Die schräge Sensation

1:1*

Spanien kommt nicht vernünftig in den Zwischenlinienraum, das leicht asymmetrische Bollwerk des Gastgebers ins Viertelfinale.

Beide Mannschaften nahmen nach den jeweils nicht idealen Abschlusspartien der Vorrunde einige Umstellungen vor: Bei Spanien kam mit Koke ein zusätzlicher defensiver Mittelfeldmann ins Team, der sich nicht in der Achterrolle der bisherigen Ausrichtung, sondern klar neben Busquets einsortierte. In der russischen Mannschaft kehrte Trainer Stanislav Cherchesov etwas überraschend zur Fünferkette zurück, die vor dem Turnier eigentlich favorisiert, für die Gruppenphase aber doch nicht zur Anwendung gebracht worden war – insgesamt auch eine sinnvolle Entscheidung. Nun sollten es gegen die iberischen Ballbesitzkünstler wieder mehr Defensivpräsenz und Absicherung sein.

Russlands leichte Asymmetrie

Formationen bei Ballbesitz Spanien und Defensive Russland. Die russischen Sechser wechselten häufiger untereinander.

Das 5-4-1 der Russen kam jedoch mit einigen asymmetrischen Zügen daher, die sich insbesondere in der ersten Phase der Begegnung auch in Übergängen zur Viererkette manifestierten: Die beiden hinteren Reihen waren gegen den Ball insoweit schräg angeordnet, dass die linke Formationsseite nach vorne geschoben stand. So agierte Golovin defensiv häufig vor dem eigentlichen Mittelfeld in den Halbraum eingerückt und dahinter pendelte Zhirkov als höherer Flügelläufer aus der Abwehr an die Höhe der zweiten Linie heran. Es ergaben sich also Misch-Staffelungen zum 4-4-1-1 hin, in die auch die anderen Spieler dementsprechend eingebunden und speziell an die Position Golovins angepasst waren: Samedov etwas enger und tiefer agierend, der rechte Sechser herausrückender als sein Pendant.

In der Anordnung der vier Spieler im Mittelfeld bildeten sich also versetzte Dreiecke wie in einer Linie mit Zacken – günstig zur gegenseitigen Absicherung. Die leichte Asymmetrie machte die rechte spanische Seite etwas schwieriger bzw. aufwendiger zu bespielen, aufgrund der vorgeschobenen Anordnung der russischen Formation in jenem Bereich. Das leitete die spanischen Bemühungen eher in andere Zonen, zumal diese ohnehin die linke Seite über Sergio Ramos, Jordi Alba und vor allem die Präsenz des ballfordernden Isco bevorzugten. Allerdings wurde ihr Spiel so etwas zu sehr auf jene Präferenz festgelegt: In Auseinandersetzung mit der russischen Anordnung reagierten die Spanier zunehmend mit unpassenden Entscheidungen, wurden auf der linken Seite etwas zu verspielt und setzten das leicht erschwerte Verlagerungsspiel nicht mehr konsequent und dynamisch um.

Keine Klarheit im Bewegungsdrang

Konkret wechselte Golovin nicht nur zwischen dem Nachschieben zurück nach außen und punktuellem Pressing auf Piqué, sondern konnte vor allem häufiger Koke anlaufen. Der neue Mittelfeldmann in der spanischen Startaufstellung kippte viel heraus – ganz besonders und im Laufe der Partie immer konstanter nach rechts – und häufig musste die Zirkulation in Richtung des Außenverteidigers über ihn umgeleitet werden. Insgesamt hätte das nicht so ausgeprägt passieren müssen, da er in einigen Szenen auf dem Weg zum rechten Flügel ohnehin überspielt wurde. In der Rollenverteilung im defensiven Mittelfeld übernahm Koke bei Ballbesitz also den tieferen Part gegenüber Busquets und kreiste quasi umtriebig um den zentralen Ankerpunkt herum, der sich im Verlaufe der Szenen noch etwas weiter nach vorne schieben konnte.

Dort wurde Busquets allerdings nicht so wirklich eingebunden – und damit die potentiellen Möglichkeiten, seine Pressingresistenz auch mal in höheren Zonen nutzen zu können, kaum ausgeschöpft. Im Laufe der Partie ließ sich Dzyuba tiefer an die Mittelfeldreihe zurückfallen und hielt sich enger am spanischen Sechser. Die meisten Bemühungen des Teams von Fernando Hierro gingen letztlich von der linken Seite aus, über Iscos Dribblings und einige Überladungsversuche. Gelegentlich rückte Asensio mit ein, wie überhaupt die gesamte Offensive sehr beweglich umher driftete. Nur funktionierte das zu unstrukturiert und in der Entscheidungsfindung zu willkürlich: Die typischen Rückstöße der Offensivleute zum Ball kamen mit ungünstigem Timing, teilweise gab es „irgendwelche“ Ergänzungsbewegungen von allgemein gutem „Wert“, die aber nicht zu den spezifischen Gegebenheiten der Situation passten. Man könnte aber auch sagen: Das war risikolos und vorsichtig.

So bildeten sich aus den übermäßig spontanen Bewegungen viele improvisierte Staffelungen. Gleichzeitig konnte bei den zahlreichen Rückstößen schnell die Offensivpräsenz verloren gehen. Eigentlich waren die Spanier auf jede Präsenz angewiesen: Sobald Asensio mal etwas breiter blieb, hatten die Linksüberladungen eigentlich nicht mehr viel Aussicht auf ein durchschlagendes Element. Positioneller blieb am ehesten noch Silva, der phasenweise klarer den Zehnerraum hielt, dort hinter dem 5-4-1 aber verschwand – und so in der Summe gerade zu wenige Bewegungen nach links in die Überladungsversuche hatte. Das dortige Ausspielen leitete meist Isco an, aber die Orientierung von den Ausgangsräumen zum Tor war schon ungeschickt. Selbst wenn solche Momente aus der Zirkulation besser vorbereitet worden wären, beispielsweise durch mehr Stringenz in der Entscheidungsfindung, hätten die Spanier wohl nur wenig Durchschlagskraft erzielt.

Kaum Konter, aber stabile Präsenz am rechten Flügel

Dafür standen die Spanier mit Koke als zusätzlichem und meist hinter Busquets postiertem Sechser stabil in der Absicherung. Nur wenige der langen Bälle im Umschalten konnte Dzyuba vorne für Russland erreichen und festmachen, bis aus dem 5-4-1 genügend Unterstützung nachgerückt war – trotz Golovins engerer Position. Gefährdet durch gegnerische Konterangriffe war Spanien eigentlich zu keiner Phase – ihr großer Vorteil in dieser Partie: Vielleicht hätte sich der Gegner mal locken lassen, ansonsten verlor man selbst eben nicht gefährlich das Leder. Die langen Bälle spielten für Russland auch aus Aufbausituationen eine wichtige Rolle und gingen mit jenem starken Fokus auf die rechte Seite einher, der auch schon die Partie gegen Uruguay geprägt hatte: Mário Fernandes rückte bei Ballbesitz enorm hoch auf, Samedov unterstützte flexibel und der ballnahe Sechser schob sich etwas mit herüber.

So versuchten die Russen auf dieser Seite für Überladungen zu sorgen. Dieses Vorgehen ermöglichte erst einmal gute Absicherung – wobei die hinteren drei Verteidiger bei den langen Bällen teilweise recht tief verblieben. Das weitere Ziel schien es gar nicht in erster Linie zu sein, sich unbedingt dynamisch in den Strafraum zu spielen, sondern einzelne Flankenmöglichkeiten bzw. vor allem Standardsituationen zu erarbeiten. Allzu viel Durchschlagskraft war aus den sehr breiten Ausgangszonen und der geringen, bei zweiten Bällen auf Stabilität bedachten Angriffspräsenz nicht herstellbar. Wenn sich Dzyuba als ballhaltende Anspielstation weit nach außen bewegte, ließen sich punktuell sogar mal beide Innenverteidiger auf den Flügel ziehen, doch war dann praktisch keine Präsenz im Strafraum mehr übrig, um das auszunutzen.

Überhaupt blieben nur wenige umsetzbare Anschlussoptionen nach innen für andere Weiterführungen des Angriffs. Als die Russen zu Beginn der zweiten Halbzeit Cheryshev für Samedov ins Spiel brachten und der neue Mann die Position Golovins besetzte, ging nicht dieser auf den anderen Flügel, sondern Zobnin – vielmehr übernahm Golovin den halbrechten Posten in der Mittelfeldreihe. Dies könnte für den Umschaltmoment gedacht gewesen sein, aber auch für die Wichtigkeit der Rechtsüberladungen kam dieser Variante insofern Bedeutung zu, dass Golovin näher an diese Aktionsmustern heran gebracht wurde und sich über die Bewegung aus dem Zentrum heraus darin einschalten konnte. Eine gute russische Kombination hätte gefährlich zur Grundlinie durchkommen können, wäre Golovin nicht unglücklich weggerutscht.

Spaniens unvollendete Umstellungen

Bei den Spaniern indessen wurden die Staffelungen zusehends unverbundener: Asensio blieb rechts häufiger breit, Isco intensivierte sein gleichzeitiges Herauskippen und wartete auch ballfern vermehrt außerhalb der Formation im Halbraum, dementsprechend büßte das Team nun konstanter an Offensivpräsenz ein. Mit der Einwechslung von Iago Aspas als Mittelstürmer konnten verwaiste Räume in der Mitte zumindest punktuell über dessen Zurückfallen gefüllt werden. Eine weitere Auswechslung betraf die offensive Mittelfeldposition, auf der Hierro nun Iniesta für Silva brachte.

Der katalanische Altstar fiel etwas häufiger zurück und übernahm so die halblinken Bereiche, in denen zuvor Isco dominant agiert hatte. Dieser wiederum wurde dadurch mehr ins Zentrum geschoben oder wich sogar weiter nach halbrechts aus: Für einen kurzen Moment schien es so, als ob die Spanier über veränderte Bewegungsmuster Iscos den Aufbauraum um Koke mit alternativer Dynamik würden in ihr Spiel integrieren können. Doch blieb dies innerhalb der Inkonstanz des iberischen Bewegungsspiels nur von kurzer Dauer. Auch über die zweiten 45 und die zusätzlichen 30 Minuten sollte ihre Flexibilität letztlich nicht entscheidend zusammenfinden.

Mit der Einwechslung von Rodrigo Moreno in der Verlängerung hätten von der Rechtsaußenposition noch mehr Läufe in den Strafraum ausgehen können, doch zunehmend agierte Isco in seiner typischen Manier vom rechten Flügel aus und die beiden eingewechselten Angreifer formierten sich gemeinsam zentral. Weiterhin fehlte es an Bewegungen, die den Strafraum attackierten. Doch verbesserten sich die Möglichkeiten für Ablagen nach längeren, druckvollen Vertikalpässen, die Spanien nun attackierender spielte. So erzeugte das Team am Ende noch zwei bis drei Ansätze zwischen den Linien – wenngleich etwas improvisiert eingeleitet und daher ohne die letzte Sauberkeit.

Fazit

Die Geschichte dieses Spiel ist eigentlich schnell erzählt: Russland verteidigte gut, Spanien war in der Verbindung von Angriffsstruktur und offensivem Bewegungsspiel ebenso wie in den Rhythmusentscheidungen in der Zirkulation zu ziellos. Ohne die beiden Treffer nach ruhenden Bällen hätte es auch ein 0:0 geben können. Dann muss man (oder spezifisch gemünzt: muss man als Favorit) in die Elfmeterlotterie.

Michi 9. Juli 2018 um 09:21

Ignashevic gibt den Beckenbauer)
(Oder kommt noch ein Artikel zum Kroatien-Spiel?)

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sven 4. Juli 2018 um 20:19

bei den ganzen analysen fehlt mir ein aspekt, der auch mit taktik zu tun hat: risiko. ich verstehe nicht, wieso trotz aller ballkontrolle nicht mal schneller ein pass gespielt oder eine flanke vors tor gegeben wird. die umschaltsituationen für die zumeist nominell schwächeren teams führt auch dazu, dass drei oder vier spieler die aktion ausführen. so wird immer zuerst die formation gesucht, aus der heraus eingeübte dinge vorgetragen werden. das gleiche gilt für die überraschungsmomente, wenn sich doch mal ein mittelfeldspieler oder verteidiger mit in den angriff einschaltet. da gerät die defensivordnung auch durcheinander. und: wer kann mir erklären, wieso man dann lieber verliert statt was zu riskieren. die einzige langweilige erklärung, die ich habe. einmal durchkommen und dann 1:0 gewinnen.

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MiLo 5. Juli 2018 um 18:41

“ ich verstehe nicht, wieso trotz aller ballkontrolle nicht mal schneller ein pass gespielt oder eine flanke vors tor gegeben wird.“

Dazu hätte ich zwei Vermutungen:
Erstens müssten die zwei, drei involvierten Akteure dann auch auf die riskante Aktion eingestellt sein und in der Lage sein, gemeinsam und aufeinander abgestimmt zu handeln. Es erfordert also auch eine gewisse Einübung.

Zweitens muss die Mannschaft beim Scheitern des riskanten Spielzugs den gegnerischen Angriff auffangen können, was auch wieder eine gewisse Übung erfordert.

Ein drittes sehe ich noch: Die verteidigende Mannschaft zieht sich oft tief in die eigene Hälfte zurück und steht dort recht breit. Wenn bis zu 9 Feldspieler dann so kompakt stehen über die ganze Breite, ist es schwer, eine überraschende Verlagerung hinzubekommen, weil es eigentlich kaum einen Ort gibt, wo man hinverlagern könnte. So sieht es jedenfalls für mich aus. Man kann zwar von Flügel zu Flügel verschieben, so dass die Abwehr hinterherverschiebt, aber die Distanzen sind nciht groß genug, um richtig große Lücken im Defensivverbund entstehen zu lassen.

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Aliou Bob Marley Cisse 7. Juli 2018 um 16:48

Weil anscheinend mittlerweile die Angst ein Spiel zu verlieren oft größer ist, als der Wille ein Spiel zu gewinnen. Das hat wohl mit übermäßigen Trainerwechseln nach frühem Turnieraus zu tun. Selbst Martinez wurde vor dem Turnier kritisiert, trotz seiner Serie. Wahrscheinlich ist deshalb im Spiel mehr Sicherheitsdenken, weil man als Trainer sonst schneller weg ist, als einem lieb ist, ohne, dass man genügend Zeit hatte um das eigentliche Potential zu schöpfen.

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Aliou Bob Marley Cisse 4. Juli 2018 um 16:14

Der Ausweg kann auch ganz ganz simpel formuliert sein den Ball nicht bis zum Ende auf einer Sänfte ins Tor zu tragen, sondern ab einem gewissen Zeitpunkt an den Abschluss zu forcieren. Oliver Kahn brachte das vor Jahren bei Bayern München ins Spiel, als er den sehr wohl Spanier Thiago Alcantara dafür lobte, dass er den Wahnsinn zum richtigen Zeitpunkt beenden konnte. Wo war dieser Mann und hätte nicht genau Alcantara dieser Mann wieder sein können, wenn auch nicht in Form und vom Verletzungsteufel gebrandmarkt?
Es muss doch Instinkt vorhanden sein, wann es noch Sinn hat den besser positionierten Spieler zu suchen und wann das nur mehr wahnsinnig macht. Instinkt kann man nicht in einer Schule lernen. Den hat man. Hat den niemand mehr sind es die Harlem Globetrotters, die den Korb nicht treffen.

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Yilde 3. Juli 2018 um 10:08

Grundsätzlich stimme ich zu, finde aber, dass Spaniens Ansatz schon verschieden zum deutschen war. Während Deutschlands Staffelung (wenn man den Gegner ins letzte drittel geschoben hatte) teilweise hanebüchen harakiri war, sind die Spanier hier viel zu wenig Risiko gegangen. Warum da zwei IV´s, Busquets und ein Achter jeweils außerhalb der Zwischenlinien herumeierten um die Zirkulation anzukurbeln ist mir schon ein Rätsel. Speziell als Russland irgendwann kaum mehr einen Spieler vorne hielt

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Yilde 3. Juli 2018 um 10:10

War eigentlich als Antwort an Taktik-Ignorant gedacht.

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Taktik-Ignorant 3. Juli 2018 um 12:08

Vielleicht hatten sie Lehren aus der fehlenden deutschen Absicherung gezogen und es (eigentlich typisch deutsch) mit der Korrektur ein wenig übertrieben. Nur: so lange die Spieler sich nicht wirklich bewegen, ist es fast egal, ob sie weiter hinten oder weiter vorne herumstehen. Die spanische Staffelung wäre okay gewesen bei Führung, bei unentschiedenem Spielstand, wo die Elfmeter-Lotterie droht, war sie unangepaßt, und es kamen ja nur gegen Ende ein paar Halbchancen heraus, ansonsten war von Torgefahr nicht viel zu erkennen. Und in dieser Hinsicht sind Parallelen zur Spielweise Deutschlands schon erkennbar.

Schade, weil zwei Mannschaften draußen sind, deren Spielerpotential mehr hätte hergeben müssen, und zwar sowohl an hochwertiger Fußballkost als auch an Ergebnissen. Ganz ketzerisch an die Adresse der „wir sind trotz Löw Weltmeister geworden“-Fraktion (die hier ohnehin in der Minderheit scheint, hier wird Kritik ja eher sachlich und konkret geäußert): Mir schien es, als wäre Spanien bei der WM von Spiel zu Spiel schlechter geworden und hätte den spielerischen Faden immer mehr verloren. Vielleicht hatte Lopetegui dann doch einen großen Einfluß darauf, wie stark die Spanier seit der letzten EM aufgetreten waren…..

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kalleleo 3. Juli 2018 um 11:59

Hinten sicher stehen ist ja nicht verkehrt und vorne hatten sie ja auch einige Chancen. Ist irgendwie mit der deutschen Mannschaft, da sind Kleinigkeiten die nicht 100% passen aber eigentlich sollte es zum Sieg reichen.
Einfach planlos alle Mann vorne rein stellen bringt keine Raeume, aber wenn man die Ballzirkulation dann nicht sauber genug hinbekommt wirkt es eben extrem lahm.

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studdi 3. Juli 2018 um 08:52

Glaubt ihr das Spanien mit Lopetegui nicht so „Ziellos“ gespielt hätte? Immerhin hat er ja noch die komplette Vorbereitung mit der Mannschaft absolviert.

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Taktik-Ignorant 3. Juli 2018 um 12:13

Aber wenn er so plötzlich fehlt, kann das Verunsicherung reinbringen, insbesondere wenn der rasch benannte Nachfolger anders tickt. Bei Spanien war es ja so, daß die Assistenten von Lopetegui (die mit ihm nach Madrid wechseln werden) ja stillschweigend weiter mit die Mannschaft betreut haben, weil Hierro natürlich auf die Stelle keinen eigenen Stab hatte. Da waren also die Lopetegui-Helfer, aber hierarchisch einem anderen Trainer mit eigenen Vorstellungen unterstellt, und dazu eine Mannschaft, die noch an Lopetegui gewöhnt war, aber in der Spielvorbereitung und beim Spiel selbst plötzlich anders gecoacht wurde. Kann schiefgehen…

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KS 2. Juli 2018 um 19:56

Da spielen bei Spanien auch ein paar der besten Spieler der Welt, die haben jetzt wirklich alles gewonnen, was man im Fussball gewinnen kann. Dazu haben die eine ganze Reihe Betreuer auf der Bank. Wenn dann alle am TV sehen, dass die viel zu wenig Geschwindigkeit im Passspiel haben, wieso können die das in 120 Minuten nicht ansprechen und ändern. Ok, in der Verlängerung wurde es kurzzeitig mal leicht besser, und es lastet ein grosser Druck auf den Spielern. Aber trotzdem. Mit René Maric habt ihr ja einen der Euren, der in der Praxis arbeitet. Könnt ihr mir weiterhelfen mit einem Erklärungsansatz, wieso dass es die Spanier nicht einmal geschafft haben, den Ball in der Abwehrkette schneller laufen zu lassen?

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Taktik-Ignorant 3. Juli 2018 um 12:16

Ein gewisser Grad an physischer Erschöpfung mag angesichts der Hitze eine Rolle gespielt haben (wie bei den Deutschen, und auch die Belgier wirkten gestern nicht mehr ganz so frisch). Ich warte ja darauf, daß die Engländer bald einbrechen.

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Taktik-Ignorant 2. Juli 2018 um 18:11

Das Spiel war sehr anstrengend anzusehen, der Bela-Rethy-Kommentar zum deutschen Südkorea-Spiel („Sie sehen hier gerade keine Zeitlupe“) hätte auf dieses Spiel auch perfekt gepaßt. Bei den Russen schien der völlige Verzicht auf Offensivspiel (nach dem Ausgleichstreffer) teilweise der Kondition geschuldet, aber natürlich auch klaren taktischen Vorgaben. Spanien hatte tatsächlich ähnliche Probleme wie Deutschland zuvor: so viel Tempo in das Ballbesitzspiel zu bringen, daß sich Lücken im gegnerischen Abwehrblock auftun. Das dauernde Abbrechen und Neustarten von Angriffsaktionen hat wohl mit dazu beigetragen, daß die kaum vorhandene Linie immer weiter verloren ging. Auch Ballbesitzspiel braucht Tempo, Zweikampfhärte und Zug zum Tor.

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MiLo 3. Juli 2018 um 14:04

Mich hat das Spiel auch ein bisschen an das letzte Vorrundenspiel Frankreichs bei der WM 2002 erinnert. Ballsichere Spieler, die sich die Kurzpässe zuschoben und sich vor des Gegners Strafraum kombinierten. Das sah alles fantastisch aus, sehr elegant und gekonnt. Aber nach vorne passierte dann nichts. Das wirkte seltsam hilflos, gerade angesichts der tollen Technik der Franzosen. Mittlerweile hat sich dieses Muster ja doch häufiger wiederholt. Das war im Rückblick so eine Art Urszene.

Ein bisschen naiv würde ich mal sagen, dass die große Disziplin der Ballbesitzmannschaften hin und wieder auch ihre Achillesferse sein könnte. Die Disziplin besteht darin, dass dieses Kurzpassspiel bis zum bitteren Ende durchgezogen wird. Heißt, die vorgesehenen Abläufe werden immer wieder vollzogen, als Mannschaftsverbund. Muss ja auch, weil das Ballbesitzspiel offenbar erfordert, dass alle Feldspieler ihre Rolle wie vorgesehen ausfüllen. Dann könnte es sein, dass die Langsamkeit des Einen die Langsamkeit des Zweiten verursacht, alleine schon, um keine Fehlpässe zu spielen oder Ballverluste zu riskieren. Dann wird das System starr. Der Ausweg könnte sein, doch mal einen langen Ball zu schlagen, der dann unerwartet kommt, also ein bisschen mehr individuelle Aktion zu erlauben. Ein temporärer Ausbruch aus dem System könnte zu Tempogewinnen führen.

Die Gefahr ist natürlich da, dass Einzelaktionen sinnlos ausgespielt werden (siehe gestern HZ 1 die Brasilianer) oder dass die Mannschaft in zwei Teile zerfällt wie die Argentinier 2010 gegen Deutschland.

Insofern sollte es auch nicht unmittelbar um isolierte Einzelläufe gehen, sondern man müsste schon zwei, drei Leute vorne einsetzen, damit man nicht wie Ronaldo einsam versandet.

Spaniens Bewegungen waren insgesamt nicht überraschend gegen die Russen und das Aufbauspiel hat etwas Lineares in seinem Vorwärtsgang, da konnte sich die gegnerische Defensive in Ruhe einigeln. Überraschende Verlagerungen waren da vielleicht gar nicht mehr möglich.

Aber gut, alles das ist jetzt sehr naiv geäußert von mir. Es ist über die Jahre nur immer wieder irritierend, solche Spiele zu sehen.

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