Nach dem Spitzenspiel ist vor dem Spitzenspiel
Den Fans des gepflegten deutschen Fußballs wird in diesen Tagen ein doppeltes Gigantentreffen geboten. Erst spielten RB Leipzig und Bayern München am Mittwoch um den Einzug in die nächste Runde des DFB-Pokals. Nun treffen sie am Samstag in der bayerischen Hauptstadt zu einem Punktspiel aufeinander. Die Analyse der Pokalpartie soll auf drei wesentliche Punkte heruntergebrochen werden. Danach erfolgt noch eine Vorschau auf das heute anstehende Duell.
Die beiden Trainer überraschten mit ihrer jeweiligen Personalwahl am Mittwoch nicht. Bei Leipzig stellte sich vor allem die Frage, wer denn im Sturmzentrum zum Einsatz kommen würde. Ralph Hasenhüttl entschied sich für Jean-Kévin Augustin und Yussuf Poulsen. Timo Werner musste also zunächst auf der Bank Platz nehmen. Am Ende der Partie würde er mit seinem verschossenen Elfmeter im Elfmeterschießen zur tragischen Figur werden.
Apropos tragische Figur: Naby Keïta spielte wie gewohnt auf der Doppelsechs. Sein Nebenmann war der vielseitig aktive Slowene Kevin Kampl, welcher folglich Diego Demme in eine Reservistenrolle verdrängte. Das 4-2-2-2 der Leipziger entsprach den bekannten Mustern. Eine makrotaktische Anpassung aufgrund des hochklassigen Gegners erfolgte nicht.
Bei den Bayern musste Trainer Jupp Heynckes mit einigen Ausfällen kämpfen. Gerade auf der Zehnerposition blieb ihm eigentlich nur Thiago als Option übrig. Er setzte den Spanier allerdings nicht auf der Zehn, sondern vornehmlich auf der Acht in einem 4-1-4-1/4-3-3 ein, was sich sowohl im Spielaufbau als auch im Pressing regelmäßig zeigte.
Aspekt I: Leipzigs Pressing
Ein wichtiges Fundament des Spiels von RB Leipzigs ist bekanntermaßen das eigene Pressing. Gegen die Bayern ergab sich folgendes Muster: Mats Hummels und Jérôme Boateng spielten sich oftmals den Ball zu und banden Sven Ulreich nur gelegentlich ein. Ein Leipziger Außenstürmer schob vom Flügel außen auf den ballfernen Innenverteidiger. Der dann mittlere Spieler – also einer der beiden Stürmer – positionierte sich zumeist in der Nähe von Arturo Vidal. Der zweite Stürmer lief den ballführenden Münchener an. Bei einem Rückpass auf Ulreich schob in der Regel der erste Stürmer durch. Allerdings wurde der Bayern-Torhüter nicht immer angelaufen; situativ wurden ihm schlichtweg die kurzen Passoptionen versperrt.
Das angesprochene Pressingverhalten führte zu sauberen Verschiebungen innerhalb der ersten Linie, wenn die Bayern von einer auf die andere Seite spielten. Das gelegentliche Nicht-Einbinden von Ulreich führte zu einem Vier-gegen-Fünf in diesem Bereich des Spielfeldes, was wiederum kurzzeitige Dopplungen auf den Außenbahnen ermöglichte, wenn beispielsweise Joshua Kimmich angespielt wurde, da dann der Leipziger Mittelstürmer von innen kam und den Passweg zu Boateng zustellen konnte.
In der ersten Halbzeit gab es nur vereinzelt tiefere Pressingstaffelungen, in denen die Doppelsechs etwas zurückgezogener stand und durch die Kompaktheit versuchte, Thiago und Tolisso zu kontrollieren. Nach der Halbzeitpause machten die Bayern zunächst einige Minuten lang recht viel Druck in der Offensive. Leipzig zog sich ins 4-4-2 zurück, wodurch auffiel, dass es den Sachsen in dieser Ausrichtung bei weitem schwerer fiel, die Angriffe des deutschen Rekordmeisters zu stoppen. Es war eine Mischung aus individueller Unterlegenheit in mannorientierter Ausrichtung und einer natürlich statischen Grundkonstellation, welche druckvolle Läufe aufgrund des komprimierten Spielfelds nicht zuließ.
Aspekt II: Bayerns und Leipzigs Angriffsmuster
Auf das weiter oben angesprochene Angriffspressing der Leipziger reagierte Heynckes‘ Mannschaft vor allem mit versuchten Verlagerungen auf die Flügel. Pässe durchs Zentrum erschienen riskant und mündeten ab und zu in Ballverluste, die man gegen RBL in tiefer Feldposition tunlichst vermeiden sollte. Eine Szene, die Bayerns versuchte Einbindung der Flügel gut darlegt, ist unter dem nächsten Absatz zu sehen.
Hummels ging dabei recht langsam nach innen und schüttelte so Sabitzer ab, der in seiner Position verharrte und zunächst wohl auch nicht wusste, welche Bewegung folgen sollte. Taktikpsychologisch war es ganz clever von Hummels, denn der Innenverteidiger wirkte zunächst, als wüsste er nicht so recht, was er tun konnte, nutzte aber dann mit einem Lupfer den Freiraum, den David Alaba auf der linken Seite vorfand. Anschließend löste sich Thiago von Kampl, der sich etwas zurückfallen ließ. Marcel Halstenberg war eingerückt und blieb in der Nähe von Tolisso, was wiederum Arjen Robben mehr Platz gab und die Verlagerung zum Niederländer ermöglichte.
Dieses Angriffsmuster gab es indes häufiger zu sehen. Die Bayern überraschten also nicht. Bereits in unserer Vorschau auf einer anderen Seite deutete ich an, dass der deutsche Rekordmeister es sicherlich des Öfteren mit Verlagerungen versuchen wird. Ich ging davon aus, dass Boateng mit seinem rechten Fuß von der halbrechten Position den Diagonalball einige Male probieren wird. In der oben erwähnten Szene war es Hummels mit einem fast noch anspruchsvolleren – und vor allem riskanteren – Ball.
In jedem Fall wollten die Bayern von links dann auf die Robben-Seite gelangen. Die eingerückte Viererkette der Leipziger und die hohe Grundposition von Emil Forsberg gaben dem Niederländer den benötigten Freiraum. Nur seine typischen Dribblings nach innen waren nicht häufig von Erfolg gekrönt.
Bei den Leipzigern spielte sich im Aufbau viel über die tiefe Einbindung Kampls ab. Der Slowene kippte mal zwischen, mal neben die Innenverteidiger. Mal blieb er vor ihnen. Seine Dominanz gab den Roten Bullen etwas mehr Sicherheit in der Tiefe, beeinflusste aber die Vorgehensweise im Aufbau nur leicht. Im Grunde konnten die Leipziger gegen den Dreierblock Bayerns nicht durchs Zentrum vordringen. Ein etwaiges Zurückziehen eines Angreifers, um die Zahlen im Mittelfeld auszugleichen, wurde unterlassen.
An sich eine richtige Entscheidung, denn damit blieben vier Akteure vorn fürs Gegenpressing nach den Diagonalbällen von der Außenbahn, die immer wieder aus dem eigenen Aufbau heraus erfolgten. Wurden die Bälle jedoch kurz auf den ballnahen Flügel- oder Mittelstürmer gespielt, konnten Bayerns Verteidiger zumeist die Situation direkt durch scharfes Herausrücken klären. RBL versuchte augenscheinlich, nicht durchweg den zweiten Ball zu forcieren, sondern auch dosiert in den Halbraum zu spielen. Der Erfolg blieb aber eben überschaubar.
Wirklich gefährlich waren die Hausherren vor allem nach Ballgewinnen im zweiten Drittel, die allerdings eher aus einzelnen Zweikämpfen oder technischen Fehlern des Gegners entstanden, als dass sie ganz gezielt durch die erste Pressingwelle forciert wurden.
Aspekt III: Kimmichs Freirolle
Wir könnten nun lange und breit über die gegebene Rote und nicht gegebene Rote Karten sprechen. Oder auch die Konterversuche Leipzigs nach dem Platzverweis von Keïta sowie die bereits bei der Analyse ihres Auswärtssieges in Dortmund angesprochene Schwierigkeit eines Pressings in Unterzahl ausgiebig diskutieren. Doch ein anderer Aspekt erscheint viel spannender, weil er eher ungewöhnlich für Bayern-Trainer Heynckes ist.
In der 88. Minute wechselte der 72-Jährige Rafinha für Tolisso ein. Der Franzose hatte zuvor für fast 30 Minuten – nach der Einwechslung Javi Martínez‘ für Kingsley Coman – auf der linken Seite gespielt. Nach der Hereinnahe von Rafinha sprach dieser sich kurz mit Kimmich ab und nahm dann die Position rechts außen ein, während Kimmich im Halbraum neben dem Brasilianer verblieb.
Zu Beginn machte es fast den Anschein, als hätte Heynckes auf Dreierkette umgestellt und Kimmich würde die Vorstöße von Boateng und Hummels absichern. Aber gerade in der Verlängerung trieb sich Kimmich überall herum. Er stieß bis zu Robert Lewandowski vor, positionierte sich situativ auf der Zehn und rochierte immer wieder halbrechts. Diese Form einer Freirolle war grundsätzlich eine gute Idee, um nicht nur etwaige Überladungen zu schaffen oder bestimmte Räume zu besetzen, sondern auch um die Zuordnung in Leipzigs 4-4-1 zu verkomplizieren.
Vorschau auf den zweiten Teil des Doppelduells
Heute Abend nun treffen beide Teams wieder aufeinander. Je nach Spielverlauf in Hannover, das auf Borussia Dortmund trifft, könnte es für beide Clubs um die Tabellenführung in der Bundesliga gehen. Trotzdem werden die zwei Mannschaften aufgrund der engen tabellarischen Konstellation nun keine Kamikaze-Strategien wählen.
Die Grundausrichtungen sollten ähnlich wie am Mittwoch aussehen. Obwohl RB Leipzig nun auswärts antritt, dürfen die Sachsen nicht zu viele passive 4-4-2-Phasen einstreuen, denn dann könnte Bayern sicher über die ersten beiden Linien zirkulieren und häufiger Eins-gegen-Eins-Duelle auf den Flügel erzwingen. Genau das gilt es für Leipzig zu verhindern. Das im Mittwochsspiel gezeigte Angriffspressing neutralisierte den Spielaufbau der Bayern weitestgehend. Die Anzahl an Ballgewinnen während der ersten Welle oder in den Sekunden danach war eher überschaubar, weil dieser Aspekt allerdings dem Anschein nach weniger fokussiert wurde. Stattdessen versuchten die Leipziger aus dem Gegenpressing heraus Bälle in guten Feldpositionen zu gewinnen, was in Kombination mit dem verbesserten Ballbesitzspiel ein passender Ansatz scheint.
Isolationen der Außenverteidiger oder auch gezielte Doppelattacken auf Tolisso sollten allerdings auch im Rahmen der Pressingabläufe (weiterhin) als Mittel zum Gewinn des Balles in Betracht gezogen und genutzt werden. Ebenso ist es eine gangbare Strategie, Gegenkonterversuche der Bayern frühzeitig mit taktischen Fouls in der gegnerischen Hälfte zu stoppen, da die Chance auf eine Gelbe Karte hierbei geringer scheint. Keïtas Foul an Lewandowski, das dem Guineer den Platzverweis einbrachte, geschah in einer Szene, in der die Bayern schon auf dem Weg zum Durchbruch auf der linken Seite waren.
Für den FCB besteht weiterhin die Frage, wie er den Spielaufbau gestalten möchte. Vieles bleibt im Moment an den Innenverteidigern hängen, da gerade Vidal in der ersten Phase der Spieleröffnung eher kontraproduktiv arbeitet. Gegen den Hamburger SV am vergangenen Wochenende versperrte er teilweise aufgrund seines unbedingten Willens Präsenz im Aufbau zu entwickeln den Weg für die beiden Verteidiger. Gegen Leipzig hielt sich der Chilene zurück, was aber für einen Spieler in dieser Rolle auch keine Lösung sein kann.
Sollte Leipzig jedoch keine zu großen Lücken im Zentrum offerieren, wird es für den deutschen Rekordmeister schwer, durch die Mitte nach vorn zu kommen. Die geringe Einbindung Ulreichs macht es für die vorderen vier RBL-Akteure leichter, stets sauber und kompakt zu verschieben. Also wird erneut vieles auf Flügelangriffe und Verlagerungen auf die ballferne Seite hinauslaufen.
9 Kommentare Alle anzeigen
Isabella 29. Oktober 2017 um 18:36
Danke für die Analyse! Kommt denn noch eine zum neuen BvB-System und darüber, wie ihr die Einbindung der einzelnen Spielertypen seht?
Daniel 29. Oktober 2017 um 18:20
Aus Sicht des Fußballfans find ich es sehr schade, dass diese beiden Teams keine Partie 11 gegen 11 gegeneinander spielen konnten. Die beiden roten Karten haben den Begegnungen einen Großteil ihrer taktischen Brisanz genommen: in Unterzahl konnte Leipzig den Aufbau Bayerns nicht mehr in der erforderliche Intensität unter Druck setzen. Da Leipzig in der Endverteidigung sicher nicht seine Kernkompetenz hat war es dann ziemlich klar, dass Bayern früher oder später treffen würde, auch wenn RB sich im Pokal sogar noch ins Elfmeterschießen retten konnte. Alles in allem war für mich vor den beiden Spielen RB leicht favorisiert…prinzipiell würde ich das immer noch sagen, der Spielverlauf hat ihnen da halt stark in die Suppe gespuckt.
Zu Bayern: ihr Spiel in Leipzig hat mal wieder schön die Buli-Kolumne von vor ein paar Wochen belegt, wonach es in der Buli zu wenig Sechser gibt. Vidal ist in dieser Rolle einigermaßen schrecklich, zu schwach im Passspiel und Spielaufbau, zu weiträumig in seinen Bewegungen, zu ungestüm in seinen Fouls. Heynckes hatte Glück, dass er diesen Aufstellungsfehler noch korrigieren konnte. Mir ist ein Rätsel, wie man gegen einen solchen Gegner auf den Spielaufbau, die Pressingresistenz und die Raumbesetzung von Rudy verzichten kann (und wenn der nicht defensivstark genug ist dann doch bitte zumindest Martinez). Vidal sollte (gerade in der momentanen Verletzungsmisere) als Option für die offensive Zentrale werden. Ich weiß nicht warum der FCB es seit Jahren nicht schafft, Vidal vernünftig einzubinden, die chilenische Nationalelf kriegt das auch hin.
Kimmichs Rolle in der Endphase des Pokalspiels fand ich auch sehr interessant, kann man für die Zukunft mal in Erinnerung behalten. Kurzfristig wird er so nicht eingesetzt werden weil er im momentanen Kader rechts gebracht wird. Kimmich wäre ein toller Achter, der Torgefahr und Durchschlagskraft einbringen kann, ohne wie Vidal und Tolisso ein Hemmschuh für das Kombinationsspiel zu sein.
„In jedem Fall wollten die Bayern von links dann auf die Robben-Seite gelangen. Die eingerückte Viererkette der Leipziger und die hohe Grundposition von Emil Forsberg gaben dem Niederländer den benötigten Freiraum. Nur seine typischen Dribblings nach innen waren nicht häufig von Erfolg gekrönt.“
Sind sie in den letzten Monaten generell nicht mehr so häufig. Man merkt es nicht so stark an den Stats, weil Robben sich intelligent darauf einstellt und noch mit Flanken mit dem rechten Fuß oder geschickten Laufwegen hinter die Abwehrreihe zu Assists und Toren kommt. Aber im Dribbling sieht man, dass er an Spritzigkeit und Wendigkeit eingebüßt hat. Heynckes große Aufgabe wird es sein, das Offensivspiel der Bayern auf neue Beine zu stellen. Der Flügelfokus, der einst für die auf dem Zenit ihres Leistungsvermögens stehenden Ribéry und Robben eingerichtet wurde, ist inzwischen überholt.
Isabella 29. Oktober 2017 um 18:33
Vidal ist für mich seit er da ist wenig zu gebrauchen, obwohl es jetzt noch schlimmer ist als am Anfang. Verstehe auch grundsätzlich nicht, was man mit ihm will, da das System eigentlich keine Freirollen für Box-to-Box Spieler vorsieht. Mich hat auch gewundert, das beim zweiten Spiel zuerst Thiago anstatt Vidal recht weit vorne blieb bis Vidal eigentlich ziemlich klar der Stürmer war. Gab es da evtl ein Kommunikationsproblem? Denn wenn überhaupt wäre für mich Vidal in unserem System noch am ehesten als Stürmer zu gebrauchen, da es von der Positionsfindung die einfachste ist und er da seine körperlichen Attribute einbringen kann, ohne ständig unkoordiniert überall rumzugrätschen. Warum du jedoch schreibst, dass du lieber Rudy anstatt Vidal hättest oder „zumindest“ Martinez, da ich nicht sehe, was Rudy hat, das Martinez nicht auch hat. Ich finde Martinez‘ Entscheidungsfindung hervorragend und defensiv ohnehin stärker, deshalb ist mir das nicht ganz schlüssig.
tobit 29. Oktober 2017 um 20:09
Vidal als Stürmer wollte ich schon lange Mal sehen. War dann leider nicht so viel Anschauungsmaterial, weil die Bayern nicht mehr spielen wollten und die Leipziger nicht konnten. Die ganz paar Pressingsituationen fand ich dann auch mit am besten. Er lief da sehr energisch/intensiv und mit gutem Timing und Laufweg die IV an – habe ich von Lewy (und Bayern generell) schon lange nicht mehr so gesehen.
Ich fand es auch interessant/komisch, dass man Vidal 30 Sekunden vor dem Pausenpfiff noch eingewechselt hat (im Notfall spielt man halt die eine Minute zu zehnt, wenn Lewy gar nichts mehr gekonnt hätte), statt ihn sich richtig aufwärmen zu lassen und ihm in der Pause noch ordentliche Anweisungen geben zu können. Weiß man eigentlich schon genaueres bei Lewy – fällt der auch noch länger aus, oder war es letztlich nur eine Vorsichtsmaßnahme (um den langen Ausfall zu verhindern)?
Die Unschärfe ganz vorne zwischen Vidal und Thiago ist mir auch aufgefallen. Generell hat sich Thiago aber auch später immer noch relativ oft in die Spitze orientiert, als Vidal schon klar als vorderster Mann unterwegs war.
Im Aufbau hat man finde ich gesehen, dass man entweder Martinez oder Rudy bringen muss, nicht beide. Beide zusammen sind zwar gut für die Zirkulation in der Tiefe, aber es fehlt dann ein Mann weiter vorne, der mit Thiago die Zwischenräume besetzt bzw. erstmal den Ball dahin bringt. Sie sind sich in ihrer Positionierung vor der Abwehr zu ähnlich, pendeln sehr wenig (vertikal oder horizontal) in andere Räume, sondern halten die Position. Später hat dann Rudy sehr viel höher gespielt – das kann er auch, aber nicht so gut wie andere (da hätte ich später gerne Tolisso gesehen, nicht als Robben-Ersatz auf RA).
Robben ähnelt aktuell finde ich Yarmolenko. Ihm fehlt die ganz große Dynamik, sich diagonal Richtung Tor durchzusetzen – also muss er den Gegner eher auf die Reise schicken (oder halt auf dem sprichwörtlichen Bierdeckel austanzen) und den dann offenen Raum ganz „gemächlich“ bespielen. Dadurch wird er natürlich mehr zum Vorbereiter und flankt mehr (weil der Gegner meistens eher die Mitte sichern möchte) oder kann sich irgendwann in den Strafraum stehlen und Abpraller verwerten.
Ähnliches gilt auf der anderen Seite für James. Der ist auch nicht überragend explosiv und hat nicht die Yarmolenkos unorthodoxe Beweglichkeit und Physis, könnte aber eigentlich gut halblinks den Zwischenraum besetzen (da spielt aber oft Thiago und Robben zieht da aktuell auch oft hin). Man merkt dem auch an, dass er sich zentral oder halbrechts deutlich wohler fühlt – links wird er irgendwie eindimensional und versucht sich (zu oft) an Querlagen nach seitlichem Eindringen in den Strafraum.
Kimmich köntne man auch von RV so ähnlich einbinden. Man bräuchte halt einen anderen Breitengeber (Coman oder Bernat – wer halt zuerst fit ist) auf rechts und Robben (der aktuell seine Torgefahr aus etwas zentraleren Räumen besser einbringen kann – und die braucht man) oder James als HS/10 halbrechts/zentral. Dafür ist die Offensive aktuell aber zu dünn.
Daniel 29. Oktober 2017 um 20:58
@Isabella
Rudy hat in meinen Augen im Vergleich zu Martinez ein deutlich besseres Aufbauspiel und eine größere Passqualität. Ansonsten geb ich dir Recht, beide haben eine hervorragende Entscheidungsfindung und Martinez ist in allen defensiven Belangen natürlich deutlich vorne und in meinen Augen von der Gesamtqualität her auch ein Stück vor Rudy zu sehen. Da gegen Leipzig das Aufbauspiel erwartungsgemäß unter großem Druck stand und Martinez aus einer Verletzung kam hätte ich eher Rudy vorgezogen, aber einer von beiden hätte in meinen Augen auf jeden Fall spielen müssen.
@tobit
Lewandowski war wohl ne reine Vorsichtsmaßnahme. Angesichts des bevorstehenden sehr wichtigen Spiels in Glasgow und des entschiedenen Duells gegen Leipzig sicher die richtige Maßnahe.
„Im Aufbau hat man finde ich gesehen, dass man entweder Martinez oder Rudy bringen muss, nicht beide. Beide zusammen sind zwar gut für die Zirkulation in der Tiefe, aber es fehlt dann ein Mann weiter vorne, der mit Thiago die Zwischenräume besetzt bzw. erstmal den Ball dahin bringt. Sie sind sich in ihrer Positionierung vor der Abwehr zu ähnlich, pendeln sehr wenig (vertikal oder horizontal) in andere Räume, sondern halten die Position.“
Gibt schon Situationen, wo ich beide zusammen für sinnvoll halten würde. Beispielsweise um mit sehr sicherer Ballzirkulation und sicherer Defensive eine knappe Führung ins Ziel zu bringen. Im Allgemeinen geb ich dir jedoch Recht, dass nur einer der beiden im Mittelfeld eingesetzt werden sollte-aber einer der beiden sollte auch fast immer spielen, das war in der Vergangenheit leider oft nicht so. Allerdings fand ich es sogar ganz angenehm, weil ich von Bayern in den letzten Jahren eher das gegenteilige Problem gewöhnt bin (beide Sechser preschen dauernd in andere Räume) 😉
Deine Beobachtungen zu Robben teile ich. das zieht aber nach sich, dass Bayern Robben in Zukunft etwas anders einbinden muss als früher.
„Kimmich köntne man auch von RV so ähnlich einbinden. Man bräuchte halt einen anderen Breitengeber (Coman oder Bernat – wer halt zuerst fit ist) auf rechts und Robben (der aktuell seine Torgefahr aus etwas zentraleren Räumen besser einbringen kann – und die braucht man) oder James als HS/10 halbrechts/zentral. Dafür ist die Offensive aktuell aber zu dünn.“
An sich könnte man das, ja. Das Problem ist dass es keinen anderen Breitengeber bei Bayern gibt, das ist eine der recht vielen Lücken in diesem Kader. Bernat hat meines Wissens noch nie rechts gespielt, dafür links verschiedene Positionen. Zudem ist er absolut auf seinen linken Fuß fixiert (ohne jedoch mit diesem eine besondere Torgefährlichkeit zu erreichen, was eine Robbenähnliche Einbindung verhindert), glaube also nicht dass Bernat rechts sinnvoll zum Zug kommen kann. Coman ist auch in zentraleren Rollen besser aufgehoben denn als reiner Breitengeber, das wurde in einem Artikel hier auf sv vor ein paar Wochen sehr treffend herausgearbeitet. Robben und James fallen wie du selbst sagst auch (mittlerweile) für diese Rolle aus. Man muss also einen Spieler in dieser Rolle „verschwenden“, der woanders besser aufgehoben wäre. Und von den denkbaren Alternativen scheint mir Kimmich da noch am wenigsten eingeschränkt zu werden, auch wenn ich das ebenso wie du alles andere als optimal finde.
tobit 29. Oktober 2017 um 22:39
Zu Rudy und Martinez:
Klar können die auch zusammen spielen, gefällt mir aber nicht so gut wie einer von beiden mit einem aus Thiago/Tolisso.
Thiago gefällt mir gut neben Martinez, als um diesen herumwuselnder Spielmacher. Da kann er sich immer wieder kurz neben den Block fallen lassen, von da Martinez ins Spiel bringen und dann wieder ins Zentrum ziehen. Gegen den Ball ist das dann sowieso eine sehr starke Kombi.
Tolisso kann ich mir passend als Staubsauger, Durchgangsstation und Strafraumbesetzer vor Rudy vorstellen, wenn der Gegner kein überragendes Pressing im Zentrum hat. Er bringt physisch einiges mit, hat ein gutes Gefühl für die Wege in den Sechzehner und kann auch kreative Pässe um diesen herum spielen. Dazu kommt sein eher vertikales Pendeln in einem Halbraum oder im Zentrum. Während Thiago (und auch Vidal) sich viel mehr auf die Seiten bewegt, hält er diesen (vorher definierten) Kanal sehr konsequent und läuft sich da auch ordentlich frei (er braucht generell klare Anweisungen und eine gut definierte Rolle vom Trainer) – man kann ihn halt leider nicht in Bedrängnis anspielen, weil er nicht dribbeln kann.
Im 4231 muss dann natürlich auch der Zehner eine Verbindung zu den beiden Sechsern aufbauen, das sollte James (und Robben auch, der fühlt sich in den ganz tiefen Bereichen halt noch unwohler als James – konnte man bei seinen ankurbelnden Aktionen gestern gut sehen) eigentlich ganz gut liegen. Sowohl zu Martinez/Thiago als auch zu Rudy/Tolisso passt ein leicht nach rechts verschobener Zehner finde ich sehr gut, da der tiefere Sechser bei beiden Duos eher rechts und der höhere/beweglichere eher linksseitig unterwegs ist.
Zu Kimmich:
Klar wäre Bernat als RA nicht wirklich gut, aber zumindest schnell und prinzipiell relativ linear. Wenn er mit rechts nicht flanken kann (was Robben und Yarmolenko halt sehr gut können), geht das natürlich nicht – nach innen zu ziehen ist ja für ihn auch nicht sinnvoll. Coman kann auf RA sehr gut sein, gerade mit Kimmich und Robben/James innen neben sich. Dass er halblinks besser (viel variabler aber nicht durchschlagskräftiger) ist, sehe ich auch so.
Ob Kimmich da zu verschwenden wirklich der geringste Verlust wäre (wenn coman fit wäre), kann ich nicht einschätzen (das Potential im Zentrum ist halt riesig) – er ist aktuell auf jeden Fall der beste Breitengeber auf rechts und erlaubt Robben von RA weit nach innen zu rücken. In der aktuellen Verletzten-Situation ist er diese Verschwendung sogar ziemlich alternativlos.
tobit 28. Oktober 2017 um 15:13
Klasse Sache – endlich Mal wieder eine Topspiel-Vorschau.
Ein paar Anmerkungen habe ich zu den Positionen:
Tolisso hat nicht wirklich klar „links“ gespielt. Generell bewegten sich Tolisso, Rudy und Martinez viel untereinander, so dass da keiner wirklich fest auf einer Position verwurzelt war. Nominell war eher Thiago der „LA“, der aber ständig an der letzten Linie eingerückt rumstand. Alaba hat die Seite dann ziemlich alleine bespielt, mit Tolisso oder Rudy als Achter/Zehner neben sich.
Keita habe ich bei abgekipptem Kampl (und sonst auch einige Male) oft eher halbrechts gesehen. Kampl hatte auch einige Läufe mit Ball über halblinks (das war aber eher nach dem Platzverweis, als Demme die rechte Sechs besetzte), wo ihm von Forsberg und Poulsen etwas Raum freigezogen wurde.
Die Freirolle von Kimmich fand ich auch sehr interessant – würde ich so (oder so ähnlich) auch gerne Mal bei der Nationalmannschaft sehen, mit Weigl/Rudy als zentralem und Kroos als linkem Sechser.
Peda 30. Oktober 2017 um 13:40
So eine Freirolle kann mMn vor allem in Überzahl sehr effektiv sein: die Mannschaften reihen sich dadurch prinzipiell 10 vs 10 auf (hier 4-4-1 gegen 4-2-3) und der Freigeist kann davon unabhängig überall Überzahlsituationen schaffen ohne Lücken in die eigene Formatione zu reißen.
Funktioniert halt auch nur, wenn der Freigeist ein strukturschaffender und nicht zu stark ballfordernder Spielertyp ist.
tobit 30. Oktober 2017 um 14:32
Auf jeden Fall. In solchen Momenten ist so ein Spieler sein Gewicht in Gold wert.
Bei der Nationalmannschaft würde ich das eher aus einer 3er-Kette mit Kimmich als rechtem Halbverteidiger spielen und nicht ganz so aggressiv aufrückend, sondern eher als Pendant zu Kroos. Also Kimmich wechselnd zwischen einer Rolle als Halbverteidiger, Sechser/Achter, Außenverteidiger und ab und zu Zehner. Auch in Gleichzahl kann man damit immer neue Aufgaben für den Gegner kreieren, ohne die eigene Grundstruktur (ich nenne sie mal 2-2-4-1) deutlich zu verändern.