte. Immerhin geschah dieser Tempowechsel also auf ein Zeichen hin. Vor allem wurden die Engländer ab diesem Moment auch sogleich sehr aktiv: Der ballführende Kollege wurde oft dynamisch und gruppentaktisch sinnvoll – also von der Wahl der Positionierungen, Winkel, etc. – unterstützt.

Kleine Features: Sprints aus der Breite und Kane-Einbindung

Was Southgates Mannen in diesen Situationen der Beschleunigung einen wichtigen Vorteil verschafft, ist der Umgang mit Positionen in der – relativ und manchmal auch absolut gesehen – äußersten Breite. Bei England gibt es gelegentlich ein sonst sehr seltenes Muster – dass ein Offensivakteur eine gezielte Vorbewegung in eine sehr breite Position unternimmt. Zumeist tut er das genau in dem Moment, indem die gegnerische Defensive langsam beginnt, den eigenen Rückzug vorzubereiten. Dadurch verschwindet dieser Spieler vom Radar der Abwehrleute und aus der Aufmerksamkeit.

Speziell Sterling scheint solche Positionierungen schon mit dem klaren Hintergedanken zu besetzen, dass in einem weiteren Angriffsverlauf er derjenige sein wird, der anschließend die Tiefe für einen Vertikalpass (selten auch mal für die Besetzung der zentralen Abschlussposition im Sechzehner) beläuft. Durch die Voraktion aus der enormen Breite ist eine solche Bewegung enorm schwer aufzunehmen. Sie muss stets im höchsten Tempo erfolgen und so setzen Sterling und Co. sie auch um. Insgesamt nutzen die Engländer dieses Mittel sehr gut.

Gelegentlich orientierten sich die offensiven Außen der Dänen frühzeitig etwas breiter nach außen, um Verlagerungen besser zulaufen zu können. Daraus resultierten im Umkehrschluss einige leichte Unkompaktheiten, speziell neben Damsgaard, gegen den Halbraum von Philipps, der dort frühzeitig aufrückte. Genau dies war auch der Raum, den Kane mit stark getimten Zurückfallbewegungen zwei Mal bespielte, um Sterlings Großchance und dann den Ausgleich vorzubereiten – jeweils mit ebenfalls eindrucksvoll gewichteten Zuspielen.

So schnell nach dem Rückstand und dem ersten Turniergegentor wieder auszugleichen, war im Nachhinein für England und seine defensive Strategie enorm wichtig, das 1:1 also ein Schlüsselmoment.

Über 120 Minuten regelte das Team den Finaleinzug gegen müde Dänen dann über die zuletzt gewohnten Komponenten: Stabilität, Absicherung, solide Struktur, gelegentliche Dribblings, plötzliche Beschleunigungsmomente, Standardstärke, Druckaufbau.

Rinus Michels‘ Personal Fitness Coach 12. Juli 2021 um 23:37

Nicht Alles an „Österreichisch“ muss man lieben, aber manche Dinge haben ihren Charme. Ein Beinschuss ist z.B. ein „Gurkerl“, ein brustschwach angetragener Torschuss ein „Kinderfreundeschuss“. Vielleicht lerne ich ja irgendwann einmal die Schweizer Eigenkreationen.

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studdi 9. Juli 2021 um 10:46

Beeindruckend das England immer noch keine Tore aus dem Spiel heraus bekommen hat. ABER ich kann diesem extremen Stil nichts abgewinnen und ich bin durchaus auch ein Freund von gutem Defensivspiel alla Simeone etc.
Diese extreme gar nicht auf das eigene Tor zu spielen fand ich grausam ins besondere in Hälfte 2 der Verlängerung. Da hätte man doch recht leicht bei 1-2 Kontern noch 1-2 Tore machen können ist aber einfach an die Eckfahne gerannt. Und es wäre nicht mal mit sehr viel Risiko verbunden gewesen diese Konter auszuspielen da Spieler völlig frei im Zentrum standen.
Bei sowas frage ich mich immer wie man die Spieler damit auf seine Seite bekommt (ok erfolg sicherlich) aber wenn eine Spieler wie Phillips (Bielsa) oder die City Spieler (Pep) doch eigentlich immer hören das man auf das Tor gehen sollte dann steht man doch auch hinter dieser Philosophie und glaubt nicht so einfach einer anderen Spielphilosophie.

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tobit 9. Juli 2021 um 11:28

Mal zu den Pep- und Bielsa-Spielern: keiner von denen ist im Juego de Posicion aufgewachsen. Die haben alle gelernt, ihrem erfolgreichen Trainer zu vertrauen, auch wenn der ein ungewohntes System/Verhalten verlangt. Daher wundert es mich nicht, dass sie für Southgate auch anders spielen können.
Außerdem sind die Spieler glaube ich grundsätzlich weniger philosophisch bei dem Thema als wir hier. Die wollen gewinnen und dabei ihre individuellen Stärken präsentieren. Der Rest ist den meisten ziemlich schnurz.

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studdi 9. Juli 2021 um 11:52

Ja also das man auf den Trainer hört und das dann umsetzt ok. Nur ob man es wirklich mit letzter Überzeugung (und somit dann auch so gut damit es Erfolgreich ist) umsetzt könnte ich mir manchma schwierig vorstellen.
Müller z.B. scheint ja nicht von Löws Taktik überzeugt gewesen zu sein under ist auch durchaus manchmal alleine nach vorne ins Pressing gestürmt, musste dann nur abbrechen da niemand mit gemacht hat.

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Taktik-Ignorant 9. Juli 2021 um 16:05

Das hat mich in der Verlängerung auch gewundert. Die Dänen waren stehend ko und hinten weit offen, und die Engländer haben mehrere aussichtsreiche Angriffe abgebrochen und an der rechten Flanke austrudeln lassen. Jetzt müssen sie mit dem Makel leben, dass sie durch einen geschundenen Elfer ins Endspiel gekommen sind.

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savona 9. Juli 2021 um 17:15

„Jetzt müssen sie mit dem Makel leben, dass sie durch einen geschundenen Elfer ins Endspiel gekommen sind.“

Es war immer schon so, dass solchen Dingen in Deutschland viel mehr Gewicht beigemessen wird als in anderen Ländern – was ja generell nicht verkehrt ist. Den Engländern wird dieser Makel egal sein. Jeder, der sich ein bisschen für Fußball interessiert, weiß, dass 1954 die Ungarn und 1974 die Holländer in den WM-Finals besser waren, weil das bei aller Begeisterung von vornherein ein wesentlicher Teil der Erzählung war. Es war ein niederländischer Autor, Auke Kok, der viel später, nach all den Verwerfungen um die gelungene „Revanche“ anno 1988 diese Sichtweise in Frage stellte und dazu Thesen aufstellte, die man in Deutschland so nie geäußert hätte.

Als das deutsche Team 1982 nach einem denkwürdigen Halbfinale gegen Frankreich das Endspiel gegen Italien verloren hatte, wurde der Gesamtauftritt des Teams aus guten Gründen hierzulande recht kritisch gesehen. Aus Italien wurde das mit Unverständnis kommentiert: dort wäre man auf einen in dieser Weise erreichten zweiten Platz – neben einer kleinen Enttäuschung über die Finalniederlage – ausschließlich stolz gewesen; die Skrupel wegen der „Schande von Gijon“, des Fouls an Battiston und weiterer Peinlichkeiten fand man dort einfach nur seltsam.

TE hat es ja in seinem Blog geschrieben: ob die Fußballwelt begeistert ist, interessiert die Engländer nicht. Sie wollen die Misserfolgsserie beenden, egal wie. Wenn man dagegen bedenkt, wie ein insgesamt durchaus auf ansehnliche Weise errungener Erfolg wie der Gewinn der WM 2014 schon damals und bis heute bei uns bis ins kleinste Detail auseinandergenommen und auf mögliche Schwachpunkte hin untersucht wird – wobei die internationale Anerkennung diesmal keine Vorbehalte kannte -, muss man feststellen, dass wir schon einen besonders grüblerischen Zugang zu den Dingen pflegen. Ich mag das einerseits, weil es das Gegenteil von oberflächlicher Erfolgsanbetung ist; aber auch hierin lässt sich des öfteren ein Hang zur Übertreibung beobachten.

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Taktik-Ignorant 9. Juli 2021 um 22:29

Nun, das mit dem Holland-Spiel ist eine Legende (ebenso wie das mit dem Ungarn-Spiel, wo die Vorrundenbegegnung mit dem Finale verwechselt wird), aber das ist eine andere Story (natürlich war der Elfmeter für Deutschland (anders als der für Holland) klar berechtigt) – eine tatsächlich typisch deutsche Lust daran, verdiente eigene Erfolge schlecht zu reden. Aber – um beim eigentlichen Thema zu bleiben – der Elfer wurde nicht nur in der deutschen Presse kritisiert, was die insgesamt ausgezeichnete Turnierleistung der englischen Mannschaft nicht schmälert. 5 Spiele bei einer EM-Endrunde ohne Gegentor muss man erst mal hinbekommen, auch wenn die Gegner (insbesondere im Achtelfinale) eher Leichtgewichte waren. Und auch gegen Dänemark waren sie klar überlegen, und gerade deshalb hat es mich gewundert, dass sie nicht öfter versucht haben, mit scharfen Pässen wie gleich zweimal vor dem Ausgleich in den Rücken der dänischen Abwehr zu kommen; es hätte ihnen mehr Sicherheit gegeben und letzten Endes diese Diskussion erspart, die, wenn man das internationale Medienecho verfolgt, eben doch keine rein deutsche Eigenheit ist.

Rinus Michels‘ Personal Fitness Coach 10. Juli 2021 um 00:13

Dem möchte ich widersprechen.
England ist ein sehr kritisches Land, das immer wieder kritischen Geistern Raum gibt ihre Ansichten darzulegen und dies bestätigt sich dadurch, dass etwa Allan Shearer meinte, er hätte diesen Elfer nicht gegeben und es auch klare Ansagen zum Riesenarschloch mit dem Laser Pointer durch die Staatssekretärin gab. Es gibt genügend Leute in England, denen es nicht egal ist WIE England spielt und WIE England gewinnt.
Interessant ist auch, dass ein gewisser Felix Magath, der in England keinen Blumentopf gewann, einst dennoch meinte von der englischen Presse fairer behandelt worden zu sein als von der deutschen und Magath wurde dort wahrlich nicht in den Himmel gehoben.
Nur, wenn du die Möglichkeit hast zum ersten Mal seit 1966 wieder ein großes Turnier zu gewinnen und zum ersten Mal überhaupt eine EM und du eine Strategie verfolgst, die bis zum Finale nahezu perfekt aufgeht(10:1 Tore) bist du komplett im Fokus dies auch durchzuziehen.
Gareth Southgate wurde in England vor der EM genügend für seine defensive Spielweise kritisiert und er wird dies auch wieder nach der EM werden-selbst, wenn England Europameister wird.
Wenn du daran denkst wie die Franzosen 2016 ins EM-Finale im eigenen Land kamen und du dies mit den Engländern 2021 vergleichst, dann waren die Engländer merklich solider.

savona 10. Juli 2021 um 09:37

„England ist ein sehr kritisches Land, das immer wieder kritischen Geistern Raum gibt ihre Ansichten darzulegen“

Okay, zu denen gehört natürlich auch Nick Hornby („Fever Pitch“), der heute in der „Süddeutschen“ u.a. zum Elfmeter befragt wird:
„Ich bin überrascht, dass Sie die Terminologie des Spiels nicht verstehen. Harry Kane hat kein Elfmetertor erzielt. Er traf, als der Ball frei war. Der Elfmeter trug sich in Phase 1 der Bewegung zu. Das Tor fiel in Phase 2. Der Elfmeter war also in etwa so relevant wie, sagen wir, die Entscheidung, 20 Minuten vor dem Elfmeter einen Eckstoß zu geben. Ja, der Elfmeter war Teil der 120 Minuten, aber wie alles andere, das sich zutrug.“
SZ: Ist das jetzt britischer Humor?
„Wenn Sie es lieber ausdrücklich wollen: Es war niemals ein Elfmeter.“

Taktik-Ignorant 10. Juli 2021 um 14:50

Köstlich ….

Koom 10. Juli 2021 um 16:02

Britischer Humor, sehr fein. 😉

Rinus Michels‘ Personal Fitness Coach 11. Juli 2021 um 01:09

@Savonna: Dankeschön! Genial!
Fever Pitch mehrmals durchgelesen zu haben ist im Übrigen ein Grund warum mir der englische Fußball am Herzen liegt.
In diesem Werk wird auch das lange Zeit stiefmütterliche Dasein der englischen Nationalmannschaft gegenüber dem englischen Vereinswesen gut beschrieben.
Die Leidenszeit von Hornby als Fan des lange Zeit biederen Arsenals ist wohl dennoch mit der Leidenszeit der Engländer mit ihren nicht immer geliebten Three Lions-Elf vergleichbar.

tobit 9. Juli 2021 um 19:38

Müller ist aber auch ein eigener Spielertyp und Charakter. Der hat unter den verschiedensten Trainern eigentlich immer sein Ding gespielt und war dann entweder der Held oder saß Recht schnell draußen. Bei letzterem hat er dann auch ziemlich schnell öffentlich passiv aggressive Kommentare abgegeben. Löw war der erste, der ihn nicht sein Ding machen lassen wollte, ihn aber nach der Rückholaktion auch nicht rausnehmen konnte/wollte.
Das alles kann er sich nur erlauben, weil er beim gemeinen Fan so unheimlich beliebt ist. Selbst mir Bayernhasserin ist sein Auftreten sympathisch und wirkt in seiner Mischung aus Arroganz und Komik authentisch wie nur wenige andere im Business. Diesen Status hat bei England z.B. niemand, nichtmal Kane. Aber ein Sterling oder Phillips erst Recht nicht.

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Taktik-Ignorant 9. Juli 2021 um 22:42

Müller war schon immer mein Liebling, spätestens seit er 2010 nach dem England-Spiel seine Oma grüßen musste. Er ist schon eine seltsame Mischung aus Humor (gepaart mit einer gehörigen Portion Selbstironie), Sarkasmus und unbedingtem Siegeswillen, die ihn unter Niederlagen so richtig leiden lässt (er war einer der wenigen, denen man den Gram über das frühe Ausscheiden bei der WM 2018 ansehen konnte). Mein Respekt vor ihm hat sich nochmal erhöht, genauso wie der für Hummels, nachdem sie sich vom Bundestrainer reaktivieren ließen und nicht die beleidigte Leberwurst gespielt haben, obwohl sie selbst bei der Rückkehr eigentlich nur verlieren konnten: wären sie daheim geblieben, hätten alle gesagt: „war ja klar, dass das ohne die besten deutschen Verteidiger und Stürmer nix wird“, und sie wären fein raus gewesen. Jetzt gehen sie wie alle anderen als Loser in die Sommerferien.

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uaf 10. Juli 2021 um 16:05

sorry aber ich kenne in meinem freundeskreis keinen der findet das mueller eine coole type waere. da gibt es auch klar antipathien, ich finde ihn auch einfach nur nervig. vielleicht mal aus der bayern blase rausschauen

Koom 13. Juli 2021 um 10:06

@uaf: Ich finde ihn auch eher großkotzig, aber ich „verstehe“ seinen Appeal. Er ist definitiv ein Charakter, dagegen kann man nichts sagen. Ist auch einer dieser Vertreter, die man vermutlich in der eigenen Mannschaft liebt, in der gegnerischen Mannschaft haßt. Sowas wie Sascha Rösler, Basler, Wagner, Lehmann und viele andere. Gibt es heute auch kaum noch.

Rinus Michels‘ Personal Fitness Coach 9. Juli 2021 um 23:58

In meinen Augen waren diese Momente am Ende der Verlängerung eher schon eine Hösche für den Gegner. Dänemark sollte nicht mehr in Ballbesitz kommen und fast schon vorgeführt werden.
Durch Logik ist es nicht zu erklären, da England, wie du völlig richtig sagst, alle Möglichkeiten gehabt hätte das Spiel endgültig für sich zu entscheiden und das 3 : 1 zu machen. Die Dänen waren platt und damit auch zu platt und zu niedergeschlagen um die Läufe und die Bälle hinter die letzte Kette zu verteidigen.

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savona 10. Juli 2021 um 09:05

Man lernt ja nie aus. Den anscheinend vorwiegend in Österreich verwendeten Ausdruck „Hösche“ kannte ich noch nicht. Für den Fall, dass es anderen ähnlich geht, zitiere ich Wikipedia: „Bei der Hösche geht es darum, dass eine kleinere Gruppe an Spielern in einem abgesteckten Feld in der Mitte steht und gegen eine größere Gruppe an Spielern den Ball erobern soll.“ Synonym: Rondo.

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Rinus Michels‘ Personal Fitness Coach 11. Juli 2021 um 01:16

Ich kann die „Hösche“ noch auf „Such’s Balli spielen“ erhöhen. Der Inhalt bleibt hierbei der Gleiche. Allerdings schlägt der Bekanntheitsgrad der „Hösche“ das Balli um Längen.
Im Ernst-ich dachte dass die „Hösche“ auch in Deutschland ein gängiger Begriff ist.

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tobit 12. Juli 2021 um 09:00

Die Bedeutung von „Such’s Balli“ kann man sich wenigstens noch erschließen. Bei „Hösche“ weiß ich ja nichtmal ob man es mit SCH oder wie das Höschen ausspricht. Keins von beidem ist (in Westdeutschland) bekannt.

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Rinus Michels‘ Personal Fitness Coach 12. Juli 2021 um 23:33

Ich habe den Begriff der „Hösche“ nicht erfunden, aber ja, „Such’s Balli“ hat auch in meinen Augen mehr Charme. Man spricht es nicht wie das Höschen aus, sondern wie deine erste Vermutung.

Koom 12. Juli 2021 um 14:25

„Suchs Balli“ geht ok. Neben Rondo kennt man das ja meist irgendwie als ein 5 gegen 2 oder sowas in der Art. Man muss Österreichisch einfach lieben… 😉

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