Und wieder gibt’s ein Fußballfest

Deutschland und Chile stehen im Finale des Confederations Cups. An dieser Stelle wollen wir auf die Partie der Südamerikaner gegen Portugal im Halbfinale sowie deren Auftreten im Verlaufe des Turniers zurückblicken und die Frage stellen: Was erwartet Deutschland im Endspiel?

Bevor wir mit dem Ausblick auf das Finale starten, wollen wir einen kurzen Rückblick wagen. Was war denn eigentlich los im Halbfinale? Und wie agierte Chile bisher im Turnier?

Das war der Europameister: Portugal mit tiefem Pressing, Risikoarmut im Aufbau und Umschaltfokus in der Offensive

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Grundsätzlich behielten die Portugiesen die 4-4-2-Grundordnung aus dem Spiel mit Ball ebenso im Spiel gegen den Ball bei. In kurzen Phasen höheren Pressings beteiligte sich auch Ronaldo an der Arbeit gegen den Ball und agierte gemeinsam mit Andre Silva als Pärchen. Dahinter rückte Adrien Silva situativ auf den chilenischen Sechser Diaz heraus und nahm diesen in Manndeckung. Gelang es Chile Portugals erste Linie im Pressing allerdings zu überspielen, verblieb Ronaldo in höheren Räumen auf der linken Seite und positionierte sich für den offensiven Umschaltmoment. Portugal fiel dann im Verbund rasch ins eigene Drittel zurück und verteidigte aus einem kompakten 4-4- / 4-3-1-Block heraus, der vom zurückfallenden Andre Silva unterstützt wurde.
Im Spiel mit Ball fokussierte sich der Europameister auf ein weitgehend risikoloses Aufbauspiel: Die Portugiesen entschieden sich oft für lange Zuspiele in die Spitze und einfache Wege die Flügel entlang. Chile setze die Portugiesen aus einer 4-3-1-2- / 4-3-3-Grundordnung heraus nämlich durch das Anlaufen bzw. das hohe Zustellen der beiden Stürmer bereits recht zeitig unter Druck und konnte zeitgleich im Zentrum meist gegen den Mann spielen. Nach tiefen Ballgewinnen wollte Portugal zudem meist über die linke Seite und Kapitän Ronaldo nach Umschaltaktionen zum Torerfolg kommen.

Und so agierten die Südamerikaner: Auf Spielkontrolle bedachte Spielweise Chiles mit Linksfokus im Spiel mit Ball sowie Zentrumskompaktheit im Spiel gegen den Ball

Im Spiel mit Ball wählten die Chilenen einen deutlichen Linksfokus für das Aufbauspiel. In der 4-3-1-2-Grundordnung standen beide Innenverteidiger teilweise in der linken Spielfeldhälfte und wurden vom tief agierenden Diaz sowie dem linken Achter Hernandez unterstützt. Er ließ sich aus höheren Räumen immer wieder vor den kompakten Block der Portugiesen fallen. Aus den überladenen tiefen Zonen des linken Halbraums wollte Chile dann entweder über kurze Vertikalbälle in den gegnerischen Defensivblock in die Phase des Übergangsspiels eintreten oder im Anschluss nach langen Verlagerungsbällen auf den rechten Flügel nach vorne aufrücken. Dort agierte Rechtsverteidiger Isla recht hoch und wurde bei seinen Vorstößen vom rechten Achter Aranguiz bzw. Stürmer Vargas unterstützt. Auf beiden Flügeln suchten die Chilenen anschließend häufig den Weg diagonal in die Mitte oder versuchten sich zur Grundlinie durchzuspielen, wobei vor allem der erwähnte Isla und Linksverteidiger Eliseu häufig mitaufrückten und diese Aktionen unterstützten.

Was sagen uns die Eindrücke aus den bisherigen Partien Chiles?

Einer der wesentlichen Punkte, der die Mannschaft Chiles charakterisiert, ist vermutlich der Umstand, dass die Südamerikaner im Turnier bisher sehr bestrebt darin sind, ein hohes Maß an Spielkontrolle zu erlangen. Im Spiel gegen den Ball zeigt sich das daran, dass sie den Gegner bereits früh zustellen und stören, dabei aber in der ersten Phase des Pressings nicht besonders aggressiv agieren und so selten die Kompaktheit in der Restverteidigung verlieren. Im Spiel mit Ball versuchen sie oftmals tiefe Räume zu überladen und tiefen Ballbesitz geduldig auszuspielen, um anschließende Angriffe fokussiert hinter die letzte Linie des Gegners zu tragen und so den defensiven Umschaltmoment abzusichern.
Typisch für Chile ist außerdem, dass Trainer Pizzi eigentlich nie von seiner bevorzugten 4-3-3- / 4-3-1-2- Grundordnung abweicht, diese aber sowohl im Spiel mit Ball als auch im Spiel gegen den Ball in Bezug auf gruppentaktische Aspekte an den Gegner anpasst. Wechselnde Muster können eine höhere sowie tiefere Rolle Vidals, eine engere und breitere Positionierung der Flügelspieler /Stürmer mit einer entsprechenden Anpassung des Bewegungsspiels der Außenverteidiger sowie unterschiedliche Grundpositionen der Achter und von Sechser Diaz im Spiel mit Ball sein. Je nachdem wie sich die Mittelfeldspieler verhalten, agieren sie eher als Zielspieler / Anbindungsspieler für das Spiel in den Zwischenlinienraum oder sie erhalten die tiefe Ballzirkulation mit aufrecht, indem sie sich aus dem gegnerischen Defensivblock herausbewegen.
Und auch im Spiel gegen den Ball passen sich die Südamerikaner an den Gegner an: In der Regel versuchen sie in der ersten Phase des Pressings zentrale Mannorientierungen herzustellen und den Spielern der ersten Aufbaulinie direkte Gegenspieler zuzuordnen. Gegen Mannschaften im 4-4-2 agiert Chile deshalb tendenziell eher aus einer 4-3-1-2-Grundordnung heraus, gegen Mannschaften mit 4-1-4-1-Grundordnung oder mit Dreierkette rückt Vidal hingegen zwischen die beiden Stürmer.

Was bedeutet das für das Finale?

Im Spiel gegen den Ball wird Chile – sofern Löw keine Anpassung der eigenen 3-4-2-1-Grundordnung vornimmt oder sich dazu entscheidet einen der beiden tiefen Halbräume oder das Zentrum im Aufbauspiel stark zu überladen – aller Voraussicht nach denselben strategischen Vorteil im Aufbauspiel besitzen, wie schon im Gruppenspiel zwischen beiden Mannschaften. In der ersten Aufbaulinie ist jedem deutschen Abwehrspieler im Zentrum ein direkter Gegner zugeordnet, die beiden deutschen Sechser haben in den Achtern Chiles zwei direkte Gegenspieler. Entscheidend wird sein, ob Deutschland aus dem tiefen Aufbauspiel sauber ins Übergangsspiel kommt und Chile anschließend in deren Hälfte aus einem guten Ballbesitzspiel bespielen kann.

Pressing-Problematik.

Pressing-Problematik.

Im Spiel mit Ball werden die Deutschen Chile vermutlich ähnlich tief pressen, wie es auch schon in der Gruppenphase der Fall war. Gerade auf den Flügeln sollten sie den Fokus darauf legen, breite Akteure Chiles zunächst offen zu lassen und diese anschließend erst mit dem Anspiel zu pressen. Um diesen Effekt zu erzielen, würde in diesem Szenario die Mittelfeldkette deutlich enger agieren als die Abwehrkette. So lässt sich ein hoher Grad an Zentrumskompaktheit herstellen und Chiles tiefer Ballbesitz wird weniger wirkungsvoll.

Fazit

Im Finale wartet mit Chile ein harter Brocken auf Deutschland. Ändert die DFB-Elf im Vergleich zum Gruppenspiel nichts an der taktischen Ausrichtung könnte die Partie an Chile gehen. Egal wie die Partie letztlich ausgeht: Aufgrund der taktischen Herangehens- und Spielweisen der Teams wird das Finale des Confed-Cups vermutlich so oder so hochinteressant.

tr 2. Juli 2017 um 11:07

war nicht Bravo im Tor gegen Portugal?

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RT 2. Juli 2017 um 11:37

Jo, ist geändert. Danke für den Hinweis.

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einmensch 2. Juli 2017 um 08:35

*genug

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fluxkompensator 2. Juli 2017 um 00:32

marcelo diaz ist schon ein geiler spieler.

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einmensch 2. Juli 2017 um 08:35

War aber nicht gut für den HSV…

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Todti 2. Juli 2017 um 18:50

Bzw. andersherum, er war zu gut für den HSV. Ich kann mich an eine Aussage Labbadias erinnern, dass man Diaz abgab, weil er nicht in das Spiel des HSVs gepasst habe, es Labbadia aber sehr leid tat. Irgendwie so, jedenfalls hatte Labbadia quasi zugegeben, dass der HSV keinen Spieler mit dem Profil braucht, weil man einfach keinen dominanten Fußball spielen wollte. Mich hatte damals überrascht, dass Diaz „nur“ zu Celta Vigo wechselte, gerade hinsichtlich des niedrigen Preises.

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Karma 3. Juli 2017 um 10:29

*hüstel*

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