Zinnbauern hetzen Wölfe und scheitern
Zinnbauers Handschrift äußert sich in einem aggressiven Mittelfeldpressingsystem, dieses Mal im 4-1-4-1 gegen die Wölfe. Diese können das aber gut umspielen und zeigen ihrerseits starke Arbeit gegen den Ball.
Der HSV präsentiert sich wie üblich unter Zinnbauer: Primär aggressiv
Der HSV positionierte sich in einem 4-1-4-1, einem Mittelfeldpressing und versuchte durch einzelne herausrückende Bewegungen sowie eine zentralkompakte Staffelung die Wölfe zur Verzweiflung zu bringen. Wie üblich wurde dies sehr aggressiv, vergleichsweise kompakt, aber nach wie vor etwas chaotisch ausgeübt. Interessant waren hierbei aber die Bewegungen der Achter. Aus dem 4-1-4-1 rückte gelegentlich einer der beiden Achter nach vorne, um dort zu pressen. Einige Male gab es sogar 4-3-2-1-Staffelungen zu sehen, wenn auch selten.
Sehr häufig stand aber auch der ballferne Achter etwas höher, um mögliche Verlagerungen abzufangen. Dies war bei Angriffsaufbau der Wölfe in isolierten Situationen auf der Seite der Fall. Ansonsten gab es viele sehr flache 1-4-Mittelfeldstaffelungen, wo sogar Behrami als absichernder Sechser einige Male herausrücken konnte.
Dadurch war in einer Situation sogar van der Vaart der tiefste Mittelfeldspieler; bei seinem Foul an de Bruyne in der ersten Halbzeit (ungefähr Minute 19) rückte er von der Sechs aus in den Halbraum und grätschte de Bruyne in klassischer Vorstoppermanier um. Alles in allem funktionierte diese Spielweise eigentlich relativ gut. Wolfsburg wurde zu vielen Angriffen über die Seite gezwungen, hatte kaum Möglichkeiten sich über die Mitte effektiv durch zu kombinieren, musste einige lange Bälle schlagen und auch zahlreiche Flanken unter Bedrängnis spielen. Die zentrale Präsenz des HSV mit Lasogga als Stürmer (wenn auch relativ passiv) und drei zentralen Mittelfeldspielern dahinter, dem vielen Herausrücken und der Kompaktheit hinter dem Ball blockte zahlreiche Angriffe ab.
Dennoch waren die Wolfsburger besser, auch wenn ihre Angriffe nicht immer durchkamen.
Wolfsburg mit stabiler Defensive und gutem Pressing
Es war eine Mischung aus sehr guter Arbeit gegen den Ball der Wölfe und grundsätzlichen Problemen des HSV, weswegen die Hamburger kaum zu Chancen kamen. Prinzipiell enttäuschten die Hamburger in der Offensive. Sie ließen Behrami abkippen, stellten dann meistens ein 3-4-3 her, hatten darin aber kaum effektive Verbindungen und bewegten sich nicht harmonisch zueinander. Die eigentliche Doppelzehn aus Holtby und van der Vaart auf der Doppelacht konnte dem Spiel ihren Stempel nicht aufdrücken. Dennoch lag ein großer Anteil daran auf Seiten der Wölfe und Dieter Hecking.
Bei Behramis Abkippen positionierten sich die Wolfsburger sehr gut. Grundsätzlich formierten sie sich dann in einem 4-4-2, in dem Hunt Olic vorne unterstützte. Das wurde aber sehr variabel ausgelegt. In zahlreichen Situationen schob Olic zurück und die erste Linie Wolfsburgs positionierte sich tiefer, um das Mittelfeld Hamburgs aus dem Spiel zu nehmen. Aus dieser zurückgezogeneren, kompakten Grundstaffelung gab es dann auf- und nachrückende Bewegungen. So schoben beispielsweise die Außenstürmer variabel auf die Innenverteidiger neben Behrami, wobei dies auch Hunt und Olic vereinzelt taten.
Wenn Hunt und/oder Olic höher pressten, schoben auch die Mittelfeldspieler typisch mannorientiert nach vorne, um die Räume hinter den Stürmern zu besetzen. Dadurch gab es wiederum einzelne 4-1-3-2-Staffelungen gegen den Ball in höheren Pressingsituationen. Besonders in der ersten Halbzeit wurde der HSV dadurch phasenweise komplett aus dem letzten Drittel gehalten und wirkte chancenlos. Die ersten 45 Minuten waren also von Halbchancen und Chancenmangel geprägt.
Wolfsburg versuchte häufiger über Verlagerungen die Seite zu wechseln und dann dynamisch die offenen ballfernen Räume zu attackieren, auch per Dribbling. Vieirinha auf der linken Außenverteidigerposition war womöglich sogar ein bewusstes taktisches Mittel, um auf ihn verschieben und sich in 1-gegen-1-Situationen durchsetzen zu können. Aber meist waren es Flanken, einzelne Durchbrüche oder Aktionen über Perisic und de Bruyne, die zu Chancen für den VfL sorgten. Nach einer Flanke konnte aber ein Schuss de Bruynes, den Olic ins Tor lenkte, für die Führung sorgen. Danach kippte die Spieldynamik etwas.
Wolfsburger zurückgezogener, Hamburg mit anderer Organisation
In der zweiten Hälfte versuchte der HSV sich im Aufbauspiel etwas anders zu organisieren. Behramis Abkippen war nicht mehr so strikt; er ließ sich manchmal auch neben die Innenverteidiger zurückfallen oder rückte dann wieder nach vorne, situativ kam einer der Achter zurück oder die Flügelstürmer schoben stärker in die Mitte hinein. Durch die erhöhte Bewegung wollte man Wolfsburgs vor größere Probleme stellen und ihre Mannorientierungen sowie Pressingabläufe auf die Probe stellen.
Im Verbund mit dieser verstärkten Bewegung und etwas besseren Verbindungen der Hamburger sorgte auch die tiefere Positionierung des Wolfsburger Kollektivs für mehr Präsenz der Gäste. Der HSV hatte jetzt mehr Ballbesitz und konnte den Ball in der Mitte besser laufen lassen, weil sich Wolfsburg – nun mit etwas tieferem Hunt als Umschaltspieler und Unterstützung der Sechser – ein paar Meter tiefer positionierte und generell etwas passiver in den herausrückenden Bewegungen war.
Konstante Torgefahr konnten die Rothosen aber gegen die Wölfe trotzdem nicht erzeugen. In der Strafraumverteidigung und generell im ersten Drittel waren die Wolfsburger souverän, gaben kaum Räume auf für gute Aktionen des HSV und brachten in die größeren Räume nach Balleroberungen selbst einzelne gute Konter an. Besonders de Bruyne war hier wie üblich ein Schlüsselspieler, sorgte für Entlassungsangriffe und war auch beim 2:0 mit einem sehr starken Pass maßgeblich beteiligt.
Nach dem 2:0 wurde Wolfsburg wieder aktiver. Hamburgs Intensität ließ gegen den Ball etwas nach, Wolfsburgs stand wieder minimal höher, besetzte die Mitte sehr kompakt, griff insgesamt besser an und konnte Konter mit gutem Gegenpressing meist direkt abwürgen. Insgesamt waren die klassischen Stärken von Heckings Spielstil zu sehen: Die offensiven Außenspieler rückten offensiv gut ein, de Bruyne war relativ gut eingebunden, die Defensive war flexibel, hatte viel Zugriff und stand kompakt, wodurch der HSV im 4-1-4-1 letztlich kam gefährliche Balleroberungen und Konter fahren konnte.
In der Schlussviertelstunde spielten die Hausherren die Partie souverän herunter und zeigten, dass trotz Zinnbauers guter Arbeit nach wie vor Mängel in der Pressingvorbereitung und im Zugriff auf den Ball vorhanden sind, ebenso wie in der offensiven Organisation.
Fazit
Keine besondere Partie mit nur einzelnen starken Spielzügen, aber einigen kleineren taktisch interessanten Aspekten. Der HSV hielt gut mit, war besonders zu Beginn bis zum Rückstand sehr aggressiv gegen den Ball, war aber letztlich kollektiv wie individuell unterlegen. Die Einbindung ihrer Außenspieler, die Bewegung im zentralen Mittefeld und die generelle Spielausrichtung konnten Wolfsburgs Abwehr kaum Kopfzerbrechen bereiten; insbesondere Lasogga hing in der Luft und war auch bei den längeren Bällen auf ihn isoliert von seinen Mitspielern. Wolfsburg hingegen setzt die Siegesserie fort und kann ein weiteres Spiel gewinnen. Die Stabilität in allen Spielphasen und Varianten wusste zu gefallen.´
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