Ein Blick auf den 16. Eredivisie-Spieltag
Der auf die 16. Runde der Eredivisie mit Analysen der beiden Topspiele vom Sonntag und einer Betrachtung von Überraschungsteam PEC Zwolle.
PEC Zwolle in guter Form
Schon in der letzten Saison machte PEC Zwolle durch einen starken Saisonstart mit erfrischendem Fußball auf sich aufmerksam. Wenngleich sie anschließend etwas abbauten und mit einer Mittelfeldplatzierung die EL-Playoffs knapp verpassten, gelangten sie durch einen furiosen 5:1-Finalsieg im Pokal gegen Serienmeister Ajax dennoch ins internationale Geschäft, wo allerdings ein etwas unglückliches Ausscheiden gegen ein starkes und effektives Sparta Prag hingenommen werden musste. Beim Triumph über die Amsterdamer, der im Sommer mit einem 1:0-Erfolg im Supercup wiederholt werden konnte, beeindruckten die Nordniederländer mit guter Defensive und gefährlichen Kontern nach Pressingerfolgen, so dass Ron Jans in diesen Partien seinem fast schon über Jahre aufgebauten Ruf als unangenehmer, anpassungsstarker Defensivtrainer erneut gerecht wurde. Man könnte fast sagen, er weise gewisse Ähnlichkeiten zu einer niederländischen Form von Dieter Hecking auf – doch in dieser Saison ist das kombinative Offensivspiel von PEC sogar stärker als das der Wolfsburger. Obwohl man am Wochenende in der Partie gegen Willem II einige Probleme hatte, gab es einen weiteren Sieg, der aktuell 29 Punkte und (bis zu Feyenoords Nachholspiel) Platz 3 bedeutet.
Im Mittelfeldzentrum zeigt sich Neuzugang Ben Rienstra bisher enorm ruhig und entscheidungsstark in der Beeinflussung von Angriffsverläufen, was seine Kollegen durch sehr starkes Verhalten bei der Ausnutzung gewisser Räume fortführen. Der junge Saymak als eigentlicher Offensivmann agiert auf der Sechs ebenfalls rational, dient vereinzelt als beschleunigender Nadelspieler im Übergangsbereich, kann situativ zur Seite ausweichen oder einfach seine offensive Spielstärke in Verbindung mit dem durchschlagskräftigen Zehner Drost einbringen. In diesem verfügt Zwolle über einen weiteren vielseitigen Akteur, der sowohl durch seine Weiterleitungen in Kombinationen überzeugt, situativ aber ebenso die Flügel unterstützen – wo Lukoki auf rechts ohnehin eine alternative Durchbruchsoption bietet – oder mit seinen Läufen als zusätzlicher Abnehmer für Hereingaben oder Lochpässe im Strafraum gefährlich werden kann.
Schließlich darf man mit dem Neuseeländer Ryan Thomas auf links einen weiteren dieser kleinen wendigen Offensivleute nicht vergessen. Mit gutem Timing rückt er für Dribblings oder zu Kombinationsteilnahme im Zwischenlinienraum zur Mitte ein, wobei ihm häufig Drosts Bewegungen den Raum öffnen. Die beiden Außenverteidiger zeigen sich in dieser Spielzeit sehr balanciert, timen ihre aufrückenden Aktionen stark für die richtigen Momente oder halten sich über Phasen geschickt zurück. Gegen einige mannorientierte Gegner führt dies zu Räumen am Flügel, die in den Übergangsbereichen für einen erleichterten Spielaufbau, situative Ausweichzonen und schließlich natürlich auch das Aufrücken genutzt werden können, während sich im letzten Drittel dann in Kombination mit anderen raumöffnenden Läufen sehr vielversprechende Lücken neben der Abwehrkette erzeugen lassen.
Gegen den Ball können die Mannen von Ron Jans die etwas schwankende Arbeit der ersten Pressinglinien durch einige andere Stärken noch kompensieren, wobei sie sich in bestimmten Partien ohnehin generell konsequenter zeigen. Es sind vor allem die jeweiligen Anpassungen an verschiedene Gegner, die PEC besondere Qualitäten in der Verteidigung bringen. Mit kleineren, meistens recht geschickt ausgeführten – wenngleich dennoch vereinzelt auch mal übertriebenen – Mannorientierungen, manchen guten Zwischenpositionierungen und vor allem immer wieder intelligenten Rückstößen einzelner Akteure machen sie es dem Gegner nicht leicht. Wichtig ist auch die gerade bei Flügelangriffen gute und bewusste Besetzung der Halbräume, was gegnerische Diagonaloptionen absperrt. Schließlich können sie mögliche Torchancen gegen sich noch durch die Abwehrreihe verhindern, die im passiven Entschärfen von Chancenqualität durchaus zu überzeugen weiß.
Topspiel 1: PSV Eindhoven – FC Twente 2:0
Zum ersten Topspiel des Tages trafen am Sonntagmittag Tabellenführer PSV und Twente aufeinander. Letztere zeigten sich gerade zur Saisonmitte in enorm starker Kombinationsform, mussten zuletzt aber durch gewisse Probleme in den Basisaspekten wieder Punktverluste hinnehmen. In dieser Begegnung gab es nur kleinere Anpassungen der in gewissen Punkten durchaus ähnlichen Grundausrichtungen. Während Twente wie gewohnt 4-4-2-hafter gegen den Ball agierte und durchaus früh zustellte, indem Ebecilio Rückfallbewegungen von Guardado verfolgte und meistens Corona dafür etwas tiefer sowie eingerückt agierte, blieb PSV jedoch in einer 4-3-3-Defensivformation mit Mannorientierungen im Mittelfeld. Gelegentlich rückten sie weiter auf und attackierten die Abwehrreihe der Gäste schon früher, die ansonsten mit 55 % Ballbesitz etwas mehr Spielanteile besaßen.
Auf beiden Seiten entstanden die besten Gelegenheiten durch Szenen, in denen die Mittelfeldakteure sich mit geschickten Läufen den Deckungen ihrer Gegenüber entziehen und in Freiräume starten konnten. Bei Twente war dafür vor allem der lauf- und kombinationsstarke Ebecilio prädestiniert, der im Zusammenspiel mit dem ambitioniert einleitenden und dann gerne auch nachstoßenden Cuco Martina einige gute Angriffe zeigte. Generell agierten die Flügelspieler bei den Gästen oft als Breitegeber, um die zentralen Bereiche für Freiraumkombinationen der dortigen Kollegen offen zu ziehen. Ohne den zuletzt teils überragend spielstarken Mittelstürmer Castaignos als weiteren Teilnehmer brachte Twente die Ansätze aber nicht immer durch gegen die teils geschickt agierende letzte Linie der Hausherren. Wenn sie zu Möglichkeiten kamen, waren diese meistens von guter Qualität, doch in der Anzahl waren es davon nicht so viele.
Dagegen wurde PSV vor allem über den aktuell sehr starken Kapitän Georginio Wijnaldum gefährlich. Mit seinen weiträumig verbindenden Bewegungen, seinen antreibenden Aktionen und seinem herausragenden Gespür für Läufe in offene Bereiche bot er sich nicht nur mehrfach stark zwischen den gegnerischen Pressingversuchen an, sondern verleih den Angriffen seines Teams auch den nötigen Zug. Dabei kamen ihm die erneut situativ ausweichende Rolle von Maher und die zuletzt vermehrt auftretenden Inkonsequenzen von Twentes Mittelfeld in der Rückzugsbewegung entgegen. Hier fand das Team von Philipp Cocu einige Male die Freiräume vor der Abwehr, die den Unterschied in der ausgestrahlten Torgefahr ausmachten. Vor der Pause war zudem die Effektivität der Gastgeber entscheidend, doch insbesondere im zweiten Durchgang hätte dieser Aspekt zu weiteren Treffern führen können.
Darüber hinaus hatte PSV zudem mehr Effektivität bei kleineren Linksüberladungen um Depay und direkten, geradlinigen Flügelangriffen zu bieten. Gegen die höher stehende Defensive Twentes suchten die Mittelfeldakteure aus kleineren Lücken in den Halbräumen gerne den frühen Schnittstellenpass auf den einstartenden Narsingh. Auch von links brachte Willems einige sofortige Zuspiele in die Spitze oder vereinzelt auch längere Passflanken in die hochrückende Offensive. Nachdem de Jong nach einer Ecke die Führung geköpft hatte, leitete ein aufrückender Konter über Narsingh, der sich mit de Jong durchspielte und zum Abschluss den stark getimten Nachstoß Wijnaldums einband, das vorentscheidende 2:0 in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit ein.
Topspiel 2: Feyenoord – AZ Alkmaar 2:2
Anschließend schlossen Feyenoord, das unter Fred Rutten nach schwachem Start bisher eine überraschend starke Entwicklung genommen hat, und AZ Alkmaar mit dem zweiten Topmatch die 16. Runde der Eredivisie ab. Bei den Gästen hat im Anschluss an das Theater um den vorigen Co-Trainer und eingeplanten van-Basten-Nachfolger Alex Pastoor nun John van den Brom übernommen – ein ehemaliger Ergänzungsspieler der legendären Ajax-Mannschaft der 90er, der zuletzt drei durchaus erfolgreiche Trainerjahre in Belgien verlebte. Bei AZ lässt er eine Rautenformation mit defensiver Ambivalenz zwischen Weit- und Kleinräumigkeit sowie offensivem Fokus auf Linksüberladungen praktizieren, für die sich der 17-jährige Zehner Dabney dos Santos ebenso wie der bewegliche Stürmer Tankovic immer wieder in jenem Bereich einschalten.
Feyenoord zeichnet sich bisher vor allem durch ihr konsequentes Ballbesitzspiel aus, das teilweise radikalisiert wird, um die Gegner hinten fest zu drängen und sie in dieser eingeschnürten Lage zu Fehlern zu zwingen. Über individuelle Klasse, die mittlerweile verbesserten Mittelfeldbewegungen und eine gewisse Asymmetrie über die einrückende Rolle Toornstras oder nach Ballgewinnen im Pressing kommen sie dann zu ihren Toren. In der Liga gab es einige starke sowie konstante Resultate und in der Europa League zog man gegenüber Titelverteidiger Sevilla souverän zu einem überraschenden Weiterkommen davon. Auch in dieser Begegnung schnürten sie die Gäste mit einem extrem nachrückend aggressiven Gegenpressing ein. Ähnliche Intensität zeigte ihr Pressing, gegen das AZ in der Anfangsphase ambitionierte spielerische Lösungen suchte, indem Elm und Gudelj zwischen den leicht verbreiterten Stürmern die Lücken bespielen wollten, doch wären sie einige Male in diesem Trichter fast in die Falle der nachrückenden Mittelfeldakteure getappt. So dauerte es nicht lange, ehe sich die Gäste in die Rolle des konternden und tiefstehenden Teams zurückzogen.
Während die Hausherren aus ihrem 4-3-3 phasenweise eine Aufbaudreierkette mit Wilkshire und den Innenverteidigern formierte, ließ AZ die Stürmer vor der Raute etwas breiter stehen und im Mittelfeld mit leichten Mannorientierungen agieren. Über weite Phasen gelang es ihnen gut, diese nur sehr lose innerhalb des eigenen Grundraums zu praktizieren und sich nicht darüber hinaus aus der Position locken zu lassen. Während sich Gudelj an Immers und Elm vorschiebend an El Ahmadi orientierten, blieb Haye meistens – wie auch offensiv, wo er aber wenig bewirkte – etwas breiter und freier im Raum. Wahrscheinlich sollte er Passwege auf der starken rechten Feyenoord-Bahn blockieren und situativ den Überladungsraum um Toornstra unterstützend abdecken, was durchaus gut gelang.
Feyenoord setzte die erfolgreichen, wenngleich trotz taktisch starker Anlage in der Ausführung doch eher simplen Angriffsmechanismen der Vorwochen dagegen: El Ahmadi brachte seine typischen unterstützenden oder raumnutzenden Läufe auf die Seiten ein, Immers sorgte für nachstoßende Power um den Sechzehner und Kazim für einige Ablagen im typischen, kraftvollen Offensivspiel, das diesmal aber nicht die ganz großen Chancen entwickelte. Die in den richtigen Momenten leicht mannorientierte Raute versperrte die ersten Aufbauphasen und zwang zu Zirkulation. Dahinter verschoben die Gäste meist sauber und solide auf die Flügel und passten die zugrundeliegenden Zuordnungen jeweils an. Wenn Gudelj gegen Nelom presste oder Boetius doppelte, orientierte sich Haye an El Ahmadi und Elm an Immers. Letztlich suchte Feyenoord gegen die teils engmaschig postierte Raute zunehmend das Mittel der Flanke, was letztlich in einem „Festival“ von unfassbaren 71 Flanken – zahllose davon von rechts – endete. Die übertriebene Power-Spielweise brachte auf diesem Wege aber trotz der vielen Versuche keine Tore.
Diese fielen letztlich einerseits aus Standardsituationen und andererseits aus Szenen, die die gelegentlichen Probleme der Mannorientierungen aufzeigten. Zunächst ging AZ Mitte des ersten Durchgangs nach einer Ecke in Führung, ehe sie nur fünf Minuten später einen weiteren Treffer nachlegten. Feyenoord presste mit gutem Verschieben den gegnerischen Aufbau bei Luckassen, konnte dann allerdings aufgrund der nicht optimalen Mann-Verfolgungen und deren Nachwirkungen den resultierenden langen Ball nicht vernünftig verarbeiten. Während Kongolo gegen den ins Mittelfeld gefallenen Jóhannsson herausgerückt war und unschlüssig im Raum stand, musste Clasie zwischen van Beek und Nelom gegen dos Santos erneut mit einem langen Schlag klären. Dieser kam dann wiederum hinter die Feyenoord-Abwehr zurück, wo der AZ-Zehner aufgrund der etwas chaotischen Situation nicht im Abseits stand und einen in der weiteren Entstehung dann leicht kuriosen Treffer einleiten konnte.
In der Anfangsphase der zweiten Halbzeit gelang den Hausherren dann der Anschlusstreffer durch Kazim, als AZ nach einem langen Abschlag des eigenen Keepers nicht schnell genug in die Pressingordnung gelangte. Hinter dem auf Wilkshire herausrückenden Haye fehlte aufgrund noch nicht ganz formierter Abstände etwas der Zugriff in den Mannorientierungen. Elms Herausrücken gegen den im Halbraum einleitenden El Ahmadi war zu uneingebunden, weil Clasie geschickt einen Passweg öffnete, Poulsen kam gegen den zurückfallenden und weiterleitenden Toornstra zu spät, der Immers im Rücken von Gudelj zwischen den Linien fand. Dieser wiederum bediente den sich nach außen – wo Poulsen herausgerückt war – absetzenden Torschützen Kazim. Nach dem physischen Druck der Endphase und der einen oder anderen vergebenen Konterchance durch Tankovic gelang den Rotterdamern in der dritten Minute der Nachspielzeit dann tatsächlich dank Clasies Antizipationsfähigkeit der Ausgleich. Eine semi-überzeugende Klärungsaktion im Anschluss an einen langen Einwurf erkannte der Kapitän blitzschnell, rückte zum Strafraum auf und versenkte den losen Abpraller im Netz.
3 Kommentare Alle anzeigen
king_cesc 15. Dezember 2014 um 18:20
Gibts in den Niederlanden keinen 3-er Ketten Trend?
Danke für solche großartigen Artikel, die einen mal andere Spiele im Kopf nachspielen lassen!
FC 16. Dezember 2014 um 10:26
Die Frage mit der Dreierkette interessiert mich auch.
Eine Analyse des Spiels Porto – Benfica wäre klasse. Habe das Spiel selbst gesehen und vor Allem bei Benfica waren intressante Ideen zu sehen. Würde mich shr darüber freuen!
TR 17. Dezember 2014 um 22:33
Nein, den gibt es überraschenderweise und leider nicht, auch nicht in Ansätzen. Wobei das dann doch vielleicht gar nicht so überraschend insgesamt ist, denn – so ist manchmal mein Eindruck – klare Dreierketten haben nicht so ganz den besten Ruf, was auch bei van Gaals 5-3-2 von der WM ein wenig so war. Mir scheint es so, dass man 3-4-3 als gutes Ausbildungssystem sieht, aber dann im Profibereich das 4-3-3 für traditioneller und seriöser hält, einfach sehr lange daran gewohnt ist und gelegentliche Diskussionen über fehlende Flexibilität dessen dann tlw. sogar die Formation gerade noch stärken. Wobei das alles auch nur eine vage Erklärung darstellt und die Gründe nicht so einfach zu erklären sind wohl. Aber Dreierketten werden dann zwischendurch mal so situativ durch gewisse Umformungen, teils auch mal etwas unorthodoxerer Art aus den Grund-4-3-3s hergestellt.
In dieser Saison spielt in der Eredivisie also keine einzige Mannschaft standardmäßig und nicht einmal gelegentlich eine Dreier- oder Fünferkette. Allein Heracles, die ganz schlecht starteten und mit neuem Trainer und durchaus riskanter Ausrichtung zuletzt wieder besser wurden, hat jetzt gerade am 16. Spieltag gegen Dordrecht zum ersten Mal ein sehr breites 3-4-3/5-4-1-haftes Gebilde gespielt. Gerade defensiv war das recht ambivalent, da die Flügelverteidiger teilweise etwas zu uneingebunden neben der Formation standen und die Halbverteidiger tlw. ganz kurios weite Herausrückbewegungen – mal sehr mannorientiert, mal weniger – in die höhere Passivitäten hinein zeigten, die wechselhaften Erfolg hatten und manchmal dann doch etwas zufällig von den Außenspielern abgesichert werden konnten.
Falls sie das jetzt gelegentlich mal etwas häufiger nutzen, wäre das mal wieder ein solches Beispiel, von denen in den letzten Jahren immer so vereinzelte zu sehen waren, aber so etwas wie ein Anstieg von Dreierketten lässt sich keinesfalls feststellen.