Schlafwandler und Spätaufsteher

3:0

Borussia Dortmund behält seine beiden Gesichter und bleibt in der Erfolgsspur. Daran konnte auch eine zähe AS Monaco nichts ändern.

Aufstellungen

Lucien Favre blieb einmal mehr beim 4-2-3-1 und setzte dabei auf die eher unpopuläre Doppelsechsbesetzung bestehend aus dem belgischen Anker Axel Witsel und der dänischen Physismaschine Thomas Delaney. Der 60-Jährige Cheftrainer ermöglichte zudem Jadon Sancho dessen zweiten Startelfeinsatz in der Champions League und Paco Alcácer dessen ersten im Trikot des BVB überhaupt.

Grundformationen zu Spielbeginn

Beim Gegner aus dem Fürstentum vertraute Leonardo Jardim wie schon beim 0:2 in Saint-Etienne in der Vorwoche auf ein 3-5-2. Der Ex-Leverkusener Benjamin Henrichs durfte sich als linker Flügelläufer versuchen. Vor der Abwehr agierten Youri Tielemans und Jean-Eudes Aholou, während der russische Nationalspieler Aleksandr Golovin als Verbindungsgeber zwischen Doppelsechs und Doppelspitze fungierte.

Schlechtes Dortmund

Der BVB startete an sich vielversprechend in die Partie. In den ersten 15 Minuten hatten die Hausherren mehr Spielanteile und wirkten recht sicher bei eigenem Ballbesitz. Allerdings blieb sich Favre in gewisser Weise selbst treu. Denn durch die eigene Personalwahl hatte es der Schweizer einmal mehr nicht geschafft, die vier talentierten Offensivkräfte mit der entsprechenden Unterstützung in der zweiten Welle auszustatten. Delaney driftete gerade in der Anfangsphase viel auf die Flügel, um dort aus dem tiefen Halbraum heraus den Spielaufbau mitanzukurbeln, aber weder er noch Witsel stießen effektiv nach, um beispielsweise aus dem Rückraum den Ball auf die Flügel zu verlagern und einen Angriff im letzten Spielfelddrittel zur Finalisierung zu bringen.

Monaco jedoch tat genau dies und entwickelte spätestens ab der 20. Minute ein immer druckvolleres Offensivspiel. Die Mannschaft von Jardim baute im 3-5-2 auf, wobei die drei Verteidiger recht weit auffächerten und Henrichs sowie der zweite Flügelläufer, Djibril Sidibé, schon frühzeitig aufrückten. Die beiden waren verhältnismäßig aggressiv in ihrem Vorgehen und kamen in viele Duelle mit Abdou Diallo und Łukasz Piszczek, die dadurch auf ihren Positionen gebunden waren und nicht etwa die beiden monegassischen Stürmer in Doppeldeckung nehmen konnten.

Golovin verteidigte zumeist auf der Halbposition im Mittelfeld, während sich Aholou auf die Sechs zurückzog. Sobald Monaco an den Ball kam, bewegte sich Golovin jedoch in Richtung Zehn und schob als erster nach oder interagierte mit Falcao, der recht häufig ins Mittelfeld ging, um Bälle aufzusammeln oder Pässe prallen zu lassen. Als Monaco in der Lage war, den Ball ins Offensivdrittel zu bewegen und dort auch gegen die Verteidigungsversuche der Dortmunder festzuhalten, rückten Tielemans und Aholou versetzt nach und erzeugten Dynamik auf die Dortmunder Doppelsechs, die nicht so recht wusste, wen sie zuerst abwehren musste oder sollte.

Eben jenes Element im Angriffsspiel fehlte dem BVB, der sehr kontrolliert im frühen Spielaufbau und wenig druckvoll nach dem Übergangsspiel war. Der Kontrollverlust der Dortmunder in der ersten Halbzeit hing damit zusammen, dass die Angriffsdauer niedrig war und Monaco immer häufiger den Ball sichern konnte. Schon beim 4:2 gegen Bayer Leverkusen am vergangenen Wochenende wirkten die vier Offensivkräfte weitestgehend isoliert. Natürlich versuchten sich Diallo oder Piszczek beziehungsweise Achraf Hakimi einzuschalten, aber der so immens wichtige Achterraum wurde erst besetzt, als Mahmoud Dahoud auf dem Rasen stand.

Gutes Dortmund

Gegen Monaco verzichtete Favre allerdings auf einen Wechsel im zentralen Mittelfeld zur Halbzeitpause und brachte stattdessen Jacob Bruun Larsen für Marius Wolf, um etwas mehr Spielwitz und positionelle Variabilität auf dem Flügel zu haben. Larsen führte sich mit dem frühen Führungstreffer nach der Pause ein. Dieser resultierte aus einem präzisen Steilpass von Sancho, war aber ebenso das Resultat eines cleveren Rückpasses vom Flügel, um die tote Situation am kurzen Strafraumeck aufzulösen – etwas, was der BVB häufig praktiziert und das dessen Ruhe bei eigenem Ballbesitz verdeutlicht.

Jardim stellte derweil auf eine 4-1-4-1-hafte Grundformation um. Sidibé spielte offensiver auf dem rechten Flügel, während Henrichs gegen den Ball als Linksverteidiger agierte. Im Aufbau staffelten sich Kamil Glik, Jemerson und Andrea Raggi jedoch weiterhin als Dreierreihe. Eine der größten Negativeffekte, die diese formative Umstellung mit sich brachte, war die geringere Präsenz von Moussa Sylla. In der ersten Halbzeit war der 18-Jährige noch der Nebenmann von Falcao und profitierte von dessen umtriebigen Verhalten. Sylla driftete häufiger zum Flügel und setzte die ohnehin schon beschäftigten Dortmunder Außenverteidiger unter Druck oder aber er suchte Lücken für Tiefenläufe, nachdem Falcao oder Golovin den Ball im Zehnerraum gesichert hatten. In der zweiten Halbzeit spielte Sylla auf dem linken Flügel und war weit weniger gefährlich, weil er viel vorhersehbarere Abläufe befolgte.

Dortmund hatte zunehmend die Überhand, weil den Monegassen selten Entlastungsangriffe gelangen und der BVB immer häufiger auch zweite Bälle sicherte. Zudem brachte Favre nach 65. Minuten Julian Weigl für Delaney. Der hochtalentierte Sechser sorgte für zusätzliche Ballsicherheit aus dem Rückraum und brachte sogar ein paar seiner typischen Vertikalpässe an den Mann. Paco Alcácer verschoss erst einen Elfmeter und stellte nur wenig später, konkret in der 72. Minute, auf 2:0. Dem Tor gingen ein schneller Angriff über rechts und ein schöner Querpass von Reus voraus. Der dritte Treffer fiel in der Nachspielzeit.

Fazit

Wieder einmal gelang es dem BVB, in der zweiten Halbzeit aufzudrehen und einen Gegner regelrecht zu überrollen. Die athletische Stärke der Mannschaft hat sicherlich etwas damit zu tun, denn während Leverkusen oder auch Monaco zunehmend ermüdeten, konnten die Dortmunder immer wieder mit voller Kraft anlaufen und ließen sich auch nicht durch verlorengegangene Bälle entmutigen.

Aber ebenso wichtig erscheint das In-Game-Coaching von Favre. Der Schweizer schafft es mal um mal, seine Mannschaft allenfalls suboptimal vorzubereiten, nur um dann während der Partie die richtigen Wechsel – und höchstwahrscheinlich auch richtige Ansprachen in der Kabine – zu finden. Gefährlich bleibt dieses Muster, dem die Dortmunder Partien aktuell folgen, allerdings schon. Denn Leverkusen führte nach 45 Minuten mit 2:0 und Monaco hätte ebenso mit einer Führung in die Halbzeitpause gehen können. Irgendwann schafft es der BVB eventuell nicht mehr, den Spieß noch umzudrehen.

Die individuelle Klasse in der Angriffsabteilung ist allerdings atemberaubend und genau nach dem Geschmack eines Trainers, der weiß, dass er vor allem für die ersten Phasen des Spielaufbaus Vorgaben machen kann, aber im letzten Drittel auf die Kreativität und Entscheidungsfindung seiner Spieler angewiesen ist. Nun muss es Favre nur noch schaffen, eine passende Lösung für das neuralgische Mittelfeldzentrum zu finden, das aktuell vor allem im Gegenpressing und Umschaltspiel positiv auffällt, aber ansonsten noch nicht die richtige Balance zwischen Absicherung und Nachstoßen ausgelotet hat.

PS: Laut dem in allen „Fachkreisen“ anerkannten DID Power Ranking ist der BVB momentan so stark wie seit Beginn der Saison 2016/17 nicht mehr.

Puyol_DI7 4. Oktober 2018 um 13:48

Ich sehe es ähnlich wie Tobit. Auffällig finde ich jedoch, dass wenn Weigl oder Kagawa im Spiel sind, diese „Verbindungslosigkeit“ nicht mehr so stark ins Gewicht fällt. Ich bin außerdem immer noch der Meinung, dass Götze perfekt in das System von Favre passt. Gerade um die Verbindung zwischen Angriff und Mittelfeld zu halten.

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AG 4. Oktober 2018 um 13:30

Ich kenne das DID ja nicht, aber Goalimpact sieht den BVB immer noch deutlich hinter den Bayern (152 vs 168), und auch fivethirtyeight gibt ihnen nur einen Soccer Power Index von 81.5, immerhin hinter acht Teams in der Champions League. Ich hoffe trotzdem, dass es ihnen gelingt, die Liga spannend zu machen und um den Titel zu kämpfen, das würde der Liga sehr gut tun. Allerdings sehen da noch einige Leute schwarz (538 sagt immer noch 81% Bayern, Goalimpact sogar 96%, und auch Statsbomb tippt auf einen Titelgewinn).

Siehe:
https://projects.fivethirtyeight.com/soccer-predictions/
https://twitter.com/Goalimpact/status/1044097411482824704
https://statsbomb.com/2018/10/bayern-are-fine-but-the-bundesliga-may-not-be/

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CE 4. Oktober 2018 um 16:34

Nimm den DID mit einem Augenzwinkern.

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Daniel 5. Oktober 2018 um 11:50

Weiß jetzt nicht, worauf die Vorhersagen von 538 oder Statsbomb beruhen, aber die Vorhersage von Goalimpact beruht meines Wissens auf dem durchschnittlichen Goalimpact (vereinfacht gesagt der durchschnittlichen individuellen Klasse der Spieler im Kader). Da schneidet ein großer Kader natürlich schlechter ab, weil es ein paar „Kaderleichen“ auf den hinteren Plätzen gibt (Toljan, Burnic, Rode…), die den Durchschnitt runterziehen, dabei aber de facto natürlich die Chancen nicht tatsächlich schmälern. Dass Bayern Spieler mit durchschnittlich hoher individueller Klasse hat wird wohl niemand bestreiten, aber Faktoren wie einen zu kleinen Kader (grad mal 19 Feldspieler…und da sind die langzeitverletzten Tolisso und Coman schon enthalten), schlechte Zusammenstellung und Aussetzung des Leistungsprinzips zugunsten von Spielern mit starker Lobby kann der GI nicht berücksichtigen. Ich meine auch mal gelesen zu haben, dass der GI tendentiell ältere Spieler über- und junge unterschätzt (weiß jetzt nicht mehr wo), das würde natürlich auch klar Bayern bevorzugen. 96 % ist mit Sicherheit eine gnadenlose Übertreibung, 81 % schon realistischer, ich würd die Wahrscheinlichkeit eher so bei 60 bis 70 % pro Bayern sehen.

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tobit 5. Oktober 2018 um 12:05

96% ist glaube ich nichtmal besonders übertrieben. Realistisch sind es vielleicht „nur“ 90%, aber das macht auch keinen großen Unterschied.
Bayern kann sich halt erlauben nach Hoeneß-Entertainment-Faktor™ aufzustellen, weil sie dann halt eine normale Meistersaison (~70 Punkte) und keine Pep-Saison (~85 Punkte) abliefern. Reicht auch zum Titel (nicht schön, aber reicht), da niemand sonst dazu in der Lage ist. Das wird so lange so weiter gehen, bis die HEF™-Spieler von selber aufhören oder ein Trainer mit Eiern erfolgreich ist (was Ancelotti nicht war, weshalb man ihn dann so schnell entlassen hat).

Wird der GI sicher nur nach dem reinen Durchschnitt berechnet? Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass man da mit der jeweiligen Einsatzzeit gewichtet.

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Daniel 5. Oktober 2018 um 12:43

Muss nur ne richtige Verletzungsserie kommen und Bayern wird nicht Meister. Der Kader ist ja jetzt schon zu klein. Und allein dafür ist die Wahrscheinlichkeit deutlich höher als 10 %, weil der Kader nämlich viele Kandidaten hat (Robbéry, Gnabry, Goretzka, Thiago, Boateng…). Wenn Bayern verletzungsfrei durch die Saison kommt sinds sicher so ca 90 %, aber das halt ich für unwahrscheinlich. Übrigens ist es auch durchaus auffällig, dass der erste Einbruch zeitgleich mit der englischen Woche passiert…und es werden noch viele englische Wochen kommen.

Wie soll bei einer Vorhersage die Einsatzzeit gewichtet werden? Die weiß man doch nicht vorher. Nein, sicher bin ich mir nicht…vielleicht wird auch nur der Durchschnitt der nach GI besten 20 Spieler genommen? Das fänd ich sinnvoll…

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tobit 5. Oktober 2018 um 14:02

Die Bayern mit Verletzungsmisere haben immer noch eine deutlich höhere Meisterchance als jeder andere Club (wahrscheinlich auch als alle anderen zusammen). Die würden auch mit zwei, drei Jugendspielern in der ersten Elf noch alle Gegner dominieren. Nicht weil sie so gut sind, sondern weil der Rest immernoch zu viel Schiss hat. Die CL-Performance würde darunter leiden, aber das tut sie auch so jedes Jahr mehr.
Es wurde in den letzten Jahren immer wieder (auch von mir) gesagt, dass die Bayern schlagbar seien – ich glaube es nicht mehr. Es sind immer wieder viele Leistungsträger ausgefallen, trotzdem haben sie den Titel geholt. Außerdem ist einfach niemand anderes gut genug auch nur eine „normale“ Meistersaison mit 65-70 Punkten zu spielen – wenn Bayern überhaupt jemals wieder so wenig Punkte holt. Leipzig nicht, Dortmund nicht und sonst auch keiner.

Bzgl. GI: Man könnte z.B. die bisherige Einsatzzeitverteilung einbeziehen. Natürlich sollte man weiterhin jeden Spieler >0 gewichten, aber die Stammspieler sollten stärker gewichtet sein als regelmäßige Tribünenhocker.

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AG 5. Oktober 2018 um 15:25

Ich habe gelesen, dass die erwarteten Einsatzzeiten eingehen, aber die genaue Würze in dem Rezept werden sie sicher nicht verraten 😉
538 nutzt expected goals für und gegen die Mannschaft, außerdem noch eine Gewichtung für internationale Spiele etc, die Details sind in dem Artikel verlinkt (klein, oben). Interessanterweise hatten jetzt bei der WM (laut einer Auswertung, die ich nicht mehr finde) 538 die beste Vorhersage gemacht, dafür war Goalimpact überraschend gut, wenn es um Aufsteiger geht, die 538 immer schwach einschätzt. Stichwort Kiel letzte Saison in der 2. Liga.

Falls ein Team die Bayern in der Liga herausfordern kann, kommt es wohl darauf an, wo der Fokus des FCB liegt: die Liga gewinnen oder Champions League. Bei einem guten Lauf in der CL wird es sicher interessanter als wenn sie rausfliegen und sich auf die Liga konzentrieren (müssen). Wo würde der Verein eher eine schlechte Saison hinnehmen? Wenn nicht in der Liga, dann sehe ich wirklich keine Chance auf die Meisterschaft für die anderen Teams.

Daniel 7. Oktober 2018 um 13:20

Wie weit Bayern in der CL kommt hängt mehr vom Los ab als von Bayern. Wie schon in den letzten Jahren ist gegen die starken Gegner nichts zu holen. Wenn man auf einen davon im AF trifft ist früh Schluss, mit Losglück kanns auch bis ins HF gehen, wenn man davor wieder auf Istanbul und Sevilla trifft (wobei Bayern mittlerweile auch gegen Sevilla gut rausfliegen könnte). Rein statistisch gesehen müsste Bayern bei der Gruppenzulosung sein Glück ausgeschöpft haben für die Saison.

In den letzten JahrEN fand ich Bayern eigentlich noch nicht wirklich schlagbar…erst seit vorletzter Saison. Unter Guardiola war Bayern das klare Nonplusultra in jeder Hinsicht. In der ersten Ancelotti-Saison gabs dann keine richtige Konkurrenz, weil der BVB kurz davor im Sommerschlussverkauf Mkhi, Gündogan und Hummels nach dem Motto alles muss raus verscherbelt hatte. Letzte Saison flog das ganze Gebilde ja schon um ein Haar in die Luft, bis es Heynckes auf eine Art und Weise stabilisiert hat, wie das wohl rückblickend nur Heynckes machen konnte. Zudem war der Kader in den letzten Jahren auch noch nicht in einem so desolaten Zustand wie momentan, sondern „nur“ nicht mehr so stark wie davor.

Ich fürchte, man kann die letztjährige Heynckes-Saison unter ähnlichen Voraussetzungen sehen wie die Meisterschaft von ManUnited im letzten Jahr von Sir Alex Ferguson: eine alte Mannschaft, die mit ihrem abtretenden Coach nochmal zum allerletzten mal zum Halali bläst. Die immense Erfahrung, die Eingespieltheit des Systems und das Schwächeln der Konkurrenz führen dann zu einem letzten großen Triumph. Der junge Nachfolger übernimmt einen Scherbenhaufen..er kann die Arbeit seines Vorgängers nicht einfach kopieren (es gibt keinen besseren Heynckes als Heynckes und keinen besseren Sir Alex als Sir Alex) und etwas neues aufbauen kann er auch nicht, weil die Voraussetzungen fehlen.

Ansonsten zur aktuellen Lage: Bayern wird sich aus der aktuellen Krise herausarbeiten und demnächst auch mal wieder gewinnen. Hoffentlich mit Kovac, andernfalls ohne ihn. Man wird sich auf einem Niveau einpendeln, dass besser ist als ein Punkt aus drei Spielen, aber weit unterhalb den Ergebnissen der letzten Jahre. 60-70 Punkte in der Liga und Platz 1 in der CL-Gruppe sind realistische Zielmarken, wenn nicht zu viel schief geht…wofür das dann reicht muss man abwarten.

@tobit
65-70 Punkte ist keine „normale Meistersaison“, das ist zum Meister werden normalerweise zu wenig. Selbst Schalke hatte letzte Saison 63 Punkte, und die galten als einer der schlechtesten Vizemeister jemals. In der Saison davor erreichte Leipzig als Aufsteiger 67 Punkte…aber die haben bei allem Respekt bestimmt keine Meistersaison gespielt.

rb 8. Oktober 2018 um 10:35

@AG: Hier ist die Auswertung von BStat zu den verschiedenen statistischen Voraussagen zur WM 2018: https://bstat.de/doku.php/wm18/pgwm18 … 538 vorne mit dabei, GI etwas hintendran.

Bzgl. Goalimpact: Dachte gelesen zu haben, dass als aktuelle Mannschaftsstärke ganz stupide der Durchschnitt der 10 Feldspieler + 1 Torwart mit den höchsten individuellen Goalimpact-Werten genommen wird (unabhängig von Position).

tobit 8. Oktober 2018 um 20:20

Vor der Jahrtausendwende (abgesehen von den Bayern und mit den alten Punkten auf die 3P-Regel umgerechnet) haben genau fünf Meister und drei Zweite mehr als 70 Punkte geholt. Da waren 65-70 Punkte eine ziemlich normale Meistersaison. Der Durchschnitt lag bei 68,92 Punkten mit und 67,36 Punkten ohne die Bayern. Danach gab es noch 5 Meister (zweimal davon Bayern) mit 70 oder weniger Punkten. Der durchschnittliche Meister der Bundesliga hat 71,69 Punkte geholt – der Wert wird aber durch die letzten 7 Saisons (nur ein Meister unter 80 Punkten) verzerrt. Ohne diese Saisons liegt der durchschnittliche Meister immer noch bei nur 69,75 Punkten.
Schalke war insgesamt betrachtet etwas unterdurchschnittlich (63 zu 65,65P), für einen Zweiten. Während der 3P-Regel (67,39) sogar schon recht deutlich unter dem Schnitt. Leipzig hat den 3P-Zweiter-Schnitt sehr genau getroffen. Der schlechteste Zweite (in einer 18-Team-Liga) war Aachen 68/69 mit 54 Punkten.

Zum Rest stimme ich dir weitesgehend zu. Einzig die Punktzahl der bayern würde nicht so niedrig einschätzen. Ich gehe da auf jeden Fall von einer Saison über 70 Punkten aus.

Daniel 9. Oktober 2018 um 12:40

Ok, um mich an die Verhältnisse in der Buli vor der Jahrtausendwende erinnern zu können bin ich schlicht zu jung. Ich denk aber auch nicht, dass eine diesbezügliche Betrachtung groß weiterhilft, das war nunmal einfach eine andere Zeit mit viel geringeren wirtschaftlichen Unterschieden innerhalb der Liga und weniger Transfers. Durch die gigantischen Geldmengen, die mittlerweile unter anderem in der CL ausgeschüttet werden, sind die Topteams mittlerweile viel weiter über dem Schnitt ihrer jeweiligen Liga als vor zwanzig Jahren. Das betrifft übrigens alle großen Ligen.

Zu Bayern: nach expected Goals-Metrik wären es schon letzte Saison „nur“ 73 Punkte gewesen. Und die in meinen Augen doch deutliche Kaderverschlechterung in Kombination mit einem mit der geforderten Spielweise und der Dreifachbelastung völlig unerfahrenen Trainer lässt mich stark zweifeln, dass man das wiederholen kann. Zumal das Glück des Vorjahres mittlerweile auch aufgebraucht scheint.

https://understat.com/league/Bundesliga/2017
Durchaus interessant wie ich finde.

tobit 11. Oktober 2018 um 16:21

Was ich noch interessanter finde ist, dass die Bayern xPts in den untersuchten Jahren ziemlich konsequent und durchaus konstant outperformen – bis es interne Probleme/Reibereien/Eitelkeiten gibt, die der Trainer nicht bedienen kann oder will.
14/15: 79 Punkte // 73,61 xPts // Delta: 5,39
15/16: 88 // 77,97 // 10,03
16/17: 82 // 73,76 // 8,24
17/18 Gesamt: 84 // 73,52 // 10,48
17/18 Ancelotti (hochgerechnet): 13 (73,67) // 14,37 (81,43) // -1,37 (-7,76) // 6 Spiele
17/18 Heynckes (hochgerechnet): 70 (88,15) // 57,93 (72,95) // 12,07 (15,20) // 27 Spiele
18/19 (hochgerechnet): 13 (63,14) // 14,76 (71,69) // -1,76 (-8,55) // 7 Spiele
Laut xPts war es eine überaus dämliche Entscheidung, Ancelotti für Heynckes rauszuschmeißen, da dessen Ansatz deutlich erfolgversprechender war – hat sich im Rückblick aber gelohnt, da unter Heynckes massiv überperformed wurde.
Zum Vergleich mal Peps Saisons in Manchester:
16/17: 78 // 85,41 // -7,41
17/18: 100 // 91,09 // 8,91
18/19 (hochgerechnet): 20 (95) // 20,85 (99,04) // -0,85 (-4,04) // 8 Spiele
Und Ancelottis Saisons bei Real und Napoli:
14/15: 92 // 81,75 // 10,25
15/16: 90 // 79,09 // 10,91
18/19 (hochgerechnet): 15 (71,25) // 15,71 (74,62) // -0,71 (-3,37) // 8 Spiele

AG 11. Oktober 2018 um 20:32

Bei xPoints fehlt mir etwas der Bezugspunkt: taugen die denn etwas für Vorhersagen, also wie xG (xG against)? Selbst xG für einzelne Spiele ist ja so eine Sache… Hat sich jemand mal angeschaut, wie xPoints und tatsächliche Punkte sich verhalten, für viele Teams im Verlauf ihrer Saisons? Man würde zwar eine Vorhersagekraft vermuten, aber Statistik ist manchmal komisch 😉

tobit 15. Oktober 2018 um 21:04

Keine Ahnung, wie gut xPoints ist. Finde bei understat auch nichts zur Berechnungsmethode (nichtmal was ganz allgemeines). Zu xG gibt es zumindest eine ganz grobe Erklärung.
Ich schätze, dass das xG-Model auch Basis für xPoints ist. Also so, dass man aus den xG für jedes Spiel eine Gewinnwahrscheinlichkeit berechnet und darüber dann die zu erwartenden Punkte (=xPoints) berechnet.


tobit 4. Oktober 2018 um 13:20

Diese Verbindungslosigkeit gibt es eigentlich schon die ganze Saison. Im anfänglichen 4-3-0-3/4-2-1-3 mit Dahoud neben Witsel und Delaney noch etwas weniger als aktuell im 4-2-0-4. Dort waren die Probleme eher bei den relativ statischen und leicht zu versperrenden Offensivkräften (und der mangelnden Stabilität in Dahouds unausweichlich folgenden Dribblings) zu finden. Jetzt sieht die Bewegung der Offensiven (ausgenommen Wolf, der kaum Mal wirklich ins Zusammenspiel findet) schon deutlich flüssiger, aktiver und zueinander passender aus.

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Koom 4. Oktober 2018 um 13:41

Würde ich spontan erst mal noch als „Umstellungsprobleme“ bezeichnen. Der Strategiewechsel von Dortmund von einem eher agierenden (Klopp, Tuchel) zu einem eher „reagierenden“ (Favre) System ist nicht von heute auf morgen zu schaffen. Es hilft natürlich, dass wichtige Positionen dabei neu/anders besetzt sind, allein dadurch rumpelt es in der Struktur nicht ganz so sehr.

Die „Verbindungslosigkeit“ ist natürlich generell naheliegend. In der Offensive dominieren „reine“ Offensive. Da lässt sich keiner groß nach hinten fallen. Und im Mittelfeld dominieren defensive Typen. Da ist kein Box-to-Box-Spieler dabei, der Verbindungen schaffen könnte. Spielaufbau passiert dadurch eher verhalten, da auch beide AVs (Diallo, Pisczek) keine Offensivspieler sind und eher ruhig aufbauen und aufrücken.

Generell ist das wohl auch noch ein Puzzlespiel. Zu hoffen bleibt, dass man noch Götze wieder hinbekommt – ihn unter anderem mehr dazu verdonnert, sich nicht ganz so weit fallen zu lassen und lieber den Raum knapp hinter der Offensive zu besetzen. Zuletzt spielte Götze oft wie ein verkappter Schweinsteiger.

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Marcello 4. Oktober 2018 um 21:00

Ich glaube, man kann es auf den Punkt bringen: wenn Dortmund im 8er Raum zu wenig Bewegung hat, wird es zäh. Wenn der Gegner dies erkennt und dort Bälle anfängt und presst wird es gefährlich. Das war auch im letzten Jahr so, sah aber anders aus unter bist, Weil alle vorne waren und die Restverteidigung bei Ballverlust ziemlich alleine war…die Mischungen im Mittelfeld muss gefunden werden. Ich fand auch, dass witsel und Delaney sich gestern ein wenig auf den Füssen standen. Ich finde nicht, dass die beiden so gut harmonieren . Ein dahoud hat aber leider noch viele leichte Ball verlauste.guerreiro in Form, fand ich ja Mal interessant zur Abwechslung, aber viel Hoffnung habe ich da nicht, offen gesagt..

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Peda 8. Oktober 2018 um 16:08

„Der Strategiewechsel von Dortmund von einem eher agierenden (Klopp, Tuchel) zu einem eher „reagierenden“ (Favre) System ist nicht von heute auf morgen zu schaffen.“

Es ist zwar verständlich, dass man die Saison dazwischen gerne ausklammern möchte, sie war aber trotzdem.

Und ganz und gar nicht zum Vorteil Favres.

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Koom 9. Oktober 2018 um 09:46

Bosz wollte ich an sich schon noch nennen. Der war ja auch eher in der Schule von Klopp und Tuchel zu sehen, wenn auch wesentlich halsstarriger und riskanter. Stöger hingegen… der hat verwaltet. Als Vorbereitung auf Favre vielleicht gar nicht mal so schlecht, weil auch Stögers Ansatz passiver und reaktiver war – nur halt auch noch sehr ideenlos. Vor allem in Punkto Offensive.

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tobit 22. Oktober 2018 um 18:11

Update: Gegen Stuttgart ließen sich Bruun Larsen und Reus auffallend oft und systematisch fallen um die Anbindung nach hinten herzustellen. Dabei fiel immer maximal einer vor das gegnerische Mittelfeld zurück während der andere eine Schnittstelle, den Zwischenlinienraum oder einen Flügel besetzte.
Sancho, Philipp und Alcacer blieben recht kosequent im Zwischenlinienraum oder an der letzten Linie und versuchten dort mit vielseitigen Bewegungen anspielbar zu werden. Dadurch ergaben sich oft gute Strukturen im Zentrum von denen aus dann Hakimi (gute diagonale Orientierung vom Flügel) und Sancho (kann potentiell aus jedem Raum Gefahr erzeugen) in direkte Duelle geschickt werden konnten.

mal sehen, wie (und ob) das gegen das aggressive Mittelfeldspiel von Atletico umgesetzt wird (werden kann).

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