Leverkusen balanciert sich zum Vorsprung gegen nachlässiges Auswärts-Atlético
Mit einem 1:0 in die Hölle des Vicente Calderón. Nach schwächeren Leistungen in der Liga fand Bayer Leverkusen im Champions-League-Achtelfinalduell mit Atlético Madrid die passende Ausgewogenheit gegen Rojiblancos, die selten Gegenpressingzugriff hatten.
Aufstellungsbogen
Roger Schmidt justierte an einzelnen Schrauben seiner Grundformation. So erhielt Roberto Hilbert in dieser wichtigen Partie seine Chance als Rechtsverteidiger, wodurch Gonzalo Castro wieder für die Sechserposition verfügbar war. Außerdem kehrte Lars Bender in die Startelf zurück. Josip Drmić erhielt erneut den Vorzug vor Torlos-Kießling. Schmidt setzte einmal mehr und abweichend vom 4-4-2 auf ein 4-2-3-1 mit Scharfschützen Hakan Çalhanoğlu als freien Zehner. Unter den Augen des türkischen Nationaltrainers Fatih Terim erzielte der 21-Jährige den entscheidenden Treffer in dieser Partie.
Atlético-Trainer Diego Simeone konnte in dieser Auswärtspartie bei Bayer 04 auf den immens wichtigen Arda Turan zurückgreifen, der bis zu seiner Auswechslung auf der rechten Seite spielte. Im Angriff entschied sich „Cholo“ Simeone einmal mehr für Mario Mandžukić und ließ Fernando Torres zunächst auf der Bank. Die Madrilenen agierten in einem Mischmasch aus 4-4-2, 4-5-1 und 4-3-3. Folglich waren vor allem Arda sowie der linke Halbstürmer Antoine Griezmann recht flexibel in der Positionierung – vor allem gegen den Ball.
Bayer hat den Ball…
Die Hausherren übernahmen in diesem Achtelfinalhinspiel sehr schnell die Spielkontrolle und verbuchten über die erste Halbzeit hinweg einen Ballbesitzanteil von 65 Prozent. Schmidts Schützlinge konnten in dieser für sie eher unangenehmen Situation das Spielgerät vor allem über Castro (SV-Kurzeinschätzung: „Ultraflexibles Spielintelligenzmonster“) sowie den tief nach hinten kippenden Çalhanoğlu zirkulieren lassen.
Echte Gefahr strahlte der Bundesligist jedoch weiterhin in offensiven Umschaltszenen aus. Dann war Atlético anfällig, weil die Spanier selten – überraschend selten – einen passenden Gegenpressingzugriff erhielten. Die Lücken in den Zwischenlinienräumen waren für Rojiblancos-Verhältnisse kratergroß. Aus diesem Grund konnte Leverkusen vermehrt durchbrechen, wenn sie einen attackierenden Mittelfeldakteur ausgespielt oder überrannt hatten. Die weit aufrückenden Außenverteidiger, insbesondere der Brasilianer Wendell, forcierten zudem kurzzeitige Verlagerungen auf die Flügel. Anschließend konnte Bayer wieder ins Zentrum zurückspielen. Dies war alles möglich. Denn Simeones Mannschaft blieb phasenweise ohne Zugriff.
…und verfoult die Konter
Bereits zur Halbzeitpause hatte Leverkusen 13 Fouls verursacht, beim Schlusspfiff insgesamt 25, während beim ansonsten so hart vorgehenden Atlético nur zehn verbucht wurden. Mit vielen kleinen Vergehen unterbanden die Hausherren Umschaltmöglichkeiten der Rojiblancos. Die Spanier gewannen vor allem im tiefen Mittelfeldpressing weiterhin viele Bälle, gelangten dann aber nicht nach vorn, weil sich entweder zwei oder drei Leverkusener sofort ballorientiert zusammenzogen oder aber man das Foul zog.
„Worauf Atlético insbesondere achten muss, sind Situationen, bei denen womöglich ein oder zwei Zentrumsspieler blitzartig isoliert werden, indem sie in einem großen Kessel an Bayer-Spielern keinen Ausweg mehr finden.“ (Spielvorschau im Champions-League-Heft von Spielverlagerung)
Den Kroaten allein gelassen
Problematisch für Atlético blieb zudem die tiefe Positionierung des gesamten Mittelfelds, da man sich spätestens ab der zehnten Spielminute in den tiefen Pressingmodus zurückzog. Zunächst liefen die Rojiblancos ganz vorn an. Aus der dynamischen, vorrückenden Bewegung heraus wurde selbst der Torhüter vom vordersten Akteur angelaufen. Insgesamt schien das 4-4-2 in dieser Phase sehr variabel. Wenn sich Griezmann auf der linken Seite zurückzog, rückte stattdessen beispielsweise Arda auf dem anderen Flügel auf die Höhe von Mandžukić. Oder aber Saúl Ñíguez kam aus dem zentralen Glied der Mittelfeldkette heraus und presste situativ sehr hoch.
Bei Seitenwechseln von Leverkusen, wo der Bundesligist vom linken Aufbauflügel in Richtung Hilbert verlagerte, schob andererseits Ñíguez ballorientiert in Richtung der Außenbahn, während Griezmann taktisch sauber auf die linke Achterposition im 4-5-1 rückte.
Apropos 4-5-1: In dieser Formation verteidigte Atlético spätestens ab der 20. Minute konstant. Folglich waren die Wege bis zu Mandžukić sehr weit, da sich der Kroate hinter Leverkusens Sechsern aufhielt, die im Gegenpressing aggressiv attackierten. Situationsbedingt ließ sich sogar Çalhanoğlu in den linken Halbraum auf die Höhe der Sechser fallen, während die Außenverteidiger aufrückten und die Flügelstürmer infolgedessen nach innen rückten. Leverkusen stand damit in einer Art 2-3-4-1. Das Zentrum war durch die drei Mittelfeldspieler für Atleti-Konter weitestgehend versperrt.
Baute Bayer hingegen in einem herkömmlichen 2-4-3-1 auf – meist bewegte sich Castro aus dem linken Halbraum heraus –, wurde Çalhanoğlu im Zehnerraum von Tiago direkt bewacht, während sich Drmić durch situatives Abkippen von den Innenverteidigern absetzte und schnelle Ablagen spielte.
In der Schlussphase der ersten Halbzeit musste Simeone bereits zwei Wechsel vornehmen: Jesús Gámez kam für Linksverteidiger Guilherme Siqueira. Außerdem wurde Ñíguez nach einem harten Zweikampf ins Krankenhaus gebracht. Raúl García ersetzte ihn auf der linken Seite. Diese Schlussphase hielt allerdings zugleich einige Chancen für die Gastmannschaft bereit. Bernd Leno parierte jedoch einen schwierigen Schuss. Nach 45 Minuten stand es nach Schüssen 8:9 für Atlético, während beide Teams jeweils nur einen Versuch direkt aufs Tor brachten. Bayer lag mit 76 Prozent Passgenauigkeiten vergleichsweise gut. Die Rojiblancos wiesen mit 60 Prozent einen antizipierten Wert auf.
Leverkusen wird dominant und ängstlicher
Nach dem Wiederanpfiff blieb die Gesamtlage der Partie weiterhin unverändert. Die wenigen Situationen im offenen Aufbau von Atlético wurden von Schmidts Mannschaft gut verteidigt. Vor allem konnten im Anlaufen von innen nach außen stets die Winkel so genutzt werden, dass beispielsweise Juanfran seine Läufe abbrechen musste. Zudem tendierten insbesondere die Außenstürmer zu einem zu frühen Aufrücken, wodurch keine Verbindungen zu den ballführenden Außenverteidigern oder Sechsern bestanden. Lange Schläge direkt in die beladene Spitze waren die Folge. Womöglich waren diese Aufteilungen und Zuspielarten auch gewollt.
Denn im Kurzpassspiel konnten sich die Madrilenen weiterhin nicht befreien. Bei ihrer bisher einzigen Niederlage in der laufenden Champions-League-Saison, am ersten Gruppenspieltag gegen Olympiakos Piräus, fiel damals auf, dass Atlético aus der tiefen Verschanzung selten Kombinationen bis ins letzte Drittel initiieren konnte. Die zweite Pleite in der Königsklasse beinhaltete Ähnlichkeiten.
In der 57. Minute erzielten die Hausherren die Führung. Nach einem Duell an der Leverkusener linken Seite, wobei mehrmals der Ballbesitz kurz wechselte, erfolgte ein langer Ball in Richtung Drmić. Der Schweizer setzte sich halblinks per Kopf gegen João Miranda durch und legte nach innen auf Karim Bellarabi ab. Der deutsche Nationalspieler nutzte die Dynamik und lief diagonal an die Strafraumgrenze. Tiago und Godín stellten den Weg zum eigenen Tor zu, doch Çalhanoğlu überlief im rechten Augenwinkel seinen Mitspieler, der zum Türken durchsteckte. Çalhanoğlu tat das, was er am besten kann: Abschließen. 1:0.
Direkt im Anschluss hätte Leverkusen den nächsten Wirkungstreffer setzen können, als sie eine Fünf-gegen-Zwei-Konterchance vergaben. In der Folge brachte Simeone als letzte Option Torres. Dieser ersetzte Arda, woraufhin Griezmann auf den Flügel ging. Nun spielte Atlético ein klares 4-4-2/4-2-4 in der Offensive. Jedoch vermasselte der Platzverweis für Tiago die Schlussoffensive der Rojiblancos. Die letzte Viertelstunde versuchten die Spanier vor allem das Ergebnis über die Zeit zu retten. Leverkusen ließ den Ball hauptsächlich durch die hinteren Reihen zirkulieren, anstatt noch weitere druckvolle Versuche zu starten. Atleti stand tief im 4-4-1 mit lediglich vereinzelten Herausrückbewegungen von García, der nun als Sechser agierte. Bayer brachte in den abschließenden 15 Minuten nur noch einen Schuss auf den Statistikzettel.
„It was a strange match. The result could have been worse but it wasn’t. We have to keep calm.“ (Diego Simeone)
Fazit
Es ist eine gute Ausgangsposition. Es ist eine gefährliche Ausgangsposition. Bayer Leverkusen kassierte im heimischen Stadion keinen Gegentreffer, was Roger Schmidt sicherlich unter Pluspunkt verbuchen kann. Trotzdem bleibt für die Rheinländer das ungute Gefühl, dass der Hexenkessel am Manzanares-Ufer in drei Wochen zur absoluten Nagelprobe wird und eine erneut balancierte sowie kollektiv sauber ausgeführte Leistung erfordert. Im Hinspiel ist dies zumindest gelungen.
Atlético erwischte einen dieser Abende, der sie auch im Meisterschaftsrennen leicht ins Hintertreffen geraten ließ. Das Gegenpressing wirkte fahrig, die strategische Ausrichtung mit der frühen Umstellung auf tiefes Mittelfeldpressing nicht optimal. Die Rojiblancos wurden im offenen Schlagabtausch und in aufgerückter Staffelung zu häufig per Konter erwischt, waren aber aus den Balleroberungen in der eigenen Spielfeldhälfte heraus auch nicht in der Lage, effektive Verbindungen zu bewerkstelligen. Trotzdem: Wer Atlético bereits abschreibt, kennt die Mannschaft nicht. Auf dem Rasen des Vicente Calderón wurden schon Weltklasseteams wie Real Madrid regelrecht vorgeführt. Ein Warnhinweis für Schmidts Werkself.
26 Kommentare Alle anzeigen
FAB 19. August 2015 um 08:45
Zu Lazio-Leverkusen:
Ist Leverkusen einfach noch nicht in der neuen Saison angekommen oder gibt es eine Rückentwicklung?
Speziell in der ersten Halbzeit wurde jeder Ball nach vorne gebolzt. Klar hat Lazio unheimlich hoch gepresst. Aber so komplett ohne Spielaufbau, das fand ich schon sehr schwach, da war Leverkusen schon einmal weiter. In der zweiten Halbzeit ist Leverkusen eigentlich nur aufgrund physischer Vorteile besser ins Spiel gekommen, ohne sich aber großartige Torchancen herauszuspielen. Zwar hat die Hereinnahme von Mehmedi Verbesserung gebracht, aber generell standen in den Offensivaktionen die beteiligten Spieler zu weit auseinander um planvoll die Torabschluss vorzubereiten. Letztlich hoffte Leverkusen dann wohl auf den Zufall bzw. einer individuell starken Aktion.
Auch Kramer hat mich noch nicht überzeugt, er war zwar der einzige der versucht hat etwas Struktur in das Leverkusener Chaos zu bringen und auch mal einen horizontalen Pass zu spielen, er scheint aber noch nicht im Leverkusener Spiel angekommen zu sein und übernimmt seltsamerweise im Vergleich zu Bender den defensiven Part. Zwar stehen Bender und Kramer in der Horizontale unheimlich kompakt, sind aber in der Vertikalen noch nicht richtig abgestimmt. Hier scheint ein Rolfes oder Castro tatsächlich noch zu fehlen oder Calhanoglou müsste mehr unterstützen. Dazu kommt natürlich, dass mit Tah und Papadoupous auch kein Innenverteidiger auf dem Platz war, der das Spiel von hinten aufbauen kann. Auch bei Leno ist wieder sein schlechtes Aufbauspiel aufgefallen (er ist einfach kein Neuer oder ter Stegen).
Aus meiner Sicht wird nicht nur die Champions League Quali sehr schwierig, sondern auch in der Bundesliga dürfte es dieses Jahr mit den wiedererstarkten BVB und Schalke deutlich schwieriger werden. Insgesamt bin ich der Meinung, dass von Leverkusen das Pressingspiel überdreht wird. Wenn es ganz dumm kommt, könnte das in eine ähnliche Richtung gehen wie beim BVB in der Vorsaison …
qwecwqc 27. Februar 2015 um 12:12
juve-bvb???
CE 27. Februar 2015 um 12:55
Nein, in diesem Artikel geht es um Leverkusen vs Atlético.
wqecwqe 27. Februar 2015 um 14:37
i know. but when will be juve-bvb analise?
FAB 27. Februar 2015 um 16:02
There is a Juve-BVB analysis on zonalmarking.net
AB 26. Februar 2015 um 13:00
Es war frustrierend zu sehen, wie viele potentielle Kontergelegenheiten Bayer verschenkt hat. Verhindert wurden sie nicht von Atletico sondern durch falsche Entscheidungen, (selbst Druck ausüben vs. abspielen), schlechtes Timing, unsaubere Pässe, Fehler bei der Annahme, usw. Man konnte den Eindruck bekommen, dass solche Situationen entweder nicht enstsprechend trainiert werden, oder die Spiel mental überdreht waren. Ohnehin fehlt es Leverkusen an der Fähigkeit, kühlen Kopf zu bewahren, was regelmässig zu unnötigen Gegentoren führt. Schmidt müsste eine richtige Mischung aus Intensität und Abgeklärtheit aufbauen: Druck erzeugen und gleichzeitig die Übersicht bewahren. Heynckes in der Triplesaison ist diesbezüglich wohl das Mass aller Dinge, obwohl ihm natürlich die schiere Qualität der Mannschaft (technisch, taktisch, mental) geholfen hat. Mourinho schafft es zwar auch, eine enorme Intensität zu erzeugen, aber auch ihm läuft es immer wieder aus dem Ruder. Unnötige Platzverweise, Sperren und Punktverluste sind die Konsequenz. Und Simeone hätte auch auf Tiago einwirken müssen, spätestens als dieser kurz vor dem Platzverweis ein Foul beging, das ziemlich genau jenem glich, für das Clichy tags zuvor von Brych unter die Dusche geschickt wurde. (Brych war da wohl der beste Akteur auf dem Platz, trotz Messi und Co.) Kluges In-game Management beinhaltet auch die Anpassung an den Schiedsrichter, manchmal auch dessen Beeinflussung, aber von diesen Subtilitäten waren beide gestern weit entfernt.
Buttersack 27. Februar 2015 um 08:18
Die schlecht ausgespielten Konter fand ich auch auffällig. Mag es vielleicht daran liegen, dass ein Großteil des Bayer-Spiels auf ungenaue, risikobehaftete Pässe ausgelegt ist und man dann in den Situationen, in denen es einer sauberen Aktion bedürfte, man diese im Eifer des Gefechts nicht hinbekommt?!
AlexF 26. Februar 2015 um 10:55
Eine Sache die mir aufgefallen ist, bei der ich mir aber unsicher bin, ob es nicht einfach nur Zufall war: Bei langen Schlägen Atleticos hat sich Bayer immer mit zwei Spieler ins Kopfballduell begeben, einer der den Gegenspieler blockt und ein Zweiter, der dann den Kopfball bekommt. Taktik oder Zufall ? Habe leider die Positionierung der Spieler vorher nicht gesehen.
Zwei Punkte abseits von Taktik
1.) Atletico schmeckt ihre eigene Art nicht. Finde ich immer sehr amüsant, wenn Mannschaften selbst zu Nickligkeiten neigen um so den Spielfluss des Gegners stören, dann nicht damit umgehen können, wenn sie ihr eigenes Gift zu kosten bekommen.
2.) Atletico hat sich durch Dummheit extrem selbst geschwächt. Tiago`s rote Karte, eine Blödheit die ihm auch sofort klar war. Und die gelbe Karte gegen Godin fällt auch in die Kategorie, muss man sich nicht abholen. War auch unnötig den Zweikampf zu führen, vor allem dann so dämlich da reinzugehen.
CE 26. Februar 2015 um 11:00
Zu 1.: Wie soll man mit Fouls klar kommen? Man wird gestoppt, ohne eine Chance aufs Weiterkommen zu haben. Atleti wählt hin und wieder auch solche Mittel. Nur dann muss es in dem einen wie in dem anderen Fall eine gelbe Karte geben. Stichwort taktische Fouls. Leverkusen konnte aber einige Konter stoppen, ohne verwarnt zu werden. Dann hätte ich an deren Stelle das auch weiter betrieben.
Zu 2.: Ja, blöde Karten in diesen Situationen. Vor allem im Fall von Godín schmerzt der Verlust. Das Zusammenspiel von Miranda und Giménez hat bisher noch nicht so funktioniert, gerade in der anderen Rückspielsituation gegen Barcelona, als man auswärts auch zuvor 0:1 verlor.
HK 26. Februar 2015 um 11:57
Leverkusen hat diese Art von Fouls so ziemlich kultiviert. Sind sie nicht auch in der BL in der Foulstatistik weit vorne?
Der Schiedsrichter war im Grunde ziemlich gut. Aber dieses Stilmittel hat er nicht in den Griff bekommen.
Diese Spielweise von Leverkusen könnte dann aber auch eine Achillesferse fürs Rückspiel sein. Ich habe so das Gefühl, dass sie das Spiel im Calderon auch nicht zu Elf beenden werden.
Peda 26. Februar 2015 um 11:59
ad 1)
ohne das Spiel gesehen zu haben, aber diese Diskussion gab es doch vor ein paar Jahren auch schon, als Barcelona unter Guardiola gerade am Weg zum Höhepunkt war: ein Foul ist ja dann als ein taktisches zu ahnden, wenn dessen Ziel eindeutig eine Spielunterbrechung und kein Ballgewinn war (sorry, der Begriff steht zwar in den Regeln, wird aber nicht erklärt). Wenn im Gegenpressing ein Foul passiert, dann lässt sich in den seltensten Fällen wirklich ein taktisches Foul ausmachen, auch wenn es ein solches ist, weil die Spielweise ja auf direkten Ballgewinn aus ist.
Das ist jetzt nicht wirklich sauber formuliert, aber ich hoffe, man versteht was ich sagen will.
CE 26. Februar 2015 um 12:12
Es gab solche und solche Szenen in diesem Spiel. Manchmal war Leverkusen sehr stark im Gegenpressing und hatte sofort Zugriff, sodass sie blinde Zuspiele und folglich Fehlpässe erzwangen. Manchmal wurde der Atleti-Spieler aber auch einfach am Trikot festgehalten o.ä. Ich habe die einzelnen Szenen jetzt auch nicht alle vor Augen. Derartige taktische Fouls gehören irgendwo dazu, aber der Schiri muss das entsprechend ahnden.
Atléticos Härte hatte ich in unserem CL-Heft kurz erwähnt: In den meisten Fällen spielen sie hart, aber nicht unfair. Konnte man auch gestern in einigen Szenen wieder erkennen. Das kann hin und wieder umschlagen, wenn das Timing/die Abstimmung nicht stimmt.
Simon 26. Februar 2015 um 14:23
Also ich finde der Schiedsrichter hat die Fouls zum größten Teil richtig bewertet. Die angesprochenen taktischen Fouls waren meist ganz normale Fouls, die entstehen, wenn man etwas zu schnell in den Zweikampf geht und vllt etwas spät kommt. Hat also nichts mit taktischen fouls zu tun. Die gelben Karten waren korrekt. Lediglich Papadopoulos hätte keine gelbe bekommen sollen (kein Foul). Wenn man nach Balverlust in den nächsten Zweikampf stürmt, dann passiert halt mal ein Foul. Das ist halt die Spielweise.
CE 26. Februar 2015 um 14:30
So unterscheiden sich eben die Meinungen. 😉
Schorsch 26. Februar 2015 um 16:47
Was die ‚taktischen Fouls‘ der Leverkusener anbelangt, so findet sich im Artikel indirekt eine entscheidende Erläuterung. „Mit vielen kleinen Vergehen unterbanden die Hausherren Umschaltmöglichkeiten der Rojiblancos.“ heißt es da. Was weitergesponnen bedeutet, wenn die Fouls bei einer „Umschaltmöglichkeit“ (also in der nächsten Spielsituation) begangen worden wären, dann wären es klar erkennbare ‚taktische Fouls‘ gewesen und hätten unbedingt mit einer Verwarnung geahndet werden müssen. So wurde aber so ‚rechtzeitig‘ gefoult, dass es eben gar nicht zu einer solchen ‚Umschaltmöglichkeit‘ kommen konnte. Diese Fouls wurden ja auch fast ausschließlich in der Hälfte Atléticos begangen. Es waren sozusagen ‚prätaktische‘ Fouls. Sehr geschickt und bewusst als taktisches Mittel angewandt. Um es einerseits gar nicht erst zur Kontersituation kommen zu lassen und gleichzeitig auch nicht zu einer Verwarnung durch den Schiedsrichter, der diese Fouls nicht als ‚taktische Fouls‘ identifizieren sollte. Was offensichtlich beides sehr gut gelungen ist…
Flo 26. Februar 2015 um 18:23
Auf dieser Konferenz, auf der sich die Champions League-Trainer einmal im Jahr treffen und über Regeländerungen diskutieren, wurde das Problem der taktischen Fouls auch schon angesprochen. Jürgen Klopp sagte, dass diese heutzutage eben oft vom Schiedsrichter nicht als solche erkannt werden, da sie so früh geschehen, bevor der eigentliche Konter beginnen kann. Wahrscheinlich ist das noch nicht bis zu den Schiris durchgedrungen. Aber ich finde auch, dass diese „prätaktischen“ (schönes Wort 😉 ) Fouls strenger bestraft werden sollten, weil es eben dabei nur um das Zerstören des Spielflusses und nicht um den Ballgewinn geht. Ich habe allerdings das Spiel gestern nicht gesehen, kann also nicht sagen, ob es in den konkreten Fällen gelbe Karten hätte geben müssen.
HW 26. Februar 2015 um 20:56
Tja, die Diskussion um taktische (oder prätaktische) Fouls. Das Problem ist, dass man irgendwann jedes Foul mit einer Verwarnung ahnden muss. Harte Fouls, weil sie Verletzungen riskieren. Taktische Fouls, weil sie das Spiel zerstören. Und prätaktische Fouls, weil sie eigentlich ja auch eine taktische Intention haben.
Ach, nicht zu vergessen die Notbremse. Die angebliche Dreifachbestrafung ist ja so unfair, dass man diese Fouls am besten auch nur mit Gelb ahndet.
Ich halt mich lieber ans Regelbuch anstatt den Lobbyisten mein Ohr zu schenken.
IchBinNichtMatthiasSammer 26. Februar 2015 um 22:07
@HW: Gibt es auch proto- und post-taktische Fouls?
Goalimpact 27. Februar 2015 um 08:47
Ja. Die nennt man dann Notbremse und werden mit Rot geahndet.
HW 27. Februar 2015 um 12:00
War der Sarkasmus nicht erkennbar?
Man kann nicht zu Regeln kommen, die am Ende fast alle Fouls gleich bestrafen. Es muss eine Abstufung geben. Prätaktische Fouls sind doch eine Erfindung von Klopp aus einem Spiel in dem sein Team unterlegen war und es nicht schaffte sich anzupassen.
Die Diskussion um die angebliche dreifache Bestrafung bei der Notbremse verstehe ich auch nicht. Man stelle sich mal die Konsequenzen vor, wenn die Regel geändert wird und nur noch eine Verwarnung ausgesprochen wird. Dann wird ein taktisches (oder ‚prätaktisches‘) Foul so hart bestraft wie die Verhinderung einer echten Torchance. Ein Angriffsversuch und eine Torchance sind damit gleichviel wert. Die Logik soll mir mal einer erklären.
Klar, im Strafraum gibt es für ein Foul Elfmeter. Aber ein Elfmeter ist nur das Äquivalenz eines direkten Freistoßes. Wenn also durch den Elfmeter keine Torchance verhindert wird, dann auch nicht durch einen Freistoßpfiff. (Wir wollen doch nicht damit Anfangen in den Regeln fiktive Wahrscheinlichkeiten zu berücksichtigen?). Auch ein Freistoß ist eine Torchance und damit kann man eigentlich gar keinen Platzverweis bei der Verhinderung einer Torchance mehr rechtfertigen. Soll mir mal jemand sagen wie sowas Sinn macht. Ein Sport in dem es um Torchancen geht bestraft die Verhinderung dieser nicht mit besonderer Härte?
Der Begriff ‚dreifach‘ ist eh irreführend. Im Spiel sind es höchstens zwei Strafen, Freistoß/Elfmeter und Platzverweis. Die nachträgliche Sperre ist für das Team, dass gefoult wurde kein Vorteil und auch das bestrafte Team darf im nächsten Spiel mit elf Mann auflaufen.
Man kann sich ja gerne über die Auslegung der Regeln streiten. Aber der Versuch die Regeln durch Lobbyismus zu ändern ist Politik, nichts weiter. Und in den Medien springen mir zu viele Leute voreilig auf diesen Zug auf.
CE 27. Februar 2015 um 12:59
Ich befürworte es auch nicht, dass die rote Karte wegfallen soll. Außerhalb des Strafraums könnte ich so recht locker eine Notbremse ziehen und selbst innerhalb des Strafraums kann ich als Verteidiger immer noch darauf hoffen, dass der Gegner den Elfmeter verschießt und ihm die ursprüngliche Torchance erst einmal nehmen. Man könnte allerdings darüber nachdenken, ob die Sperre für weitere Spiele sein muss. Die Regelungen Sperren betreffend sollten in meinen Augen sowieso grundsätzlich hinterfragt werden. Aber das ist eine Streitfrage mit guten Argumenten für alle Ansichten.
Goalimpact 27. Februar 2015 um 18:15
Ohne Sperre im nächsten Spiel wird eine Notbremse in der letzten Minute gar nicht bestraft. Wie wäre es mit einer 90min Zeitstrafe für die Mannschaft, die sich über mehr als ein Spiel erstrecken kann?
HW 27. Februar 2015 um 19:01
Oh nein, noch mehr Vorschläge für Regeländerungen.
Ist wieder die Frage, wieso eine individuelle Strafe (das ist eine Sperre) sich auf das nächste Spiel des Teams durch eine Zeitstrafe auswirken sollte? Wenn man sowas wie ein Zeitstrafe einführt (z.B. 10 Minuten) für ganz bestimmte Vergehen, dann dürfen die nur auf das Spiel beschränkt sein.
Es ist außerdem nichts neues, dass ein Platzverweis in der ersten Minute stärkere Auswirkungen hat als ein Platzverweis in der letzten Minute, unabhängig von der folgenden Sperre. Das wurde bisher akzeptiert und Spieler wissen, dass es nicht sehr schlau ist sich zu früh vom Platz stellen zu lassen. Ein Platzverweis in der letzten Minute dagegen ist vielleicht nicht sehr Ehrenhaft, dafür aber evtl. zweckmäßig. (Anderer Vorschlag: Gelb-Rot führt zur zwingenden Auswechslung des Spielers und nachträglichen Sperre, als Abstufung zur glatt roten Karte.)
Aber das geht völlig am Thema vorbei.
Ich denke der Ruf nach Veränderungen kommt immer von denen, denen es nützt. Wenn Klopp behauptet, dass Bayern so früh foult, dass kein Konter entstehen kann und daher die Regelauslegung überdacht werden muss, dann macht er das weil es seiner Taktik nützen würde.
Man kann sich gerne mal über Regelauslegungen im generellen unterhalten, aber nicht ständig und nicht mit den falschen Motiven. Was man sicher im Einzelfall diskutieren muss ist die Anwendung in einigen Spielen. Von Spiel zu Spiel darf die Regelanwendung nicht zu sehr schwanken. Die Teams müssen die Anwendung nachvollziehen können, und sie müssen die Chance haben sich anzupassen.
Goalimpact 28. Februar 2015 um 13:41
Das Regeländerungen von denen gefordert werden, die unter den bestehenden leiden ist doch kein Argument dagegen. Die Frage ist schlicht wollen wir ein Spiel sehen in dem Konter gezielt per Foul unterbunden werden können oder wollen wir das nicht. Ich persönlich finde gezielte Regelüberschreitungen unsportlich. Und ein Brainstorming über neue Regeln, die unsportliches Verhalten nicht belohnt halte ich für erstrebenswert. Neuer Vorschlag: Bei der Ausführung eines Freistoß nach taktischen Foul müssen alle Feldspieler hinter der Linie des Balls bleiben.
Schorsch 1. März 2015 um 12:25
Sorry, hat jetzt nichts mit Taktik zu tun, auch nicht mit wie auch immer gearteten ‚taktischen Fouls‘ und auch nichts mit dem Spiel B04 – Atlético. Sozusagen totally off topic. Dafür aber mit Verwarnungen und Regeländerungen. Um die es ja in den Vorposts auch ging.
In diesem Zusammenhang fände ich die Einführung einer Zeitstrafe im Spiel von 10 min bei bestimmten Regelwidrigkeiten sehr sinnvoll. Weil mMn (auch als ehemaliger Spieler) einfach die Wertigkeit der verschiedenen Regelverstöße nicht stimmig ist , die zu Verwarnungen führen. Attacken, bei denen Verletzungen des Gegenspielers in Kauf genommen werden, werden ebenso mit ‚Gelb‘ geahndet wie ein Trikotausziehren beim Torjubel, ‚Rudelbildung‘ oder Schiedsricherbeleidigung. Was zu kuriosen Situationen führen kann. Ein Spieler reißt sich nach einem erzielten Tor das Trikot vom Leib, steigt auf den Zuschauerzaun und jubelt den Fans zu. Vollkommen konform zum Regelwerk erhält er für beide Aktionen je eine Verwarnung und muss somit mit ‚Gelb-Rot‘ vom Platz. In solchen Fällen wäre eine Zeitstrafe die sinnvollere Alternative. Zum ‚Abkühlen‘ in hitzigen Situationen auch sehr gut geeignet. Eine unmittelbare Strafe, die eben auch unmittelbar etwas bewirkt. Und die Wertigkeit des Vergehens berücksichtigt. Wobei ab der 80. Minute eines Spiels die Bestrafung und damit die Auswirkung auf das Spiel und der Vorteil des Gegners sicherlich immer geringer werden, was man aber mMn akzeptieren könnte.
So, nun aber Schluss mit off topic… 😉
Maxim 26. Februar 2015 um 09:58
will be the JUVE-BVB analise?